Die Platte ist flexibel Der Stadtumbau Ost in Marzahn

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1 Die Platte ist flexibel Der Stadtumbau Ost in Marzahn

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4 Die Platte ist flexibel Der Stadtumbau Ost in Marzahn

5 Die degewo ist das führende Wohnungsunternehmen in Berlin. Mit rund Wohnungen und Gewerbeobjekten in nahezu allen Berliner Stadtteilen zählt sie zu den Top Ten der Immobilienbranche in Deutschland. Das Immobilienmanagement der degewo umfasst die Vermietung, Verwaltung und Bewirtschaftung von eigenen und fremden Wohnungen in Berlin und dem Brandenburger Umland sowie von Gewerbeobjekten. Häuser, Eigentumswohnungen, Ladenlokale, Fabriketagen gehören ebenso dazu wie unterschiedliche Formen altersgerechten Wohnens. Ihr Kerngeschäft hat die degewo in den vergangenen Jahren um neue Aufgaben erweitert. Sie engagiert sich für eine ganzheitliche Entwicklung von Stadtquartieren und übernimmt damit ein hohes Maß an gesellschaftlicher Verantwortung für Berlin. Der wirtschaftliche Nutzen dieses Engagements spiegelt sich in der Stadtrendite des Unternehmens wider. Ihre Vorreiterrolle in der Immobilienwirtschaft beweist die degewo auch beim Einsatz moderner Technologien, z. B. für die Reduzierung des CO 2 -Ausstoßes und bei der Entwicklung neuer Services und Wohnmodelle. Die fünf Vor-Ort- Kundenzentren stehen für eine große Kundennähe.

6 1 Inhalt 2 2 Warum der Stadtumbau Ost nötig wurde Die Ausgangslage 6 6 Die Suche nach dem richtigen Weg Das Marzahner Projekt Am Nutzen wollen alle teilhaben Interview mit degewo-vorstandsmitglied Frank Bielka 14 Stadtumbaustandorte in Marzahn: 14 Das Fanal für den Abriss: die Marchwitzastraße 18 Das Leuchtturmprojekt: die Ahrensfelder Terrassen 26 Zwischennutzung mit Qualität: die Karl-Holtz-Straße 30 MuFus statt Wohnhäuser: das Schorfheideviertel 34 Umbau für die ältere Generation: die Wohnanlage Am Bürgerpark 38 Unter dem Druck der Politik: die Mehrower Allee 42 Das Ehepaar Büttner zieht um Exkurs Mit Couchgesprächen zu einvernehmlichen Lösungen Der Prozess der Entmietung 48 Ein Lernprozess führt zum Erfolg Die Bilanz 54 Stadtumbau rechnet sich Interview mit degewo-vorstandsmitglied Christoph Beck 58 Ein Stadtteil für alle Generationen Der Blick in die Zukunft 62 Man hat nicht auf ein einziges Modell gesetzt Interview mit GdW-Fachmann Bernd Hunger 66 Danksagung, Kontakt und Impressum

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8 Die Ausgangslage 2 I 3 Warum der Stadtumbau Ost nötig wurde Die Ausgangslage Die deutsche Wiedervereinigung veränderte nicht nur das politische und wirtschaftliche System grundlegend, sondern stellte auch die Stadtentwicklung vor völlig neue Herausforderungen. Jahrzehntelang stand es für Politiker und Planer außer Frage, dass Städte kontinuierlich Einwohner gewinnen und deshalb immer neue Wohngebäude brauchen. Hinzu kam gerade in der DDR die aus sozialistischer Überzeugung entstandene Absicht, den Bürgern neue, schönere Städte zu bauen, die eine höhere Wohnqualität bieten sollten als die engen Gründerzeitviertel mit ihren dunklen Hinterhöfen. Einen markanten Ausdruck fand dieses Denken nicht zuletzt in der Großsiedlung Marzahn mit ihren rund Wohnungen, welche die DDR-Regierung seit 1976 auf zuvor unbebautem Gebiet am nordöstlichen Rand Berlins errichten ließ. Allerdings war bei dieser wie auch bei anderen Großsiedlungen nicht zu verkennen, dass vor allem in der Spätphase der DDR die ursprünglich angestrebte höhere Qualität durch ein rein quantitatives Denken verdrängt wurde. Trotzdem waren die Wohnungen begehrt und viele waren glücklich, nach Marzahn ziehen zu dürfen. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre stieg der Wohnungs leerstand in den neuen Bundesländern und damit auch in Marzahn stark an. Schrumpfung statt Wachstum Nach der Wende zeigte sich eine gegenläufige Tendenz. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre konstatierten zahlreiche ostdeutsche Kommunen, dass ihre Einwohnerzahl sank und sich immer mehr Wohnungen nicht mehr vermieten ließen. Plötzlich hieß die Herausforderung nicht mehr Wachstum, sondern Schrumpfung. Als Folge dieser Entwicklung gab die Bundesregierung im Februar 2000 einer Expertenkommission den Auftrag, Lösungsstrategien für die Bekämpfung des Leerstands zu erarbeiten. Als die Kommission den Wohnungsleerstand in den neuen Bundesländern auf rund eine Million Einheiten bezifferte und empfahl, innerhalb von zehn Jahren bis Wohnungen abzureißen, war die Brisanz des Themas im öffentlichen Bewusstsein angekommen.

9 Die Gründe für den wachsenden Leerstand waren vielfältig. Einer der wichtigsten war der Zusammenbruch der ostdeutschen Industrie, der dazu führte, dass zahlreiche Menschen im alten Bundesgebiet einen Arbeitsplatz suchten. Hinzu kam, dass sich den Bürgern jetzt endlich die zuvor verwehrte Möglichkeit bot, den Traum vom eigenen Häuschen zu verwirklichen, so dass im Umland der Städte Eigenheimsiedlungen aus dem Boden schossen. Verschärft wurde die Situation dadurch, dass in den neunziger Jahren, gefördert durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten, viele neue Mietwohnungen entstanden waren. Auf diese Situation reagierte das Bundeskabinett, indem es im August 2001 das Pro gramm Stadtumbau Ost verabschiedete. Ziel sollte eine Stabili sierung von durch physischen Verfall und soziale Erosion bedrohten Stadtteilen sein. Erreichen wollte die Regierung dies durch den Abriss langfristig nicht mehr benötigter Wohngebäude und die Aufwertung der vom Rückbau betroffenen Quartiere. Rückgang um über ein Fünftel Damit standen auch die Verantwortlichen in Berlin vor der Frage, wie sie sich zum Stadtumbau verhalten sollten. Zwar war Berlin von Bevölkerungsrückgang und Wohnungsleerstand längst nicht so stark betroffen wie etwa Halle (Saale) oder Leipzig; doch besonders in den industriell errichteten Großsiedlungen Ost-Berlins wurde der Handlungsbedarf offensichtlich. Zwischen 1995 und 2000 ging die Einwohnerzahl der Großsiedlung Marzahn um rund Personen und damit um über ein Fünftel zurück. Allein im Jahr 1997 verringerte sich die Bevölkerungszahl des damaligen Bezirks Marzahn um nicht weniger als 4,2 Prozent. Für den heutigen Bezirk Marzahn-Hellersdorf sagte die offizielle Bevölkerungsprognose des Landes Berlin für den Zeitraum zwischen 2002 und 2020 eine weitere Abnahme um 7,4 Prozent voraus. Entsprechend entwickelte sich der Leerstand: 2001 standen nach einer Erhebung des Forschungsinstituts Analyse & Konzepte in der Großsiedlung Marzahn Wohnungen und damit elf Prozent des Bestandes leer. Bis zum Jahr 2010, so die Experten, würde diese Zahl ohne Gegenmaßnahmen auf steigen.

10 Die Ausgangslage 4 I 5 Besonders stark betroffen von dieser Entwicklung war die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft (WBG) Marzahn. Mit einem Leerstand von 16 Prozent verzeichnete sie als einziges Wohnungsunternehmen in der Hauptstadt eine Quote, die 15 Prozent überschritt, und damit war sie laut 6 a Altschuldenhilfegesetz zur Inanspruchnahme zusätzlicher Entlastung von DDR-Altschulden berechtigt. Damit einher ging eine schwierige wirtschaftliche Situation, die von einem hohen Verschuldungsgrad und negativen Jahresergebnissen gekennzeichnet war. Anfang 2002 wurde die WBG Marzahn deshalb von der ebenfalls landeseigenen degewo übernommen. Konkurrenz durch das Umland Dass so viele Wohnungen leer standen, lag jedoch nicht etwa daran, dass sich die Marzahner in den Plattenbauten nicht wohl gefühlt hätten. Vielmehr zeigten Mieterbefragungen regelmäßig eine hohe Zufriedenheit mit Wohnung und Wohnumfeld. Trotzdem baute sich so manche Marzahner Familie, die es sich leisten konnte, ihr eigenes Häuschen auf einem günstigen Grundstück im nahen brandenburgischen Umland. Andere Marzahner folgten Jobangeboten in westdeutschen Städten. Dieser Bevölkerungsverlust ließ sich nicht ausgleichen, da die Geburtenrate nach der Wende eingebrochen war und es so gut wie keinen Zuzug aus anderen Bezirken nach Marzahn gab. Parallel zu dieser Entwicklung veränderte sich die Haushaltsstruktur in Marzahn. Ursprünglich als Wohnsiedlung für Familien konzipiert, nahm der Anteil der Mehrpersonenhaushalte und damit auch die Nachfrage nach den zahlreichen 4- und 5-Zimmer-Wohnungen kontinuierlich ab. Und da die Mieter nun Vergleiche mit den modernen Nachwendewohnungen ziehen konnten, fanden sie immer weniger Gefallen an innen liegenden Bädern, fensterlosen Küchen und fehlenden Loggien. Selbst sanierte Wohnungen mit wenig beliebten Grundrissen ließen sich nicht mehr ohne weiteres vermieten. Es wird teilweise in den Leerstand hinein saniert, warnten deshalb die Gutachter von Analyse & Konzepte. Die Verantwortlichen in Marzahn und speziell die degewo mussten sich auf die neue Situation einstellen. Es führte kein Weg daran vorbei: Wohnungsabriss stand auch in Marzahn auf der Agenda.

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12 Das Marzahner Konzept 6 I 7 Die Suche nach dem richtigen Weg Das Marzahner Konzept Vor dem Fördergeld steht das Konzept. Diese Regel galt auch beim Programm Stadtumbau Ost: Kommunen, die von den staatlichen Mitteln des Programms profitieren wollten, mussten zuvor ein Gutachten vorlegen. Deshalb beteiligte sich der Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit einem Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzept am 2002 ausgelobten Bundeswettbewerb Stadtumbau Ost mit großem Erfolg: Das Konzept wurde mit einem ersten Preis ausgezeichnet. Die von einer Planungsgruppe aus der Gruppe Planwerk (Städtebau und Planung), Analyse & Konzepte (Wohnungswirtschaft) und dem Büro Becker Giseke Mohren Richard (Landschaft und Freiraum) erarbeitete Untersuchung sah erstmals für Berlin den Abriss von dauerhaft nicht mehr benötigten Wohnungen vor bis Einheiten, so der Vorschlag von Analyse & Konzepte, sollten in den beiden Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf vom Markt genommen werden. Die Senats verwaltung für Stadtentwicklung ihrerseits präferierte in Marzahn den Abriss von rund Wohnungen. Ein Rückbau von außen nach innen kam in Marzahn nicht in Frage, da ein Großteil der Wohnhäuser bereits saniert worden war. Erstmals Abriss vorgesehen Damit war die degewo gefordert zum einen, da sie vom Leerstand besonders stark betroffen war, zum anderen, da sie als landeseigene Gesellschaft in einer besonderen Verantwortung für die Stadtentwicklung stand und steht. Doch welche Objekte sollten rückgebaut beziehungsweise abgerissen werden? Bei der Beantwortung dieser Frage konnte sich die degewo nicht ausschließlich auf städtebauliche Erwägungen stützen. Denn ein Rückbauprogramm, das bei städtebaulichen Defiziten beispielsweise überhoher baulicher Dichte und ungenügenden Freiraumqualitäten ansetzt, hätte zwar der reinen Planungslehre entsprochen, nicht aber der wohnungswirtschaftlichen Realität. Der Grund: In den Jahren seit der Wende waren beträchtliche Mittel in die Sanierung und Aufwertung

13 der Marzahner Plattenbauten geflossen. So wurde bereits in den frühen neunziger Jahren das Wohnumfeld aufwändig umgestaltet. Bald folgten, gefördert durch das vom Land Berlin 1994 aufgelegte Modernisierungs- und Instandhaltungsprogramm, umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen: Es wurden Fassaden gedämmt, Heizungen erneuert, Grundrisse verändert und Loggien angebaut. Bis 2002 hatte die WBG Marzahn rund zwei Drittel ihres damals Einheiten umfassenden Bestandes modernisiert. Eine dritte Säule der Aufwertung stellte der Neubau dar. Rund 770 Wohneinheiten errichtete die WBG Marzahn (u. a. in der Ringelnatz-Siedlung und im Rahmen von Lücken schließungen) und schuf damit Angebote für Menschen, für die auch die modernisierte Platte keine Option darstellte trat das so genannte Altschuldenhilfegesetz in Kraft, wodurch sich ostdeutsche Wohnungsunternehmen von einem Teil ihrer noch aus DDR-Zeiten stammenden Altschulden entlasten konnten, wenn sie rund 15 Prozent ihrer Wohnungs bestände vorrangig an die Mieter veräußerten. Bislang konnte die degewo lediglich 683 Plattenbauwohnungen an Einzeleigentümer verkaufen, Blockverkäufe an private Investoren liefen dagegen erfolgreicher. Da das Altschuldenhilfegesetz nicht zum gewünschten Schuldenabbau ostdeutscher Wohnungsunternehmen führte und der Leerstand vor allem in den ostdeutschen Großsiedlungen stieg, wurde es 2001 geändert. Nunmehr förderte es den Abriss von Wohnungen durch den Erlass der Altschulden. Damit war der Grundstein für das Stadtumbau-Ost-Programm gelegt. Stadtumbau Ost hieß in den meisten ostdeutschen Kommunen: Abriss von Wohngebäuden. Dabei bestand die vorrangige Aufgabe für die degewo darin, die jenigen Objekte zu identifizieren, die zum einen noch nicht saniert waren und die zum anderen aufgrund ihrer baulichen Voraussetzungen auch künftig keine nachhaltige Vermietbarkeit erwarten ließen. Im Fokus standen dabei insbesondere die in Marzahn zahlreich vertretenen Hochhäuser mit elf, 18 oder 21 Geschossen. Dort stellten die Verantwortlichen bereits früh einen wachsenden Leerstand fest, da die Mieter niedrigere Gebäude der Anonymität der Hochhäuser vorzogen. Ebenfalls als Problemfall erwiesen sich Fünf- und Sechsgeschosser ohne Aufzug mit Wohnungstypen, die mit innen liegenden Bädern, fensterlosen Küchen und fehlenden Loggien die gewachsenen Ansprüche der Mieter nicht mehr befriedigten.

14 Das Marzahner Konzept 8 I 9 Gesamtkonzept statt Kahlschlag Für die degewo galt allerdings von Beginn an die Prämisse, keinen Kahlschlag zu betreiben. Vielmehr verstand sie Stadtumbau als umfassende Stadtentwicklung. Die Stadtumbaumaßnahmen sei es Rückbau oder Totalabriss band sie deshalb in ein Gesamtkonzept ein, zu dem städtebauliche Überlegungen ebenso gehörten wie die Untersuchung des baulichen Zustands und die Analyse der Nachfrage. Anregungen bot dabei wiederum das Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept. Die Gutachter hatten vorgeschlagen, als räumliche Vertiefungsbereiche insbesondere das Gebiet beidseits der Havemannstraße in Marzahn-Nord sowie den Bereich um die Ringkolonnaden (Sella-Hasse-Straße/Ludwig-Renn-Straße) unter die Lupe zu nehmen. An diesen beiden Orten realisierte die degewo dann auch tatsächlich mit den Ahrensfelder Terrassen und der Wohnanlage Am Bürgerpark zwei Stadtumbauvorhaben (vgl. dazu die folgenden Kapitel), die mit ihrer Ausrichtung auf wertbewusste Mieter beziehungsweise ältere Menschen ein in Marzahn zuvor nicht vorhandenes Angebot schufen. Bei der Erarbeitung solcher standortspezifischer Stadtumbaukonzepte stellten sich den Verantwortlichen der degewo zahlreiche Fragen: Welche Wohnungen treffen an welchen Standorten auf Nachfrage? Wie schafft man adäquate Angebote für die immer zahlreicher werdenden Seniorinnen und Senioren? Wie lassen sich neue Nachfragegruppen nach Marzahn locken? Wie gestaltet man die durch den Abriss frei werdenden Flächen? Wie lassen sich die vom Abriss betroffenen Mieter im degewo-bestand halten? Wie vermittelt man das heikle und umstrittene Thema Stadtumbau in der Öffentlichkeit? Und wie lassen sich die Maßnahmen wirtschaftlich durchführen? Auf all diese Fragen gab es keine vorformulierten Antworten. Die degewo musste in einem aufwändigen Prozess adäquate Lösungen suchen, die auf die spe zielle Situation in Marzahn zugeschnitten waren. Zu welchen Ergebnissen sie dabei kam, lässt sich am besten anhand der wichtigsten Marzahner Stadtumbau projekte darstellen.

15 Am Nutzen wollen alle teilhaben Interview mit degewo-vorstandsmitglied Frank Bielka Mit dem Stadtumbau Ost stand die degewo vor einer in ihrer Geschichte einmaligen Situation. Eine besondere Herausforderung stellte die Zusammenarbeit mit den anderen Vermietern, den politischen Entscheidungsträgern, den Anwohnervertretern und den Mietern dar. Über die dabei gemachten Erfahrungen berichtet degewo-vorstand Frank Bielka. Herr Bielka, die degewo ist zwar der größte, aber nicht der einzige Vermieter in der Großsiedlung Marzahn. Welche Rolle haben die anderen Wohnungsunternehmen beim Stadtumbau gespielt? Frank Bielka > Ursprünglich war die damalige Wohnungsbaugesellschaft Marzahn der mit Abstand größte Eigentümer in Marzahn. Ihr gehörten der rund Wohnungen in der Großsiedlung. Neben der WBG Marzahn gab es noch einige Genossenschaften. Das hat sich nach der Wende dadurch verändert, dass die WBG Marzahn mehr als die Hälfte des Bestandes veräußert hat, mehrheitlich an private Investoren, die teils mehrere tausend Wohnungen übernahmen. Die Situation ist also vielfältiger geworden, wobei wir mit knapp eigenen und von uns für Dritte verwalteten Wohnungen immer noch der mit Abstand größte Anbieter sind. Allerdings stellten wir fest, dass die Bereitschaft der Genossenschaften und Privaten, sich im Rahmen des Stadtumbaus am Abriss zu beteiligen, eher gering war. Am Nutzen wollten alle teilhaben, an den Lasten aber nicht. Deswegen schauten alle, wer die Nerven verlor und die Lasten übernahm. Nun wurden wir als kommunales Unternehmen vom Eigentümer, also dem Land Berlin, gedrängt, die Vorreiterrolle zu übernehmen. Das heißt: Die Wohnungen, die in Marzahn vom Markt genommen worden sind, sind ausschließlich von uns abgerissen worden, während der Nutzen, der darin besteht, dass die verbliebenen Bestände dadurch besser ausgelastet sind, allen zugutegekommen ist. Wie hätte denn eine Kooperation aller Eigentümer aussehen können? Frank Bielka > Es gab Überlegungen, sich an einen runden Tisch zu setzen und sich gemeinsam Gedanken zu machen, wie der Abriss sinnvoll anzugehen und die verbleibende Bausubstanz aufzuwerten sei. Tatsächlich wurde ein Stadtumbau- Ost-Beirat gegründet, der einige wenige Male tagte, aber nie zu einem konkreten Ergebnis kam. Dabei muss man sehen, dass der Leidensdruck in vielen ostdeut-

16 Interview mit degewo-vorstandsmitglied Frank Bielka 10 I 11 schen Städten größer war als in Berlin. Wir überschritten ja die 15 Prozent Leerstand, ab denen beim Abriss die DDR-Altschulden erlassen wurden, in Marzahn nur knapp, während manche ostdeutschen Städte einen Leerstand von 30 oder 40 Prozent aufwiesen. In Berlin konnte der private Eigentümer also bequem darauf spekulieren, dass das städtische Unternehmen ganz allein die nötige Marktbereinigung stemmen würde, während es anderswo klar war, dass es nur als Gemeinschafts aktion ging. Und diese Vermutung der Privaten ist voll bestätigt worden. Wie stark haben die anderen Vermieter vom Rückbau durch die degewo profitiert? Frank Bielka > Wir können es nur indirekt sagen. Es ist uns gelungen, einen Großteil, nämlich etwa 65 Prozent, unserer vom Stadtumbau betroffenen Mieter davon zu überzeugen, bei uns Kunden zu bleiben. Das betrachte ich als großen Erfolg, da Die Vermietungssituation hat sich deutlich verbessert. Marzahn ist im Bewusstsein der potenziellen Mieter attraktiver geworden. die degewo ja ein bisschen in die Rolle des Schurken gedrängt wurde. Gleichwohl hatten wir natürlich Verluste, weil die restlichen 35 Prozent zu anderen Vermietern gegangen sind. Die profitierten also davon, gar keine Frage, zumal der größte Teil der Mieter ja in Marzahn blieb. Wie hat sich der Bezirk Marzahn-Hellersdorf im Prozess des Stadtumbaus verhalten? Frank Bielka > Er stand dem Abriss im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost überwiegend kritisch bis ablehnend gegenüber. Dabei spielten sicher auch populistische Gründe eine Rolle, weil die betroffenen Bürger das natürlich zunächst ebenfalls ablehnten. Es ist ja auch nachvollziehbar, dass man nicht begeistert ist,

17 wenn einem die Wohnung abgebrochen wird. Das Bezirksamt war also kein hilfreicher Partner, wenn es darum ging, den Bürgern die Notwendigkeit des Stadtumbaus zu erklären. Besonders deutlich wurde dies im Fall der Mehrower Allee 38 48, die wir im Einvernehmen mit dem Senat abreißen wollten, wo wir letztlich aber auf Druck des Bezirks auf einen Teilrückbau umschwenkten. Und wie war die Haltung des Senats? Frank Bielka > Der Senat erkannte, dass wir auch in Berlin nicht um den Abriss herumkommen, und stärkte uns bei der Umsetzung des Stadtumbauprogramms den Rücken. Gleichzeitig machte er sich dafür stark, die Qualität der verbleibenden Wohnhäuser zu erhöhen und Grundrissänderungen vorzunehmen, statt nur denselben Zustand drei Stockwerke niedriger zu erhalten. Insbesondere die Ahrensfelder Terrassen wären ohne die Unterstützung des Senats unmöglich gewesen. Was hat die degewo im Laufe des Stadtumbau-Prozesses gelernt? Frank Bielka > Eine zentrale Erfahrung war die Frage der Bürgerbeteiligung. Wir führten ja sehr intensive Diskussionen mit Bürgerinitiativen und die blieben nicht ohne Spuren. Dabei hat sich gezeigt, dass die intensive Einzelberatung der Mieter der zentrale Punkt war. Dieses sehr verdienstvolle Engagement unserer Mitarbeiter führte dazu, dass die Mieter ihre Ängste verloren und erkannten, dass wir uns ernsthaft um eine Lösung bemühten. Viele sagten sich dann: Okay, es ist zwar nicht meine Entscheidung, dass mein Haus abgerissen wird, aber es gibt doch eine Lösung. Diese Lehre kann man eindeutig ziehen: Eine möglichst frühzeitige Information und ein individuelles Eingehen auf die Wünsche der Mieter sind ausgesprochen hilfreich. Bedeutet das, dass man auf größere Anwohnerversammlungen am besten ganz verzichtet? Frank Bielka > Das geht nicht, weil solche Versammlungen zum Verfahren der Beteiligung gehören. Man darf keine Angst vor dem Bürger haben, auch wenn solche Versammlungen nicht angenehm sind. Man muss da durch und sein Gesicht zeigen. Aber es wäre falsch, es dabei zu belassen. Vielmehr müssen unbedingt individuelle Gespräche folgen. Wie erfolgreich das ist, zeigt das Beispiel der Ahrensfelder Terrassen. Dort gründete sich ein Bewohnerbeirat, der den Abriss bekämpfte, sich aber gleichzeitig auch mit der Notwendigkeit des Abrisses beschäftigte. Später unterstützte er unsere Vorhaben. Als wir das zweite Stadtumbauprogramm vorstellten, kam dieser Beirat nämlich mit uns in die Mieterversammlungen und erklärte, warum der Stadtumbau nötig ist. Kann man so weit gehen zu sagen, dass durch den Widerstand Ihr ursprüngliches Konzept verbessert worden ist? Frank Bielka > Ja, das ist tatsächlich so. Die Eigentumswohnungen, mit denen die Ahrensfelder Terrassen ergänzt worden sind, wären ohne die Proteste nicht entstanden. Und in dieser endgültigen Form sind die Ahrensfelder Terrassen ein Vorzeigeprojekt geworden. Allerdings brauchte jede Weiterentwicklung die Bereitschaft der Geld gebenden Stelle, also des Senats, sich auf diese Veränderung einzulassen. Hat sich das Image Marzahns verändert? Frank Bielka > Ich glaube schon. Dazu beigetragen hat allerdings auch die Aufwertungsstrategie der neunziger Jahre. Das Programm Stadtumbau Ost war ein weiterer Schritt, der eine städtebauliche Verbesserung bewirkt hat, indem es kom-

18 Interview mit degewo-vorstandsmitglied Frank Bielka 12 I 13 pakte Bereiche aufgelockert und die Lebensqualität in den Quartieren erhöht hat. Ja, ich glaube, dass das Image Marzahns heute besser ist als vor 15 Jahren. Wir können das daran ablesen, dass wir zunehmend Interessenten haben, die nicht aus Marzahn und auch nicht aus anderen Plattenbausiedlungen kommen. Die meisten Leute, die sich in das Quartier wagen, sagen anschließend: Das ist ja gar nicht die hässliche, graue Bronx, die ich mir vorgestellt habe, sondern eine normale Großsiedlung mit Grün und Einkaufsmöglichkeiten und Wohnungen in einem guten Zustand. Herr Bielka, wenn Sie auf den Prozess des Stadtumbaus in Marzahn zurückblicken: Haben Sie dann das Gefühl, dass die Leistung der degewo anerkannt wird? Frank Bielka > Ja. Selbst der Bezirk, der anfangs den Stadtumbau skeptisch begleitet hat, erkennt mittlerweile diese Leistung an. Aber natürlich haben wir die finanziellen Lasten getragen. Die Belohnung dafür liegt darin, dass wir eine bessere Mietauslastung haben als früher aber diese Belohnung haben eben auch die anderen Vermieter. Sehen Sie Möglichkeiten, wie dieses ungleiche Lasten-Nutzen-Verhältnis anders gestaltet werden könnte? Frank Bielka > Eigentlich nicht. Aber das Thema ist für Berlin sowieso ein spekulatives, da ich davon ausgehe, dass wir in den nächsten Jahren keinerlei Maßnahmen des Stadtumbaus Ost mehr werden durchführen müssen. Denn die Vermietungssituation hat sich deutlich verbessert. Der Leerstand beträgt momentan 5,8 Prozent (Stand: Dezember 2009). Dass der Erfolg nachhaltig ist, zeigt folgender Umstand: Nach dem ersten Programmteil mit der Marchwitzastraße und den Ahrensfelder Terrassen sank der Leerstand zwar, um dann aber wieder zu steigen, da wir den Wegzug nicht durch Zuzug kompensieren konnten. Das Neue beim zweiten Programm ist, dass der Leerstand nach Abschluss der Maßnahmen nicht wieder gestiegen ist. Marzahn ist also im Bewusstsein der potenziellen Mieter attraktiver geworden. Außerdem können wir in Marzahn steigende Mieten durchsetzen, wenn auch nicht in dem Umfang wie in anderen Teilen der Stadt. Und steigende Mieten können Sie nur durchsetzen, wenn die Nachfrage da ist. Wie geht es jetzt, nach dem Abschluss der großen Stadtumbaumaßnahmen, weiter? Frank Bielka > Wir haben einige Bestände, bei denen die Sanierung noch auf einem niedrigen Niveau ist. Dort werden wir weiter modernisieren. Ein Schwerpunkt wird dabei die Reaktion auf die demografische Entwicklung sein. Marzahn war ja ursprünglich ein sehr junger Bezirk. Aber das Durchschnittsalter ist gestiegen und es wird weiter ansteigen. Nun wollen wir zwar nicht alle Häuser seniorengerecht sanieren, aber wir können in allen Quartieren entsprechende Häuser bereitstellen: Aufzüge, die auf der Wohnungsebene halten, Rampen beim Hauseingang das sind erste Schritte. Zudem haben wir ungünstig geschnittene Großwohnungen mit fünf Zimmern zusammengelegt und Wohngemeinschaften für Senioren oder Demenzkranke angeboten. Dafür suchen wir Betreiber, weil dafür Professionalität vonnöten ist. Damit haben wir ganz wunderbare Erfahrungen gemacht. Wie wird sich Marzahn in Zukunft entwickeln? Frank Bielka > Alle Prognosen deuten darauf hin, dass die Einwohnerzahl Berlins in den nächsten zwanzig Jahren steigen wird. Natürlich würden die meisten gerne in der sanierten Altbauwohnung in der City wohnen, aber das können sich nicht alle leisten. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass Marzahn eine ganz normale Großsiedlung mit einer guten sozialen Mischung aus Alt und Jung wird.

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20 Stadtumbaustandort: die Marchwitzastraße 14 I 15 Das Fanal für den Abriss Die Marchwitzastraße Wohnungsleerstand: Strieder schickt die Abrissbirne lautete die Überschrift in einer Berliner Tageszeitung, als im April 2002 der damalige Berliner Stadtentwicklungssenator Peter Strieder erstmals öffentlich über die Stadtumbaupläne für Marzahn sprach. Etwas zurückhaltender formulierte es die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung selbst: Nur an einzelnen Standorten, ließ sie in einer Presse mitteilung verlauten, wird aus städtebaulichen Gründen ein punktueller Abriss oder Rückbau von Wohnsubstanz ins Auge gefasst. Innovative technische und bauliche Lösungen und Methoden entwickelte die degewo mit Beginn des Abrisses in der Marchwitzastraße. Vergleich zu späteren Rückbaumaßnahmen vergleichsweise einfach zu realisieren: Von vornherein war klar, dass das Wohngebäude komplett abgebrochen werden sollte; zudem stand es bereits weitgehend leer, so dass die Entmietung keine besonderen Schwierigkeiten machte. Dass der Stadtumbau Ost jetzt auch in Berlin angekommen war, zeigte sich zuerst in der Marchwitzastraße 1/3. Hier, ganz im Süden der Großsiedlung Marzahn, nahm die degewo den Abriss eines 18- beziehungsweise 21-geschossigen Doppelhochhauses mit 296 Wohneinheiten in Angriff. Erstmals stand das Unternehmen damit vor der Aufgabe, die Notwendigkeit des Stadtumbaus in der Öffentlichkeit zu begründen. Gleichzeitig ging es darum, praktische Erfahrungen bei der Durchführung eines solchen Vorhabens zu machen. Dabei war dieses erste Projekt im Am 18. November 2002 begann der Rückbau mit der Demontage der ersten Platte. 25 Jahre nachdem genau an dieser Stelle die ersten Marzahner Mieter einge zogen waren, wurde das rund 70 Meter hohe Doppelhochhaus wieder abgetragen. Nicht zuletzt wegen dieser symbolhaften Bedeutung entschied sich die degewo gegen eine technisch durchaus machbare Sprengung und statt dessen für eine behutsame, wenn auch rund Euro teurere Demontage, die in umgekehrter Reihenfolge zur seinerzeitigen Errichtung erfolgte. Bei späteren Abrissprojekten

21 beauftragte die degewo mit dem Abbruch übrigens Firmen, die schon an der Entstehung der Großsiedlung mitgewirkt hatten und deshalb die Bauweise bestens kannten Tonnen Bauschutt Zunächst entkernten die Arbeiter die Wohnungen was bedeutete, dass sie 296 Wohnungseingangs- und Zimmertüren ausbauten, Quadratmeter Fußbodenbelag ablösten, Meter Fensterbänke demontierten und Meter Rohrisolierung entfernten. Danach kamen ein Turmdrehkran sowie ein Langarmbagger mit aufmontierter Zange zum Einsatz, welche die 3,60 mal 2,80 Meter großen Platten einzeln demontierten. Anschließend wurden die Betonplatten zerkleinert. So entstanden rund Tonnen Bauschutt, der zum großen Teil beim Bau von Straßen und Autobahnen eine neue Verwendung fand. Der Abriss des Doppelhochhauses in der Marchwitzastraße war für die degewo in technischer Hinsicht ein Pilotprojekt, dessen Erfahrungen bei den folgenden Stadtumbauprojekten verfeinert und ergänzt wurden. So entwickelten die Fachleute der degewo-bauabteilung bei den Ahrensfelder Terrassen, dem bekanntesten Vor haben dieser Art (vgl. nächstes Kapitel), ein neuartiges, sowohl kostengünstiges als auch umweltfreundliches Verfahren zum Umgang mit den Außenwandplatten. Diese waren zur Bauzeit als Sandwichplatten konstruiert worden, deren Dämmmaterial entweder aus Polystyrol oder aus künstlicher Mineralfaser (KMF) bestand. Während Polystyrol sich problemlos entsorgen lässt, bedarf KMF wegen ihrer als Krebs erzeugend geltenden Eigenschaften besonderer Sorgfalt. Deshalb wurden üblicherweise je sechs mit KMF gedämmte Platten auf einem Tieflader zu einer Sonderdeponie transportiert und als Sonderabfall entsorgt obwohl ja nur die etwa 30 Kilogramm schwere KMF und nicht die gesamte sechs Tonnen schwere Platte Sondermüll darstellt. Dies führte nicht nur zu beträchtlichen Kosten, sondern auch zu einer hohen Verkehrsbelastung im Umfeld der Abrissobjekte. Innovative Methode entwickelt In Marzahn nun gelang es, in Zusammenarbeit mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus und dem Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (LAGetsi) eine neue Methode zu entwickeln. Zu diesem Zweck wurde rund 40 Meter von den nächsten bewohnten Gebäuden entfernt ein mit Planen abgetrennter Separierungsplatz angelegt. Dort brach ein

22 Stadtumbaustandort: die Marchwitzastraße 16 I 17 Bagger die Platten, bei denen zuvor KMF festgestellt worden war, einzeln auf. Anschließend entfernten zwei Arbeiter in Schutzanzügen die künstliche Mineral faser. Diese wurde nun zur Sonderdeponie gebracht, während die eigentliche Platte kostengünstig zerkleinert und als recyclingfähiges Material im Stoffkreislauf wieder eingesetzt werden konnte. Dieses in Marzahn entwickelte Verfahren hat sich mittlerweile bundesweit durchgesetzt. Welches Demontageverfahren zum Einsatz kam, hing stets von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Beim Abriss von drei Elfgeschossern in der Karl-Holtz-Straße zum Beispiel (vgl. übernächstes Kapitel) mussten die Platten nicht einzeln demontiert werden. Hier ging es schneller und günstiger, indem eine hydraulische Riesen zange die Gebäude packte und zum Einsturz brachte. Möglich war diese Methode aus zwei Gründen: Zum einen war der Abstand zu den bewohnten Nachbargebäuden groß genug. Zum anderen hatten Tests gezeigt, dass bei den Abrissobjekten in der Karl-Holtz-Straße ausschließlich Außenwandplatten mit Poly styrol verwendet worden waren und somit keine Entsorgung von Sonder müll notwendig war.

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24 Stadtumbaustandort: die Ahrensfelder Terrassen 18 I 19 Das Leuchtturmprojekt Die Ahrensfelder Terrassen Ganz im Norden Marzahns, nicht weit entfernt von der Grenze zu Brandenburg, strahlen Hausfassaden in warmen, mediterranen Tönen. Große Dach terrassen fallen den Betrachtern auf und gepflegte Mietergärten. Die abgestufte Bauweise mit unterschiedlich hohen Gebäuden hat so gar nichts gemein mit dem Bild von der eintönigen Betonwüste, das sich manche Leute von Marzahn machen. Trotzdem gehören die Ahrensfelder Terrassen zu Marzahn als herausragendes Beispiel dafür, was sich aus der viel gescholtenen Platte mit Phantasie, technischem Fachwissen und erheblichem finanziellem Aufwand machen lässt. Die Ahrensfelder Terrassen sind das bekannteste Stadtumbauprojekt in Berlin und eines der bundesweit am stärksten beachteten. Dabei war der Weg bis zur heutigen Erscheinung alles andere als einfach, und die Realisierung des Vorhabens zeigte exemplarisch, mit welch vielfältigen Herausforderungen finanziellen, technischen, logistischen und sozialen der Stadtumbau Ost verbunden ist. Im Norden der Großsiedlung realisierte die degewo ein Modellprojekt, das weit über Berlin hinaus Aufsehen erregte. Denn als im Jahr 2002 bekannt wurde, dass die degewo ein großes Um- und Rückbauprogramm im Viertel zwischen Havemann-, Rosenbecker und Eichhorster Straße im Norden Marzahns plante, war der Aufschrei groß. Schock-Brief für Marzahner Mieter: Wir reißen Ihr Haus ab!, titelten die Zeitungen. Ein Bewohnerbeirat sorgte für Schlagzeilen mit seinem Vorschlag, den Nordwesten Marzahns aus dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf auszugliedern und dem benachbarten brandenburgischen Amt Ahrensfelde-Blumberg anzugliedern. Denn, so die Begründung der Aktivisten, nur die Flucht aus der entsolidarisierten Hauptstadt in die Obhut einer den Menschen zugewandten dörflichen Gemeinschaft biete die Chance, einer beispiellosen Entmietungskampagne zu begegnen.

25 Die Ausgangslage Was war passiert? In Marzahn-Nord zeigte es sich in besonderem Maße, wie dramatisch der Umbruch der Nachwendezeit war. Früher als anderswo in der Großsiedlung wurden hier die Auswirkungen des demografischen und sozialen Wandels fassbar: Die Bewohnerschaft war jünger, die Fluktuation höher, die Problematik von Lärm und Vandalismus größer, der Leerstand gravierender. Der Hauptgrund dafür lag in der Entstehung der Großsiedlung: Marzahn wurde von Süden nach Norden errichtet, so dass erst 1987 im Nordwesten die letzten der rund Wohnungen der Plattenbausiedlung entstanden. Im Vergleich zu früheren Bauphasen waren die städtebaulichen und architektonischen Anforderungen heruntergefahren worden; es ging letztlich nur noch um Masse, nur noch um das Ziel, die Wohnungsnot quantitativ zu bekämpfen. Die Folge war, dass sich für die Wohnungen in den Elfgeschossern nach der Wiedervereinigung schnell Vermietungsprobleme einstellten. Hinzu kam, dass sich im Norden Marzahns in der kurzen Zeit bis zur Wende keine gefestigten sozialen Strukturen entwickeln konnten. Während Bewohner anderswo die vertrauensvolle Hausgemeinschaft als wichtigen Grund für ihr Bleiben anführten, fehlte rund um die Havemannstraße diese soziale Verankerung. Leerstand und die Gefahr eines sozialen Kippens veranlassten deshalb die degewo, neue Wege zu beschreiten. Dabei verfolgte sie das Ziel, einen Komplettabriss zu vermeiden, da dieser eine städtebauliche Leerstelle hinterlassen hätte. Vielmehr entwickelten die Planer ein Konzept mit Vorbildcharakter: Statt die elfgeschossigen Hochhäuser in Gänze abzubrechen, blieben die meisten davon stehen, wobei sie jedoch auf drei bis sechs Geschosse reduziert wurden der Begriff Rückbau wurde also wörtlich genommen. Auf diese Weise entstand eine abwechslungsreiche Stadtlandschaft mit geringerer Dichte und höherer Wohnqualität. Gleichzeitig verringerte sich die Zahl der Wohnungen von auf 409.

26 Stadtumbaustandort: die Ahrensfelder Terrassen 20 I 21 Einher ging die quantitative Verringerung mit einer qualitativen Aufwertung: Die degewo wollte nicht einfach weniger Wohnungen anbieten, sondern andere Wohnungen. Während ursprünglich zehn Grundrisstypen vorhanden waren, konnten die Bewohner nun unter 38 Varianten (darunter Wohnungen mit Dachgarten sowie bei Singles besonders beliebte 1,5-Zimmer-Wohnungen) auswählen. Ausgebaut wurde das Angebot an 2-Zimmer-Wohnungen, wohingegen die schwer vermietbaren 5-Zimmer-Wohnungen komplett vom Markt genommen wurden. Einen erheblichen Teil der Einheiten konzipierten die Planer zudem so, dass sie beispielsweise dank bodengleicher Duschtasse und schwellenfreiem Übergang zum Balkon den Anforderungen behinderter oder älterer Mieter genügen. Abgerundet wurde das Konzept durch einladende Hauseingänge und farblich abwechslungsreiche Hausfassaden. All diese Maßnahmen, so die Überlegung, sollten Nord-Marzahn für neue Nachfragegruppen attraktiv machen und die Identi fikation mit dem Viertel erhöhen. Die Finanzierung Klar war: Ohne finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand ließ sich das Projekt Ahrensfelder Terrassen nicht realisieren. Voraussetzung für die Umsetzung war deshalb, den Senat vom Konzept zu überzeugen und für die Bereitstellung zusätzlicher Fördermittel zu gewinnen. Insgesamt steuerten Bund und Land einen Großteil der Investitionskosten in Höhe von 31,5 Mio. Euro bei. 9,8 Mio. Euro für Abbruchmaßnahmen und 21,7 Mio. Euro für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen kamen allein vom Land Berlin. Auf den Quadratmeter verbliebener Wohnfläche bezogen, beliefen sich die Umbaukosten auf 634 Euro pro Quadratmeter. Die Information Als besondere Herausforderungen erwiesen sich die Information und die Einbeziehung der Mieter und Anwohner. Auf die Empörung über die ersten Meldungen über den geplanten Rückbau folgten Mieterversammlungen, die von teils sehr emotionalen Voten geprägt waren. Zudem gründete sich eben jener Bewohnerbeirat Marzahn-NordWest, der dann mit seinem Vorschlag einer Angliederung an das benachbarte brandenburgische Amt für Schlagzeilen sorgte. Dennoch gelang es der degewo, die Debatte zu versachlichen. Ein Erfolgsrezept bestand darin, dass sich die Verantwortlichen der Diskussion stellten, das Konzept des Stadtumbaus offensiv verteidigten und dabei auch heftiger Kritik nicht aus dem Weg gingen. Als noch erfolgreicher stellte sich das persönliche Gespräch mit den vom Rückbau betroffenen Mietern heraus: Ihnen allen wurde ein auf ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmtes Angebot gemacht (vgl. Kapitel Entmietungsprozess) und damit verdeutlicht, dass die degewo sich sehr wohl um ihre Belange und Sorgen kümmerte. Dazu, dass das Vorhaben mehr und mehr an Zustimmung gewann, trug ferner eine Lichtinstallation bei: Die degewo ließ die Fenster der 409 Wohnungen, die stehen bleiben sollten, entsprechend ihrer künftigen Größe in verschiedenen Farben beleuchten. So wurde für die Anwohner und Mieter fassbar, wie sich das städtebauliche Bild an der Havemannstraße künftig darbieten würde. Darüber hinaus weckte die breite Berichterstattung in den Medien das Interesse an den Ahrensfelder Terrassen. Die zunehmende Akzeptanz zeigte sich darin, dass bereits kurz nach Beginn der Umbauarbeiten 150 potenzielle Mieter Vorverträge unterzeichnet hatten.

27 Positiv auf die Einstellung der Betroffenen wirkte sich zudem aus, dass die degewo konstruktive Kritik der engagierten Anwohner aufnahm: Auf Anregung des Bewohnerbeirats blieben 38 Wohnungen in der Rosenbecker Straße stehen, die ursprünglich verschwinden sollten. Den Ausschlag für diese Umplanung gaben stadtgestalterische Überlegungen, aber auch der Wunsch nach einer weiteren Stabilisierung der Wohnanlage. Denn die zusätzlichen, zwischen zwei und dreieinhalb Zimmer aufweisenden Einheiten wurden als Eigentumswohnungen angeboten mit Erfolg: Bei einem Kaufpreis von rund Euro pro Quadratmeter waren alle Wohnungen nach kurzer Zeit verkauft. Der Bauablauf Die Koordination der Bauarbeiten verlangte von den Verantwortlichen bei den Ahrens felder Terrassen ganz andere Lösungen als beim Abriss des Doppelhochhauses in der Marchwitzastraße. Da die vom Bund gewährte Investitionszulage, ein wesentliches Element des Finanzierungskonzepts, Ende 2004 auslief, bestand großer Zeitdruck. Zudem wurden die Häuser ja nicht komplett abgerissen, sondern teilweise rückgebaut, was hohe Anforderungen an alle beteiligten Planer, Handwerker und Baufirmen stellte.

28 Stadtumbaustandort: die Ahrensfelder Terrassen 22 I 23 Am 16. Dezember 2003 erfolgte der Start für dieses erste komplexe Stadtumbauprojekt in Berlin, mit dessen Planung und Bauleitung das Büro Stadt-Akzent beauftragt war. Erst im Mai 2004, als die Arbeiten längst im Gange waren, wurden die letzten Wohnungen freigezogen. Bereits im August desselben Jahres übergab die degewo die Schlüssel an die Mieter der ersten fertig gestellten Wohnungen in der Havemannstraße 3 5. Pro Arbeitstag wurden rund 220 Betonelemente demontiert und 850 Tonnen Betonbruch entsorgt, was etwa 40 Lkw-Fahrten entsprach. Zu Spitzenzeiten waren rund 500 Arbeitskräfte auf der Baustelle tätig. Dabei ersannen die Fachleute innovative technische Lösungen zum Beispiel bei den Loggien. Die vorhandenen Loggien wurden durch neue ersetzt, die nun 1,80 bis 2 Meter (statt zuvor 1,20 Meter) tief waren. Und wo es noch gar keine Loggia gegeben hatte, wurde eine angebaut. Da die Ahrensfelder Terrassen nicht zuletzt auch weniger mobile Mieter ansprechen sollen, galt dem Übergang vom Mit den Ahrensfelder Terrassen wurden Wohnformen geschaffen, die auf eine starke Nachfrage stießen. Wohnraum zur Loggia besondere Aufmerksamkeit. Hier entwickelten die Experten einen nahezu schwellenlosen Austritt, der in der Folge als Gebrauchsmuster angemeldet wurde. Den gesetzlich vorgeschriebenen Witterungsschutz erreichten sie dabei durch eine in den Beton eingelassene Rinne, die von einem Stahlrost abgedeckt ist. Die Bilanz Die Ahrensfelder Terrassen wurden zum Erfolgsmodell. Sie verbesserten nicht nur nachhaltig das Image Marzahns, sondern erwiesen sich auch als wirtschaftlich erfolgreich. Bei einer anfänglichen Durchschnitts-Nettokaltmiete von 4,99 Euro pro Quadratmeter sind die Wohnungen bis auf eine Fluktuationsreserve von rund 2 Prozent komplett vermietet. Besonders bemerkenswert ist, dass es der

29 degewo gelang, Mieter für die Ahrensfelder Terrassen zu begeistern, die zuvor keine Erfahrung mit dem Wohnen in der Platte hatten: Von den Erstmietern stammte nur gut die Hälfte aus Marzahn; 44 Prozent kamen aus anderen Berliner Bezirken, dem Umland oder von noch weiter her. Für die Qualität des städtebaulichen Konzepts spricht schließlich der Umstand, dass die degewo beim vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen ausgelobten Deutschen Bauherrenpreis 2005 mit einer Besonderen Anerkennung ausgezeichnet wurde. Das Projekt, hieß es im Votum der Jury, sticht durch seine hohe formale Attraktivität hervor, wobei vor allem die Dachterrassen eine enorme Wohnwertverbesserung darstellten. Trotzdem blieben die Ahrensfelder Terrassen in ihrer Komplexität ein Einzelfall im Marzahner Stadtumbauprogramm. Denn der degewo war klar, dass Fördermittel in diesem Umfang künftig nicht mehr fließen würden. Für die weiteren Stadtumbaustandorte musste sie deshalb andere adäquate Maßnahmen finden.

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32 Stadtumbaustandort: die Karl-Holtz-Straße 26 I 27 Zwischennutzung mit Qualität Die Karl-Holtz-Straße Grau, unfreundlich und abweisend zeigten sich im Jahr 2006 die drei elfgeschossigen Plattenbauriegel in der Karl-Holtz-Straße. Mehrere Gründe sprachen für ihren Abbruch: Sie waren noch nicht saniert und als Hochhäuser des Typs WBS 70 gehörten sie zu den wenig beliebten Wohnhäusern in Marzahn, so dass der Leerstand zwölf Prozent überschritt. Deshalb bestimmte die degewo die insgesamt 293 Wohnungen zum Abbruch. In der Karl-Holtz-Straße gestaltete die degewo eine unaufwändige Zwischenlösung für später nutzbares Bauland. dicht bebauten Hinterhöfen abzuheben. In Marzahn laden die Höfe zum Spielen und Entspannen ein, und zudem ist das grüne brandenburgische Umland schnell erreichbar. Damit stellte sich dem Unternehmen die Frage, wie die entstehende Freifläche genutzt werden sollte. In dicht besiedelten Wohngegenden wäre die Antwort einfach gewesen: als Spielplatz und von viel Grün geprägter Aufenthaltsort für die Anwohner. Doch Marzahn ist nicht die eng bebaute Berliner Innenstadt. Während dort an Freiflächen oft großer Mangel herrscht, ist Marzahn mit Grünflächen und Parks gut versorgt. Denn die Großsiedlungen folgen ja gerade der städtebaulichen Prämisse, den Bewohnern viel Licht und Luft zu verschaffen und sich damit grundlegend vom Städtebau der Gründerzeit mit seinen Blockrandstrukturen und Keine Nachfrage nach Eigenheimen In der Karl-Holtz-Straße gingen die Überlegungen der degewo-verantwortlichen deshalb in eine andere Richtung. Ausgangspunkt war dabei die Lage des Abrissgebietes, das an der Rudolf-Leonhard-Straße im Süden an eine Einfamilienhausbebauung grenzt. Warum, so die Überlegung, sollte an diesem Standort nicht eine Vermarktung der Flächen als Baugebiet für Reihenhäuser denkbar sein?

33 Die degewo erstellte eine Vorplanung und ließ die Vertriebsmitarbeiter im Jahr 2007 testen, ob Interesse an solchen Eigenheimen bestand. Doch es zeigte sich bald, dass eine realistische Vermarktungsperspektive fehlte. Dafür gab es zwei Gründe: zum einen die Nachbarschaft zu einer Kita, von der die Kaufinteressenten eine Lärmbelästigung befürchteten, zum anderen das Preisniveau. Denn die degewo rechnete mit realen Kosten, bezog also die Grundstückskosten mit ein und damit konnten die geplanten Reihenhäuser finanziell nicht mit den sehr günstigen Angeboten im brandenburgischen Umland mithalten. Dennoch ist es aus Sicht der degewo nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft die Nachfrage steigt und sich der Standort doch noch vermarkten lässt. Die Karl-Holtz- Straße gilt somit als Bauerwartungsland. Gesucht war deshalb eine Lösung, die dem Quadratmeter großen Grundstück eine ansehnliche Gestaltung gibt, ohne eine aufwändige und teure Parkpflege zur Folge zu haben. Angestrebt wurde also eine auf mittlere Frist angelegte temporäre Lösung mit möglichst geringen Bewirtschaftungskosten. Dabei ging es darum, die vorhandene Grünsubstanz des angrenzenden Karl-Holtz-Platzes zu ergänzen und eine einfache Grünfläche mit nachvollziehbaren Wegebeziehungen zu schaffen. Geringer Pflegeaufwand Realisiert wurde dieses Konzept im Jahr Dabei erhielt der südliche Karl- Holtz-Platz eine Einfassung durch Baum- und Gehölzpflanzungen. Auf umfangreiche Baumpflanzungen verzichtete die degewo hingegen, da die Lösung ja nur als Zwischennutzung angelegt ist und zudem im südlichen Freiraumbereich bereits zahlreiche Bäume stehen. Einige behutsame Rodungen und Rückschnitte verfolgten das Ziel, neue Sichtachsen und damit mehr Klarheit zu schaffen. In den ehemaligen Vorgärten der Wohnhäuser wurden Gehölze gepflanzt, die jetzt gleichsam als grüne Inseln wirken. Farbige Akzente setzen zudem neu angepflanzte Wildrosen. Eine originelle Lösung ließen sich die Grünplaner der degewo für die verbliebenen Leitungsbauwerke einfallen: Sie banden sie in einen Bogen aus Fertiggabionen also mit Stein gefüllten Drahtgitterkörben ein, der den Grundriss des Platzes aufnimmt. Hinter den Gabionen befindet sich eine Wiese mit Wildstauden. Zum Spazierengehen laden zwei Schotterwege ein, zum Verweilen einige Bänke. Die ehemaligen Autostellplätze wurden zum Teil entsiegelt, zum Teil aber auch durch neue Randsteine und einen neuen Belag gestalterisch aufgewertet. Die Kosten für die Gestaltung der Fläche beliefen sich auf Euro. Die laufenden Ausgaben sind gering, da es für die Pflege ausreicht, einmal im Jahr die Pflanzen zu schneiden. Interessant ist der Umgang mit der Karl-Holtz-Straße übrigens noch aus einem anderen Grund: Hier prüfte die degewo, ob sich eine Wiederverwertung der Plattenbauelemente lohnen könnte. Im Laufe des Programms Stadtumbau Ost wurde in den neuen Bundesländern nämlich immer wieder die Idee entwickelt, die alten Platten nicht zu Straßenbaumaterial zu verarbeiten, sondern daraus neue Wohnhäuser zu bauen. Tatsächlich realisiert wurden solche Projekte jedoch nur selten (unter anderem in Cottbus). Auch in Marzahn zeigte sich bei genauerer Betrachtung, dass eine solche Wiederverwendung zwar technisch möglich, aber wirtschaftlich unrentabel ist die Platten der Karl-Holtz-Straße fanden sich letztlich ebenfalls größtenteils im Straßenbau wieder.

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36 Stadtumbaustandort: das Schorfheideviertel 30 I 31 MuFus statt Wohnhäuser Das Schorfheideviertel Die Frage, wie mit neu entstehenden Freiflächen umzugehen sei, stellte sich der degewo auch im Schorfheideviertel. Dort, im Norden Marzahns, brach das Unternehmen im Jahr 2007 zwei elfgeschossige Wohnhäuser mit zusammen 132 Wohnungen an der Schorfheidestraße ab verschwanden zudem drei sechsgeschossige Häuser an der Kölpiner und der Golliner Straße mit insgesamt 130 Wohnungen. Mangel an Grünflächen bestand im Schorfheideviertel keineswegs. Es grenzt an das Landschaftsschutzgebiet Wuhletal und verfügt außerdem über große Innenhöfe, so dass die naturnahe und ruhige Wohnlage seit jeher als Standortvorteil gilt. Hinzu kam eine ganz besondere Herausforderung: Weil zwei Aufgänge eines Elfgeschossers in Eigentumswohnungen umgewandelt und an einzelne Käufer veräußert worden waren, kam der städtebaulich eigentlich sinnvolle Abriss dieses Hochhauses nicht in Frage. Als so genanntes weißes Haus blieb es deshalb allein auf weiter Flur stehen. Bei der Charrette Schorfheideviertel entwickelten Anwohner Ideen für die Gestaltung der umfänglichen zusätzlichen Freiflächen. Das Charrette-Verfahren Wie also ließ sich die Quadratmeter große Freifläche so gestalten, dass einerseits eine städtebauliche Aufwertung resultierte und andererseits das neue Erscheinungsbild den Wünschen der Anwohner entgegenkam? Bei der Suche nach einer Antwort auf diese Frage beschritt die degewo zusammen mit der Quartiersagentur Marzahn NordWest einen neuen Weg: Sie entschied sich dafür, die Fachkenntnis der Betroffenen einzubeziehen, und leitete ein so genanntes Charrette-Verfahren in die Wege. Der französische Name dieses Verfahrens geht der Legende nach auf das 19. Jahrhundert zurück, als die Studenten der Pariser Kunstakademie auf einem Karren (franz. charrette) zur Präsentation ihrer Abschlussarbeiten in die Akademie gefahren wurden. Weil sie manchmal mit ihren Werken noch nicht fertig waren, gaben sie ihnen unter den Augen der Bevölkerung den letzten Schliff.

37 Als Charrette-Verfahren gilt heute eine öffentliche Planungsmethode mit direkter Beteiligung der betroffenen Bürger, aber auch von Fachleuten. Unter Moderation der Landschaftsarchitekten der gruppef und von ts redaktion fanden deshalb vor Ort Planungswerkstätten statt, in denen jeder Interessierte seine Vorstellungen einbringen konnte. Mehr als 250 Anwohner, darunter auch Kinder und Jugendliche, sowie Vertreter von Vereinen, Initiativen, der degewo und des Bezirksamtes entwickelten in diesem diskursiven Verfahren kreative Ideen für die Nutzung der neuen Freifläche. Hügel, Gräser und Kiefern Dabei setzte sich ein Konzept durch, das an die Namensgeberin des Viertels, die Schorfheide, anknüpft. Hügel, Gräser und Kiefern typische Merkmale der im Norden des Bundeslands Brandenburg gelegenen Schorfheide sollten dem Konzept zufolge künftig das Schorfheideviertel prägen. Deshalb wurden im Lauf der Umgestaltungsarbeiten, die im April 2008 begannen und im Oktober 2009 abgeschlossen wurden, bis zu drei Meter hohe Erdhügel modelliert und an den vorhandenen Straßenraum und den Hofbereich angepasst Kubikmeter Füllboden das entspricht der Ladung von gut hundert Schwerlasttransportern waren nötig, um diese Schorfheidelandschaft zu schaffen. Auf den Hügeln ist Rasen gesät, und Kiefern sowie hohe Gräser betonen die Kuppen. Durch das Areal führt ein zwei Meter breiter Weg. Bereichert wird das neue Erscheinungsbild von Hirschskulpturen, die aus einem Kunstwettbewerb hervorgingen. Unter den eingeladenen fünf Künstlern entschied sich die Jury für den Vorschlag von Jörg Schlinke. Der Künstler ent wickelte wiederum gemeinsam mit den Anwohnern vier archetypische Hirsche, die jetzt die neu geschaffene Landschaft beleben. Zurückgebaut wurden auch Parkplatzflächen, und die Straßenführung wurde geändert: Die Zufahrt zum erhalten gebliebenen Parkplatz und zur Schorf heidestraße 6 8 ist nun nur noch eine Sackgasse, was dem Wunsch der dortigen Eigentümergemeinschaft ent spricht. Auf diese Weise gelang es, die Schorfheide gleichsam nach Marzahn zu holen. Mit der Schorfheide, so hatte es das Charrette-Verfahren gezeigt, assoziieren die Anwohner Vorstellungen von Ruhe, Grün und Erholung. Insofern entstand ein identitätsstiftender Freiraum, der das Viertel unverwechselbar macht und auf neue Qualitäten und Entwicklungschancen verweist.

38 Stadtumbaustandort: das Schorfheideviertel 32 I 33 Paten für die Hirsche Neu und unverwechselbar sind auch die 24 MuFus, die am Standort der abgerissenen Häuser in der Kölpiner und Golliner Straße entstanden sind. MuFus sind keine exotischen Tiere, sondern Multifunktionsboxen: schlichte, weiße Gebäude, die als Garage, aber auch als Hobbyraum oder Lagerfläche genutzt werden können. Der Clou dabei ist, dass sie so angeordnet sind, dass ihre Erscheinung an eine weidende Schafherde erinnert. Alle MuFus waren vermietet, bevor sie überhaupt aufgestellt waren. Auf Euro beliefen sich die Kosten für die Gestaltung der Hügellandschaft. Den Anwohnern hat das im Schorfheideviertel gewählte Verfahren bewiesen, dass die degewo ihre Vorschläge und Wünsche ernst nimmt und tatsächlich umsetzt. Und mit dem Abschluss der Baumaßnahmen ist die Einbeziehung der Betroffenen nicht vorbei: Die degewo hat die Ideengeber zur Gestaltung der Hirsche Anwohner und Schüler umliegender Schulen als Hirschpaten gewonnen. Sie werden sich auch künftig um das Wohlergehen der Hirsche kümmern. Dies trägt wie das gesamte Charrette-Verfahren dazu bei, dass sich die Menschen noch stärker mit ihrem umgestalteten Quartier identifizieren.

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40 Stadtumbaustandort: die Wohnanlage Am Bürgerpark 34 I 35 Umbau für die ältere Generation Die Wohnanlage Am Bürgerpark Ursprünglich war Marzahn ein Bezirk der jungen Familien. Die zahlreichen 3- bis 5-Zimmer-Wohnungen waren auf die Bedürfnisse von Eltern mit Kindern ausgerichtet, die sich glücklich schätzten, den herunter gekommenen Gründerzeitbauten in der Innenstadt mit Kohleofen und Toilette auf halber Treppe entkommen zu sein. Doch Menschen bleiben nicht ewig jung. Viele Erstmieter wohnen, nunmehr dreißig Jahre älter geworden, noch immer gerne in Marzahn, während ihre erwachsenen Kinder längst in Friedrichshain, Schöneberg oder gar München leben. Da zudem nur wenig Zuzug aus anderen Bezirken nach Marzahn festzustellen ist, hat sich die Altersstruktur dramatisch verändert stellte die degewo bei ihrer Mieter befragung fest, dass 35 Prozent ihrer Marzahner Kunden älter als sechzig Jahre waren. Und dieser Anteil wird weiter steigen: Laut der Bevölkerungsprognose des Senats werden im Jahr 2030 in Berlin rund 30 Prozent mehr Menschen über 65 Jahre leben als Mit dem Umbau in der Sella-Hasse-Straße schuf die degewo neue Wohnangebote für Senioren, die im angestammten Kiez bleiben wollen. Was in der Ursprungskonzeption Marzahns fast völlig fehlte, sind Wohnungen, die auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Generation ausgerichtet sind: kleinere Einheiten mit Aufzug, barrierearmer Gestaltung und guter Infrastruktur für Singles oder Paare. Wie gravierend dieser Mangel ist, zeigte sich bei den Ahrensfelder Terrassen: Die dort entstandenen altersgerechten und behindertenfreundlichen Wohnungen konnten die Nachfrage bei weitem nicht befriedigen. Keine Schwellen Das war Grund genug für die degewo, ein zweites, noch gezielter auf die Wohnwünsche der älteren Generation ausgerichtetes Projekt in Angriff zu nehmen: die 2006 bis 2008 realisierte Wohnanlage Am Bürgerpark. Gegenstand des Umbauprojekts waren unsanierte Plattenbauten in der Sella-Hasse-Straße

41 und der Ludwig-Renn-Straße. Wie bei den Ahrensfelder Terrassen riss die degewo die Mehrzahl der Wohnungen, nämlich 572, ab, während sie die verbliebenen 145 Einheiten in den fünfgeschossigen Plattenbauten der Sella- Hasse-Straße einer grundlegenden Modernisierung unterzog: Stränge und Fassaden wurden saniert, Aufzüge angebaut und Grundrisse verändert alles im Hinblick auf die Zielgruppe der älteren Menschen. So gibt es zum Beispiel innerhalb der Wohnungen keine Schwellen, der Austritt zum Balkon ist bequem möglich und die Bäder verfügen über eine bodengleiche Dusche. Zudem sind die Wohnungen dank Aufzug und breiter, mit einem schlüssellosen Chip-System zu öffnender Haustür auch für Menschen gut erreichbar, die auf einen Rollator angewiesen sind. Den Ausschlag dafür, dieses Konzept gerade an diesem Standort umzusetzen, gab die Infrastruktur: Das Wohnquartier liegt in unmittelbarer Nähe des Einkaufszentrums Plaza Marzahn und eines Ärztehauses. Der Bürgerpark lädt zum Spazieren ein, und Bus und S-Bahn sind nur wenige Gehminuten entfernt. Komplett vermietet Geplant waren zunächst 38 altersgerechte Wohnungen in sechs verschiedenen Varianten. Weil die Nachfrage aber noch größer war als erwartet, entschied sich die degewo dafür, vier weitere Aufgänge in der Sella-Hasse-Straße altersgerecht umzubauen, so dass letztlich 86 seniorenfreundliche Wohnungen entstanden. Die Richtigkeit der Entscheidung bestätigt der Umstand, dass die Wohnungen (bei einer anfänglichen durchschnittlichen Nettokaltmiete von 5,08 Euro pro Quadratmeter) komplett vermietet sind. Ergänzt wird das Angebot durch ein ebenfalls im Rahmen des Stadtumbaus entstandenes Pflegeheim in der Ludwig-Renn-Straße Da das Betreiben einer Senioreneinrichtung nicht zu den Kernkompetenzen eines Wohnungsunternehmens gehört, fand die degewo mit der Gesellschaft für Beratung und Sozialmanagement GBS poli.care eine kompetente Pächterin. Nach deren Wünschen setzte die degewo die baulichen Maßnahmen um und schuf so die Voraussetzungen dafür, dass jetzt 95 Pflegeplätze, 21 Wohnungen für betreutes Wohnen und eine Tagespflege für zehn Gäste älteren Menschen einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen.

42 Stadtumbaustandort: die Wohnanlage Am Bürgerpark 36 I 37 Wohnungen nach Maß Diese Kombination unterschiedlicher Wohnformen für ältere Menschen gefiel auch der Jury des Deutschen Bauherrenpreises 2007: Sie zeichnete die degewo für die Wohnanlage Am Bürgerpark mit einer Besonderen Anerkennung aus. Städtebaulich überzeugend fanden die Juroren vor allem die kleinteilige Überschaubarkeit des Wohnensembles. Ältere Marzahnerinnen und Marzahner können sich jedoch nicht nur am Bürgerpark wohl fühlen. Mit einem Bündel an Maßnahmen geht die degewo auch anderswo auf die Wünsche ihrer älteren Mieter ein. So bietet sie ihnen mit ihrem Programm Wohnungen nach Maß eine Vielzahl an Umbauten in der Wohnung an, die von einem Haltegriff beim Übergang zur Loggia bis zum Einbau einer flachen Duschtasse reichen. Zudem schuf die degewo an mehreren Standorten Räume für Wohngemeinschaften, in denen externe Dienstleister pflegebedürftige oder demenzkranke Menschen betreuen. Ferner entwickelte sie gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land das Betreuungskonzept SOPHIA Berlin (SOPHIA = Soziale Personenbetreuung und Hilfen im Alltag), das es betagten und gesundheitlich beeinträchtigten Marzahnerinnen und Marzahnern ermöglicht, lange in der eigenen Wohnung zu bleiben. Diese Ausrichtung auf die immer wichtiger werdende Zielgruppe der älteren Menschen verfolgt die degewo auch nach Abschluss der großen Stadtumbau projekte weiter. Sie konzentriert sich jetzt darauf, ausgewählte Wohnhäuser durch den Anbau von Aufzügen, die Umgestaltung des Eingangsbereichs, die Verbreiterung von Türen und weitere Maßnahmen den Bedürfnissen der Senioren anzupassen. Fachleute sprechen dabei heute gerne von Wohnen in Zeiten des längeren Lebens. Dass Marzahn dafür gute Voraussetzungen bietet, beweist die Wohnanlage Am Bürgerpark.

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44 Stadtumbaustandort: die Mehrower Allee 38 I 39 Unter dem Druck der Politik Die Mehrower Allee In unmittelbarer Nähe der Wohnanlage Am Bürgerpark, in der Mehrower Allee 38 48, hat das letzte der großen Stadtumbauprojekte der degewo Gestalt angenommen. Nicht anzusehen ist den freundlichen Häusern, welch heftigen Kontroversen sie ihr heutiges Bild verdanken. Kaum ein Vorhaben war so umstritten wie die Mehrower Allee und kaum eines zeigt so exemplarisch, in welchem politischen Spannungsfeld die degewo den Stadtumbau Ost betrieben hat. Eigentlich hatte sie nämlich entschieden, die Wohnblöcke an diesem Standort abzureißen. Dass sie es nicht tat, ist auf politischen Druck zurückzuführen. Nicht immer zogen Politik und Unternehmen an einem Strang. Beispielhaft zeigt das die Planungsgeschichte für die Mehrower Allee Hintergrund des Konflikts ist die zweigliedrige politische Struktur Berlins mit der Landes- und der Bezirksebene. Von Anfang an gab es somit für die degewo zwei politische Ansprechpartner: den Senat, vertreten durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, und den Bezirk Marzahn-Hellersdorf, vertreten durch den Stadtrat für ökologische Stadtentwicklung. Während die für die Vergabe der Fördermittel zuständige Senatsverwaltung den Stadtumbau von Anfang an unterstützte, war die Haltung des Bezirks sehr viel kritischer. Vor allem die stärkste Partei in Marzahn-Hellersdorf, Die Linke (früher PDS), kritisierte wiederholt die geplanten Abrissmaßnahmen. Einen großflächigen Abriss von Wohnungen in Berlin lehnen wir ab, teilte Die Linke 2006 in einer Stellungnahme mit. Die Debatte über den Abriss von Plattenbauwohnungen habe vor Ort zu einer erheblichen Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger geführt und den bereits vorhandenen Eindruck verstärkt, der Senat habe diese Kieze faktisch abgeschrieben. Maßgebliche Kreise des Bezirks erklärten, der Wohnungsleerstand sei ein Problem von ganz Berlin, und es sei unfair, es auf Kosten Marzahns zu lösen.

45 Obwohl die Bezirksverantwortlichen das Ergebnis beispielsweise bei den Ahrensfelder Terrassen schließlich begrüßten, stießen die unterschiedlichen Ansichten von Bezirk und degewo beim achtgeschossigen Plattenbau in der Mehrower Allee noch einmal heftig aufeinander. Hier sah die degewo den Komplettabriss des unsanierten Objekts mit 156 Wohnungen vor. Denn im Jahr 2005 standen 18 Prozent der Einheiten leer und die Mieterstruktur erwies sich als sozial schwach. Erschwerend kam hinzu, dass es sich bei einem Drittel der Wohnungen um schlecht vermietbare 4- oder 5-Zimmer-Wohnungen handelte. Ein Teilrückbau mit anschließender Sanierung wäre deshalb sehr teuer geworden, da die großen Wohnungen nur mittels eines grundlegenden Umbaus hätten marktgängig gemacht werden können. Deshalb entmietete die degewo immer im Einvernehmen mit dem Senat im Jahr 2007 das Objekt und verschickte die Ausschreibungsunterlagen für den Abbruch. Alternativen gefordert Gleichzeitig regte sich jedoch aus Kreisen von Architekten und Anwohnern Widerstand gegen das Abrissvorhaben. Unterstützt vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf, jedoch ohne Mitwirkung der degewo als Eigentümerin, gründete sich eine Stadtumbauwerkstatt. Sie machte es sich zur Aufgabe, Alternativen für das Gebiet um die Ringkolonnaden zu entwickeln. Die in den achtziger Jahren errichteten Ringkolonnaden hatten ursprünglich den Mittelpunkt des Wohnviertels an der Mehrower Allee dargestellt, seit Mitte der neunziger Jahre aber ihre Bedeutung als Kultur- und Geschäftszentrum verloren. In der Stadtumbauwerkstatt setzte sich die Auffassung durch, die städtebauliche Figur der Ringkolonnaden müsse unbedingt erhalten bleiben und damit auch die Zeile an der Mehrower Allee. Zudem präsentierte sich ein Investor, der sich am Kauf und an der Sanierung des umstrittenen Wohnhauses interessiert zeigte. Unter diesem öffentlichen Druck änderte die degewo schließlich ihr Konzept und erklärte sich bereit, selbst einen Teilrückbau mit anschließender Sanierung des verbleibenden Wohnraums zu realisieren. Dabei reduzierte die degewo die Höhe des Gebäudes auf drei bis fünf Geschosse, so dass von den ursprünglich 156 Wohnungen noch 50 übrig blieben: 29 2-Zimmer-Wohnungen und 19 3-Zimmer-Wohnungen, außerdem zwei Seniorenwohngemeinschaften mit jeweils 13 Zimmern. Der Preis für die Umsetzung dieses

46 Stadtumbaustandort: die Mehrower Allee 40 I 41 Konzepts war allerdings hoch: Die degewo investierte in den Umbau 765 Euro pro Quadratmeter und damit 20 Prozent mehr als bei den Ahrensfelder Terrassen (634 Euro pro Quadratmeter). Geschaffen wurde also eine teure politische Kompromisslösung allerdings eine, die am Markt durchaus erfolgreich ist: Die beiden Wohngemeinschaften fanden frühzeitig Mieter, und auch für die kleineren Wohnungen meldeten sich lange vor der Ende 2009 erfolgten Fertigstellung Interessenten, die bereit waren, die für Marzahner Verhältnisse recht hohe Nettokalt miete von 5,35 Euro pro Quadratmeter zu bezahlen. Dank diesem Vermarktungserfolg gestaltet sich das Projekt somit letztlich doch wirtschaftlich. Allerdings hat der Bezirk seinen Beitrag zum Gelingen des Vorhabens nicht geleistet: Die südlichen Ringkolonnaden ein seit Jahren leer stehendes Kaufhaus hat er entgegen seiner Zusage bislang nicht abgerissen. Der Abbruch ist jetzt für 2010 angekündigt. Bis es so weit ist, müssen die Bewohner der Mehrower Allee mit Blick auf den unansehnlichen Gebäudeteil leben. Tanzen in Marzahn Dass der Stadtumbau Ost keine Abkehr von der Tradition der Großsiedlung, sondern ihre Weiterentwicklung darstellt, zeigt im Übrigen ein Kunstwerk: Im Auftrag der degewo entstand an der Giebelfront der Mehrower Allee ein 13 mal 10 Meter großes Wandgemälde mit dem Titel Tanzen in Marzahn. Der Künstler, Frank Beutel, hatte schon die Hauseingänge des ursprünglichen Hauses Mehrower Allee gestaltet.

47 Das Ehepaar Büttner zieht um Exkurs Wohnlich sieht es aus in der 3-Zimmer-Wohnung von Marina und Holk Büttner im Glambecker Ring 85. Das Ehepaar hat sich offensichtlich gut eingerichtet im neuen Heim in dem sanierten fünfgeschossigen Plattenbau. Dabei sind die Büttners in einem gewissen Sinn Opfer des Stadtumbaus ihr altes Haus in der Golliner Straße 49 im Schorfheideviertel war eines von denen, die abgerissen wurden. Wie haben die beiden 49-Jährigen den Entmietungsprozess erlebt? Wenn man Marina und Holk Büttner zuhört, gewinnt man den Eindruck, dass es für die beiden ein erstaunlich undramatischer Vorgang war. Sie hätten schon länger geahnt, dass sich etwas tun werde, erzählt Marina Büttner. Denn frei werdende Wohnungen im Haus seien nicht mehr vermietet worden, und auch der Abriss der benachbarten Elfgeschosser sei ein deutliches Zeichen gewesen. Anfang 2007 erhielt das Ehepaar dann einen Brief, wonach es bis zum Oktober 2007 umziehen sollte, da das Haus abgebrochen werde. Selbst aktiv werden Panik? Aufregung? Verzweiflung? Nichts dergleichen. Wir sind Menschen, die gerne selbst aktiv werden und nicht darauf warten, dass andere auf uns zukommen, sagt Marina Büttner, die als Verkäuferin arbeitet. Deshalb griffen sie zum Telefon und suchten das Gespräch mit den Zuständigen der degewo. Eine Dame fragte uns, was wir uns bei der neuen Wohnung vorstellten, erzählt Frau Büttner. Wir wollten wieder eine Dreiraumwohnung, und zwar eine mit dem gleichen Küchengrundriss wie in der Golliner Straße, um unsere Einbauküche mitnehmen zu können. Drei Wohnungen bot die degewo dem Ehepaar an und gleich auf die erste, eben diejenige im Glambecker Ring, fiel die Wahl. Die ist nämlich genau gleich geschnitten wie die alte Wohnung und sie liegt im Hochparterre für die Büttners ein klarer Pluspunkt: Wir werden ja auch älter und es ist ein Vorteil, kaum Treppen steigen zu müssen. Dass die Büttners so unaufgeregt auf den Verlust ihrer vier Wände reagierten, ist eigentlich erstaunlich. Denn sie sind echte Erstmieter. Als wir 1987 in das Haus in der Golliner Straße zogen, war es gerade erst fertig geworden und alles war voller Schlamm, erinnert sich Marina Büttner. Ihre Geschichte ist typisch für viele Marzahner: Zuvor wohnten die Büttners mit ihrer damals noch nicht schulpflich tigen

48 Exkurs 42 I 43 Büttners dagegen können über die Betreuung durch die degewo nicht klagen. Ohne Feilschen übernahm die Gesellschaft die Umzugskosten inklusive Küchenaus- und -einbau. Zudem erstattete sie Renovierungsarbeiten, die das Ehepaar in der alten Wohnung vorgenommen hatte, und bezahlte Fliesen für das neue Heim. Deshalb blieben die Büttners auch gerne Kunden der degewo obwohl ihre neue Wohnung gar nicht um jeden Preis in Marzahn sein musste. Wir wären auch nach Hohenschönhausen oder Hellersdorf gegangen, sagen sie. Nur ein Umzug in die Innenstadt kam nicht in Frage. Uns gefällt es hier draußen, versichert Holk Büttner. Es sei sauber, anders als damals in der Brunnenstraße, als wir unsere Tochter wegen des Hundekots nicht auf der Straße spielen lassen konnten. Sie schätzen die Ruhe, die grüne Umgebung und die vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten. Zudem wohnt jetzt auch Frau Büttners Mutter in der Nähe, nämlich im Seniorenhaus in der Ludwig-Renn-Straße. Dort gefalle es ihr so gut, erzählt die Tochter, dass sie sich fragt, warum sie nicht schon viel früher aus ihrer Altbauwohnung in Mitte weggezogen ist. Tochter in einem heruntergekommenen Altbau in der Brunnenstraße in Mitte: Hinterhof, Ofenheizung, Außentoilette. Lange kämpften sie erfolglos um eine bessere Wohnung. Erst die Drohung, die Wahl zu boykottieren, brachte Bewegung in die Sache und die Büttners nach Marzahn. Es ist schon irgendwie komisch, räumt Holk Büttner ein, wenn ein Haus, in dem man so lange gelebt hat, plötzlich verschwindet. Aber wir haben die Notwendigkeit eingesehen, dass abgerissen werden muss, wenn so viel leer steht. Wir wären schon noch länger dort wohnen geblieben. Aber jetzt war eben Zeit für etwas Neues. Allerdings gingen nicht alle Nachbarn so rational mit der neuen Situation um. Wir waren die Gelassensten, stellt Holk Büttner fest und seine Frau ergänzt, dass viele gejammert und gestöhnt haben. Es ist schon irgendwie komisch, wenn ein Haus, in dem man so lange gelebt hat, plötzlich verschwindet. Wohnung gekauft Die wenigsten Marzahner wollen hier weg, sind die Büttners überzeugt. Und wenn, dann höchstens ins Eigenheim. Das aber ist nichts für die beiden: Ich habe im Leben genug gebaut, schmunzelt Holk Büttner, der früher auf dem Bau gearbeitet hat und jetzt als Kraftfahrer tätig ist. Die Büttners haben eine andere Wahl getroffen: Sie kauften ihre neue Wohnung von der degewo ein klares Zeichen, dass sie hierbleiben wollen. Was allerdings nicht für ihre mittlerweile längst erwachsene Tochter gilt: Die lebt nämlich in Bayern. Ganz vergessen ist der alte Wohnort, an dem sie fast zwanzig Jahre gelebt haben, natürlich nicht. Die Gestaltung der Freiflächen im Schorfheideviertel haben sie aufmerksam verfolgt. Und wie finden sie das Ergebnis? Es sieht gewöhnungsbedürftig aus, sagt Holk Büttner mit Blick auf die MuFus, die Multifunktionsboxen, die dort entstanden sind. Man kennt es ja anders. Aber die MuFus werden noch begrünt und dann sieht es sicher gut aus.

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50 Der Prozess der Entmietung 44 I 45 Mit Couchgesprächen zu einvernehmlichen Lösungen Der Prozess der Entmietung Die Entmietung der Wohnungen stellte eine der größten Herausforderungen beim Stadtumbau Ost in Marzahn dar. Noch nie zuvor hatte ein Berliner Wohnungs unternehmen vor der Aufgabe gestanden, innerhalb weniger Jahre tausenden von Mietern, deren Wohnung abgerissen werden sollte, eine neue Bleibe vermitteln zu müssen. Die Ankündigung, ihr Wohnhaus abzubrechen, bedeutete für die Mieter dabei weit mehr als nur die Unannehmlichkeiten, die mit einem Umzug immer verbunden sind. Für viele, vor allem für die Erstmieter unter ihnen, symbolisierte sie auch den Verlust von Heimat. Darüber hinaus vermittelte die Abrissankündigung manchen Bewohnern den Eindruck, zukünftig in einem Stadtteil leben zu müssen, dem eine unsichere Zukunft bevorstehe möglicherweise bis hin zu Verwahrlosung und steigender Kriminalität. Emotionale Versammlungen Der degewo war von Anfang an bewusst, dass der Umgang mit dieser Situa tion viel Einfühlungsvermögen erforderte. Sie nutzte deshalb verschiedene Wege. Durch Couchgespräche und faire Umzugsangebote gelang es, selbst anfängliche Kritiker vom Sinn des Stadtumbaus zu überzeugen. Dazu zählten Mieterversammlungen, auf denen die degewo-verantwortlichen die Notwendigkeit des Abrisses erläuterten und Fragen beantworteten. Diese Versammlungen waren oft von auch aus Sicht der degewo durchaus verständlicher großer Emotionalität geprägt. Als sinnvoll erwies es sich dabei, diese Versammlungen in nicht zu großem Rahmen abzuhalten, um die Beantwortung konkreter Fragen zu erleichtern und zu verhindern, dass sich die Gefühlswallungen gegenseitig hochschaukelten. Eine zweite Säule des Konzepts bildete der Umgang mit Anwohner- und Mieterinitiativen, die sich im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost bildeten. Besonders aktiv und ideenreich war der bereits erwähnte Bewohnerbeirat, der sich in die Gestaltung der Ahrensfelder Terrassen einbrachte. Auch hier zeigte sich, dass

51 offener Umgang Vertrauen schafft: Die degewo nahm den Beirat und seine Anregungen ernst und trug damit nicht nur zu einem konstruktiven Miteinander bei, sondern erreichte sogar, dass der Bewohnerbeirat den Stadtumbau fortan im Grundsatz unterstützte. Den dritten und wichtigsten Punkt des Konzepts stellten individuelle Gespräche mit den betroffenen Mietern dar. Dabei wurden die degewo-mitarbeiter im Fall der Ahrensfelder Terrassen anfangs von Fachleuten der S.T.E.R.N. Gesellschaft der behutsamen Stadterneuerung mbh unterstützt. Diese externe Hilfe war jedoch bald nicht mehr nötig, da sich die degewo-mitarbeiter schnell die Kompetenz für diese neue Aufgabe aneigneten. Wenn die Mieter es wünschten, durften auch Vertreter des Bewohnerbeirats an den Einzelgesprächen teilnehmen. Zudem richtete die degewo vor Ort zwei Beratungsbüros mit langen Sprechzeiten ein. Die Voraussetzungen waren dabei klar geregelt: Die degewo bot allen betroffenen Mietern Hilfe bei der Suche nach einer geeigneten Ersatzwohnung an, möglichst im Bestand des eigenen Unternehmens und idealerweise sogar im unmittelbaren Umfeld. In Fällen, wo dies beispielsweise bei stark nachgefragten Wohnungstypen nicht möglich war, stellte die degewo aber auch den Kontakt zu Genossenschaften und privaten Vermietern her. Bei der Wohnungssuche gingen die Beauftragten auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen ein. Viele wünschten sich beispielsweise eine Wohnung mit demselben Grundriss wie die bisherige Unterkunft, um beim Wiedereinbau der Küche, dem Platzieren der Schrankwand und dem Anbringen der Gardinen keine Probleme zu haben. Für Familien mit Kindern stellte zudem das Angebot an Schulen und Kitas ein wichtiges Kriterium dar. Umzugskosten übernommen Das Unterstützungspaket umfasste ferner finanzielle Komponenten. In jedem Fall auch beim Wechsel in den Bestand eines konkurrierenden Vermieters übernahm die degewo die Umzugskosten, wobei sie in der Regel einen Festpreis entsprechend der Größe der Wohnung bezahlte. Eine finanzielle Entschädigung gab es darüber hinaus für die Ummeldung des Wohnsitzes, den neuen Telefonanschluss und weitere aus dem Umzug entstehende Aufwendungen. Hatten die Mieter beispielsweise das Bad gefliest oder einen Teppich verlegt, der in der neuen Wohnung nicht passte, erhielten sie dafür einen Abstand, der sich am Zeitwert berechnete. Im Einzelfall ging die Betreuung noch weiter. Wenn nötig begleiteten degewo- Mitarbeiter einen Mieter auch ins Küchenstudio, um ihm bei der Auswahl einer neuen Küche zu helfen, unterstützten ihn bei der Herrichtung der neuen Wohnung oder besuchten ihn mehrmals zu Hause, um alle Details zu besprechen. Deutlich wurde dabei, dass sich bei diesen persönlichen Gesprächen auf der heimischen Couch sehr viel leichter sachorientierte Lösungen finden ließen als auf den emotionalen Mieterversammlungen. Die durchschnittlichen Entmietungskosten beliefen sich auf Euro pro Wohnung; einschließlich Herrichtung der neuen Wohnung erreichte der Betrag Euro. Dabei gab es natürlich auch Mieter, die sich ihrer Verhandlungsmacht bewusst waren und eine deutlich höhere Entschädigung herausholten. Von insgesamt Entmietungsfällen landeten jedoch nur drei vor Gericht, und auch diese ließen sich in einem Vergleich gütlich beilegen. Dass die Mieter bei diesem von Offenheit und Ehrlichkeit geprägten Vorgehen weiterhin Vertrauen in ihre Wohnungsbaugesellschaft hatten, beweist der Umstand, dass letztlich rund zwei Drittel der Betroffenen Kunden der degewo geblieben sind.

52 Der Prozess der Entmietung 46 I 47

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54 Die Bilanz 48 I 49 Ein Lernprozess führt zum Erfolg Die Bilanz Der Versuch, eine Bilanz des Stadtumbaus Ost in Marzahn zu ziehen, wirft grundsätzliche Fragen auf. Denn Marzahn ist als größte Neubausiedlung der DDR zu einem Symbol für die ostdeutschen Plattenbaugebiete überhaupt geworden und fast jeder Mensch in Deutschland verbindet irgendwelche wenn auch in den meisten Fällen vage oder irrige Vorstellungen mit diesem Namen. Was in Marzahn passierte, stand deshalb weit mehr im Fokus der Aufmerksamkeit als Stadtumbauprojekte in anderen ostdeutschen Städten, selbst wenn diese vom Wohnungsleerstand stärker betroffen waren als Berlin-Marzahn. Sinkender Leerstand, steigende Nachfrage von Familien, wachsende Zahl von Plattenneulingen sprechen für den Erfolg des Stadtumbaus. Doch auch für sich genommen stellte das Programm Stadtumbau Ost in Marzahn eine enorme Aufgabe dar, wie einige Zahlen verdeutlichen sollen. Insgesamt umfasste das Programm Wohnungen, von denen Einheiten abgerissen und saniert und umgebaut wurden. Damit wurden etwa sechs Prozent des Wohnungsbestandes der Großsiedlung Marzahn abgebrochen. Für Mietparteien musste die degewo Umsetzverträge abschließen. Die Gesamtkosten für alle Maßnahmen beliefen sich auf 61 Mio. Euro. Was diese Zahlen nicht aussagen: Hinter dem Stadtumbau-Ost-Programm der degewo stand ein permanenter Lernprozess. Angesichts der Größe der Aufgabe wäre es illusorisch gewesen, am Anfang ein städtebauliches Gesamtkonzept festlegen und dieses dann ohne Abstriche umsetzen zu wollen. Vielmehr galt es, zwar stets das Ziel im Auge zu behalten, auf dem Weg dorthin aber flexibel zu agieren und dabei die finanziellen Rahmenbedingungen ebenso wie die Sicht der Betroffenen zu berücksichtigen. Die Eigentumswohnungen in den Ahrensfelder Terrassen und die entgegen der ursprünglichen Planung doch stehen gebliebene Wohnzeile Mehrower Allee sind Beispiele für solche Konzeptänderungen.

55 2-Zimmer-Wohnungen gefragt Einen Lernprozess bedeutete das Programm jedoch auch in der Frage, welche der im Zuge der Umgestaltung entstandenen Wohnformen von den Marzahnerinnen und Marzahnern überhaupt angenommen wurden. So zeigte sich, dass große 2-Zimmer-Wohnungen mit etwa 80 Quadratmeter Wohnfläche auf keine besondere Gegenliebe stießen. Umgekehrt wurde deutlich, dass die Nachfrage nach kleineren, seniorenfreundlich gestalteten 2-Zimmer-Wohnungen noch stärker war als ohnehin angenommen eine Erkenntnis, auf die die degewo mit der Erweiterung des entsprechenden Angebots reagierte. Besonders anspruchsvoll war der Lernprozess in Bezug auf die Beteiligung der betroffenen Institutionen und Menschen. Denn Stadtumbau ist nicht etwas, was ein Wohnungsunternehmen mal eben auf eigene Faust in Angriff nehmen kann. Eine ständige Herausforderung bedeutete insbesondere die Abstimmung mit der Politik, also mit dem Senat und mit dem Bezirk. Hinzu kam etwa im Hinblick auf den Rückbau von Leitungen die Koordination mit Wasserbetrieben und Stromnetzbetreibern. Vor allem aber galt es, die Mieter und Anwohner mit ins Boot zu nehmen. Dabei verfolgte die degewo die Linie, die Betroffenen frühzeitig zu informieren, offen über die geplanten Maßnahmen Auskunft zu geben, sich mit Kritik sachlich auseinanderzusetzen und Anregungen dort, wo sie eine Verbesserung bedeuteten, aufzunehmen. Das Charrette-Verfahren für die Gestaltung der Freiflächen im Schorfheideviertel steht beispielhaft für diesen umfassenden Partizipationsansatz. Was nun ist das Ergebnis dieses vielfachen Lernprozesses? Städtebaulich hat Marzahn gewonnen, wie die Freiflächen des Schorfheideviertels oder die abwechslungsreiche Stadtlandschaft der Ahrensfelder Terrassen zeigen. Wohnungswirtschaftlich hat die degewo den Stadtumbau genutzt, um ein marktgerechtes Angebot zu schaffen. Dabei schuf sie Wohnungstypen, die es in dieser Form (wie die Dachwohnungen in den Ahrensfelder Terrassen) in Marzahn zuvor überhaupt nicht gab oder die (wie die seniorengerechten Wohnungen in der Sella- Hasse-Straße) besonders stark nachgefragt sind. Weitere Wohnungen richtete die degewo auf die heutigen Bedürfnisse der Kunden aus, indem sie beispielsweise Loggien anbaute und Grundrisse so veränderte, dass Küche und Bad jetzt über ein Fenster verfügen.

56 Die Bilanz 50 I 51 Leerstand gesunken Wie erfolgreich diese Kombination von Rückbau und Aufwertung ist, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Leerstands: Während im Dezember ,9 Prozent der degewo-wohnungen in Marzahn leer standen, betrug die Leerstandsquote im Dezember 2009 nur noch 5,8 Prozent. Damit lag sie nur noch wenig über dem Gesamtberliner Durchschnitt von 3,9 Prozent, den der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) für seine Mitglieder ermittelte. Interessant ist dabei der zeitliche Verlauf: Im Jahr 2003 erreichte der Leerstand fast 18 Prozent, um dann im Jahr 2004, als der Rückbau im Rahmen der Ahrensfelder Terrassen wirksam wurde, auf 10,7 Prozent zu sinken. Dann nahm er jedoch wieder zu auf 13,9 Prozent (Dezember 2006). Das Jahr 2007 brachte mit den Abbruchmaßnahmen vor allem im Schorfheideviertel einen Rückgang auf 7,4 Prozent und seither ist der Leerstand nicht nur nicht mehr gestiegen, sondern sogar weiter zurückgegangen. Leerstand Wohnungen in Marzahn Dezember ,9 % Dezember ,9 % Dezember ,7 % Dezember ,3 % Dezember ,9 % Dezember ,4 % Dezember ,4 % Dezember ,8 % Der Rückgang ist nicht ausschließlich auf die Reduktion der Wohnungsanzahl zurückzuführen, sondern auch darauf, dass Marzahn offenbar für Wohnungssuchende aus anderen Stadtteilen und Städten allmählich attraktiver wird.

57 Während 2006 rund 63 Prozent der Neumieter der degewo aus Marzahn stammten, waren es 2009 noch rund 57 Prozent. Im selben Zeitraum stieg der Anteil der neuen Kunden, die zuvor in anderen Berliner Bezirken gewohnt hatten, von 23,5 auf 24,9 Prozent, und der Anteil der Neumieter, die ihren Wohnsitz aus einem der ostdeutschen Bundesländer nach Marzahn verlegten, nahm sogar von 9,2 auf 12,9 Prozent zu. Nach wie vor gering ist mit knapp 5 Prozent allerdings der Anteil der Neu-Marzahner, die zuvor im alten Bundesgebiet wohnten. Nachfrage von Familien steigt Dafür, dass der Stadtumbau Ost gute Voraussetzungen für eine nachhaltige Stabilisierung der Großsiedlung bietet, sprechen weitere Indizien. So ging der Anteil von Beziehern von Transfereinkommen unter den Neukunden der degewo in Marzahn von 41,6 Prozent (2006) auf 34,0 Prozent (2009) zurück und die jährliche Fluktuation sank im selben Zeitraum von 11 auf 10 Prozent. Zudem ist eine wachsende Nachfrage von Familien festzustellen, so dass der Leerstand in den 4- und 5-Zimmer-Wohnungen ebenfalls spürbar zurückgegangen ist. Laut der jüngsten Mieterbefragung ist denn auch die Zahl der Kinder pro Haushalt in drei degewo- Wohnquartieren im Süden des Stadtteils leicht gestiegen. Diese Erfolge haben allerdings ihren Preis. Insgesamt investierte die degewo in das Programm Stadtumbau Ost 61 Mio. Euro. Davon entfielen 23 Mio. Euro auf Abbruchmaßnahmen und 38 Mio. Euro auf den Bereich Modernisierung und Instandhaltung. Umgerechnet auf den Quadratmeter beliefen sich die Kosten für den Rückbau auf 103 Euro und für die Modernisierung auf 519 Euro. Etwas über die Hälfte der benötigten Mittel stellte die öffentliche Hand zur Verfügung. 14,5 Mio. Euro machten dabei die Zuschüsse aus, die der Bund und das Land Berlin für den Abriss gewährten (60,00 Euro je Quadratmeter abgerissene Wohnfläche). Bei 18,5 Mio. Euro handelte es sich um Zuschüsse für Modernisierung und Instandhaltung. Hinzu kamen 1,9 Mio. Euro aus der (bis Ende 2004 gewährten) Investitionszulage, die in die Ahrensfelder Terrassen flossen. Damit musste die degewo selbst immer noch einen erheblichen Teil der Gesamtkosten übernehmen: 1,8 Mio. Euro finanzierte sie aus Eigenmitteln, rund 24 Mio. Euro mit Darlehen von KfW, IBB und Geschäftsbanken.

58 Die Bilanz 52 I 53 Auf der anderen Seite gab es für das Unternehmen finanzielle Entlastungen. Auf 15,5 Mio. Euro summierte sich der Altschuldenerlass für den abgebrochenen Wohnraum. Hinzu kommen Mehrerträge durch die höhere Vermietungsquote und gestiegene Mieten. Denn die durchschnittliche Nettokaltmiete, die 2002 noch 3,77 Euro pro Quadratmeter betrug, stieg bis 2009 auf 4,82 Euro pro Quadratmeter. Allerdings profitierten von diesen beiden positiven Effekten auch die Wettbewerber in Marzahn, ohne sich indes am Stadtumbau Ost beteiligt zu haben. Blickt man auf die vergangenen Jahre zurück, so bleibt festzuhalten: Die degewo hat die Anforderungen des Bundesprogramms Stadtumbau Ost an die Berliner Verhältnisse angepasst und kreativ weiterentwickelt. Sie gehört damit zu den Vorreitern des Stadtumbaus in Ostdeutschland und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Marzahn, für viele Menschen das Synonym für eine gesichtslose Plattenbausiedlung, ein besseres Image bekommen hat.

59 Stadtumbau rechnet sich Interview mit degewo-vorstandsmitglied Christoph Beck Herr Beck, bevor Sie 2005 zur degewo kamen, waren Sie als Geschäftsführer der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbh (LWB) tätig, die damals mit einem sehr hohen Wohnungsleerstand kämpfte. Wie war die Situation, die Sie in Berlin-Marzahn vorfanden, im Vergleich zur Situation in Leipzig? Christoph Beck > In Marzahn verzeichneten wir einen Leerstand von etwas über 15 Prozent, und zwar ausschließlich im Plattenbau. In Leipzig war der Wohnungsleerstand deutlich höher, wobei er überwiegend die Altbausubstanz betraf. Insofern hatte der Stadtumbau Ost in Leipzig eine andere Zielsetzung, die Verbindung der Revitalisierung innerstädtischer Quartiere mit Abrissen im kom plexen Wohnungsbau. In Marzahn war der Leerstand auf den komplexen Wohnungs bau konzentriert. Die vorhandene Monostruktur bedeutete für die WBG Marzahn existenzielle unternehmerische Sorgen. Welche Rolle spielte der Stadtumbau Ost bei der wirtschaftlichen Konsolidierung der damals noch eigenständigen Gesellschaft WBG Marzahn? Rechnet es sich wirklich, wenn ein Unternehmen Geld ausgibt, um Wohnungen abzu reißen und damit eigentlich seine wirtschaftliche Substanz zu vernichten? Christoph Beck > Ja, es rechnet sich. Denn bei einem Gebäude, in dem mehr als die Hälfte der Wohnungen leer steht, sind die Ausgaben für die Leerstandskosten höher als die Einnahmen durch die Miete. Daraus ergibt sich natürlich ein wirtschaftlicher Sanierungsbedarf. Wenn man nun bei zwei Häusern, die ein unausgeglichenes Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis haben, die Einnahmen in ein komplettes Haus hinüberlenkt und damit die Kosten für die Überkapazitäten eliminiert, ist das sehr sinnvoll. Das trägt zur höheren Auslastung der verbliebenen Bausubstanz mit einer entsprechend höheren Kostendeckung bei und führt somit zur Konsolidierung der Gesellschaft. Das Programm Stadtumbau Ost unterstützt dies, indem die abgerissene Wohnraumsubstanz von den DDR-Altschulden entlastet wird und zudem die Abrisskosten übernommen werden. Wäre das Konzept auch realistisch gewesen, wenn es keine Zuschüsse für den Abriss gegeben hätte? Christoph Beck > Wahrscheinlich wäre es ohne Entschuldung nicht gegangen. Ohne die Abrissförderung hätte man abwägen müssen, wie viel an verlorenem Geld investiert werden muss, um größeren Schaden abzuwenden. Insofern ist

60 Interview mit degewo-vorstandsmitglied Christoph Beck 54 I 55 die Konstruktion der Abrissförderung, kombiniert mit der Altschuldenentlastung, sicher das richtige und tragfähige Konzept. Marzahn ist in zehn Jahren ein normaler städtischer Vorort wie das Märkische Viertel oder die Gropiusstadt. Gibt es Projekte der degewo in Marzahn, die man aus betriebswirtschaftlicher Sicht besser nicht umgesetzt hätte? Christoph Beck > Als ich 2005 meinen Dienst antrat, nahmen wir eine leichte Veränderung vor, indem wir uns für die Aufwertung und den Abriss kompletter Gebäude entschieden und uns von Teilrückbauten mit Ausnahme der Mehrower Allee verabschiedeten. Denn solche Teilrückbauten sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht einfach zu teuer. Die Ahrensfelder Terrassen waren ein subventioniertes Pilotprojekt und somit eine Ausnahme. Daraus ergeben sich aber Spannungen zwischen betriebswirtschaftlichen und städtebaulichen Erwägungen. Wie gehen Sie damit um? Christoph Beck > Durch einen sehr intensiven Diskussionsprozess, in dem wir bei der Mehrower Allee dann ja auch aus Rücksicht auf die städtebauliche Situation zugunsten eines Teilrückbaus entschieden haben. An allen anderen Standorten war unser Konzept nicht konfliktträchtig. Wo stünde Marzahn heute ohne das Programm Stadtumbau Ost? Christoph Beck > Es wäre sicher zu mehr wirtschaftlichen Problemen gekommen. Und es ist immer schlecht, wenn ein großer Vermieter wirtschaftlich nicht mehr in der Lage ist, seinen Vermietungspflichten wie z. B. der Instandhaltungspflicht nachzukommen. Denn das führt dazu, dass ganze Quartiere einen Niedergang erleben.

61 Finanzierungsübersicht Stadtumbau Ost in Mio. Euro Gesamtkosten Stadtumbau Marzahn 23,0 38,0 Abbruch Modernisierung/Instandsetzung 61 33,0 Baukostenzuschüsse: Finanzierung der Gesamtkosten 14,5 18,5 1,8 26,2 61 Rückbauzuschüsse (60,00 Euro/m 2 aus je 50 % Bund/Land) Modernisierungs-/ Instandsetzungs-/ Zuschüsse Bankdarlehen und Investitionszulagen Eigenmittel degewo Altschuldenerlass 15,5 (Belastung 150,00 Euro/m² Wohnfläche, Entlastung durch Abbruch 70,56 Euro/m² Wohnfläche) Mietentwicklung seit 2006 Jahr März 2006 Dezember 2006 Dezember 2007 August 2008 Dezember 2008 Dezember 2009 Nettokaltmiete/m² in Euro 4,48 4,54 4,67 4,70 4,81 4,82 Betriebskosten kalt /m² in Euro 1,59 1,58 1,63 1,63 1,58 1,57 Betriebskosten warm/m² in Euro 0,68 0,67 0,68 0,67 0,69 0,70 Gesamtmiete in Euro/m² 6,75 6,79 6,98 7,01 7,08 7,09 Abgang der Rückbauprojekte

62 Interview mit degewo-vorstandsmitglied Christoph Beck 56 I 57 Können Unternehmen in Westdeutschland von den Erfahrungen der degewo lernen? Christoph Beck > Ich glaube, dass der Stadtumbau West eine andere Qualität hat. Er findet an Standorten statt, an denen es nicht diese dramatischen Leerstandsprobleme gibt wie in Ostdeutschland und an denen es eher um soziale Stadtentwicklung geht. Die wirtschaftliche Dramatik in Ostdeutschland hatte eine andere Qualität. Wie wird sich die Nachfrage nach den Marzahner Wohnungen der degewo in den nächsten Jahren entwickeln? Christoph Beck > Da bin ich zuversichtlich. Es wird immer für eine große Bevölkerungsgruppe günstiger Wohnraum zur Verfügung gestellt werden müssen und deshalb wird es eine intakte Nachfrage geben. Wie werden sich künftig die Mieten in Marzahn entwickeln? Christoph Beck > Wir rechnen damit, dass es bei den Mieten eine Seitwärtsbewegung geben wird. Unser Businessplan sieht keine erheblichen Mietsteigerungen vor, sondern im Wesentlichen lediglich einen Inflationsausgleich. Zu beachten ist dabei, dass es sicher zu Veränderungen durch die älter werdende Gesellschaft und durch den Prozess der Singularisierung kommen wird. Im Quartier Sella-Hasse-Straße/Ludwig-Renn-Straße haben wir ja bereits auf diese Prozesse reagiert und Wohnraum für Ältere gebaut. Rechnet sich das? Seniorengerechter Umbau ist doch teuer. Christoph Beck > Da wir in diesen Objekten höhere Mieterwartungen haben und diese auch bedient werden, rechnet es sich. Herr Beck, wo sehen Sie Marzahn in zehn Jahren? Christoph Beck > Marzahn ist eine Großsiedlung mit erheblicher städtebaulicher Qualität. Ich glaube, dass Marzahn in zehn Jahren ein normaler städtischer Vorort wie das Märkische Viertel oder die Gropiusstadt sein wird.

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64 Der Blick in die Zukunft 58 I 59 Ein Stadtteil für alle Generationen Der Blick in die Zukunft Die großen Projekte, die die degewo im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost realisiert hat, sind ab geschlossen. Doch die Herausforderung, Marzahn als lebenswerte, attraktive Großsiedlung weiterzuentwickeln, bleibt bestehen und damit auch die Aufgabe, den verbleibenden Wohnraum auf die Bedürfnisse heutiger Nachfrager auszurichten und den Stadtteil für die Zukunft fit zu machen. Nach dem Stadtumbau steht die Erweiterung zielgruppenspezifischer Wohnangebote für ältere Bewohner wie auch für Familien im Fokus. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit öffentlichen Fördergeldern in großem Stil nicht mehr zu rechnen sein wird. Die degewo setzt deshalb jetzt darauf, die Mittel in erster Linie an marktgängigen Standorten zu investieren. Im Fokus stehen dabei fünfgeschossige Häuser, die bereits saniert sind und mit relativ geringem Aufwand nachfragegerecht ausgestattet werden können. Dazu tragen Maßnahmen wie der Anbau von Loggien und Aufzügen bei, die die Wohnungen gerade für ältere Menschen besonders attraktiv machen. Ein Beispiel dafür ist die bereits erfolgte Aufwertung von 158 Wohnungen in der Wohnanlage Parsteiner Ring 1 49/ Ringenwalder Straße 25. Als weitere Maßnahme im Bestand bewährt hat sich die Zusammenlegung großer Wohnungen zu Wohngemeinschaften für alte oder demenziell erkrankte Menschen. Diese Ausrichtung an den Wohnwünschen der älteren Generation entspricht der demografischen Veränderung, die die Stadt Berlin und damit auch Marzahn derzeit durchmachen. Den letzten verfügbaren Zahlen zufolge haben bereits elf Prozent der degewo-mieter in Marzahn ihren 75. Geburtstag gefeiert und 28 Prozent sind zwischen 60 und 74 Jahren alt. Die von der Senatsverwaltung für Stadt-

65 entwicklung und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg vorgelegte Bevölkerungsprognose für ganz Berlin rechnet damit, dass die Zahl der Menschen im Alter zwischen 65 und 80 Jahren bis 2030 im Vergleich zum Jahr 2007 um 14 Prozent zunehmen wird, während sich die Zahl der über 80-Jährigen sogar nahezu verdoppeln wird. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass in Marzahn künftig nur ältere Menschen wohnen werden. Vielmehr kommen die Umbauten, wie sie beispielsweise im Parsteiner Ring vorgenommen wurden, Familien mit kleinen Kindern genauso zu gute wie Senioren. Denn einen breiten Aufzug wissen Mütter und Väter mit Kinder wagen genauso zu schätzen wie ältere Leute mit Rollator, und eine bodengleiche Dusche ist auch für kleine Kinder praktisch. Auch künftig soll die Großsiedlung Marzahn also ein Stadtteil für alle Generationen sein. Dabei dürfte Marzahn davon profitieren, dass dem Senatsbericht zufolge bis zum Jahr 2030 die Einwohnerzahl Berlins um 1,7 Prozent auf 3,476 Mio. steigen wird. Bedingt ist dies den Statistikern zufolge hauptsächlich durch den anhaltenden Zuzug in die deutsche Hauptstadt. Da in Berlin seit Jahren nur wenige Neubauten entstehen, ist mit einer wachsenden Nachfrage nach Wohnraum zu rechnen. Ein Indiz dafür ist, dass nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) der Gesamtberliner Leerstand in der Vergangenheit bereits von 5,5 Prozent (2004) auf 3,9 Prozent (2009) gesunken ist. Gute Infrastruktur Für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf prognostizieren Senat und statistisches Amt mit einem Rückgang der Einwohnerzahl um 0,9 Prozent (Zeitraum 2007 bis 2030) annähernd Stabilität. Dies stellt eine markante Änderung gegenüber der vorangegangenen Prognose aus dem Jahr 2002 dar, die für den Bezirk Marzahn-Hellersdorf für den Zeitraum zwischen 2010 und 2020 noch ein Minus von 3,8 Prozent vorhergesagt hatte. Allerdings ist die jetzt angenommene Stabilisierung hauptsächlich der positiven Entwicklung in den Einfamilienhausgebieten des Bezirks zu verdanken; für die Großsiedlungen erwarten die Wissenschaftler einen weiteren Rückgang. Obwohl die demografische und soziale Situation in Marzahn auch in Zukunft nicht ohne Herausforderungen sein wird, stehen die Chancen doch gut, dass

66 Der Blick in die Zukunft 60 I 61 sich die Großsiedlung als Wohnort stabilisieren kann, der bei günstigen Mieten ein angenehmes Wohnen ermöglicht. Dafür sprechen neben der Aufwertung der Wohnbestände die umfassende Infrastruktur mit guter ärztlicher Versorgung und vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten sowie die exzellente Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die S-Bahn und zahlreiche Bus- und Tramlinien gewährleisten. Eine abwechslungsreiche Kita- und Schullandschaft, die Lage in unmittelbarer Nähe zahlreicher Grün- und Erholungsgebiete machen die Großsiedlung darüber hinaus vor allem für Menschen interessant, die bewusst nicht in der dicht bebauten Innenstadt wohnen wollen. Insbesondere die Gärten der Welt haben sich zu einem Anziehungspunkt auch für Gäste von weither entwickelt. Noch stehen die bereits jetzt vorhandenen Qualitäten Marzahns in Kontrast zur Außen wahrnehmung der Großsiedlung. Wieder einmal schmerzlich bewusst wurde dies den Marzahnerinnen und Marzahnern, als sie im August 2009 vor dem Fernseher die Übertragung der in Berlin stattfindenden Leichtathletik-WM verfolgten und hören mussten, wie Sportreporter Wolf-Dieter Poschmann in Bezug auf eine aus Marzahn stammende Sportlerin sagte: Wenn man in Marzahn aufgewachsen ist und das unbeschadet überstanden hat, ist man zu allem fähig. Vielleicht wagt sich ja Poschmann eines Tages nach Marzahn und wird dann überrascht sein, eine lebendige Großsiedlung mit sanierten Wohnungen, attraktiven Freiflächen und mehrheitlich zufriedenen Bewohnern vorzufinden. Neue Investoren Dass selbst international tätige Investoren Marzahn keineswegs auf dem absteigenden Ast sehen, beweist das Eastgate, ein architektonisch anspruchsvoll gestaltetes Einkaufszentrum mit einer Verkaufsfläche von Quadratmetern, das der Hamburger Branchenriese ECE 2005 an der Marzahner Promenade eröffnete.

67 Man hat nicht auf ein einziges Modell gesetzt Interview mit GdW-Fachmann Bernd Hunger Die degewo hat nach Ansicht von Dr. phil. Dr.-Ing. Bernd Hunger, Referent für Wohnungs- und Städtebau beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, beim Stadtumbau in Marzahn vorbildliche Lösungen entwickelt. Herr Hunger, wie sehen Sie die Maßnahmen der degewo in Marzahn im Rahmen des Programms Stadtumbau Ost insgesamt? Bernd Hunger > Grundsätzlich war der Ansatz des Stadtumbaus in Berlin hinsichtlich des Rückbauvolumens schwieriger zu gestalten als in anderen Städten, weil es hier nicht so klar war, wie nachhaltig die Leerstände sind. Anders gesagt: Die Perspektive des Berliner Wohnungsmarktes war und ist ungleich besser als in vielen anderen ostdeutschen Städten. Aber dann war die Situation doch eigentlich einfacher? Bernd Hunger > Sie war in einem Punkt kompliziert, nämlich in der Frage, ob man überhaupt abreißen sollte. In Chemnitz zum Beispiel war klar, dass die Stadt mehr als Wohnungen zu viel hatte. Dort stand von Anfang an die Aufgabe einer erheblichen Marktbereinigung fest. In Berlin dagegen fiel die Entscheidung schwer, ob und in welchem Umfang Wohnungsabrisse wirklich nötig sind. Es kann durchaus sein, dass man in zehn Jahren bedauern wird, Wohnungen abgerissen zu haben. Aber hinterher ist man immer schlauer. Die Festlegung des Rückbauvolumens in Marzahn war eine durch Gutachten begründete strategische Entscheidung der Stadtpolitik, die weniger auf dem Tisch der degewo selbst lag. Die Berliner Situation hat übrigens ihre Parallele im Programm Stadtumbau West, wo die Kommunen und Wohnungsunternehmen sich ebenfalls mancherorts schwertun, die richtige Balance zwischen Aufwertung und Rückbau zu finden, da sie nicht sicher sein können, wie sich der Leerstand entwickeln wird. Was finden Sie beim Vorgehen der degewo in Marzahn besonders gut? Bernd Hunger > Positiv ist, dass die degewo ein breites Spektrum von Maßnahmen entwickelt hat: vom Totalabriss über den Teilrückbau bis hin zu vielfältigen

68 Interview mit Dr. Bernd Hunger 62 I 63 Varianten der Freiraumgestaltung. Man hat nicht auf ein einziges Modell gesetzt, sondern an den verschiedenen Standorten dem jeweiligen Ort angepasste Strategien verfolgt, die vielfältige Qualitäten zum Ziel hatten und eben nicht nur die Marktbereinigung. Insofern ist eine regelrechte Typologie entstanden, die für andere große Wohnsiedlungen, egal ob im Osten oder im Westen, von Interesse ist. Sehen Sie auch Schwächen? Bernd Hunger > Ein Problem ist, dass die Ahrensfelder Terrassen und der Teilrückbau der Mehrower Allee recht kostenintensiv waren. Bei der Mehrower Allee wäre die ursprüngliche Absicht der degewo, dort einen Block komplett abzureißen, möglicherweise besser gewesen. Die Ahrensfelder Terrassen wiederum waren richtig und wichtig, um an einem Standort das Umbaupotenzial des Plattenbaus aufzuzeigen. Nur der Standort selbst ist nicht optimal. Denn wenn Sie durch Positiv ist, dass die degewo ein breites Spektrum von Maßnahmen entwickelte und eine eigene Strategie für jeden Ort fand. ein Beispielvorhaben möglichst große Aufmerksamkeit erzeugen wollen, dann ist es wichtig, dass Sie sich einen Standort suchen, der das Stadtbild prägt und von vielen wahrgenommen wird. Aus Sicht der Wohnstadt Marzahn als Ganzes sind die Ahrensfelder Terrassen eher ein wenig versteckt. Verständlich an der Standortwahl ist allerdings, dass die wichtigsten stadtbildprägenden Bereiche Marzahns von der degewo vorrangig saniert worden waren und nicht mehr für den Teilrückbau in Frage kamen. Wie wichtig sind solche Vorzeigeprojekte für das Image einer Siedlung? Bernd Hunger > Sie sind sehr wichtig, da sie eine Siedlung ins Gespräch bringen und für eine neue Wahrnehmung sorgen. Ein Beispiel: In Cottbus-Sachsendorf,

69 dem größten Plattenbauviertel im Land Brandenburg, hat die Wohnungsgenossenschaft als Starter-Maßnahme des Stadtumbaus ein prominentes Hochhaus zu Stadtvillen umgestaltet. Wenn sie stattdessen mit flächenhaftem Abriss am Rand der Siedlung angefangen hätte, wäre das Vertrauen der Bewohner in die Zukunft ihres Wohngebiets verloren gegangen. Insofern ist es immer gut, mit einem positiven Signal zu beginnen und auf diese Weise deutlich zu machen, dass Stadtumbau nicht nur Abriss, sondern vor allem Qualitätsgewinn bedeutet. So legitimiert sich eine einzelne wirkungsvolle Maßnahme selbst dann, wenn sie sich eng betrachtet nicht rechnet und teilweise quersubventioniert werden muss. Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit zwischen der degewo und anderen Wohnungsunternehmen in Marzahn? Bernd Hunger > Die Konstruktion des Stadtumbauprogramms erschwert Partnerschaften unter den Wohnungseigentümern, wenn sie hinsichtlich des Erlasses von Altschulden ungleich behandelt werden. Das ist in Marzahn der Fall. Die Genossenschaften zum Beispiel wären bei Rückbaumaßnahmen auf ihren Altschulden sitzen geblieben, was ihre Bereitschaft, sich am Stadtumbau zu beteiligen, gedämpft hat. Es ist ein Defizit des Stadtumbauprogramms, dass die Frage des wirtschaftlichen Interessenausgleichs bis heute völlig ungelöst geblieben ist. Insofern waren andere Eigentümer Mitprofiteure der von der degewo vorangetriebenen Marktbereinigung. Aber die Frage der Partnerschaft der Wohnungseigentümer untereinander wird auch zukünftig entscheidend für die Lebensqualität in Marzahn sein. Denn eine große Wohnstadt lebt von der Qualität ihrer großzügigen, ineinander übergehenden Freiräume. Die Eigentümer dürfen sich nicht gegeneinander abschotten, sondern müssen gemeinsame Konzepte auf die Beine stellen, wenn das Gesamtgebilde nicht in beziehungslos nebeneinanderstehende Quartiere zerfallen soll. Sie vertreten die These, dass man bei der Weiterentwicklung von Großsiedlungen auf ihren Stärken aufbauen muss. Welches sind diese Stärken in Marzahn? Bernd Hunger > Ich vermeide den Begriff der Großsiedlungen, da er einseitige und teils falsche Bilder assoziiert, und spreche lieber von großen Wohnge bieten oder grünen Wohnstädten. Damit ist schon angedeutet, was ich meine: Eine Stärke Marzahns ist das Nebeneinander von großzügigem Grün und kompakter Bebauung sowie vielfältigen Dienstleistungs- und Betreuungsangeboten. Marzahns Zentrenstruktur, zum Beispiel rund um das Einkaufszentrum Eastgate, hat urbane Qualitäten. Hinzu kommen niveauvolle Gemeinbedarfseinrichtungen wie Kinder gärten und Schulen. Vorteilhaft ist die gute Erreichbarkeit der Innenstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Alles Merkmale, die städtische Charakteristika mit den Vorteilen des landschaftsbezogenen Wohnens verbinden. Hinzu kommen die Chancen, die sich für die großen industriell errichteten Wohngebiete aus den Erfordernissen des Klimaschutzes ergeben. In diesen Siedlungen lassen sich dank ihrer kompakten Baustruktur, der professionellen Vermieter und der effizienten Sanierungsmethoden ausgezeichnete Energiesparwerte erreichen. Außerdem verfügen sie trotz der Kompaktheit über genug Platz für dezentrale energetische Lösungen im Quartierszusammenhang. Meine Prognose ist, dass beim Klimaschutz als dem nächsten großen Thema der Stadtentwicklung diese Siedlungen weit vorn liegen und erhebliche Attraktivitätsgewinne verzeichnen werden. Welche Rolle spielt dabei der Umstand, dass es in Marzahn immer noch relativ wenige Eigentümer gibt? Bernd Hunger > Meine Wahrnehmung ist, dass es eher zu viele Eigentümer mit unterschiedlichen Geschäftsinteressen gibt. Die Eigentümerstruktur ist durch die Verkäufe der letzten Jahre unübersichtlicher geworden. Eine Vielzahl neuer Erwerber mit ganz unterschiedlichen Strategien erschwert einen abgestimmten Stadtumbau, der für eine in einem Guss erbaute Wohnstadt in besonderem Maße erforderlich ist. Das hat ja auch die degewo insofern erfahren, als sie beim Stadtumbau keine Partner gefunden hat. Beim Blick in die Zukunft mache ich mir Sorgen, dass die Verkaufspolitik des Senats der Stadt noch schwer auf die Füße fallen wird. Denn es ist offen, wie nachhaltig der eine oder andere Eigentümer mit seinen Beständen umgehen wird. Welche Strategie sollte die degewo in Zukunft verfolgen? Bernd Hunger > Das Wichtigste ist, dass sie ihre Stärken als sozial verantwortungsvoll und wirtschaftlich erfolgreich handelndes kommunales Unternehmen in der Öffentlichkeit deutlich macht. Schon jetzt ist es ein Verdienst der degewo, mit der Berechnung und öffentlichen Sichtbarmachung der Stadtrendite maßgeblich dazu beigetragen zu haben, dass es in der Berliner Politik zu einem Stimmungsumschwung beim Thema Wohnungsverkäufe gekommen ist. Gleichzeitig sollte es zur Strategie der degewo gehören, für die Bereitstellung und Sicherung qualitätsvoller Wohnmilieus die dafür notwendige öffentliche Unterstützung offensiv einzufordern. Denn ich bin davon überzeugt, dass für die großen Wohngebiete auch zukünftig öffentliche Förderung notwendig sein wird, weil gut und sicher zu wohnen systemrelevant ist. Wenn die soziale Spaltung der Gesellschaft

70 Interview mit Dr. Bernd Hunger 64 I Abriss/Rückbau im Rahmen des Stadtumbaus Ost Welche Zielgruppen soll die degewo ansprechen? Soll sie in erster Linie sozial schwächeren Menschen Wohnraum anbieten oder verstärkt versuchen, auch besser verdienende Menschen nach Marzahn zu locken? Bernd Hunger > In Marzahn oder auch in Hellersdorf werden zum Teil ja jetzt schon ganz beachtliche Mieten erzielt. Insofern werden mittlere Einkommensschichten bereits angesprochen und auch erreicht, was für die soziale Normalität eines Wohngebietes sicher gut ist. Mit der Zielgruppenorientierung hängt die Frage zusammen, wie Marzahn in Zukunft aussehen wird weiter so voranschreitet, wie wir es in den letzten Jahren erlebt haben, wird es in überforderten Nachbarschaften und benachteiligten Quartieren solch einen Ärger geben, dass die Politik überhaupt nicht anders kann, als dem Wohnen wieder mehr Augenmerk zu widmen. Welche Handlungsmöglichkeiten hat die degewo im baulichen Bereich? Bernd Hunger > Sicher wird es richtig sein, bei der energetischen Sanierung weiter voranzukommen und dieses Thema intelligent mit der Schaffung neuer Wohnformen zu verbinden. Dabei sollte nicht zu eng auf Senioren abgehoben werden, denn was man in Richtung Barrierearmut tut, ist immer auch gut für Familien. Aufgrund des guten und ausbaufähigen Dienstleistungsangebotes ist Marzahn sowohl für Ältere als auch für Familien ein interessanter Standort. Betreuung und Bildung für die Kinder auf hohem Niveau ist und bleibt das Zukunftsthema. Ich würde deshalb der degewo empfehlen, ihren im Brunnenviertel erfolgreichen Ansatz des Bildungsverbunds nach Marzahn zu exportieren. Und? Wie wird Marzahn in zehn Jahren aussehen? Bernd Hunger > Alles ist menschengemacht. Stadtentwicklung ist kein Naturprozess, sondern hängt von politischen Entscheidungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten ab. Wenn sich die Tendenz der sozialen Polarisierung fortsetzt, dann wird es in Marzahn und anderen großen Siedlungen wirklich schwer, den sozialen Zusammenhalt der Nachbarschaften zu gewährleisten. Wird eher eine Politik des sozialen Ausgleichs verfolgt, dann käme das diesen Gebieten der Städtebaumoderne, die ja in Ost wie West ursprünglich für breite Schichten der Bevölkerung ohne größere soziale Ausdifferenzierung geplant wurden, sicher entgegen. Sie haben eingangs gesagt, dass man in zehn Jahren vielleicht zum Schluss kommen wird, dass es gar nicht so klug war, Wohnungen abzureißen. Heißt das, dass Sie damit rechnen, dass die Nachfrage nach Wohnraum in Marzahn in den nächsten Jahren steigen wird? Bernd Hunger > Sie ist ja schon gestiegen, wie die gesunkene Leerstands quote zeigt. Ein Grund dafür ist, dass es kaum Neubau gibt, was wiederum mit der fehlenden zahlungsfähigen Nachfrage zu tun hat. Wenn sich da nichts ändert, wird die Nachfrage nach den vorhandenen, ordentlich sanierten und bezahlbaren Miet wohnungen weiter zunehmen. Hätte man also weniger Wohnungen abreißen sollen? Bernd Hunger > Das kann man heute nicht beurteilen. Auf jeden Fall finde ich es sehr, sehr gut, dass jetzt nicht mehr weiter abgerissen wird.

71 Danksagung, Kontakt, Impressum Wir danken unseren Mietern Marina und Holk Büttner, Dr. Bernd Hunger vom Bundesverband deutscher Wohnungsund Immobilienunternehmen (GdW) für die spannenden Interviews, sowie: Elke Benkenstein, Leiterin Kundenzentrum Marzahn, Jacqueline Brüschke, Leiterin Bestandsentwicklung, Janko Jost, Leiter Bestandscontrolling (alle degewo AG) für die umfangreichen Informationen zum Stadtumbau Ost. Herausgeber degewo AG Potsdamer Straße Berlin Tel.: Fax: Konzept Michael Zarth, Erika Kröber Texte Christian Hunziker Layout und Gestaltung graphicsson: Naicy Gräbnitz Fotos Jens Rötzsch (61 Fotos), Klaus Dombrowsky (13 Fotos), Hartwig Klappert (1 Foto), Max Lautenschläger (1 Foto) Gabriele Pütz (1 Foto) Produktion schöne drucksachen GmbH Erscheinungstermin: Mai 2010

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