Künftige Bioabfallentsorgung im Landkreis Karlsruhe - Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen
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- Tobias Böhme
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1 Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Az.: ; Sitzungsvorlage 22/2014 Künftige Bioabfallentsorgung im Landkreis Karlsruhe - Grundsatzentscheidung und weiteres Vorgehen TOP Gremium Sitzung am Öffentlichkeitsstatus 9 Kreistag öffentlich 1 Anlage Gesamtbericht zur Überprüfung der Bioabfallkonzeption im Landkreis Karlsruhe (Econum 2014) Beschlussvorschlag 1. Der Kreistag stellt fest, dass sich nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen aus 11 Abs. 1 KrWG keine Verpflichtung des Landkreises Karlsruhe ergibt, die Bioabfälle in seinem Gebiet mit einer zusätzlichen Biotonne getrennt zu sammeln. 2. Der Kreistag beschließt, dass im Landkreis Karlsruhe auf die Einführung einer zusätzlichen Biotonne verzichtet wird. 3. Der Kreistag beschließt weiter, dass diese Entscheidung ein Bestandteil der laufenden Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzepts bis zum Jahr 2020 ist. I. Sachverhalt In der Sitzung des Betriebsausschusses am wurden die Untersuchungsergebnisse zur künftigen Bioabfallentsorgung vorgelegt. Auf die zugehörige Sitzungsvorlage Nr. 5/2014 an den Betriebsausschuss wird verwiesen. Die umfangreichen Einzelgutachten können auf Wunsch eingesehen und erläutert werden. Der Gesamtbericht zu den durchgeführten Untersuchungen von der Econum Unternehmensberatung GmbH ist der Sitzungsvorlage als Anlage 1 beigefügt. Auf dieser Grundlage kann der Kreistag feststellen, ob künftig eine weitergehende getrennte Sammlung der Bioabfälle mit einer Biotonne im Landkreis Karlsruhe erforderlich ist und entscheiden, ob eine solche Sammlung vorgesehen und in das Abfallwirtschaftskonzept aufgenommen wird. Der Betriebsausschuss hat den Sachverhalt in seiner Sitzung am vorberaten und dem Kreistag den Beschlussvorschlag einstimmig zur Beschlussfassung empfohlen.
2 1. Veranlassung und Aufgabenstellung Im Landkreis Karlsruhe wird mit den Grünabfällen und teilweise den Landschaftspflegeabfällen bereits derzeit ein erheblicher Teil der Bioabfälle getrennt von anderen Abfällen auf insgesamt 69 Sammelplätzen erfasst und verwertet. Die Bioabfälle werden außerdem häufig im eigenen Garten kompostiert. Die Nahrungs- und Küchenabfälle werden bislang gemeinsam mit dem Restabfall (Hausmüll) eingesammelt und im Müllheizkraftwerk in Mannheim energetisch verwertet. Bei der Bioabfallsammlung ist es bisher das Ziel des Landkreises, weiter auf eine Biotonne verzichten zu können. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) fordert in 11 Abs. 1 von den öffentlichrechtlichen Entsorgungsträgern, spätestens ab dem Jahr 2015 eine getrennte Erfassung von überlassungspflichtigen Bioabfällen einzuführen, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Verwertungspflichten erforderlich und wirtschaftlich zumutbar ist. Nun stellt sich die Frage, ob zur Erfüllung der gesetzlichen Verwertungspflichten nach 11 Abs. 1 KrWG die Bioabfälle im Landkreis Karlsruhe noch weiter gehend als bisher mit einer Biotonne getrennt erfasst werden müssen. 2. Ergebnisse der Untersuchungen Damit die Bioabfallentsorgung im Landkreis Karlsruhe auch nach dem Jahr 2015 den gesetzlichen Anforderungen des 11 Abs. 1 KrWG genügt, mussten die folgenden Fragen beantwortet werden: Würde mit der Einführung einer zusätzlichen Biotonne im Landkreis Karlsruhe eine hochwertigere Verwertung erreicht, als dies im bestehenden System ohne Biotonne der Fall ist ( 8 Abs. 1 KrWG)? Ist die Einführung einer zusätzlichen Biotonne im Landkreis Karlsruhe wirtschaftlich zumutbar ( 7 Abs. 4 KrWG)? Dazu wurden folgende Untersuchungen durchgeführt: eine repräsentative Haushaltsbefragung zur Biomüllentsorgung, eine weitere Restabfallanalyse und eine Prognose der mit einer Biotonne im Landkreis Karlsruhe erfassbaren Bioabfallmengen, eine Ökobilanz zur Bioabfallverwertung im Landkreis Karlsruhe, eine Untersuchung der wirtschaftlichen Auswirkungen einer Biotonne, eine rechtliche Beurteilung der Anforderungen und der Notwendigkeit einer noch weitergehenden Bioabfallsammlung. Die Ergebnisse wurden Anfang 2014 von der Econum Unternehmensberatung GmbH in einem Gesamtbericht zusammengefasst. Die Untersuchungen kommen zu folgenden wesentlichen Ergebnissen: Das Interesse der Bevölkerung im Landkreis an einer Biotonne ist gering. Zwischen 11 und 34 Prozent würden sich für eine Biotonne entscheiden, je nachdem ob sie gebührenpflichtig oder gebührenfrei angeboten würde. Seite 2
3 Aus den Umfrageergebnissen und den Hausmüllanalysen wurden für eine Bioabfallsammlung im Landkreis mit einer zusätzlichen Biotonne zwei mögliche Umsetzungsvarianten ermittelt. In einer weiteren Sensitivitätsvariante wurde bei den erfassbaren Mengen die geplante Zielvorgabe des Landes für das Jahr 2020 berücksichtigt. Es wurde prognostiziert, welche Bioabfallmengen mit einer Biotonne er-fasst werden könnten. Die Mengenprognose ergab, dass mit einer Biotonne ein größerer Anteil von Bioabfällen erfasst würde, der heute im Garten kompostiert oder als Grünabfall von den privaten Haushalten zu den Sammelplätzen gebracht wird. Die aus dem Hausmüll abschöpfbare Bioabfallmenge wäre dagegen geringer. Eine Ökobilanz für die IST-Situation und die drei Szenarien mit Biotonne ergab, dass bereits die heutige Situation ohne Biotonne zu einem kleinen ökologischen Vorteil führt. Eine Biotonne würde dagegen, unabhängig von der gewählten Umsetzungsvariante, nur einen geringen weiteren ökologischen Vorteil bringen. Bei einem Vergleich der dafür ermittelten Einwohnerwerte mit den rund Einwohnern im Landkreis liegt dieser Vorteil unter zwei Promille. Eine zusätzliche Biotonne im Landkreis Karlsruhe wäre deshalb unter Umweltaspekten nicht eindeutig die beste Entsorgungsoption und würde zu keiner wesentlich hochwertigeren Verwertung der Bioabfälle als die heutige Situation führen. Die Ökobilanz orientiert sich an den dafür gültigen Normen und den Empfehlungen des Umweltbundesamtes. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass durch eine Biotonne, je nach Umsetzungsvariante, gegenüber der IST-Situation erhebliche jährliche Mehrkosten von 1,2 Mio. bis 3,3 Mio. Euro entstehen würden. Den geringen ökologischen Vorteilen einer Biotonne stehen damit erhebliche Mehrkosten und deutlich höhere Gebühren für die Nutzer von 22 bis 41 Prozent gegenüber. Der geringe Nutzen einer Biotonne steht damit außer Verhältnis zu den hohen zusätzlichen Gebühren. 3. Rechtliche Beurteilung Nach den vorliegenden Ergebnissen würde die zusätzliche Sammlung der Bioabfälle mit einer Biotonne im Landkreis Karlsruhe, unabhängig von der gewählten Umsetzungsvariante, nur einen geringen weiteren ökologischen Vorteil bringen. Sie wäre damit nicht die eindeutig beste Entsorgungsoption im Sinne von 11 Abs. 1 i. V. m. 8 Abs. 1 KrWG und würde auch zu keiner wesentlich hochwertigeren Verwertung der Bioabfälle als die heutige Situation führen. Den geringen ökologischen Vorteilen einer Biotonne würden erhebliche Mehrkosten und deutlich höhere Gebühren für die Nutzer gegenüber stehen. Eine zusätzliche Biotonne wäre damit nach 11 Abs. 1 i. V. m. 7 Abs. 4 KrWG wirtschaftlich nicht zumutbar. Eine rechtliche Verpflichtung zur Einführung einer zusätzlichen getrennten Bioabfallsammlung mit einer Biotonne ergibt sich unter diesen Umständen aus 11 Abs. 1 KrWG nicht. 11 Abs. 1 KrWG erfordert eine Prognoseentscheidung des Landkreises Karlsruhe, als zuständiger öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger, ob die Einführung einer weitergehenden getrennten Bioabfallsammlung mit einer Biotonne technisch möglich, wirtschaftlich zumutbar und ökologisch erforderlich ist oder ob die gesetzliche Pflicht zur weiter- Seite 3
4 gehenden getrennten Bioabfallsammlung entgegensteht. Bei dieser Prognoseentscheidung steht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger ein Beurteilungsspielraum zu, da verschiedene Belange gegeneinander abzuwägen sind. Der Beurteilungsspielraum muss vom zuständigen Organ des Landkreises, nämlich dem Kreistag ausgefüllt werden. Er muss auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungen, insbesondere der Ökobilanz und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung eine Entscheidung darüber treffen, ob unter Berücksichtigung des aktuellen Entsorgungskonzepts des Landkreises Karlsruhe eine Pflicht zur Einführung einer Biotonne mit dem Ziel einer weitergehenden getrennten Erfassung von Bioabfällen besteht oder nicht. Ferner ist im Rahmen der Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzepts eine Beschlussfassung darüber erforderlich, ob eine Biotonne auch ohne eine entsprechende Verpflichtung aus 11 Abs. 1 KrWG eingeführt werden soll. 4. Empfehlung und weiteres Vorgehen Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg vertritt die Meinung, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in Baden-Württemberg gesetzlich verpflichtet sind, die Bioabfälle ab dem Jahr 2015 mit einer Biotonne getrennt zu sammeln. Diese Auffassung lässt jedoch außer Acht, dass eine solche Pflicht nach 11 Abs. 1 KrWG nicht uneingeschränkt besteht. Eine weitergehende Sammlung mit einer Biotonne ist nur dann erforderlich, wenn dadurch eine Verwertung der Abfälle erreicht wird, die den Schutz von Mensch und Umwelt besser gewährleistet und wenn die damit verbundenen Kosten wirtschaftlich zumutbar sind. Das Ministerium hat die Regierungspräsidien mit Schreiben vom gebeten, über die Umsetzung dieser Rechtspflicht durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu berichten, damit erforderlichenfalls noch rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden können. Im Landkreis Karlsruhe wird mit den Grünabfällen bereits ein großer Teil der Bioabfälle getrennt gesammelt und hochwertig verwertet. Die durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass die zusätzliche Sammlung der Bioabfälle mit einer Biotonne im Landkreis Karlsruhe, unabhängig von der gewählten Umsetzungsvariante, zu keiner wesentlich hochwertigeren Verwertung der Bioabfälle als die heutige Situation führen würde. Die erheblichen Mehrkosten und die deutlich höheren Gebühren für die Nutzer einer zusätzlichen Biotonne stünden außer Verhältnis zum geringen Nutzen für die Umwelt und wären deshalb wirtschaftlich nicht zumutbar. Eine rechtliche Verpflichtung zur Einführung einer zusätzlichen getrennten Bioabfallsammlung mit einer Biotonne ergibt sich unter diesen Umständen aus 11 Abs. 1 KrWG nicht. Deshalb empfiehlt die Kreisverwaltung dem Kreistag, festzustellen, dass keine gesetzliche Verpflichtung des Landkreises Karlsruhe besteht, die Bioabfälle im Kreisgebiet mit einer zusätzlichen Biotonne getrennt zu sammeln. Im Landkreis Karlsruhe soll von der Einführung einer zusätzlichen Biotonne abgesehen und eine solche Maßnahme nicht in das Abfallwirtschaftskonzept aufgenommen werden. Die Rechtsaufsichtsbehörde könnte einen solchen Beschluss des Kreistages nur erfolgreich beanstanden, wenn er gegen Gesetze verstoßen würde. Dies ist nach den vorliegenden Gutachten nicht zu erwarten. Angesichts der Haltung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirt- Seite 4
5 schaft Baden-Württemberg zur Notwendigkeit einer flächendeckenden Bioabfallsammlung mit einer Biotonne ist eine rechtliche Auseinandersetzung nicht auszuschließen. Es wird folgendes weiteres Vorgehen vorgeschlagen: a) Der Kreistag stellt zunächst fest, dass sich nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen aus 11 Abs. 1 KrWG keine Verpflichtung des Landkreises ergibt, die Bioabfälle in seinem Gebiet mit einer zusätzlichen Biotonne getrennt zu sammeln. Der Kreistag trifft damit die gesetzlich erforderliche Prognoseentscheidung. b) Er beschließt weiter, dass im Landkreis Karlsruhe auf die Einführung einer zusätzlichen Biotonne verzichtet und eine solche Maßnahme bei der laufenden Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzepts nicht berücksichtigt wird. Der Kreistag legt damit die künftige Konzeption des Landkreises für die Bioabfallentsorgung fest, welche die Kreisverwaltung in die Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes bis zum Jahr 2020 einarbeiten wird. c) Das Regierungspräsidium Karlsruhe und das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg sollen über die Untersuchungsergebnisse und den Beschluss des Kreistags zur künftigen Bioabfallentsorgung informiert werden. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat bereits alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in seinem Bereich bis Ende Mai 2014 um einen Zwischenbericht zum Stand der Fortschreibung der Abfallwirtschaftskonzepte gebeten, bei dem auch auf die Bioabfallentsorgung eingegangen werden kann. II. Finanzielle / Personelle Auswirkungen Eine zusätzliche Biotonne würde beim Landkreis je nach Umsetzungsvariante zu Mehrkosten von 1,2 Mio. Euro bis 3,3 Mio. Euro führen. Diese Mehrkosten würden zu einem erheblichen Anstieg der Abfallgebühren für die Nutzer von Biotonnen von 22 bis 41 Prozent führen. Diese höheren Kosten und Gebühren stünden außer Verhältnis zum geringen Nutzen für die Umwelt. Zur Einführung einer zusätzlichen Biotonne wäre zusätzliches Personal, insbesondere für den Kundenservice, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Verwaltung der Abfallbehälter und der Bioabfallentsorgung erforderlich, das im bisherigen Stellenplan nicht berücksichtigt ist. III. Zuständigkeit Nach 5 Ziffer 2 der Betriebssatzung des Eigenbetriebes Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Karlsruhe legt der Kreistag die Grundsätze der Abfallwirtschaft fest. Dazu gehört die Entscheidung über die Konzeption des Landkreises für die künftige Bioabfallentsorgung. Seite 5
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