SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss
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- Gert Arnold
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1 Az.: 1 B 506/13 1 L 1048/13 Ausfertigung SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Beschluss In der Verwaltungsrechtssache der Frau - Antragstellerin - - Beschwerdeführerin - prozessbevollmächtigt: gegen den Landkreis Meißen vertreten durch den Landrat Brauhausstraße 21, Meißen - Antragsgegner - - Beschwerdegegner - wegen Erlaubnis zur Kindertagespflege; Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO hier: Beschwerde
2 2 hat der 1. Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Meng, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Schmidt-Rottmann und den Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Pastor am 24. Januar 2014 beschlossen: Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 13. November L 1048/13 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 4. Oktober 2013 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen. Gründe 1 Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, über die der Senat allein im Rahmen der Darlegungen der Antragstellerin zu entscheiden hat ( 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ist begründet. 2 Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Es überwiege das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Erlaubnis der Pflegetätigkeit der Tagesmutter die Interessen der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. Ob der Widerspruch der Antragstellerin Erfolg haben werde, lasse sich nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht eindeutig beantworten. Es sei insbesondere zu klären, ob die Erteilung von Auflagen als milderes Mittel in Betracht komme. Die im Falle des offenen Ausgangs des Widerspruchsverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung gehe zu Lasten der Antragstellerin aus. Ihrem Interesse an der weiteren Berufsausübung stehe das Interesse an der körperlichen Integrität der ihr anvertrauten Tagespflegekinder und deren Schutz vor Verletzungen und Gefährdungen gegenüber. Für den Fall der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 4. Oktober 2013 sei der mit der Untersagung der Kindertagespflege verbundene Imageschaden leichter rückgängig zu machen, als im umgekehrten Falle die mögliche Schädigung an Gesundheit, Leib und Leben der Tagespflegekinder.
3 3 3 Die Antragstellerin wendet ein, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Interessenabwägung die Grundrechte aus Art. 12 und 6 GG nicht ausreichend berücksichtigt. Selbst wenn die von den Bediensteten der Beklagten im Rahmen der Ortsbesichtigung festgestellten und danach protokollierten Beanstandungen zuträfen, lasse sich daraus eine Kindeswohlgefährdung nicht ableiten. Diese bemängelten im Wesentlichen nämlich allein die äußere Ordnung und Sauberkeit. Es sei nicht geprüft worden, ob nicht ein milderes Mittel, d. h. die Erteilung von Auflagen ausreichend gewesen sei. Nach den früheren Besuchen des Jugendamts seien keine Auflagen erteilt worden, vielmehr sei beim zweiten Besuch ausdrücklich festgestellt worden, dass keine Mängel vorgelegen hätten. Von einer Auflagenresistenz der Antragstellerin könne nicht ausgegangen werden. Sie gefährde das Kindeswohl nicht, vielmehr fördere sie es zur Zufriedenheit der Eltern. Auf die eidesstattlichen Versicherungen von mehreren Eltern werde Bezug genommen. 4 Unter Berücksichtigung dieser Einwände hat die Beschwerde Erfolg. Nach summarischer Prüfung ist mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon auszugehen, dass offen ist, ob der streitgegenständliche Widerruf der Tagespflegeerlaubnis der Antragstellerin, der ausweislich der Begründung des Bescheids vom 4. Oktober 2013 auf 43 Abs. 2 SGB VIII gestützt wird, rechtmäßig ist. Die Interessenabwägung des Verwaltungsgerichts ist aber zu beanstanden, da sie den grundrechtlich gewährleisteten Schutz der Antragstellerin bei der Ausübung der Pflegetätigkeit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht ausreichend gewichtet hat. 5 Der Widerruf der Erlaubnis zur Kindertagespflege (gemeint ist wohl nach 47 Abs. 1 Nr. 1 SGB X) greift in die Berufsausübung der Antragstellerin ein (vgl. SächsOVG, NK-Urt. v. 21. März C 15/12 -, SächsVBl. 2013, 271, 275). Die Erlaubnis zur Kindertagespflege gemäß 43 Abs. 2 SGB VIII darf wegen Wegfalls der Eignung nur widerrufen werden, wenn die Eignung als Tagespflegeperson nicht durch nachträgliche Auflagen (vgl. 32 Abs Alt. SGB X) erhalten werden kann. Der Widerruf der Pflegeerlaubnis kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn keine milderen Mittel zur Verfügung stehen, die es erlauben, den Fortbestand der Eignung einer Pflegeperson anzunehmen.
4 4 6 Dies zugrunde gelegt, können bereits greifbare Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung derzeit nicht festgestellt werden. Die von der Antragstellerin im Protokoll über den unangekündigten Hausbesuch am 25. September 2013 aufgeführten Mängel werden von der Antragstellerin im Wesentlichen mittels eidesstattlicher Versicherungen bestritten oder anders dargestellt. Die Antragstellerin hat u. a. eingewendet, dass es zwar zutreffe, dass die Steckdose aus der Fassung geraten sei, sie aber die Reparatur vor dem Hausbesuch bereits veranlasst gehabt habe und die Steckdose sich zudem in einer Höhe von 1,27 m befunden habe. Auf Streichhölzer und Messer habe das anwesende Tagespflegekind nicht zugreifen können, da die Arbeitsplatte knapp einen Meter hoch sei. Messer und Saftflasche seien für das kurze Zeit zuvor eingenommene Frühstück verwendet worden. Das Kinderschaukelpferd habe nicht direkt vor der Arbeitsplatte gestanden, sondern mindestens einen Meter entfernt vor dieser. Da die Sicherheitsmängel, deren Feststellung allein die Mitarbeiterin des Antragsgegners protokolliert hat, ohne diese von der Antragstellerin gegenzeichnen zu lassen, im Wesentlichen bestritten werden, wird insoweit in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob diese vorgelegen haben. Einzustellen ist aber weiter, dass es sich um Sicherheitsmängel handelt, die sich mit geringem Aufwand verhindern lassen oder nach dem Bekunden der Antragstellerin bereits abgestellt worden sind. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht bereit ist, Messer, Streichhölzer und Staubsauger zukünftig nach Gebrauch wegzuräumen und darauf zu achten, dass mit Hilfe des Schaukelpferds oder anderem Spielzeug die Arbeitsplatte nicht erreicht werden kann, denn bisher ist noch nicht einmal versucht worden, Auflagen mittels Bescheid zu erteilen und deren Einhaltung durch wiederholte unangekündigte Hausbesuche zu überprüfen. 7 Ferner ist nicht erkennbar, dass die sonstigen gerügten räumlichen und hygienischen Mängel hier eine Kindeswohlgefährdung nahe legen. Weder aus den unaufgeräumten oder liederlichen Zuständen in der Wohnung, die von kleinen Kindern in der Regel bereits nicht als bedeutsam wahrgenommen werden, noch aus dem Vorhandensein oder den Umständen des Halten von einer Katze und zwei Meerschweinchen, lässt sich etwas dafür entnehmen, dass dadurch eine Kindeswohlgefährdung etwa durch ein hohes Infektionsrisiko oder Ähnliches besteht, die ein sofortiges Eingreifen im Wege eines für sofort vollziehbar erklärten Widerrufs der Pflegeerlaubnis erfordern. Im Übrigen lässt sich aber auch diesen Mängeln mit Auflagen entgegenwirken.
5 5 8 Bei Abwägung der gegenläufigen Interessen überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von den mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundenen Folgen verschont zu bleiben, da der für sofort vollziehbar erklärte Widerruf für sie mit einschneidenden Konsequenzen verbunden ist. Zu berücksichtigen ist, dass für die Antragstellerin mit dem Widerruf nicht nur ein Imageschaden verbunden ist, wie es das Verwaltungsgericht angenommen hat, sondern mit diesem in ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz eingegriffen wird. Der Antragstellerin wird durch den sofort vollziehbaren Widerruf die Möglichkeit genommen, bis zur Entscheidung in der Hauptsache als Tagespflegemutter zu arbeiten. Ihr wird damit die berufliche und wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen. 9 Die Kostenentscheidung beruht auf 154 Abs. 1, 188 VwGO. 10 Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO). gez.: Meng Schmidt-Rottmann Dr. Pastor Ausgefertigt: Bautzen, den Sächsisches Oberverwaltungsgericht Schika Justizobersekretärin
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