2. Gesundheitsfinanzierung
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- Margarete Seidel
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1 2. Gesundheitsfinanzierung Inhalte dieses Abschnitts 2.5 Gerechtigkeit und Umverteilung Gerechtigkeit Versuch einer Definition Bedarf und Zugang zu Gesundheit Finanzierungsquellen von Gesundheit Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
2 Gerechtigkeit Versuch einer Definition Definition für Ökonomen schwierig, da Effizienz ebenfalls ein wichtiges Ziel ist Können uns einer Definition durch Formulierung der Anforderungen an ein Gesundheitssystem nähern Es wird typischerweise als gerecht empfunden, wenn alle Personen die gleichen Gesundheitschancen haben, die Ressourcenallokation bedarfsgerecht erfolgt, beides unabhängig vom Einkommen ist. Nicht selten werden auch ex-post Unterschiede im Einkommen als ungerecht angesehen, sofern diese unverschuldet sind Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
3 Bedarf Culyer und Wagstaff (1993) bieten drei miteinander konkurrierende Definitionen von Bedarf an. So ist der Bedarf hoch, falls der Gesundheitszustand ohne Behandlung niedrig ist, die Fähigkeit von einer Behandlung zu profitieren hoch ist, ein hoher Ressourceneinsatz erforderlich ist, um einen Nutzen aus der Behandlung zu ziehen Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
4 Effizienz Bedarfsdefinition und Gerechtigkeitsdefinition beliebig Ist letztlich beim Effizienzbegriff nicht anders Eine Allokation ist effizient, falls Ein vorgegebenes Ziel mit minimalen Kosten erreicht wird Oder die Zielfunktion gegeben einen bestimmten Ressourceneinsatz maximiert wird Beliebigkeit der Effizienzdefinition liegt in der Beliebigkeit der Zielfunktion begründet Beachte: Kosten liegen für gewöhnlich in Geldeinheiten vor. Ist beim Nutzen nicht so Vergleichbarkeit? Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
5 Gerechte und effiziente Allokationen Unterstellt sei eine Population, in der sich die Individuen in Einkommen und Bedarf unterscheiden Bedarf entspricht hier dem Gesundheitszustand gemessen in Krankheitstagen pro Jahr Eine Behandlung verhindert Krankheitstage Sofortige Heilung Kosten unabhängig von Bedarf Nichtbehandlung führt zu Verlust des Einkommens für die Dauer der Krankheit Wer sollte behandelt werden, wenn rationiert werden muss? Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
6 Bedarfsgerechte Behandlung Die knappen Ressourcen werden dann gerecht eingesetzt, wenn die Personen mit dem höchsten Bedarf sie erhalten Hier sind das die Patienten mit dem schlechtesten Gesundheitszustand bzw. dem höchsten Schweregrad Allokation erfolgt unabhängig vom Einkommen Gibt es beispielsweise 100 Patienten, aber nur 70 Behandlungen, so erhalten die 30 leichtesten Fälle keine Behandlung Minimiert wird der Gesundheitsverlust aus Krankheit bzw. der Gesundheitsgewinn aus Behandlung (Extra-Welfaristisches Wohlfahrtskonzept) Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
7 Effiziente Behandlung Das Einkommen y sei verteilt auf dem Intervall [0, Y ] Der Schweregrad s sei verteilt auf dem Einheitsintervall [0,1] Dann ist der Verlust aus Krankheit bei Nichtbehandlung gegeben durch sy Die effiziente Allokation minimiert nun den Einkommensverlust aus Krankheit Dabei erhalten all diejenigen eine Behandlung für die sy > V, wobei V so gewählt ist, dass alle Ressourcen alloziiert werden Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
8 Bedarfsgerechte vs. effiziente Behandlung Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
9 Bedarfsgerechte vs. effiziente Behandlung In Ökonomie sind beide Ziele nur selten simultan erreichbar Abwägung zwischen Gerechtigkeit und Effizienz in vielen Bereichen der Sozialversicherung oder Besteuerung Präferenzen einer Gesellschaft für Gerechtigkeit und Effizienz spiegeln sich in institutioneller Ausgestaltung wider Wettbewerbliches (privates) System: Effizienz vorrangig Reguliertes (öffentliches) System: Gerechtigkeit vorrangig Wie sieht die Allokation von knappen Ressourcen in einem rein privaten System aus? Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
10 Behandlung in rein privatem System Ist der Bedarf vor Abschluss des Versicherungsvertrags unbekannt, so ergibt sich eine konstante Prämie P. Empirische Studien zeigen, dass die Zahlungsbereitschaft für Versicherung im Einkommen steigt. Dann erhalten nur die Reichen eine Behandlung. Die Gesundheitschancen hängen damit vom Einkommen eines Individuums ab ist das gerecht? Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
11 Probleme in rein privaten Systemen Marktversagen (Externalitäten, asymmetrische Information) ist jedoch auch in öffentlichen Systemen problematisch Höhere administrative Kosten privater Systeme im Vergleich zu nationalen Gesundheitsdiensten (Skalenert., Blomqvist 2007) Probleme durch risikoäquivalente Prämien Prämienrisiko und langfristige Verträge Ungleichheit im Einkommen führt zu Ungleichheit in Gesundheit (Zugang) Ungleichheit in Gesundheit führt zu Ungleichheit im Einkommen (Prämien) Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
12 Vorteile öffentlicher Systeme Verträge sind langfristig Adverse Selektion oder Risikoselektion kann besser begegnet werden (irrelevant bei Einheitsversicherung) Unklar, ob moralisches Risiko besser in den Griff zu bekommen ist Ex-ante: unwahrscheinlich Ex-post: vermutlich schon (Managed Care, Gesundheitssparkonten) Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
13 Nachteile öffentlicher Systeme Eingeschränkter Wettbewerb zwischen Versicherern Vollständiges Fehlen von Wettbewerb in nationalen Gesundheitsdiensten (und Verbot von paralleler privater VV) Versicherungsnehmer haben nur eingeschränkte Wahlmöglichkeiten hinsichtlich Tarifen und Leistungen Bei rein öffentlicher Finanzierung meist keine Zuzahlungen massives ex-post moralisches Risiko Anreize für Leistungserbringer können nur eingeschränkt über Wettbewerb erfolgen Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
14 Gerechtigkeitsdefizite in D In GKV: Einkommensabhängige Beiträge (Leistungsfähigkeitsprinzip) In PKV: Pauschale Prämien, kein Leistungsfähigkeitsprinzip Reiche können aus GKV heraus optieren und vermeiden darüber Einkommensumverteilung PKV wegen Äquivalenzprinzip für Gesunde interessant: adverse Selektion (reduzierte Umverteilung von gesund zu krank) PKV-Versicherte erhalten bessere Leistungen Höhere Zahlungsbereitschaft der privaten VN Höhere Vergütung der Ärzte durch Versicherungen Kerstin Roeder, Einführung in die Gesundheitsökonomik, WS 2011/ Gesundheitsfinanzierung
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