KREIS ULPE. Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen. Copyright Sauerlander Heimatbund. Gefordert durch

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1 Gefordert durch Der Ministerprasident des Landes Nordrhein-Westfalen m KREIS ULPE

2 \«MWW,l1Triir.in-i'i >V;.aDBrt<i'a Sauerländer Heimatbund

3 '^ OCT A«' PAPIERFABRIK SUNDERN G.M.B.H. PAPIER., HOLZSTOFF. UND Z E LLULO S E. FAB R 1 K EN

4 58813 Der Oberkreisdirektor 3>e isnctt&nnct 1957 Heimatkalender fiir das kurkolnische Sauerland SAUERLANDER Herausgegeben vom Sauerlander Heimatbund fur das kurkolnisdie Sauerland, Arnsberg Auslieferung durdi die Gesdiaftsstelle des Sauerlander Helmatbundes in Balve Gedrudt bei Gebruder Lensing, Budidruckerei und Verlagsanstait KG., Arnsberg ^= Preis 1,50 DM ::=:=

5 ZUM GELEIT Jede Kulturlandscfiaft prdgt and bildet ihre eigenen Menschen, und im Lebenslauf fuhrender Personlichkeiten friiherer Zeiten leuchten diese besonderen Eigenschaften der Bewohner einer Landschaft deutlich auf. * Deshalb stellen wir im Kalendarium des Suerldnner 1957 Erzieher und Forscher, Soziologen und Wirtschaftsfuhrer heraus, Manner, die ah Sauerldnder in der Vergangenhnt die Menschen ihrer Zeit in der Heimat und im deutschen Lebensraum uberhaupt wesentlich beeinflufit und die Geschichte mitgestaltet haben. Der Kalendermann konnte hierbei nur einzelne Vorbilder aus der grofien Zahl herausgreifen, und der Suerldnner wird auch im kommenden Jahr diese Reihe fulirender Personlichkeiten aus der Vergangenheit des kurkolmschen Sauerlandes fortsetzen. * Moge das Forbild gerade in umerer Jugend ein gesundes Heimat^ und Selbstbewufitsein schaffen in deni Sinne, daj3 Sauerldnder in ihrer Eigenart und Eigenstdndigkeit hineinwirken sollten in die weiteren Gemeinschaftsrdume der Menschen und der Menschheit. DR. FRANZ RIPS Vorsitzender des Sauerldnder Heimatbundes

6 Itik Sauerldndische Bduerin Zeichnung von H. Knifka

7 1 D «J- 2 M NamePfiJesu^Fest lis 3 D Genoveva >» 4 F 1 Rigobert ^ 5 S j Eduard ^ 6 S 7 M 8 D 9 M 10 D 11 F 12 S 13 S 14 M 15 D 16 M 17 D 18 F 19 S 20 S 21 M 22 D 23 M 24 D 25 F 26 S 27 S 28 M 29 D 30 M 31 D Heilige drei Konige Reinhold Gudula Bertwald ) Agathon Paulinus Ernst 1. n. Ersdi., Gottfried Felix Paulus d. E. Marcellus Antonius Petri Stuhlfeie. zu Rom Martha i.30!.30 i.29 i.29 i.29 i.28! IP!* 2. n. Ersch., Fabian Agnes ^ Meinrad, Vincenz f ^ Raymund one Timotheus <* Pauli Bekehrung ^ Polycarp ^ 3. n. Ersch,, Chrysostomus ^ Manfred XJ- Franz v. S US Martina ^ Lulse K 4> Januar warm, daji Gott erbarm! I Viel Schnee, viel Heu, aber wenig Korn. I 1st der Jdnner naji, bleibt leer das Fap. I Strahlt Neujahr im Sonnenschein, wird das Jahr wohl fruchtbar sein. I 1st Dreikonig hell und klar, gibt's viel Wein in diesem Jahr. I Bringt Sankt Vinzenz Sonnenschein, bringt er auch viel Korn und Wein. I Tanzen die Miicken im Januar, werden Fett und Butter rar. 11st der Januar frostig und kalt, lockt uns bald der griine Wald. Der Hundertjahrige": Januar: Der Januar setzt die Kdlte seines Vorgdngers bis zum 30. fort, dann gelinde und windig. Neujahrssingen Das Neujahrssingen" durcli junge Burschen, die in der ersten Stunde des neuen Jahres von Haus zu Haus durch die StraBen ziehen, ist heute im Sauerland fast noch allgemein iiblich. Urn Mitter- nacht wird die neue Jahreszahl an die Haustur geschrieben.dann singen sie ihren Gluckwunsdi: Guten Morgen in diesem Haus! Wir wiinschen euch, euch wunschen wir ein gliickseliges neues Jahr!" Am Neujahrstage wunscht man sidi gegenseitig ein gliicksall'ges nigges Johr". Dabei sucht der eine dem andern zuvorzu- kommen, wodurdi er nadi altem sauerlandischen Brauch Anrecht auf ein Gesdienk hatte. Am Vorabend des Dreikonigstages sdireibt man heute noch vielfach iiber die Tiiren C M B - das sind die Namen der Weisen.

8 mm Sauerländer Heimatbund Friedrich Adolf Sauer f ehier der Lehrer des Sauerlandes, so heifit man heute Friedrich Adolf Sauer, dessen Vame in der Regierungsstadt Arnsberg eine Sdiule und eine StraBe tragt. Er war mehr als las, denn indem er der Lehrer der Lehrer wurde, vurde er zum ersten bedeutenden Erzieher des Volkes, zu einem Wohltater des ganzen Landes. Sauer wurde am 1. Januar 1765 in Barge bei Menden als Kind einer sauerlandischen Bauernfamilie geboren. Er studierte auf dem Laurentianum in Arnsberg und bezog dann die Universitat Bonn zum Studium der Theologie und Padagogik. Hier lernte er den sogenannten Normalunterricht kennen, den der Kolner Kurfiirst zur Hebung des Volksschulwesens angeordnet hatte zum Priester geweiht, erhielt er in Riithen seine erste Anstellung als Pfarrer. Kurfiirst Max Franz beauftragte Sauer mit der Einrichtung einer Normalschule fiir VolksschuUehrerbildung in Riithen begann dort der erste Kursus fiir sechs Teilnehmer. Bisher war as um die Volksschulen in Westfalen nodi sdilecht bestellt. Eine besondere Ausbildung fur den Lehrerberuf gab es nodi gar nidit. Die Volkssdiulen waren Pfarrsdiulen. Bine Schulpflidit bestand nidit. Zur Sommerzeit fiel der Unterricht ganz aus, die Kinder mubten auf dem Felde mithelfen. Im Winter erteilte ein Handwerker oder Tagelohner Schulunterricht in unzulanglidien Raumen. In einigen Gegenden des Sauerlandes amtierten Wanderlehrer erlieb Kurfiirst Max Franz eine Verfiigung, dab Kinder die Christenlehre besudien mubten. In dieser Zeit begann Friedrich Adolf Sauer, ein Erzieher aus Berufung, seine sdiwere Arbeit, die mit der Rodung schweren Adcers beginnen mubte, ehe die Saat bestellt werden konnte. In den ersten sechs Jahren hat Sauer 107 Lehrer und sedis Lehrerinnen ausgebildet und im Jahre 1804 waren von den 260 Volksschulen des Landes bereits 190 mit Lehrern und Lehrerinnen seiner Normalschule besetzt. Ende 1810 bestanden in 119 Pfarreien 271 Volksschulen, die alle mit Kraften aus Sauers Sdiule besetzt waren wurde die Schule nach Arnsberg verlegt, ins alte Jesuitenkolleg auf dem SchloBberg. Gleichzeitig wurde Sauer Pfarrer von Arnsberg, Prafekt des neu errichteten Arnsb erger Gymnasiums (das Norbertinerkloster und sein Gymnasium war 1804 der Sakularisation zum Opfer gefalien), und die neue Regierung ernannte ihn zum Regierungs- und Konsistorialrat.. Sauer war als SproB einer Bauernfamilie ein ' aufgeschlossener Mann von praktisdiem Sinn. Er gab auch dem Handfertigkeitsunterridit der Kinder in der Schule Raum. Die Kinder wurden in Korbflechten, Mattenflechten, Loffelsdinitzen und in der Obstbaumzudit usw. unterwiesen; die Maddien lernten Nahen, Stidcen, Stricken. In jener knappen Zeit haben auf diese Weise audi die Kinder nicht wenig zum Unterhalt der Familie durch diese Arbeit mit beitragen konnen. Auch die wirtsdiaftliche und allgemein soziale Stellung des Lehrerstandes wurde durdi die Bemiihungen des Lehrers der Lehrer gehoben. Sein Lebenswerk, die Schaffung einer einheitlidien, systematischen Ausbildung der Volksschullehrkrafte und die geregelte Erteilung des Unterridits stand bei seinem Tode im Jahre 1839 unantastbar fest. Sein Grab liegt auf dem Friedhof im Arnsberger Eidiholz. - er.

9 _ jmsi. Lufke, lufke Fasfnacht! Der Donnerstag vor Fastnacht (Liitkefastowend) ist fur die Kinder ein Freudentag. Mil einem Spiel5" ziehen sie von Haus zu Haus und singen: Luttke, liittke Fastowend! Giat mi'n Hast an minen Spit. Settet et Ledderken an de Wand un schnitt min Stiiksken, drai lallen lang. Uawen op der Wieme snitt mi enne Strieme. Latt dat Messerken sinken bis mirren in den Schinken. Latt dat Messerken glien bis mirren in de Sien. Giat mi ne halwen Suejekopp, diam de Hoor sind iuterofft. Latt mik nit sec lange stohn, ik mot en Huisken widder gohn. In den Eikenkraunen sallt uch Guatt belaunen." Am (Matthias) knallten friiher die Knedite vor dem Haus mit der Peitsche, zum Zeichen, dab die Feldarbeit wieder beginnt. 6

10 ammm Sauerländer Heimatbund Johann Sulberf Seibertz -^ / ervorragende Juristen hat das Sauerland 4 eine grobe Anzahl hervorgebracht. Gerade im letzten Jahre gedachte man anlablidi seines 140. Geburtstages des Briloner Dr. Eduard Pape, des ersten Prasidenten des Reidishandelsgerichts und des Schopfers des biirgerlichen Gesetzbuches. Der beriihmteste und bekannteste Vertreter, der zugleich als Historiker die westfalische Geschichtsschreibung begriindet hat, ist Joh. Suibert Seibertz, gleichfalls ein Sohn der alten Stadt Brilon. Die steinerne Eule auf seinem Grabdenkmal in Arnsberg waist auf seine Gelehrsamkeit hin, die durch den juristischen und philosophisdien Doktortitel und durch eine grobe Anzahl wohlfundierter Werke iiber die westfalische Landes- und Recbtsgeschichte sinnfalligen Ausdruck land. Ohne seine unermiidliche Arbeit batten wir keinen soldi tiefen Einblick in die Geschichte unserer Heimat. Darum wird sein Name bei alien Freunden der sauerlandischen Geschichte und des Sauerlandes immer in Ehren genannt werden. Seibertz wurde am 27. November 1788 zu Brilon geboren. Er besuchte die Gymnasien seiner Vaterstadt und zu Diisseldorf und studierte auf den Universitaten zu GieBen und Heidelberg Rechts- und Staatswissenschaft. Nach bestandenem Examen begann er am 28. April 1810 seine Tatigkeit im Staatsdienst beim Hofgeridit zu Arnsberg und wurde am 27. Februar 1811 zum Advokaten und Prokurator ernannt. Gegen Ende des Jahres nach Brilon iibersiedelnd verwaltete er neben der Advokatur zunadist als Stellvertreter seines Vaters, dann im eigenen Namen das Amt eines Steuerempfangers und war auberdem Patrimonialrichter zu Scharfenberg wurde er zum Justizamtsverwalter, 1823 zum provisorischen Justizamtmann in Riithen ernannt und erhielt zugleich die Administratur des Amts Belecke.die er bis 1825 fuhrte.am I.September 1829 iibernahm er die Stelle eines Justizamtmanns zu Brilon, von wo er 1839 als Rat an das damalige Land- und Stadtgericht in Arnsberg berufen wurde. In dieser Stellung verblieb er, bis er nach der Feier seines Dienstjubilaums am 20. Juni 1860 die amtliche Tatigkeit iiberhaupt aufgab. Zwei Jahre spater feierte er seine goldene Hochzeit. Das lange, vielbewegte Leben hatte seine Kraft noch nidit gebrochen. Erst durch das Hinscheiden seiner geliebten Gefahrtin im Herbst 1867 schien sein Lebensmut empfindlidx getroffen zu sein, ohne dab er sich einer untatigen Trauer hingab. Vielmehr widmete er auch nodi den Rest seiner Tage der Ausfvihrung und VoUendung so manchen Werkes. In dem ersten Dezennium seiner literarisdien Tatigkeit von 1811 bis 1819 besdirankte sich Seibertz auf die Abfassung kleinerer Aufsatze meist historischen Inhalts. Am Ende des ersten und zu Anfang des zweiten Dezenniums seiner schriftstellerischen Wirksamkeit gab Seibertz das erste grobere Werk heraus unter dem Titel: Westfalisdie Beitrage zur deutschen Gesdiidite" (zwei Bande: Darmstadt 1819 und 1823). Die zweite Periode seiner schriftstellerischen Tatigkeit umfabt die Zeit der Justizamtsverwaltung zu Ruthen, Belecke und Brilon von 1820 bis J. S. Seibertz starb auf seinem Gute Wildenberg bei Brunskappel.

11 Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Tier- Aufg. 1 Untg. krels 1 F Agnes >«2 S Heinrich Suso >^ 3 S Quinquagesima, Kunlg M Rosenmontag, Kasimir Hf 5 D Fastnadit, Friedridi M Aschermittwoch, Victor D Thomas v. Aquin OT* 8 F Beate m* 9 S Franziska ) JMt 10 S l.fastensonntag ** 11 M Rufina Hlg 12 D Gregor Hl6 13 M Gerald m 14 D Mathilda m 15 F Klemens Maria Hofbauer > 16 S Heribert ** 17 S Reminiscere, Gertrud A 18 M Cyrillus D oseph c«20 M oadiim c4k 21 D Benedikt, Fruhlingsanfang ^ 22 F Nikolaus von der Flue M. 23 S Otto ^ H 24 S Oculi, Gabriel, Erzengel «UI 25 M Maria Verk <UI 26 D Ludger ^ 27 M Rupert A. 28 D Gun tram F Eustasius >«> 30 S Roswitha % 31 S Laetare, Guido «f Wetterregein: Auf windigen Mdrz folgt schoner Mai. I Wenn es Kunigunden friert, sie's noch vierzig Tage spiirt. I Gregor zeigt dem Bauern an, daji im Feld er saen kann. I Sonniger Gertrudentag Freud' dem Gartner bringen mag. I An Sankt Benedikt acht' wohl, dafi man Hafer sden soil. I Hat Rupert den Himmel rein, wird's im JuU auch so sein. I Ein Scheffel Mdrzenstaub ist eine Krone wert, doch allzufriihes Laub wird gem vom Frost verzehrt. Der Hundertjahrige": Mdrz: den 6. 8., und 9. feucht, den 13., 14. und 15. Regen, 18., 19. und 20. Glatteis; 22. rauhes Wetter und Sturnuvind bis zum 29., den 31. Regen. Baumpflanzen, ein altes bauerfiches Brauchf-um Auf dem Westfalisdien Natursdiutztag 1956 in Warbung wurde folgende EntschlieBung gefabt: Em vorziigliches Mittel zur Jugenderziehung ist auch das Baumpflanzen, eine uralte bauerlidie Sitte, die verdient, gerade von unserer Jugend gepflegt zu werden. In tuhrenden Jahrhunderten wurden Brauteichen, Hofeichen, Buchen fiir die Frauen, Birken fiir die Maddien und Eidien fiir die Manner gepflanzt. Besonders in Westfalen war es schon im Mittelalter ublich, um Hofe und Dorfer Eichen zu pflanzen. Noch heute bieten diese Hofeichen ein fiir die westfalisdie Hofe typisdies Bild und geben Zeugnis von der uralten Bodenstandigkeit und Sicherheit des norddeutschen Bauerntums. Sdion vor 400 Jahren wurde es den Bauern sogar vorgesdirieben, Eichen zu saen oder zu pflanzen, und vor 200 Jahren wurde Pflanzen von Baumen in der Schule gelehrt."

12 Prof. Dr. Franz Hifze ^^^m 27. Juli 1921 hatte sich auf dem Friedhof der Dorfkirdie Rhode bei Olpe eine fast uniibersehbare Sdiar von Menschen versammelt - Sdiulkinder, Bauern, Arbeiter, Vertreter der hodisten geistlidien und weltlichen Behorden und Organisationen - um dem verstorbenen Pralaten Franz Hitze das letzte Ehrengeleit zu geben. Wer bis dahin noch nicht die GroBe und Bedeutung dieses Mannes erkannt hatte, hier konnte er aus der Grabrede von Hitzes Meistersdiiiler Pralat Dr. August Pieper, dem warmen Nadiruf des Heimatbischofs Dr. Caspar Klein und den dreizehn weiteren Reden iiberzeugt werden, dab man hier in die Heimaterde die sterbliche Hiille eines Mannes zuriickgebracht hatte, der im sozialen Leben des deutsdien Vaterlandes etwas GroBes bedeutet. Seinen Lebenslauf hat Franz Hitze im Handbudi der Deutsdien Nationalversammlung wie folgt kurz zusammengefabt: Franz Hitze, Dr. theol. et jur. hon. c. o. 6. Univ.-Professor, Apostol. Protonotar a. i. p. in Miinster i. W. Geb. am 16. Marz 1851 zu Hanemicke, Kreis Olpe, kath. Besuchte Volkssdiule in Rhode, Rektoratsschule in Olpe, Gymnasium zu Paderborn von , Universitat in Wiirzburg von 1872 bis 1877, war Kaplan am deutsdien Campo Santo in Rom, 1880 Generalsekretar des Verbandes katholischer Industrieller und Arbeiterfreunde Arbeiterwohl" in M. Gladbadi, erhielt 1895 den Ruf als Professor fiir diristlidie Gesellsdiaftswissenschaft nadi Miinster. Von Mitglied des preubisdien Abgeordnetenhauses, seit 1884 Mitglied des Deutsdien Reidistags. VerfaBte u. a.: Die soziale Frage und die Bestrebungen zu ihrer Losung" 1877, Kapital und Arbeit und die Reorganisation der Gesellsdiaft" und Quintessenz der sozialen Frage" 1880, Sdiutz dem Handwerk" 1885, Schutz dem Arbeiter" 1891, Arbeiterfrage" 1891/1904, Zur Wurdigung der deutsdien Arbeitersozialpolitik" 1912, Geburtenrudcgang und Sozialreform" Sdion als Wiirzburger Student veroffentlidite Hitze 1877 drei Vortrage liber die soziale Frage und die Bestrebungen zu ihrer Losung" wurde Franz Hitze Generalsekretar des eben in M. Gladbadi gegrundeten Arbeiterwohl, des Verbandes kath. Industrieller undarbeiterfreunde. Hier fand er an der Seite des Industriellen Franz Brandt ein iiber ganz Deutsdiland reichendes Arbeitsteld. Fiir die christlich-nationale Arbeiterbewegung war Hitze der Wegbereiter, der die geistigen Grundlagen schuf. - Seine Erfolge verdankte er neben seiner schopferisdien staatsmannisdien Kraft seiner bezwingenden Sadilidikeit, Vornehmheit, Giite und Liebenswurdigkeit. Das heimatlidie Volkstum gait ihm als eine bedeutende Kraftquelle, die zu starken und zu fordern er immer bemiiht war. Die Universitaten Miinster und Lowen verliehen ihm den dreifachen Ehrendoktor der Theologie, Philosophie und Jura. Hohe kirchlidie Ehrung wurde ihm zuteil durdi die Ernennung zum Papstlidien Hauspralaten und zum Protonotar. An seinem zehnten Todestage wurde ihm in Miinster ein Denkmal enthiillt mit der kurzen, aber vielsagenden Inschrift: Dem Freund und Fiihrer der Arbeiter." N- Sdi.

13 ^Uia iiiait-iirii..if-b ai Datum M D M D H S Fest- u. Namenstage Hugo Franz von Paula Ridiard Isidor Vincenz Ferrerius Notker ludica, Hermann losef Walter Waltraud Paternus Leo der GroKe Julius Hermenegild Palmsonntag, Justinus Anastasia Bernadette Rudolf Werner Karfreitag Karsamstag Ostersonntag Ostermontag Georg Adalbert Markus Kletus Petrus Canisius Weifier Sonntag Ermentrud Katharina v. Siena ^ Sonnen- I Tier- Aufg. I Untg. i krels ' He He A <2 W? ^ 19.45! jrf m» Wetterregeln: Aprilschnee diingt, Mdrzschnee frijjt. I Kommt Tiburtius mit Schall, bringt er Gauch und Nachtigall. I Regnet's vor'm Georgitag, wdhrt noch lang des Regens Flag'. I Quakt der Frosch am Markus viel, schweigt er dafur nachher still. I Friert's am Tag von Sankt Vital, friert es wohl noch funfzehnmal. I 1st der April feucht und naji, iiillt er Scheunen an und Fafi. I Gras, das im April wdchst, steht im Mai fest. Der Hundertjahrige": April: Vom 1. bis 9. windig, triihe und Regen, den 10., 11., u. und 13. Regen, vom 14. bis 20. halt, den 21. schon, vom 27. bis zum Ende Regen. \ch palme dich am heiligen OsfertagI/' Am Palmsonntag werden in den Kirchen unserer Heimat die Palmen geweiht. Da aber bei uns keine Palmen wadisen, nimmt man statt dessen die Zweige der Kopfweiden oder audi der Sal- weide, die schon fruh die silbergrauen Katzchen tragt. Oft werden die letzten Apfel mit in das Palmbund eingeflochten. Die Spitze des Bundes wird gewohnlich mit einem BudibaumstrauBchen geziert. Mit den geweihten Zweigen wer- den am ersten Ostertag die Acker gepalmt, ins- besondere der Winterroggen. Dabei wird der Spruch gebetet: Ich palme didi am heiligen Ostertag, Gott bewahre dich vor Wetter und Hagelschlag!" 10

14 Dr. h. c. Johannes Hatzfeld.^ L,ur eine halbe Wahrheit ist es, dab jeder Mensch zu ersetzen sei. Es gibt Personlichkeiten von solch markanter Profilierung ihres Wesens, von solcher Eigenstandigkeit und Originalitat, dab vor ihnen jeder Versuch einer Imitation mehr oder weniger scheitert. Von solcher Art war der Sauerlander Johannes Hatzfeld, geboren in Benolpe am 14. April Als man diesen groben Sohn der sauerlandischen Heimat, den Pralaten und Ehrendoktor der Universitat Miinchen am 5. Juli 1953 in einem geradezu fiirstlichen Leichenbegangnis in unserer Bisdiofsstadt Paderborn zu Grabe trug, da spiirte wohl jeder Teilnehmer, dab hier ein reiches Erdenleben sein Ende gefunden, das nicht mit kleinen AUtagsmaBstaben zu messen war, dab durch den Heimgang dieses gottbegnadeten Priesters und Kunstlers das Dasein fur viele um ein gutesstiick armer und kalter gewordenwar. - Es ist nidit leicht, Hatzfeld's Leben mit ein paar Strichen zu zeichnen. Die ungewohnlidie Strahlkraft dieser Personlichkeit, Umfang und Reidiweite ihres Wirkens gestatten in diesem Rahmen nur eine Skizzierung in Stidiworten: Nach seelsorglicher Arbeit der ersten Priesterjahre Religionslehrer in Paderborn. Danach zusammen mit Anton Heinen Tatigkeit beim Volksverein fiir das katholisdie Deutschland. Spater Schriftleiter der Diozesanzeitschrift Leo", die nach dem Zusammenbruch unter dem heutigen Titel Der Dom" ihre Wiedererstehung erlebte. Umfangreiches Wirken als Redner und Schriftsteller. Seine Biicher, insbesondere seine Evangelienbetrachtungen sind Kostbarkeiten. - Von der iiberragenden Bedeutung Hatzfeld's als Musiker berichtet das von Prof. Overath herausgegebene gehaltvolle Buch Hatzfeld - Priester und Musiker". Eine umfassende Geschichte der katholischen Kirchenmusik des 20. Jahrhunderts kann ohne Beriicksichtigung des Hatzfeld'schen Wirkens nicht geschrieben werden. In Fragen des Volksliedes, zumal des Kirchenliedes, gait Hatzfeld als unbestrittene Autoritat. Die von ihm her- ausgegebenen Verlagsreihen Musik im Haus" und musica orans", die Zeitschrift Musik im Leben", seine Volksliederund das einzigartige Weihnachtsbuch Susani" sowie zahlreiche Kompo- sammlung Tandaradei" sitionen und musikalische Bearbeitungen bekunden die hohe Bedeutung, die Hatzfeld der Musik fur Leben und Bildung des Volkes zuerkannte. - Der sauerlandischen Heimat blieb Hatzfeld stets zugetan. Seit dem Entstehen der von Franz Hoffmeister gefuhrten sauerlandischen Heimatbewegung gehorte Hatzfeld zu den treuesten Heimatbiindlern, ohne aber deshalb auch nur fiir einenaugenblick den Sinn fur grobe Zusammenhange zu verlieren. Eine Biographie Hatzfeld's, die nidit nur eine Sparte seines Wirkens, sondern sein ungewohnlidi reiches Leben und Gesamtschaffen in umfassender Weise beriicksichtigt, mub noch geschrieben werden. Diesem Namen, der wait uber die Heimat, ja, iiber Deutschlands Grenzen hinaus Ruf und Klang besab, der aus immer vouen Handen seine kostbare Saat streute und mit sicherem Griffel in notvouen Zeiten unverwisdibare Spuren in das Kulturleben Deutsdilands schrieb, gebiihrt im BewuBtsein und in der Ehrengalerie des sauerlandischen Volkes allzeit ein ganz besonderer Platz. - Theodor Propper 11

15 Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Aufg. 1 Untg. Tierkreis 1 M Maifeiertag IPt> 2 D Athanasius F Kieuzauffindung n 4 S Monika >< 5 S 2.n.Ostern, Irene He 6 M Dietridi >rt 7 D Gisela ) m 8 M Mldiael m 9 D Gregor F Antonlus > 11 S Mamertus A 12 S 3. n. Ostern, Pankratlus n 13 M Servatius c«14 D Bonifatlus c«( 15 M Sophie ^ 16 D lohannes Nepomuk ^ 17 F Rudolf as. 18 S Eridi HJL 19 S 4. n. Ostern, Ulridi HM 20 M Elfriede ^ 21 D Konstantin C ^ 22 M Rita ^ 23 D Emil, Julia »J 24 F Susanna ^ 25 S Gregor VII irf 26 S 5. n. Ostern, Philippus wf 27 M Beda ipf 28 D Wilhelm Iff 29 M Erwin Q JMt 30 D Christ! Himmelfahrt IMt 31 F Angela tt Viel Regen im Mai, zeigt auf trockenenseptember. I Sind Philipp und Jakob nafi, macht's dem Bauern grofien SpajS. / Servaz mup voriiber sein, willst vor Nachtfrost sicher sein. I Strahlt Urban im Sonnenschein, gibt es vielen guten Wein. I 1st es klar an Petronell, miflt den Flachs man mit der Ell. I Kiihler Mai bringt fruchtbar Jahr, trockener macht es diirr fiirwahr. I Viel Gewitter im Mai, schreit der Bauer Juchhei!" Der Hundertjahrige"; Mai: bis zum 9. schbn warm, vom 10. bis 13. hitzig, danach kalt und Regen, den 24. kalt mit Eis, den 25., 26. und 27. triib, den 28. und 29. kalt, den 30. und 31. warm. Der Mai isf gekommen.. " Die Freude iiber, den wiedererwachenden Friihling hat von jeher, namentlich am Maidag" - am 1. Mai - in der Seele des Volkes ein freudiges Echo geweckt. Nach dem Maidag" datiert man Graben, Pflanzen und Saen. Er ist der Normaltermin fiir den Beginn der Weidezeit. Im Sauerland ist die Sitte noch nicht vollig ausge- storben, den jungen Tieren beim ersten Austrieb einen Namen zu geben und die Herde mit Weihwasser zu besprengen. An mandien Orten ist es nodi Brauch, denjenigen Frauen, die am 1. Mai den Garten nodi nidit gegraben haben, einen Fiulen" zu setzen, d. h. man stellt ihnen einen Faulbaum (Eberesdie) Oder einen Strohmann unter das Fenster Oder auf den Diingerhaufen. 12

16 Dr. August Pleper ^ / ie zweite Haltte des vorigen Jahrhunderts ^^ brachte mit der 48er Revolution den Drang des Volkes zur politischen Miindigkeit zum Durchbruch. Die uberall entstehenden politischen Zeitungen waren dabei getreue Heifer. Wenn- auch noch durch manche Zensuren eingeengt, trug die Presse doch die Fahne der Freiheit in das Jahrhundert. In diesem Jahrhundert geschah auch der Aufbruch der sozialen Bewegung als lebendiges Kontra gegen die ungebiirdigen Erscheinungen des Industriejahrhunderts. Namen wie Ketteler und Hitze sind wie Fanale dieses sozialen Strebens, dem sogar der Staat mit einer fiir die damalige Zeit beachtlichen sozialen Gesetzgebung folgte. Einer der groben sozialen Pioniere war der in Eversberg geborene Dr. August Pieper. Wer das schmucke Bergstadtchen besucht, findet heute leicht sein Geburtshaus. An ihm findet man eine Tafel mit der Insdirift Geburtshaus von Priilat Dr. August Pieper, dem um Kirche und Vaterland hochverdienten Wegbereiter christlicher Sozialreform bis 1942." Das reiche Erbgut dieses christlichen sauerlandisdien Hauses hat ihm, dem altesten von 13 Kindern, die Kraft gegeben, unablassig den Appall an die Liebe in die Welt ergehen zu lassen, eine Liebe, die in jedem Augenblick und mit jeder Faser den Bruder und die Schwester suchen labt, eine Liebe, die sich opfern kann und ohne die keine Gemeinsdiaft in der Familie und Volk bestehen kann. Eine tiefe Frommigkeit und ein lebendiges, weltoffenes Christentum waren die Triebkraft fiir sein grobes soziales Apostolat, mit dem er sich unverganglich in das Herz des christlichen deutschen Volkes eingegraben hat. Dr. August Pieper, 26 Jahre alt, das theologische Studium mit doppeltem Doktortitel in Rom beendet, wurde nach M.-Gladbach an den Volksverein fiir das kath. Deutschland berufen, jenes Werk, das er zur grobten Bliite mit Mitgliedern fiihrte. Wasdiese Organisation bis zumende der Weimarer Republik geleistet, was sie an geistigem Riistzeug geschaffen fiir die Verteidigung von Religion und Kirdie, welches Neuland er in der Sozialpolitik erschlob, das alles weib die jiingere Generation nicht mehr. Landes- und Bezirkssekrqtariate wurden gebildet, eine sozialwissensdiaft- lidie Bibliothek von Banden geschaffen, sozialpolitische Kurse in M.- Gladbach und drauben im Land gehalten. Es entstand das, was man die Sdiule von M.-Gladbach nannte und iiberall in hohem Ansehen stand. Neben den Kursen - staatsbiirgerliche zum Beispiel von zehnwochiger Dauer - in M.-Gladbach gab es soldie im neu geschaffenen Franz-Hitze- Volksbildungsheim in Paderborn. Dr. Pieper war auch der Mann der Praxis, wie er als Diozesanprases der kath. Arbeitervereine und als Abgeordneter im Reidis- und Landtag beweisen konnte und bewies. Mit Anton Heinen und Johannes Hatzfeld hat er segensreich den Adcer dervolksbildung bestellt, als diestiirme der Neuzeit das alte Schiff in den Hafen fahren lieb. August Pieper verdient ein Ehrenplatz im Herzen des sauerlandisdien Volkes. Wir glauben daran, was er selber einmal sagte: Was wir gesat haben, geht doch auf und tragt Frucht. Jede gute Saat mub iiberwintern." - er 13

17 ithr- Sauerländer Heimatbund luitt Datum Fest- u. Namenstage i Sonnen- Tler- Aufg. 1 Untg. l^reis 1 S Johanna i He 2 S 6. n. Ostern, Erasmus Hg 3 M Klothilde Vri 4 D Franz Carcclolo Vf) 5 M Bonifatius ) ' 6 D Norbert ^ 7 F Robert A 8 S Godard A 9 S Pfingstsonntag <^ 10 M Pfingstmontag c«: 11 D Barnabas M. 12 M Gerebald (g) <!i 13 D Antonius V. Padua <i 14 F Basilius ^ 15 S Vitus «A 16 S Dreifaltlgkeitsfest, Benno J>L. 17 M Adolf ^ 18 D Markus u. Marcellianus M luliana -< ' D Fronleidinam ^ > * : 21 F Aloystus.So.cAnfang ihf 22 S Eberhard s 23 S 2. n. Pfingsten, Edeltraud ««!* 24 M Johannes d. T IPf 25 D Gunthart ipf* 26 M Anthelm W 27 D Ladislaus (Siebensdilafer) Q *» 28 F Herz Jesu^Fest H«; 29 S Peter und Paul Hie 30 S 3. n. Pfingsten s^ Wetterregeln: Wenn nafi und kiihl der Juni war, verdirbt er meist das game Jahr. I Macht Medardus feucht und nafi, regnet's ohne VnterlajS. i Mit der Sense Barnabas schneidet ab das langste Gras. I Regnet es am Vitustag, fruchtbar Jahr man hoffen mag. I Schreit der Gauch nach Sankt Johann, kiindet Mifiwachs er uns an. I Regnet es an Peter- Paul, wird des Winzers Ernte faul. Der Hundertjahrige": Juni: Der Juni fdngt an wie der Mai, den 4. und 5. triibe und Nebel, den 7. Regen, danach warm, den 27., 28. und 29. Regen, den 30. kalt.,,ln Goff-es Namen fahren wir. Die Monate Mai und Juni sind die Zeit der Flurprozessionen, an denen das Sauerland besonders reich ist. Am Dreifaltigkeitssonntag findet in Eslohe alljahrlich die grobe Prozession statt. Dieser Brauch reicht zuriick bis in die friiheste christliche Zeit. Audi fast alle iibrigen Flurprozessionen beruhen auf jahrhundertealtem Brauch. Sundagluien Hailge Rugge in Feld un Walle / Sunndag well niu kummen balle / Schicket seynen Buaen viar / Gaiht im Duarpe hien un hiar / Klimmet am Klockensaile roppe / Smitt dey'n Alldagshaut vam Koppe / Locket dik op de Fierowendbank / De Wiake was jo swor un lank. / Bum bam, bum bam / Mak dik feyn un kumm dann / sett en Wiarkedag bey seyt / Mak deyn Hiate uapen weyt. / Bimbam, Sunndag! / Bumbam, Restedag. Christine Koch 14

18 waribiiik! Sauerländer Heimatbund Hermann Kaiser Til ^^ I ^ it nodi fiinf Geschwistern wurde der Junge in Heddinghausen (Kreis Brilon) unter einem strengen vaterlichen Regiment grob. Es war eine harte Jugend, die Hermann Kaiser hatte, aber sie war vielleicht mit Ursache fiir sein spateres Werden und Wirken. Hermann sollte Maurer werden wie sein Vater und bei Maurermeister Emde in Neheim, der aus dem selben Dorfe stammte, ging er in die Lehre. Damals war es noch im Maurerhandwerk iiblidi, im Sommer von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu arbeiten und sich im Winter andere Arbeit zu suchen. Hermann Kaiser erlernte zusatzlich das Galvanisieren, eine Arbeit, der er sich ganz zuwandte, nadidem er mehrere Jahre als Maurer gearbeitet hatte. Mit 32 Jahren griindete er gemeinsam mit seinem Bruder die eigene Werkstatt, eine galvanische Anstalt. Gut untermauern" sagte Hermann Kaiser, an einem soliden Bau mub ein Stein wie der andere aussehen!" Er nahm in seiner Werkstatt bald die Fabrikation von Lampen auf. Lampenbassins, die bisher aus Kupfer hergestellt werden waren, wurden nun aus WeiBblech gemacht. Er polierte und vernickelte sie und sdiuf damit die Alpaca-Lampe, die um vieles billiger als die Kupferlampe auf dem Markt zu haben war. Die Zahl der Arbeiter stieg. Die Riiume wuchsen. Der Name Kaiser wurde bekannt welt im Land. Kaiser-Lampen gingen nach Indien, China, Japan - immer neue Absatzmarkte wurden erschlossen. Hermann Kaiser stand unentwegt auf der Kommandobriicke seines Betriebes. Morgens war er der erste und abends der letzte. Er war streng und gerecht. Die Kraft, aller Schwierigkeiten Herr zu werden, nahm er aus seiner religiosen Grundeinstellung und aus seinem beispielhaften Selbstvertrauen. Sein gesunder, praktischer Sinn lieb ihn zwar immer den richtigen Weg beschreiten, aber auf diesem Wege waren haufig gewaltige Blocke auszuraumen", schreibt Herbert Sinz in einer kurzenbiographie des im Sauerland unvergessenen Industriepioniers der beriihmten Lampenstadt hatte die Firma Kaiser ihrer Produktion bereits Metallwaren aller Art angeschlossen. Neben den Petroleumlampen, die in alien Erdteilen brannten, gab es nun Kocher, Dfen und Kochgeschirre und dann fabte auch die Elektrotechnik mehr und mehr FuB im Kaiser'schen Betrieb und draufien in der Welt und brachte auch dem Werke Kaiser die ungeahnte Entwicklung zur wirklichen GroBe. Kontinent um Kontinent wurden fiir die Kaiser- Leuchten gewonnen. Langst standen dem Vater die gleichgearteten Sohne zur Seite, und als Hermann Kaiser das siebente Jahrzehnt vollendete, durfte sich sein Werk die grobte Lampenfabrik der Welt nennen. Das Geheimnis seines Erfolges schrieb er eines Tages Kindern und Kindeskindern ins Stammbuch: Habt die Augen offen. Die Welt steht nicht still, Seid wach und wendig! Bleibt Lehrlinge in der Schule des Lebens. Habt ihr ein neues Ziel erkannt, dann nicht bangemachen lassen. Mit eisernem FleiB und zaher Willenskraft geradeaus. Pflichterfiillung bis zum Letzten! Seid einmutigen Sinnes und haltet einander die Treue! Behaltet eure Liebe zum Nachsten und eure Ehrfurcht vor Gott und er wird euch seinen Segen geben - immerdar!" - er. 15

19 Sonnen- Tler- Aufg. 1 Untg., l^rels Wetterregeln: Was der Juli und August nicht kochen, das kann der September nicht braten. I Kilian, der heiilge Mann, stellt die ersten Schnitter an. I An Magdalena regnel's gem, denn sie weinte um den Herrn. I Fdllt vor Jakobi die Bliite vom Kartoffelkraut, auf keine gute Kartoffel dann baut. I 1st Sankt Anna erst vorbei, kommt der Morgen kiihl herbei. I Sind die Hundstag hell und klar, kiinden sie ein gutes Jahr; haben Regen sie bereit, dann kommt nicht die beste Zeit. Schutzenfest Das Sdiiitzenwesen hat eine ehrenreiche und stolze Vergangenheit. Es ist vor vielen Jahrhunderten aus Not und Abwehr entstanden. In den Zeiten der Stadtegriindung, im 11. und 12. Jahrhundert, schlossen sich die Bewohner zu Sdiiitzengilden zusammen, um als eine Art Biirgerwehr den Eindringlingen entgegenzutreten und rauberische Uberfalle abzuwehren. Pfeil und Bogen und Armbrust, spater die Biichse, waren die Waffen. Nach der Reformationszeit waren es die Schutzenbruderschaften, die sich mancherorts aus den Gilden entwickelten, um als Hauptaufgabe den kirchlichen Ehrendienst zu versehen. Im Sauerlande gibt es zahlreidie Gilden und Bruderschaften, die ehrwiirdigen Alters sind. Der organisatorischezusammenschlub der sauerlandischen Schiitzenbruderschaften, in dem nahezu Sdiiitzen vereint sind, wurde im Jahre 1955 vollzogen. 16

20 ^smm Sauerländer Heimatbund P. Kilian Kirchhoff,^^J,m 24. April 1944 wurde in Brandenburg der Sauerlander Kilian Kirchhoff gemordet. Der Volksgerichtshof nannte es Hinriditung. Warum? Kilian Kirchhoff war Franziskanerpater und hatte sich ziemlich freimiitig iiber den Nationalsozialismus und seine Ergebnisse geaubert. Das geniigte, ihn, den bekannten Wissenschaftler und Kiinstler, fiir den sich der Apostolische Nuntius, Bisdiofe und viele Gelehrte eingesetzt hatten, durdi den Henker in den Tod zu schicken. Seiner Denuntiantin liefi P. Kirchhoff noch vor seinem Tode wissen, dab er ihr verziehen habe. Kilian Kirchhoff, in Ronkhausen geboren, Sdiuler des Attendorner Gymnasiums, Abiturient (Externer) 1914 in Miinster, lieb in seiner Jugend nodi nidit ahnen, dafi er einmal ein grober Griedie werden wiirde, denn ausgeredinet in Griechisdi hatte er in der Reifeprufung Pech und verbaute seine Arbeit Wurde er Soldat empfing er die Priester- weihe und hatte gem Philologie studiert. Aber sein Orden schickte ihn zunadist in die Seelsorge. Warendorf, Lippstadt, Mellrich, Westerwald, spater audi Mellen, waren Stationen seines seelsorgerischen Wirkens, das in den genannten Orten unvergessen geblieben ist. Bel einer Akademikertagung in Aachen (1928) wurde er dorthin gelenkt, wo sein Platz" war, wo er zur Entfaltung bisher brachliegender Krafte kam. Er begann die Hymnen des Symeon, der um das Jahr 1000 herum am Bosporus gelebt hatte, zu iibersetzen, mehr nocii: Naciidichtungen zu scfaaffen. Und diese Arbeit der Hymneniibersetzungen der griechischen Kirche lieb ihn nicht mehr los und machte ihn bekannt und - beriihmt. Ein Werk nach dem andern entstand. Im Zeitraum von zehn Jahren von 1930 bis 1940 erschienen zehn Bande, davon fiinf im Jahre 1940, und viele Manuskripte lieb P. Kirchhoff noch unveroffentlicht zuriick. Er iibersetzte insbesondere die Tagzeiten der byzantinischen Kirche, In diesen zehn Jahren hat er das ganze Kirchenjahr der Ostkirche iibersetzt. In die stille Klosterzelle wurde ihm das Schreibverbot des NS-Reiches gebracht wird er in Dortmund von der Gestapo verhaftet. Der letzte Brief aus dem Kerker gilt noch einmal seinen Jugendgenossen im Sauerland. Freunde schicken ihm seine eigenen Hymnen-(Ubersetzungen) zum Trost, als man ihn im Kerker halt. Mitgefangene scfaildern ihn als einen' aufrechten Mann, der sein Geschick tapfer hinnahm und viele in seiner Umgebung immer wieder aufrichtete. Seine Lebensgeschichte hat sein Konfrater P. Ceslaus Bodefeld aufgeschrieben, der sein Grab neben dem von P. Kilian Kirchhoff in Werl gefunden hat, wo P. Kirchhoff im Franziskaner-Konvent seine zweite Heimat gefunden hatte. Das Buch heibt Die letzte Hymne" und ist im Dietrich Coelde- Verlag in Werl erschienen. Das Lebensbild von Kilian Kirchhoff aus Ronkhausen mag hier stehen fur alle, die vom Nationalsozialismus aus religiosen, rassischen und politischen Griinden verfolgt wurden. Ein Mann von der aufrechten Gesinnung P. Kirchhoff's, der in die Fange der Gestapo geriet und fiir seinen Glauben den Tod hinnehmen mubte, bleibe im sauerlandischen Volk unvergessen. 17

21 Kraufweihe Die im ganzen Sauerland verbreitete Sitte der Krauterweihe hat ihren Ursprung in altgermanischem Brauchtum. Unsere Vorfahren sammelten in der Erntezeit neun verschiedene heilkraftige Kriiuter, denen sie besondere Zanberkraft zuschrieben. Durch die Krautweihe" hat die Kirche die aberglaubischen Brauche der Ger- manen verdrangt. Einige Krautbundpflanzen erinnern noch durch ihren Namen an altdeutsche Gottheiten wie Baldrin an Balder, Donnerkraut an Donar, Alant oder Odinskopf an Odin. Im Krautbund hat man friiher nur die Krauter verwandt, die zum germanischen Neunerlei-Kraut" gehorten: Alant, BeifuB, Dost, Donnerkraut, Johanniskraut. Wilder Salbei, Rainiarn, Wermut und Wiesenknopf. Fr. Wilh. G r i m m e nennt 21 Pflanzen, die ins sauerlandische Krautbund gehoren. 18

22 sms Sauerländer Heimatbund Bernhard Jost vn ^^^^y er im Jahre 1879 als 15jahriger Schiiler bereits mit einem selbst gebastelten Photoapparat seinen Vater photographiert, dabei als Linse das Glas eines Opernguckers benutzt und selbst prapariertes Fensterglas als Photoplatte, von dem konnte man wohl etwas im Leben erwarten. Bernhard Jost aus Neuandreasberg hat diese Erwartung nicht enttauscht; er wurde ein ertolgreicher und beriihmter Radiumforscher und Gerichtschemiker, der seinen Namen in die Rangliste internationaler Kapazitaten einschreiben konnte und dabei doch ein schliditer, anspruchsloser Gelehrter blieb. In miihevoller Forsdierarbeit erzielte er auf dem Gebiete der Radiologie wesentliche Ergebnisse, die er in uneigenniitziger Weise der wissenschaftlidien Betreuung der studierenden JugendzurVerfiigung stellte. Mehr als 3000 Abiturienten, die im Verlauf von 35 Jahren sein Laboratorium in Duisburg besuditen, wurden von ihm in die Wunderwelt des Radiums eingefiihrt. Bernhard Jost wurde 1864 in Neuandreasberg geboren, wo sein Vater als Lehrer viele Jahre tatig war. Sofort nadi der Entdeckung des Radiums und der Rontgenstrahlen besdiaftigte sich Jost eingehend mit diesen Problemen. Als Frau Curies Entdeckung bekannt wurde, fuhr er nadi Bohmen, kaufte dort Riickstande auf, aus denen er Radium gewann. Er verwandte sie nur fiir eine intensive wissenschaftliche Arbeit und fiir den Unterricht. Die Erforschung des Radiums war Jost's Lebenswerk nahm der Privatgelehrte an dem internationalen RadiumkongreB in Paris teil, dem er als Mitglied angehorte. Bei alien wichtigen Fragen der Radiologie wurde Jost im Laufe der Jahrzehnte hinzugezogen. So hat er entscheidend zur Klarung der seinerzeit beriihmt gewordenen westafrikanischen Edelsteinangelegenheit beigetragen. Kurz vor dem ersten Weltkriege wurden in Siidafrika seltsame neue Edelsteine gefunden. Lucas v. Cranach, ein Nachkomme des beriihmten Malers, brachte sie nach Berlin. Der Kaiser war begeistert und kaufte sie, in der Annahme, dai3 es sich um aubergewohnliche Kostbarkeiten handele. Zahlreiche Schmuckstiicke wurden auf Ausstellungen in Berlin, Koln und in England als Heliodorschmuck ( Sonnengold") gezeigt. Aber die kundigen Edelsteinschleifer aus Idar- Oberstein zweifelten die Echtheit an und erklarten sie fiir mibfarbeneberylle. SchlieBlich wurde Jost herbeigerufen, der mit Hilfe von Rontgen- und Kathodenstrahlen den biindigen Nachweis erbrachte, dab die kundigen Thebaner aus Idar- Oberstein recht hatten. Wiederholt ist Jost in Aufsehen erregenden Prozessen als Gerichtschemiker hervorgetreten, so in dem GoldmacherprozeB Kursdiildchen und dem groben WechselfalscherprozeB Terlinden- Oberhausen. Wiederholt hat er iiber die deutschen Sender gesprochen, wobei er die Atome horbar machte. Aus dem Umfang seiner experimentellen Arbeit soil nur hervorgehoben werden, dab es ihm gelang, eine GroBzahl der von Frauenhofer im Jahre 1815 auf der Sonne entdeckten Frauenhofer'schen Linien auf der Projektionsleinwand darzustellen. Kurz vor seinem Tode hatte Jost sich noch eine Reise ins Sauerland vorgenommen. Anfang Marz 1941 ist er eines sanften Todes gestorben. T.T. 19

23 SqMk» Sonnen- rier- Datum Fest- u. Namenstage Aufg. 1 Untg. 1 ^^^^^ 1 S 12.n.Pfingsten,Aegidius ) ^ 2 M Stephan M. 3 D Mansuetus Hi 4 M Irmgard Ul 5 D Berlin mt 6 F Magnus ^ 7 S Regina 5X) ^ 8 S 13. n.pfingsten, MariaGeb ; 9 M Bruno S 10 D Nikolaus v. Tol < 11 M Helga H 12 D Maria Namensfest ri 13 F Notburga S Kreuzerhohung mf 15 S 14. n. Pfingsteii M» 16 M Edith D Lambertus, Hlldegard C i 18 M Ridiardls *i 19 D ArnuH < 20 F Anno M 21 S MatthSus m 22 S 15 n.pfingsten, Moritz > 23 M Linus (Herbstanf.) "* 24 D Gerhard ri 25 M Kleophas *1 26 D Meinhard c* 27 F Kosmas und Damian c* 28 S Wenzeslaus S 16. n.pfingsten, Midiael ^ 30 M Hleronymus ) St Wetterregeln: Septemberregen ist dem Bauer gelegen, wenn er aber den Winzer trifft, ist er eben so schlecht als Gift. I Ist's an Sankt Agidi rein, wird's so bis Michaeli sein. I Auf Maria Geburt gehen die Schwalben jurt. I Trocken wird das Friihjahr sein, ist Sankt Lambert klar und rein. I WennMatthaus weint, statt lacht, Essig aus dem Wein er macht. I Zeigt sich klar Mauritius, viele Stiirm' er bringen mu^. / Nebelt's an Sankt Kleophas, wird der game Winter nafi. Der..Hundertjahrige": September: Bis 7. warm, den S. Reif, den 9. triib und kalt, vom 13. bis 16. schon, den 18. Regen, danach schon bis zum 21., hernach Regen und triib bis zum Ende. Hochzeifssiften Das ungesdiriebene Gesetz guter Dortgemeinsdiaft hat im Sauerland seinen Ausdruck auch iri sinnvollen Brauchen gefunden, die am Hochzeitstag, dem Hochfest des Lebens, gepflegt werden. Allgemein iiblich ist in mandien Dorfern noch das Rappeln". Haben junge Burschen erfahren, dab ein Maddien der Nachbarschaft von ihrem kiinftigen Brautigam besucht wird, so finden sie sich in der Abendstunde vor dem Hause der Braut ein und voufuhren mit Topfdedceln einen ohrenbetaubenden Larm. Der Brautigam mub sidi durch ein Geldgeschenk loskaufen und erhalt dann den Ja"dsdiein". Hat sich ein anderes Madchen auf den Brautigam Hoffnung gemacht, so wird der Enttausditen nachts von jungen Burschen Hacksel oder Sagemehl gestreut. Nach der kirdilidien Trauung wird dem jungen Paar mit einem Seil der Weg versperrt, bis der Brautigam ein Geldgeschenk gegeben hat. Dann darf der Hodizeitszug pas- 20

24 Franz Hoffmeisfer \^ y ehammert, geformt vom Gewitter der Sdiladit und vom Kriege versehrt, erkannte Franz Hoffmeister aus Ramsbeck mit jener fiir sein Alter iiberrasdienden Hellwadifieit des Geistes die seelische Krise des Daseins. Die Hand am Pulsschlag der Zeit vernahm er deutlidi wie nahendes Unwetter das Drohen zerstorender Krafte. Bei alien aufieren sinnfalligen Zeidien desniederganges aber blieb es ihm stets bewubt, dab alle Krisen des Lebens zutiefst im Geistigen wurzeln. Beschwingt vom Erlebnis der Jugendbewegung, beseelt von einer gluhenden Liebe zum sauerlandisdienvolk und Land, erkannte er es als seine Berufung und Aufgabe, die versinkenden Werte angestammten Volkstums neu zu wecken, die Krafte der Heimat als kostbare Guter ins BewuBtsein der Mensdien zu heben. Seine Abwehrstellung gegenuber dem verderblichen EinfluB einer vielfadi morsdien Zeit und Gesellschaft verband sidi mit jener jugendlichen Aufgeschlossenheit, die eine organische Entwidclung und Verschmelzung des werthaft Neuen mit dem nodi lebensfahigen Alten erstrebte und bejahte. Bei aller Wertsdiatzung der auberen Dinge, bei aller Liebe zur auberen heimatlichen Welt, dachte Franz Hoffmeister nie daran, diese Werte zu iibersdiatzen. Sie waren ihm bedeutsam als Mittel und Wege zur seelischen Formung des heimatlichen Menschen. Auf ihn, den lebendigen Menschen, zielte seine Arbeit fiir die Heimat, seine Sorge um sie, seine Liebe zu ihr. Seine Sicht der Heimat, seine Opferbereitschaft fur sie, wurden aus religiosen Grundkraften gespeist. ;- Aus schlichten Verhaltnissen kommend, als Student, der zeitweise in den Ferien als Arbeiter in den Ramsbecker Bleigruben schaffte, als Priester, der die pastorale Bedeutung der Heimatarbeit sah, setzte sich Hoffmeister mit der starken Kraft seiner Personlidikeit fiir die Verwirklichung seiner Ziele ein. Wichtige Stationen auf seinem Wege: 1919 Griindung der Vereinigung studierender Sauerlander, Entstehung der Heimatzeitschrift Trutznaditigall", spater Heimwacht (heute Sauerlandruf), 1921 Griindung des Sauerlander Heimatbundes. Die grobe Zeit der Hoffmeisterschen Heimatarbeit lag in den Jahren 1920 bis Es ist erstaunlich, wie die mitreibende Kraft der Personlichkeit Hoffmeisters es vermodite, als jugendlicher Mensch schon eine Bewegung und eine Begeisterung fiir die Heimat zu entfadien, die wie im Fluge die Taler, Stadte und Dorfer des kurkolnischen Sauerlandes ergriff. In Franz Hoffmeister war dem sauerlandisdien Volk eine Fiihrergestalt gegeben, deren Name fur viele von programmatisdier Bedeutung wurde. Als Franz Hoffmeister 1940 nadi mehrjahriger Seelsorgertatigkeit aus dem Industriegebiet ins geliebte Sauerland zuruckkehrte nadi Holthausen bei Fredeburg, war er ein kranker Mann. Nadi schmerzvouem Krankenlager sdilob der Tod am einem der treuesteri sauerlandisdien Sohne die Augen. Auf dem Friedhof in Ramsbeck wurde er zur letzten Ruhe gebettet. Sein Name lebt im sauerlandischen Yolk weiter. '. ', P. 21

25 DWiobef Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Aufg. I Untg. 1 D: Remigius 2 M Luitgar 3 D Theresia vom Jesukind 4 F Franz von Assissi 5 S Placidus 27 S 28 M 29 D 30 M 31 D Erntedankfest Bruno Meinolf Brigitta Gilnther Viktor Burghard Maximilian IS.n.Pfingsten, Eduard Callistus Theresia Hedwig ^ Margareta Lukas Petrus von Alcantara 19. n. Pfingsten, Wendelin Ursula Cordula Severin Q Raphael Chrysantus und Daria Amandus G n. Pfingsten, Adelward Simon und judas Theoderidi 7.14 i ]7.09 Dorothea ) 7.lfi Reformationsfest Wetterregeln: Lauhfall an Leodegar kiindet an ein fruchtbar Jahr. ' Tritt Sankt Gallus trocken auf, folgt ein nasser Sommer drauf. I Wer an Lukas Roggen streut, es im Jahr drauf nicht bereut. I Ursula bringt's Kraut herein, sonst schneit Simon-Judd drein. I Wenn's Sankt Severin gefdllt, bringt er mit die erste KdW. I Kommt die Fledermaus ins Dorf, so sorg' fiir Holz und Torf. / 1st der Oktober kalt, macht er dem Raupenfrajl halt. I Bringt der Oktober viel Frost und Wind, sind Janner und Hornung gelind. Der Hundertjahrige"; O t o b e r : Bis zum 14. unbestdndig, den 25. sehr kalt, den 26. etwas Regen, den 23. hell und kalt, den 24. gelinde, den 29. und 30. kalt, den 31. Regen. Ernfedank Ehrwiirdige und sinnige Erntebrauche werden im Sauerland noch liebevoll gepflegt. Das letzte Fuder ( Harkeraai") wird mit Grun geschmiickt. Mit trohlichem Singen geht es auf den Hof. Der Erntekranz oder der Erntehahn wird iiber der Deelentur angebracht. Eine Magd sagt den Erntespruch: Ihr lieben Leute, lafit euch sagen, Wir brachten heim den letzten Wagen, Wir brachten heim die letzten Garben, Nun soil im Lande keiner darben!" An milden Herbsttagen ist das Kartoffelbraten fiir Freund und Nachbar ein hochwillkommenes Ereignis. Butter und Zwiebein und vielleidit audi leichter sauerlandischer Mosel" (Wacholder) diirfen dabei nicht fehlen. 22

26 Wllhelm Hofioff ^ F ohoffs Leben ist auberlich sehr einfach: Er i wurde 1848 in Medebach geboren, wuchs in Brilon auf, studierte an den Hochschulen Miinster, Paderborn und Bonn, wurde 1871 zum Priester geweiht, war wegen schwacher Gesundheit 15 Jahre Hausgeistlicher, benutzte diese Zeit zu eifrigem Weiterstudium, vor allem in Geschichte und Wirtschaftswissenschaft.war seit 1885 Pfarrer inpetershagenund seit 1905 im Ruhestand in Paderborn, wo er 1926 starb. Innerlich aber war dieses Leben sehr reich und bewegt. Zahlreidie, vor allem jiingerefreunde verehrten, aber weit mehr Gegner bekampften ihn, oft mit unsadilichsten Watfen. Es war der Gegensatz geistiger Standpunkte: einer jiingeren Generation, der die Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Umbruches aufgegangen war, die auch in Leos XIII. Rerum novarum" Ausdrudc fand, und einer im Denken der Griinderzeit" verhafteten, schon langst durdi den Marxismus und nun durch einen katholisdien Priester in ihrer Besitzsicherheit aufgesdieuchten kapitalistisch eingestellten alteren Generation, die sogar eine offiziose Ubersetzung von Rerum novarum" in Handen hatte, in der wichtige Stellen mit einer sidi der Falschung nahernden Ungenauigkeit ubersetzt waren. *) Es ging Hohoff um das Verstandnis des sachgemafien und gerechten Tausdiwertes", darum, Ob dieser Wert naturgemab bestimmt werde durdi Angebot und Nadifrage" oder, wie Marx behauptet hatte, durch die menschlidie Arbeit. Hohoff stellte sidi auf Grund langen und tiefen Studiums auf die Seite von Marx in zahlreidien Aufsatzen in verschiedenen Zeitsdiriften seit 1893, vor allem in seinen beiden Hauptwerken Warenwert und Kapitalprofit" (1902) und Die Bedeutung der Marx'schen Kapitalkritik..." (1908).DieseKampfansage an den selbstsiichtigen Geist moglidist arbeitslosen Gewinnes konnte sich auch auf Rerum novarum" berufen, wo Leo XIII. im Einklang mit Thomas von Aquin als unumstoblichewahrheit" hervorhebt, dernationale Reichtum entstehe nirgendwo anders her als aus der menschlichen Arbeit" und 3ede Art, das zum Leben Notige und Nutzliche zu gewinnen, bestehe in Arbeit". Marx' Arbeitswerttheorie und die okonomische Geschiditsauffassung als Arbeitshypothese woute Hohoff von der religionsfeindlichen Ideologie unterschieden wissen. Wenn christliche, zumal auch katholische Kreise daran Anstol5 nahmer dab Hohoff vielfachen Anklang in der sozialistischen Presse fand, zumal auch gelegentlich seines goldenen Priesterjubilaums 1921, so ist das nur aus Enge des Verstandnisses zu erklaren. An Hohoffs Personlichkeit konnte niemand AnstoB nehmen. Aus tiefster Religiositat war er often gegeniiber aller Wahrheit, wo immer er sie fand, und often gegnerisch gegen ein Christentum" intoleranter Selbstsucht oder Denkbequemlichkeit. Die Gerechtigkeit ging ihm iiber alles. Als Priester fromm, als Mensdi gerade und kampfesmutig schwamm er gegen den Strom der Zeit. Eigenschaften, die wir uns als beste eines guten Sauerlanders" denken konnen. J- ^ ) Hierzu und zur damaligen Lage s. des Verfassers Aufsatz GeseUschaft Oder Gemelnschaft?..." Hochland 1922/23, Oktober-November. Eine etwas weitere Darstellung von H's Personlichkeit in Trutznachtigall" 1923, S. 50 ff. - - Zum Gegenstand: Eine Dissertation iiber H's wlrtschaftliche Auffassungen: J. MeBmer: Hohoffs Marxismus", Munchen

27 IWtlowi^tr Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Tler- Aufg. 1 Untg. krels 1 F Allerheiilgen />l. 2 S Allerseelen «^< 3 S 21. n. Pfingsten, Hubert '^ < 4 M Karl Borromaus ff 5 D Rellquienfest, Flollan S 6 M Leonhard ^ 7 D Engelbert in» 8 F Gottfried ipi* 9 S Theodor ** 10 S 22. n. Pfingsten, Andreas n 11 M Martin n 12 D Kunibert Hig 13 M Stanislaus Hg 14 D Josaphat ^ m 15 F Albertus Magnus m 16 S Gertrud d.gr > 17 S Volkstrauertag, Edmund M Kirdiweihfest a^ 19 D Elisabeth A 20 M BuBf u. Bettag c«21 D Maria Opferung ^ cue 22 F Cacilia <ft 23 S Clemens ^ 24 S Totensonntag «JI 25 M Katharina njk 26 D Konrad njk 27 M Gustav, Alwine ^ 28 D Gunther ik 29 F Ratbod ) S Andreas ; Wetterregeln: Wenn's zu Allerheiligen schneit, halte deinen Pelz bereit. I Bringt Sankt Martin Sonnenschein, tritt ein kalter Winter ein. I Wie das Wetter um Kathrein wird der ndchste Hornung sein. I Andreas Schnee tut dem Korn und Weizen weh. I Sitzt November fest im Laub, so wird der Winter hart, das glaub'. I Zeigt November sich im Schnee, bringt er reiche Frucht und Klee. Der Hundertjahrige": November: Vom 1. bis 16. Regen, den 23. hell und kalt, den 24. gelinde, den 29. und 30. wintert es. Sankt Martin Das Gedenken an den lieben Volksheiligen St. Martin hat in den letzten Jahren im Sauerland grobere Beachtung gefunden, nachdem der Martinszug im Jahre 1923 von Dr. Groeteken in Fredeburg eingefuhrt wurde. Das Martinsmanneken bringt in der Nacht den braven Kindern ledcere Sachen, den bosen aber die Martinsgerte. Allerheiligen, der Tag de.s Jubelns mit alien Heiligen und Allerseelen leiten diesen Monat ein; Volkstrauertag, BuB- und Bettag und Totensonntag setzen diesen Gedanken fort. Allerheiligen ziindet man auf den Grabern bunte Lichter an und geht in Prozessionen zum Friedhof, um der Seelen der Verstorbenen zu gedenken. - St. Hubertus (3.) ist der grofie Tag der Jager. Viele Kirdien und Kapellen sind diesem liebeftswurdigen Patron der Jager geweiht. 34

28 Georg Nellius ^^Is der Tod am 8. November 1952 Georg Nellius die Feder aus der Hand nahm, erlosch ein arbeitsreiches Leben. Jah verstummte die Lyra eines Marines, der zu den groben Kunstlern des Sauerlandes gehort. Dieser geographische Begriff ist nicht mil einer Begrenzung des Wirkbezirks gleichzusetzen. Nellius' Gesange tonen, so weit die deutsche Zunge klingt. Weist also die Bedeutung seines emsigen Sdiaffens als Komponist von Vokal- und Instrumentalwerken iiber den Bereidi seiner sauerlandischen Heimat weit hinaus, so werden wir uns imland der tausendberge mit berechtigtem Hochgefiihl bewubt, dab er nach Herkunft und Wesensart ein Sauerlander war, ein eigengepragter Charakter, scharf profiliert, vou Wucht und verhaltener Kraft, in den Tieten der Seele empfindsam und feinfiihlig, verwurzelt im Boden der Heimat. 450 Werke sind die klingende Frucht seines Lebens, das in Rumbeck, vor den Toren Arnsbergs, begann. Hier wurde Georg Nellius am 29. Marz 1891 geboren, als die Glocken zur osterlichen Auferstehungsfeier riefen. Nach dem Studium der Philosophie und Theologie sattelte er zur Musik umi er studierte sie am Konservatorium in Koln und fiihrte darauf eine Musikschule in Saarbriicken, bis er 1916 zum Heeresdienst eingezogen wurde. Sein Chor Saartrutz'' bildete den AnlaB zu seiner Ausweisung aus dem Saargebiet. In Neheim land Musikdirektor Nellius eine neue Statte kiinstlerisch-musikalisdier Arbeit, die dreizehn Jahre fuute. Doch v/ar es nidit sein letztes Domizil. Als Studienrat und geschatzter Dirigent wirkte Georg Nellius in Herne. In dieser von Bomben versdionten goldenen Stadt" des Ruhrreviers entfaltete er auf's neue seine Kraft. Zahlreiche Kompositionen entstanden, u.a. das lieberiswerte Oratorium Bergwerk mub bliihen", ein holzschnittartig-herbes, an dramatischen und lyrischen Elementen reiches Werk. Ungezahlt sind die Dirigentenpulte, an denen Georg Nellius gestanden hat. In vielen Stadten und Stadtchen fiihrte er grobe Werke und kleine musikalische Kostbarkeiten zum ein- drudcsstarken Erlebnis. Audi in Arnsberg bekundete er als Dirigent des Musikvereins seine kompositorisdi - schopferisdie Ergiebigkeit und nadischaftende Meistersdiatt. Unermiidlidi hob Nellius aus seinem klingenden Herzen und wagenden Geist ans Lidit, was ihm die Muse eingab: Chore a capella und mit Klavier Oder Orgel, Kammerdiore, Lieder fur Mannerdior, gemischten Chor und Solostimmen, Gesange ernsten und heiteren Gehalts, Liederzyklen, religios gepragte und lustige Chore, Balladen und Kinderlieder, Kantaten { Von deutscher Not"), ein Requiem und die Duitske Misse"'nach Worten von Christine Koch. Seine Goethe-Sinfonie", fast 500 Seiten umfassend, konnte er als letztes Werk noch vollenden. Dann rief ihn der Tod mitten aus fleibigem Schaffen zeichnete ein im Auftrage des Staates amtierendes Cremium von Musikgelehrten den sauerlandischen Tondiditer Nellius mit vier Staatspreisen aus. Intellekt und Gemiit wirkten im kompositorischen Schaffens Georg Nellius' zusammen. An der Frucht seines Lebens wird auch die Nachwelt nicht achtlos voriibergehen konnen. Emil Reuber?5

29 3>cjonl»er iir Datum Fest- u. Namenstage Sonnen- Tier- Aufg. Untg. kreis 1 S 1. Advent, Eligius >^>» 2 M Edmund J?# 3 D Franz Xaver 8.12 I «=# 4 M Barbara B.23 ipl* 5 D Reinhard (PI* 6 F Nikolaus S n 8 S 2. Advent, Maria Empf n 9 M Leokada Hie 10 D ludith HI6 11 M Wilburgis y^ 12 D Ruth M 13 F Lucia > 14 S Berthold ^ t 15 S 3. Advent, Christina A 16 M Adelheid A 17 D Sturmius c< 18 M VVunibald o«k 19 D Thea c< 20 F Gottlieb <A 21 S Thomas Q <± 22 S 4. Advent, (Wintersanfang) 8.29! SOL 23 M Viktoria 8.30 i UL 24 D Adam u. Eva ^ 25 M HI. Christfest ^ 26 D Stephanus 8..^ ^ 27 F Johannes, Evangelist S Unsdiuldlge Kinder > * 29 S I Reginbert 30 M' Reiner 31 D' Silvester ^ 8.32 \ ' jpif 8.32 I ff Wetterregeln: So hoch im Winter der Schnee auj den Wiesen liegt',so hoch soil im Heuet das Gras stehn. I Wie's Adam und Eva spend't, so bleibt das Wetter bis zum End'. I 1st die Christinacht hell und klar, folgt ein hochst gesegnet Jahr. I Ist's zu Weihnacht warm und Und, kommt zu Ostern Schnee und Wind. I Wind in Sankt Sylvesters Nacht hat nie Wein und Korn gebracht. I Donnerfs im Dezember gar, bringt viel Wind das ndchste Jahr. I Weihnachten im Klee, Ostern im Schnee. Der Hundertjahrige": Dezember: Den 1. halt, den 4. Schnee, den 5. bis 10. Regen und grojies Wasser, den 11. und 12. Regen, vom 13. bis 16. triib, den 21. ziemlicher Schnee, vom 22. bis zum Ende ziemlich kalt. Adventszeif - Chrisffesf Der Feierabend erhiilt sein besonderes Geprage in der Adventszeit. Die Familian versammeln sich nicht selten am Sonntagabend unter den brennenden Lichtern des Adventskranzes. Das ist ein ziemlich junger Brauch, der erst um die Jahrhundertwende den Weg in unsere sauerlandische Heimat fand. Mit dem trauten Lampenschein der Wohnstube dringt's so hinaus in die Dunkelheit da drauben: Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab!" De Hiemel brient, wat is geschaihn? Sind de Engelkes wual am Backen? Ick liewe van Dage Knecht Ruprecht saihn, Dai harre 'n Boimken oppem Nacken. Wann Krisdag is, wann Krisdag is, Dann ropp ik en Biingelken Hai Un smeyte't era Iselken unger'n Disk Un schiippe viar'm Hiuse Snai. Christine Koch 26

30 Franz Freiherr von Fursfenberg.^,A/ er auberhalb Westfalens den Namen Furstenberg hort, pflegt an das schwabische Furstengeschlecht zu denken, das schon lange in Ansehen gestanden und mehrere bedeutende Manner hervorgebracht hat. Unser sauerlandisdies f reiherrlidies Geschledit Fiirstenber steht jenem an Tiichtigkeit nicht nach, es weist eine ganze Reihe bedeutender Manner auf; unter ihnen gehort Franz von Furstenberg zu den an Geist, Wert und Tiichtigkeit hervorragendsten. Am 7. August 1728 auf SchloB Herdringen geboren und in der sauerlandischen Heimat autgewadisen, schlug er die Laufbahn ein, der damals viele nachgeboreneadelssohne nachgingen, er studierte Theologie und Rechtswissenschaft, bildete sich auf Reisen im In- und Ausland welter und wurde dann Kanonikus in Munster und Paderborn. (Im Sauerland bestand keine Gelegenheit dazu.) Seine hohe Begabung lenkte die Aufmerksamkeit des Kurfiirsten von Koln und Bischofs von Munster Maximilian Friedrich auf ihn, so wurde er bald dessen Minister und Generalvikar in Munster. Es gait, infolge schwerer Kriegszeiten wirtschaftlich und finanziell tief darniederliegende bischofliche Land wieder aufzurichten, und Franz von Furstenberg gelang das in bewundernswert kurzer Frist. Er war in alien Satteln gerecht, verstand ebensoviel von der AuBenwie von der Innenpolitik, vom Kreditwesen wie vom Schul- und Bildungswesen, ja vom Militar und setzte alles mit Sdiarfblick und Tatkraft sofort in die Tat um. So fuhr er, aufmerksam geworden auf die ungewohnlidie padagogisdie Begabung eines Land- geistlichen Bernhard Overberg, kurzer Hand zu dessen Wirkungsstatte, horte unerkannt der in der Kirche abgehaltenen Christenlehre fiir die Kinder zu, ging auf der Stelle zu Overberg und erreichte es gegen das Widerstreben des bescheidenen Mannes, diesen als Leiter einer Normalschule" zur Ausbildung der Lehrer nach Munster zu holen, wo Overberg dann als bedeutender Schulmann eine Allgemeine Sdiulordnung fur das Miinsterland" schuf und zugleich als Regens des Priesterseminars fur den Nachwuchs des Klerus sorgte. Einen anderen Griff als Menschenkenner tat Franz von Fiirstenberg, als er den vorziiglichen Arzt Christoph Ludwig Hoffmann gewann, der ihm eine fiir viele andere vorbildlich gewordene Medizinalordnung entwarf. Das Militarwesen, dem neben der Politik die besondere Neigung Fiirstenbergs gait, forderte er durch die Errichtung einer Militarakademie, aus der angesehene Zoglinge hervorgegangen sind. Er gait allgemein als der kiinftige Fiirstbischof; aber er wurde ein Opfer recht unwiirdiger Ranke. Uber seine Bedeutung als Staatsmann noch hinaus ist dieser an Herz und Geist ungewohnlich hochstehende Mann in den Bildungskreisen Deutschlands sehr angesehen gewesen. Im deutsdien Geistesleben war er iiberall bekannt, er *ar das anerkannte Haupt des miinsterisdien Kreises um die Fiirstin Amalie von Gallitzin, der er in tiefer geistiger Freundsdiatt verbunden war. Seine edit sauerlandisdie Beharrlidikeit und Lebenskraft hat Franz von Fiirstenberg bis zu seinem Tode bewiesen. Dr. F. E. 27

31 AM WEG DES RALENDERS Von Theodor Propper ieder haben Sensen undmahmaschinen ihr Werk getan.diefelder sind kahl. Bald flammen die Hirtenfeuer auf, und die Drachen der Hutejunaen werden wie Bilder menschlicher Sehnsudit die Luft durchsegeln. Da schnurt audi der Suerlanner" im Auftrag des Sauerlander Heimatbundes wiederum seinen Ranzen und madit sidi auf den Weg, urn rechtzeitig am Ziel zu sein, bevor die langen Abende kommen, wo heimattreue Mensdien auf ihn warten. Oft sdion hat der Bote des Sauerlander Heimatbundes an den Tiiren des Sauerlandes angeklopft. Miihsam war oft sein Weg, miihsam wie die steilen StraBen im Land der Berge. GewiB hat er auf seinen Fahrten bisher viel Sdiones erlebt, viele Menschen gesehen, die ihn als Freund und Bekannten grubten und aufnahmen. Dodi oftmals audi mag der Suerlanner auf seiner Wanderung an einer Wegkreuzung Oder auf einsamer Berghohe irgendwo im Land wohl ein Weildien gerastet, den Kopf auf seinen Stab gelehnt und nadigedadit haben iiber Menschen und Dinge und Zeiten. Ob sein Tun noch sinnvoll sei? Ob man ihn nodi verstande? Ob das Wort Heimat in aller Unrast und Wirrsal der Zeit noch ein Edio zu wecken vermoge? Aber dann hat er sich aufgerafft, hat frohgemut wie einst Hoffmeisters TrutznaditigaU" trutz allem" sein Lied gesungen und ist riistig fiirbab gesdiritten wie einer, der einen Auftrag zu erfiillen hat, ohne nadi dem Erfolg oder MiBerfolg seines Tims zu fragen. So audi diesmal wieder. Ja, Heimat. Fast vier Jahrzehnte nun ist es her, seit Franz Hoffmeister nadi dem Erlebnis des ersten Weltkrieges seine Arbeit fur die sauerlandisdie Heimat begann und den Sauerlander Heimatbund begriindete. Mandies ist seitdem gesdiehen, um nadi all den Katastrophen, Zusammenbriichen und Krisen, die wir seither erlebten, den Mensdien die Heimat als Quelle der Kraft zu erhalten und eine von gesdiiditlichen Ereignissen und Notwendigkeiten geforderte sinnvoue Weiterentwicklung heimatlidier Dinge und heimatlichen Lebens zu sichern. Ein grober Teil der bisherigen heimatpflegerischen Arbeit war Arbeit der Defensive. Sie war notwendig, auch auf die Gefahr hin, verkannt und fiir riickstandig gehalten zu werden, well die Krise der Zeit auch zur Krise der Heimat und des letzten Dorfes wurde und die BedrohUng heimatlicher Werte' in solch breiter Front erfolgte, dab weite Bezirke darauf nicht entsprechend vorbereitet waren. Doch in dieser Arbeit des Abwehrkampfes will und soil sich die Arbeit des Sauerlander Heimatbundes nicht erschopfen. Es gilt, die Werte der Heimat immer mehr ins BewuBtsein der Mensdien zu heben und ihre formende Kraft wirksam werden zu lassen. Dariiber hinaus gilt es, die Hand ganz nahe am Puls der Zeit zu haben. 28

32 mit starkem Herzen nicht mehr lebensfahige Zweige am Baume der Heimat abzusdineiden und au3 den noch gesunden Kraften neue zeitgemabe Formen heimatlidier LebensauBerung zu entwickeln. Fiir den Augenblick verantwortlich, der Vergangenheit verbunden und der Zukunft verpfliditet, so umfassend und von innerer Dynamik geladen soil und mub die Heimatarbeit sein, ein Arbeitsfeld, das alle Lebensalter, auch die Jugend sdion, zur Betatigung ruft. Heimat ist ja nidit ungefahrdeter Besitz, weder in der auberen Erscheinung noch in den seelisdien Beziehungen, die das Wort Heimat in seiner Tiefe beinhaltet. Heimat mub stets neu erworben und geschaffen werden. Heimat ist Aufgabe. In der Verwirrung der Zeit ist das Wort Heimat bei vielen in MiBkredit geraten. Das ware nur soweit berechtigt, als es sich um Zerrbilder der Heimat handelt; sonst nicht. Seltsam, dab heute soviel liber Heimat diskutiert wird! Wem hingen im Sauerlande nicht noch die miblichen Klange der Schmallenberger Dichtergesprache in den Ohren? Heimat sollte mehr gelebt als intellektuell analysiert werden. Kosmopoliten mogen, wenn sie konnen, ihre Zelte getrost auf dem Mond aufschlagen. Wir mochten nicht darauf verzichten, fiir unsere Lebenszeit irgendwo auf dieser Erde zu Hause" zu sein. Alle modernen Bestrebungen nach GroBraumigkeit vermogen einer Verwurzelung im heimatlichen Grunde nidits von ihrer Bedeutung zu nehmen, machen sie nicht iiberflussig, sondern in erhohtem MaBe bedeutungsvoll. Man kann nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.. Erst die Heimat, dann die Feme, erst die Erde, dann die Sterne," so stand es in groben Lettern am Tor zum Gemeindehaus in Meggen, dem Ort der letzten Generalversammlung des Sauerlander Heimatbundes. Warst Du dabei? Nein? Sdiade! Die in groberen Zeitabstanden stattfindenden Sauerlander Heimattage Sollen doch eine maditvoue Bekundung sauerlandisdien BewuBtseins und Zusaimnengehorigkeitsgefiihls sein. Der 12. Sauerlander Heimattag in Elspe-Meggen im Juni 1956, bei dem auch erfreulich viel Jugend anwesend war, nahm unter dem Motto Seid froh im AUtag!" einen glanzvollen Verlauf. Aber es durfte dodi eigentlidi keine Stadt und kein Dorf im Sauerlande geben, die nicht auf soldi einem Heimattag wenigstens vertreten waren. Wer sich der Heimat f reut und sich erhobenen Hauptes als Sauerlander bezeichnet, der sollte das Sorgen und Muhen um die Heimat in aller Bedrangnis der Zeit nidit nur anderen uberlassen. Frage Didi einmal ganz ehrlich: was hast Du eigentlich bisher sdion fur die Heimat getan? Bedeutet sie Dir nichts mehr? Gehorst Du vielleidit gar zu denen, die herablassend die Nase riimpfen iiber jene Romantiker", die um die Heimat So^ge tragen wie eine Last? Oder ist Dir die Heimat nur w'ertvoll als Aktivposten Deiner wirtsdiaftlidien Berechnungen? Bist Du einer von denen, die im ganzen Jahre nidit einmal zwei Mark ubrig haben fur den Sauerlandruf, um sich audi dadurdi zur Heimat zu bekennen und die Arbeit des Sauerlander Heimatbundes zu unterstutzen? Wer zu soldi kleinem Opfer fiir die Heimat nicht fahig ist, mub der nidit erroten vor Sdiam, so oft er sidi als Sauerlander bezeidinet und das Wort Heimat in den Mund nimmt? Sag, wirst Du nodi einmal Nein!" sagen, wenn Didi der Sauerlander Heimatbund fiir die gemeinsame Heimat wieder um etwas taittet? Die Starkung eines sauerlandischen BewuBtseins und Zusammengehorigkeitsgefiihls ist angesidits der nivellierenden Walze der Zeit ein Gebot der Stunde. Diesem Gedanken sollen audi die Bildnisse der zwolf Personlichkeiten im Kalendarium dieses Kalenderheftes dienen. Nur eine Auswahl ist es aus der reidien Ehrengalerie sauerlandisdier Personlidikeiten, die in der Vergangenheit wesent- 29

33 lich mitgeholfen haben durdi ihr Werk und Leben das geistige Profil unserer sauerlandisdien Heimat zu bestimmen. Wenn andere vom kurkolnisdien Sauerlande schweigen, auch der Rundfunk schwieg auf dem Heimattag in Elspe-Meggen so wollen wir, ohne Dberheblichkeit, aber in rechter Betonung der Giiltigkeit und Bedeutung wirklicher Werte, die Lichter der Heimat nicht unter den Sdieffel" stellen. War in treuer Gesinnung uber die Heimat nadidenkt und den vielfaltigen Aufgaben des Sauerlander Heimatbundes nachsinnt, den soute die wachsende Erkenntnis der fiir die Rettung der Heimat notwendigen Dinge anfeuern zu tatiger Mitarbeit im Sauerlander Heimatbund. Es soil hier nicht des langen und breiten liber das Programm des Sauerlander Heimatbundes gesprochen werden. Nur zwei Forderungen seien hier genannt, die innerlich zusammenhangen und fiir alle heimatpflegerisdie Arbeit von hochster Aktualitat und grobter Bedeutung sind: Rettet die Familie!" und Rettet den Sonntag!" Alle ernsthafte Arbeit fiir die Heimat mub mit der Arbeit fiir die Familie beginnen. Heimat und Heim, das ist nicht voneinander zu trennen. Im Hause mub beginnen, was leuchten soil im Vaterland!" Die Rettung und christliche Gestaltung des so vielfaltig bedrohten Familienlebens gehort heute auch auf dem Lands zu den bedeutsamsten und vordringlichsten Gegenwartsaufgaben einer sinnvollen und verantwortungsbewubten Heimatarbeit. Bei Pestalozzi findet sich einmal das Wort von der Wohnstubenkraft" und Selma Lagerlof sagt: Es gibt keinen wirksameren Lebensschutz, keine bessere Erziehung, nichts Giitigeres und Barmherzigeres unter allem, was der Mensch zustande gebracht hat, als das Heim." Die zweite hier genannte Forderung: Rettet den Sonntag!" Der Sonntag ist in erster Linie fiir den Herrgott und fiir die Familie da. Vor dieser Bedeutung und Aufgabe dessonntags mub alles andere zurucktreten.zu welch seltsamem mixtum compositum" ist heute der Sonntag weithin herabgewurdigt: ein wenig religiose Betatigung vielleicht noch! ein bibchen Morgenfeier am Radio Rundfunkberieselung, kunterbunt, Schlager, Jazz, Kammermusik oder Symphonie, wie's grad kommt, viel Sport, grober Ausflug mit Motorrad oder Omnibus, moglidist schnell, so mit 120 Sachen" und weit ganzweit, Finale mit Tanz und Alkohol, vielleidit noch mit nachtlichem Gegrohl, wie Lasterung klingend; Das ist der Tag des Herrh!" Nachklang: Katzenjammer und Zeitungsbericht iiber die sonntaglich iiblidien Verkehrsunfalle. Sehen so nidit bei vielen Sonntagsfeier" und Sonntagsruhe" aus? Wenn es nidit gelingt, dem Sonntag wieder auf der ganzen Linie sein Redit zu geben, ihn wieder voll und ganz zu einem Tag des Herrn, zu einem Tag religioser Erhebung und innerer Besinnung, zu einem von Liebe und Freude durchwirkten Tag der Familie" zu machen, dann wird die Sakularisierung des Daseins immer unheilvoller sich auswirken und das heute schon erschreckend zahlreiche Managersterben wird sich vervielfaltigen. Das sind Dinge, iiber die nachzudenken sich lohnt. Heimatarbeit hat es mit den Gegebenheiten und der Gestaltung der irdischen Heimat zu tun. Diese aber ist eingeschlossen in die gottgewollte Ordnung der Dinge. Recht verstandene Heimatarbeit ist die Betatigung eines echten und wahren theozentrischen Humanismus. Zu solcher Arbeit sind alle aufgerufen. Und ich meine, nicht nur aufgerufen, sondern auch verpflichtet. Bedenk es wohl, wenn Du sagst, dab Dir die Heimat lieb und teuer sei! 30

34 Unfcr tdglid) '2?rot... Von Richard Althaus Q3om QldPcr un6 ^orn / toom '3Ilaf)Ien un5 ^adpen Es ist wohl auf der ganzen Welt noch keine ergreifenderebitte ausgesprochen worden, als diese dritte des Vaterunsers: Unser taglich Brot gib uns heute." Die ganze, ruhrende Hilflosigkeit des Menschen hat durch sie Ausdruck gefunden. Nicht um Obst oder Wein, nicht um Milch Oder Fleisch wird gebeten - nur um Brot, in der festen Zuversicht: haben wir dieses, dann ist uns geholfen, dann werden wir satt. Sie teilten den letzten Bissen Brot miteinander", das ist nicht nur ein haufig angewandte Redensart, sondern sie singt das hohe Lied der Kameradschaft, wenn alles zuni Teufel" zu gehen scheint. Salz und Brot reidite man dem Gast zum Willkommen, reichte es der Braut beim Einzug in ihr neues Heim. Legion an Zahl sind die Diditungen und bildnerischen Kunstwerke, die das Brot, je nach Konnen und Wollen, verehren, verherrlichen oder demiitig besingen. Es wachst viel Brot in der Winternacht, Weil unter dem Schnee frisch griinet die Saat. Erst wenn im Lenze die Sonne lacht, weibt du, was Gutes der Winter tat. (Fr. W. Weber) Der Winter ist nachnordengewichen und sein weibes warmendes Laken zu Wasser zerronnen. Lustig zittern die fingerhohen Roggenhalmdien im Fruhlingswind, der uber die weiten Felder streidit. Sobald der Boden abgetrocknet ist, relbt der Ptlug die Erde zur Sommerbestellung auf Und der Samann geht mit gemessenem Sciiritt uber den Acker und vertraut der fruchtbaren Krume die Saat an, dab Segen aus ihr komme. Alt, uralt ist diese Arbeit des Mensdien und trotz aller Maschinen wird sie auch heute nodi durch den Menschen geiibt. Im Anfang war die Hacke aus Holz, die den Boden der ersten Ackerbauern aufrib, damit er das noch halbwilde Korn aufnehme, daraus sie ihr Brot gewannen. Es war eine der groben Sternstunden der Menschheit, da sie erkannte, dab der Same bestimmter Graser ihrer Nahrung dienen konne. Aber schon in der Steinzeit gab es den Hakenpflug, mit einem geschliffenen Stein als Pflugschar. Es ist der Vorlaufer unseres neuzeitlichen Ackerpflugs. Alles Gerat hat sich in der langen Zeit gewandelt, nur der Acker ist geblieben, wie er etwa vor 6000 Jahren (jiingere Steinzeit) sich entwickelte. Und seit mindestens 5000 Jahren tragt unser Acker Weizen, Gerste und Hirse. Die letztere kennen die meisten von uns wohl nur noch aus dem Marchen: Und sie aben siiben Hirsebrei." Hirse wurde aber von den Steinzeitleuten auch zu Brot verbacken und wird heute wieder von Ernahrungsfachleuten sehr empfohlen. Schier unerschopflich fruchtbar war der Acker der Vorzeit. Jahrmillionen hindurch hatte die Erde Nahrstoffe angereichert und die ersten Ackerbauern brauchten nur zu hacken, zu saen und zu ernten. Klingt nicht von feme Schnittergesang Ruft nicht der Sense stahlerner Klang Streckt nicht das Leben die Hande nach Brot? - Siehe, wir neigen uns, reif zum Tod!" (L. v. Stfauss und Torney: Stimme im Korn") Wie in tiefster Demut neigen sich die reifen Ahren auf den schlanken Halmen. Als sie noch Graser waren, unsere Getreidearten, mit winzigen Kornern in den Ahren, da haben sie noch pfeilgrade stehen konnen. Das ist lange her. Wie wir schon oben horten, ist zuerst Weizen und Gerste angebaut worden, dann kam die Hirse und viel spater erst R o g g e n und H a f e r. Aber der Roggen ist die wichtigste Brotfrucht in unseren Breiten geworden. Und ganz besonders ist Westfalen immer ein Roggenland gewesen, in dem sich der Weizen nur in den Borden durchsetzen konnte. Sieh dir nur einmal einige Roggen- und Weizenkorner ganz genau an, da wirst du die iiberraschende Feststellung machen, dab sie schon in der Form ihre kiinftige Bestimmung zeigen. Die Roggenkorner iihneln absolut dem Roggenbrot und das Weizenkorn zeigt ohne Phantasie die Form des kiint- 3L

35 tigen Brotchens oder Semmel. 1st das nicht wunderbar? Wie gewannen denn unsere friiheren Ackerbauern das Korn aus den geernteten Garben? Ganz im Gegensatz zu siidlichen V61- kern, die das Getreide teilweise haute noch durch Pferde oder Odisen austrampeln lassen, gab es in unserer Heimat schon in der Steinzeit Dresdikeulen zum Ausdreschen und auch eine Art Sidiel mit haarscharfen Feuersteinmessern. In steter Entwicklung wurden die Gerate verbessert, aber im Prinzip sind sie sich durch tausende Jahre gleich geblieben. Den Dreschflegel habe ich als vierzehnjahriger Haiernjunge" noch schwingen miissen. Morgens um fiinfe standen wir im Winter aut und droschen beim flackernden Lidit der Ollampe Hater und Weizen aus. Die Arme wollten mir wohl manchmal abtallen dabei. Die Dresdimaschine ging reihum im Dorf und wurde bei uns mit dem Gopel getrieben, von Fahrkuhen gezogen. Um zu sparen, drosdien wir nur den Roggen, das weitaus meiste Getreide, maschinell aus.heute ist es Gott seidank anders. Kurz vor der Zeitenwende kam der Budiweizen bei uns auf, eine Getreideart, die aut magerem Boden gedeiht und nodi heute in Norddeutsdiland, vor allem in der Liineburger Heide angebaut wird. Nadi der Entdeckung der fernen Lander kamen dann vor einigen hundert Jahren als weitere Getreidearten Mais und Reis zu uns. Das Huhnerfutter" der Nadikriegszeit ist uns ja nodi in guter Erinnerung. Dort nieden in jedem Holze leit sidi ein Miihlen stolz. Sie mahlt uns alle Morgen das Silber und rote Gold. (Altes Volkslied) So hodi geaditet war die Arbeit des Miillers, dau in vielen Volksliedern, Mardien und Sagen seiner immer wieder gedadit wird. Nein, eine Muhle, die Silber und Gold mahlt, hat es natiirlidi nidit gegeben. Das Lied will audi nur andeuten, dafi der Beruf des Miillers viel Geld einbrachte. Das ist leicht erklarlidi, denn das Mehl zum Badien des Brotes braudite der Mensdi das gahze Jahr hindurdi. Die alteste Miihle, die wir keniien, ist 5000 Jahre alt. Es waren nur zwei Steine, ein grober fladier Stein der auf der Erde lag, und ein zweiter, der sogenannte Lauferstein, der mit den Handen hin und her gesdioben wurde und das dazwisdien liegende Korn zu Sdirot zerquetsdite. Es ist ein waiter Weg von diesem primitiven Gerat bis zur modarnen Walzenmiihle. An seinem Saum stahen die einfadie Handmuhla, die im Mittelaltar vervollkommnet und Quarne" genannt wurde, und vor allem stahen an ihm die Miihlen, die von Naturkraften batriaben wurden. Audi diese sind sdion sahr alt, so sind Munstarlander Wassermiihlan sdion um HOC bezeugt. Radca-tacke-radce-tacke klingt es uns entgegen, wenn wir soldi eine Miihle batraten. AUes ist grau-weib bestaubt. Aus einem groban Holztriditer rieselt das Korn langsam durdi den Fiillschadit zwisdien die groben, runden Steine, die quergarippt sind, um dan MahlprozeB zu basdileunigen. In unserem Bergland hat es sait je nur Wassermuhlen gegeben und das Rausdien des Wassers auf den grofien, uralten Wassarradern bagleitete den Wanderer bis in unsere Zeit hinein. Vielfaltig sind die Mehlsorten, die die modarnen Grofimiihlen ausmahlen, vom groben Sdirot iiber Feinsdirot, Vollmehl, bis zum feinsten Auszugsmehl wird jeda Qualitat geliefert. Mindestens so romantisch wie die Wassermuhlen sind audi die Windmiihlen, die ebenso wie die ersteren auf dem Aussterbaatat stehen. Im nordwestlidien Miinsterland sind sie noch zu sehen, besonders aber im benadibarten Holland. Vom Backer kommt ein Brot ins Haus, das Brot das ist so grob, die Mutter, die sieht frohlich aus und schnaidet frisdi drauflos. (Aus ainem alten Lesebuch) Ich sahe immer noch das Bild vor mir, wie meine GroBmuttar, in der alten Bauarnstuba am Tisch stehend, mit gesdiickten Handen einen runden Laib Brot zarsdinitt. Sie hatte dazu keina Brotmaschine, sondern benutzte dazu ihr Leben lang das breite gerade Brotmesser. Hier wurde auch nodi das Brot nach Urvaterart gebackan. Das Backhaus (Backes) stand atwas absaits des Holes und die Reisigbiindal (Sdianzen) zum Feuaranziindan waren an der Seita aufgesdiiditet, danaben lag das gespaltene Badcholz (Badcspellern). Der Brotteig wurde am Tage zuvor angariditet, mit Sauerteig versetzt und zum Gehen" stehen gelassen. War der Teig in dem groben Badctrog fertig, ritzta die GroBmutter mit dam Zeigefinger ein grobes Krauz darein. Es war ehrfiirditiges Tun, das midi sdion als Kind ergriffan hat. Am Badctag wurde der Teig zu Broten geformt und mit Hilfe langer Stangen, an deren Ende eine holzerne Sdiaufel war, in den heiben Ofen eingesdiossen". 30 bis 40 Laibe wurden an einem Tage gebadten und in der kiihlen Brotkammer auf Holzgestellen aufbewahrt. Es hielt sidi wodianlang frisdi. Nie wieder haba ich so sdimackhaftes Brot gegessen. Wir kennan ziemlidi genau den Werdegang der Brotbadcerei von der Vorzeit bis heute. Vor allem aus den Pfahldorfern in Wurttemberg und in der Sdiweiz, dann aber audi aus zahllosen Felszeidinungan in Frankraidi und Sdiweden. Der nadi Zermahlung des Korns zubereitete Mehl- oder besser Sdirotbrei wurda im Anfang das Adiarbaues an der Sonne getrodinet. Es entstand im Laufe der Zeit ain riditiger Sonnanofen". Das erste Brot ist fladi und diinnsdieibig gewesen, wia einwandfrei nadigawiesen wurde. Als man das Fauer baherrschen lernte, lagte man. den Brei in die heifia Asdie und erhielt so das arste feuergebadcena Knadiabrot". Durdi tausende Jahre hindurdi haben die nordischen Volker die Urform dieses Brotes baibehalten, sehr zum Vorteil ihrer Zahne. Dann kam der sogenannte Badctopf auf, ein etwas fladier Taller aus Stein oder Ton und dariiber ain Topf aus Ton zum Uberstiilpen. Das Ganze wurde in gliihende Asche gesatzt und auch damit bedadct. Durdi immerwahrende VergroBerung und Fastigung entstand dann sdiliablidi unser Badcofen, wie er in abgeleganen Gegenden heute nodi gebraudilich ist. 32

36 Vor etwa zweitausend Jahren begann sidi dann das Backergewerbe zu entwickeln. Denn erst zu Beginn des Mittelalters wurde das Brot das wichtigste Nahrungsmittel. Im spateren ' Mittelalter entwickelten sich die Backerziinfte zu hoher Bliite und hinterliecen uns zahlreiche Dokumente von hohem kulturellen und geschichtlidiem Wert. Fast uniibersehbar zahlreich sind heute die Brotsorten. War kenn nicht den saft- und kraftvollen Pumpernickel des Mtinsterlandes? Nicht minder begehrt ist das waldeckische Steinofenbrot, das Paderborner Landbrot, das Soester Muhlenbrot und vor allem unser Sauerlander Schwarzbrot. Alle diese Brotsorten, und noch viele andere, werden aus geschrotetem Korn Oder aus Vollmehl gebacken, enthalten also die Nahrstoffe des ganzen Korns. Nicht minder grob ist die Zahl der Weizenbrotsorten, die in reiner Form vor allem in Siiddeutschland gebacken Werden. Das gehaltreiche Kommisbrot, das Knackehaben auch neuebacktechniken entwickelt, die so brot, das gasdicht verpackte Dauerbrot liir die Tropen, der Eierzwieback und auch das WeiBbrot fiir Verwundete und Kranke hatte hohe Qualitat. Auch die Reformhauser bieten heute hochentwickelte Brot- und Gebacksorten in so reicher Auswahl, dab die Wahl oft schwer fallt. Hier wird ja ganz besonders darauf geachtet, dab dem Korper auch wirklich alle hochwertigen Stoffe des Getreides zugefiihrt werden. Sie haben auch neue Backtechniken entwickelt die so leicht wohl nicht iibertroffen werden konnen. Brot! Der Ruf nach Brot drohnt jahrtausendelang iiber die Erde. Brot labt den Menschen zum Sklaven und zum koniglichen Kaufherrn werden. Brot formt Abenteurer und kiihne Entdecker. Brot liibt Volker aufstehen und Weltreiche zugrunde gehen. In riihrender Dankbarkeit umklammert das hungernde Kind ein Stiickchen Brot und unbeachtet liegt eine Scheibe weiben Brotes in der Gosse. Knirschende Pflugschar in brauner Erde - wachsendes Korn auf weiten Feldern - klappernde Miihlen und heibe Backofen - Bauern und Handworker - alles das zusammen heibt: Unser taglich Brot. iwi'j*?>4l*i'^ Angler am Sorpesee 33

37 ^ai-- un5 'vpfingftbraud)e im 6auerlan5 Von Heinrich. Schauerte Die Volksbrauche am 1. Mai, der im Volke Maidag" heict, sind Reste alter Friihlingsfeste, die in volkstiimlicher Symbolik das Wiedererwachen der Natur und den Sieg des Sommers iiber den Winter feierten. Man holte die frische Wadistumskraft in Gestalt griiner Kranze, Baume und Zweige ein. In Verbindung damit findet sich auch das Ei als Sinnbild des Lebens und der Fruchtbarkeit. Vor allem war seit jeher der sdion 1215 aus Aachen bezeugte Maibaum das Sinnbild des wiedererwachten Naturlebens und ist es bis heute geblieben. Im Sauerlande war es friiher allgemein und ist es mandierorts auch heute noch Braudi, Maibaume zu setzen. Nach Arnsberger Redinungen aus dem 17. Jahrhundert wurden den Hoflakaien und Soldaten, die den Maibaum gesetzt hatten, 2 Reichstaler geschenkt. - Die jungen Burschen stellen den Frauen und Madchen, die iliren Garten bereits umgegraben haben, in der Mainadit einen Maibaum in Gestalt einer jungen Birke unter das Fenster. In Dorfern des Kreises Arnsberg wurde er mit bunten Papierstreifen oder mit vielfach gefarbten Eierschalen behangt; anderorts befestigte man daran kleine Besen aus geschalten Reisern, in Altenhundem Kranze von Wiesenblumen. Aber nur unbescholtene Madchen bekommen eine griine Birke, liederliche dagegen und solche, die ihren Garten noch nicht glatt" haben, einen Faulbaum (Eberesche) oder einen oft mit den Gartengeraten behangten Strohmann. So birgt der Branch, der im ganzen deutschen Sprachgebiet und selbst bei den Wolgadeutschen nachzuweisen ist, audi ein Ethos. Als Lohn fiir das Maibaumsetzen sammeln die Burschen Eier und lassen davon Pfannkudien backen, die sie gemeinsam mit den Jungfrauen verzehren. - In Alten Kleusheim wurden bis um 1890 in der Mainacht die Maieier" mit einem Heischereim angesungen: Giant uns eyner Eier drei, fein Madel Bliimelein. Dai schlot vi in der Pann' enttwey, fein Madel Bliimelein / He, du wackeres Madelein." In Briin (Kreis Olpe) singen die Burschen bei diesem Maieier-Ansingen" die erste Strophe des Liedes: Der Mai ist gekommen", und fugen dann einen langeren hochdeutschen Heischereim an. In den letzten Jahren ist das Maibaumsetzen auch in Orten, in denen es bisher regelmafiig stattfand, unterblieben, da die Birke infolge Kultivierung des Odlandes seltener wird. Ein Ausweg ware hier, statt eines ganzen Baumes einen Ast von der Birke oder auch einer schon griinen Budie zu nehmen, nicht aber eine Fichte, denn es mub ein Male sein. Die Leineweber von Menden lauteten friiher den 1. Mai mit alien Glocken ein, wie Peter Somer noch wubte. Wahrend dessen gingen die Schulknaben in den Wald und holten einen Maibaum, den sie vor die Schule setzten. Die Madchen wanden Kranze aus Wiesenblumen und schmuckten damit das Schulzimmer. Dabei sangen die Kinder immerfort: Lustig, lustig, trallerallera, nun ist Maitagabend da." Am folgenden Tage ging die Schuljugend mit den Geistlidien und Lehrern auf den Rothenberg, wo gesungen, gespielt und ein mitgenommenes Butterbrot verzehrt wurde. Da Pfingsten meist in den Mai fallt, sind in christlicher Zeit manche Maibrauche auf dieses Fest abgewandert. Die heutigen Pfingstbrauche sind darum durchweg urspriinglidi Maibraudie, insbesondere Hirtenbrauche, wie sie bis fast um die Jahrhundertwende, als das Vieh noch frei gehiitet wurde, allerorts lebten, die heute jedoch infolge der umzaunten Weiden abgekommen sind. Am Pfingstmorgen wurde das Vieh in aller Friihe gehiitet. Der Kuhjunge, der als erster sein Vieh auf die Weide trieb, hieb Nachtrabe", oder Pfingsthase", audi Pfingstk6nig"; er erhielt eine Blumenkrone oder wurde mit Laub geschmiickt. Derjenige aber, der zulange ge- 34

38 schlafen hatte und darum als letzter austrieb, hiei5 PinkestfoB" und erhielt einen Strohkranz und mubte sich allerlei Neckereien gefallen lassen; er wurde am Nachmittag von den anderen Hiitejungen verfolgt und nafigegossen Oder unter die Gosse oder ins Wasser getaucht - wohl eine Erinnerung an alten Regen- und Fruchtbarkeitszauber, eine Art Vormachebrauch". Dabei wurde ein Spottvers gesungen, etwa: Pinkestfol5, diu fiule FoB, (oder; Langesloper, Uilenkopp), Stait te niegen Uhren opp" usw. In der Olper Gegend erhielt die Kuh, die zuletzt auf die Weide kam, den Namen Pinkesthamel" und wurde mit einem Kranz von Ginsterblumen geschmudct, oder ein soldier Kranz wurde an der Stalltiir angebradit (so auch in Remblinghausen), vielleicht eine Erinnerung an das alte Opfertier, das zur Herabrufung von Regen und Fruchtbarkeit geschladitet und spater ersetzt wurde durch einen Kranz oder einen mit Laub bekleideten Jungen, denn die Bezeichnung Pinkesthamel" verlieh man auch dem Langschlafer des Tages, der mit Kranzen aus bliihendem Ginster geschmiickt und dann von Haus zu Haus gefiihrt wurde, wobei man Eier fiir die Hirten sammelte. In Antfeld (Kreis Brilon) wanden die Kinder beim Viehhiiten am Pfingstnachmittage einen Kranz aus Feldblumen und hingen diesen einer Kuh um. Hierfiir bekamen sie einen Pfannkuchen; einen solchen erhielten auch die Hiitejungen, welche die Kuh eines kleinen Viehhalters mithiiten mubten. Es war namlidi in manchen Gegenden des Sauerlandes bis in die jiingste Zeit Branch, am Pfingstabend ahnlich wie am Osterabend Pfannkuchen zu backen. - Ein Wettaustreiben der Hirten auf Pfingsten kannte man iibrigens auch in Gegenden Pommerns, wo das Vieh geschmiickt zur Weide getrieben wurde. Dieses Friihhuten mag seinen Ursprung haben in der alten Vorstellung von der heilsamen Kraft des Morgentaues, besonders im Mai. Spater wurde der Grund darin gesehen, dab die Kuhhirten auf Pfingsten bereits am Friihgottesdienste teilnehmen konnten, und dab in manchen Orten die Hirten am Pfingsttage frei hatten. In den Brauchen und Benennungen findet sich wieder die in vielen Friihlingsbrauchen (wie audi in Fastnachtsbrauchen) enthaltene Vorstellung von einem Kampfe zwisdien Sommer Und Winter und in dem Siege des Sommers ( Pinkesthase") iiber den Winter ( PinkestfoB"). Eine Parallele dazu ist moglicherwelse in landlichen Sdiiitzenfestbrauchtum des oberen Sauerlandes zu sehen, insofern oben auf der Vogelstange der Vogel (Sinnbild des Sommers) angebradit wird und mandierorts etwas tiefer an einer Querstange eine gedcenhaft gekleidete Holzpuppe (Sinnbild des Winters), der sogenannte Geck"; wer diesen am Montagmorgen abschiebt, heibt ebenfalls Gedc" und ist bis Mittag das Ziel ulkiger Scherze, so z. B. noch Braudi bei den Sdiutzenfesten in der groben Gemeinde Oberkirchen. Im Rheinlande, besonders in Koln, lieb man bei der Gottestracht" eine Narrenfigur mitziehen, deren Auftreten bei kirchlichen Prozessionen im 18. Jahrhundert zwar untersagt wurde, die sich aber bei weltlichen Umziigen nodi lange gehalten hat. Man nannte sie Geckenbahnchen" (= das verriickte Bernharddien). Bei den friiheren engen Beziehungen des Sauerlandes zu Kurkoln, die Josef Riither in seiner Heimatgeschichte des Landkreises Brilon" so deutlidi herausgestellt hat, ware es denkbar, dab diese Gestalt von dort iibernommen und dann eingeordnet ist in das Brauchtum landlicher Schiitzenfeste mit der alten Vorstellung vom Kampf zwischen Sommer und Winter. Friiher wurden auch Mai- und Pfingstfeuer angeziindet, z. B. in Altenhundem von den Kindern, die dafiir am Abend Vesperkuchen" (wohl Pfannkuchen) bekamen. - In Neheim hat man 1924 das Pfingstblasen eingefiihrt, indem friihmorgens von einem Berge Pfingstlieder geblasen werden. Die Verkorperung des neu erwachten Naturlebens hat weiterhin Ausdruck gefunden in der merkwiirdigen Gestalt der T r i m e t z e (Trimesse, Trimse, Tremse), die sich vorwiegend im niederdeutschen Raum, besonders am Hellweg und im Miinsterlande, jedoch auch im ElsaB bei Mai- und Pfingstumziigen findet. Auch im Sauerlande hat man sie gekannt. In Orten des oberen Sauerlandes (z. B. in Fredeburg, Bracht, Kirchilpe) legten die Schuljungen eine tote Eule Oder in deren Ermangelung eine Katze, anderswo ein totes Huhn, in Kirdiilpe nadi Peter Somer einen Iltis ( Illebutten") in einen Kerb, den sie hodi auf einer Stange trugen. Hiermit zogen sie von Haus zu Haus, sammelten Mehl, Eier, Spedc und Butter fiir das gemeinsame Pfannkudienessen am Pfingstabend. Dabei sangen sie ein mundartliches Heischelied: Hey is dat Dingen, dat de Kuiken sluiket un de Agger iutsuipet usw., und zum SchluB: Spedc un Agger in unsen Kuarf." Die Sdiulmadchen dagegen trugen eine sdion gekleidete, mit bunten Bandern verzierte Puppe von Haus zu Haus, sammelten gleichfalls Gaben fiir ihre abendliche Pfingstfeier und sangen dabei: Sch6ne, schone Trimetze, wat se kritt, dat niemetse", usw. In Fredeburg ist diese abendlidie Pfingstfeier 1853 aufgehoben. Der Braudi fand sidi auch an der mittleren Ruhr, in der Arnsberger Gegend, so in Uentrop. In Remblinghausen sang man; Hielge, hielge Trimetze", wohl eine unbewubte Erinnerung an eine Friihlingsgottin. - An anderen Orten (z. B. in Bracht) trugen die Madchen unter Absingen dieses Heischereimes als Maibrautchen ein kleines, weib gekleidetes Madchen, das die Bezeidinung Trimetze" fuhrte, auf den Armen mit. Eine Familie rechnete es sich zur Ehre an, das Kind fiir diesen Umzug stellen zu diirfen. Der Branch war bis in die zweite Halfte des vorigen Jahrhunderts tiblidi, und altere Leute kennen noch den Reim. Die Deutung des Namens und Brauchs ist nicht mit Sicherheit zu geben. In der Soester Gegend wie auch in Niederdeutsdiland ist Tremse der Name fiir die Kornblumen, aus der die Pfingstkrone geflochten wurde. Nadi Beda 35

39 {1 735) hieb bei den Angelsachsen der Mai Trimilci; daraus konnte Trimetze (Trimse, Tremse) entstanden sein. Jedenfalls haben wir in der Trimetze ein Friihlingssymbol, die Verkorperung des Mai und der Friihlingskraft zu erblicken. Wahrend des 17. Jahrhunderts wurde von Koln her das 40-stiindige Gebet in den Pfarreien des Sauerlandes eingefiihrt und im Laufe der Zeit auf die Pfingsttage verlegt. Dieses besteht in manchen Pfarreien,, wenn auch haufig verkiirzt, noch heute. Das ist die Zeit der bunten Wiese, die hohe Zeit! - Noch hangt der Morgen grau und dunstig iiber Gras und Kraut, iiber der bunten Pracht der Bliiten und der Blumen. Feuchtdunkle Streifen ziehen kreuz und quer durch das tauschwere Auch Peter mub helfen Griin, Spuren der Rehe, die im ersten Morgendammer asend und naschend zur Fichtensdionung hiniiberwechselten. Dort driiben glanzt sdion ein silbernes Leuchten iiber Zweig und Stamm, ein warmes, verheicungsvolles Licht, die Ahnung des jungen, des strahlenden Tages! Der Kuckuck ist wach, der Ringeltauber gurrt, und die Bachstelze im gelbschwarzen Gewand betreut unten am Bach schon ihre fliiggen, bettelnden Jungen. Eine kostliche Frische liegt in der wiirzigen Luft! Die Schwiile des Abends und die Schwere der Nacht sind abgestreift, stark und lebensvoll rieselt es durch die Morgenstille. Das Licht wird heller, wird goldener, fiillt mehr und mehr das weite Tal, streift still und glanzend das hohe, das dichte Gras. Da flammt die Wiese auf, bunt und farberiprachtig. Goldhaariger HahnenfuB leuchtet in glanzendem Gelb, schneeweibe Maasliebchen, Der sfahlerne Sang dariiber die weiben Schirme des Waldkerbels und der Barenklaue, die rostroten Bliitenrispen des Sauerampfers, die hellvioletten Putzer des Knoterichs, der rote und weibe Klee, die Lichtnelke in ihrem strahlenden WeiB, und die zerschlitzte Kuckudcsnelke in fleischfarbenem hellen Rot, die weiben Kugellampen des verbliihten Lowenzahns, dazu die Graser niedrig und hoch und die Kopfchen des Wegeridis mit dem weifien Strahlenkranz! Es tragt die Wiese ihr schonstes Kleid, duftige, schmeichelnde Farben! - - Ein Klang reibt durch die Stille, hart und stahlern, ein schneidender Ton! Zitternd rinnt er durch Halm und Kraut, labt Bliiten und Graser erschauern. Der Morgenwind brachte ihn mit, irgendwo her, den stahlernen Sang! Und Schritte nahen, hart und test! Die Wiese horcht auf in der Morgenluft, noch glanzen die Farben im hellen Licht, noch funkelt der Tau im strahlenden Sdiein! Da font er wieder der stahlerne Sang, und schon rausdit der Sense breiter Stahl ehern und hart durch Gras und Kraut. Noch einmal trinken die Halme, die Blumen das goldene Licht, beugen sich willig dem scharfen Schnitt, und sinken erbleichend dahin auf den feuchten, kahlen Grund. - - Schwer ist das Sterben im Morgenglanz, in der Fiille der Kraft, in der wonnigen Blutezeit! - - Und welter rauscht der stahlerne Sang, doch nicht nur von Opfer und Trauer erzahlt das harte Lied, sondern von der Freude des Sidigebens. Denn schon ist der Tod, der dem Leben dient, der das Beste nimmt, um noch Besseres zu erhalten! Und als der erste Sonnenstrahl iiber den Wald hinweg im Wiesental trostend iiber die welken Graser und Blumen glitt, da zog schon ein wiirziger Duft den Waldrand entlang, ein Duft nach frischem, nach kraftvollem Heu! Fr. Genz c c o-naueelten ief wi-etse Schritt rait meinen Kindern iiber Wiesen wie auf einem, Blumenteppich hin. Grojie, weijie Margueritensterne, mit der gelb en Sonne mittendirin, wiegten leise zwischen bliihenden Grdsern sich auf langem Stengel hin und her. Flogen bunte Kdfer, bunte Falter in dem wogend weij3en Bliitenmeer. Vber alien wei]5en BlUtensternen strahlendschoner Sommersonnenschein! Und inmitten all der lichten Schonheit meine Kinder wie zwei Engelein! Martha Sohlinkert 36

40 1SI1L.ONIS EINEK. MUTTTEIEl. Von Heinrich Luhmann Die Geschichte, wie sie hier beriditet ist, hat ein Freund in unsern Tagen miterlebt. Es sind seine Worte, und so erzahlte er: Es liegt bereits ein paar Jahrzehnte zuriick, da besudite ich eines Tages im friihen Herbst einen Freund. Er war schon alter und in einera entlegenen Gebirgsort als Lehrer tatig. Von der Bahnstation im Tale fiihrte die StraBe anderthalbe Stunden hinauf. Ich hatte die Zeit meiner Ankunft diesmal nicht mitgeteilt und wollte den Weg iiber den Berg nehmen, der naher und schoner war. Idi glaubte ihn zu kennen, hatte midi aber doch in dem Gefiihl meiner Sidierheit geirrt. Auf halber Hohe sah idi midi vor eine Gabelung gestellt. Irgend etwas schien sich in den Jahren, in denen ich nicht mehr hier oben war, geandert Zu haben. Oder waren die Fichten und Birken so erheblich gewachsen, dab sie jetzt nicht wie friiher den Blick in den Talgrund zur Rechten freigaben? Dort war die Miihle zu sehen gewesen, die ihr grobes Rad blinkend aus dem Wasser hob und wieder senkte. Nun horte idi nidit einmal mehr den Bach und das Wehr. Ich stand unschlussig und wubte nidit, zu v/elcher Seite ich einbiegen, oder ob idi w.'rwich den arg verwachsenen Weg in der Mitte nehmen mubte. Wahrend ich noch iiberlegte, naherte sidi mir eine Frau. Sie kam wie ich aus dem Tale herauf. Wenn mir recht schien, war auch sie dem Zuge entstiegen, ich hatte sie mit einem Blick gesehen Und kannte sie jetzt wieder. Sie war wohl aus dem Dorfe, in das ich hinauf wollte. Nun, wo sie midi erreidit hatte, kam es mir vor, als sei sie mir dort bei meinem friihelen Aufenthalt schon begegnet. Sie war nicht mehr eben jung. Aber wohl auch doch noch nicht so alt, als das weifie Haar vortauschen modite: sie madite die Steigung mit den behenden, leichten Sdiritten des Bergkindes und schien kaum ermiidet. Sie trug sich schlicht, beinahe armlich. Sie sdiien von einer Reise zuriickzukehren; das kleine Biindel, ihr weniges Gepadc, bestatigte es. Es mubte aber keine frohe Fahrt gewesen sein, die sie nun beendet hatte. Es lag eine stille Trauer um die Frau und hiillte sie ein: das Gesicht, das wohl einmal auf seine Art schon gewesen war, die Augen - und gerade sie waren veil eines stummen Schmerzes, der schon lange in ihnen ge- ^ohnt haben mubte, um diese Tiefe zu bekommen. Trotz aller Besdieidenheit, die sidi in ihrem Gesicht und Wesen ausdriickte, umgab sie etwas wie Hoheit - wie denn auch einfache Mensdien in langem Leid zu ihr reifen konnen. Meine Augen hatten wohl mehr der Fragen getan als sdiicklidi war. Ich bat es ihr heimlich ab. Laut aber sagte ich: Wenn mir recht ist, fiihrt auch Euch der Weg ins Dorf hinauf. Ich dadite, ihn zu kennen, aber idi sehe nun, dab idi nicht sicher bin. Ich war zuletzt vor vier Jahren oben." In vier Jahren andert sich einiges", gab sie mir zur Antwort. Ihren Worten sdiien ein tieferer Sinn unterlegt zu sein, als ich erkennen konnte. Uber ihr Gesidit senkte sidi Sdiatten. Dann aber glaubte idi, eine kleine Erhellung zu bemerken. Solange wart Ihr nicht oben, und Ihr kamt doch sonst gem." Ich hatte also recht mit meiner Vermutung, ihr schon begegnet zu sein. Sie nahm mir ab, was idi selber dachte. Ein kleiner Ort ist wie ein grobes Haus", sagte sie, da behalt man sidi im Auge. Und einer weib von den andern". Sie sprach nicht welter. Es war, als lege sidi bei diesen Worten wieder Schweres auf ihr Herz. Ihr Gesicht bezog sich mit dunkler Rote. Hatte sie etwas zu verbergen? Ihr miibt den Weg redits nehmen", fiigte sie rasch hinzu. Ihr kommt dann an den Klippen vorbei, und bald - das wibt Ihr sicher noch - seht Ihr den Kirchturm aufragen und ein wenig weiter auch die ersten Hauser durch das Griin blinken." Und Ihr? Wir haben einen Weg. Wir gehen dodi zusammen?" Sie erwiderte nidits. Aber sie schritt mir voraus. Sie hatte es ohne Widerrede und mit dem sicheren Gefiihl fiir das, was sich schickt, geduldet, dab ich ihr das Bundel abnahm. Nun, wo sie wortlos vor mir ging und ich ihr sdiweigend folgte, wurde ich das Empfinden nidit los, dab es etwas Besonderes um diese Frau und ihre Heimkehr sein miisse. Die Fragen aber, die sich auf meine Lippen drangten, wagte ich nicht auszuspredien. War ihr in der Fremde ein Gliidc zerbrochen? Hatte sie einen lieben Mensdien begraben? Den Mann? Ein Kind? Vielleicht ein erwachsenes Kind? Ich hatte das sichere Gefiihl, dab sie Mutter war, und ein Unerklarlidies in mir verdichtete sich fast zu der GewiBheit, dab es etwas sein moge um die Kinder, um ein Kind - ich ersdirak beinahe vor meinen Gedanken. Aber eine Scheu hielt meinen Mund versdilossen und verbot mir, die Frau zu fragen. Um nicht unhoflich zu sein, redete ich dann schlieblich doch. In meiner Aufgescheuditheit sprach ich unbeholfen und ungeschickt daher: Wie schon die Welt hier oben sei und dab idi in den Stadten immer Heimweh nach ihr im Herzen trage. Man moge gern glauben, hier wohnen der Friede und das Gliick. Es gebe weniger schledite Menschen und daher weniger Leid; denn das meiste Leid, so meinte idi im Schreiten iiber die Fichtennadeln hin, bereiteten sich die Mensdien selber. Dies und anderes, was mir die Verlegenheit eingab, sagte ich so hin. Es war unbedeutend genug und soute nur iiber das Schweigen und Steigen hinweghelfen. Als sich endlidi die Dammerung, die um uns gewesen war, liditete und zur Seite die Felsenklippen schroff aus dem 37

41 Leib Sauerländer der Berge Heimatbund und dem Griin des Waldes wuchsen, bot sich uns die erste Sicht aut das Dorf, Ich war in meiner Freude iiber den prachtigen Blick eln paar Schritte vorausgegangen, und als ich mich wandte, sah ich, wie das Gesicht der Frau von Tranen feucht war. Immer neue brachen aus ihren Augen. Ich stand ratios. Noch mehr der Hilflosigkeit kam iiber mich beim Anblick der Frau, die im Angesicht ihrer Heimat, wohl auch schon wahrend meiner Worte, still vor sich hingeweint hatte. Und nun stammelte ich doch die Frage: Was hat Euch die Fremde angetan? Seid Ihr..." Ich brach ab. Sie schien ruhiger geworden zu sein und sah mich mit ihren verhangenen Augen, die mich um Schweigen baten, stumm an. Es war wohl der Aufstieg. Er hat Euch doch zu sehr angestrengt", meinte ich in meiner Verlegenheit. Sie lachelte in der ihr eigenen Art, so wie der Spiegel eines abgnindigen Wassers einen Augenblick die Tiefe \ergibt und eine lichtere Welle iiber sich hintreibt. Ihr miict nun gehen, Herr", sagte sie dann und griff nach ihrem Biindel, Ich? Und Ihr nicht?", war meine erstaunte Frage. Ihr wollt doch auch ins Dorf. Und da ist es selbstverstandlich, dab wir die letzte Strecke zusammengehen." Ihr diirft nicht mit mir gehen - und auch sonst: ich mochte an dieser Stelle noch ein wenig verweilen. Die Steine sind eine Statte der Erinnerung filr mich - keine frohe, Herr - und dann ist da der Blick auf die Kirche, die Schule, in die Ihr geht. Das alles ist viel fiir mich in dieser Stunde, Ihr konnt es wohl nicht verstehen." Nein, ich verstand nicht alles. Ich wubte nur, dab diese Frau lift. Ich hatte ihr die Ruckkehr gern leichter gemacht, und darum sagte ich, jetzt scherzend: Ich denke, wir gehen doch zusammen. Oder hab ich was an mir, dab Ihr Eudi mit mir schamen miibt?" Das Wort lieb sie zusammenzucken. Aber gleich gewann sie die Herrschaft fiber sich zuruck. Nur ihre Stimme zitterte, als sie mich mit diesen Augen ansah, die soviel Leid getrunken haben mubten und dabei sagte: Schamen? Nein. Aber Ihr mubt Euch mit mir schamen. Ich komme aus dem Gefangnisse - heute. Ich war gestern noch Strafling. ich war es lange Zeit. Mehr als zwei Jahre." Wenn aus dem Herbsthimmel, der in leuchtender Klarheit wie eine glaserne Kuppel fiber der Bergwelt stand, ein Blitz auf uns niedergestfirzt ware, er hatte mich nicht mehr erschrecken konnen als ihr Wort. Aus dem - aus dem - Ihr? Das ist nicht moglich!" Kam es so aus mir heraus? Idi weib es nicht mehr. Die Frau hier vor mir sollte sidi schuldig gemacht haben? Mehr als zwei Jahre Gefangnis fur sie? Idi konnte es so wenig glauben, wie ich glauben konnte, dab die kleine weibe Birke, die ich in meinem Erschrecken umklammert hatte, statt des zartglodenen Laubes eklen und faulen Moder auf mich werfe. Noch mehr als vprhin ffihlte ich etwas von dieser Frau ausgehen - ich konnte es nicht anders bestimmen als so: es grenzte an Hoheit! Sie lieb mir aber keine Zeit mehr, nodi zu fragen, zu spredien. Ich ware vor Besturzung auch kaum fahig dazu gewesen. Sie dankte mir kurz, verlieb den Weg und nahm den Pfad, der hinter die Klippen ffihrte. So wandte ich mich nun auch, und ohne nadi ihr umzuschauen, ging ich in der eingesdilagenen Richtung weiter, nun abwarts, auf das Dorf zu. Es war mir, als habe sich mir im Schatten des Waldes ein Gespenst aufgehockt, wurge mich und lasse mich nicht, auch als ich schon langst im Lichten ging, auf das Lehrerhaus am Hange zu. Dem Freunde und den Seinen gegenfiber konnte ich mit dem, was mich bedrfickte, nicht lange zurfickhalten. Es war Abend geworden. Wir saben in der Stube zusammen. Der alte Kirchturm wuchs ins Licht eines frfihen Mondes und sah uns fiber ein paar Garten hinweg zu. Da lieb ich sie um meine Begegnung und um das wissen, was wie ein Stein in mich gefallen war. Meine Mitteilung machte die beiden Menschen im Anfang froh, dann freilich rasch wieder ernst und besorgt. So hat man ihr also einen Teil der Strafe erlassen", sagte der Freund. Ich stand bestandig mit dem Leiter der Strafanstalt in Verbindung. 38

42 Ich wubte, dac Anna sich gut, ja sehr gut fiihre. Es war nicht anders zu erwarten." Man hatte dir auch ihre vorzeitige Heimkehr mitteilen sollen", bedauerte Mutter Wendland, nun findet sie nichts und hat nichts". Es gibt doch Mensdien, die ihr naher stehen als wir. Der Bruder in ihrem Elternhause ist noch da - und die, um die alles geht: ihre Tochter Und der Schwiegersohn in der Miihle unten." Auch die, gewib", gab Frau Wendland zu. Es klang aber etwas in ihren Worten mit, was Wenig nach Hoffnung lautete. Die sind der Anna naher", fuhr sie fort, sicher. Aber das entbindet mich nicht der Pflicht, ihr in dieser Stunde audi nahe zu sein". Ihre Stimme nahm einen Klang an, als liebkose sie ein Kind, jetzt, da sie still fiir sich hinsprach und uns Manner vergessen zu haben schien: Also die Anna ist wieder da - Anna - Kind, Madchen!" Dann aber war sie aufgestanden und bat ihren Mann und mich, es ihr zugute zu halten, Wenn sie uns allein lasse. Die Anna ist wieder da, da mub doch was getan werden!" Wie hatten wir sie halten wollen! Der Freund und ich saben nun allein in der Stube. Die beiden Tochter hatten eine Urlaubsfahrt unternommen. Es war nicht notwendig, Lidit anzuziinden. Der Mond gab seinen Schein, die Baume in den Garten farbten sich schon, et- Was von der Buntheit war selbst jetzt zu erkennen und gewann im Silber, das von oben niederrieselte, zauberhaften Glanz. Wir hatten Uns sonst dieser Stunde still hingegeben. Aber Dun achteten wir ihrer nur wenig. Der Freund erzahlte. Anna ist einmal das schonste Madchen im ganzen Dorfe gewesen", hub er an. Ich weic, das besagt nicht viel. Wenn aber hinzukommt, dab sie auch das tugendhafteste war, dann ist das doch etwas fiir ein junges Kind. Sie hat noch kurze Zeit vor mir in der Schulbank gesessen, sie war unter unsern Augen Madchen und Wurde Frau und Mutter. Sie ist uns immer der hochsten Achtung wert erschienen - bis - du kennst sie nicht erst von heute! Du bist ihr nianchmal begegnet, wenn auch wohl meist nur fiir eine fliichtige Bedienung." Sie sagte vorhin Ahnliches, und mir schien sie auch bekannt. Aber ich weib doch nicht - oder sie miicte sich sehr verandert haben." Verandert schon. Fast drei Jahre Haft und yas vorher war - das alles kann einen Menschen in den Wurzeln treffen und andern, auch wenn ss sich nicht um eine Frau handelt, das ist nichts Ungewohnliches. Aber es ist schon so, du hast sie gekannt. Sie hatte die letzten Jahre die kleine Posthilfsstelle in unserm Dorfe inne." Was du sagst! Nun weib ich auch - aber da "inter dem Schalter sab vor ein paar Jahren noch eine junge Frau. Die Heimgekehrte ist wie 6ine Taube weib geworden." Wie eine Taube weib, sagst du - so also hat das Leid, so hat alles in ihr seine Wirkung getan, arme Anna! Wie eine Taube weib - was schadet es schlieblich; wenn nur das Andere nicht ware, das Andere - und wenn wir sie erst wieder richtig daheim hatten, daheim bei sich selber!" So also denkt ihr von dieser Frau? Dann hatte ich mich doch nicht geirrt. Es macht mich bei allem fast froh. BloB - wie ist nun das Andere zu begreifen? Mehr als zwei Jahre Gefang- nis? Wie kann dieser Mensch ein Verbrechen begangen haben? Ein wenig kenne ich mich dodi schlieblich auch aus im Leben." Wir standen vor dem gleichen Ratsel wie du. Wir wissen nicht, was Gott gewollt hat, dab er iiber diesen Menschen die Dunkelheit niedergehen lieb. Mutter und ich haben uns beinahe zergriibelt. Wir waren nicht fern davon, mit dem Himmel zu hadern, als alles auf uns einbrach - als man sie fortholte, Anna, die doch auch Mutter war. Mutter, und welch eine Mutter!" Wenn du bis an den Anfang zuriickgehen woutest, wiirde mir ihr Schicksal vielleicht verstandlicher", wandte ich ein. Der Freund war von dem, was ich ihm iiberbracht und was die Erinnerung in ihm geweckt hatte, wohl mehr mitgenommen, als der sonst so Beherrschte verbergen konnte. Du mubt es entschuldigen", sagte er. Wir leben hier in einer kleinen Gemeinschaft. Die Dinge sind uns nahe... Aber ich will versuchen. 39

43 alles in eine Ordnung zu bringen. Anna war das Kind unseres Forsters. Der alteste Sohn, ihr Bruder, ist sein Nachfolger, du kennst auch ihn. Was ich vorhin iiber ihre jungen Jahre andeutete, mag dir genug sein. Sie hat friih geheiratet, ein halbes Kind war sie nodi. Damals wurde die Bahn durch das Seitental gelegt - du hast sie heute auf der letzten Strecke benutzt. In jenen Jahren ist viel fremdes Volk in unsere Gegend gekommen. Arbeiter aus aller Herren Lander. Darunter war auch der junge Baufiihrer, der eine Zeitlang in unserm Dorfe wohnte, ein Mann von fremdlandischem Aussehen. Auch im Wesen war er so, voller Glut und Temperament. Nicht eben schlecht, aber doch auch nicht bestandig. Er warb mit einem Feuer um das stille Kind der Berge, das von emer ganz anderen Schonheit war, als sie dem Manne bisher begegnet sein mochte: von der Schonheit einer Blume, in der sich bisher der Himmel gespiegelt hatte - er warb also mit einem Feuer, dem sie nicht widerstand. Nun, was ist noch zu sagen? Sie wurden ein Paar. Wer kann in solchen Dingen mehr tun, als zum Warten zu raten und dazu, dem UbermaC nicht allzusehr zu trauen? So taten wir. Aber mehr vermochten wir nicht. Wenn Anna gefehlt hat - wir beziehen das Wort auch auf das Spatere - dann darin, dab sie diesem Sturm nidit wehrte, bis ein wenig der verniinftigen Stille eintrat... aber sind da nicht Schritte drauben zu horen."? Ich hatte nichts vernommen. Der Freund war wohl in halben Gedanken mit seiner Frau fortgegangen und wartete auf ihre Heimkehr. Als alles still blieb, begann er wieder: Anna genob nicht einmal ein Jahr das Gliick ihrer jungen Ehe. Als das erste Kind geboren wurde, Brigitte, war es schon geschehen; der Mann tot. Man fand ihm am Sonntag in der Friihe an den Klippen oben an einer Sdiadelwunde. Es ist nicht festzustellen gewesen, ob ein Verbrechen geschah oder ein Unfall. Man hat =:-^<3:=<=<=«c^c:4=«:z<s:^x^'^atz =<=-er<s:-^<=-c=:< Suche Licht! Nicht alle Saaten werden Ahren, nicht alle Ahren werden Brot; nicht jeder Kummer ist gleich Sorge, nicht jede Sorge wird zur Not. Es keimt und griint so viel vergebens, es stirbt so mancher Hauch des Lebens lafit uns den Kummer mitbegraben, die Erde soil ihn wiederhaben. Herz, sieh die Sonne, suche Licht, du tragst dein Schicksal, lap es nicht! Ferdinand Tonne»3K=>:;»3>=»=>=>::»:»i>=>^= von einem Sturz gesprochen, den er im Dunkel auf dem Steinweg oder gegen die Felswand getan - aber er hatte unter dem fremden Volk, das nicht immer willig zur Arbeit und oft derii Trunke ergeben war, Feinde. Er soil sie audi anderswo gehabt haben. Es hieb, er sei Anna nicht einmal dies eine Jahr treu gewesen und habe andern Frauen nadigestellt. Wer wollte wagen, dariiber zu rechten? Anna jedenfalls hat ihm kein Wort des Vorwurfs nachgesagt. Sie stand nun allein. Sie hatte nichts, von dem sie und ihr Kind leben konnten. Da ist es uns gelungen, ihr eine Stelle im Postdienst der Stadt und spater hier zu verschaffen. Sie hat ihre Arbeit am Schalter, mit allem, was sie mit sich bradite, an die zwanzig Jahre zur vousten Zufriedenheit ausgeubt - bis zu jenem Ungliickstag, der ihr Leben auf's neue so furchtbar wendete." Das Kind, Brigitte, ist inzwischen verheiratet?", fragte ich. In der Grundmuhle, nicht wahr?" So ist es. Und mit dem Kind und der Miihle hebt das neue Unheil an. Brigitte hat viel von der Art ihres Vaters an sich. Das erwies sich friih. Auch die dunkle, siidlandische Schonheit - und leider das Andere auch... Aber du sahst sie als Kind mit der Mutter hier auf Urlaub." Ich erinnerte mich nun, ein Madchen von ungewohnlichem AuBeren beim Spiel vor dem Forsthause und sonstwo beobachtet zu haben. Wir hatten auch iiber sie gesprochen in den friiheren Jahren, in denen idi hier Gast war. Und jetzt fiel mir ein, dab der Freund von ihrer Eigenwilligkeit erzahlt hatte und davon, dab sie der Mutter die Erziehung nicht leicht mache. Wenn ihr ein zweites Fehlen nachgesagt werden kann, dann hat sie die Mutterliebe dazu gefiihrt. Und wann ware man zu groberer Nachsidit verpflichtet in der Beurteilung mensdilicher Schwachen, als hier," sagte er jetzt. Sie hat ihr Einziges iiber alle MaBen geliebt, und ein UbermaB ist niemals gut. In der Liebe gibt es zwar kein Zuviel, aber die Fiille will klug verteilt werden. Der junge Erbe des Miihlenhofes stellte Brigitte schon friih nadi. Seine Eltern waren gegen die Verbindung. Sie gebrauchten fiir ihr Anwesen, das durch verfehlte Korngeschafte hoch belastet war. Geld und neues Ansehen. Sie erwarteten eine vermogende Schwiegertoditer. Ihr Widerstreben half nichts. Der junge Mensch, noch unerfahren und untiichtig in seinem Beruf, mubte sie eines Tages in die Miihle holen, wollte er sie nicht in Schande bringen. Die Geburt des Kindes - es war ein langerer Aufenthalt in der Klinik erforderlich - kostete Geld. Ein Teil des Viehes und ein Stiick Wald sollten zwangsversteigert werden, um alte Verpflichtungen abzutragen. Der Tag der Pfandung war schon angesetzt. Da auf einmal war Geld vorhanden - eine nicht unerheblidie Summe -. Kurze Zeit hinterher erwies sich ein Fehlbetrag von ungefahrer Hohe der Schuld in Annas Postkasse. Du weibt vielleicht, dac die Papierfabrik im Jahre grobere Summen hier einzahlt. Nie sonst, beinahe zwanzig Jahre, war auch nur der Wert einer Briefmarke unter Annas Handen veruntreut 40

44 worden. MuB ich noch weiter erzahlen? ErlaB es mir. Du weifit ja auch alles." Und sie soil - diese Frau soil -?" Ich war aufgesprungen. Idi konnte das glelbende Lidit des Mondes nidit mehr sehen, wo ich mit hineingefiihrt war in soviel Dunkelheit. Sie soil es in die Miihle gegeben haben - das Geld?" Als mir der Freund endlich antwortete, tat er es mit leiser Stimme. Sie klang nicht mehr wie vorhin. Es war weniger Sdimerz in dieser Stimnre als Zweifel. Ich fiihlte es deutlich. Aber er sagte: Sie hat es gestanden. Immer wieder. Trotzallem, was dagegen sprach. Und sie hat dafiir die Strafe auf sidi genommen. In der Miihle hat man geschworen, nichts zu wissen und kein Geld erhalten zu haben." Wir saben beide versunken da. Wir mochten nicht mehr reden. Nadi einer Stunde - erst dann - kam Frau Wendland zuriick. Sie war nicht allein. Sie bringt Anna mit", meinte der Freund und ging hinaus, um sie zu uns in die Stube zu rufen. Aber seine Frau wehrte es ihm sacht. Beschame sie nicht", sagte sie. Es war schon so schwer genug fiir sie. Man wollte eine - Anna wollte man nirgends aufnehmen. Nicht einmal im Forsthause war Platz tiir sie. Da sind doch noch - da sind doch noch die Sommergaste. Und zu Brigitte wollte sie nicht. Unter keinen Umstanden zu ihrer Tochter, um nicht die Schande in die Miihle zu bringen und vor die Enkelkinder. Ja, so sagte sie, und dabei bleibt sie... Um das Gliick Brigittes ist es ihr immer gegangen, und wenn sie selbst - nun, du weibt es ja. Anna findet also keine Unterkunft im Dorfe. Wo konnte sie da anders sein, als bei uns, Vater?" Ja, wo konnte sie anders sein? Bleib die Nacht bei ihr. Mutter." Ich habe keine frohen Erinnerungen an diesen Aufenthalt in den Bergen bewahrt. Das Dorf achtete die Heimgekehrte. Es fand sich auch in der folgenden Zeit keine Kammer fiir sie. Ihre einstige kleine Wohnung war langst von dem Nachfolger besetzt. Sie blieb einstweilen im Lehrerhaus. Es war mir ein Trost, sie dort zu wissen. Mein Beruf entfernte mich dann fiir eine Reihe von Jahren aus der Nahe der mir so lieben Berge. Ich fand lange nicht den Weg zu dem Freunde. Wir wubten uns aber so verbunden, dab nicht einmal viel Briefe notwendig waren, unsere alte Gesinnung unverandert zu erhalten. Immer aber, wenn wir uns schrieben, ging es dabei auch um das Schicksal Annas. Im Anfang war es Schweres und Schwerstes. Sie hatte Beschaftigung in der Papierfabrik gefunden, die abseits lag, aber dodi auch noch eben vom Dorf aus erreichbar. Taglich machte sie nun den Weg dahin, durch Wind und Wetter Altes sauerlandisches Bauemhaus und bei halber Nacht - sie, die alternde Frau! Das Dorf verharrte in Ablehnung gegen sie, die Schande iiber die Heimat gebracht hatte. Das Lehrerhaus blieb ihr immer often. Es lieb sich darin nicht beirren, wie man auch da und dort murrte. In der Miihle gait sie als eine Fremde. Da war zum ersten ein zweites Kind gekommen, schon vor Annas Heimkehr. Bald wiirde es ein drittes sein. Sonst aber schenkte das Gliick hier sparlich. Der kurze Wohlstand - der alte Miiller hatte damals von einer Erbschaft aus Amerika erzahlt und ein Papier vorzeigen konnen - war langst vertan. Es ging den alten Schlendrian. Die junge Miillerin freilich trug den Kopf hodi und lebte flott. Sie war noch immer schon. AUerdings schien sich friih das erste leise Welken anzusagen, Sie lachte viel und trug ein auffalliges Wesen zur Schau. Nie hat ein Mensch gesehen, dab sie die Mutter aufsuchte. Nach weiteren Jahren hieb es, Anna sei bei ihrem Arbeitsherrn sehr gelitten. Sie schaffe mit einer Unermiidlichkeit, die keiner ihrer Schwachheit zugemutet habe. DaB sie auch darbe, war den wenigsten bekannt. Der Freund wubte es. Und er wubte audi, dab sie von dem entwendeten Gelde bereits einen Teil zuriickerstattet hatte. Es werde nicht allzulange dauern, dann sei die Schuld auch nach dieser Riditung hin abgetragen - Schuld? Es will mir einfach nidit in den Sinn, lieber Freund, dab Anna eine auf sidi lud. Freilich, ihr Bekenntnis steht da, und die Jahre der Haft richten sich wie eine hohe, graue Mauer auf. Ich fiihle mich mandimal wie ein Blinder, dem man sagt, es sei Nacht, wo ich dodi Lidit zu fasten meine." So sdirieb er und fiigte hinzu, es sei ihm gewib, dab Gott audi diese Verborgenheiten offenbar werden liebe, 41

45 wenn Sauerländer es in Heimatbund seinem RatschluB und De in Suerländer seiner Heilsordnung liege. Das sei ihm trostlicher Glaube, - Er war ein besinnlidier Mann, der Freund, und wurde es mit zunehmendem Alter in seiner Bergeinsamkeit immer mehr. Und wieder nach Jahren: Es sei nun der letzte Heller bezahlt! Er selber habe alles fur Anna bei der Postbehorde ins Reine bringen diirfen. Der Tag, an dem er ihr die Unterschrift holte, sei einer seiner glticklichsten gewesen seit Jahrzehnten. Sonst aber - ich wiirde Anna zum zweitenmal nicht wiedererkennen, so wenig sei sie geworden unter aller Entbehrung und bei ihrer Arbeit Tag fiir Tag. Im Dorf wiirden bestandig mehr Stimmen zu ihren Gunsten laut. Der Pfarrer insbesondere, der alte Mann, der immer zu ihr gestanden und das verschattete Bild des Kindes Gottes in ihr erkannte und ehrte - er liefie nun kein Wort aufkommen, das dies Bild beschmutze. Er erregte noch AnstoB bei Verharteten, immerhin, sdirieb der Freund, er habe einmal ein Wort zu mir von dem Licht gesprochen, das wohl auch in dieser Dunkelheit aufgehen konne. Nun, moge er meinen, ein erster zager Funke glimme in der Tiete des Abgrundes auf. - So ging es eine Zeit von ihm zu mir, von mir zu ihm. Dann hieb es einmal, der jungen Miillerin, Brigitte, gehe es nicht zum Besten. In aller sommerlichen Pracht sei die Wurzel ihres Lebens, ja, der Baum selber, von einem giftigen Wurm angefressen. Sie vergehe wie Wasser in der Sonne. Und das Schlimmste: die sonst so Frohe, in ihrem Lebensdrang oft Uberschaumende, manchmal Unbeherrschte und Wilde, die in den Zeiten solchen Uberschwanges alles um sidi vergessen konnte, verfalle ins Gegenteil, sie liebe immer haufiger die Schwermut Macht iiber sidi gewinnen. Sie trage ein so sonderbares Wesen zur Schau, dab man angstlich um ihre Zukunft besorgt sein miisse. In solchen Stunden", schrieb man mir aus den Bergen, kann sie sich von den Kindern entternen - du weibt, es sind jetzt drei - von den Kindern geht sie fort, von der Muhle, von alien Menschen. Sie ist schon ganze Tage nicht aufzufinden gewesen. Man hat sie am Wege sitzen sehen, der von der Papierfabrik ins Dorf herauf fiihrt, den die Mutter noch Abende gegangen kommt, wenn sie von der Arbeit heimkehrt. Ich fand Brigitte dort selbst einmal am Abend, als es schon zu dunkeln anfing. Ich sprach sie freundlidi an. Als sie aber meine Stimme horte, lief sie wie ein aufgescheuchtes Wild davon. Ich hatte noch einen Blick tun konnen in ihre groben leeren Augen. Das Haar hing ihr unordentlich um den Kopf. Es war ein Anblick des Grauens, die einst so bliihende, nun verstorte und beinahe verfallene junge Frau lautlos enthuschen zu sehen. Es mub furchtbar sein, wenn sich der Geist eines Menschen verwirrt und dem Dunkel zueilt - ich kann es von Brigitte nicht anders vermuten; ich fiirchte es -". Der Freund hat aber doch wohl zu schwarz gesehen. Es ist wieder hell in der Seele des jungen Weibes geworden fiir eine kurze Zeit, die letzte ihres Lebens. Sie hat noch zwei Kinder (Zwillinge) zur Welt gebracht. Mit ihnen aber hat sie den Rest ihrer Kraft hergegeben. Fiinf Kinder in dergrundmiihle, der willensschwadie, untiichtige Mann, dem kaum nodi ein Stein des alten Besitzes gehorte - hier vermoge man wiederum nicht, mit seinen sdiwadien Kraften Gottes Absichten zu erahnen, meinte der Freund. - Sdineller, als ich erwartet, erhielt ich eine weitere Nachricht aus den Bergen. Sie war nur kurz und enfhielt die dringende Aufforderung zu kommen. Ich habe durch besondere Fiigung - dessen seien sich die Freunde langst bewubt - Einblick in ein Menschenschicksal nehmen diirfen. Ich moge nun sehen, welche Wendung eingetreten sei. Die Mitteilung dariiber sei nicht mehr durch einen Brief in die Feme zu tragen. Frau Wisndland hatte in ein paar Worteii, in denen noch die Erregung zu zittern schien, das Ihrige hinzugefiigt: Es stehe mir etwas bevor, was mich mit noch tieferer Ehrfurdit erfullen wiirde iiber die GroBe eines Menschenherzens. Ich konnte es diesmal moglich machen, gleich zu reisen. Der Freund holte midi im Tale ab. Aber weder er nodi ich mochten unterwegs von dem sprechen, was mich nach sechs Jahren wieder hergefiihrt hatte. Es war auf dem Gang durdi den Wald audi sonst viel von dem zu erzahlen, was geschehen war in der langen Zeit. Als wir dem kleinen, alten Friedhof nahe waren, trat eben eine Frau aus dem Tor. Sie fiihrte drei Kinder mit sich. Die jiingsten trippelten der Frau auf kleinen FiiBen zur Seite. Sie trug Trauerkleidung. Von dem Schwarz stadi das schneeige WeiB ihres Haares stark ab. Sie war klein, ein wenig gebiickt, aber ihr Sdiritt war nodi fest und sicher. Der Freund blieb stehen und griibte mit Kopfnicken. Nun erst ahnte ich, wer da mit den Kindern ging. Sie -", entfuhr es mir - Anna"? Der Freund bejahte. Anna", sagte er, die Mutter". Das Wort in seinem Mund hatte ehrfiirchtigen, fast feierlichen Klang. Das Weitere, das, was sidi in der letzten Zeit zugetragen hatte, erfuhr ich erst am Abend. Wiederum schaute der alte Kirchturm zu uns herein, und ab und zu schlug die Uhr und kam iiber die Garten her zu uns. Es war uns dann, als trafe uns eine Stimme aus der Ewigkeit, die allem Erdengeschehen den letzten sicheren Grund gab, auf dem es allein zu begreifen war. Und so ve'rnahm ich Annas Tat der Mutterliebe: nicht s i e hatte das Geld genommen - Brigitte, die mit allem im Posthaus vertraut war, hatte es in der Nacht entwendet. Die Mutter, die nidits anderes annehmen konnte, trug fiir sie Sdiande, Gefangnis und Not...! Die Miihle aber hatte - Brigitte zuerst - Gott im heiligen Eidsdiwur zum Zeugen der Liige angerufen. Im Krankenhaus der Stadt, kurz vor ihrem Tod, doch in voller Wadiheit, und Herr ihrer Sinne, hat Brigitte dem Pfarrer ihres Heimatortes, dem alten Mann, dies Gestandnis abgelegt. Er hat ihr das Geheimnis als Beidite ab- 42

46 nehmen und hiiten wouen. Das aber hat der Sterbenden nicht geniigt. Sie hat ihr Vergehen schon lange vorher zu Papier gebracht, bat nun den Pfarrer, ihre Unterschrift zu bestatigen und hieb ihn, fiir sich ihre verborgene Schuld zu bekennen, damit ihre Seele im Jenseits die Ruhe fande, die sie die letzten Jahre hier nicht mehr gehabt habe. So also ist es am Tag vor ihrem Tode geschehen", sdilob der Freund mit bewegter Stimme. Ich habe ihren Brief in der Hand ge- Besitzern eine Kammer iiber den Stallungen eingeraumt worden. Der Miiller ging als Waldarbeiter. Als Brigitte das Gestiindnis abgelegt hatte, verlieb er die Gegend. Lange kam keine Nachricht von ihm - dann aber doch; zu Beginn des zweiten Weltkrieges ist er beim Ubergang liber die Grenze in die Schweiz erschossen worden. Aber lange vorher hatte Anna - ausgesohnt mit der sterbenden Brigitte - die Kinder zu sich genommen. halten. Immer, wenn dort das Wort Mutter stand, meine Mutter, ist es von Tranen verwischt und kaum noch zu lesen gewesen." Und nun miibte von dem GroBten dieser Mutter erzahlt warden. Aber wie woute ich mich vermessen, es zu unternehmen? Was die Feme mir davon zutrug, ist nicht in Worten auszudriicken. Ich kann nur ein paar kafge Andeutungen machen. Schon langere Zeit vor Brigittes Tod war die Muhle an Fremde verkauft und den einstigen Viel mehr schrieb der Freund nicht von ihr. Aber dies Eine stand da und wuchs wie Fels auf, wie ein Mai der Liebe wuchs es vor meinen Augen auf; sie hat die Kinder zu sich genommen, die alte, vom Leid geschiittelte, von Entbehrungen geschwachte Frau - fiinf Kinder! Drei Jahre, sieben, zehn, und immer hieb es so: die alte Frau - und fiinf Kinder! Die Ehrfurcht gebot ihm wohl, nicht mehr zu schreiben. Sie hieb ihn schweigen. Ich wubte zwar, das Lehrerhaus half, das Dorf nun wohl auch, die Altesten wuchsen heran 43

47 und nahmen ihr einen Teil der Last ab - aber dennoch hob ich, was diese Mutter in der Stille des entlegenen Bergwinkels tat, fiir midi zu jener GroBe auf, die mich still machte und mir verbot, weiter zu fragen und mehr von ihr zu erbitten. - Erst vor kurzem kam idi wieder ins Dort. Der Freund hiec midi in der Abendstunde dieses Tages im friihen Mai mit auf den Friedhof gehen, wo mir Anna zuletzt begegnet war. Dem alten Teil des Gottesackers war ein neuer angefiigt. Der Pfarrer, so vernahm ich auf diesem Gang, habe das grobe Eichenkreuz dort errichten lassen mit der Bestimmung, dal5 er selbst unter ihm ruhen wolle, inmitten der Seinen und alien durch die ausgestreckten Arme der Liebe verbunden. Als aber Anna, die Mutter, vor ihm starb", fiigte der Freund hinzu,, hat er es durchgesetzt, dab man ihr das Grab in der Mitte unter dem Kreuz bereitete. Es hat bei keinem im Dorfe mehr Befremden hervorgerufen.,bedenkt, was wir gutzumachen haben', ist sein Wort, das Wort eines Greises gewesen, der an der Sdiwelle jener Welt stand, die sidi der Mutter schon aufgetan hatte. Er hat aber fiir sich Weisung gegeben, ihm, wenn seine Stunde komme, abseits zu betten, well er sich nicht fiir wiirdig halts, in ihrer Nahe zu ruhen." Wir standen vor dem kleinen Hiigel, der in Blumen bliihte. Alle Tage tragt eine Hand neue herzu", sagte der Freund, und alle Tage in dieser Zeit sprossen junge aus der Erde iiber ihrem Herzen". Und dann wurde seine Stimme leise: Es liegt niemals voiles Dunkel auf diesem Grab. In der finsteren Nacht ist noch ein Schein daruber gebreitet - ein Schein...!" Er schwieg und stand entblobten Hauptes. Er war um vieles alter geworden, der Freund, noch stiller als sonst, und sein Denken ging wohl schon manchmal iiber die Grenzen hinaus, die unserm Alltag gesetzt sind. Illustration: Reinhold Bidier Rh6nschwalbe" am sauerlandischen Himmel 44

48 Das Geruchf I Von Walter Vollmer Eines Tages setzten zwei Manner ein Geriicht in die Welt. Sie taten es nicht absichtlldi. Die meisten Geruchte werden unabsichtlich erzeugt. Man weib nicht, wann und wo, und ihre Herkunft ist ihnen niclit an der Stirn abzulesen, da sie keine haben. Es gibt so vielerlei Geruchte, dab man sie nicht alle aufzahlen kann. Dieses Gerucht wurde in einer Miihle erzeugt, und es war ein echtes Geriicht, das sofort, von unbandiger Reiselust getrieben, die Miihle verlassen woute, darin die beiden Manner an diesem Tage wandermiide rasteten. DaB es ein echtes Gerucht war, bewies es gleich nach seiner Entstehung: Der Miiller schlug zufallig die Tiir zu und klemmte es ein. Nun konnen Geruchte boswillig und gutwillig, diplomatisch oder - zur Ehre der Menschheit sei's angenommen - ganzlich unabsichtlich sowohl in Einzelherstellung als auch in ganzen Familienverbanden in die Welt gesetzt werden - unglaublich zah sind sie alle! Audi dieses Geriicht bewies seine Echtheit. Es ging beim Tiirzuschlagen nidit zugrunde, sondern klemmte sich durch einen Spalt nach drauben. Die Welt war ihm preisgegeben. Noch war es ein erbarmliches, kaum wahrnehmbares Gerucht, von seinen Erzeugern langst vergessen. Eine friedlichetaube,die am Miihlenwehr auf dem Holzgelander sab, augte ein paarmal hin und her, ob es frebbar sei in seiner ErbsengroBe, aber dann nahm sie doch Abstand davon. Es schauderte sie. Du hattest mich ruhig verschlucken konnen" sagte das Geriicht mit seiner Gattung eigenen heiseren Fliisterstimme. Nach einiger Zeit ware idi doch wieder da gewesen. Auf ganz natiirlichem Wege." Pfui! Wer bist du eigentlich?" Ich bin die Wahrheit, liebe Taube." Die Wahrheit hat vielerlei Gesichter, aber alle sind anders als deines. Die Wahrheit ist empfindlich, du dagegen siehst aus, als konne dich nichts umbringen." Doch! Doch! Aber was es ist, das sage ich dir nicht." Damit erhob es sich und segelte davon, gegen den Wind iiber den Miihlenteidi hinweg zum Dorf hiniiber. Gegen den Wind?" staunte die Taube. Dann kann es nur ein Geriicht gewesen sein, ein Flustergeriicht von der gewohnlichen Art." Sie flog davon. Die Statte war ihr verleidet. Geriichte haben ein unglaubliches Witterungsvermogen. Dieses Geriicht lieb sich bei einem Manne im Dorf nieder, der es autgeregt und erschrocken nahrte und ihm in Begleitung eines Briefes den Weg in die Kleinstadt wies, wo es kurz darauf kraftiger und runder denn zuvor gliicklich eintraf. Unterwegs griibte es ehrerbietig eine fliegende Untertasse, die aber in ihrer weltpolitischen GroBe keinerlei Notiz davon nahm, wachst doch der Hochmut aller Ge- riichte mit ihrem Umfang. AuBerdem war sie ein kompliziertes Kombinationsgeriidit aus Technik, Politik und Urvaterweisheit, denn sie hatte schon vor tausend Jahren in anderer Gestalt die Urwalder des Landes bei Nacht und Sturm iiberflogen, von heulenden Eulen begleitet. Der unerwiderte GruB beriihrte das Geriicht nicht sonderlich. Sein Ehrgefiihl war schwach entwickelt. Es schamte sich auch nicht, in Kreise einzudringen, wo es eigentlich kein Gastreeht besab. Zwar wurde es mit: Sieh an, wie interessant -!" begriibt, wurde genahrt und eingehend betrachtet, dann aber eilig weitergegeben - und so hatte es sich seinen Lebensweg auch richtig vorgestellt. Es nahm zu an Umfang und vieldeutigem Aussehen. Es wurde dreister und lieb sich sogar interviewen und mit einem Fragezeichen versehen, nahm an Coctail-Parties teil, fuhr mit der StraBenbahn und liebte bei alledem immer mehr das Zwiedunkel zwischen Tag und Nacht. Als es durch die unglaublichsten Zutaten aus den Kiichen des ganzen Landes so voluminos geworden war, dab es sich nur noch wie ein plumpes Ungeheuer dahinwalzen konnte, widerfuhr ihm etwas, was einem Gerucht niemals widerfahren darf: Es verfehlte seinen Schleichweg! Ungeschickt, eingehiillt in eine Wolke von Dampf und Wind, rollte es in seiner ungeheuerlidien HaBlichkeit eines Tages often und geradewegs auf einen Mann zu, der ahnungslos in seinem Garten stand und Kartoffelkraut verbrannte. Als es seinen Irrtum erkannte, was es zu spat. Da woute es ihn iiberrennen, ihn mit GebruU umwerfen, ihm Angst einjagen oder wenigstens mit ihm verhandeln, denn gerade zu diesem Manne stand es in zwar sehr einseitiger, aber schwerwiegender Beziehung. Du bist mir aber ein schauerlidies Gerucht" lachte der Mann, seelenruhig dabei sein Kartoffelkraut mit der Gabel wendend. Es ist mir bereits zu Ohren gekommen, dab du im Lande rumorst. Nun, da ich deine Bekanntschaft mache, mub ich dir sagen, dab ich dich geradezu drollig finde mit deinem Dampfgetose und deinen kurzen Beinen." Leise fallt der Regen Leise, leise fdllt ein Regen auf das friihlingsweite Land. Rieselnd Iduft er auf den Wegen, sickert und verrinnt im Sand. Atmend offnen sich die Grdser, alle Blumen trinken satt. Horch, es klirrt wie feine Gldser, fdllt der Regen auf ein Blatt. In der Linde schaukelt zwitschernd auf dem Ast ein Vogelpaar. Silberperlen tropfen glitzernd nieder aus dem Bldtterhaar. Marta Schlinkert 45

49 Sauerlandische Zukunft Das Geriicht blahte sich bose auf: Wehre dich! Nimrti deine Gabel, deinen Federhalter, rufe Oder klage vor Gericht, Mann - nur wehre dich!!" Und da bediente sich der Mann in frohlicher Eintalt der einzigen, aber furchtbaren Waffe, die es Geriichten gegeniiber gibt: Er lachte! Er sdilug sidi auf die Sdienkel, sah das zum ersten Mai angstlich gewordene Gerucht ohne Augenzwinkern an und lachte, dac ihm die Luft fortblieb. Und je langer er lachte, spottisch und kopfschiittelnd seinen Gegner betrachtend, umsomehr sank es wie ein Luftballon, dem das Gas ausgeht, in sich zusammen. SchlieBlich war von ihm nidits mehr da als ein Seufzer, eine Geriichtpelle, die der Mann, immer noch lachend, auf seine Spitzgabel nahm und in ein Erdloch warf. Weg war es! Er trat das Loch mit dem FuB zu, schiittelte den Kopf, steckte seine Pfeife an und begab sich an seine Arbeit zuriick...geriichte sollen einen guten Diinger abgeben" sagte er zu seinem Nachbarn, der iiber den Zaun guckte. Aber ein guter Garten verlabt sich dodi besser auf seinen eigenen Stallmist." Im folgenden Jahr wudis sdiones Gras auf der Stelle, wo das Gerucht begraben lag. Im Lande war es vergessen. Ganz neue Geriichte unterschiedlidisten Charakters segelten auf Schleichwegen durch die menschliciie Gesellschaft. Es war nicht zu befurchten, dab ein Kamel das Gras abfressen und dieses Geriicht befreien wiirde. Ganz einfach deshalb nicht, well es in diesem Lande keine Kamele gab! 46

50 ^^ O-iS tote Erzahlung von Martha Schlinkert Als Johann Hambrinker die breite FahrstraCe verlieb und in den Sandweg einbog, der an dem Seller Kiefernwald entlangfiihrte, begann seinherz heftiger zu sdilagen. Wie konnte idi midi nur so hinreiben lassen", dachte er, da6 idi nidit einmal meine Arbeitsjoppe ablegte und wie ich ging und stand von der StraBe weg die lange Strecke hierhergetahren bin in mein Heimatdorf". Das Heiraweh hatte ihn so plotzlidi und urgewaltig angesprungen, dab er sich nicht hatte wehren konnen. Johann," wiirde seine Sdiwester Nanda sagen, geht es dir so sdileclit in der Stadt, dafi du im Arbeitskittel heimkommst?" Ach ja, die Nanda - sie fuhr nicht einmal am Werktag mit dem Rad ins Dorf, ohne ihr Sdiwarzseidenes anzuziehen. Sand rieselte Johann in die Schuhe. Er mubte lachen, well sidi seine Zehen dagegen straubten. Seit vielen Jahren liefen seine FiiBe uber die AsphaltstraBen der Stadte, da waren sie den Sand der Heimat nidit mehr gewohnt. Und es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hatte er mit bloben FuBen (Jarin gewiihlt und hatte nidits Schoneres gekannt. Noch immer lachend, biickte der Magde und das Spiel der Mundharinonika des alten Barnabas, das zu seiner Zeit die Stille der Abende mit Leben erfijut hatte. Johann Hambrinker verspiirte keine Miidigkeit, obwohl er schon seit dem fruhen Morgen unterwegs war. Frohe Erwartung beschwingte seine Schritte. Es qualte ihn nidit einmal, dab er im Arbeitskittel heimkehrte. Ein erlenbestandener Weg fiihrte links zum Echterhof ab. Unwillkiirlidi verhielt Johann den Schritt. Friiher pflegte der Spitz Imme mit wutendem Geklaff herbeizuspringen und jedem Fremden tuckisch die Zahne ins Hosenbein zu sdilagen. Alles blieb still, und wieder stieg in Johann ein leises Verwundern auf. Kein Hundegebell empfing ihn, und audi dieses Gehoft lag dunkel da, und er mubte eine Weile sdiarf hiniibersehen, ehe seine Augen in der Dunkelheit die Umrisse erkennen konnten! Sie gehen wohl alle mit den Hiihnern ins Bett', dachte er. Als Johann den dritten Hof erreichte, war es ihm plotzlidi, als sei er in ein totes Dorf heimgekehrt. Er sehnte sich nach einem Schimmer er sich, streifte die Sdiuhe ab und schlenkerte sie an den Bandern haltend in der linken Hand hin und her. So ging er eine Zeitlang am Wald entlang, wahrend die Gedanken schon vorausflogen und ihm fast greifbar die Stube daheim mit der Sdiwester darin vorgaukelten. Ein Glucksgefiihl stieg in ihm auf, dab es ihm die Brust zu sprengen drohte, und er ging schneller furbab. Als Johann endlich den Pfad erreichte, der zu den verstreut liegenden Gehoften des Dorfes fiihrte, lag bereits Dunkelheit iiber dem Land. Der erste Hof am Wege war zugleidi der grofite. Es verwunderte Johann, dab kein Lidit aus den Fenstern fiel. Auch vermibte er das helle Lachen Lidit, nach einer menschlichen Stimme, und kame sie auch nur aus weiter Feme zu ihm in die unheimliche Stille hinein. Trauer und Miidigkeit iiberwaltigten ihn plotzlich, und er setzte sich auf einen Grenzstein, um ein wenig zu rasten. Ich hatte am Morgen ankommen sollen," dadite er. In der Nadit heimzukehren, tut nidit gut." Eine innere Unrast trieb ihn sogleidi wieder hoch, und er war froh, als endlich der schmale Pfad auftauchte, der zu seinem schlichten Elternhaus fiihrte. Er sah die weiben Wande des Fadiwerks durdi die Dunkelheit sdiimmern. Wie ein Dieb sdilich sich Johann mit glucksendem Lachen um das Haus herum, wo er die Deelentiir von friiher her unverschlossen wubte. Ein Flugel des Tores war nur angelehnt. Als Johann ihn vor- 47

51 sichtig offenschob, knarrte er laut in den Angeln. Erschrocken verharrte der Heimgekehrte im Schritt. Er atmete tief ein, um den vertrauten Geruch von Heu und Vieh zu spiiren, aber seltsamerweise roch as nach Moder, und ein Schauder kroch Johann iiber den Riicken. Er tastete mit Johann woute antworten, aber seine Zunge war gelahmt. Er konnte nur noch denken: Aber Vater kann doch nicht zu mir sprechen, Vater ist doch schon lange tot." Dann schwanden ihm die Sinne. Als Johann das BewuBtsein wieder erlangte, drang Licht durch seine Augenlieder, doch er wagte sie nicht zu heben, denn das Entsetzen der Nacht wohnte noch in seinem Herzen. Dann richtete er sich in jaher Besinnung auf und sah mit staunenden Augen, dab ihn die vier Wande seiner Stadtwohnung umschlossen. Im Traum war er in der Nacht in sein Heimatdorf zurtickgekehrt. Die Erkenntnis loste den Bann, der noch iiber ihm lag, doch blieb er den ganzen Tag ernst und in sich gekehrt. Er erkannte, dab das Heimweh ihn nicht mehr loslieb, dab er dorthin zuriickkehren mufite, wo sein Herz mit alien Fasern wurzelte, wo im kargen Sandboden sdion seine Ahnen Kartoffeln gepflanzt und das sparlich spriebende Korn gesat hatten. So kam es, dab Johann Hambrinker an einem der folgenden Tage wirklich heimkehrte, nicht in der Nacht und nicht in ein totes Dorf, sondern in den Morgenstunden, als alle Hande auf den Ackern sich regten und die Heimaterde die Saat anvertrauten. den Handen nach dem Verschlag der Kiihe, aber er griff ins Leere, so sehr er sich auch miihte. Nanda!" sdirie er auf, Nanda!" Die Stimme schrillte durdi das tote Haus wie der Aufschrei eines Ertrinkenden, dem die Angst im Nacken sitzt. Keine Antwort kam, und kein Schritt schlurfte iiber die Dielen. Mit zitternden Handen tastete Johann nach dem Feuerzeug in seiner Joppe. Als die Flamme fiir einen Augenblick aufleuchtete, sah er, dab kein Vieh im Verschlag stand und didites Spinngewebe die Wande und Decke iiberzog. Eine aufgesdireckte Fledermaus stieb ein paarmal dicht iiber den Kopf des Mannes hinweg, der wie zu Stein geworden dastand. Als sich die Starre loste, begann Johann sinnlos zu laufen, zum Haus hinaus, den Pfad hinab. Er stolperte iiber eine Baumwurzel, fiel, raffte sich auf und lief wieder. Als er das Nachbarhaus erreichte, schlug er mit beiden Fausten gegen die Tiir und schrie wie ein Irrer: Aufmachen! Aufmachen!" Unheimlich halite sein Ruf durch die Nacht. Aber kein Schritt kam durch das Haus, kein Fenster klirrte, um den Ruhestorer zurechtzuweisen. Die Tiir blieb verschlossen. Da lief Johann von Hof zu Hof und schlug wie irrsinnig gegen Turen und Tore, bis er in Schweil5 gebadet vor einer Schwelle zusammenbrach. Wie von fern vernahm er die Stimme seines Vaters: Sie Bind dir alle in die Stadte gefolgt. Sie wouen nicht mehr im unfruditbaren Sand der Heimaterde diirftige Kartoffeln ernten, sie wouen Geld verdienen und reich werden. Du bist in ein totes Dorf heimgekehrt." "^etb. ttinttait Von Maria Kahle Sag, aus welchem Brunnen trankst du diese Nacht, Daji so klar ward deiner Augen Schein? Gingst du nicht im Garten spat allein, Als der Mond den goldnen Glanz entfacht? Ja, so einsam wie ein Herz im Abend wird, Wenn vom lauten Tag es ausgeleert, Und es frostelnd zu sich selber kehrt, Bin ich durch die Dammerung geirrt; Bis ich plotzlich lehnte an des Brunnens Rand, Und er spiegelte im Mondenlicht Aus der Tiefe her mein Angesicht, Wie von einem Zauber hingebannt. Meiner Jugend AntUtz sah zu mir empor, Liebestrahlend, weich in Gliiubigkeit, Ohne Runen hingewelkter Zeit, Jenes Antlitz, das ich Idngst verlor Und ich schrie hinab, rief Worte ohne Moj3, Alles, was erstarrt im Herzen schlief, Niegestillte Sehnsucht aus mir rief, Lieder sang ich, die ich Idngst vergaji Aus des Brunnens Grunde leise Antwort klang, Antwort, ach, ein Leben lang ersehnt; Und ich stand am Brunnenrand gelehnt, Wie der Widerhall ins Herz mir drang! Und ich trank aus diesem Brunnen in der Nacht. Soil ich da nicht ganz verwandelt sein? Liebe, Liebe war der Spiegelschein, Liebe hat die Antwort mir gebracht. 48

52 »Itndautatet fxjettbewetb Eine trohe Jugenderinnerung Von Theodor Tochtrop Die frohen Erlebnisse der Jugendzeit bleiben besonders dann in frischer Erinnerung, wenn eigene tatige Mitwirkung oder Initiative damit verbunden war. Als Elfjahriger - es war im Sommer beschaftigte mich der Gedanke, eine kleine Zeitungsredaktion einzurichten. Hierfiir erschien mir unser alter Schuppen, der das Schadenfeuer am Liborisonntag allein iiberstanden hatte, besonders dienlich. Ich hatte herausgefunden, dac die Zahl der Abonnenten des Lippstadter Tageblatt" im Dorf damals noch gering, die Zahl derer aber, die es taglich lasen Oder zu lesen wiinschten, dagegen recht erheblich war. Auf jeden Fall erschien mir die Herausgabe einer Dorfzeitung" iiberaus nachahmenswert und als ein grobes Werk, das mein Sinnen und Trachten beherrschte. Wir bildeten in der Schulpause ein jugendliches Konsortium, um alle Voraussetzungen zu schaffen, deren unser groiies Vorhaben bedurfte. Uberzahlige Reste von TapetenroUen wurden in iiberraschender Auswahl herbeigeschafft, passend zurecht geschnitten und sorgfaltig zusammengelegt. Unser Papierlager konnte sich sehen lassen. Statt eines modernen Druckverfahrens mit Schnellpresse oder Rotation waren wir auf die Vervielfaltigung mit Hilfe des Durchschreibens angewiesen, so dafi das Kohle- Papier unser wichtigstes technisches Hilfsmittel wurde. Es war fiir unsern Betrieb eine auberordentliche Mangelware und konnte nur in den einschlagigen Geschaften der Kreisstadt gegen bare Miinze erstanden werden. Der vorzeitige Zusammenbructi des Unternehmens ist auf h6here Gewalt", namlich auf den chronischen Mangel von Blaupapier" und einige andere besondere Umstande zuriickzufiihren. Als Informationsquelle diente in erster Linie das Lippstadter Tageblatt" selbst, dem ich aber immer nur einige schlagkraftige Uberschriften entnehmen konnte, denn der Raum unserer Dorfzeitung" war knapp bemessen, zumal die Tapete nur eine einseitige Besdiriftung gestattete. Die wichtigsten Meldungen, wie z. B. uber die 1912/13 entbrannten Balkankriege, iiber Unwetter und Katastrophen in aller Welt wurden in kurzgefabter Form ubernommen", Ereignisse im Dorf, die uns wichtig erschlenen, in aller Kiirze mitgeteilt. Die meisten Nachrichten be- standen aus einem einzigen Satz. Als damals ein Anstaltsinsasse in Westhofs Busch von einem Baume erschlagen wurde, stand die Nachricht dariiber eher in unserer Dorfzeitung" als im Lippstadter Tageblatt", denn das Ereignis hatte sich kurz vor Redaktionsschlu6" zugetragen. Einige Zeit vorbeginn des erstenweltkrieges veroffentlichte der Wetterdienst durch die Postanstalten die Wettervoraussagen fiir 24 Stunden. Die Voraussage wurde in den Mittagsstunden seitens der Postamter und ihre Hilfsstellen durch Aushang bekanntgegeben. Die Landbevolkerung interessierte sich fiir den Wetterdienst wahrend der Erntezeit in ganz besonderer Weise, ver- Iraute den einfachen, unzweideutigen Meldungen mehr als heute und suchte dem fiir den Nachmittag angekiindigten Gewitterregen zuvorzukommen, wenn es auch Iceine Mittagsrast und keine Naune" gab. Was lag naher, als diese Wetternachriditen, wenn auch manchmai verkiirzt, in unsere Zeitung aufzunehmen. Ich erinnere mich, dab wir treue Abonnenten hatten, die sich wegen dieses konkurrenzlosen Wetterdienstes die Zeitung gern ins Haus bringen lieben und dafiir einen Apfel oder ein Reibeplatzchen spendeten. - Allerdings, Auflage und Erfolg dieser Kinderzeitung blieben in den kleinsten Anfangen stecken, well in einem Arbeitsgang hochstens 4 bis 5 Exemplare hergestellt werden konnten, well es zuletzt an Schreibkraften, an Blaupapier" und willigen Postboten" mangelte, die anfanglich mit grober Freude ihren Dienst verrichteten und daruber sogar manchmai ihre Schularbeiten vergaben. Kindliche Nachahmungsfreude und Tatenlust allein reichten doch nicht aus, um auch nur Im kleinsten Rahmen eine Zeitung entstehen zu lassen, von der heute nur die allerwenigsten Erwachsenen wissen, dab sie eine organisatorisdie und technische Hochstleistung bedeutet. Es war doch - so glaube ich heute - ein ungewoutes Eingestandnis kindlicher Ohnmacht, als wir unsere lange, durch Sprachrohre verbesserte Telefonleitung zwischen den Baumen - ein Uberrest der niedergebrannten Blitzableiter-Leitung - auf dei wir so manches Ferngesprach" gefiihrt hatten, demontieren mubten und die selbstgefertigten Dienstmutzen" und Brieftaschen" der jungen Postboten dem Feuer iibergaben. ^erbft Astern bliihen schon im Garten; schwacher trifft der Sonnenpfeil Blumen, die den Tod erwarten durch des Frostes Henkerbeil. Brauner dunkelt Idngst die Heide, Blatter zittern durch die Luft, und es liegen Wald und Weide unbewegt im blauen Duft. Pfirsich an der Gartenmauer, Kranich auf der Winterflucht, Herbstes Freuden, Herbstes Trauer, welke Rosen, reije Frucht. Detlev von Liliencron 49

53 Zweimal Dorfjugend Der Photograph Der Maler Jupp Steinhoff: 50

54 ^^tec (^oektat and kaifi c^tba Drei Toditer hatte der Schreinermeister Brunswik; ein Sohn aber, der den Handwerksbetrieb ubernehmen konnte, ein Sohn und Erbe, der fehlte ihm. Man sagt das so leicht dahin: kein Erbe im Haus; der Meister aber, wenn er am Feierabend hinter dem Kudientisdi hockte, sdirumpfte bei solchen Gedanken formlich zusammen. Wie zuversichtlidi hatte er friiher abends hinter dem Tisch gesessen und seiner Frau von den Planen erzahlt, die ihm tagsiiber an der Hobelbank zugeflogen waren wie Sdimetterlinge. Ja, Plane hatte er immer genug gehabt, so lange wenigstens, bis er erkennen mubte, dab sie ihm wie ein Traum vergingen. Eine Werkstatt und nur drei Toditer im Haus, das treibt die Plane zum Fenster hinaus. AUes, was noch geschehen konnte, blieb eine halbe Losung. Ein Sdiwiegersohn ist kein echter Erbe. Er schneit eines Tages ins Haus hinein, iibernimmt die Arbeit, andert, verbessert vielleicht sogari doch in die Plane hineingewachsen, ein Erbe der Plane, das ist er nidit. Irgendwie fangt es von vorne an mit dem Tage, an dem der Fremde die Werkstatt betritt. Der Meister stiitzte wie schon so manchen Abend den Kopf. Zweimal, dreimal setzte er an, sein griibelndes Schweigen aufzugeben und endlidi von einer Entscheidung zu sprechen; dodi ohne die Frage von Seiten der Frau ware es, wie so mandien Abend, wohl wieder dabei geblieben. Wann sagst du endlich, was warden soil?" sah er sidi plotzlich angesprochen. Er riihrte sich nicht. Was werden soil...?" Wiederholte er die Frage. Es klang verachtuch, "w-ie er das sagte. Wenn wenigstens eines der Madchen mit einen Schreiner kommt!" Von Ferdinand Tonne I Dann sag ihnen, wie du dir das denkst." I Das souten sie selbst wohl wissen." i Man mub sie daran erinnern." 1 Erinnern..." Wieder dieser veraditlidie Ton. Na, meinetwegen; aber sprich du mit i ihnen." \ Die Meisterin rudcte mit ihrem Stuhl an den! Tisch, als ware ein ruhiges Uberlegen zu er- Warten. Was soil ich ihnen denn sagen? Weldie von ihnen...?" Das ist mir gleidi." Und wenn sie dann alle drei einen bringen?" Der Meister iiberlegte ein Weildien. Sie ; soiien sidi einig werden." Das gibt nur Streit. Und selbst wenn sie Wollten, seit wann sudien Frauen sidi ihre : Manner?" Da zeigte sidi im Gesicht des Meisters ein ; leidites Ladieln. So harmlos seid ihr nun wieder I nidit. Denk nur zuriidc an uns beide. Dodi gut. die erste, die einen Sdireiner bringt, bekommt Werkstatt und Haus!" So wurde denn den drei Meisterstoditern von ihrer Mutter der Rat gegeben, die Augen ein wenig offenzuhalten und, wenn es not- wendig wiirde, dem Sdiidcsal ein wenig nadizuhelfen, in alien Ehren natiirlidi. Aber eine von ihnen konne es leider nur sein. Jede moge sidi also ein wenig beeilen beim Umsidisehen. Das war ein Rat, der sich horen lieb, nur kam er ein wenig zu spat. Die Toditer zwar nidcten alle drei, als waren sie ohne Hilfe der Mutter niemals auf den Gedanken gekommen, dab Maddien und junge Manner einander sudien konnten, aber sie hatten trotzdem alle drei sdion heimlidie Freier; nur war kein Schreiner dabei. Das wiederum wubten sie untereinander nicht, so heimlich war ihre heimlidie Freierei bis zur Stunde gewesen. Mit dieser Heimlidikeit hatte es nun ein Ende gehabt, wenn keine bestimmte Absidit der AnlaB gewesen ware, ihnen das Freien zu empfehlen. So aber wurde die Heimlidikeit nur nodi grober. Keine von ihnen wollte verraten, dab sie eigentlich sdion verloren hatte; und wie die Dinge nun einmal lagen, konnte auch keine dariiber spredien, wie sie, obwohl ihr heim- Hcher Freier kein Sdireiner war, doch Haus und Werkstatt zu erben gedadite. Mit harmloser Miene gingen sie alle drei ihrer Wege. Was aber hinter den Riidcen geschah, das wubten sie untereinander nidit. 51

55 MiBtrauisch aber standen sich eigentlich nur die zwei alteren Schwestern gegeniiber, nur sie dachten gegenseitig daran, dab die andere ihr zuvorkommen konnte; denn Lieschen, die jiingste, hatten sie niemals recht ernst genommen, sie war immer das Asdienprodel gewesen: in jungen Jahren beim Spiel, spater, wenn Kleider abgelegt wurden und Lieschen sie weitertragen sollte, auch dann, wenn eine von ihnen das Haus hiiten mubte - immer hatte es dann geheiben: Lieschen, nicht wahr, du bist doch zufrieden damit." Und Lieschen hatte genickt, war immer zufrieden gewesen mit dem, was die Schwestern ihr zudiktierten. So waren die alteren Schwestern, ohne dariiber ein Wort zu spredien, auch jetzt der Meinung, dab Lieschen in ihrer Einfalt nicht daran dachte, Umschau nach einem Freier zu halten, um Haus und Werkstatt durch ihn zu erben. Und kame sie wirklich auf den Gedanken, so wiirde es nur ein Wunschbild bleiben; denn Lieschen und eine Liebschaft suchen - schon der Gedanke daran lieb die Schwestern lacheln. Nein, Lieschen zahlte nicht mit. So sahen und iiberwachten die beiden alteren Schwestern nur sich. Geheimnisvoll gingen die Wochen dahin. Es regie sich nichts, und dennoch geschah so viel. Das Rad lief sogar sehr schnell. Nicht gar zu lange, da trat die Altere eines Tages vor ihre Eltern und fragte, ob sie am Sonntag wohl in das Nachbardorf diirfe zum Tanz. Ins Nachbardorf? Warum das?" Aus dem Erroten war leicht eine Antwort abzulesen. Nun ja, so solle sie gehen. Und wieder ein Weilchen, da mubten die Eltern sich einverstanden erklaren, dab diese Tochter - es stand ihr als Altester auch wohl zu, als erste damit zu kommen - dab sie den Tanzer vom Nachbardorf mitbringen woute ins Elternhaus. Ein Schreiner?" fragte der Vater. Ja!" So kam er denn nach dem Mittagessen ins Haus und durfte sich in der guten Stube ins Sofa setzen. Zuniichst lief das karge Gesprach recht miihsam ab. Bis dann der Meister Fragen stellte, um nicht am Ende sagen zu miissen: Ich bin aus dem Kerl nicht klug geworden." Mochten die beiden damit zufrieden sein, wenn sie zusammen sitzen und heimlich Blicke tauschen konnteni er woute wissen, woran er war. Ihm ging es um einen Sohn und Erben, ihm ging es ums Haus und die Werkstatt vor allem. Er fragte also und damit kam alles sogleich in FluB. So", fragte der Meister, Sie sind aus Erpe?" Nein,,nein, aus Hamburg, und nur von Zeit zu Zeit einmal bei Verwandten in Erpe." Arbeiten also auch in Hamburg?" In Hamburg, gewib!" Eine grobe Werkstatt?" Es geht." Schon lange in dieser Werkstatt?" 0 ja. Ich kann auch vorlaufig noch nicht da weg, die ersten Jahre noch nicht?" So lange?" fragte der Meister, warum so lange?" Ich habe einen Kontrakt gemacht." Fur Jahre? Warum?" Ja warum? Der Meister wollte es so." Und wieviel Jahre lauft der Vertrag?" Der Freier zog seine Stirn in Falten, wie wenn er sich erst besinnen miisse. Ja, wieviel Jahre? So ganz genau liegt das auch nicht fest." Nun war es an Meister Brunswik, die Stirn in Falten zu legen. Was soil das heiben? Verstehe ich nicht." Ja nun, es kommt darauf an, wie alles wird." Der Meister stand auf. Ein netter Vertrag! Wann konnten Sie friihestens weg?" Der Freier zog seine Schultern ein. Das wissen Sie nicht? Vielleicht erst in zwanzig Jahren, wie? Dann interessiert es Sie auch wohl nicht, meine Werkstatt zu sehen?" 0 doch!" Sie brauchen nicht, wenn Sie lieber hier sitzen bleiben." Nun sprang der Freier vom Sofa auf. Nein, nein, idi sehe mich gern einmal um." Dann kommen Sie mit." Das kam nicht gerade freundlich heraus. Auch in der Werkstatt blieb Meister Brunswik verstimmt. Er stampfte schweigend voran und zeigte nur einmal mit karger Geste zu einer Frase hiniiber. Ganz neu, eine Schlinkert!" Der Freier nickte: Haben wir auch." Eine Schlinkert?" fragte der Meister. Ja, ja!" Seit wann?" Der Freier zog wieder die Stirn in Falten. Seit wann? Vielleicht so seit zwei, drei Jahren!" Der Meister blieb stehen. Er sah den Freier vernichtend an, offnete auch die Lippen ein wenig, als ob er dazu etwas sagen wollte, ging dann aber doch mit groben Schritten die Runde weiter und murmelte vor sich hin: Wird erst seit einer Woche geliefert und kennt sie seit zwei, drei Jahren!" Wie bitte?" fragte der Freier. Der Meister schiittelte kurz den Kopf. 0, nichts." Und dies hier?" fragte er dann. Sie standen vor einer Hobelmaschine. Zum Hobeln", sagte der Freier. So, so zum Hobeln! Haben Sie also gleich erkannt." Wieder stampfte der Meister weiter. Er nahm einen Grundhobel aus dem Schrank. Schweigend reichte er ihn dem Freier hiniiber. Der nahm das Werkzeug, sah es fliichtig an und legte es in den Schrank zuriick. Eine schone Werkstatt", sagte er nickend. Gefallt mir. Alles modern und sauber." 52

56 IB^i Sauerländer Heimatbund Der Meister jedoch ging nicht darauf ein. Er nahm den Grundhobel wieder her und fragte: Einen Zahnhobel kennen Sie wohl in Hamburg noch nicht?" 0, doch, wir haben den gleichen." Dann ist es gut", sagte Meister Brunswik darauf. In seiner Stimme lag eine eisige Ruhe. Dann holen Sie jetzt ihren Hut aus der Stube. Wir haben uns wohl verstanden, wir beide." Der Freier starrte den Meister an, als ware er eben georfeigt worden. Er riihrte sich nicht vom Fleck. Der Meister aber verier dariiber die Ruhe, zu der er sich bis zu diesem Augenblick noch gezwungen hatte. Sie sollen gehen!" sdirie er den Freier an, Sie Schwindier! Verstehen Sie das noch immer nicht?" Und damit war dieser erste Versuch, einen Erben ins Haus zu bringen, so griindlidi daneben gegangen, dab selbst der Kuchen auf dem inzwisdien gedeckten Tisdi in der Stube nicht angertihrt wurde, und dab der Kaffee am nadisten Tage noch in der Kanne war. Die alteste Tochter wucte sich zwar herauszureden, auch sie sei betrogen worden, aber vom Freien war lange Zeit nidits zu horen im Hause. Bis eines Tages ein neuer Geselle angenommen, aber nadi wenigen Wochen schon wieder entlassen wurde, well er vom Schreinerhandwerk so viel verstand wie ein Schmied von der Uhrmadierei. Da waren die Augen der zweiten Tochter Plotzlidi verweint. Sie schlich umher, als sei sie gepriinelt worden. Und als sie dazu audi noch versuchte, ein gutes Wort fiir den Stumper einzulegen, da kam es heraus; Es war ihr Freier. Zunachst blieb sie aber fest dabei, er sei ein gelernter Schreiner, und was ihm noch an Geschicklichkeit fehle, sei nachzuholen; ihr Vater aber drangte sie so in die Enge, dab sie dann doch die Wahrheit bekannte: Ja, er sei erst dann in die Lehre gegangen, als es geheicen habe, der erste Freier, der Schreiner sei, bekomme Werkstatt und Haus. Und sie bat unter Tranen, ihn wieder zuriickzuhplen und abzuwarten, ob er nicht doch noch ein guter Schreiner werde. Ihr Vater aber blieb hart. Einem Schwindler die Werkstatt geben? Kein Wort mehr dariiber, kein Wort!" So schien es nun, dab die Freierei schon ein Ende hatte, und dab der Meister auf einen Erben verzichten mubte. Auf Lieschen, das Aschenprodel, wurde nur wenige Hoffnung gesetzt. Vielleicht, dab die Mutter noch Hoffnung hatte, aber sie wagte nicht, das zu sagen. Die Stimmung im Hause war so gedriickt, dab die alteren Tochter nicht langer mehr bleiben wollten. Bevor sie aber in Stellung gingen, fragten sie doch, ob es immer noch gelte, dab einem tiichtigen Schreinergesellen das Haus und die Werkstatt gehoren solle. Jawohl, das gait immer noch. Und wenn der meine", fragte die alteste Tochter, nun Schreiner wird?" Ein guter Schreiner!" erganzte der Meister, ein guter, nun ja, dann soil alles vergessen sein". Und die zweite Tochter, als sie das Haus verlieb, fragte auch: Wenn er nun weiterlernt?" Der Meister wiegte den Kopf. Wie soil das werden? Wir brauchen nur einen. Macht untereinander ab, wie es werden soil." Von Lieschen aber war wieder nicht die Rede. Und Lieschen tat so, als ginge das alles sie gar nichts an. Sie blieb zu Hause, war guter Dinge und fragte nicht einmal, ob sie versuchen solle, den Erben ins Haus zu bringen. Die Zeit verging. Von den alteren Sdiwestern horte und sah man nicht allzuviel; von ihren Freiern aber fiel nie ein Wort. Doch diesem Sdiweigen war nicht zu trauen, das wubten alle. Inzwischen konnte aus einem Lehrling schon ein Geselle geworden sein. War aber einer der beiden Freier uberhaupt nodi Schreiner geworden? Hatten am Ende beide schon ihren Gesellenbrief in der Tasche? Jedenfalls mubte man damit rechnen, dab irgend etwas gesdiah, und es konnte nun jeden Tag geschehen. So kam es dahin, dab die Mutter sich jeden Samstag von neuem fragte, ob man wohl einen Kuchen backen solle. Und audi der Meister sab sonntags nahe am Fenster und hielt die StraBe im Auge. Doch nichts geschah. Da kam ein neuer Geselle ins Haus, ein guter Geselle. Der Meister wiinschte sich heimlich, es ware so, dab eine der alteren Tochter ihn hergeschickt hatte und eines Tages erklaren wiirde: Das ist er! Gefallt euch mein neuer Freier?" 53

57 Und eines Samstags meinte die Mutter, es sei nun wirklich so weit. Die zweite Toditer hatte sidi zum Besuch gemeldet. Der neue Geselle biirstete seine Kleider und putzte so grundlich an seinen Sonntagsschuhen, als sei er zu einem Fest geladen. Da wurde Lieschen von ihrer Mutter beiseite gezogen. Was meinst du, souen wir Kuchen backen? Ich glaube, jetzt ist es angebracht." Ja, Lieschen meinte das audi. Der Meister ging ruhelos durch das Haus. Er traute der Sadie zwar nicht so recht, zweimal war er betrogen worden, aber es liei5 ihm trotzdem keine Ruhe. Und dann trat am Abend statt der erwarteten zweiten Tochter die alteste ein. Die Unruhe wurde nodi grofier dadurdi, das Raten nodi ungewisser. Aber es wagte dodi niemand offen zu fragen, alles war gar zu ungewib. Am Sonntag raorgen kam audi die erwartete Toditer. Sie verheimlidite ihr Erstaunen nidit, als sie so unerwartet vor ihrer alteren Sdiwester stand. Du hier?".^afarum nidit?" _#' tnun hatten sie l^ide wohl eine Frage gehabt, die gleidie Frage, aber sie sdiwiegen wie all die Jahre. So ging der Morgen mit Hausarbeit und mit kurzen Gespradien dahin. Es lag etwas in der Luft, das spiirten sie alle, aber man spradi audi jetzt nidit dariiber. Nadi dam Mittagessen jedodi, als alle miifiig beisammen safien, war die Spannung nidit ISnger mehr totzusdiweigen. Selbst der neue Geselle, so sdiien es, war angestedct von dem Ungewissen. Er ging immer wieder langsam ums Haus und stand vor der Tvir, als ob er auf etwas zu warten hatte. Da fragte der Meister nun dodi seine alteren Toditer, ob es ein Zufall sei, dafi sie beide gekommen waren, ihm scheine, es stedce mehr dahinter. Und dabei sah er zum Fenster hiniiber. Der neue Geselle stand wieder einmal ans Treppengelander gelehnt, als sei ihm befohlen, dort abzuwarten, bis etwas gesdiehen wiirde. Die alteren Toditer musterten sidi einen Augenblidc lang. Dann sagte die zweite: Ja, idi habe eudi etwas zu sagen, idi bin gekommen..." Du audi?" fiel die altere ihr ins Wort. Sie waren beide so iiberrasdit, dac keine von ihnen weiterspradi. Da stand der Meister nun auf und trat ans Fenster. Er zeigte zu dem Gesellen hiniiber: Geht es um ihn? Hat eine von eudi..." In diesem Augenblidi lenkte ihn etwas ab, er fiihrte den Satz nidit einmal zu Ende. DrauI5en naherte sidi ein junger Mann. Der neue Geselle musterte ilin ganz kurz, dann ging er ins Haus und driidcte die Tiir ins SdiloB. Die zweite Toditer ^tand hastig auf. Sie sdiien bereit, nun endlidi etwas zu sagen und Lidit in die Sache zu bringen. Da kam ihr die altere Sdiwester aber zuvor. Idi woute fragen - darf idi am nadisten Sonntag kommen und meinen..." In diesem Augenblidc driidcte der Fremde die Haustiirsdielle. Die zweite Toditer ging an die Stubentur. Wartet, idi offne eben, das ist fiir midi." Ob idi am nadisten Sonntag..." sagte die altere Toditer wieder. Da fiel ihr nun Liesdien ins Wort. Am nadisten Sonntag? Das ist zu spat." Ja", nickte die zweite Toditer, zu spat! Der drauben, das ist der meine. Darf idi ihn in die Stube holen?" Der Meister aber, statt eine Antwort zu geben, sah fragend die altere Toditer an. Idi dadite, der neue Geselle..." Da ladite Liesdien: Der ist fiir midi!" Sie ging an die Tiir und rief ins Haus: Georg, es ist so weit, komm rein!" Im nadisten Augenblidc stand der neue Geselle schon neben ihr in der Stube. Du, Liesdien?" fragte der Meister, du und er?" Er schien es nidit redit zu fassen, was hier gesdiah. Das kam ihm zu unerwartet. Dann ging sein Blick zu den beiden anderen Toditern hiniiber. In seinen Augen lag tiefes Mitgefiihl. DrauBen aber sdirillte nodi einmal kurz die Haustiirglodce. Illustration: Joh. Hohmann 54

58 Mein lieber Franz'I vondr.fritzemst Mein lieber Franz" ist der Titel eines neuen westfalischen Heimatbuches '), das die Briefe eines Vaters an seinen jungen Sohn aus den letzten Jahren vor der Wende des 18. Jahrhunderts mit einem wertvoilen genealogisdien Rahmen umkleidet. Geschrieben ist das Buch von Clemens Plassmann, dem wir schon andere schone Heimatbiicher verdanken. Eines von diesen war unter dem Titel Westphalus Eremita" Gegenstand eines Aufsatzes im Jahrgang 1953 des Suerlanners". Der liebe Franz" ist im spateren Leben der Schwiegervater des WestphaIus Eremita" geworden, er hat als Richter in Geseke gewirkt. Der briefschreibende Vater war der kurkblnische Rentmeister in Anrochte Everhard Sdilinkert; der die Briefe empfangende Sohn Franz studierte damals in Miinster und Gottingen Jura. Anrochte? Geseke? Was sollen sie im Suerlanner", sie gehoren ja gar nidit zum Sauerland! Nun, der Haarstrang hat mitsamt dem Sauerland sechshundert Jahre lang zum Kurfiirstentum Koln gehort, beide sind in dieser langen Zeit eng miteinander verwadisen. Sie hatten miteinander commercium und connubium, wie man es fruher in Rom nannte, sie trieben Handel miteinander und heirateten untereinander, und so hat der Haarstrang vom Siiden her viel Sauerlandisdies angenommen, was das Wesen seiner sonst zum Hellweg und zum Miinsterland, also zumnorden neigendenbewohner niditunberuhrt gelassen hat. Es reizt, diesen Verwandtsdiaften, aber audi Versdiiedenheiten einmal an Hand der Briefe an den lieben Franz" nadizugehen. Unterzeichnet sind die Briefe der damaligen Sitte zwisdien Vater und Sohn entsprediend kurz mit Sdilinkert. Die Sitte hat sidi audi im 19. Jahrhundert noch lange erhalten, wirkte aber endlidi etwas unheimlich lakonisdi. Der Sdireiber dieses Aufsatzes erinnert sidi eines Studienfreundes, der die Gewohnheit hatte, beim Empfang von Briefen seines Vaters zunachst nadi der Untersdirift zu sehen. Stand darunter..dein getreuer Vater", so las der Sohn sie sogleidi mit Freuden durdi, stand nur Dein Vater" darunter, so tat er es mit merklidiem Zaudern, waren sie aber Dein Vater N N" oder gar nur Dein N N" unterzeidinet, so kam es vor, dab der Brief eine Weile warten mucte. So ist es mit den Briefen an den lieben Franz" bestimmt n i c h t gesdiehen. In ihnen ist gesagt. Was jeder Vater, der mehrere Kinder hat, seinem studierenden Sohne sagen mub, audi dem bravsten, besonders wenn es sidi um den..wedisel" handelt. Damals waren sdilimme Zeiten, die harten Taler - nur handeltreibende Vater sdiidcten einen Wedisel" - waren sdiwer lodcer zu machen. Da ist denn die Spradie des Vaters in Anrodite zu seinem Sohn bezeidinend. Bin Sauerlander wiirde kein Blatt vor den Mund *) Clemens Plassmann, Mein lieber Franz", Briefe an einen westfalisdien Studenten (1796 bis 1799). Ein familiengeschichtlicher Versudi. Aschendorff, Miinster, genommen haben, geradaus, das ist Westfalenbrauch", man weib dann auch, woran man ist. Der Miinsterlander ist diplomatisdier, und erst redit spradi man am Hellweg, der groben HandelsstraBe, eine gesdimeidigere Spradie. Dazu kam die humanistisdie Bildung des Vaters Sdilinkert, der audi Reisebegleiter bei adeligen Kavalierstouren in Italien gewesen war. Wohl hielt er dem jungen Studio gegeniiber den Daumen auf dem Beutel, driidtte sidi aber, als der Sohn anscheinend etwas jammerte, folgendermaben aus: DaB das Geld, was du mitnahmst, bis Ostern nidit ausreidien wiirde, wubte idi schon bey Deiner Abreise: woher also und wozu die Fordit, um anderweitiges Geld anzuhalten? Kurz, mein lieber Franz, was heibt eine Gemse zu Latein? Dama und geht nach Musa und ist generis feminini" (weiblidien Gesdiledits). Das hlnderte aber den Vater nicht, sidi genau Rechnung legen zu lassen und bei einem Posten Fur Holz; Ol; Sdiuhsdimier" nachzufragen: Sollte da nidit irgendein liditscheuer Artikel - fiir Entree in die Komedie oder dergleidien verborgen seyn?" - Denn der Vater war ja audi einmal jung gewesen. - Im iibrigen hatte der Vater entsprediend dem 18. Jahrhundert, in dem er aufgewadisen, nidits dagegen, dab der Sohn das Theater besudite, nur sei zu bedenken: Einem frommen, unverdorbenen Landjungen, der das Theater fiir den Himmel und das Parterre fiir den Vorhof des Himmels ansieht, konnen die beym Lidite - aber nur bey dem - sdiimmernden Theatergottinnen leidit zum AnstoBe werden." Das Theater wird das schone, unter dem Minister Franz von Furstenberg fiir den Furstbischof von Munster ^1 mmmm ^^ftpm^ ^;M i^ \^^D ^^^^y^y) *'^te*to-i. 3H ^B * ^ '^-.^ PHB JB-~ Mt"'H'. jah^b #; " ' ' '' flhhb' 3^ r^y. M H^H Die Trauemde / Plastik von Greitemann 55

59 erbaute gewesen sein, das die Stadt im vorigen Jahrhundert auf Abbruch verkauft hat. Jetzt denkt man dort anders und hat ein grobes, sehr modernes neu gebaut. Auf dem Haarstrang, nahe am Hellweg, lebte man damals noch etwas in der groberen Welt. Im Sauerland hatte man wohl gar keine Theatersorgen, aber unbekannt wird im ubrigen den weltlaufigen Sauerlandern, denen von jeher das Fernweh im Kopfe gesteckt hat, das grobere Leben drauben ebenfalls nicht gewesen sein. Auch ein Sauerlander Vater hatte wahrscheinlich seinem studierenden Sohn ahnlich geschrieben, wie der Vater Schlinkert dem seinen nach Miinster schrieb: Bewahre dein Herz rein, und dein Beruf sei dein Hauptstudium! - Klavierspielen, Franzosisch und Tanzenlernen ist gut und kann niitzlich seyn, wenn jenes nicht darunter leideti und deswegen sehe idi gern, dab du dich darauf legst." Dazu sei bemerkt: Der Sohn wird schon ohnehin fleibig studiert haben, er hatte in den Jahren, als er das Gymnasium Antonianum in Geseke besuchte, erstaunlich gute Noten erhalten. Die Noten wurden erteilt fiir mores, pietas, ingenium und diligentia, (Sitten, Frommigkeit, Begabung und FleiB). Sie sind mit dem zunehmenden Niitzlichkeitssinn der folgenden anderthalb Jahrhunderte auf FleiB und Aufmerksamkeit zusammengeschrumpft, die positiven Leistungen in den vielen Einzelfachern traten in den Vordergrund. Die mores wurden auf den Gymnasien nur noch gelegentlich in Gestalt des Spruches zitiert: Qui proficit in literis et deficit in moribus, plus deficit quam proficit." (Wer in den Wissenschaften fortschreitet und in den Sitten zuriick, schreitet mehr zuruck als fort.) Im Jahrhundert der Aufklarung aber, dem 18., standen die mores an der Spitze, noch vor der Religion, der pietas. GewiB gab es viel Frommigkeit, besonders am Ende des Jahrhunderts, so in Miinster mit seiner familia sacra, dem Kreise der Fiirstih Gallitzin, aber auf dem Haarstrang und im Sauerland hatte sich jener Kreis ansdieinend noch nicht so herumgesprochen, der Vater Sdilinkert wenigstens erwahnt gegeniiber seinem ebendamals in Miinster studierenden Sohne nichts von ihm. Audi die Geistlichkeit blieb damals von dem Zuge der Zeit nicht unberiihrt, der Bruder des Vaters und Taufpate des Sohnes, Pfarrer in Mellridi, sagt in einem ebenfalls erhaltenen Briefe an den studiosis juris Franz iiber das kanoniscfae Recht, am geistlichen Rechtsplunder sey wenig mehr gelegen", womit er freilich allein aussprechen wollte, dab nur wenig davon noch positive Giiltigkeit habe. Er wubte das aus seiner Praxis, denn er war neben seinem Pfarramt Synodal-Examinator, Dechant und Erzbischoflicher Kommissar des Haardistrikts. Aber die Ausdrucksweise, das ist 18. Jahrhundert! Sdion bald darauf begann der Aufstieg der Frommigkeit, fiinfzig Jahre spater hielt der Kreisgericfatsdirektor Piners in Erwitte Andachten in der Pfarrkirche ab, wenn der krankliche Pfarrer verhindert war. Diese Renaissance der Frommigkeit hat ganz Westfalen ergriffen, das nordliche wie das siidliche, und im siidlichen das Sauerland keineswegs geringer als den Haarstrang. Denn der Sauerlander ist ausgesprochen fromm, was seiner Lebensfreude kcinerlei Abbruch tut. Einen Unterschied zwischen dem Haarbewohner und dem Sauerlander aber wird man bemerken, wenn man liest, was die Enkelin Everhard Schlinkerts, Ottilie Plassmann, iiber den GroBvater schreibt: Mein GroCvater hatte jahrelang eine zahme Lerche, deren Kafig auf einem Sims vor seinem Fenster stand. UnvergeBlich ist mir, wie der milde, alte Herr, wenn sie ihr Morgen- und Abendliedchen anstimmte, sein Silberhaar entblobte und mit dem schwarzen Kappchen in den gefalteten Handen stehend an der Andacht sich beteiligte." - Ein Sauerlander wtirde das nicht tun, dazu ist er zu frischweg. Damit soil nicht gesagt sein, dab Everhard Schlinkert etwa der notigen praktischen Derbheit ermangelt hatte, die man im Sauerland und auf dem Haarstrang gleichmabig antrifft. Was er seinem Sohne zu dessen Ubersiedlung von Miinster nach Gottingen an Ratschlagen erteilt, fiir die Priifung der Betten und Geschirre in den Gaststuben, ist durchaus nicht zimperlich. Und der Taufpate und Pfarrer spridit bei dem Geschenk einer Lederhose an sein Patenkind recht munter von dem wahren Zweck einer Hose. Bedenkt man die Empfindsamkeit, die sonst in den Briefen des ausgehenden 18. Jahrhunderts herrscht, so kann man an der Natiirlichkeit der Schlinkert'schen Verwandtenbriefe nur seine Freude haben. Im Volke allerdings wehrte man sich gegen die Uberempfindlidikeit jener Tage noch viel kraftiger. Auf dem Haarstrang und im Sauerland war die Bevolkerung ziemlich robust. Damals vouzog man die Hinrichtungen noch offentlich und in einer unbekiimmerten Art, die wir heute iiberwunden haben oder doch iiberwunden zu haben glauben. In Everhards Schlinkerts Briefen findet sich dariiber eine bezeichnende Stelle, er schreibt an seinem Sohn: Am 22. sind tausende von Menschen auf der Haar unweit Effelen zusammen gewesen, um sich mit Aufhenkensehen zu divertieren. Einer von den in Riithen eingekerkerten Dieben sollte die Ehre haben, die Neugierigen zu befriedigen. Er wurde auf die Galgenleiter gefiihrt, dann benadigt, ausgepeischt und des Landes verwiesen, und damit konnte jeder wieder in Frieden nach Hause oder auch ins Wirtshaus gehen. Auch Engelbert (jiingerer Bruder von Franz) ist nebst mehreren Studenten unter den Zuschauern gewesen." - Aber sind wir viel besser? Der Hunger nach sdiauerlichen Kriminalgeschichten und -filmen ist fiir unsere Tage bezeichnend genug! Bekunden wir darin nicht eine ahnlidie Robustheit? So sind diese Briefe und ihre historischgenealogische Untermauerung aufschlubreich fiir die damalige wie die heutige Zeit, fiir die Menschen innerhalb einer engeren Landsdiaft wie weit iiber deren Grenzen hinaus. Mochten unserer schnellebigen Zeit mehr soldie Biicher beschert werden, die zum Nachdenken iiber uns Menschen anregen! 56

60 3crft6rung Qltargbergg 6urd) 6ie 6d)tDebcn un5 ^cffcn Von Franz Henkel Die traurigen Zeiten des Dreifiigjahrigen Krieges haben, wie iiber ganz Deutschland, so auch iiber Westfalen, das Sauerland, ja iiber dieses in ganz besonderer Weise ihre Schrecken und Greuel ausgebreitet. Wenn nicht die benachbarten Hessen oder Braunschweiger, Weimarer Und namentlich die Schweden als Feinde das Land durchzogen und brannten, verwiisteten, niordeten und raubten, so waren es die Kaiserlichen" ais Freunde, die ebenso wie jene mit RoB Und Reiter unterhalten" sein wouten. Wenn inan glaubte, aufatmen zu konnen, waren die zuchtlosen Banden und ihre habgierigen Fiihrer wieder da. Durchmarsche mit kiirzerer und langerer Einquartierung, Kontributionen, Servisgelder, Loskauf und Bestechungen zehrten den Wohlstand in Stadt und Land auf, nicht zu reden Von den an Menschen begangenen Untaten. Die Acker verodeten, ganze Dorfer starben aus, auf weite Strecken hin war weder Vieh noch Mensch Zu finden. In manchen Orten lebten nur zwei bis vier Menschen, in anderen nicht ein einziger, nicht einmal ein Hund noch eine K a t z e. Namentlich in den letzten Jahren des Krieges waren die Leiden sehr grob und vernichteten in manchen Gegenden die Reste des Wohlstandes. Erschreckend hoch sind die Kontributionen, die damals von den Stadten und umliegenden Dorfern geleistet werden mubten. Beispielsweise lieb sidi der Kommandant der kaiserlichen Besatzung von Marsberg vom bis aus der Grafschaft Waldeck allein 6000 Taler Kontribution zahlen. AuBerdem empfingen die Kaiserlichen noch eine Verehrung" von 598 Taler 15 Alb. und nahmen in Miilhausen, Helminghausen und Hesperinghausen viel Vieh weg. Nidit Schweden verlangten diese unglaublichen Sumtnen, sondern die Kaiserlichen als Freunde". Die Not wuchs von Tag zu Tag. Sie stieg bis ins UnermeBliche, als im Mai 1646 der gefiirchtete Schwedengeneral W r a n g e 1 mit seinem Heere Und den verbiindeten Hessen in Westfalen eintiel, der zunachst Hoxter verbrannte, Paderborn auspliinderte und dann nach Marsberg zog, welches ein noch harteres Schicksal als Paderborn zu ertragen hatte. Vor allem haben die unter Wrangel kampfenden,, hessischen und waldeckischen B a u e r n hier furchtbar gehaust, als ihnen nach dem Abzug der Schweden die Stadt allein iiberlassen wurde. Die Einwohner Obermarsbergs richteten in ihrer unbeschreiblichen Not ein Schreiben an den Kurfiirsten von Koln, aus dem Zu ersehen ist, welch furchtbare Greueltaten die Hessen in Marsberg veriibten: Anno 1646 den 9. Mai ist die Stadt Marsberg Von beiden, sowohl hessischen als auch schwe- dischen Hauptarmeen feindlich iiberzogen, mehrerer ganzer Tage durchgraben, durchsuchet und ausgepliindert, die Mauern rings um die Stadt taglich durch 3000 frischer kommandierter Mannen ohne die feindseligen Bauern sowohl aus dem Lande zu Hessen als auch Grafschaft Waldeck, welche mit Freuden und starkem Eifer darin geholfen, ruiniert, dab nicht ein Stein auf dem andern verblieben, von den Kirchen warfen sie die Glocken herunter mit Bedrohung, die Stadt in Brand, zu stecken, den damals regiorenden Biirgermeister Kleinsorgen fiihrten sie gefanglich weg, schlossen ihn an Hand und FuB, lieben einen Galgen aufrichten, ihn zu strangulieren und aufzuhenken, bis wir denselben mit 500 Thaler baarem Geld rancionierten. Wie selbige 500 Thlr. bezahlt, gab man uns Erlaubnis, ins Lager zu gehen und einiges Stiids Vieh zur Erhaltung von Weib und Kinder einzulosen und wie darauf Samstag den 18. Mai das Lager aufbrach und fortmarschierte, schickten sie des folgenden Sonntags iiber 8 Tage, den 26. Mai, eine starke Partie, lieben das Vieh abermals wegnehmen, welches wir zweitens mit Erlegung 72 Dukaten rancionierten; folgendes alsbald des ;<i=:^4=<=<=:-e '^osef ^ape Auf stillem Friedhof ruht ein deutscher Sanger. Friih seinem Rufe Volk und Heimt lauschte Sein Nam' verblich, sein letztes Lied verrauschte. Nicht rat und riigt der treue Seher lunger. Wie riihrnt' er Mdnnerehr und Frauenreinheit Und schalt seinvolk,daswelschentandertauschte! Ob allem Zwist sich hoch sein Banner bauschte. Er sah der Sehnsucht Tag, der deutschen Einheit. Ach, der zum Turme fiigte manche Quader, Ein Treuer Eckhart" klagt' um deutschen Hader Vnd sang von Irrgang, Heimgang und Versohnen, Auch von der Lieben Freuden, traulisch-schonen. In Gott geborgen, Josefinens Lieder"! Sein Abend sah sein Volk'verzwistet wieder! F. Wippermann Niederideutsche Dichtersonette") * Vor IZSJahren wurde Josef Pape ineslohe geboren. 57

61 J\^tostat (Detinghausen wurde von den Mariannhiller Missionaren ubernommen. Fast 800 Jahre nadi der Griindung erlebt das alte Norbertinnerinnen-Kloster, das 1804 sakularisiert wurde, eine zweite Jugend. andern Tages bradi der rechte Gift los, kamen zu RoB und Fufi, raubten alles, was wieder eingeloset und aufgesuchet, weg, zogen die Leute nadcend, bios, wie sie auf die Weld gebohren, aus. Die Stadt in einer Stunde zu gesamter Hand anziinden, da denn eine solche Feuersbrunst entstanden, dafi fast200hauserinsolchen Feuerflammen gewesen, dab kein lebendiger Mensdi hinzukommen konnen; hiermit cessirten sie nicht.denn sie lieben die schone, von Kaiser Carole Magno erbaute und wohl fundirte Kirdie mit Pulver zersprengen, Thoren und Pforten abbrennen und fortter alles wegnehmen, die Toten in der Erde sind mit Umhacken des Kirdihofs nicht versdiont. Eine Plage und Ungliick iiber das andere..." Dieses Schreiben an den Kurfiirsten von Koln war unterzeidinet: Arme verbrannte und zu Grunde gerichtete Biirger und Einwohner der Stadt Marsberg." Die Klagen wurden verschiedentlidi wiederholt. Einmal wurde darin gesagt, dab die Leichen in den Sargen entbloct worden seien und offen zu Tage gelegen haben. - Ersdireckend wirkt diese Nachridit fiber die furditbare Zerstorungswut und Mordlust der Sdiweden, Hessen und Waldecker. Unverstandlidi ist uns heute, dab Hessen und Waldecker im Bruderkrieg kostbares deutsches Blut vergossen und Stadte und Felder ihrer nachsten Nachbarn verwiisteten, die seitdem jahrhundertelang und auf alle Zeiten friedlich zusammenlebten. Es war in dieser Zeit besonders den Hessen gelungen, durch ihr gewalttatiges Auftreten sidi eine traurige Beruhmtheit zu erwerben. Der Zuruf: Drop, et sind Hessen!" ist heute nodi spridiwortlidi und zeugt von dem HaB, den damals die zum Verzweiflungskampfe gezwungenen.vollkommenverarmtenwestfalisdien Bauern in sidi trugen. - Am Ende des DreiBigjahrigen Krieges glidi Marsberg einem groben Trfimmerhaufen. Die abgebrannten Hauser wurden nidit wieder aufgebaut, wohl aber das sdione Rathaus und die Stiftskirdie. Viele Einwohner zogen in andere benadibarte Ortsdiaften. Andere sind nadi diesem entsetzlidien Kriege von Obermarsberg, von dem Berge, der ihnen nun mehr keinen Sdiutz gewahrte, wieder in das friihere H o r - husen", das jetzige Niedermarsberg hinabzogen. Die Wunden des langen Krieges sind langst vernarbt; nur in der Umgebung Marsbergs halten alte Flurregister die Namen der verwusteten Dorfer fest und bezeidinen die Statten, wo sie gestanden. Beim Adtern stobt man nodi heute auf die Grundmauern versdiwundener Hauser, und griinbewadisene Quadrate auf braunen Bergheiden des Sauerlandes halten eine dunkle Erinnerung fest und lenken unsere Gedanken zuriidc in eine Zeit der Greuel und der Zerstorung. - 58

62 at t)in9e QBatcr / Sauerländer Heimatbund Von Joset Sdimelzer Am Hohenwege von Olpe nach Rothenmuhle, unweit der sog. Eiken Strengelen", liegt eine uralte Statte religioser Betatigung, das heilige Wasser oder, wie die niederdeutsdie Zunge sagt: dat hillge Water. In der Niihe des hillgen Water begegnet dem Heimatforscher der Name Schwedenschanze. Wir haben es hier nidit mit einem Einzelfall zu tun, dab der Volksmund alte Wallhecken und Verschanzungen Schwedenschanzen nennt. GewiB hatten um das Jahr 1630 die Sdiweden auch Olpe in der schlimmsten Weise gepliindert, so dab die Erinnerung daran unter den Nachfahren wach und lebendig blieb Und in den sog. Sdiwedenschanzen weiterlebte. In Wirklidikeit sind die Landwehren wahrscheinlidi aus dem Mittelalter. Von Pastor Hundt, der von 1756 bis 1796 der Pfarrei Olpe vorstand, war um 1856 nodi ein ausfiihrlidies Aktenstuck iiber das heilige Wasser vorhanden, in dem die Weihe dieses Brunnens durdi Erzbisdiof Anno von Koln ausfiihrlidi in episdier Breite gesdiildert war. Dieses Aktenstuck, das der Heimatfreund Apotheker Liese aus Weldenidi otters gelesen hat, ist leider durdi einen Olper Biirgermeister bald nadi 1856 verniditet worden, aus Furdit, es moditen Olper Familien kompromittiert werden, deren Vorfahren mit den Sdiweden fraternisiert haben sollten. Damit ist sehr wichtiges, z. T. urkundlidies Material iiber das heilige Wasser unwiederbringlidi verlorengegangen. In diesem Aktenstude war erwahnt, dab seit der Einweihung durdi den hi. Anno ein Eremit das heilige Wasser hutete, der von den Opfergaben der Pilger lebte. Es fanden namlich nidit nur einzelne Waller den Weg zum hi. Wasser, sondern ganze Pilgerzuge wallten die Hohe hinauf, und selbst in weite Feme war der Ruf von diesem Heilbrunnen gedrungen. Und so kamen, wie Pastor Hundt beriditet hat, Pilger zu Pferde und zu Wagen dorthin, um Heilung zu sudien. Zur Aufnahme der Pilgeropfer war spater ein Opfersdirein angebradit. Dieser Opfersdirein wurde um LichtmeB des Jahres 1706 gewaltsam erbrodien und seines Inhalts beraubt. Es wird welter berichtet, dab der Brunnen im Jahre 1705, genau wie 35 Jahre vorher, bei einer langdauernden Trockenheit nicht austrodcnete, Wahrend alle Brunnen in der Uihgegend versiegten. In dieser Mitteilung wird der Brunnen bezeidinet als der Heilbrunnen auf der LandstraBe hinter dem Hupen". Um 1700 hatte die Stadt Olpe dort einen Opferstods; aufstellen lassen, den aber der Kurfiirstlidie Riditer wegnehmen lieb, um einen andern dorthin zu stellen, well die stadtisdie Jurisdiktion sich nicht bis dorthin erstreckte. Um jene Zeit ist also ein Eremit schon nidit mehr dort gewesen, denn die Almosen verwandte der Riditer damals teils fiir den Opferstodc, teils uberlieb er sie dem Pfarrer von Olpe zu wohltatigen Zwecken. Mit diesem von Anno geweihten Brunnen hat es seine besondere Bewandtnis. Das Wasdien Oder Besprengen mit Wasser gait von jeher im Gottesdienst der Volker als ein Symbol innerer Reinigung, bei den heidnisdien Griedien und Romern sowohl wie bei den Juden. Auch die alten Deutschen kannten einen heiligen Brunnen der Urd an der Weltesche und eine feierlidie WasserbegieBung des Neugeborenen. Weldie Bedeutung das Wasser als auberes Zeichen innerer Reinigung in der diristlichen Kirche hat, braucht nidit gesagt zu werden. Und in den Zeiten, da das Christentum in den Kopfen der Neugetauften sidi mit heidnisdien Gebraudien nodi wunderlich mischte, da hatte der Brunnen auf einsamer Waldeshohe, dat hillge Water, noch seine eigene Bedeutung. Und es wurde, wie so oft, ein neuer Kult auf eine alte Kultstatte ubertragen. Am Fruhmorgen des ersten Ostertages eilten aus Dorfern und Gehoften oft stundenweit her Pilger jeden Alters und Standes zur Hohe hinauf! sie alle sdiritten einzeln und stumm von Ost nadi West, von Nord und Siid zum hillgen Water. Sdiweigend nahten sie dem geweihten Brunnen, aus dessen Rohr das klare Wasser in ein kunstvolles Becken gludcste. Die Brunnenkronungbestand aus einem einfadiensteinkreuz, das nadi der Volkssage heute nodi ungehobene im Sumpfe liegt. Sdiweigend umstanden sie das Wasserbedcen, in der Hand eine Holzsdiale und einen Krug. Sdiweigend sdiauten sie hinauf zum ostlidien Himmel, wo fern hinter dem langgedehnten Tannenwalde die Sonne aufgehen mubte. Eber. flammte es wie purpurner Brand iiber die Wipfel hinweg, da tauchten die Pilger hastig mit zitternder Hand die Holzsdiale in den Brunnen und sdiopften sdiweigend mit fliegendem Atem die Kriige voll des heiligen Wassers. Dat hillge Water! So der erste Sonnenstrahl am ersten Ostertage iiber den Tannen aufblitzte, mubte es geschopft werden; nur reine Hande, an denen kein Makel war und kein Blut klebte, durften schopfen, sonst gerann das Wasser zu Blut. Kein Wort durfte in jener Stunde am Brunnen gesprochen werden, sonst war die Wirkung des Heilwassers zunichte. Dat hillge Water! Mit dem Namen des treulosen Geliebten in die vier Winde gesprengt, rief es den Wortbriichigen zuriick; mit einem frisdi gebrochenen Wacholderzweige in Haus und Hof versprengt, wehrte es Krankheit und Seuchen, bradite es Gliick und Gedeihen in Haus und Stall und Scheuer; mit Anda.cht iiber Stirne, Augen und Mund verwischt, madite es Kranke gesund, obschon der Tod die Hand nadi ihnen ausgestreckt, machte es Irre heil und bewahrte Gesunde vor jahem Siechtum. Dat hillge Water! Die Kriige mit dem kostbaren NaB wie ein Kleinod unter dem Gewande geborgen, so schritten sie hinab ins Tal, wie sie gekommen waren aus Ost und West, aus Nord und Siid, die Pilger vom Hillgen Water"! 59

63 S^amrBandUdie (PreMege6oljicl}te Vor 100 Jahren: erste Numraer des CentraIers" Es ist bald 200 Jahre her, dab im Sauerland das erste presseahnliche Druckerzeugnis aus der Druckpresse kam. Am erhielt der Buchhandler Johann Eberhard Herken in Arnsberg von der Kurfurstlichen Regierung die Erlaubnis zur Herausgabe des Arnsberger Intelligenz-Blattes". Damit auch der gemeine Mann" - so lautete es fiirsorglich in dem Dekret - von den Begebenheiten im Lande inne werden moge, wes Ends Wir fiir dienlich finden, dab in alien Ortschaften auf dem platten Land worinnen eine Pfarrkirche ist, das Intelligenz - und Wochenblatt gehalten werde, also befehlen wir denenen Beamten, die Verfiigung zu treffen, dab entweder von dem vornehmsten Wirt oder Vorsteher jedes Orts, worinnen die Pfarrkirche steht, auf Gemeinheits-Kosten das Intelligenzund Wochenblatt, damit jedermann solches auf denen Sonn- und Feiertagen einsehen konne, angelegt, mithin zu solchem Behuf die Adresse binnen acht Tagen Zeit an hiesigen Buchdrucker ohnfehlbar eingeschickt werde." Das Intelligenz-Blatt Damit beginnt unsere Presse-Geschichte. Wahrend eigentlich sonst die Intelligenz-Blatter, die unter diesem Namen in jener Zeit iiberall erstanden, reine Anzeigenblatter waren, war das Arnsberger Blattchen von Anfang an zugleich ein Nachrichtenblatt, wenn auch bescheidenen Umfangs. Eben dieser Nachrichten wegen hatte der Herausgeber bald einen ersten ZusammenstoC mit der Hohen Behorde und er gab darum das Blatt an seinen Vetter J. Franz Herken ab. Bis 1819 ging alles leidlich gut. Da nahm die neue Regierung die Sache selbst in die Hand und griindete ein eigenes Arnsberger Intelligenzund Wochenblatt und kaufte Herken seine Lizenz fiir 600 Taler jahrlich ab. Das amtliche Blatt fand aber nicht viel Gegenliebe, weder beim Volk noch bei den Behordenstellen. Das auf die in den Freiheitskriegen versprochene Freiheit immer nodi wartende Volk wollte keine amtlich gegangelten Nachrichten griindete der Schwiegervater unseres spater in Arnsberg wirkenden sauerlandisdien Dichters Friedrich Wilh. Grimme - der Kanzleibuchbinder Diiser, natiirlidi mit behordlicher Genehmigung - das Arnsberger Wodienblatt (gedruckt in der Druckerei Grote) eine Vereinigung von Anzeigen- und Nachrichtenblatt, aus dem aber alle politischen Mitteilungen undbetrachtungenverbannt waren. Trotz dieser behordlichen VorsichtsmaBnahme geriet Diiser doch laufend in Konflikt mit den Zensoren, die auch - mit Recht oder nicht - in Romanen, Anekdoten usw. Angriffe auf behordliche MaBnahmen witterten. Er steuerte aber doch sein Blatt gliicklich bis haufig unterstiitzt vom Landrat des Kreises - und da wurde das Arnsberger Wochenblatt (Kleinformat 22 X 18 cm) zum Kreisblatt fiir den Kreis Arnsberg erhoben, allerdings mit der zarten Androhung, es sei ausdriicklich vorbehalten, dem Blatte die amtliche Qualitat als Kreisblatt wieder zu entziehen, falls in dem nichtamtlichen Teil Tendenzen verfolgt werden mochten, die mit einem amtlichen Organe der Behorden als unvereinbar erscheinen..." Ein paar Ratsel waren mehrere Male AnlaB, dab das Damoklesschwert des Verbotes tatsachlich herabsauste und dem Kreisblatt den Lebensfaden zerschnitt. Seine Auflage wird fur das Jahr 1842 mit 420 Exemplaren angegeben, sein Preis 20 Silbergroschen im Jahr. 272 Exemplare wurden in der Stadt Arnsberg davon gehalten. Als es sein Format vergroberte und zum zweimaligen Erscheinen in der Woche iiberging, erhohte sich der Bezugspreis auf T Taler, bei dem Wert, den damals ein Taler hatte, ein ganz beachtlicher Preis! Kleine Zeitung" Als die 48er Revolution die Pressefreiheit brachte, grundete der Drucker und Redakteur Curth ein weiteres Blatt KleineZeitung", die allerdingjs wegen ihrer politischen Tendenz von der Befojderung durch die Konigliche Post ausgeschlossen blieb" und nach zwei Jahren wieder einging. Allgemeiner Anzeiger" Neben der Diiser'schen Zeitung Arnsberger Wochenblatt" taucht dann noch ein Allgemeiner Anzeiger von R. Stein auf, der nur..fiir Bekanntmachungen geschaftlicher, technischer und rein wirtschaftlicher Natur" bestimmt war, unter AusschluB aller politischen und sozialen Fragen. Das Central-Volksblatt Dusers Kreisblatt, das als Redakteur sogar einen Regierungssekretar namens Rieve beschaftigte, wurde durch die behordliche Zensur, die iiber die Hintertreppe die Pressefreiheit leicht illusorisch machen konnte, immer langweiliger. In jenen Tagen entstand im Verlage von Anton Stein zu Werl Der Freimiitige an der Haar", der aber nach zwei Jahren bereits sein Erscheinen wieder einstellen mubte. Derselbe Anton Stein grundete am 1. Januar 1856, also vor 100 Jahren, das Central-Volksblatt fiir die Kreise Soest, Arnsberg, Iserlohn und Hamm", das in wenigen Jahren eine Auflage von 3000 Exemplaren verkaufte, wahrend sich das Diiser'sche amtliche Kreisblatt mit 320 Lesern bzw. Abonnenten begniigen mubte. Arnsberg und Werl waren als Verlagsorte angegeben, und diese Zeitung, die sidi als lebensfahig wegen ihrer volksnahen Einstellung erwies, gab der Geschichte der sauerlandischen Presse fiir ein ganzes Jahrhundert das Gesicht. Arnsberger Zeitung /Westfalische Tageszeitung Seit 1875 erschien im Verlag F. W. Becker die Arnsberger Zeitung". Als sie nach funfjiihrigem Bestehen eine Auflage von 700 erreicht hatte, erhielt diese Zeitung den Charakter 60

64 des amtlichen Kreisblattes. Bis 1907 kam sie wochentlich zweimal heraus und ging als Westfalische Tageszeitung zum sechsmaligen Erscheinen iiber schlug ihre Abschiedsstunde. Die Sauerlandische Morgenpost" war in den 20er Jahren von vornherein ein totgeborenes Kind. Tageszeitungen, entwickelten sich im Laufe der Jahrzehnte vor dem Weltkrieg noch in Mesdiede (Verlag Drees) in Brilon (Verlag Albrecht) in Attendorn (Verlag Frey) und in Olpe (Verlag Ruegenberg). Centraler vor 100 Jahren Das Central-Volksblatt, im Volksmund sehr bald einfach der Centraler" genannt, erschien anfangs wochentlidi zweimal fiir 20 Silbergroschen, bis 1858 befand sich die Redaktion in Werl, seit diesem Jahr in Arnsberg. zisten gegriindet wurde, die spater in den Besitz des Verlegers Theodor Popperling iiberging und 1923 durch die Verbindung mit dem Dortmunder Verlag Lensing zu einer modernen Zeitung ausgebaut werden konnte, ohne ihren alten Charakter als Arnsberger und sauerlandische Zeitung zu verlieren. Drittes Reich - Krieg - Zusammenbruch Im sogenannten Dritten Reidi batten die sauerlandischenzeitungen einen schwerenstand, da die parteiamtliche Westfaliscbe Landeszeitung-Rote Erde aus Dortmund mit Hilfe der NSDAP und ihrer Organisationen, ja mit Hilfe des Staatsapparates, mit Druck, Drohungen und Terror versudite, die Bevolkerung fiir die Parteizeitung zu gewinnen. Griinde der Kriegswirtschaft halfen ihr wahrend des Krieges, zahlreiche Zeitungen zugunsten der eigenen untergehen zu set.l seiim^tag Ua i. $abttac. 1S6. 0Bir Sfcem imt mtn Im stt^jka Vtrnma^ JitaB&I^fi fibt&gegk&bwn iseruftsea, 6s 6a«tfa{-f siis&yi» msimli^ imbiil! mmnstt" ««l». 1*01 vtt nn mtniso «*»f<osf«a»cai«islaj B»lS'»r''^'t«t i«5>'l««««'^ ""-^ ««> 8«.e«8 Kf!^ I«ftoi- Ssto* iufk tia sxsrt B»o» V «l RmWW-en'"?* «* >* Z'^- «* f<t'" "!'»<» ''i' Man^f fa *«* rt 8i<J(t twitslg «f*ribt«h&xfu^ teem far ^w» w;^nijs!na «^ n'^^ Jcs4. 3>«8 nan favt n^frabtiji nm stiiwisi m 8t»<28tifa«4«isisDtu* so «s >»<i*«sfws ^ '' «( '<* «%*'«rsm rsw*' Cmn.iisi In 9f««8 sowbina ttm; te* 4» SM^m W tkf^ *»N «tattjiliicm Si, i-jt - ««4 «8»rai«ii» ««antno eimam, sit inlil!* t<»«!t»«, ii»as«p«»* "«S«f«<*ii«4iM*K» »»iii'»lil3< e<in8<«(s* «a tam sat w«lea l«kloiifa pa, M»»>% te ««ll»8< UHnmm j«mlaiwu $tt k«i ttk^ta^tftta^itii tkftkfoaten Mt getamur {& l^ntit ^nt^kts^ S!!te^ «8&?li$^ fto Esbb, ftt ^n c»^»i«««ti, fcik ht «w»tei»» t6«ibi«ti>»«««rt *»isi*i>n 8tli>Htt, mk fat.krtttti Iw i«t S«!»kB ah<<t w«"md' (!! SMjj.-"*iF*«n («*»tiiaii (SMI aikfirif ik ( MMtat Kith"! MKtc, MM 4 (l^'i»1«<) tf>a >-< DUser hatte das Verlagsrecht des Landratlichen Kreisblattes 1860 an den Verleger Stein verkaufti in seiner Druckerei erschien also die eigene Zeitung mit 4000 Exemplaren fiir die Kreise Arnsberg, Meschede, Iserlohn und Soest und zugleich das Amtsblatt mit 200 Exemplaren. Als der Centraler wegen seiner entschiedenen Haltung im Kulturkampf hoheren Orts schnell mibliebig wurde, wurde ihm dieser Druck aber entzogen und der Mendener Telegraph" zusatzlich zum amtlichen Blatt fiir den Kreis Arnsberg ernannt ging der Centraler zum dreinaaligen Erscheinen iiber und Steins Doktor" machte die Zeitung bekannt weit iiber die Grenzen ihres Verbreitungsgebietes. Im Titel nannte sie sich zeitweilig auch Central-Volksblatt fiir den Regierungsbezirk Arnsberg. 100 Jahre ist es nun her, dab diese Zeitung von aufrechten Demokraten, tuchtigen Publi- lassen. Das Central-Volksblatt in Verbindung mit der Tremonia gehorte zu den wenigen Zeitungen, die sich, abgesehen von mehrmaligen Beschlagnahmen und Verboten, dank ihrer guten Verankerung in den sauerlandisdien Volkskreisen halten konnte, bis Ende Marz 1945 der Transport vom Druckort lahmgelegt und dann die Druckerei selbst von Bomben zerstort wurde. Nach dem Zusammenbruch erschienen zunachst aus der Lensing'schen Druckerei in Arnsberg die Amtlichen Mitteilungen", in denen die Militarregierung und die ersten neuen Verwaltungsdienststellen ihre Bekanntmadiungen erlieben und die besonders wegen des Zuteilungsplanes" von der Bevolkerung begehrt waren. Nebenher kam die Neue Westfalische Zeitung" als Organ der Militarregierung, in den sauerlandischen Kreisen, im Vertrieb der Firma Lensing, bis als erste Lizenz-Zeitungen die West- 61

65 falische Sauerländer Rundschau Heimatbund die Westfalenpost 1946 als Tageszeitungen mit zunadist zweiraaligem Ersdieinen in der Woche ihr Erscheinen begannen. In Brilon, Meschede und Attendorn kamen die friiheren kleinen Ortszeitungen infolge der grundlegenden Anderungen im Zeitungswesen nlcht mehr zum Zuge; nur in Olpe erscheint in Anlehnung an einem groberen Verlag wieder das Sauerlandische Volksblatt (Verlag Ruegenberg) und in Balve als Wochenzeitung die H6nne-Zeitung" (Verlag Zimmermann). Die Westfalenpost erscheint in jedem sauerlandisdien Kreis als Kreisausgabe; in den Kreisen Arnsberg, Meschede und Brilon liegt durdi Privatvertrag auf die Dauer von zehn Jahren die Vertretung der Westfalenpost in Handen der Verlagsanstalt Gebriider Lensing. Alt-Warstein 62

66 JVlemoLrGti eliie^ aitea CfLscKes Von Franz Predeek Als ich im Jahre 1880 von einem jungen Amtsriditer und seiner jugendschonen Gattin er- Worben wurde, war ich ganze drei Jahre alt. In einer Paderborner Mobelwerkstatte war ich aus erlesenem NuBbaumholz gefertigt worden. Man stellte mich auf vier, mein Schwergewicht unter der Mitte tragende und aus gedrehten Saulen bestehende Beine, die in schwungvoll ausladenden und mit EisenroUen beschlagenen FiiBen ausmiindeten. Mein besonderer Stolz war meine eirunde Platte, wunderfein aus verschiedenen NuBbaumholzern zusarnmengefiigt und blank wie ein Spiegel. Meine erste Dienststelle war Meinerzhagen im markischen Sauerlande. Das junge Ehegltick neiner Besitzer heimlich zu beobachten, war mir Vorerst nicht vergonnt; vielmehr fiihrte ich ein ziemlidi abgeschiedenes Dasein in der guten Stube; nur an Fest- und Feiertagen spiegelten sich bewundernde Gesichter in meinem Glanze. Auch wohl breitete man gekloppelte Spitzendecken iiber mich aus, auf die man Silberbestecke legte und edles Porzellan stellte. Mit stolzer Freude lieb ich alles dies uber mich ergehen und mehr als einmal blinzelte ich mit einem meiner NuBbaumaugen durch das Maschengeader Besitzer und Gaste an. Obwohl ich trotz meiner Miniatur-Rollschuhe fest wie ein NuBbaum auf dem Teppiche stand Und so ein unzertrennliches Ganzes zu bilden schien, konnte man mich trotzdem mit Aufbietung aller Krafte in der Mitte auseinander ziehen und durch eingelegte Tannenbretter auf das dreifache verlangern. Wenn ich bei dieser Prozedur die Beine weit auseinander spreitzen naubte und in der Mitte eine klaffende Liicke zeigte, konnte man in die Mechanik des Gesdiiebes sehen. Dies geschah vornehmlich, wenn ein neuer Erdenbiirger in die Familie einzog und ich die Lasten der Tauffeierlichkeiten zu tragen batte. Je mehr Kinder einzogen, umso mehr ^urde ich dann ausgezogen. Beim Wechsel meiner Dienststelle von Meinerzhagen nach Bocholt batte ich bereits drei Schmalbretter zwischen die Rippen. Aber nur schlecht vertrug idi mich bei meiner glanzenden Vergangenheit mit diesen Proletenhaften Einlegebrettern. War dann ein Pest voruber und ich wieder mit meinen beiden aristokratischen Halften eine eirunde Einheit geworden, dann mubte Minna, die Magd, mich binterdrein stundenlang mit Putzlappen und Bohnermasse wienern, bis alle Blasstellen versthwunden waren und ich wieder erglanzte wie ein mondsdieiniiberhauchter Bergsee. In der Textilstadt Bocholt erlebte ich nodi zweimal die Tauffeierlidikeiten fur einen SproBling der gleichen Hausmarke sowie erstmals das schone Fest einer Erstkommunion. Nie werde idi die Pradit der Blumenangebinde und silbernen Kerzenleuditer vergessen, die ich an diesem Tage mit erhabenem Stolze zu tragen verstand. Besonders erlebnisreich fiir mich wurde, als aus den Wickelkindern vier Schulbuben und ein Schulmadel geworden waren, die Weihnachtszeit. Von einer Wand der guten Stube zur anderen wurde ich dann gereckt und gestreckt wie auf einer Folterbank. Hatte ich doch die grobe Weihnachtskrippe zu tragen mit dem Stalle von Bethlehem, mit der ganzen, aus Papierhausern erbauten Stadt, mit Bergen von Kisten und Pappschachteln, hiibsch mit Tannengrun verkleidet, mit Felsenszenerien, mit Weiden aus polsterweichem Moos, mit Bachlaufen, Seen und Gebirgspfaden, mit Schafherden und Schaferkarren und Dutzenden von bunten Krippenfiguren. In dem MaBe, wie die nunmehr sechs edlen SproBlinge heranwuchsen, wurde es immer lebhafter um mich herum. Kommunionfeiern, Geburtags- und Namenstage, Abiturientenfeiern und Verlobungen wurden festlich begangen. Hei! Da ging es oft hoch her! Studentenabende bei Bowie und Bier, bei Klaviermusik und Kommersgesang wurden veranstaltet, Doktor- und Staatsexamina gebiihrend gefeiert; Hodizeiten verwandelten mich in einen wahren Blumenteppich. Aber auch der unerbittliche Tod lieb sich nieder an meiner buntscheckigen NuBbaumplatte, und ernste Gesprache mit wehmiitigen Erinnerungen flochten einen Trauerflor um meine sonst so lebensfrohen Tischwangen. Der erste Weltkrieg verschlug mich nach Hagen, wo der alteste Erbe die Lebensgefahrtin heimfuhrte. Nach dem Kriege fand ich mich wieder in der schonen Hauptstadt des kurkolnischen Sauerlandes. Kindtaufen der dritten Generation und Jubilaumswiegenfeste der zweiten luden erlesene Gaste an meine Platte, bis mich das nie rastende Gesciiick nach meiner Geburtsstiitte Paderborn zuruckbrachte. Immer war ich der treue, stumme Diener. Ach, konnte ich doch all die Worte wiedergeben, die gesprochen, die feurigen Reden und Spriiche, die Schwiire, die geschworen, die ernsten und heiteren Gesprache, die gewechselt! Ich konnte viel, viel erzahlen von Freud und Leid, von iibermiitiger Festtagsstimmung, von ernsten Totenfeiern. Drei Generationen habe ich treu und redlich gedient, bis ich bei der Zerstorung Paderborns am 27. Marz 1945 als 78jahriges Familienstuck elend zugrunde ging. Eingehiillt in ein rasendes Flammenmeer, iiberdachte ich im Feuerrausche nodi einmal meine an Festen und Ereignissen so reiche Lebensgeschichte. Dann sprang ich, vielfiiltig zernagt von der Brunst lodernder Feuer, mit lautem Knall auseinander und fand mit meiner Asche ein Grab unter Trummern und Raudi. Aber meine Seele lebt fort in der Erinnerung, die lebende und kommende Geschlechter bliitengleidi um den alten Freund winden. - 63

67 Unsere alte LIN A / Erzahlung von Magdalena Padberg Wir hatten eigentlich gedacht, dab wir sie recht gut kennten, unsere alte Lina, oder vielmehr, wir machten uns wohl nicht genug Gedanken um sie. Aber ist das nicht verstandlich, wenn jemand sdion so lange im Hause weilt, putzt, wasdit, den Garten versorgt, strickt, kocht - was weii5 idi? Mit ein paar stehenden Redensarten kam man doch aus, sie zu beschreiben: wir sprachen von ilrr als unserer Perle, unserer treuen Seele oder einfach als einem guten Stiick. Aber das wurde so im vorletzten Ernst dahingesagt, denn Lina konnte ja auch knurrig und unwirsch sein. Doch wir waren zu faul, ihren Launen nachzusinnen, wir sagten nicht: manchmal ist sie so, manchmal so. Lina mubte mit dem Gesamteindruck vorlieb nehmen. Gleichgiiltigfreundlich nannten wir sie ein gutes, einfaches Herz. Dann aber, als sie krank wurde, sich noch mit letzter Kraft offenbar durch den Tag schleppte und gegen Sieben in Hut und Mantel verkundete, dab sie sofort ins Hospital miibte, da sahen wir uns gegenseitig an. Was fehlte ihr denn? Und warum sprach sie so bestimmt, Lina, die sich doch sonst immer nur triige verwaltete, weil sie kein Privatleben fiihrte, sondern die Richtlinie ihrer Entscheidungen von uns bezog. Wenn wir sagten: Ach, Lina, back doch heute Reibeplatzchen," so hatte sie es bestimmt getan, auch wenn es eigentlich nicht zur Arbeit pabte, oder wenn man ihr vorschlug, schon an diesem Sonntag zu ihrer Cousine zu fahren, statt in vierzehn Tagen, wie sie seit langem geplant hatte, fand sie das sicher genau so gut. Aber diesmal war es anders. Erst jetzt, wo sie tot ist, kann ich mir alles zusammenreimen. Lina wollte nicht, dab wir in ihr Zimmer sahen, denn zwei, drei Tage hatte sie dort noch gelegen, bevor der Tod sie fort nahm. Seltsamerweise hatten wir nie hineingeschaut. Die Kammer war auch immer verschlossen. Aber Lina hatte es nun einmal mit dem AbschlieBen. Kein Schrank, keine Truhe im ganzen Haus, die nicht taglich vier, fiinfmal von ihrem groben Schliisselbund bedient wurden. Wir machten uns zwar oft lustig iiber diese Auffassung von Gewalt". Aber warum soute die gute alte Lina nicht auch ein bibchen komisch sein? Wir dachten uns nichts dabei. Das grobe Bund hatte sie auf den Kiichentisdi gelegt, und mein beherzter Schwager, dem die verschlossenen Schranke schon lange nichts als Arger bedeuteten, denn er war immer eilig, fingerte noch am gleichen Abend die einzelnen Schliissel aus dem Ring und steckte sie in die Schranktiiren. Wenigstens, bis Lina wiederkommt," meinte er. Aber sie kam nicht wieder. Als idi dann ihre kleine Hinterlassenschaft ordnen und an die Cousine schicken wollte, war der Schliissel zur Kammer nicht zu finden. Ich suchte iiberall, wo man gewohnt ist, zu suchen: auf dem obersten Treppenabsatz, hinter der Flurgarderobe, in dem wackeligen Tischchen, das daneben abgestellt war. Mit einem Dieterich in Linas Stube einzudringen, scheute ich mich. Das sah doch zu diebisch aus. Am nachsten Tage iibergab mir die Krankenschwester aus dem Hospital einen Schliissel, den sie unter Linas Kopfkissen gefunden hatte. Es. war der gesuchte. Und nun, wo ich ein paar Stunden im Zimmer unserer guten alten toten Lina gewesen bin, nun kann ich verstehen, warum sie lieber in einem Saal mit zehn Betten besucht werden wollte als hier. Nicht, dab sie wirklich etwas zu verstecken gehabt hatte. Aber wir waren wohl nicht umhin gekommen, noch wahrend der letzten Lebenstage unsere leichtgefabte, denkfaule Meinung iiber die alte Frau zu andern. Denn Lina, das sah ich nun, hatte doch ein Privatleben gehabt, ja mehr, sie war in ihrer kleinen Kammer jahrelang mit einem Schatz umgegangen, von dem niemand etwas ahnte. Auf der Fensterbank, auf den Borden und Kommoden fand ich dann alles, offenbar am letzten Abend noch mit Zeitungspapier geschiitzt, denn die Blatter trugen das Datum der Samstagsausgabe. Lina hatte keine Liebesandenken bewahrt. Ob es solche in ihrem Leben iiberhaupt gegeben, weib ich nicht. Dieser Sammeleifer wies iiber Personliches hinaus, schien mir zuerst, denn da standen in Reih und Glied Ansichtskarten, Aschenbecher mit eingravierter Herkunft, abgestocene Sammeltassen. Briefbeschwerer vom Ahrenberg", Muschelkastchen aus Metz", und wieder bunte Ansichten von Burgen und malerischen FluBpartien, die Lina ganz bestimmt nicht richtig aussprechen konnte: ein wahrer Bazar europaischer Souvenir-Industrie. Wie die gute Seele an all diese Dinge gekommen war, schien mir nicht schwer zu raten, denn bei uns wurde manches achtlos beiseite geworfen. Aber was um Gottes Willen hatte sie bewogen, hier einen kleinen Laden wertloser Gegenstande auszubreiten, so nah bei den Ratten und Mausen des Dachbodens? Ich durchforschte das Gebiet genau, um irgendwo in die Sammelleidenschaft des alten Hausmadchens einzudringen. Aber es blieb alles ein buntes Durcheinander. Glaubte die arrae Lina vielleicht an den sachlichen Wert dieser Hinterlassenschaft? Hatte sie zufallig gehort wie jemand erzahlte, dab zum Beispiel Briefmarken spater, viele Jahre spater, eine Kostbarkeit werden konnten? Ich ging kopfschiittelnd schlieblich an die letzte Vitrine", Linas verschnorkelte Nachttischschublade. Und da fand ich den Schliissel. Nicht einen von denen, die der treue Hausgeist am Bund aufzubewahren pflegte, sondern den Zugang zu Linas Reich. Ich fand eine alte, aus dem Atlas gerissene Landkarte von Deutschland und eine zweite von Frankreich, ziemlich verblichen beide und heute in ihren Farben langst nicht mehr giiltig. Von unserm Haus aus - oder von da, wo Lina es sich in ihrer einfadien Geographie vorstellte - ging eine Linie westwarts iiber Kdln nach Trier. Da war auch die Karte zuende. Auf der anderen aber war der Strich wieder aufgenommen, oben im Nordosten 64

68 an der Mosel. Und dann lief er in wunderbarer strategischer Vereinfachung diagonal iiber das Blatt - bis zum NordfuB der Pyrenaen, bis nach Lourdes. Und all die vergilbten Photographien, die Stocknagel und bunten Schalchen, Reiseandenken, sidier nidit nur aus unserm Haus, sondern von Lina vielleicht im ganzen Dorf erbeten oder heimlich genommen, das alles waren Stationen auf ihrem Weg, der abends von uns abzweigte, wenn wir daditen, dab die gute Seele sdion langst den tiefen, traumlosen Schlaf nach schwerer Arbeit schliet. Wie mag sie sidi abgequalt haben mit der Reihentolge dieser Wegbegleiter, denn es gab ja auch Gegenstande, deren Herkunft nidit auf der Karte verzeichnet ^ar, wie mag sie ausgewahlt haben nach dem Wunsch, nur keine Zeit zu verlieren, auf dem schnellsten Weg in die Mariengrotte zu pilgern. Ich sehe ihre miiden Augen vor mir, und sie bekommen einen Glanz, den sie am Tage nie hatten; ihre vertrockneten, sproden Wangen beleben sich: Lina wallfahrtet. Sie nimmt alles in die Hand, staubt es vielleicht ab, setzt es wieder hin und ist durch Europa gewandert, abends, ohne Gepack, in ihrer Kammer. Und wir hatten nichts gehort von ihrem Schritt, der in solche Fernen reichte. Wir konnten dodi nicht ahnen, dab die restliche Welt, die ja kaum aufkommt gegen den Bezirk des nahe Vertrauten, in Unas Dasein solche MaBe angenommen hatte. Wir ^aren zu aditlos gewesen, um zu begreifen, dab audi Lina von einer Sehnsucht gelebt hatte, dab sie so einfadi gar nicht gewesen war, die mit ihrem Herzen Weitgereiste, die kiihne Abenteuerin der Nadit. Und wie ich nun die Karten einsammelte, die Aschenbecher und bunten flutoritiit Hdr Kiimmel genk im Hius temdist Rdcht bumm'ug angetrocken. De Biixe henk me liuterfutt Bit daipe op de Socken. Seyn Frugge was wuahl fake dann Am, knurren, snurren, nuren: De Autor'tdt, dai gdiht bey dey Diir Schloddrigkait verluren." Dai Wore harr seyn Siiehnken sik Rdcht gau un schlau behollen; Dobey wufit hai duk ungefdhr, Bat se beduihen sollen. Bo in didr SchuV de Ldhrer niu De Blagen jrog're wichtlg, Bai idhm dat Wort: Autoritdt Erkldren konne richtig. Do krdggere dai klaine Knirps Ganz viidrwitzig un fixe: De Autor'tdt bey us im Hius Is Vatters Schlodder-BUxe." Josef Flitter Federhalter in den Koffer legte, war mir's, als zerstorte ich ein ganzes Reich. Wenn ich jetzt an zu Hause denke, schimmert durcii die Nacht ein helles Fenster, ein Leuchtturm: Linas Dachkammer. Sie ist hoher als alle Baume rings herum und so maditig, denke ich oft, dab sie das ganze Haus mitnimmt auf die Reise. Wir mussen uns die Heimat erhaiten! Naturschutz tut not, das weib heute jedermann. Wohl gab es eine Zeit, da ladielte man daruber. Sdiwarmer nannte man die Warner. Und doch waren von altersher Flursdiiitzer in jedem Dorf. Aus tiefster Erkenntnis heraus wahrten die Mensdien ihre Flur. Denn aus den Kraften und Sdiatzen des Heimatbodens und der Arbeit an ihm wurden und werden die Menschen so, wie sie sind. Wir mussen uns die Heimat erhaiten, wollen wir das bleiben, was wir sind. Der gleiche Saft- und Kraftstrom, der in unserem Boden wirkt, der in allem Leben kreist, ist doch in uns. Verdirbt das Land, so verdirbt der Mensch. Es geht um mehr als um aussterbende Teearten und seltene Pflanzen, um mehr als um letzte Moore und Heiden, es geht um den Mensdien, um den Boden, aus dem er wurde, um die Erde, die ihn nahrt, um den Grund, der ihn bergen soil, es geht um Art, Sitte und Brauchtum. Haltet fest an der altherkommlichen Bauweise. Wehrt Euch aus inneren Stolz dagegen, dab Eure sdionen Giebel und Wande verschandelt werden. Streicht die Fachwerke schwarz und tiindit die Felder weib. Haltet Eure Hofe sauber. LaBt Eure Wohnstatte ein Sdimudc der Walder, Felder und Wiesen sein. Pflegt Eure Garten. Haltet auf saubere StraBen. Schert die Hecken. Saubert die Bache und Teiche, auf dab das Wasser klar sprudele und blinke. Pflanzt Baume an Wegen und Platzen. Haltet den Wald rein. Er ist heilig. Umsorgt Eure Friedhofe und Ehrenmale. Schmiickt Eure Fenster mit Blumen. Steigt da nicht ein herrliches Bild der Heimat vor Euren Augen auf? Drum Hand ans Werk! ^"9 Cramer 65

69 Uont Syehu'ji'penbaani tut ^rxonbtauta Seltene Fame im Sauerland / Von Richard Althaus Wer je in einem. Kohlenbergwerk war, wird sich auch sicher einige der schonen Pflanzenabdriicke mitgebracht haben, die dort oft in grober Menge gefunden werden. Sie haben immerhin das respektable Alter von rd. 250 Millionen Jahren und wiirden sehr interessante Geschichten erzahlen konnen, wenn sie unsere Sprache batten. Die Zeit, in der die Grundstoffe der Steinkohlen, machtige Sumpfpflanzen, wuchsen, nennen wir das Karbon. Es bildet den Ubergang vom Erdaltertum zum Erdmittelalter. Wahrend in der vorhergehenden Formation, dem Devon, das Pflanzenkleid der Erde noch ziemlich arm war, entfaltete sich im Karbon eine unvorstellbar reiche Pflanzenwelt. Riesige Schachtelhalme, Fame, Schuppenbaume, Barlappe und Siegelbaume gediehen in der warmfeuchten Luft in groben Sumpfwaldern. Ihr Wachstum war so enorm, dac viele dieser Gewachse nicht nur die Blatter, sondern auch die Aste periodisch abwarfen. Maditige Schichten sanken so in die Siimpfe und wurden in vielen Millionen Jahren zu Steinkohlen geprei5t. Rund 250 Millionen Jahre ist das nun her. Aber sie sind immer noch nicht ausgestorben, diese Zeugen einer gewaltigen Zeit. Wenn wir heute mit offenen Augen durch unsere Walder gehen, begegnen wir ihnen immer wieder. Leider blieb es unserer Zeit vorbehalten, sie so zu dezimieren, dac nur strengste SchutzmaCnahmen und unsere Einsicht sie zu erhalten vermogen. Was man aber schiitzen will, mub man kennen - darum sollen hier einige genannt und im Bilde gezeigt werden. Bemerkenswert ist dabei, dab gerade hier im Sauerland sich eine ganze Reihe von diesen Pflanzen erhalten hat, wahrend im eigentlichen Kohlengebiet an der unteren Ruhr nichts mehr vorhanden ist. Da ist zunachst der einzige ungefiederte Farn unserer Heimat, die Hirschzunge (Scolopendrium vulgare). Sie kommt vor allem auf Kalk vor (Honnetal) und iiberdauert auch den Winter. Die Wedel gleichen wirklich einer Iangen, schmalen Tierzunge. Weitere gefahrdete Fame sind der Konigsfarn (Osmunda regalis) mit seiner schonen Rispe, der ja im Kreise Olpe ein Schutzgebiet gefunden hat. Der nicht minder schone StrauBfarn (Struthiopteris germanica) hat sich noch in den Schluchtwaldern des Sauerlandes gehalten und ist ebenfalls unter Schutz gestellt. Etwas haufiger ist schon der Rippenfarn (Blechnum spicant), der ebenfalls winterhart ist. Leider sehr selten ist dagegen wieder die zierliche Mondraute (Botrychim lunaria) geworden, um die sich ein ganzer volkstiimlicher Sagenkranz gebildet hat. Im oberen Sauerland ist sie hier und da anzutreffen. Nicht minder sind die Barlappe gefahrdet. Der Kolbenbarlapp (Lycopodium elavatum) ist noch der haufigste dieser Familie. Aber seine Verwandten werden immer seltener. Der Zypressen-Barlapp (L. complanatum), der Sprossende- Barlapp (L. annotium), der S u m p f - Barlapp (L. innundatum) und der A 1 p e n - Barlapp (L. alpinum), der im Astengebiet vorkommt, bediirfen unseres ganzen Schutzes, wenn sie nicht eines Tages aus dem Pflanzenkleid unserer Heimat verschwinden sollen. Viel robuster und nicht so leicht auszurotten sind die Schachtelhalme. Der Acker- Sdiachtelhalm (Equisetum arvense) ist ein schwer zu bekampfendes Unkraut geworden. Wegen seines hohen Gehaltes an Kieselsaure eignet er sich vorziiglich zum Putzen von Zinngeschirr, daher auch Zinnkraut genannt. Der W a 1 d - Schachtel- Unsere Bilder von links nach rechts: 1. Zypresse-Bdrlapp mit Sporentragern, 2. Straufifarn im Spdtfriihling; verschiedene Sporentrdger noch nicht entwickelt, 3. Konigsfarn mit Sporenripse, 4. Hirschzunge

70 B'j/'j'jM/.'-'!_> _.!' I"-. B' "aim ist sicher der schonste der Sippe, aber auch ^dion seltener. Seine hellgriinen, zarten Aste fffiben ihm ein geradezu elegantes Aussehen. "aufiger sind wieder der S u m p f - Schachtelhalm (E. palustre) und der S c h 1 a m m - Schachtelhalm (E. limosum). Sdiachtelhalme heiben sie *egen der ineinander gesdiaditelten Stengel- Slieder. Unsere Heimat erlebte Eis- und Tropen- zeiten. Pflanzengattungen tauchten auf und gingen nach Jahrmillionen wieder zugrunde. Aber unsere schonen und geheimnisvollenfarne, diese Zeugen aus uralter Zeit, gruben uns auf ihre Weise. Wir wollen diesen GruB durch vermehrten Schutz erwidern, damit sie die Gefahren des tedinischen Zeitalters uberstehen. Fotos; Richard Althaus 67

71 Beim Geigenbauer im Souerland Von Fritz Jijrgens Im Advent 1954 betrat ich zum erstenmal seine Werkstatt, auf die ein kleines Tiirschild hinwies Willy Hodl, Spezialwerkstatt fiir Instrumentenbau und Reparatur, MegaenyLenne." Ein kleiner, kaum 10 qm grober Raum mit einem Fenster an der Bergseite eines abseits gelegenen Hauses barg alles, was fiir diese handwerklidie Arbeit notwendig ist; ein einfacher Tisdi, ein Gestell fiir fertige oder beschadigte Instrumente, ein Kanonenofen, ein breites Gesims vor dem Fenster fiir Noten und Uhr. Bescheiden, fast armlich. Kein Motor kreischte, keine Sage. AUes deutete bin auf echte Handarbeit. Ein erster Blick in die Werkstatt zeigte, dac fleibig gebaut wird: Geigen, Lauten, Gitarren, auch Cellos wurden ausgebessert. Auf dem Tisch entsprechendes Handwerkzeug: Sdinitzmesser, Stecheisen, Leim, Wirbel, Saiten... Es wunderte mich, einen Geigenbauer in Meggen zu finden, das seit vielen Jahrzehnten durch seinen Sdiwefelkiesbergbau bekannt ist. Geigenbau im Sauerland, der einzige im Westfalen? Der Meister safi an seinem Arbeitstisch, sdiaffte emsig und mit sicherer Hand an einer Geige. Dabei erzahlte er mir, wie es zum Geigenbau im Sauerland kam: Eine Folge des Krieges Maine Wiege stand in Schonbach, unweit Eger im Sudetengau. Sdion seit Generationen wurden in Mutters Familie Geigen gebaut. Mein Vater kam vom Bohmer Wald her. Audi ich lernte Geigen bauen. Eine dreijahrige griindliche Lehrzeit und nebenher zwei JahreFachschule und zweijahre Hohere Staatsschule gaben mir Konnen und Wissen, das ich in der Fremde - in Bukarest bei einem deutschen Meister vertiefte wurde ich in der Heimat selbstandig, baute und lieferte viel und meist nach Rumanien 68 und Italien, bis 1938 mit dem Einmarsch der deutschen Truppen der Absatz stodcte und erzwungener Dienst im Arbeitsdienst weitere Arbeit hinderten. Nach dem Kriegsdienst und aus Gefangensdiaft entlassen, kam idi auf meiner Fahrt zum Westen - idi wollte im Ruhrgebiet Arbeit sudien - als Heimatvertriebener ins Lennetal, wo im nahen Meggen ja auch Bergbau" sei. Ich war aber fiir Arbeit unter Tage nidit tauglich und fand zunachst als Dolmetscher bei der Mil.-Regierung in Olpe leidliches Auskommen. Als ich 1949 beim Kulturamt in Olpe fragte, ob ich nicht als Geigenbauer im Sauerland beginnen konne, hiec es: Versuchen!" Ich begann 1950, besorgte mir miihsam notwendiges Arbeitsgerat, einen Arbeitsraum, Holz usw. Ich mubte ja wie so viele von vorn anfangen, weil meine Werkstatt mit all ihrem Inhalt nicht heriibergerettet werden konnte. Miihsam baute ich meine Existenz auf, tatkraftig unterstiitzt vom Kreisjugendamt Olpe, dessen LeiterKreisjugendpfleger Breermann musikliebende und musikiibende Jugendlidie und Erwachsene auf mich aufmerksam machte und fiir die ersten Auftrage sorgte. Nun baue ich hier in Meggen von Grund auf Geigen, Lauten, Gitarren, Mandolinen usw. und bessere beschadigte Instrumente aus oder poliere sie neu. Es will schon verstanden sein, aus entsprediendem Holz ein Saiten- (Streich- oder Zupf-) instrument zu bauen: Boden, Seiten, Dekkel, Hals, Wirbel so zu formen, dab nahher alles tonend klingt. Fiir Geige werden Fichten und Ahornholz aus Bayern verarbeitet, fiir Gitarre afrikanisches Holz (Mahagoni, Pallisander). So wurde ich langsam im Olper Land und dariiber hinaus bekannt. In Dortmund, Miinster, Limburg/Lahn und anderen Stadten wurden meine Instrumente gekauft und gespielt. Wert- (Qualitats-) arbeit und solide Preise, sind meine Werbung. Musikfreunde, die von mir bezogen, sorgten fiir neue Auftrage, denn es leben trotz Radio, Plattenspieler, Fernseher, Tanzbodenmusik noch Menschen, die selbst gern musizieren und Freude an einem Streidi-/ Zupfinstrument haben und dessen Erwerb bei etwas Sparsinn auch Jugendlichen moglich ist. Freilich liegt meine Werkstatt abseits der HauptstraBe, und kein Schaufenster mit leuchtender oder tonender Reklame wirbt und lockt. Einstweilen sdiaffe ich hier in dieser engen Werkstatt welter, denn fiir zeitgemabe Geschaftserweiterung" fehlen mir als Heimatvertriebenen noch die Mittel. Wenn aber die Auftrage welter so eingehen wie bisher, bin idi zufrieden und klage nicht. Mogen welter neue Geigen, Lauten, Gitarren usw. erklingen im Haus, auf Jugendtreffen, in Vereinen, auf Wanderschaft und Freude bringen der Jugend, dem Alter, dem Volk, der Heimat. Dieses Spielzeug" ist keine Fabrikware, ist wirklich Meisterarbeit wie einst. Darum: pflegt Musik und ehrt eure deutschen Meister, dann bannt ihr gute Geister!"

72 d^erfcfststraa^ fur JViarLa IKaWe Maria Kahle ist in diesen Blattern keineunbekannte.ihre Gedichte sind alljahrlidi in diesem Kalender verstreut gleidi schonen Blumen der Heimat. IhreProsaworte.die in den Jahrgangen des Suerlanners" steheii, sind wiebesuche dieser hellen, jugendfroh gebliebenen Frau in den Hausern und Hiitten des sauerlandischen Berglandes. Ihr, der jetzt 65jahrigen, waren zur Feier ihres Geburtstages am 3. August, den sie in 'hrem Heim zu Olsberg beging, Herzen und Blicke zugewandt. Viele Ehrungen konnte sie entgegennehmen. Und was Deutsdie in Ost und West, jenseits der Grenzen, denen sie ihre Aufrufe und Schriften, ihre Reisen und Vortragsabende widmete, dieser Vorkampferin fiir das Deutschtum im Ausland von jeher zu danken haben, wird im deutschen BewuBtsein nachwachsender Generationen noch seine Spuren fmden. De Suerlanner" ist ein stiller Begleiter iiber Berg und Tal der Heimat. Was in den schmalen Talern und auf den windumwehten Hohen der looo Berge gelebt und gelitten, erwandert und Srstritten wird, findet seinen Niedersdilag audi auf diesen Seiten. Und auch diese Blatter wandern in manchen Exemplaren als Sendboten Sauerlandischen Wesens iiber deutsdie Grenzen hinaus. Eben darum sei der Dichterin Maria Kahle audi im Suerlanner" aus der Herzmitte ihres Volkes dankbar und fiir ihr weiteres Schaffen um Volk und Heimat ehrend gedacht. Tageszeitungen und Zeitschriften, die der Aufgabe dienen, sauerlandisdies Wesen, sauerlandische Art zu deuten und zu wiirdigen, haben Maria Kahle Dank und GruB gewidmet. Dariiber hinaus aber gibt es noch unzahlige still erbliihende, nicht in festlidien Programmen sinherschreitende Worte der Zuneigung fiir das Lebenswerk einer 65jahrigen, Worte, die sich ^ie von selbst zu einem bunten HerbststrauB der Gliickwiinsdie zusammenfiigen. Aus diesem StrauB weht der Gefeierten der Atem der sauerlandischen Walder an, steigt die silberne Kiihle des Quellengrundes auf, streift sie das wechselnde Sonnenlidit und die Wolkenschleppe, wie sie im Friihling und Herbst iiber die blauen Walderkuppen ziehen. AUes haben die Bliiten dieses HerbststrauBes in ihrem Wurzelgrunde erlebt; die Winterruhe, das sanfte Friihlingskeimen, des Sommers Prachtentfaltung bis zur ^erbstes Neige - das voile sauerlandische Jahr, ein Menschenalter hindurch - und in allem schlagt das Herz der Diditerin. So nehme sie diesen HerbststrauB der Wunsdie, der ihr und Von Tilly Popperling ihrem dichterischen Werk Symbol ist, als Dank der Heimat hin! Einst hatte Maria Kahle den erzenen Klang kiihner Forderungen in ihrer Stimme- heute ist audi sie, mitsamt dem deutsdien Volke durch ein Meer von Schmerzen, Enttauschungen und Leiden gegangen. Maria Kahle reifte zu einer warmen Klarheit. Der siibe Kern Heimat" ist vou ausgelost. Schalen sind oft prangend, aber bitter. Wesenhaftes vollzieht sich in einem langen Menschenleben nur in der Stille. Stille ist die Goldwasche eines Lebenswerkes. Wer unter ihren Lesern nur ihr buntes, von Fernweh und Heimweh durchzitterndes Leben betraditet, angesprochen wird von der Farbigkeit und dem Glanz ferner Lander, wer sich etwa in der dunkelgliihenden Pracht ihrer Urwaldblumen" verliert, iiberlese nicht den Herzton, der spater die Ruhrlandgedichte" formte und dann nicht mehr verstummte. Immer behielt dieser Herzton die Fiihrung, so strebte sie ihrer Mitte zu und hat diese Mitte nicht verloren. So hat sie, die nun Beschenkte und selbst immer noch Schenkende, ihre Mitte gefunden, aus der sie, als Westfalin, vom Ahnenerbe hier besonders im Sauerlande daheim, weiter wirkt. Margueriten fiir Mutti 69

73 ^^et (jtadsdia ^diiititankbiiig^ Von Hugo Cramer Die ganze Ernte war eingebracht. Die Jungschiitzen des Dorfes Hochhiitte trafen sidi wie gewohnlich an den Sonntagnachmittagen unter den beiden alten, geborstenen, mit Steinen gefiillten Dorflinden vor der Kapelle. Das bunte Laub der Baume leuchtete in der liiihlen, klaren Herbstsonne. Heute umdrangten sie unruhig Rummelen Gustav, den Altesten des Bauernvorstehers; Hannes hat geschrieben? Zeig uns den Brief!" Nicht hier! Kommt mit nach Irlause." Larmend und lachend zogen sie davon und verschwanden durdi einen Heckenweg, die Twietecke, in einem der altesten Bauernhauser, das nodi die Pferdekopfe an den Windbrettern der Giebel trug. Die Hiihnerschar auf der Lehmdeele stob gackernd auseinander. So jah wurde die Tiir der Einfahrt aufgestoben. Einige retteten sich hoch oben auf das Gelander der Schlafkammerstiege. Eine Kuh stieb neugierig die Futterklappe zur Deele auf. Und Rummelen GroBmutter trat im gesdieitelten, schneeweiben Haar, die Brille auf der Nase, vor das eirunde Tiirfenster der Wohnstube am Ende der Deele. Behutsam riickte die Schar die niedrigen Holzschemel um die offene Herdstelle mit dem hohen Raudifang zurecht. Gustav zog den Brief aus der Tasdie, warf noch einmal einen sicheren Blick zum Wohnzimmer und las ihn mit gedampfter Stimme vor. Mit gesenkten Kopfen horten die Freunde zu. Er riimpfte also wieder einmal die Nase iiber das eigene Dorf und strunzt mit seiner Stellung in der Stadt. Der soil uns nur nicht fiir dumm halten", wetterte Miillers Franz. So ein Angeber!" hohnte Kostergehanns Hermann. Ps-s-st!" warnte Gustav mit einem besorgten Elide zum eirunden Tiirfensterdien, wir werden diesen Piwipp sdion kurieren." Dafiir verbiirge ich midi!" rief Neubauern Robert. Bu6en mub er dafiir!" briillten die anderen und sprangen auf. Da sdiob die zittrige Hand der Greisin das bunte Gardinchen in der Wohnstubentiir wieder beiseite und im Eirund standen zwei strafende Augen. Die Bursdien erhoben sidi und gingen sdiweigend hinaus. - Der Winter ging dahin. - Der Lenz kam, und alle Gedanken gehorten dem Werk. Begegneten sidi aber die Jungsdiiitzen auf der DorfstraBe Oder im Felde, dann kniff man einander Augen und glunste. So kam der Bradimond. Die sdimalen Wiesen der sieben Seitentaler um das Dorf lagen in zitternder Sonnenwarme. In hellem Griin standen die Budienwalder der in den Talkessel vorspringenden Steinhange, und in den braunen Heiden der Hohen dufteten die Birkenbiische. Linde Abende und langes Licht luden ein, in Hemdsarmeln vor den Haustiiren zu sitzen, die Zeit zu verschwatzen, oder einem Liede, einem Tanze zu lauschen, die irgendwo eine Ziehharmonika spielte. Bursdien und Maddien, Manner und Frauen hatten frohe, blanke Augen. Es war an der Zeit, das Schiitzenfest zu feiern. Das Gras auf der Wiese an und unter dem Geriist des Sdititzenplatzes war schnell zum zweiten Male gesdinitten. Der Fuhrmann aus Olsberg brachte im lakeniiberdeckten Wagen die groben Zelttiicher. Gustav und seine Kameraden schlugen iiber den Hillebach die Sdiiitzenbriidce. Manner rollten die schweren, grauen Laken iiber die Wiese und zogen sie an langen Stridden iiber die Firstbaume des Geriistes. Tagelang hammerte und pochte es unter dem lustigen Dadie. Tanzboden, Banke und Tisdie, Sdienke und Musikantenbuhne fiigten sich zusammen. Und sdilieblich leuditeten die Birkenbiische vor dem Zelteingang und an den vier Bruckenpfeilern. Und am Freitagmorgen kamen der Paderborner Bierwagen, der Winterberger Metzger mit Kinder- und Knackwiirsten und der Assinghausser Backer mit Stuten und Bretzeln, und Postwilm, der Landbrieftrager in langem Uniformrock und Langschaften, brachte den Antwortbrief von Hannes. Am Abend bummelten die Jungsdiiitzen die DorfstraBe hinunter. In luftigen, blauleinenen Kitteln kamen sie daher, und SpaBe und Lachen wollten kein Ende nehmen. Wo der FluB sich hart an den Berg herandrangte, wo das Grenzkreuz gegen Wiemeringhausen in den Felsen gehauen war und an den Sonntagnadimittagen wohl mal das Raufen mit den Burschen des Nadibardorfes begann, machten sie halt und setzten sich auf den Rand des Dammes der StraCe. Hier wollten sie Hannes erwarten, der sich angesagt hatte. Driiben am FuBe des Steinberges ragte aus dem uralten Buchenbestande die weibgriin geringelte Vogelstange. Helle Axtschlage und das dumpfe Pochen des Holzhammers schallten durdi die klare Abendluft heriiber. Das machte den Burschen sichtlich Vergniigen, und mancher Jauchzer klang zu denen hiniiber, die dort die Vorbereitungen fiir das VogelschieBen trafen. Da rumpelte ein kleiner Kastenwagen um die StraBenbiegung, von einem miiden Pferdchen gezogen. Der Lumpenhandler Flittig aus Bigge war es, der nebenbei mit Stoffen handelte. Die Jungschiitzen sprangen auf. Sie hatten Hannes auf dem klapperigen Gefahrt erkannt. Audi Hannes war aufgesprungen. Ein wenig unsicher stand er da. Verdammt noch eins, dab man ihn aber audi zwischen diesem Geriimpel erwischen mubte, ihn, den Kommis aus einem GroBstadtgeschaft. Nun aber schwenkte er sein Hiitchen, stridi sich mit der anderen Hand durch seine fuchsigblonden Haare und rief: Hallo, hallo!" 70

74 Im Nu waren die Burschen am Wagen, hoben den verdutzten Fahrgast heraus und setzten ihn mit einem Ruck auf die StraBe, dab das graue Modehiitdien schief auf dem Kopfe sab. Lachend schiittelten sie ihm die Hand. Das habt ihr fein gemacht, inich hier abzuholen", sdinarrte Hannes, der sich inzwischen gefangen hatte. Keiner antwortete. Ohne Umschweife nahm man den GroBstadtkommis in seinem grellen Sommeranzug zwischen die blauen Kittel und griinen Manchesterbuxen und marschierte dem Dorfe zu. Eine schonere Schiitzenkonigin gibt es doch nicht", setzte Micheln Jupp hinzu und kniff den anderen ein Auge. Hannes horchte auf. Der blonde Madchenkopf stand deutlich vor seinen Augen. Mit der kdnnte man einen Triumph feiern, dachte er bei sich, wenn das verdammte SchieBen nicht ware. Gustav hatte die Gedanken des Prohlers erraten und log frech: Auch deine Schiitzenkonigin wiirde sie gern sein. Ich weib das. Ich bin doch itir Vetter." Was kannst du uns von deinem neuen Leben erzahlen?" begann Meggermanns Wilm.,,Und von den vielen schonen Madchen?" Setzte Gustav grinsend hinzu. Hannes warf sich in die Brust: Manche Schone und Reiche hatte ich haben konnen, aber..." Sch6ner als Hillen Hedwig?" unterbrach Gustav. Zaghaft entgegnete Hannes nach einer Pause: Ja, sicher, aber beim SchieBen mub man Gliidc haben." 0, da helfen wir nach!" kam es fast zu gleicher Zeit aus alter Munde. Einen Augenblick zogerte Hannes. Er wollte fragen: wie denn?" Dann schlug er zum Zeichen des Einverstandnisses Gustav auf die Schulter 71

75 und sagte: Gemacht, aber niemand darf von unserem Plane etwas wissen." Niemand", bekraftigten alle und machten Augen wie Halunken. - Vor den dunkelgriinen Tannen des Hunhagenberges blitzten die metallnen Homer in der Mittagssonne auf. Die Musikanten des Bergmannsdorfes Silbach waren auf das freie Feld hinausgetreten und gingen im Gansemarsche iiber den Fuhrmannspfad des Hohlweges dem Dorfe Hodihutte zu. Voran der Kapellmeister mit der Klarinette, hinter ihm die dicke Trommel, dann die BaBgeige und zuletzt die drei mit den blinkenden Hornern und die kleine Trommel. Alle im langen sdiwarzen Lipprock und schwarzer Schirmmutze. Ein Sdiwarm Kinder empfing sie am Dorfeingang und begleitete sie die lange StraCe hinunter zum Hause des Schiitzenhauptmannes. Am Nachmittage war das ganze Dorf in Feierstimmung. Mit Fahnen und Birkengriin waren die Hauser gesdimtickt. Die Schuljugend rannte mit dem Trommler von einem Ende zum anderen, die Schiitzen zum Aufmarsdi zu rufen. Bald darauf folgte der Sdiiitzenzug. An der Spitze der Musikanten der Adjutant, dann die St. Hubertusfahne mit den Fahnenoffizieren, hinter ihnen das Konigspaar mit den Konigsoffizieren und an der Spitze der Sdiiitzen der Hauptmann mit Epoletten, Scharpe und Degen. Um die Hiite der Schiitzen wand sich das griinweice Band, und in den Laufen der Gewehre wiegten sich bunte BlumenstrauBe aus Feld und Garten. Nun waren auch die letzten Handler aus Nah und Fern eingetroffen und schlugen ihre Kirschen-, Zuckerbacker- und Trodlerladen auf. Der Samstagabend war von jeher den Sdiiitzen allein vorbehalten. Gustav und seine Kame- ^er 'Dompfaff =:<=«c^ K «r«der Wind von Norden zieht und buntes Laub tanzt vor ihm her, der Bach braust iiber's Felsenwehr, vom, Weijidorn klingt ein Lied: liiiii liiiii liiui. Das Lied, das kenn ich schon, der Vogel mit der roten Brust singt's winterlang, aus Lieb und Lust, baut Strophe er und Ton: liiui liiiii liiiii. Mein Winterwald, er lebt von eines Vogels Melodie, er singt im kalten Wind o sieh, wie seine Kehle bebt ; liiiii liiiii liiiii. Der Wind von Norden zieht, Schneeflocken tanzen vor ihm her und Krdhenschwingen schlagen schwer der Dompfaff singt sein Lied: liiiii liiiii liiiii. Richard Althaus raden feierten mit Hannes ein frohliches Wiedersehn, und Hannes lieb sich nicht lumpen. Dennodi wurde Hannes nicht redit froh. Ihn plagte die UngewiBheit, ob er den Vogel herunterbringen wiirde und audi, ob Hedwig wirklich seine Konigin werden woute. - Der Sonntag war wie immer der grobe Feiertag des Dorfes. Als am Nachmittage der Konig und die Konigin abgeholt worden waren, stromte Jung und Alt iiber die Holzbriicke ins Lakenzelt. Heute fehlte niemand, auch nicht die Meckerer, die Geizkragen und die Hodimiitigen. Unter den luftigen Laken summte es wie in einem Bienenkorbe. Die Geige jubelte, die Klarinette trillerte, und die Homer schmetterten, dab es eine Art hatte. Die Jungschiitzen schwenkten ihre Madchen, dab die Rocke flogen. Und Hannes hatte alle Bedenken und Zweifel iiber Bord geworfen. Denn Hedwig hatte ihm den ersten Tanz gegeben. Die frohe Stimmung wuchs mehr und mehr. Selbst die Altesten und Nichttanzer, die neben der Schenke in einer Ecke Napoleon spielten, wurden lebhafter und knallten die Spielkarten auf den Tisch, dab die klobigen Bierglaser nur so hopsten. Die Dorforiginale gingen durdi die Bankreihen und unterhielten die Leute mit ihren neuesten Spassen: Der rabenschwarze Vogelfanger Hanjost, der das beste Jagerlatein diditete, der alte Kohler Koierken, der Wetterprophet, der es immer bei seinen Voraussagen mit dem Monde hatte, der lahme Polizeidiener, der von seinen Bataillen mit den Zigeunern flunkerte und der Konig der PossenreiBer, der Dorfschneider Hermann Michel. Heute sab Hermann Michel besonders der Schalk fest im Nacken. Keiner, der etwas auf dem Kerbholz hatte, war vor seinen listigen Augen und seinem beibenden Spott sicher. Er erwisdite Hannes an der Schenke, musterte seinen Anzug, griibte mit einem graziosen KratzfuB und redete ihn mit Sie" an, und ob er denn auch Konig werden konne. Hannes schlug die Angst in die Beine und verschwand schleunigst. Die alte Unsicherheit zog wieder bei ihm ein. Er konnte nicht mehr recht mitlachen. Er hatte Angst vor dem Dorfschneider. Und dazu wollte es noch das Ungliick, dab sidi der lange Gutspachterssohn aus Brunskappel an dem Tisdie der Jungsdiiitzen einfand und herzlich eingeladen wurde, doch Platz zu nehmen. Und schlieblich widi dieser nicht mehr von Hedwigs Seite. Hedwig schien ganz zu vergessen, welche RoUe sie spielen mubte. Das mubte auch noch passieren", fliisterte Hannes Gustav zu, wie werden wir den Langen wieder los?" Gustav iiberhorte die bange Frage absiditlich. Ja, der Brunskappeler trieb sein Spiel zu toll. Gustav nahm ihn deshalb beiseite: Du weibt, was wir vorhaben. Verdirb uns das Gericht nicht, das wir Hannes zugedacht haben." Gut, bis Montag nacht sind nur vierundzwanzig Stunden." 72

76 Am Montagmorgen erwachten die Jungschiitzen, ein wenig miide und unausgeschlafen. Dodi der Gedanke, dac heute draucen im griinen Buchenwalde am Stein der Vogel abgeschossen wurde, machte sie mit einem Schlage hellwadi. Sie begriicten einander vor dem Schiitzenzelte. Punkt neun Uhr kommandierte der Hauptffiann: Angetreten!" Jetzt gab es kein Zuriick mehr. Entsdilossen formten die Jungschiitzen ihregruppe und nahmenhannes mitten zwischen sich. Zum letzten Male wurde der alte Konig mit frisch geschmuckten Flinten abgeholt. Dann ging es hinaus in den griinen Wald zum VogelschieBen. Wer Beine hatte zu laufen, der war heute zur Stelle, um diesen schonsten der drei Festtage mitzufeiern. Das Dorf war heute wie ausgestorben. Man sab beieinander unter dem Buchengriin, ab und trank und sang und freute sich der Waldheimat. Und alle bewegte die eine Praqe: Wer mochte wohl Schiitzenkonig werden? Und welche stille Liebe wiirde wohl durch die Wahl der Konigin offenbar werden? Da kradite der erste SchuB. Ein brausendes Hoch. Der Vogel hatte den Kopf mit der zierlichen Krone missen miissen. Der alte Konig war Vizekonig geworden. Gustav und seine Kameraden blickten einander froh an. Ein gliicklicher Zufall. - Die SchieBoffiziere standen wieder mit den Schiitzenlisten an der Gewehrauflage. Dicht hinter ihnen die Jungschiitzengruppe mit Hannes, der das Kanonenfieber iiber das heile Fell hatte. Er habte diese verfluchten alten Militarflinten mit ihrem unbarmherzigen Riickstofi. Die Backen- Zahne konnten sie einem ausschlagen. Der Offizier rief Gustavs Namen. Die alteren Sdiiitzen batten zuerst brav und unersdhrocken gezielt und getroffen, dann aber ebenso tiichtig Und vorsichtig danebengeschossen. Gustav legte an, zog den Kolben fest, zielte ruhig, nahm Druckpunkt und sdiob. Die Splitter flogen. Die Jungsdiutzen sdiossen, aber weniger scharf. Dann folgte Hannes als letzter. Er sdiielte links, sdiielte rechts an der Gewehrauflage vorbei auf den Vogel und tat wichtig. Er legte an, zielte, zitterte und rib aus Angst vor dem RiickstoB durch und verzog fiir einen kurzen Augenblick das Gesicht. Er hatte vergessen, das Gewehr gehorig einzuziehen. Der Vogelrest hing ruhig in der Luft. Dafiir aber kam ein Buchenast herunter. Man lachte. Wieder schossen die alteren Schiitzen vorbei. Wieder zielte Gustav ruhig und verwegen. Der Vogelbalg hatte in der Mitte einen RiB bekommen.die Spannung stieg. Jedermann glaubte, dab Gustav ernste Absichten habe. Die Jungschiitzen zielten nun nicht mehr. Da fabte sich Kostergehanns, der vor Hannes an der Reihe war, ein Herz, zielte scharf und schob. Der Vogel hing in der Mitte breit gespalten an der Eisenstange. Den Verschworenen pochte das Herz bis zum Halse. Schnell, schnelll" fliisterte Gustav Hannes zu. Der nahm rasch das Gewehr, und schon hatte er gesdiossen. Wieder splitterte es in den Buchenasten, aber dann - loste sich der gespaltene Balg und fiel. Ob Hannes wirklich getroffen, wubte keiner, Hannes am wenigsten. Aber er war Konig. Ein Hurra halite durch die Buchen. Die Musik blieb einen Tusch. Die Jungschiitzen rissen Hannes hoch, warfen ihn dreimal in die Luft und die Menge rief: Der neue Schiitzenkonig lebe hoch, hoch, hoch." Das ware bald schief gegangen", fliisterte Hermann Gustav zu. Nodimals riefen erlost die Jungschiitzen: Hoch, hodi hoch!" Aber ihr Hoch fand kein Echo mehr. Die Jungschiitzen trugen Hannes an den Musikantentisch. Die Konigsoffiziere kamen und salutierten. Mundart ist nicht eine verdorbene Schriftsprache, sondern vielmehr die eigentlich ge- wachsene bodenstandige Sprachform, um deren Erhaltung und zu kampfen und zu ringen sidi lohnt. Wir sind auf dem Wege, die plattdeutsdie Sprache aus den Stadten wieder aufs Land zu bringen (!) Uberall im Industriegebiet, sind Sprachgesellschaften entstanden und in der schonsten Entwicklung die sich die Erhaltung und Weitervererbung unserer Mund- art zur Aufgabe gemacht haben. Die eigentliche Rettung jedoch kann nur vom Elternhaus her kommen, dessen vouiges Versagen in den vergangenen Jahrzehnten die Hauptursache des sprachlichen Nieder- ganges war und ist. Es ist hochste Zeit, aber noch nicht zu spat! Karl W i g g e 73

77 Hannes dankte und befahl; Eilt euch und schmiickt mir auch HillenGartenpforte und Haustiir, denn Hillen Hedwig soil meine Konigin werden." Die Jungschiitzen sangen, tranken und larmten. Der Larm war gewollt. Denn Gruppen alterer Sdiiitzen steckten die Kopfe zusammen und standen abseits. Gustav oder Hermann hatte doch Konig werden mtissen, nicht dieser HasenfuB. Hatte er iiberhaupt getroffen, oder war der Vogel nur wahrend des Schusses heruntergefallen? Doch Hannes war ein Junge des Dorfes und sein Vater ein geachteter Mann. Stolz schritt Hannes, die schone Konigskette auf der Brust, im Zuge durch das Dorf, wahrend Gustav den zerschossenen Vogelbalg iiber die Haustiir des Konigs nagelte. Das ganze Dorf stand vor Schulten Hause, als am Nachmittage die Schiitzen den Konig abholten. Die griine St. Hubertus-Fahne senkte sich, die Schiitzen prasentierten das Gewehr, die Musik spielte ihre Takte und die Konigsoffiziere fiihrten Hannes in die Reihen des Zuges. Hannes hatte sich in Schale geworfen, war geschniegelt und gebiigelt. Man sah seinem Anzug an, dab er hinter dem Ladentisch einer Stadt her kam. Ein Kichern ging durch die gaffende Menge. Dann marschierten die Schiitzen zum Hause der Konigin. Hedwig kam gesenkten Hauptes heraus. Sie schamte sich, diesem Piwipp Konigin zu sein. Hannes reichte der Konigin die Hand und machte eine narrische Verbeugung. Dieses Mai schmunzelten auch die Konigsoffiziere. In der Hofburg" ging es hoch her, wie der Geek den Konigstisch getauft hatte. Wohl oder iibel hatte der Vater seinem Sohne den Beutel spicken miissen. Und Hannes knauserte nicht. Er selbst trank und trank. Da tauchte der Dorfschneider und PossenreiBer plotzlich wieder auf. Und es dauerte nicht lange, da humpelte er zum Konigstisch, machte einen krummen Bucket, zog den Kopf ein und griibte hohnisch: Meine untertanigste Ergebenheit, Majestat, Kleider machen Leute, aber keine Schiitzenkonige." Hannes wurde verlegen. Der Schneider lachte meckernd und trippelte davon. Die Jungsdiiitzen lachten schadenfroh. An den Nachbartischen freute man sich. Der Dorfpoet aber stolperte von Tisch zu Tisch und erzahlte Geschichten von einem Sonntagsjager in Halbschuhen und bunten Striimpfen, fiir den andere die Hasen schossen. Eine heimliche Angst beschlich Hannes langsam mehr und mehr. Wenn er tanzte, schien man an dem Konigstisch zu tuscheln. Doch nur iiber ihn. Er wurde unsicher. Ja, gewifi, Hedwig hatte sich heute von Anfang an merkwiirdig ihm geaeniiber benommen. Mit jedem Tanze war sie wortkarger geworden. Und dann geschah gegen Abend das Unerwartete. Der lange Gutspachtersohn aus Brunskappel stand am Schanktisch. Hannes traute seinen Augen nicht. Der wollte zum Schweinemarkt nach Brilon. Hannes wurde bleich. Er ahnte Boses. Er stieb Gustav an: Du Gustav, der Lange aus Brunskappel steht ja driiben am Schanktische! Oder ist er es nicht?" GewiB, das ist er, Kommt der aber friih. Da ist sicher der Schweinemarkt in Brilon des guten Wetters wegen ausgefallen", lachte Gustav, ohne sich um das verdutzte Gesicht des Konigs zu kiimmern. Und dann rief er iiber den Tisch: Seht doch, der Lange steht an der Schenke, den miissen wir herholen. Das wird Leben geben!" Hannes war der AngstschweiB auf die Stirn getreten. He, Langer!" riefen alle Jungschiitzen wie aus einem Halse mit einem schadenfrohen, verachtenden Blick auf den zitternden Konig. He, Langer, komm heriiber, auf Dich haben wir ja schon gewartet." Mit langen Schritten kam der Hune heran. Guten Abend", griibte er und schiittelte Hedwig und den Burschen die Hande. Hannes iibersah er, Na, Schtitzenkonig, wie geht es denn?" Gut, gut", stotterte Hannes und machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Alle grinsten. Man scherzte, lachte und trank sich zu. Den Konig aber beachtete man nicht. Ja, man fliisterte sich bald hier, bald dort etwas in die Ohren und warf verstohlene Blicke zum Konig. Neue Tanzmusik setzte ein. Fort von hier,' wenigstens erst einmal auf den Tanzboden, dachte Hannes und stand auf, um die Konigin zu bitten. Doch der Lange kam ihm zuvor: Ach Majestat, das nachste Mai", sagte er hohnisch. Bi- bi- bitte sehr", stotterte Hannes. Inzwischen waren alle Jungschiitzen des Konigstisches aufgestanden, um zum Tanze zu gehen. Hannes sab ailein in seiner Hofburg". Der Lange trieb es arger und arger und schlieblich begann er, die Zeche zu bezahlen. Der Konigstisch ab und trank auf seine Kosten. Na, Hannes, was sagst du denn nun zu deiner Konigin?" fragte der Lange mit einem priifenden, herausfordernden Blick. Niemand kann zwei Tage ungestraft mit einer so schonen Konigin tanzen." Hannes machte ein siibsaures Gesicht. Wenn ich doch von hier fortkonnte, dachte Hannes und trank. Es dammerte ihm, wofiir er btiben mubte. Lachte man nicht ringsherum iiber ihn. Wieder tanzte der ganze Konigstisch, und Hannes sab ailein. Da erhob er sich schwankend und verschwand geduckt durch die Hintertiir. DrauBen schlich er an den Buden entlang, blieb vor demlukas stehen und las: Haut den Lukas!" Haut den Lukas!", brummte er, lieb sich den Holzhammer geben, und vermodite ihn nicht mehr zu heben. Am hellen Sternenhimmel aber stand der Mond und grinste. Hannes reiste in alter Fruhe ab und lieb auch im nadisten Sommer nidits von sich horen. So feierte man das Sdiutzenfest mil dem alten Konig, der dodi Vizekonig geworden war. Hedwig wurde zum zweiten Male Konigin, dieses Mai in Brunskappel, und der Lange wurde bald ihr Konig fiir immer. Illustration: K-H. Marlzhoff 74

78 ^i^oht&^kd^ imi^\^c^m m %mhm Emigranten nennen wir jene Manner und Frauen, die aus politischen - oder auch aus religiosen - Griinden ihr Vaterland verlassen, um irgendwo unbehelligt und frei leben zu konnen. Auch heute nodi gibt es solche Emigranten, die sich in ihrem Heimatlande nicht mehr sicher und wohl fulilen und deshalb heimlich und oft unter Lebensgefahr iiber die Landesgrenzen gehen. In den Jahren haben viele aus diesen Griinden Deutschland verlassen, um in den freien" Landern: Schweiz, USA, Kanada usw. frei atmen und wirken zu konnen; dasselbe war der Fall in der Zeit von , namentlich 1848 und Als 1789 die grobe Franzosische Revolution ihren Anfang nahm und eine bedrohliche Haltung gegen Adel und Klerus zeigte, verliecen deshalb bald viele das Land und suchten als Emigranten Sicherheit in einem der angrenzenden Lander. Im Juni 1791 wollte bekanntlich auch die Kdnigliche Familie fliichten, aber das mifilang. Viele dieser Anhanger, namentlich Adelige und Geistliche, die noch nicht geflohen waren, verlieben nun ihre Heimat. Es ist anzunehmen, dai5 man sie anfangs freundlich und gastlich aufnahm, aber in einigen Landern anderte sich das bald. Ganz besonders War das auch im Kurfiirstentum Koln der Fall. Der Kurfiirst und Erzbischof Maximilian Franz ( ), der jiingste Bruder der franzo- Von H. Sommer sischen Konigin Maria Antoinette, die am 16. Oktober 1793 ihrem Gatten in den Tod folgen mubte, gab am 2. November 1792 eine s c h a r f e Verordnung heraus, in der es u. a. helbt: Unser ausdriicklicher Befehl ist also, dab alien ausgewanderten Franzosen, ohne Ausnahme, nur die ungehinderte Durchreise und ein Aufenthalt von 24 Stunden in den Stadten, Flecken und den iibrigen Orten unseres Kurfiirstentums diesseits und jenseits des Rheines gestattet sein solle... Biirgermeister und Rat in den Stadten, wie auch die Vorsteher auf dem Lande haben hierauf flelbig zu wachen und bei Vermeidung einer Strafe von 20 Goldgulden jene franzosischen Ausgewanderten, welche gegenwertige Verordnung iibertreten, ohne die mindeste Nachsicht auszuweisen. Jeder unserer Untertanen, der sie langer als 24 Stunden in seinem Hause duldet, ohne es seiner Obrigkeit angezeigt zu haben, soil in eine Briichte (Strafe) von 10 Goldgulden verfallen." Dann wurde noch darauf hingewiesen, dab nur Krankheitsfallen oder wenn der Equipage ein zufiilliges Ungluck zustieb", Ausnahme gestattet seien. Dieses Edikt wurde von den Kanzeln verkiindet und an den gewohnlichen Orten angeheftet". Im folgenden Jahre (1793) wurde dieselbe Verordnung erneut bekanntgemacht. Und schon am 1. November 1794 mubte Pfarrer Zumbroich eine neue Verfiigung bekanntgeben, in der das- Heuernte im sauerlandisdien Dorf 75

79 selbe erneut eingesdiarft wurde. Alle 14 Tage mufi fortan eine Tabelle" eingereicht werden, in der alle Emigranten enthalten sind. Eine Anfrage des Biirgermeisters Rieve, durch Eilboten nach Arnsberg geschidct, ob audi die Geistlidien durch das Edikt betroffen wurden, ob auch die FlUchtlinge aus Brabant nidit bleiben diirften, ob die Handwerker die eine Arbeitsstelle gefunden batten, hierbleiben konnten, wurde sofort beantwortet: Das Edikt mache keinen Untersdiied des Standes oder der Profession, doch beziehe es sich nur auf Franzosen. Die Aufstellung der geforderten Tabelle erfolgte am 3. November Alle Emigranten mubten personlidi erscheinen, und im Beisein des Biirgermeisters Rieve vernahm der Stadtsekretar MeBmann auf dem Rathause einzeln die Erschienenen und zeichnete ihre Angaben auf. Danach waren an diesem Tage nicht weniger als 95 Emigranten in Menden, das war fiir die damalige kleine Stadt mit etwa 1200 Einwohnern sehr viel: fast 8 /o. Neben 54 Mannern finden wir 12 Frauen, 18 Kinder und 11 Dienstboten (= Magde); von den Mannern waren nicht weniger als 2 5 Geist- 1 i c h e. Unter den anderen waren zwei Handwerksleute und ein Schuhmacher". Aus Frankreich stammten 60, aus Dsterreichisch-Flandern 30, aus Franzosisch-Flandern zwei, aus Lothringen zwei und aus Luxemburg einer. Bei der Vernehmung gaben fast alle Geistlidien an, sie seien der Meinung, dab das Edikt sich nicht auf die Geistlichen beziehe; einer sagt, er wohne hier bei dem Vikar Amecke und habe hier seine Arbeit und sein Auskommen gefunden, er wolle hier bleiben. Andere Emigranten weisen auf ihr hohes Alter (60, 63 usw. Jahre) und ihre Krankheiten hin und beantragen Aufenthalts-Erlaubnis. Mehrere bringen auch bereits arztliche Zeugnisse bei. Aus einer Vernehmung am 29. Dezember 1794 sei hier angegeben: Es erschien der geistliche Herr Logerot, so bei Herrn Apotheker Fuchsius logiert, mit der Anzeige, dab er aus France comte gebiirtig sei und zwei Kinder adeligen Standes Namens Louis und Chlarles de la Rochette, die aus der Provinz Poitiers in Frankreidi, woselbst er - Comparent - Professor der Theologie gewesen sei, bei sich fiihre. Der eine von diesen sei 16, der andere 12 Jahre alt. Die Mutter dieser Kinder habe ihn gebeten, diese Kinder mitzunehmen und zu emigrieren, indem sie, wie jeder gehofft habe, dab die Umstande sich in Frankreich bald andern wiirden. Da solches aber nicht geschehen und das von der Mutter mitgegebene Geld in den zwei bis drei Jahren ihrer Emigration durdi viele hin- und wieder geschehene Reisen verzehrt ware, so behelfe er sich mit den Kindern, so gut er konne, well er sich ein Gewissen daraus madie, diese zwei Kinder zu verlassen. Er habe diesen Umstand zu Protokoll angeben miissen und hoffe, dab in Riicksicht dessen, dab die Kinder minorenn (minderjahrig) und gar keinen Verdacht auf sich hatten, ihnen der fernere Aufenthalt hierselbst verstattet werde. Der Vernehmung ist folgendes angefiigt: Dieses protocollum soil an diurfurstl. H. Landdrost und rath zur Verfiigung eingesandt werden; da man inmittelst nicht zweifelt, dac den Kindern der Aufenthalt hierselbst Verstattet werden wird, so kann Comparent mit selben bis zu erfolgender Antwort und naherer Verfugung sich hierselbst aufhalten." Es ist kaum anzunehmen, dab die Kurfurstl. Regierung in Arnsberg grobe Milde geiibt hat, denn eine am 20. Dezember 1794 erlassene Verfiigung, die bei der obigen Vernehmung sdion in Menden bekannt sein mubte, bringt erneut scharfe Bestimmungen; so sind nur emigrierte Geistliche zu dulden, die einen Erlaubnisschein des Kolner Generalvikars vorzeigen konnen; alle Kranken sind von approbierten Arzten zu untersuchen und diirfen nur solange bleiben, bis sie wieder hergestellt sind; Professionisten, (Bakker, Sdiuhmacher usw.) die die iiblichen Zeugnisse aufweisen konnen und Arbeit gefunden haben, konnen geduldet werden, andere und Tagelohner sind auszuweisen; Emigranten iiber 70 Jahre diirfen bis zur besseren Witterung" (Friihling) bleiben; alle anderen sind nach drei Tagen aus der Stadt zu schaffen, andernfalls wird die angedrohte hohe Strafe verhangt. Noch sdiarfer war eine Verfugung, die am Neujahrstage 1795 von der Kanzel bekanntgegeben wurde: Unter Strafe von 10 Goldgulden ist verboten, die Emigrierten aufzunehmen, sie mogen geistlichen oder weltlichen Standes, Franzosen Oder andere aus den jenseits des Rheines gelegenen Provinzen sein. Kurz vorher, am 29. Dezember war festgestellt worden, dab in Menden 5 2 E m i g r an ten waren, darunter 35 Manner (davon fiinf Geistliche), ferner fiinf Frauen, neun Kinder und drei Bediente. Fiinf waren Handwerker: ein Schuhmacher, ein Lohgeber, ein Sdineider und zwei Leineweber. Am 2. Marz 1795 erinnerte der Landdrost daran, dab gegen die noch anwesenden Emigranten nach den Verordnungen zu verfahren sei; am 16. April wurde der Befehl erneuert und den Quartierwirten anbefohlen, die bei ihnen einlogierten franzosisdien Emigrierten aus ihren Hausern fortzuschaffen, mit der Warnung, dab, wann selbe bei der am kiinftigen Samstag vorzunehmenden Visitation nodi angetroffen werden, die Quartierwirte sofort fiir die ordnungsgemaben Strafen von 10 Goldgulden exequiert werden sollen". Diese deutliche Spradhe hatte Erfolg: am 27. April wurde die Visitation vorgenommen, und es sind keine Emigrierten mehr" gefunden. Ein Beridit des Biirgermeisters Rieve zeigt uns aber, dafi doch noch Emigranten hier waren; zunaciist diejenigen, die aus dem Brabanter, Lutticher und Aachener Land stammten, ferner die Handwerker, sodann zwei Deserteure und endlich die Geistlichen, die alle nach Mitteilung des Pfarrers Humbroich einen Erlaubnisschein des Generalvikars besaben. Am 10. Juni 1795 richtete der Biirgermeister erneut einen langeren Bericht an die Regierung und wies darauf hin, dab nur alte und kranke Franzosen noch hier seien, denen bis zur Gene- 76

80 1**^ Sauerländer Heimatbund sung der Aufenthalt gestattet sei. Er meldet ferner, dau die Niederlander (aus Brabant?) ganze Hauser in Besitz genommen und dem Aussehen nach ganz vermogende und unverdachtige Leute seien. Es steht fest, dab auch weiterhin Emigranten nadi hier kamen und die Stadt bald wieder verlassen mubten. Wenn auch die Biirgerschaft und der Stadtrat nach Kraften bemiiht waren, das harte Los der Fliichtlinge zu lindern, so stand ' doch hemmend die strenge Vorschrift der Kurftirstl. Regierung dagegen. Wie uns die Sterbebiicher der Vincenzkirche zeigen, sind zwischen dem 29. November 1794 Und dem 22. Marz also in weniger als 2V2 Jahren - acht Emigranten in Menden gestorben und hier auf dem Kirchhofe" beigesetzt Worden, auf dem die Vincenzkirche steht, und der bis 1826 auch der Friedhof war. Das Mendener Taufbuch gibt uns auch an, dab hier drei Emigrantenkinder geboren und in der Vincenzkirche getauft wurden. Die Festschrift zum SOOjahrigen Bestehen ( ) der benachbarten Ptarrei Siimmern zeigt uns, dab audi in Siimmern Emigranten waren. So starb hier 1796 ein Pfarrer Carolus Duon Franziskus aus der Diozese Arras, und von 1801 bis 1808 war in Siimmern sogar ein Emigrant als amtierender Pfarrer tatig; es war Coelestinus Franziscus Josef Hanguillart aus La Bassee, der sich grobe Verdienste urn Siimmern erwarb. Als er immarz 1808 in seine Heimat zuriickkehrte, war ein anderer Emigrant - de la Haye - als Pfarrverweser tatig. AucJi er wird dann nach Frankreich heimgekehrt sein. Schon unter der Herrschaft Napoleon I. und erst recht nach seinem Sturze 1815 stromten die noch lebenden Emigranten in ihre Heimat z u r ii c k, und nur ganz wenige blieben auch weiterhin auf deutschen Boden. csaiakt JVlattkeLs fcrlckt's <5ls Sankt Matthias hab' ich lieb, denn er gibt dem Baum den Trieb! Volksmund Der Tag dieses Heiligen (24. 2.) wird durch Wetterregeln als Friihlingsbeginn bezeidinet. Im Siebengebirge sagt man zwar: Wann de Mattheis ken Is fingk, da maach er es", aber im Sauerlande ist man zuversichtlicher und singt auf Petri Stuhlfeier: Riut, riut Sunnenvugel! Sante Palter is niu kummen; Siinte Tigges folget Ho, is fiior alien Diioren do!" Ritterschaft und Stadte des Herzotums Westfalen legten 1423 der Gemeindeordnung zugrunde: Der Sommer sail angahn an siinte Petersdage..." Der mit dem urspriinglich heidnischen Sonnenvogeljagen und hohen kirchlichen Feiern begangene Peterstag War jedoch nur der Auftakt, denn schon am iibernachsten Tage, dem 24. Februar, war es, dab "Siinte Tigges folget no". Am Hellweg knallten dann die Knechte mit den Peitschen, damit Jeder wisse, dab jetzt die Arbeit auf dem Felde beginne. Drastischer war das Umkippen der Ackerwagen und Karren am Vorabend des Aposteltages, womit angedeutet werden sollte, dab die Winterruhe dieser Gerate nun vorbei sei. Ebenfalls in Westfalen schopfte nian um Mitternadit drei Elmer Wasser aus einem Teich und gob sie hinter sich. Beim dritten Eimer glaubte man iiber der linken Schulter den kiinftigen Ehepartner sehen zu konnen. Im Oberbergisdien gingen die Maddien mit Kranzen aus Grtin und aus Stroh zur Quelle. Beim Umtanzen des Wassers suchten sie riicklings einen der niedergelegten Kranze zu erhaschen, wobei der Strohkranz als dusteres Vorzeidien fiir Herzensangelegenheiten gait. Im Siegtal glaubte man, dab die Geister derer, die im nachsten Jahre sterben, in der Matthiasnacht zum Friedhof wandern. Wer aber zu Matthias um die Mitternachts- stunde geboren wird, weib stets im Voraus, wer im Dorfe stirbt; so glaubte man in Westfalen. Alien Berichten zufolge hat Matthias, der an Stelle des Judas Iskariot gewahlt wurde, das Evangelium in Judaa, Mesopotamien und Athiopien verkiindet, bis er im Jahre 64 in Jerusalem enthauptet wurde. Kaiserin Helena, die Mutter Konstantins I., bradite die Reliquien dieses Martyrers im Jahre 326 nadi Trier und die alte Moselstadt, von 285 bis 400 Sitz der romisdien Kaiser fiir die westliche Reidishalfte, war so Fester Grund Des Hauses untrer Teil sei fest und gut, Damit er stiitzt und tragt, was auf ihm ruht. Dein Werk wird dauern stark und ungesdiwadit, Wenn du es baust auf Wahrheit und auf Recht. F. W. Weber =<=«<=«^C»I ='e<=:«:-semc«:<s's<s«:^c:«stolz auf ihren Schutzheiligen, dab sich die Sage bildete, er sei schon zu seinen Lebzeiten nach Trier gekommen und habe dort das beriihmte Kloster Sankt Mattheis gegriindet, das allerdings erst um 700 als eine Niederlassung der Benediktiner bezeugt wird. Weil Matthias als Hinweis auf die Art seines Martertodes mit einem Bell abgebildet wird, ist er zum Schutzherrn der Zimmerleute und der Metzger geworden und an letztere ankniipfend wahlten ihn auch die Schweinehirten als ihren Patron. Wie hochbedeutsam sein Tag im Leben der Bauern ist, wurde bereits kurz dargetan. Der Geisterglaube kniipft, wie immer in den Wendezeiten des Jahres, an die Naturreligion der Germanen an. Julius Mette 77

81 Wir wouen dem Herrgott danken, dac unser liebes Vaterland noch so viele Walder hat, und dab noch nicht an jedem Waldeingange eine Tafel steht mit der Aufsdirift: Verbotener Weg!" Ein deutsches Herz kann den Wald nicht entbehren, die Liebe zum Walde ist ihm angeboren von Urvatern her und selbst langjahrige SeChaftigkeit in der Stadt kann das Heimweh nach dem Walde nicht ganz ersticken. Wie mancher, der mit miiden Sinnen heimkehrte aus dem sonnigen, farbentrunkenen, staub- und larmerfiillten Wunderlande Italien, hat aufgeatmet aus tiefster Seele, wenn der deutsche Wald ihn wieder umfing mit seiner stillen, kiihlen Dammerung. Wer aber als Kind halb im Walde aufgewachsen ist, der tragt ein unausloschliches Heimweh nach dem heimatlichen Walde im Herzen. Was macht uns den Wald so lieb? Es ist vor allem die Ruhe und Einsamkeit. Er nimmt uns auf in sein hohes Haus und schliect hinter uns die griine Tiir, dab die Welt uns nicht mehr erreichen kann mit ihrer aufdringlichen Unrast und Geschaftigkeit. Wir sind allein und ungestort. Da konnen die verwirrten Gedanken, die wie aufgeschevtchte Tauben umherflatterten, beruhigt zuruckkehren und in froher Gemachtlichkeit ihre Wage gehen. Da kann die aufgeriihrte Quelle in unserem Innern sich wieder klaren und in stiller Sammlung unsere ausgeleerte trockene Seele fiillen. Man kommt wieder zu sich selber und gehort sich selber an. Jeder Mensch, der nicht ganz seicht und oberflachlich ist, verlangt von Zeit zu Zeit nach Einsamkeit. Heilige Einsamkeit bietet uns das Gotteshaus, ernste Einsamkeit bietet uns die Arbeitsstube, aber die freudige, freie, Leib und Seele erquikkende Einsamkeit hat ihren liebsten Sitz im Walde. Wir sind allein im Walde und doch nicht allein, denn tausendfaltiges Leben umgibt uns. Wir brauchen es nicht zu beaditen, wenn wir nicht wouen, denn es drangt sich uns nicht auf. Wir konnen unseren Gedanken nachhangen, so dac wir alles um uns vergessen. Die stille Blume am Wege stort uns nicht, und das kecke Eichkatzchen, das iibermutig in unsere Versonnenheit hineinpurzelt, ist gleich wieder verschwunden. Wenn wir aber Gesellschaft wiinschen, so finden wir derer genug. Wir brauchen nur die Augen und Ohren zu offnen. Was ist nicht alles Von Augustin Wibbelt zu sehen rings um uns her, von den stolzen Eichen bis zu den bescheidenen Moospflanzdien mit den goldenen Knopfchen, und manches Gewachs im Walde ist seltsamer Art, als sei es heimlich einem Marchen entwischt. Und die Stimmen des Waldes! Er hat viele Stimmen und schweigt selten, und doch spricht man oft von der Stille des Waldes und hat recht. Seine Stimmen machen keinen Larm und greifen nicht rauh in unsere Nerven, sie klingen beschwichtigend, als wouten sie uns zur Ruhe bringen. Schreit einmal ein Haher mit schrillem Ton oder lacht der Specht hell auf, so ist das nur ein kleiner Zwischenruf, der uns zum BewuBtsein bringt, wie still und ruhig es ist. Nur wenn der Wind mutwillig wird und die ernsten, bedachtigen Baume in ihrer Feierlichkeit aufstort und weckt, dann wird es lebendig im Walde. Erst zischt es blofi ein wenig, als wollten die Baume den Storenfried zur Ruhe verweisen, dann ist es, als wenn ihnen der SpaB doch gefalle, sie fangen an zu singen und wiegen sich hin und her, als dachten sie gar an einen Tanz trotz ihres ehrwiirdigen Alters. Zuletzt aber wird es ihnen zuviel, sie geraten in einen Zorn, schiitteln unwirsch ihre Haupter und brummen und schelten und drohen 78

82 niit grimmigem Gebrause. O, das ist ein Konzert! Es lohnt sich bei Sturm in den Wald zu gehen. Keine Orgel kann eine so wilde Tonflut aus ihren Tiefen heraufwiihlen. Wenn der Wind aber durch einen Fichtenwald geht, dann gibt es Musik mit Geigen und Harfen, ein Schwirren und Vibrieren wie auf hunderttausend feinen Seiten. Die Walder haben keiheswegs alle das gleiche Gesidit. Der Eichenwald schaut ganz anders drain als der Buchenwald oder der Tannen- w^ald, und wieder anders ist ein gemischter Bestand. Wo ist es am schonsten? Suchst du den Ernst, dann geh in den Eidienwald mit seinem tiefen Schatten, mit seiner wilden Gras- und Farnwildnis. Suchst du die Heiterkeit, dann geh in den lichten Buchenwald mit seinen glatten Saulenstammen, mit seinen spielenden Lichtern iin hellgriinen Laubwerk und auf der braun- violetten Bodendecke; steht dir der Sinn nach Schwermut, dann wandere durch die schwarze i^acht der Tannen. Am besten wird es dir viel- leicht gefallen, wenn die verschiedenen Baume zu anmutigem Wechsel sich mischen, wie die Natur es liebt in ihrem freien Spiele. Es geht eine Klage, dab der deutsche Wald am Sterben sei. Ist es wahr? Das ware ein Ungliick fiir Volk und Land. Wie wollen wir uns unser deutsches Herz bewahren ohne den Wald? Im Walde wohnen unsere schonsten Marchen. Der Wald rauscht durch unsere Lieder lieben, der Wald sendet uns die Quellen ins Land und haucht seinen Lebensodem liber Dorf und Stadt, der Wald bietet der lieben Frau Einsamkeit, eine letzte Zuflucht in dem Wirbelsturm des modernen Lebens und ist ein Freudenbewahrer fiir jung-frische Herzen und ein Ruhespender fiir miide Seelen. Gott erhalte uns den deutschen Wald! Er erhalte mir den Heimatwald, der meine liebsten Erinnerungen bewahrt in seinem griinen Gewolbe. Faust- Illustration Von Hannes P'ingsmann CiO f^retter 79

83 ... and ^iikta nttck nicfit in Uetsudtun^! Von Thomas Tadden Onkel Thaddaus - er hieb wirklich so - holte mich am Bahnhof ab. Er begriicte midi mit der Wiirde des alteren Herrn, der weic, dac er in seinem Leben immer seine Pflicht getan hat. Vor dem Bahnhof umgab uns die kleinstadtische Atmosphare, die Kopfsteinpflaster zwischen sauberen Hausern auszustrahlen pflegt. Und auf dem Wege zum Hause des Onkels fiel die Unrast des GroBstadtmenschen langsam von mir ab. Im Hause selbst hatte sich nichts geandert, so viele Jahre ich auch schon hinkam. Noch immer schepperte die alte Glocke, noch immer ertonte dann die Stimme der Haushalterin Lina, die man sidi gar nicht mehr von dem Hause wegdenken konnte. Zum Abendessen, wohl vorbereitet, gab es mein Lieblingsgericht. Ein leichter Tischwein erhohte das Wohlbehagen, das gepflegte Hauslichkeit und gutes Essen verbreiten. Jetzt hatte man abzuwarten, was der Herr des Hauses fiir den weiteren Verlauf des Abends vorzuschlagen hatte. Heute hatte er nun einen Vorschlag, den ich um nichts in der Welt abgelehnt hatte. Wenn Du Lust hast, mein Lieber, kannst Du heute Abend mit zum Stammtisch kommen." Und ob ich Lust hatte! Gait es doch als eine besondere Gunst des alten Herrn, diesen Stammtisch mitbesuchen zu diirfen. So machten wir uns bald aut den Weg zur Alten Ratsglocke". Ein grober getafelter Raum nahm uns auf. Und jetzt gingen wir hiniiber in die rechte Ecke, wo eine Eckbank Sitzgelegenheit an einem groben runden Tisch bot. Hier saben seit Jahrzehnten die gleichen Familien an ihrem Stammtisch, dem GroBvater folgten der Vater und der Sohn. Nie hatte ein Einheimischer es gewagt, unaufgefordert an diesem Tische Platz zu nehmen. Der Stammtisdi war sdion vouzahlig. Der Onkel hatte sidi meinetwegen wohl verspatet, aber da ich ohne Verwunderung freundlichst begriifit wurde und ihn audi keiner nadi seinem verspateten Kommen fragte, war meine Anwesenheit wohl bereits vorher besprochen worden. Dem Onkel raumte man seinen Platz ein, ich bekam einen Stuhl auf der offenen Seite des Tisches, wurde nach meinen Wiinschen gefragt und dann setzten die Herren ihr Gesprach fort. Auch diese Gemeinsdiatt hatte ihre Sorgen. Sie fiihlten sidi verantwortlich fiir ihre Stadt" und das Wohlergehen seiner Burger. Die neue Zeit hatte mit Fluditlingsfragen, Beschaftigungsmoglichkeit und Wohnungssorgen auch ihre Probleine hierher getragen. Das alles wurde aber nicht mit tierischem Ernst geklart, sondern manches Scherzwort brachte Abwechslung in die Debatte. So war es nun schon einige Zeit gegangen, als plotzlich der Apotheker seine Geldborse zog. Er blatterte darin herum, sah auf sein leeres Glas und sagte plotzlich: "... und fuhre mich nidit in Versuchung!" Seine Zechkumpanen schien diese Redensart gar nicht zu wundern, sie unterbrachen kaum ihr Gesprach. Aber der Apotheker schien zu merken, dab ich ihn auf diesen Ausruf hin etwas verstandnislos ansah, er stedcte etwas umstandlich seine Borse wieder ein, sah mich an und sagte: Ja, sehen Sie, junger Mann, das ist noch so eine Angewohnheit von uns Alten, die mandiem Jungen gut tate. Ich habe mich iiberzeugt, dab, wenn ich jetzt noch etwas bestellen wurde, ein Zwanzigmarkschein angerissen werden miibte. Glauben Sie mir, wenn er erst einmal gewechselt ist, dann geht es schnell, und er ist zu Ende." Die anderen unterbrachen jetzt ihre Gesprache und sahen ihren alten Freund an, und dann mich, der ich wohl ein etwas unglaubiges Gesicht machte. Ja, mein lieber Junge", mischte sidi nun mein Onkel ein, glaub' es uns, es ist wirklich so. Du weibt ja, dab wir hier alle nidit so arg aufs Geld zu sehen brauchen, aber wir haben ohne Zweifel in unserem langen Leben schon viel nutzlos ausgegebenes Geld dadurch gespart. Sieh Dir diesen Fall an", und damit umfing sein Blidc seinen alten Freund, Udo konnte jetzt noch gut einen Sdioppen trinken, und dann nodi einen und noch einen. Aber es geht audi so, ohne dab ihm etwas entgeht. Und wenn Du Dir nun die vielen Moglichkeiten iiberlegst, die man so im Leben hat, schnell einmal hier und da eine Kleinigkeit auszugeben, Du wiirdest erstaunt sein, was da zusammenkommt. Es ist nidit Kleinlichkeit, wir haben es nadiher auch ausgegeben, aber dann hatten wir eine grobere Summe und konnten damit was Gescheites anfangen, und nicht immer hier eine Mark und da eine Mark! Nimm's an, mein Junge, es nutzt Dir!" Ich sah in der Runde umher. Ich kannte sie alle, schon seit vielen Jahren, ich wubte, sie konnten jeder soviel Sdioppen trinken, wie sie je wollten. Und da soute einer mehr oder weniger etwas ausmachen? Idi konnte es mir nidit vorstellen. Der Biirgermeister mubte mir meine Gedanken angesehen haben, als er mich ansprach. Wissen Sie, wir sind doch alles ausgewachsene Manner, und da soute man doch meinen, dab wir nidit mehr ausgeben, als wir wouen. Wenn wir also z. B. einen Geldschein nidit wechseln, so ist das ein SpaB, aber ein SpaB, der sich bezahlt madit. Denken Sie mal daran, wie Sie es gemacht haben, wenn Sie als Kind eine Tafel Schokolade bekommen haben. War die erst einmal angebrochen, dann war sie auch schnell alle." Es ist audi ein kleiner Sdiutz vor sich selbst", misdite sich der Apotheker wieder ein, denn manchmal sind wir doch auch noch grobe Kinder. Denen juckt doch auch das Geld in der 80 i

84 Hand, wenn sie an der Eisbude oder am Bonbonladen vorbeikommen". Na, Dein Bonbonladen ist ein guter Schop- Pen Wein, lieber Udo", lachte der Onkel seinen Freund an, und die lustige Tafelrunde bestatigte 6s. Aber ich will das Problem jetzt losen", - und damit winkte er dem Wirt zu - bitte bringe uns mal jedem noch einen guten Tropfen auf meine Kosten". Das war eine Losung, die alien gefiel, und sie war deswegen besonders sdion, weil er, als er bezahlen woute, einen nagelneuen Zwanzigmarkschein auf den Tisch legte. Siehst Du, so geht's im Leben, melii lieber Junge, keine Regel ohne Ausnahme'" Das Gelachter seiner Freunde, aas aus vollem Herzen kam, war ihm der schonste Dank. Vk (Dma Von Johannes Hatzfeld Es war einmal eine Zeit, da waren wir Kinder, und es kommt einmal die Zeit, da ^erden wir wieder Kinder sein. Das, was dazwisdien liegt, das pflegen wir anmablich unsere "Verstandigen" Jahre zu nennen. Ach du lieber Gott, was die Menschen in ihren sogenannten ^erstandigen Jahren nicht fiir allerlei Unfug anrichten! Wer bevolkert denn die Zuchthauser Und die Gefangnisse? Von den Spitzbuben, die mit Hinterlassung ihres Mantels den Handen der Gerechtigkeit entkommen, nicht einmal zu reden! Erst recht nicht davon zu sprechen, dab es Geiieinheiten gibt und Bosheiten, die das Gesetz '.nichts angehen", die aber groiier sein konnen, als viele Untaten, die der Richter zu ahnden ge- "alten ist. Geht mir weg mit den verstiindigen -^ahren! Ich glaube nicht dran. Ich glaube an die Kinder, und ich glaube an die, die wieder zu Kindern geworden sind. Reden wir von der Omma. Eine GroBmutter im Hause ist ein Stiick Poesie auf der Ofenbank. Sie hat alle Vorziige siner Mutter, hat aber obendrein noch etwas, das die Mutter nicht hat und nicht haben kann. Sie hat die Kindlichkeit. Jene Kindlichkeit, die Descheiden wieder in ihren Anfang zuriickgel^ehrt ist und nun alle Dinge wieder richtig sieht, das GroBe grob und das Kleine klein. Sie hat die Brille abgelegt, die ihr das Leben" aufgesetzt hatte, und nun lachelt sie iiber Gespenster, die sie friiher sah, verliert Angste, die sie ehedem ^ualten, hat fiir Eitelkeiten, die ihr fruher wichtig waren, keine Augen mehr, aber es gehen ihr Schonheiten auf und Freuden, fiir die sie vorher olind war. Sie ist ganz sachlich geworden und 'lennt das Schwarze schwarz und das WeiBe *eib, just wie ein Kind es in seiner Ehrlichkeit Und Ahnungslosigkeit auch zu tun pflegt. Sie ^sgt sich nicht mehr iiber Dinge auf, die quer im "'ege liegen, denn sie weib aus Erfahrung, alles geht voriiber, sei es Gutes oder Boses. Sie urteilt 'licht mit spitzer Zunge, weil sie durch Erfahrung *eise geworden ist und nie einen Menschen 'and, an dem nicht wenigstens eine Haaresbreite Gutes war. Es gibt Menschen, die nennen sie Mutter"; denen steht sie nicht so nahe, wie den Menschj^in, die den ganzen Tag mit Omma, Omma" "inter ihr her sind. Was soil denn auch ein Kind ^it den verstandigen Menschen" anfangen? Die Zeichnung von Hertha Kraemer haben doch manchesmal den Verstand ratzeweg verloren. Denn das ist unglaublich: Wenn man sich eine Kniippe aus dem Holzkasten holte, wickelte ihr einen Fetzen Tuch um und setzte ihr ein Hiitchen auf, dann war das doch die Prinzessin Lilienfein, das konnte doch jeder sehen. Aber meint ihr etwa, dab die verstandigen" Menschen so etwas sehen? Nein, Sie sehen es ganz und gar nicht. Sie lachen driiber und reden argerlicherweise nur von einer Kniippe. Aber die Omma, ja die hat andere Augen. Mit der lact sich iiber derlei Dinge einzig verniinftig reden. Was doch nun mal wahr ist, das mub doch auch wahr bleiben. Oder (das sage ich fiir die GroBen) ist im Wesen da etwas anderes, wenn die Kniippe vorher erst vom Drechsler in Behandiung genommen und mehr oder weniger menschenahnlich" (ei du meine Giite!) gemacht wird? Und als ob die GroBen nicht auch ihre Puppen" hatten, mit denen sie spielen und die schon ganz und gar nicht das sind, was sie sich von ihnen einbilden! Wir diirfen wohl froh sein, dab die Kinder das meist nicht so recht beurteilen konnen. Denn, ist es etwa nicht wahr, dab das, was 81

85 manch einer seine Ehre nennt, bei Lichte besehen, seine Schmach und Sdiande, und dai5 sein Reichtum sein wahre Armut ist? Doch lassen wir den und seinesgleichen. Wer sich demiitig wieder zur Kindheit fand, der hat die Wahrheit wiedergefunden, die wirkliche Wahrheit, und ist frei geworden von dem, was sich die Menschen darunter gegenseitig vorzumachen belieben. Darum liommt der Enlcel so gut mit seiner Omma aus. Sie wohnen beide in jenem Reiche der Wahrheit, das wie ein verwunschenes SchloI5 hoch iiber aller Erbiirmlichkeit thront. Und weil sie in der Wahrheit sind, darum sind sie audi in der Liebe, weil sie wissen, was wahrhaft liebenswert ist. Sie sind in der Liebe wunderschonem Garten daheim wie Gottes beste Kinder. Ach diese Liebe, die gar nicht viel zu reden braucht! Ach diese Liebe, der man ihre Wege gar nicht erst zu weisen braucht! Ach diese Liebe, die so gar nicht mehr auf sich selber spielt - die so ganz reif geworden ist, dab sie wie ein zeitiger Apfel ohne Schiitteln und Purren in den SchoB fallt! Wo in einem Hause die Grofimutter fehlt, da fehlt das Dl, das alle Reibung lindert. Da fehlt die Zuflucht, die alles Rates kundig ist. Da fehlt das Auge, das alle Not, auch die verborgenste, sieht. Da fehlt der Arm, der bei aller Schwachheit doch im tiefsten Leid am starksten stiitzen kann. Da fehlt - ja, was fehlt da nidit alles! Da fehlt ein Stuck vom Kinderparadies. Ein Stuck blob? Nein, das ganze schiitzende Dach, das fehlt. Die Mittlerin fehlt zwischen GroB und Klein. Die Beraterin fehlt fur Sohn und Schwieger. Die BeschlielBerin fehlt fiir tausend Geheimnisse. AUiiberall und an alien Ecken und Enden da fehlt etwas. Wo sie aber ist, da ist der ganze reife, gutige Mensch, reif und giitig geworden durch die Jahre, die hinter ihm liegen. Grofimutter ist die Mutter in zweiter verbesserter Auflage. Selbst ihr Ziirnen ist Giite, und ihre Strafe ist ganz gelauterte Wohltat. Ach, haltet sie lieb und haltet sie in Ehren! Mit Musik geht alles besser. Ga/ldpfe/ Von Jost Hennecke + Unsern Vorfahren hing der Zopf nach hinten, weil sie den Kopf noch hoch trugen. Wir haben den Zopf abgeschnitten und lassen dafur den Kopf hangen. * Friiher druschen die Bauern noch ihr Korn auf der Tenne, den Flegel test in der schwieligen Hand. Heute haben wir Dreschmaschinen, und trotzdem sind die Flegel mehr geworden, aber - wir haben sie nicht mehr in der Hand. Unser Sauerland ist ein karger Boden, auf welchem auber Roggen, Hafer und Kartoffeln kaum andere nennenswertesiidfruchtegedeihen. Heute stobt man allerdings auch dort auf Pflanzchen", die friiher bei uns unbekannt waren. * Friiher hatten wir noch unsern guten Bohnenkaffee, ein Lot auf den Mann gerechnet. Heute schuttet man gleich die halbe Ernte in's Meeri die Briihe ist denn doch zu diinn. Einst dichtete Schiller: Raum ist in der kleinsten Hiitte Fiir ein gliicklich liebend Paar. Und so war es. Die zwei Ehehalften bildeten zusammen ein Ganzes und es herrschte Frieden und Eintracht im kleinen Heim. Und wenn die Beiden einmal versdiiedener Ansicht waren (das soil sogar vorkommen trotz gleidier Brillennuinmer) so hatte Er doch soviel Einsicht, Ihr Recht zu geben und das letzte Wort zu lassen, denn Er sagte sich als weiser Mann: Das Weiberregiment ist eine Regierungsform, welche zwar in der gottlichen Reichsverfassung nicht verankert ist, aber man tut wohl daran, sie zu tolerieren. Wenn's aber mal in der Bude brannte, so stieg sie Ihm aufs Dach und besprach (!) den Brand und alles war wieder gut. (Nebenbei bemerkt: Es ist ubrigens eine bekannte Tatsache, dab die Frauen gewohnlich dann unsern Brand besprechen, wenn wir ihn langst geloscht haben.) Heute brennts jeden Tag: Dem Mann brennt das Feuer auf den Nageln, zwischen Beiden lodert oft die Flamme des Hasses, am Ende brennt der Eine dem Andern durdi und der Kadi hat's letzte Wort. Einst hing der Himmel noch vouer Geigen. Das ist auch heute noch der Fall, aber - sie werden von Stiimpern gestrichen. Friiher schauten die Alten zum gestirnten Himmel auf, lausditen der Harmonie der Spharen und verstanden sie nachzuharfen. Heute verfassen unsere Wissensdiaftler die Harmonielehre dazu, aber unsere Seele vermag ihren Wohlklang nicht mehr zu erfassen. Mitten ins Pfeifenwerk der Riesenorgel gestellt, horen wir nur noch wiistes Gebrause. 82

86 Q5auern-(Sinftan5 Im Sauerland, im kurkolnischen und auch im mdrkischen Gebiet, bestand die landesgesetzliche Vorschrift, jeden Eigentumswechsel durch einen nolariellen gerichtlichen Akt vor einem kurfiirstlichen Richter Oder Notar unter Zuziehung ehrlicher Zeugen bestatigen s.u lassen. Diese Amtshandlung vollzog sich, wie zahlreiche gerichtliche Niederschriften bezeugen, in symbolischer Weise durch Darreichung eines Spanchens vom Haustiir-Pfosten, Aufschiirzung des Feuer-Hahles, Anbaiten des Herdjeuers, Ausstechen einer Grasfrase, Abbrechen und Entgegennahme von Baumtwicken und Kornahren, Vberreichung kriimliger Erde, Blasen des Jagdhorns, Losen der Hundemeute und offener Abgabe eines Biichsenschusses" usw. Erst durch die Vornahme dieser Handungen erhielt der Eigentumsiibergang gesetzuche Giiltigkeit und Rechtskraft. Der amtierende Beamte begleitete oben genannte Verrichtungen vielfach mit passenden Gluckwunschen oder Mahnworten, wie dieses z. B. von dem Balver AU-Richter Hoyinck iiberliefert ist. Bei Vbereignung von Bauernhofen und grojieren Liegenschaften war die Vbergahe mit einer Familienfeier. dem sogenannten Bauern-Einstand" verbunden, der morgens mit einem Gottesdienst begann. Zu der Feier wurde auch der Ortsgeistliche eingeladen, der bei dieser Gelegenheit das Haus und den Hof einsegnete, um Gliick und Segen fiir den neuen EigentUmer zu erflehen. Das folgende Gedicht schildert die Sitten und Gebrduche, die in alter Zeit bei der Vbergahe bauerlichen Gutes beachtet wurden. Die Angaben sind alien Gerichtsakten entnommen. Biuern-Instand De Biuersmann Viuel te Kdsebrinn ') was Idrfpdchter beym Drosteri van Fiichten Un gajfte didm Grundheern noh Recht un noh Pflicht Den Pachtzins van all sejnen Friichten. Dai ddftige Viuel was nidhrig un klauk, Vull Flejt drr 'ne Jmm, ohne Rasten, Un harr en nett Hoipken Dahlers sik spart Im ejsen-beschlahnen Kasten. Seyn Wunss was, op digenen Faiten te stohn, En grund-frejen Biur te weeren: Driimm' geng noh'm Baron te Amke ^) hai henn, Kofte frej sejnen Huaf van dem Heeren. Met Braif un met Siegel geng licht hai noh Hius, Konn frdoh sejner Sippe verkiinnen: Sej niu 'n frejen Biuern op last-frejem Hua^, En Kiiening op digenen Griinnen. Noh etlichen Dagen noh Balve hai geng, Den Richter iimm' Instand te bitten, lehm' niu te idwerdignen ^) den grund-frejen Hudf Noh urollen Rechten un Sitten. Aok socht' den Pastdoer.van Af-feln hai op, Un larre iehn in tau der Fejer. Dai soil dann den Huaf un de Schuiern samt Stall Vam frisken insidgenen wejer. Am Instands-Fejerdag kdmen all frdoh Dai Heerns vam Gerichte im Wagen: De Olt-Richter Hoynk im SamTnet-Talar, De Schrejwer im witt-stejwen Kragen. Arr ehrlike Taigen *) worn Nohwers ^) bsstallt; Sdi fiinnen frdohtejeg 6) idk inne Im bloen Kierrel '), dat Pejpken im Miul, Konstant all met widhligem «) Sinne. Sai drdpen tehdope idk dann op der Didhl Un druchten tauvn Griufi idk de Hdnne Un wiinskern dem Viuel viel Gliick met dem Huaf Bit an sejn guattsidliges Enne. 83

87 De Richter feng an niu: En Kruijie hai schlaug: In Guarres all-hilligem Namen!" De Tuigen aok jollern de Hanne tehdop Un bidrren ") vull Andacht, fromm: Amen!" De Richter dann geng an dian Nejendidr-Post Un schndit do en Spliettken awe: Iek gief dej diit Sponken. Diu bist niu de Heer; Goh oprecht hej didr, bit taum Grawe." Dann gengen sai Alle der Herd-Steje tau; 'ne Maged ddh dat Fuier iutgaiten; De Viuel schlug Fuier iut Flintstdin un Stohl, Mochte selber de Hius-Glaut i») anbaiten. De Richter iehn mahn're: Niemm't Fuier in acht! De Flammen konnt schaden, konnt niitzen; De Hidrrguatt bewahr didr Sinte Agathas Hand Den Huaf vidr Brand un vidr Blitzen." Dann brachte de Richter en Sidttel heran: Hei sast diu diek widrmen un resten; Wenn diu mol im Oiler weerst maie un stejf, Dann ies et am Herde am besten." Dat Fuier-Hahl track dann de Viuel flink didhl, Un Richter un Tuigen dann saggten: De Hidrrguatt giew satt Uch te idtten alltejt Un bewahr Uch vidr Ndot-Tejt un Schmachten!" Niu geng et noh biuten, noh'm Kampe hientau. De Richter lait graven 'ne Erase: Hej niemm, Biuer Viuel: dai Kamp hort niu dej; Guatt sidgne dejn Vaih op dem Grase." Dann trocken sai Alle taum Appelhuaf riut; De Richter brak af dinen Twicken: Niemm Viuel! Dai Boime hort alle niu dej! Mag Guatt diek met Obst rejk begliicken!" Un niu langjutt bit daipe int Feld, Noh Roggen un Waiten te gohen: De Richter brak Ahren un gafit' se dem Heern: Guatt lote deyn Korn guet gerohen!" Do stott se am Bidrge met storigem Holt, Do raipet de Richter: Mejn Viuel! Diu hidst niu dat Recht op frej-uappne Jagd! Guatt giew dej 'ne siekere Kiuel!" n) Un de Viuel dilchtig int Jagdhoren storr', Lait los sejne Ruiens temole, Un larre de Biisse un gaffte en Schiiett Met Waidmannes-Heil un Gejohle. Op dem Brok-Lanne nahm dann de Richter terlest 'ne Hand vull kriiemlige Eere; Hej, Biuer, dejn Acker, dejn Arbdiesjeld! Giewe Guatt, dat se jruchtbar dej weere! Doch Biuersmann Viuel, denk dok an den Ddot! Help Armen; denn Guet-dauhn beglilcket, Dat diiese Eere d-i ndchstens im Grow) Wit all te schwor weerd un driicket." Im Dahl, an der Bieke de Richter dann saagt': Frond Viuel, hej schmejt iut dejn Goren, Kannst fisken niu frej op der Wellingse run Bit unnen noh Holzen all moren." 84

88 Niu torrelt sai haime. De Viuel flink track Dot Klocksken, dat helle, am Huawe. Dai olle Pastaoer dann siagnere frotnm De Kiieke, de Kammern, de Stuawe. Dann saten sai Alle tehaope am Disk, De Frugge, sai rdikere dat latten; De Hiusheer dann raip: Fullet dixchtig Vch op! Vej gonnet Uch alles van Hiatten." Beym Opstohn lat owends noh'm Schopeskopp-Spiel - Do saggt' de Pastaoer klauk, wichtig: Fr6nd Viuel, dai't mdiste gewunnen hej hidt, Vey wiinsket Uch Gliick nochmol diichtig!" Hernoh schraif de Schrejwer met Gdose-Fidrn op, Biu all diit dermolen ies widsen. Sao ies dat vandag' am Gerichte ock noch In dien ollen Akten te lidsen. Josef Putter 1) Kdsberg bei Langenholthausen (Ndhe Balve), 2) Amecke a. d. Sorpetalsperre, ') iibereignen, <) Zeugen, =) Nachbarn,») iriihzeitig, ') Kittel,») frohlichen,»)beteten, i")glut, ^')Kugel. Von Fritz Schumacher Wir wissen es: der Lenz und die Liebe haben es in sich. Wenn beide Naturerscheinungen zusampien auftreten und sich des also begliickten Merisdien bemachtigen, dann ist auch der sonst leidlidi vernunftige Vertreter der Gattung homo sapiens bereit, nicht nur alle Dummheiten seines Lebens zu reden, sondern auch die iibelsten Schandtaten zu tun. Da ist ein Maisonntag oder ein Sommertag, der ausnahmsweise nidit verregnet ist, und..man" spaziert ins Freie, in Gottes freie und schone Natur, wie er" sagt! Soweit ware selbst- Verstandlidi alles in sdionster Ordnung. Sie sdiwarmt von den weicen Cirruswolkchen unter der Kuppel des Himmels, der so blau ist, wie ihr neues Kleid, das nodi im Schaufenster hangt, des weiteren vom siiben Gesang der Waldvogel, deren Eingruppierung nicht immer ganz gerat. Er ruhmt hinwiederum mit passenden Worten das satte Griin, das - wie alte Leute sagen - den A^ugen so wohl tut und beide zusammen - wie konnte es auch anders sein! - schwarmen von der Liebe und sonstigen naheliegenden und, wie die Romanschriftsteller taglich aufs neue be- ^eisen, stets unerschopflichen Themen. Die Sonne scheint fiir sie heute besonders golden Und der Himmel hangt ihnen (heute noch) vouer Geigen. Niemand wird neidvoll an diesen schonen Szenen AnstoB nehmen; indessen in diesem stimmungsvollen und ganz auf zarten lyrischen Tonen abgestimmten Augenblick geschieht etwas Furchtbares: der junge und, wie wir annehnaen, mit Recht verliebte junge Man greift plotzlidi mit energisdier Geste zum Messer! Kein anderes Wesen von allem, was lebt, wiirde in einer solchen Lage an scharf geschliffene Solinger Stahlwaren denken, aber der Jiingling in seinem irregeleiteten Sdiaffensdrang. Es geniigt ihm nicht, seine Angebetete iiber den inneren Zustand, den wir Liebe zu nennen pflegen, aufs Genaueste zu unterrichten und auch sonst keinerlei Zweifel iiber seine diesbezuglichen Gefuhle zu lassen, nein nun wiinscht ein Privatleben Offentlichkeit. So geschieht denn die grausige Missetat! Niemand behaupte ferner, Papier sei geduldig. Gibt es etwas Geduldigeres als soldi eine hundertjahrige ehrwiirige Buche oder Birke. Papier wenn es sich nidit gerade um einen in den nachsten 24 Stunden falligen Wechsel handelt, ist immerhin noch etwas reichlich Totes, aber der Baum ist ein Lebewesen, das Friihling undherbst erlebt und hat alle Arme vou schwanker Zweige, mit denen er sich seiner Haut wehren konnte. Aber er tut es nicht. Er labt in seine graue Rinde die markanten Erinnerungszeichen an eine, vielleidit nur voriibergehende, Herzenssache eingraben und wird diese Zeichen, die riesigen Anfangsbuchstaben zartlich klingender Vornamen und das iibliche runkelformige Herz, noch tragen, wenn die bewubten Zwei sich langst im groben Bogen aus dem Wege gehen und einander fiir die unausstehlichsten Menschen halten, die sich je unter einer griinenden Buche zur Sommerzeit 85

89 ewige Liebe und die dazu gehorige Treue gesdiworen haben. Der Messersdiwinger und Holzsdinitzer berufe sidi nicht, wie es wohl gern geschieht, auf Sdiuberts Franz. Hat ihn jemals einer drauben im griinen Dom mit einem Dolchmesser angetroffen? GewiC hat er, und zwar recht schon, einmal gesungen: Ich schnitt es gern in jede Rinde ein..., aber er hat doch nur damit gedroht und wiirde es sidi niemals haben einfallen lassen, diese Drohung auszufiihren und seine Liebeserklarung aus dem Dreimadelhaus auf diesem heute leider nicht mehr ungewohnlichen Wege einer verschwiegenen Buche im lichten Walde anzuvertrauen und den zustandigen Revierforster zu argern. Vielleidit entschliecen sidi eines Tages die Forstverwaltungen, um den iibrigen Wald vor dem Messer der Verliebten zu retten, in jedem Revier einen bestimmten Baum, gewissermaben einen Stammbaum der Liebenden, als Ansdilagsaule flir selige Gefiihle freizugeben, der dann so aussehen wiirde wie jener Budienstamm, der hier im Bilde festgehalten wurde, und der einem den Seufzer entlockt: Wer hat didi du sdioner Wald blob so jammerlidi zerstodien? Unter dem Eindruck der stummen Klage des Waldes schliebe ich mich hinsiditlidi dieses Themas ganz den bissigen Worten des Naturschutzdichters unbekannten Namens an: Audi ist es ganzlich sdinuppe, ob hier zu lesen ist, dab du mit Deiner Puppe mal hier gewesen bist." Schlofi Brunskappel 86

90 Das lefzfe Laufen von Himmelpforten Erzahlung von Josef Johannes Link Es ist jetzt mehr als zehn Jahre her: Der Krieg in Europa elite seinem Hohepunkt zu. Vom Ural bis zum Atlantik wog ein Menschenleben leichter als eine HandvoU Staub, und die Mutter und die Kinder waren davon nicht ausgenommen. Was konnte der englisohe Oberstleutnant Gibson, der am Abend eines wtmderschonen, lachenden Maiensonntags mit seinem Bombengeschwader startete, von dieser jungen Frau wissen, die mit ihren Kindern von einem Ausflug in die Maiiblumen heimkehrte? Was war es, das die Gedanken des Mannes, der da irgend- Wo in RuBland marschderte, von qualenden Vorstellungen getrieben, immer wieder in die Heiniat schweifen liec? In die Heimat: das war das stille Tal der Mohne, die auf sorglos gewundenem Weg ihre heiter blinkenden Wasser der Ruhr zutragt. Dort, uber dem friedlichen Tal neigt sich der strahlende Maiensonnta:g in das sanftere Glanzen des Abends. Die Sonne hing nur handbreit noch iiber den dunklen Tannenforsten der westlichen Hohen. Das schmale Band des Flusses lag halb im dunkelgrunen Schatten, halb farbte der Schein der sinkenden Sonne das helle Silber des Wassers mit rotlichen Strelfen.,,Das sieht aus wie Blut", sagte Gdsela, die Siebenjahrige, zu ihrer Mutter, als sie, aus den Wiesen kommend, auf einem schwankenden Holzsteg den FluB iiberquerten. Frau Gertrud fuhr das Wort wie ein Schrekken an; sie dachte an den Vater, von dem aus dem grausamen RuBland schon sell Wochen kein Brief mehr gekommen war. Unwillkiirlich zog sie Friedel und Berta, Giselas jungere Geschwister, fester an sioh; die beiden hielten MargueritenstrauBchen in ihren Fausten undsehwenkten sie fromich, als hielten sie das ganze Gluck der Welt in ihren Handen... Das tut die Sonne, Gisela", antwortete Frau Gertrud. In einer Stunde ist sie hinter dem Wald. Dann kommen der Mond imd die Sterne, Und sie fiillen das Wasser mit ihrem Glanzen." 0, das moohte ioh gem sehen!" rief Gisela, aber die Mutter entgegnete warnend: Nachts jst es in den Wiesen feucht und kuhl, tmd gespenstige Nebel ziehen dariiber hin..." Und wahrend sie dieses sagte, sah sde ihren Und ihrer Kinder Schatten iiber dem Wasser liegen, und es schien, als triigen die schaukelnden Wellen sie fort. - Eilt euch! Wir mussen helm!" drangte Frau Gertrud. Jetzt mubte eigentlich die Glocke lau- ten - zum Engel des Herrn... Das war fruher immer das Schonste am Abend; die Glocke verklarte das ganze Tal.",,Welche Glocke, Mutter?" wollte der kleine Friedel wissen. Die Glocke vom alten Kloster Himmelpforten, Friedel. Man kann es von hieraus nicht sehen. Aber es liegt gar nicht weit, bald hinter der Biegung, die der FluB dort am Walde macht.",,warum lautet denn die Glocke nicht?" Es ist Krieg, mein Kind. Im Kriiege durfen die Glocken nicht lauten. Die Regierung hat's verboten. Warum - das weib wohl keiner genau. Wegen der Flieger, sagen sie. Aber ich wedb nicht..." Frau Gertrud zuckte die Schultern und sprach, mehr zu sich selbst, welter:,,manchmal denke ich, eines Tages wird Gott selbst sie wieder lauten. Denn die Glocken rufen die Menschen zu Gott, tmd lange wird Gott sich den Mund von den Menschen nicht verschldeben lassen..." Die Kinder batten ihre Worte wohl verstanden. Sie sagten nichts darauf; sie waren mit ihren Gedanken beschaftigt, sich vorzustellen, wie Gott mit seiner Hand aus der Wolke fahrt und an die Glocke riihrt, dab sie erklinge. Er braucht wohl nur ednen Finger dazu, dachte der kleine Friedel. So kamen die vier an ihr Haiis, das hinter einem langgestreckten Garten unter einem zur Seite weit heruntergezogenen Dach unweit der StraBe lag, die am Rande des Mohnetales entlanggeht. Vor dem Abendessen hatte Frau Gertrud noch die kleine Wirtschaft zu besorgen. Sie ging in die nahe Weide, um dde beiden Ktihe zu melken, sie versorgte das Schwein, das tmruhag grunzend im Stroh hin und herlief. Gisela brachte das bereit gestellte Futter zu den Huhnern und nahm die Eier aus dem Nest. Dann richtete die Mutter das Abendbrot. Bald klapperten die Loffel lebhaft in den bauchigen MSlchnapfen; aber nooh lebhafter verwirrten sich dariiber die frohldchen Stimmen der Kleinen, in denen die Kanderseligkedt des Wiesenganges noch. einmal sich sammelte und den dammrdgen Raum der Kuche mit einem unbeschredbllchen Leuchten erfiillte. Frau Gertrud war sehr still in dieser Stunde. Immer wieder sah sie naoh der Tiir, als warte dort etwas Ungekanntes auf sde. 87

91 Deutl'ich fiihlte sie den dumpfen Schlag des Herzens in ihrer Brust. Frau Gertruds Gedanken waren weit fort und riefen in einem fremden, grenzenlosen Lande naoh dem geliebten Mann, als riefen sie um Hilfe... * In dieser Stunde ging der Mann, den Frau Gertruds Gedanken suchten, hinter einem Trupp gefangener Russen und brachte sie zur Sammel- Btelle. Er hatte das Gewehr iiber aen Riicken gehangt und - ganz gegen alle Vorschrift - beide Hande tief in den Taschen. Er war miide, und dies mehr im Herzen als in den FiiBen. Fast taghell leuchtete das Land unter dem blanken Mond. Zu Hause, da bliiihen jetzt die Wiesen, dachte der Mann, und die Kinder wdnden sich Kranze ins Haar. Vielleicht sitzen sie jetzt mit der Mutter beim Abendbrottisch und sprechen von mir. Und er setzte sioh in Gedanken zu ihnen und horte ihren Gesprachen zu... Dann war die kleine Gruppe an dem Platz angekoimmen, wo die Gefangenen gesammelt wurden. Warum sind diese Menschen eigentlich nioht einfach davongelaufen, dachte der Mann. Es ersohien ihm ganzlich unwahrscheinlich, dab er geschossen hatte. Er war iiberhaupt - ebenfalls wider alle Vorschrift - der Meinung, dab langst genug geschossen worden sei und dab es hochste Zeit sei, endlich zum Frieden zu kom- In der gleichen Stunde empfing der Oberstleutnant Gibson im Komimandobunker des englischen Flughafens die letzten Binsatzbefehle. Draufien standen die achtzehn Maschinen, startklar und mit Spezialtorpedos beladen. Auf der Karte fuhr sein Finger noch einmal den Lauf des Mohneflusses hinauf, iiber die Dorfer hinweg, und auch das Kreuz, das da ein Kloster bezeichnete, hielt den Finger nicht auf. Dieses kleine Bauernhaus am Rande des Tales war gar nicht eingezeichnet. Und im ubrigen war hier gar nicht von Menschenhausern die Rede, sondern von je- aueinjiai^,, ner Sperrmauer, einige Kilometer oberhalb des Klosters, die das Wasser des Flusses zu einem groben See staute. Diese Sperrmauer mub auseinanderbrechen", sagte der Kommandeur. Wir legen damit die Stromversorgung der Riistungsfabriken an der Ruhr lahm." Das klang sehr einfach und plausibel. Ein Handesohiitteln. Ein schneidiger GruB. Dann verlieb der Qberstleutnant den Bunker und ging zu seinen Maschinen. Es ist eine wundervoue Nacht", sagte er zu seinen Leuten. - * In dem kleinen Haus aber, das auf der Karte nioht eingegeichnet war, sprach Frau Gertrud mit den Kindern das Abendgebet, die kleinen, kindlich-frommen Verse der Luise Hensel:,,Miide bin ioh, geh zur Ruh'..." Bis zur letzten Strophe: Kranken Herzen sende Ruh, Nasse Augen schldebe zu. LaC den Mond am Himmel stehn Und die stille Welt besehn..." Da sagte Gisela auf einmal: Ich mochte es doch gern einmal sehen. Mutter, wie der Mond iiber dem Wasser glanzt." Aber die Glocke des Klosters miibte auch dazu lauten", setzte Friedel seinen Wunsch tainzu. Und die Kinder wunderten sich, dab die Mutter keine reohte Antwort gab. SchlieBlich seufzte sie: Ich wollte, der Vater ware jetzt bei tins." * Als der Mond rund und hell aus den Tannenwaldchen in den klaren Himmel hinaufschwebte, losten sich die weiben Nebel iiber dem FluB und wehten wie federleichte Fahnen davon. Frau Gertrud war nach langem wehmiitigen Griibaln endlich in einen tiefen, erlosenden Schlaf gefallen. Sie horte nicht, wie im wenig entfernten Dorf kurz vor Mitternaoht die Sirenen in schauerliohen Intervallen aufheulten, horte ndcht das stobende Summen der Flugzeuge, das naherkam und wieder entschwand und wieder naherkam... Sie sah nicht, wie iiber der Sperrmauer des Stausees, die in ihren ungewissen Konturen der Nacht wie ein riesiges Tier zwischen dett Waldern stand, plotzlich lange Reihen falscher, greller Sterne hingen. Sie horte nicht das aufgeregte Gebell der Geschiitze und die peitschenden Salven der Bordwaffen und nicht die drohnenden Detonationen der gegen die Sperrmauer zischenden TorpedoB. Sie sah nicht die riesige Wolke von Wasserstaub, unter der der Kranz der Sperrmauer auseinanderbrach und der gebundenen Kraft von vielen Hundert Kubikmetern Wasser in haushoher, reibender Flut den Weg freigab in das vom Mond so friedlich beglanzende Tal. - Als Frau Gertrud aufwachte, erzitterte die Luft von einem gewaltigen Rauschsn und Brausen. Sie horte dazwischen den klagenden Laut geangstigten Viehs. In ihrer Kammer stand hell und mit unheimliohem Schweigen der Mond. Mit einem Sprung war Frau Gertrud auf und am Fenster. Da sah sie im Tal die Flut von gelben und dreckigen Wiassermassen vorbeistiirzen, Balken und Dacher, Baume, Gestrauch und Vieh auf ihren Wogen mit fortreifiend. HeiIige Mutter Gottes!" entfuhr ihr der entsetzte Schrei, und dann erst gewahrte sie, dac ihr Haus schon weit vom Wasser umspiilt war, das immer schneller hoher und hoher stieg... In Sekunden rib Frau Gertrud die Kinder aus ihren Betten, die angstlich aufschrieen und sich 88

92 an ihre Mutter klammerten. Karl..." entrang sich der schrille Schrei der Not aus der beklemmten Briist der Frau, aber der Mann im fernen RuBland horte ihn nicht. Minuten spater standen die vier bis an die Knochel im Wasser. Frau Gertrud warf den Kindern und sich selbst noch die Mantel uber, dann hastete sie mit dem Jungsten auf dem Arm bis unter das Dach des Hauses. Sie fuhlte, wie das ganze Haus in seinen Grundfesten wankte. Barmherziger Himmel...!" flehte die Frau am Giebelfenster des Hauses und sah in die entfesselte Flut, aus der ein ohrenbetaubendes Donnern aufstieg und eine diohte Wand von milchigem Nebel, in dem der Mond wie ein Irrlicht tanzte...mutter! Der Mond iiber dem Wasser!" schrie Gisela und zitterte und weinte. Ach, das war nicht mehr der Mond aus dem Abendgebet; das gute, freundliche Licht, das Gott an den Himiftel der Nacht gesetzt hatte, war hier in die rauchende Fackel grausamer Damonen verwandelt. Und dann horte Frau Gertrud, und es horten die Kinder durch das Gebriill der Wogen und die Wand von Nebel hindurch, genau unterscheidbar, dreimal den Ansohlag einer Glocke, hell, klagend, zerspringend. Das war die Glocke des Klosters Himmelpforten, dessen Gebaude ietzt von der reicenden Flut zerstort und weggerissen warden. Starr stand die Frau, die jammernden Kinder fest an sich gezogen, und war keiner Bewegung mehr fahig. Nun lautet Gott selber die Glocke, dachte sie noch. Oder schrie sie es und horte ihre eigene Stimme nicht mehr? Unentwegt und ratios starrte die Frau auf das Wasser. Hilf uns, Gott, wir miissen sonst ertrinken!" betete sie immerfort.,,hilf uns. Gott! Hilf uns!" In diesem Augenblick trieb von irgendwoher der grobe Flugel eines Soheunentores gleich einem FloB an das Giebelfenster heran. Da loste sich die Starheit aus ihren Gliiedern. Schnell entschlossen. wie nur der Verzweifelte sich entschliebt, beugte sich Frau Gertrud weit hinaus Und griff nach dem schwimmenden Holz. Fast hatte es sie fortgerissen. aber die Todesnot gab ihr unmenschliche Krafte. Ein Kind nach dem andern hob sie hiniiber auf das FloB. aber sie sah zugleich ein. dac das Tor sie selber nicht mehr tragen wurde. Immer noch klammerte sich ihre Hand an das Holz. Die Kinder schrieen: ' Mutter, Mutter! Bleib bei uns!" Da hob schon das Wasser Frau Gertrud selber empor. Sie sah noch, wie das Dach Ihres Hauses aiuseinanderbrach; dann trieb sie, an das Scheunentor geklammert, mit der reibenden Flut talabwarts. Eine heillose Fracht, dem wildsn Spiel der tobenden Wogen preisgegeben. * Um diese Stunde befand sich das englische Plugzeuggeschwader schon auf dem Riickflug. Oberstleutnant Gibson funkte aus seiner Maschine der Befehlsstelle in England:,.Aiiftrag hefehlsgemab erfullt". Und er setzte die Verluste seiner Mannschaft und seiner Maschinen hinzu. Die iibliche Meldimg. klar und knapp. Er fand nichts welter hinzuzufiigen. Im Kriege war das so. Aber er schuttelte sich doch. Es ist kalt, tlaohte er. Und er fror. Im Friihlioht des Tages bargen Manner einer Rettungsmannschaft ein seltsames FloB mit drei Kindern aus der sinkenden Flut. Die Kinder waren vor Schreck und Kalte starr; wie Tote lagen sie auf dem treibenden Holz. Erst a^m warmenden Feuer der Rettungsstation kamen sie zu sioh. Ihre erste Frage forschte nach der Mutter. Niemand konnte thnen darauf eine Antwort geben. Da erschiitterte ein erbarmungswurdiges Weinen die zitternden Korper der Kinder, deren Gesichter-in dieser Stunde alt und erschopft aussahen wie die von Greisen. Eine irre Not geisterte immer nooh in ihren Blacken. Nach scheuem Zogern und langem Besinnen nannten sie ihre Namen: Gisela, Friedel, Berta. Erst nach zwei Tagen fand man, nachdem sich das Wasser verlaufen hatte, auf der Talsohle zwischen Triimmern und Geroll die Leiche einer Frau. Sie lag mit dem Gesicht nach oben. Als man sie aufhob, rann aus dem halbgeoffneten Mund ein Riinnsal von gelbem, schmutzigen Wasser. Die. Augen hatte sie weit aufgerissen, und ihre Ziige hatten den Ausdruck eines Mensohen, der angestrengt in die Feme lauscht nach einem verwehenden Glockenton... Den rechten Arm Melt sie steif ausgestreckt. Aus der krampfhaft geschlossenen Hand loste man ein Stiick abgerissenen Holzes... Man trug die Tote in die Kirobe der nahen Stadt und legte sie zu den vielen ubrigen Toten dieser schrecklichen Nacht. Als man die Kinder an die Bahre fuhrte, erkannten sie ihre Mutter, und dreimal flog ein Grabinschrjft Der Anfang, das Ende, o Herr, die sind dein! Die Spanne dazwischen, das Leben war mein. Und irrt ich im Dunkeln und iand mich nicht aus, Bei dir, Herr, ist Klarheit, und Licht ist dein Haus. Fritz Reuter tranenerstickender Schrei durch die Halle der Kirohe und verging hoch unter den schweigenden Gewolben, hell, klagend zerspringend. Aber die Tote horte die Schreie nicht; sie lauschte immer noch auf einen anderen Klang, der von Gott her kam. Da beugte Gisela sich schnell nieder; sie kubte die eiskalte Hand und streichelte sie ein letztes Mai. Gisela war die Alteste und sie tat es fiir ihre Geschwister mit. Und fiir den Vater, der an diesem Morgen in einem Waldstiick einen gefallenen russischen Soldaten heimlich begrub und nicht wubte, warum es ihn so unausweiohldch drangte, dies mit einer ihm unerfclarlichen Innigkeit zu tun. Ihn beschaftigte in seinen Gedanken die Frage. wiie er, ein einfacher Soldat in einem wahnwitzigen Kriege, etwas fur den Frieden tun konne. Ihm fiel nichts anderes ein. als zwei Birkenstocke zu einem Kreuz zu binden, das er dem russischen Soldaten auf das Grab setzte. Das war nichts, was er seinem Vorgesetzten hatte melden konnen und wofiir er eine Axiszeichnung hatte erwarten durfen. Aber er wurde ruhiger dabei. - 89

93 Gesdiiditen aus dem Leben des Bauernpastors Pastor Johannes Dornseiffer aus Gerlingen (Krs. Olpe), dessen Leben neben der seelsorgerischen Tatigkeit hauptsachlich der Sorge um Bauernstand gait, ist im Sauerland unvergessen. Im vergangenen Jahr wurde die von ihm gegriindete Landwirtschaftsschule Eslohe nadi ihm benannt. Der sauerlandische Kiinstler Josef Greitemann schuf aus diesem Anlali eine Dornseiffer-Biiste, die in der Halle des Schulgebaudes ihren Ehrenplatz erhielt. Wer durdi den Pflug reich werden will, mub ihn selbst anfassen", dies Thema liefi der erste Dirigent und Deutschlehrer der Landwirtschaftsschule Eslohe einmal von seinen Schiilern in einem Aufsatz behandeln. Es konnte auch das Lebens-Motto Dornseiffers gewesen sein, der zwar nicht reich werden wollte, aber doch in allem praktisch und okonomisch dachte. Vom Reden hielt er nicht viel, das wissen seine Pfarrkinder nocji zu erzahlen, die er im Winter ohne Predigt sdinell wieder nach Haus schickte, damit mir keiner krank wird." Worte sind keine Stiiber", pflegte er zu sagen und brachte auch seine literarischen Arbeiten immer aut die kiirzeste Formel, obwohl in diesem Falle Worte allerdings Stuber bedeuteten. Das Anfassen" war Dornseiffers Sache. Er hat sich freiwillig vor mandien Pflug gespannt, der nicht in seinem eigentlichen Feld ging. Denn er war nicht nur Seelenhirt, sondern auch zdgreifender Heifer in alien Fragen des leiblichen Wohls, da ihm der volle Magen" seiner Pfarrkinder die erste Voraussetzung fiir die politische Stabilitat des Landes schien. Er dachte mit seiner GemeiiHie und fiir sie, darum war sein Tun so segensreich. Ich konnte nodi gut euer Pfarrer bleiben", sagte er in seiner Absdiiedspredigt am 1. September 1913, aber der Bischof will es nidit, da mub idi mich Von Magdalena Padberg fiigen". Und dann mit Tranen in den Augen: Ich bin aber noch in eurer Nahe, und wenn ihr mich braucht, ruft nur!" Der damalige Oberhirte des Erzbistums Paderborn war gleichfalls aus Gerlingen. Als er ernannt wurde, hatte Dornseiffer seinen Esloher Pfarrkindern in der Predigt verraten: Bischof Wilhelm Schneider war einer armen Witwe Sohn und fuhr noch mit 17 Jahren den Ochsenkarren. Dann habe ich ihn um Gottes Lohn unterrichtet. Ich nenne ihn Du" und Wilhelm". Er sagt zu mir Sie" und Herr Pastor". Dieser Bischof weilte gern bei Firmungsreisen in Eslohe. Dber die Entstehung der altesten Landwirtschaftsschule im Sauerland berichtete der Griinder in seiner originellen Art: Die Schulvikarie in Fretter war eine sehr erwiinschte Einrichtung. Die Gemeinde bekam einen Geistlichen, der eine HI. Messe las, die Jugend einen Schulmeister, der sie unterrichtete, alles in einer Person." Leider wurde die Stelle durch den Kulturkampf wieder aufgehoben und Dornseiffer sah sich von einem Jahreseinkommen von 690 Mark auf mehr als die Halfte gekiirzt. Das war zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig. Sollte ich Lohnschreiber werden? Ist geschehen, aber immer um Zeilen zu feilschen hat auch seine Miihen. Diese Notlage wurde zur Geburtsstunde der landwirtschaftlichen Winterschule." Sie folgte ihrem Griinder bei dessen Versetzung von Fretter nach Eslohe und feierte 1955 bereits 75jahriges Bestehen. Uber die Notwendigkeit, sich bei der allgemeinen finanziellen Lage in einer Spar- und Darlehnskasse zusammenzuschlieben, lesen wir bei Dornseiffer: Die sieben geschichtlichen mageren Jahre Agyptens scheinen auch dem heimisdien Bauernstande besdiieden zu sein. Fiinf sind bereits verflossen. Wehe! Wenn noch zwei weitere folgen sollten. Die vier ersten waren in ihren Wirkungen gewib traurig genug, aber das letztverflossene Jahr 1881 war in der Tat ein gemelnes und iibertrifft seine Vorganger wie der StraBenrauber den Taschendieb. Die Vorsehung hat den Bauern gezwungen, endlich nachzudenken. Fehlt's an der Daumensaat", dann fehlt's an der allerersten Vorbedingung. Denn Geld ist zwar ein Wort von geringer Ausdehnung, aber von weltbewegender Bedeutung." Dornseiffer griindete 1882 eine Spar- und Darlehnskasse in Eslohe. Gute Kenner der damaligen Situation nennen ihn gern den Raiffeisen" Westfalens. Ein Schmerzenskind war dem tatigen Pfarrer die ebenfalls von ihm gegriindete Sammelmolkerei in Oedingen und Fretter, denn sie mubte schon bald wieder ihren Betrieb einstellen, obwohl ein Schweizer Faciimann fiir die Kaseverarbeitung herbeigeholt worden war und bestimmte Sorten einen guten Absatz fanden. Um Interesse fiir den Rindvieh-Versidierungs- Verein, eine andere Griindung Dornseiffers zu tinden, beschwor der Geistliche seine Gemeinde 90

94 Von der Kanzel aus: Man bedenke doch, dab die Pramie nur 20 Pf. fur Ferkel und 30 Pf. fur alteres Mastvieh betragt!" Er warb auch fur die Feuer-, Hagel-, Trichinen- und Lebensversicherung mit Erfolg. Die Art, wie Dornseiffer mit seinen Glaubigen uber geldlidie Dinge sprach, mag auch folgende Episode verdeutlichen: Dornseiffer hatte eine neue Kanzel, einen Beichtstuhl, zwei Seitenaltare und die Banke bis zum Quergang angesdiafft. In der Sonntagspredigt hieb es dann.,wenn jemand neue Schuhe gekauft hat und diese knarken, so sagt man, die Schuhe waren nodi nicht bezahlt. Diese Kanzel knarkt auch noch. Gleich geht der Teller herum!" Am nachsten Sonntag konnte er bekanntgeben, dab die Neuanschaffung aus einer Kollekte habe bezahlt werden konnen. Spater einmal gestand Dornseiffer: Ich habe da wieder so allerhand angeschafft. Die Sadien sind zwar bezahlt, aber von meinem Beerdigungskonto. Wenn ihr nun nicht sorgt, dab das wieder aufgefiillt wird, so verlasse ich mich auf ein polizeiliches Begrabnis." Dornseiffer machte fast alle Verbesserungen aus eigener Tasche. Selbst uberaus anspruchslos, legte er alles zur Verschonerung der Kirche beiseite und tiberraschte oftmals den Kirchenvorstand mit den Worten: Eigentlich brauchte idi es euch gar nicht zu sagen, das Geld ist namlich schon da." Als der Malermeister Otto Schilling das Gotteshaus ausmalen soute, erwirkte ihm Dornseiffer zuvor die Erlaubnis, bei der Arbeit rauchen zu diirfen, denn fiir dieses Laster hatte er viel Verstandnis." Otto, du hast deinem Pastor was voraus", verkiindete er dem Handworker, du darfst namlich in der Kirche rauchen, wahrend ich die Pfeife an der Tiir stehenlassen mub." Die Bezahlung geschah in diesem Falle so, dab Dornseiffer jeden Samstag, wenn er in den Beichtstuhl ging, ein Hasenbutterbrot" mit 100 Mark auf die ~ Kommunionbank legte, die Schilling dann abholte. Dornseiffer hielt sehr auf Piinktlichkeit. Beim Glodtensdilag zwei verlieb er taglich das Pfarrhaus und spazierte auf Umwegen zur Seufzerallee, wo er sein Brevier betete. Von hier aus hesudite er ein Pfarrgrundstudi, das er als Stiftung zum 25jahrigen Bestehen der Landwirtschaftsschule mit in- und auslandisdien Holzarten hatte bepflanzen lassen. Einmal traf er dort einen Schafer mit zirka 100 Spitzbuben. Ich stellte ihn zur Rede, und was sagt er?" Es tut ihnen nichts, Herr Pastor." - Natiirlich, den Sdiafen tuts nichts, aber den Tannen! Dieser Sdiafer geht mir nidit wieder hinein" versidierte Dornseiffer am nachsten Sonntag der Gemeinde. Die Kanzel gab ihm iiberhaupt die Moglichkeit, seine Argernisse und Ratsdilage von der Seele zu bekommen. So erziihlte er etwa: Ich ging dieser Tage iiber den Berg nach Salwey. Da hat ein Bauer seine Ackerquedcen in den Wag geworfen. Ja, es lauft sidi sdion leicht darauf, aber idi mocbte das nicht nodi einmal sehen. Die Quedcen miibt ihr unterpfliigen, damit sie nadi ihrer Zersetzung den Boden mit Nahrstoffen bereichern." Und wenn jemand im Kirchensdiiff lachelte, brauste es von oben: Ihr glaubt, das gehore nicht in eine Predigt. Da irrt ihr aber ge- Kartoffelernte Zeichnung von Rudolf Warnecke waltig. Ich habe auch fiir euer leibliches Wohl zu sorgen." Dornseiffer verstand viel von der Landwirtsdiaft. Er bewirtschaftete sein Pfarrgut selbst, hielt immer zwei bis drei Kiihe und mehrere Sdiweine und gab durch praktische Beispiele den Bauern Vorbilder fiir die Neuerungen, die er anstrebte. Vor allem kam er immer wieder auf den Nutzen von Kleebocken zu sprechen. Wenn er bei, einem Spaziergang sah, dab sie irgendwo nadi seiner Ansicht nicht richtig gebaut wurden, zog er den schwarzen Rock aus, fafite selbst mit an und verlangte vom Bauern, dab er sich mitten in den Bock stellte. Er bepadcte ihn rundherum und rief dann; So, nun komm heraus. Jetzt ist der riditige Hohlraum da. So kann der Klee Irocknen." Einmal am Feste Maria Empfangnis, nadidem das Evangelium verlesen war, begann die Predigt: Maria, du Reine! Da fallt mir gerade etwas ein. Kommt dieser Tage eine Frau zu mir ins Pfarrhaus und sagt Herr Pastor, besudien Sie uns doch mal, und segnen Sie unser Haus ein. Im Stall will nichts mehr klappen: Die Butter schmeckt nicht mehr, die Ferkel gehen mir ein, die Kalber wouen keine Art mehr haben." Ich kam hin und sah mich im Haus und Stall genau um. Dann sagte idi zu der Frau: Das Einsegnen ist bei eudi nidit vonnoten. Bei eudi ist namlidi der Sdimutzteufel im Haus. Mai tiiditig einen Besen in die Hand und einen Putzlappen. Dann wird die Butter wieder werden und das Jungvieh gedeiht. Ich sprach's und lieb die verdutzte Frau stehen." Dann nahm die Festpredigt ihren Lauf. Jubilarpriester und Definitor Johannes Dornseiffer starb am 11. Dezember Sein Andenken wird nodi lange lebendig bleiben. 91

95 Hoha! Niu ies de Arbet dohen! Niu, Bruinken, lot ues hdime gohen! Diu sast wuahl mate sejn. Dat Land was toh, was vull vanwietten(quecken) Vej het den Racker riimmeschmietten; De Fuern blenket fejn. De Sunne well te Berre gohen; Sai hidt aok idhre Arbet dohen, Ues Schwdit uii Sidgen bracht. Sai kejket niu met dinem Aoge Noch dinmol idwern Bidrg do hdoge: Bit moren! Guerre Nacht!" Van alien Sejen, van alien Ecken De Luie suiht me hdime trecken, Sdo munter olt un jung. Dai bunten Kogge met strammen Strieken, Sai niehmet an der kloren Bieken Noch gau den Owenddrunk. Un suih! tut jdidem Schuattstdin kringelt De bloe Damp strackop un ringelt Siek in de Luft herop. De Mutter in der Kiieke stuaket, Hidt all dat Kluntersiupen kuaket Un Anneken disket op. 'Q3iuern-'JcjcrotDcn6 Von Franz Nolle Schoin ies en Dag vull Schwdit un Moggen, Schoin ies en Fejerowend-Froggen, Schoin dann dat Guerre Nacht!" Un geng dejn Lidwen hien in Ehren, Fromm, flejtig, un 't well Owend weeren: Dann sidlig Guerre Nacht!". Noh'm latten well vej unnern Linnen Ues op der Bank tehdope finnen Taum Prohlken Grdot un Klein. Dann maket Fritzken un Klein Fransken Op mejnen Knai'n en lustig Ddnzken Un Hopp, hopp, Reiterlein!" Un sind de Kinner dann te Berre, Sitt' iek met Mutter noch selftwerre Alldine Hand in Hand. Dat ies de Tejt fidr sidl'ge Droime; De Moone kejket didr de Boime Un gliinsket sdo bekannt: Suih do! Guerrn Owend, laiwe Fronne! De Dag was hdit un schwor, iek gonne Uch geern de Owendriuh. Passet op! Iek schmejte uch en Wunner, En goldnen Steerenschnuppen runner; Bat wiinsk' ej uch dann niu?" Wat wunsken? Ndi! Gesund de Kinner, Vej selber, Pidrre, Kogge, Rinner, Un dann sejn digen Heer! Am Dag van Arbet maie weeren, Am Owend den Hiemmel vuller Steeren, Bat well de Menske mehr?! Rektor a D. Franz Nolte, ein eifriger Mitarbeiter unseres Suerlanner", ein durch und duroh Plattdeutscher", ist im Alter von 78 Jahren von uns gegangen. Die Kialenderschriftleitung hat ihm fur diese treue Mitarbeit herzlich zu danken denn keine Ausgabe ist seit 1952 erschienen, ohne dab Franz Nolte mit mehreren Beit'rasen meistens im geliebten Platt, darinnen war. Franz Nolte war in Hagen, Kreis Amsbere seboren. Seine Junglehrerzeit verbrachte er in Halve und Kuntrop und dann war er in Dortmund-Bovniighausen, bis er 1914 Rektor in Castrop-Rauxel wurde. Im Jahre 1939 ging er in Pension und wohnte dann in Letmathe. Als Schulmann genob er bei alien Kollegen hohes Ansehen und bei seinen Kindern Liebe und Verehrung. Bine seiner letzten Arbeitwi war der Plattdeutsche Lesebogen fur Schulen, seine Absicht, ein plattdeutsehes Worterbuch zu schaffen, konnte er nicht mehr vollenden. Zu seinem Debensfeierabe-nd, der nun begonnen konnten wir in semen Gedichten kein schoneres finden als dieses Bauern-FeierowPnd mit dem SohluB: Dann sialig guerre Nacht!" w,iiumii Der Ubufelsen im Honnetal Mancher Wanderer wird sich bei einem Spaziergang durdi das Honnetal am FuBe des Uhufelsen fragen, woher diese wuchtige FelSpartie ihren Namen hat. Verweilt er aber einige besinnliche Minuten, so wird er bald feststellen, dab der Felsen mehrere zum Nisten geeignete Nischen und Spalten besitzt. Derri Besucher wird bald klar, dab es wohl der Uhu gewesen sein mub, der diesen Felsen einmal bevolkerte. Diese Vermutung trifft zu, denn bis zur Jahrhundertwende waren diese groben Nachtvogel im Honnetal nicht selten. Als dann aber mehrere Kalkwerke autkamen und krachende Sprengschiisse aus den Steinbriichen durch das Tal drohnten, verlieben die scheuen Vogel das Tal. Die alte Romantik im Honnetal, wie sie Annette von Droste-Hiilshoff so schon in ihrer Prosa Bilder aus Westfalen" (1842) schildert, ging ihrem Ende zu. Aus dem schmalen, fast unpassierbaren Ziegenpfad, der zu Annettes Zeiten durch das Tal fiihrte, wurde das breite Betonband der AutostraBe. Die Eisenbahn loste die Postkutsche ab, die Dampfpfeife der Lokomotive den Klang des Posthorns. Die grobte Nisthohle im Uhufelsen befindet sich direkt iiber dem Eisenbahntunnel, etwa 10 m unterhalb der oberen Felskante. Hier wurde um das Jahr 1925 der letzte Uhu gef a n g e n. Ein Bursche lieb sich an einem Seil die Wand hinab und uberraschte den Uhu in seinem Horst. Heute nisten im Uhufelsen unzahlige Scharen von Dohlen und Krahen. 92

96 In sauerlandischem Platt: Dontes,,G6tfliche Komodie' Wahrend viele, in denen wenigstens noch ein Gespijr fur Wert und Bedeutung der plattdeutschen Spraclie lebendig ist, sich in billigen Klageliedern Uber den drohenden Untergang derselben ergetien Oder auch, leider oft mit unzulanglichen Mitteln, sich um ihre Erhaltung oder Wiiederbelebung miilien, ist in aller Stille, abseits aller wortreichen Betriebsamlceit um das Platt- 'deutsche, ein Werk entstanden, das alls wirlcliohen Freunde desselben aufhorchen lassen sollte. Der Tatkraft einiger weniger hochgemuter Menschen ist es gelungen, das Lebenswerk eines Mannes, die Ubertragung der Dante'schen Comttiedia Divina" in die niederdeutsche sauerlandisohe Sprache von Karl Willeke der Offentlichkeit zuganglich zu machen. Diese Ubertragung, die von manchen, die, unwissend der Verarmung, die sie durch den Verlust jeder Bezieiiung zum Plattdeutschen bereits erlitten haben, vielleicht als Kuriosum angesehen wird, ist im Prinzip genau so bereehtigt wie jede andere sprachliciie Ubersetzung des gewaltigen dichterischen Werkes, solange das Plattdeutsch noch von Menschen gesprochen oder zumindest Wert und Eigenstandigkeit desselben nicht zu ubersehende Tatsachen sind. Und selbst dann, wenn die vorliegende Veroffentlichung keinen anderen Sinn hatte als den, die sinkenden sprachlichen Werte landschaftgebundenen Volkstums wie in einer kostbaren Schatztruhe zu sammeln, ware dieses. sprachliche Museum" mindestens solange daseinsberechtigt, solange nicht Heimatmuseen anderer Art ihre Pforten schliecen. Vielleicht wind man den vollen Wert und die hohe Bedeutung der plattdeutschen Dante- Ubertragung erst in einer spateren Zeit ganz zu Wurdigen wissen, wenn die heute festzustellende sprachliche Verwilderung des Hochdeutschen bis ins Chaotische gesteigert ist und aus dem sprach- Ein Lebenswerk von Karl Willeke lichen Irrgarten des Hochdeutschen dann Men-- schen wie heimwehkrank nach den Urlauten ihrer Muttersprache suchen. Diese Rechtfertigung des vorliegenden Werkes gegeniiber alien etwa zu erwartenden Unkenrufen soil nicht die Freude iiber das plattdeutsche Dante-Buch vergallen, das in der Tat eine einmalige Leistung darstellt, die von alien heimatbewucten Sauerlandern dankbar begriibt werden sollte. Wie treffsicher immer auch das Plattdeutsch von heiteren und schalkhaften Dingen zu reden weic, dac es seine starkste Aussagekraft in der Mltteilung ernster, ja eschatologisoher Gedanken offenbart, wurde deutlich, seitdem August Wibbelt und Karl Wagenfeld ihm fiir diese Bereiche das Band der Zunge losten. So steht denn die Willeke'sche Dante-Ubertragung nun als einsamer Gipfel im Raum niederdeutschen Schrifttums, umweht von Scheu, von respektvoller Bewunderung und von froher Begeisterung - je nachdem. Erstaunlich die Biegsamkeit des Plattdeutschen, die in der Hand ihres Meisters auch schwierige Partien der Ubersetzung scheinbar miihelos bewaltigt, erstaunlich ihre Moglichkeiten, sprachliches GefaC fiir die uberwaltigenden Bilder der Dichtung zu sein, erschutternd und begliickend zugleich die Kraft der Wirkung, die ausgeht von der Musikalitat und dem Reichtum der Klangbilder des Plattdeutschen. Mehr als nur stumm gelesen, sollte die niederdeutsche Dante-Ubertragung laut gesprochen werden. Jedenfalls bedeutet in allem wielseitigen Bemiihen um die bedrohte Sprache der Heimat die plattdeutsche Dante-Ausgabe ein besonderes Ereignis, das geeignet ist, in heimatbewucten Sauerlandern ein Gefuhl von Dank und hoher Freude zu wecken. Der Verlag Zimmermann widmete der Buchgestaltung grobe Sorgfalt, so dac sich das Werk im Satzbild und auberen Gewand wijrdig reprasentiert. Als wir diese krltische Wiirdigung fiir den,.suerlanner" schreiben liecen, weilte Karl Willeke noch unter den Lebenden. Nun, er im Alter von 81 Jahren heimgekehrt ist in die ewige Heimat, halten wir uns besonders verpflichtet, auf sein Vermachtnis mit Nachdruck hinzuweisen. Die Red. Tanz im Schnee Es tanzt mit den Flocken Mein jauchzendes Kind. Es tont mir wie Glocken Sein Lachen im Wind. Die Hdndchen gebreitet, Mit Sternen besot; Wie selig es gleitet Von Flocken umweht! Nun tanzt es durchs Gajichen. Juchheijia, juchhe! Ich bin ein PrinzejSchen, Prinzejichen im Schnee! Martha Schlinkert 93

97 Alte Klosfer im kurkolnischen Saueriand bis zur Sakularisation 1804 Kreis Brilon: Borberg bei Brilon: Nonnenklosterchen im 17. Jahrhundert. (Der Borberg heibt in alteren Urlcunden Borchardesberg, und darin liat man den Namen des hi. Burkhard, Bischofs in Wiirzburg, i 754, finden wollen. Bredelar: Augustiner-Nonnenkloster 1170, ab 1196 Zisterzienser - Filiale von Hardeliausen bis Eine Bibelhandschrift von seltener Schonheit, im 13. Jahrhundert von zwei leiblichen Briidern gefertigt, kam nach Darmstadt. Brilon: Franziskaner Ihr Haus wurde in eine Kaserne, ihre Kirche in eine Futterscheune ungewandelt warden in Brilon Beghinen erwahnt. Bubenkirchen bei Hallenberg: Nonnenkloster, nach Seibertz 1392, 1542, 1560 und ofter erwahnt. Glindfeld - Kustelberg. Augustinerinnen in Kustelberg 1170 erwahnt, wegen des rauhen Klimas 1297 nach Glindfeld verlegt bis Die Laurentiuskirdie (romanischer Stil) unterminiert und ftiit Pulver gesprengt. Marsberg: a) Benediktinerstift neben der 785 von Karl dem GroBen erbauten Peterskirche, 826 Corvey unterstellt, 1903, b) Beghinen um 1259 erwahnt, c) Jesuiten seit d) Augustinerinnen seit 1442?, e) Kapuziner 1687, 1744 erwahnt, bis Liittringhausen bei Medebach, Nonnenkloster ? Kreis O/pe: Drolshagen: 1235 Zisterzienserinnen bis 1803/4. Streitigkeiten mit der Pfarrkirche Drolshagen. Ewig bei Attendorn: 1420 Augustiner-Chorherren (Griindung eines reichen Kaufherren) 1803/4. Heute Domane, mehrfache Brande, meist in alter Form aufgebaut. Plaisterlegge Die waldumkranzte Schlucht ist ganz erfilllt vom Rauschen ihres Wassers, ohne Ende stiirzt es von Stein zu Stein. Und eingehiilu in sein Verspriihn sind farnbegriinte Uferwdnde. Nur spdrlich fallt des Himmels Licht herein und spiegelt sich aui blanken Felsenstufen. Braungriine Algen iiberziehen das Gestein, zuweilen hort man eines Wandrers Rufen. Der Mondviole fahle Bliiten stehn im Schluchtwald iiber dunkelgriinem Laube. Aui feuchtem Grunde Salamander gehn, im Buchenwipfel ruckst die Ringeltaube. Die Wasser schdurrien, jliejien ohne Rast, die Felsen stehen wohl schon Ewigkeiten. Du Wandrer, bist hier nur ein iliicht'ger Gast, ahnst du erschauernd nicht der Erde Zeiten? Richard Althaus Kreis Mescbede: Grafschaft: Benediktiner 1076 bis 1804, um 1000 Stift fiir adelige Damen, als Grundung der Grafen zu Werl. Meschede: Frauenstift um 850, wertvolle Evangelienhandschrift um 1000, heute in Darmstadt. Seit 1305 Kanonikerstift bis Klause bei Meschede: von 1413 bis 1483 Jungfrauen nach der Regel des hi. Dominikus. Galilaa bei Meschede: 1465 neue Grundung der Sdiwestern von der Klause, bis Kreis Arnsberg: Rumbeck: Norbertinerinnen, gegriindet Anfang des 13. Jahrhunderts; aufgelost Wed inghausen: Norbertiner-Kloster, gegriindet 1170 durch Graf Heinrich von Arnsberg. Aufgelost Oelinghausen: Norbertinerinnen, gegriindet 1174, sakularisiert am Klosler Bninnen: Kapuziner 1703/ Odacker bei Hirschberg: Auf einem Stiftshof des Klosters Oedingen entstand man weib nicht, wann und wie ein Nonnenkloster von dem heute nur noch eine St.-Anna-Kapelle steht. Himmelpforten/Mohnetal: Cisterzienserinnen von 1246 bis 1804, Klosterkirche (Pfarrkirche Niederense-Himmelpforten) wurde bei der Mohnesee-Katastrophe 1943, zerstort. Diese Aufstellung verzichtet bewubt auf eine umfassende und griindliche Darstellung der Kloster im kurkolnischen Land und nennt nur ihr Werden und Vergehen. Auch im Bereidi der Kloster gilt; Was Menschen bauten, konnen Menschen stiirzen. Es soil damit aber nicht genug sein. Fiir Heimatkunde und Heimatgesdiichte seien einige Anregungen gegeben und Fragen gestellt: Was mag einst Monche und Nonnen bewogen haben, da oder dort ein Kloster zu grunden? Fanden sie Hilfe bei den damaligen Bewohnern des Sauerlandes? Was taten Monche und Nonnen fiir Land und Leute? War das Leben der Klosterfamilie stets in allem Vorbild? Was erinnert an glanzvolle Zeiten? Warum kara es zu inneren und auberen Kampfen? Wie wurden Notzeiten iiberwunden? Warum und wie wurden Reformen (Verbesserungen) des Klosterlebens notig und durdigefiihrt? Wann kam es zum Ende? Was blieb erhalten? Was ging verloren? Wohin? Was sind w i r heute unserer Zeit, unserem Land, unserem Volk schuldig? Werden auch wir sakularisiert", aufgehoben, verweht oder gar zu leidit befunden?" Man mag sich daheim, oder in der Schule, oder in den Jugendgruppen oder in Vereinen einmal auch mit diesem kulturgeschichtlich und heimatgeschichtlich wertvouen und oft auch inhaltreiche'n Thema beschaftigen. Vielleidit findet sich einmal ein begabter und eifriger Heimatforscher, der dariiber umfassend und ausfiihrlidi schreibt. F. J. 94

98 Klosterbrunnen im Schnee Vam Heimatdag in Mdggen Jn diar Teyt saggte Jesus tau dianen, dai met iame ame Diske woren: En Mann woll en graot Gastmohl gian un larre vielle dertau in. Bo niu de Stunne fiar't Mohl do was, bescherre hai seynen Knecht, hai Soil dianen, dai ladt waren, syen: Kummet, alias ist praot. Niu fangen se alle tehaope aan un wollen iak enschullegen. - De aiste saggte fiar ne: -leck hawwe en Landguett kofft un niu marrek riuter gohn un marret my aansaihn. Niemm et my nit iewwel - ieck kann nit kummen." De twerre saggte: Ieck hawwe feyf Paar Ossen kofft un ieck goh derhien un well se iutpro- Waiern. Niemm et my nit iewwel - ieck kann nit kummen." De dride saggte: Ieck hawwe mieck bestatt un diariimme kann ieck nit kummen." De Knecht gonk haime un vertallte seynem Harren, warret gafft har. Seyn Har wor wahn un saggte fiar ne: Mak fix un goh riut in de Stadt op de Straoten un Gassen un huall de Biarlers und Krippel un dai nit saihn un gohn kennt un brank se rinn!" De Knecht saggte: Har, ieck hawwe dohn, bat Diu saggt hiast, owwer et is nao Platz do." Do gaffte de Har diam Knecht dian Befehl: Goh riut an de Wiage un Tuine un siegg fiar de Luie, se sallen rinn kummen. Owwer ieck sye ain: Nimmes van dian Mannern, dai ladt waren, sail myn Mohl te prowaiern krajyen." (Evangelium des 2. Sonntags nach Pfingsten, in Platt vorgelesen von Pfr. Kleffmann.) 95

99 ,,Hai hort^ de Floih hausten'' Umschreibungen in der plattdeutschen Sprache Anstatt eines einfachen Vergleichs wird manchmal eine Umschreibung gebraucht, in der der Vergleich durch einen ganzen Satz ausgedriickt ist. Ein junges Madchen wird in Gegenwart seiner Mutter gelobt wegen seines einfadien Kleides. Oh", sagt die Mutter mit Stolz auf ihre hiibsche Tochter, en Roisken ies lichte te schmiicken". Du triffst nach Jahren einen Freund wieder, der friiher einen schonen, schwarzen Vollbart trug, und siehst nun, dafi der Bart grau geworden ist: J6s, Franz, diu hiast di jo den Bart grejs anstrieken." Nee, Keerel", lacht er, do ies mie de Riuhfuast rin gohen." Aus solchen und ahnlichen Lagen sind die folgenden Umschreibungen zu verstehen. Meist handelt es sich um Beurteilungen des lieben Nachsten"; sie werden gern mit ironischer Uebertreibung gegeben. Da die selischen Zustande an sich nicht veranschaulidit werden konnen, erfiillt der Vergleich hier einen besonderen Zweck, indem er die Zustande in ihrer sinnfalligen AeuBerung bezeichnet. Wir ordnen die Vergleiche nach geistigen Eigenschaften, korperlichen Zustanden und einzelnen besonderen Vorgangen. Geistige Eigenschaften: Hai kennet Jaidermann am Hausten, wenn't noirig wor, am Der Herbst Es brennt und loht der Wald in bunten Farben. Der Gipfel trdgt des Herbstes Feuergarben aus Purpur, Gold und letzten Sonnengluten. Der Wald will sich in Konigspracht verbluten. Was war des Friihlings wundersames BlUhen, des Sommers Reifen und sein heij3es Miihen. Nun steigt ein Lied aus hellen Hirtenfeuern, im Tale stehn gefiillt die Erntescheuern. Nun ist die hohe Zeit; ein Sieger schreitet, den Konigsmantel leuchtend ausgebreitet, die Krone in den golddurchwirkten Haaren, in Handen Friichte, die einst Bliite waren. Was kiimmert denn den Herbst das laute StUrmen, Der Totenglocken Ruf von tausend Tiirmen? Er Idchelt, schenkend noch im Tod den Erben und schreitet flammend wie ein Held zum Sterben. Und wie Triumph ist seine TotenstrajSe, drauf richtend stehn Gewicht und Mafie, davor der Herbst das goldne Haupt verneiget und jubelnd zu des Todes Pjorte steiget. Es brennt der Wald in purpurroten Farben. Es stirbt dermensch,wie allemenschen starben. Hilf Gott, daji reich erfiillt die Stunde werde, wenn wie der Herbst ich scheide von der Erde,. DaJi ich, wie er, in Handen Friichte trage, den Feiermantel um die Schulter schlage, des Lebens Spuren hell wie Flammen spriihen, die noch durch feme Ndchte aufwdrts gliihen. Theodor Propper Spiggen. Hai hort de Floih hausten (fejsten). Dai stillen Wiatters het dedoppesten Griinne. Bohien dai visaiert, dohien schiitt hai noch lange nit, Hai well di de Muske fauern. Hai gackelt, eher at hai legget. Hai wait wuahl, bat hai daiht, wenn hai ine Lius an die Remmekeje niemmet. Hai kann keinen Ruef vam Aerse missen, hai denket, dai konn noch wejer anwassen. Hai hiat et liuter druck arr 'ne Henne met ainem Kuiken. Me kann keine Hasen met iehme fangen. Hai ies te dumm met dem Jsel te danzen, un wenn me iehme den Steert in de Hand daiht. Diu twingest den lesel int Water, owwer nit, dat hai suipet. Dai ies en Hiusduiwel un en Strotenengel. Dat Menske droht sao dumm, dat ennem de Tiahne lang weert (Gahnen). lat latt da Miul hangen bit op de Schau. Hai buahrt geeren, bo dat Briatt am dunnesten ies. Hai schrempet siek arr en Kuilekopp in der haiten Panne. Hai kuiert bio Gorn driimme. KorperlicheZustande. Dicke Aegger het diinne Schalen (Gesundheit und Freundschaften). Dai Junge gaiht, arre wenn hai op Aeggern gange. Hai ies en Keerel, arre wenn hai iut der Habaike hoggt wor. Ween 't mol wejer saat Schinken und Speck gieht, denn krejge vej ummetejt rare Kamme. M ii h s e 1 i g e, schlechte, unniitze Arbeit. De Halme stott sao dunne, me matt se met dem Ruien bejnan hessen. Dai Garben sind sao schlecht bunnen, me kann den Schaper metsamt der Holster derunner hiar jagen. Do ies keine Klafunie achter (Kolophonium!) Jawuahl, suik Liawerwiiaste im Ruienstalle! Dat ies iehme owwer op dat Buetter-Enne fallen. Jek hewwe saeviel Tranen derbej verguatten, me konne en Backere dermet mahlen. Dat Inbaiten kostet diek mehr arr dat Backen. Do wou iek doch liewer mejner Olsken en Schieppel Aske in de Fuett blosen. Kleinigkeit. Dat ies, arre wenn 'ne Kauh 'ne Alwe te schluiket. Dat ies saoviel, arre wenn me in den Backuawen spigget. Dat ies gerade, arre wenn de Katte tieger dat Gewitter s - - pigget. En Lulling mag lichte kacken (sagt der GroBbauer zu Kotter). Et ies nix Kleines, en lesel op der Buetterschuettel un en Ei op der Mistdriage. Abfertigung eines Gegners: (Schwatzers usw.) Do sin iek iehme owwer in de "Triimpfe grohn. Do wor hai stiuf; hai geng af arre wenn hai Liar friatten harr. Dai hiat si de Horen afstott. Hai halt iimme guet Wiar an. Friggerei. Friggen un Haimaken geschuiht fake iimmesiis. Dai wejsen Hauhner legget aok mol in den Nietteln. Iek wou Ugge Dochter int lange Johr maien. Et ies kein Pottken sao schaif, et passet en Diecklken drop. En olt Hittken liistet doch nodi wuahl en grain Blatken. Je oiler, je douer. Wenn Fuier in olle Schuiern fallt, brennt et diasto schliemmer. Franz N o 1 t e 96

100 Sauerlandisdies Kalifornien Blel und Silber aus dem Sauerland. - Beridit elnes Augenzeugen aus dem Jahre 1855 Silber zwar nicht, aber immer noch holt der Bergmann im Sauerland mit dem Roherz Blei und Zink aus der Erde. In den letzten Jahren wurden auf den Gruben bei Ramsbeck t Roherz gewonnen. Zur Zeit beschaftigt hier die Stolberger Zink AG fiir Bergbau und Huttenbetrieb 700 Arbeiter und Angestellte. Das Grubenfeld umfabt eine Flache von 16 km Lange Und 2 km Breite. In den 20er Jahren steigerte Man die Leistung von der Umstellung der Bohr- arbeit von Hand auf maschinelles Bohren und durdi die Errichtung der ersten Flotationsanlage fiir Sdilamme. Nach Beendigung des zweiten Weltkrieges lagen die Gruben bis 1946 still; Uach einer durchgreifenden Mechanisierung im Jahre 1950 wurde der Hochststand der Produk- *'on erreidit. 460 Werkswohnungen, ein Ledigenheim, eine Werksbiicherei, ein Kinder- 9arten und eine Berufssdiule sind Zeugen einer 9uten sozialen Betreuung. So war es nicht immer in Ramsbeck, wo die Silber- und Bleigewinnung seit vielen Jahrhunderten bekannt ist. So soil z. B. auch Blei tiber die Alpen zur Bedachung des Dogenpalastes nach Venedig gebradit worden sein. Erste Aufzeichnungen stammen allerdings erst aus der Mitte des 16. Jahrhunderts wird zum ^rstenmal Ramsbeck mit seinem Bergbau gelannt. Um 1600 unterstutzte der Kolner Kurfiirst Ernst von Bayern die Blei- und Silbergewin- Wung. Der Kurfurst Maximilian Heinridi nahm ft in Ramsbeck Wohnung und pragte die 'Ueisten seiner Taler aus dem Silber des Dorn- berges und Bastenberges. Miinzpragungen aus jenen Jahren zeigen die StoUen an diesen gewaltigen Bergkopfen und vergewissern uns, dafi tief in der Erde des Sauerlandes neben Zink und Blei auch Silber ruht. Die vielen Einzelbesitzer zahlreicher Gruben schlossen sich 1815 zu einer Ramsbecker Gewerkschaft zusammen, die bis 1850 bestand. Alexander, Glucksanfang, Bastenberg, Willibald, Dornberg und Aurora sind Namen von Gruben, von denen die beiden letzteren nodi in Betrieb sind. Mehr Champagner als Wasser" Mitte des vorigen Jahrhunderts beginnt dann Unruhe in die Geschidite des Ramsbecker Bergbaus zu kommen. Plotzlich sprach man in aller Welt von den Blei- und Silbergruben am hohen Bastenberg, und viele abenteuerliche Menschen zogen aus alien Ecken Europas ins Valmetal hinauf. Friedrich Wilhelm Grimme schreibt schon iiber diese Zeit und diese unruhigen Tage... die Gelder flossen in Stromen, grober als die Ruhr, nach Ramsbeck, neue Dorfer mit nagelneuen Namen erstanden, wie aus der Erde gezaubert, und zu GroBstadten souten sie erwachsen. In Ramsbeck selbst wurden Strafien und Palaste, wenn auch, wie der ernstere Sauerlander sagt,,zum Teil von Pappe und Olpapier' gebaut. Hotels und Restaurants schossen auf. Kaufleute und Handwerker liecen sich zu Dutzenden nieder; man vernahm mehr Franzosisch und Englisch als Deutfech und Plattdeutsch. Marquis und Vicomtes fuhren in Staatswagen, man trank mehr Champagner als Wasser, und mancher Vagabund, dessen Lebensschifflein auf den Sand geraten war, machte es wieder flott in Ramsbeck. Fiir die Gelder, die dies alles verschlang, sollte der arme Bastenberg aufkommen; er aber blieb allein niichtern bei diesem Rausche..." 4000 Arbeiter - berichtet ein Berliner In der National-Zeitung in Berlin vom also vor 100 Jahren - erzahlt ein Berliner, leider ohne Namensnennung, von seinem Besuch in Ramsbeck in jenen Tagen. Nach einstiindiger Fahrt" so erzahlt er u. a. bogen wir rechts in ein Seitental der Ruhr ein und fanden uns bald in einer engen Waldsdiludit, wo man keine menschlichen Wohnungen, sondern nur einige verlassene Kohlenmeiler und Kalkofen bemerkte. Aber mitten durch die Waldeinsamkeit zog sich ein Faden des riihrigsten Lebens, die StraBe nach Ramsbeck. Frachtwagen drangte sich an Frachtwagen, ein Gespann noch prachtiger als das andere. Elephantenartige Brabanter Gaule, machtige sicher wandelnde Zugochsen keuchten vor den mit Kohlen, Holz, Ziegeln und Lebensmitteln beladenen Frachtwagen, denen man an der frischen Holzfarbe die Neuheit noch ansah. Der Larm der Fuhrleute, das Knarren der Wagen, das Rasseln 97

101 der Rader auf der neuchaussierten StraBe, die rastlose Bewegung in dem unabsehbaren Wagenzuge stach grell ab gegen den einsamen Hochwald, dessen bemooste Buchen ernst ihre Haupter sdiiittelten, als ob sie die Revolution der Neuzeit, weldie in ihr Reich einbricht, nicbt begreifen konnten. Das reiche gewerbliche Leben sendet eine neue Pulsader in ein einsames Waldtal, urn es mitten aus der Romantik verlassener Burgruinen an das Herz des modernen Verkehrs heranzuziehen. Endlicb offnete sich das Tal, der Wald trat zuriick und um einen Hugel biegend erblickte ich ein lustsdilobahnlicbes Gebiiude, das mil vier flachen Giebeln von dem luftigen Abhang heriiberschaute. Es war das Hospital, welches fiir die Arbeiter des Etablissements auf der Hohe, wo eine gesunde Luft weht, erbaut wurde. Aus dem sich nun offnenden Tal glanzte ein Fabrikgebaude, umgeben von freundlichen Arbeiterwohnungen - es war ein Pochwerk, welches von dem wasserreichen Bache des Tales getrieben wurde. Weiterhin hahm uns das Kirchdorf Ramsbeck auf, dessen Hauser, so freundlich sie an sich sein mogen, trubselig gegen die neuen Gebiiude am Eingang des Tales abstachen. Vor der Dorfsdienke hielt die Brot-Post. Das kleine naive Gebaude, umdrangt von dem riesenhaftesten Verkehr, fiir welche seine bescheidenen Raumlichkeiten nicht berechnet waren, sah aus wie ein Anachronismus, und es ist auch nur ein Provisorium. Eine stolze Reihe imposanter Gebaude Nachdem ich das Dorf im Rucken hatte, trat ich in den eigentlichen Zentralpunkt des industriellen Lebens. In dem schmalen, langen Tal Fiir Heim und Familie Das Familienheimgesetz ist endlich nach mehr als drei Jahren Vorbereitung, schweren Kampten und Sitzungen endgiiltig verabschiedet und am 1. Juli in Kraft getreten... Wir freuen uns, dab Paul Liicke es durchgesetzt hat, freuen uns, dab das Gesetz da ist. Nun kommt es darauf an, dab alle, die glauben, es gehe sie an, und die damit arbeiten wollen, sich den Wortlaut des Gesetzes verschaffen, es griindlich studieren und damit arbeiten. Dazu gehoren die Familienvater, die bauen wollen und die jungen Brautleute, denn auch fur sie ist das Gesetz geschaffen..."... So und noch mehr, schreibt Siedlungsvater Ehlen, Velbert im Lotsenruf" August Auch im Sauerlander Heimatkalender darf dieser Hinweis nicht fehlen, da es um sehr ernste und wichtige soziale Dinge geht: um Heim und Familie. Man sieht ja auch im Sauerland viele Neubauten, meist gediegene Einfamilienhauser, leider auch Mehr familienhauser, es fehlen aber immer noch Wohnungen. Darum dieser notwendige Hinweis auf eine kleine Schrift Familienheim fiir jeden". Erlauterung zum zweiten Wohnungsbaugesetz und Hinweise zur Finanzierung von Dr. Hedwig Orthaus, Verlag Fredebeul und Koenen KG., Essen. F. Jiirgens drangten sich in der Ausdehnung von fast einer halben Stunde ein Etablissement an das andere, eine stolze Reihe imposanter Gebaude, die tells unter der Hand des Maurers und Zimmermanns emporwuchsen, teils vollendet, schon die fliissigen Erze zischend in die Form schieben sehen. Dicht neben den Grundmauern einer Schmelzhiitte, die sich aus dem Erdboden erhoben, kochte in der vouendeten Hutte das fliissige Blei, und wahrend der Lauf des Flusses zum Betriebe des einen Pochwerkes erst abgedammt werden mubte, trieb derselbe in dem anderen bereits die fertigen Walzen und Hammer. Unter den kolossalen Fabrikgebauden, von denen jedes fast die ganze Breite des Tales ausfiillt, lagen die einfachen Arbeiterwohnungen zerstreut, und auf alle blickte die schlobahnliche Direktorialwohnung freundlich herab. Zwischen alien diesen Gebaudemassen entfaltete sich riihriges Leben und Treiben. Tausende von Arbeitern waren beschaftigt, teils die riesigen Plane auszufiihren, teils in den bereits fertigen Anstalten die Erze zu lantern und zu schmelzen, die Maschinen zu bauen und die Eisenmaterialien zu gieben, Bauarbeiter, Wegearbeiter, Hiittenarbeiter entfalteten ein lebhaftes Gewimmel. Da wurde gekarrt, gehammert, gezimmert, gegliiht, geschmelzt, gerammt, gesprengt, und iiber dem rastlosen Ameisentreiben hing der belebte Abhang des erzreichen Bastenberges, des Schopfers all dieses Lebens. Mil 4 Millionen Talern... Die Blei- und Zinkgruben, die dieses Leben erzeugt haben, sind schon uralt. Die Venezianer sollen sie entdeckt haben. Aber in den Handen kapitalarmer Besitzer wurden sie nur schwach ausgebeutet, und noch vor einigen Jahren fiir Taler verkauft. Da bemachtigte sich gegen Antang des vorigen Jahrhunderts eine franzosische Aktiengesellschaft, mit einem Grundkapital von 4 Millionen Talern, des Betriebes und begann ihn, mit dem den Franzosen eigentiimlidien Organisationstalent, im grobartigsten MaBe auszubeuten. An der Spitze der Gesellschaft steht der Marquis de Sassenaym, ein industrielles Genie, der sich auch als Unternehmer der spanischen Eisenbahnen in der industriellen Welt einen Namen verschafft hat. Man griff das Unternehmen mit wunderbare Energie an. Man erlieb Aufrufe an entferntere Gegenden. Das Zauberwort Gewinn rief die Menschen von weit und breit, von Sachsen, vom Harz, vom Rhein, nach dem menschenleeren Tal zusammen. Ramsbeck wurde ein neues Eldorado fur Untemehmer und Arbeiter. Tausende bevolkern ein Dorf, das seine Einwohner friiher nach Hunderten zahlte. Auf der Hohe eines Berges - Andreasberg - wachst Haus an Haus, stadtisch geordnet empor, wo noch vor wenigen Monaten der wilde "Wald den Boden beschattete, und in wenigen Jahren wird vielleicht eine Stadt von mehreren tausend Einwohnern fertig sein. Die gewaltigsten Hiittenund Fabrikanlagen sind, wie ein Feenzauber, aus den Wiesen aufgewachsen. Man drehte, hammerte, gobmaschinenbestandteile aml6.0k- 98

102 Sauerlandische Jugend am Astenturm tober in einem Fabrikgebaude, zu welchem am 1. Juli der Grundstein gelegt wurde. Elne Pferde-Eisenbahn bis Dortmund? Diese wunderbare kalifornische Entwicklung wird zwar unterstutzt durdi die Nahe der VerkehrsstraBe und durch den Reichtum der Natur. Man bricht die Bausteine und an den meisten Platzen auch Kalk, an Ort und Stelle, und ein Kalkofen neuester Konstruktion, liefert taglich 300 Malter fertigen Kalk. Die hauptsadilichsten schopferischen Motive aber waren das angesammelte Kapital und der kiihne Unternehmergeist. Die Grundlage dieses unter unseren Augen aufwachsenden industriellen Lebens bildet der Erzreichtum des Gebirges. Man fordert aus den 1700 (?) Gruben dieser Gegend, die teils eroffnet sind, teils der Eroffnung barren, ein sehr reichhaltiges Bleierz und Zinkblende. Die unerschopflidien Erzmassen treten lagerartig auf, so dali der Bergbau auberordentlich erleichtert ist. Man braucht die Stollen nur quer in die Berge hinein Zu treiben und rasch die Erze zu fordern. In den Gruben Bastenberg, Dornberg, Willibald, Ries, Aline, Alexander, Gliicksanfang, Himmelfahrt sind bereits 1500 Bergleute beschaftigt, und man yird ihre Zahl, sobald der Betrieb vollstandig imgange ist, auf mindestens 3000 bringen. Das Blei wird man unmittelbar an den Gruben aussdimelzen und aus dem fertigen Blei, welcbes im Zentner durchschnittlich zwei Lot Silber enthalt, durch einen Kristallisations- und Oxydations- ProzeC, dieses edle Metall ausscheiden. Die Zinkblende, welche die friiheren Besitzer der Gruben licht ausbeuteten, sondern als taubes Gestein ^or den Gruben aufschichteten - ein ungeheures, bisher totes Kapital! - wird man nach Dortmund bringen, um sie dort unmittelbar neben einer yon der Gesellschaft erworbenen Kohlengrube In 104 Ofen auszubeuten. Eine eigene Pferde- Eisenbahn fiir diesen Erztransport steht in Aussicht. Produktion in vier Talern Die Werke fiir die Blei- und Silberproduktion dehnen sich durch vier Taler aus. Das Tal von Ramsbeck war das einzige, welches ich besuchte. Es enthalt teils fertig, teils in der Anlage, 14 Hochofen, 21 Rostofen, 6 Pochwerke, eine EisengieBerei und Maschinenfabrik, 4 Batterien fiir die Silbergewinnung, deren jede aus 13 Kristallisationskesseln besteht. Die Zahl der dort beschiiftigten Arbeiter betragt GroBer nodi ist das Etablissement Ostwig, wo die kesselformige Gestalt des Tales der Ausdehnung der Baulichkeiten mehr Raum gewahrt. Die Anlage umfabt dort ein Quetschwalzwerk, 24 Hochofen, 60 Rostofen, 6 Batterien fiir die Entsilberung des Bleies. Man beschaftigt dort 4000 Arbeiter. Das Bergwerksetablissement Andreasberg ist erst seit Mai 1854 entstanden. Man baut dort 80 Arbeiterhauser, jedes zu acht Wohnungen und hat den GrundriB so angelegt, dab sich hieraus eine Stadt mit einigen tausend Einwohnern entwickeln kann. Das Etablissement H e i n - richtsdorf endlich enthalt 30 Arbeiterhauser, wovon bereits 17 bewohnt sind." Der Berliner Verfasser gibt dann Vermutungen, wie hoch demniichst die Produktion im sauerlandischen Kalifornien" sein wird und schleudert dann Unmutsblitze gegen konservative Romantik, gegen das mittelalterlidie Biirgertum, in den ergrauten Mauern seiner Stadte und preist den neu erwachenden Industrialismus, den durch die Erfindung der Eisenbahn der Weg in die Zukunft eroffnet sei. Alles in allem hat man doch den Eindruck, dab der Berliner Schriftsteller allzu schnell begeistert war und den Mund reichlich vou genommen hat. FS.

103 4000 Jahre alfe Fursfengraber im Werler Sfadfwatd Als im Werler Stadtwald vor einigen Jahren ein neuer Kasernenkomplex der Englander mit Unterkiinften, Exerzier- und Sportplatzen hergeriditet wurde, waren funf Hugelgraber eines groberen Grabfeldes unmittelbar bedroht. Der staatlidie Vertrauensmann fiir Bodenaltertiimer in Westfalen, Prot. Dr. Stieren, Miinster, verhandelte mit den zustandigen Stellen und erwirkte die Durchfiihrung einer Notgrabung. Der Grabbau Die Hiigelgraber des Werler Stadtwaldes gehoren zu den grobten in Westfalen; sie haben durchschnittlich einen Durchmesser von 28 bis 33 m und eine Scheitelhohe von 1,20 bis 1,60 m. Die beiden ersten Hiigel wurden im Viersektorenprinzip mit Spaten und Planierschaufel freigelegt. Bei diesem System des Grabens kann man im Schnittprofil den Hiigelaufbau gut erkennen, wenn er nicht, wie in unserem Fall, von Wiihltieren vollig zerstort worden ist. Da in der Oberschicht keine Besonderheiten bemerkt wurden, entschlob man sich, die Dedcschidit bei den anderen Hiigeln bis zu 50 cm Tiefe durch Planierraupen und Bagger entfernen zu lassen. Zwei Hiigel bargen je eine Zentralbestattung mit Steinsetzung aus Findlingsblocken; im ersten Hiigel befand sidi ein weiteres exzentrisches Schachtgrab, im anderen Hiigel lagen noch zwei Nachbestattungen mit Leichenbrand und das Skelett eines Reiters, der im Siebenjahrigen Krieg oder in den napoleonischen Wirren dort ersdiossen worden sein mag. Der dritte Hugel bot einen interessanten Befund. In zentraler Lage unter einer Brandschidit war eine ovale Grube in die alte Oberfladie eingelassen und darum befand sich eine Kreispfostensetzung von neunzehn Pfosten. Diesen Pfostenkranz wird man als Abgrenzung fiir das Reidi der Toten deuten diirfen. Im vierten Hiigel fand man ein exzentrisches Schachtgrab mit Holzsargspuren, wahrscheinlich redinete man auch schon damals mit Grabraubern. Der fiinfte Hiigel war der grobte, er hieb im Volksmund K6nigshiigel". Binige Vertiefungen auf seinem Riicken wiesen auf friihere Raubgrabungen hin. Reste von groben Feuern, die man als Reinigungsfeuer ansehen darf, waren alien Hiigeln gemeinsam. Von Manfred Sonnecken Die Funde Skelette und Holzgegenstande waren in dem LoBlehm vollig vergangen, auf uns gekommen sind lediglich die Beigaben und Verliersadien aus Ton und Stein. Der erste bedeutende Fund war ein Feuersteindolch, eine sog. Pressingnyklinge" aus Nordfrankreich importiert, sie ist an den Randern fein retusdiiert und auf dem Riicken geschliffen. Der Dolch war dem Toten des exzentrischen Schachtgrabens im ersten Hugel beigegeben. Der wissenschaftlich wertvouste Fund gelang in der Zentralbestattung des zwei- ten Hoigels. Am FuBende des Grabens kam ein gepicktes Felsgestein-Steinbeil aus quarzitischer Grauwacke mit abgerundetem rectoteckigem Querschnitt und angeschliffener Schneide ans Tagesliciit. Kein zusammenhangender Fundumstand erlaubte bisher eine Zuordnung dieser urtiimlich anzusehenden Steinbeile zu einem bestimmten keramisdien Formenkreis. Nun war mit einem Male das Problem glucklicto gelost. Aus dem dritten Grab stammt der schonste Fund. In der oben erwahnten ovalen Grube hatte man dem Bestatteten eine fiirstliche Prunksteinaxt aus Glimmerschiefer, ein Feuersteinmesser und ein GefaB beigegeben. Die Streitaxt hat auf dem Riicken eine imitierte GuBnaht, wie sie an den importierten Metallaxten aus dem Siidosten typisdi ist. Die Bronze mub in damaliger Zeit sehr teuer gewesen sein. Im exzentrisdien Grab des vierten Hugels wurde ein Becherfragment geborgen. Der fiinfte und grobte Hiigel war ausgeraubt. Lesefunde von Flint- und Kieselschieferwerkzeugen, Waffen, Abschlagen, Kernstiicken, sowie GefaBresten, Schleifsteinen und einem Reibmiihlenfragment lagen in alien Hugelsciiuttungen verstreut. (Wenige Meter siidwestlich des ersten Fiirstengrabes stiefi man spater auf einen Siedlungsfund. Es kam ein Haus von 18 X 3,50 m heraus, das durch die keramischen Beifunde der jiingeren Eisenzeit zugeordnet werden mub.) Kulturelle Eingliederung Das gesamte Fundinventar der Fiirstengraber datiert in die Endphase der Jiingeren Steinzeit ( V. Chr.). Die Sichtung und Aufarbeitung der GefaBreste lieb den engen Zusammenhang mit der Becherkultur des nordwesteuropaisciien Raumes erkennen. Der Kulturkreis hat seinen Namen erhalten nach dem ihm eigentumlichen gelbbraunen, oft schlecht gebrannten Tonbecher, der meistens mit Kerben im Fischgratenmuster oder schnurahnlidien Verzierungen ausgestatet ist. Die sog. Pressignyklinge aus dem nordfranzosischen Raum und die in ihrer Gestaltung aus dem Siidosten beeinflubte Prunkstreitaxt bekunden, dab die Trager dieser Becherkultur im regen Handelsverkehr mit anderen Volkern standen. Durch den Nordsudaustausch gelangte etwa um 1800 v. Chr. zunachst das Kupfer, dann die Bronze aus dem mediterranen Bereich in unseren Raum, spater auch die Kenntnisse der Gewinnung und Verarbeitung. Durch die Leichenbrand-Nachbestattungen erfahren wir von dem Wandel der Begrabnissitte, von der Korperbestattung zur Verbrennung. Diese Umstellung ist in der Bronzezeit allgemein vollzogen. Wahrscheinlich steht die Erscheinung mit dem Sonnenkult in Zusammenhang. Siedlungsgeographische Auswertung Dem Bestatteten des zweiten Fiirstengrabes war ein walzenformiges Steinbeil aus Felsgestein beigegeben; diese Beilaxt wurde damit 100

104 HH^ T*^ Sauerländer Heimatbund zum ersten Mai im Fundzusammenhang der Bedierkultur" des ausgehenden Neolithikums entdeckt. Der Befund wirft neues Lidit auf die vorgesdiichtliche Landnahme des nordwestlidien Sauerlandes, da in diesem Raum ahnlidie Steinbeiltypen gefunden worden sind. Die walzenformig gepickten, an der Schneide angeschliffenen Steinbeile schrieb man wegen ihres primitiven AuBeren bisher dem beginnenden Neolithikum, ja sogar dem Endmesolithikum zu. Nach dem neuen fundierten Forsdiungsergebnis gehoren sie zum jungsteinzeitlichen Bedierkulturkreis" ( v. Chr.). Wir haben eine auffallende Haufung der Walzenbeilfunde an der mittleren Ruhr im Unterland Miiller-Wille's. Aus diesem Raum sind die Jungsteinzeitler audi in das 300 bis 500 m hohe Oberland vorgestoben, was durdi die sporadisdi vorkommenden Verliersachen ersiditlich ist. Das Unterland war naturgemab mit Eidienmisdiwaldern in der damaligen Zeit fiir die Becherleute" mit ihrer viehbetonten Wirtsdiaftsweise siedlungsgiinstiger als das Oberland, wo in zunehmendem MaBe die Buche sidi auszubreiten begann. Die Neolithiker verstanden, den Wald zu roden und sidi dadurch Siedlungs- und Anbaufladie zu schaffen. So erfuhr unser niedersauerlandischer Bereidi eine umfassende -, das siidlidie Bergland eine punkthafte Landnahme". Durdi den einmaligen Befund im Furstengrab des Werler Stadtwaldes konnte die bisher nidit einzuordnende Walzenbeilprovinz im nordwestlidien Sauerland mit dem Bedierkulturkreis verkniipft werden. Dadurdi gewannen wir neue, interessante Aufsdilusse iiber die kulturgesdiiditlich-siedlungsgeographisdie Situation unserer Heimat vor 4000 Jahren. ^tuhtln^s Uotgasdinadc. Als am Samstag die Luft voller Fruhling hing, trieb es midi hinaus auf die Hohen der Stadt, die sich unter dem Strahlenbrausebad der ersten Fruhlingssonne besonders wohl zu fiihlen sdiienen. Die warm gewordene Erde dampfte und warf springende Blasdien auf, wenn wieder ein Stuck Kalte den Boden entwich. Friihlingskatzdien spielten mit dem Wind, der milde uber die Berghohen stridi, die Spitzen an den Baumzweigen beginnen zart zu sdiwellen und so eben sdiauen die sammt-weichen weiben Palmbluten aus dunklen Zweigen. Und die Liifte sind voll vom tausendstimmigen Vogelsang, dab sdilieblidi auch der Mensdi, dem es beim Anstieg schon Warm wird, spiirt: hier steht der Fruhling schon auf Vorposten und wird bald als Sieger, mit dem Griin des Lenzes gesdimiickt, in die eroberte nahe Stadt einziehen -. Am Waldhang, wo sich die Hiigelseite in ihrer ganzen Breite der Sonne entgegenwirft, ist es besonders lebendig und laut. In den Baumen Und Biischen larmt es in alien Vogelsprachen. Kohlmeisen turnen zu Hunderten an den Zweigen herum, madien im Ubermut die tollsten Akrobatenstiickdien; ihre vornehme Sdiwester, die zartere Blaumeise, die sidi in einigen wun- dersdionen Exemplaren unters Volk gemisdit hat, ist zwar etwas zuriidchaltender, aber sie kann sidi doch dem herrlidien sonnigen Tag nidit entziehen und tollt kraftig mit, bleibt aber mibtrauisdi und unruhig sitzen, als sie Mensdien in der Nahe spiirt. Der rotrockige Kreuzschnabel gibt das Signal, und als sidi sein knallrotes Wams emporhebt und zwischen den Baumkronen versdiwindet, fahren audi die Meisen zwitsdiernd hodi und fallen funfzig Meter welter ins Gebiisch, wo sie bei einigen Goldammern und Bergfinken laut und vernehmlidi iiber die Storung ihrer Nachmittags-Turnstunde sdiimpfen und Trost suchen. Ein Buntspedit ladit sdiallend und durchdringend aus dem Hintergrund hinterher; idi weib nicht, ob iiber diese aufgeregte Gesellsdiaft oder dariiber, dab auch er den Lenz in den Knodien spiirt. Indessen ziehen majestatisdi zwei Bussarde am Himmel ihre Kreise und lassen ihr langgezogenes Piahh..." horen, dab midi immer an irgendeinen indianisdien Kriegsruf erinnert, von dem idi in der Jugend gelesen habe; nur, dab sie keine glodchiitten anfalien, sondern auf die Nasenspitze einer Feldmaus warten. Aber, was glanzt da so rot von der sdiwarzen Erde? Sieh da! Freund Eidihorn hat sein Winterschlafdien beendet. Die warme Sonne ist bis zu seinem Feldbett vorgedrungen und hat ihn zum ersten Spaziergang eingeladen. In einigfen Satzen kommt er auf midi zu; spitzt dann die Ohren und in einem Sprung klebt das Eidihorndien an der nadisten Fidite; verschwindet hinter dem dicken Stamm, augt nodi einmal vorsiditig um den Rand und dann geht's in den Fichtenhain zuriick. Es wird den Stammesgenossen vom werdenden Friihling erzahlen konnen, denn kein Zweifel: hier ist er sdion, und Dutzende Stare pfeifen es bereits im nahen Dorf von den Dachern. Einige Stunden spater spricht der Lautsprecher des Gasthauses von erneuter Eintriibung vom Westen her und bevorstehenden Kalteeinbriichen, und zwei Tage spater ist Berg und Tal wieder eingehiillt in weibem Sdinee. Aber den Vorgeschmack vom Friihling, den uns dieser Tag bradite, vertreibt er nidit mehr! F. Sdi. L/se Heimat August Beule, Ramsbeck (1923 t) Haimat, Haimat, schoinste Klang, Klingest ase Harfensang, O, sau wundersaite! Un meyn Hiarte weert sau frauh, Kaine Musik dringet sau Daip mey int Gemaite. Wuall! De Welt is sohoin im graut, Doch ain Platzken git et blaut, Op der weyen Eren, Bo ik gsiickllch liawen kann Un, wann't Guatt gefallt, ok dann Well begrawen weren. 101

105 Auch Bourne hoben e'm,jherz'' Sdiauen wir uns dodi einmal drauben im Wald einen gefallten Baum an und lassen uns allerlei von ihm erzahlen. Dort, wo die Sage den Stamm zerteilte, zeigt die Sdinittflache viele Kreise, von Querlinien sind sie durchzogen, so dafl sie in Quadrate aufgeteilt werden. Sonderbar, nicht wahr? Die Erklarung werden wir gleidi haben. Mitten in jedem Baum steckt sein Herz". Wissenschaftlidi heifjt es Marli". Seine Zellmasse sdirumpft langsam ein, je alter der Baum wird; endlidi bleibt nur noch die Markrohre iibrig, die sich als dunkler Fleck auf der Baumsdieibe abhebt. Das Herz" braucht librigens nidit immer gerade in der Baummitte zu sitzen, sondern das richtet sich nach dem Wachstum des Holzes. In seinem ersten Friihjahr hat das junge Baumchen um das Mark her eine weiche Holzschicht gebildet, den Splint". Als hernach die Safte nicht mehr so stark aus den Wurzeln durdi den Stamm hochstromten, setzte es eine zweite Schicht, das festere und dunklere Kernholz an. Dann durfte das Baumchen Winterschlat halten, denn der erste Jahresring war geschaftt. Im nachsten Friihjahr ging's von neuem an die Arbeit. Eine Schicht Splintholz, eine Schicht Kernholz, und so fort, manchmal durch mehr als 100 Jahre. Und wir konnen aus den Jahresringen das Alter eines Baumes nachzahlen. Und was sollen die Querlinien bedeuten? Auch das werden wir gleich haben: Vom Mark aus ziehen sich viele Markr6hrchen" strahlenfbrmig durch alle Jahresringe, also durdi das Holz bis zur Rinde hin. Es ist wohl ahnlich, wie die Adern vom Herzen her den Korper durchziehen. Auf einem entrindeten Stamm kann man deutlich die eliptischen Endungen der Markrohren feststellen. Wahrend nun der Stamm immer neue Jahresringe ansetzt, also immer breiter wird, verwandelt sich sein innerster weidier und heller Splint in festes, dunkles Kernholz. Das ist gut, denn wir Menschen konnen nur dieses als Bau- und Werkholz brauchen. Wird ein Balken behauen - etwa fur einen Dachstuhl - so mub der Splint vom Kernholz abgesdilagen werden. Auch kann man nidit jedes Holz fiir alle Zwecke verwenden. Eiche z. B. ist besonders hart, liefert darum ein ausgezeichnetes Holz fur Hauser, fiir Dachstuhl, Tragebalken und Eisenbahnbohlen. Auch Buchenholz gibt grobartiges Bau- und Werkholz. Birkenholz benutzt man fiir Holzschuhe, dies und Pappelholz fiir landwirtschaftliche Gerate (Troge usw.). Da Lindenholz schwer wurmstichig wird, verwenden es die Kiinstler gern fur ihre Sdinitzwerke, auch Mutters Kochloffel, Briiderdiens Sandschaufel u. a. m. sind oft aus Lindenholz, dazu die Zeichenkohle, mit der ihr eudi in der Schule selbst zu Kiinstlern ausbildet. Und vielleidit ist Vaters Pfeifenkopf aus Erlenholz. Ein Buchenkloben spendet herrliche, langanhaltende Warme, aber unser braves Kiefernholz konnen wir als Brennmaterial nicht missen. Birkenholz verpufft zu schnell im Feuer, und Eichenholz ist viel zu kostbar fiir den Ofen. Ist das Holz nicht unser lieber taglicher Kamerad in vielen Dingen - Bleistiften, Spielzeug, unzahligen Geraten und vor allem in den Mobeln? Wie gemiitlicji ist eine Wohnung mit Eichen-, NuBbaum-, Mahagoni-Mobeln, die sdion furniert und poliert sind. Furniert heibt, dab diinne Holzplatten einer Holzart auf das vom Tischler zunadist gefertigte Stiick aufgeleimt sind, die es verschonern und haltbarer machen. UrgroBmutter und GroBmutter hatten helle Birken- oder Birnenmobel oder solche aus dunkelrotbraunem Mahagoni und Palisander (die beiden letzten Holzarten wachsen in den Tropen). Und jetzt seht euch mal ein schon poliertes und furniertes Mobelstiick genau an: Es zeigt uns in seiner Maserung (Zeichnung) den lebendigen Baum, wie er einmal drauben im Wald mit seinen Jahresringen und Markstrahlen gewachsen ist. - - Also ist es schon richtig, dab die Baume zu uns in die Stuben kommen! (- Idk -) 102

106 Gleisberg, Besitzer eines groben Kaseherstellungs-Betriebes, sah fliichtig von seinem Schreibtisch auf und fragte; Was kann ich fur Sie tun?" Der Besucher lachelte verlegen und nadisichtig zugleich. Mein Name ist Zoff, Dr. Zoff. Ich war mal Ihr Mathematiklehrer, Herr Gleisberg." Da sprang Gleisberg auf und sdiiittelte ihm herzlidi beide Hande. Ist das denn die Moglidikeit? Guter, alter Doktor! Weshalb haben Sie midi nicht schon einmal eher aufgesudit?" Zoff drehte seinen Hut. Sie sind ein grober und vielbeschaftigter Mann geworden, Herr Gleisberg.." Gleisberg schnaufte unwillig und fragte geradeheraus: Es - es geht Ihnen nicht sonderlich gut, was?" Der Alte hob abwehrend die Hand. Herr Gleisberg, ich..." H6ren Sie", sagte Gleisberg energisch, ich kann nicht jedem helfen und will es auch gar nicht. Aber fiir Sie mochte ich etwas tun, Doktor! Ich will Ihnen namlich etwas verraten: ein Geheimnis, von dem ich bisher noch niemand erzahlt habe... Meinen Aufstieg, mein Vermogen - das alles verdanke ich letzten Endes Ihnen!" Wieso?" fragte Zoff betroffen. Das bibdien Wissen, das ich Ihnen mit auf den Weg geben konnte...? Und aufierdem waren Sie kein guter Schiller, Herr Gleisberg! Sie waren einer der faulsten Burschen, die ich jemals gehabt habe! Und dann sind Sie plotzlich von der Schule abgegangen..." Stimmt!" sagte Gleisberg heiter. Ich habe Ihnen nie Freude gemacht, Doktor! Aber meine Karriere war nicht denkbar ohne Sie! Haben Sie den alten Wesemann noch gekannt?" Wesemann?" brummte Zoff. Den friiheren Besitzer Ihres Kaseherstellungs-Betriebes?!" Gleisberg nickte. Den meine ich! Ich hatte eines Morgens wieder mal die Schule geschwanzt, well ich wubte, dab wir in Mathematik eine Klassenarbeit schreiben wiirden..." Zoff drohte mit dem Finger: Na, wenn ich das damals geahnt hatte...!" Gleisberg grinste und fuhr fort: Ich bummelte durch die Stadt, da ich mich ja vor SchulschluB zu Haus nicht sehen lassen durfte, und als ich so durch die StraBen schlenderte, budcte ich niich, um ein Stuck Limburger in Silberpapier aufzuheben, das wahrscheinlich von einem Lieferwagen gefallen war. Plotzlich klopfte mir jemand auf die Schulter und fragte:,was machen Sie denn da, junger Mann?' Na, ich bekam zuerst einen tiichtigenschreck, denn ich glaubte, irgendein Lehrer hatte mich sozusagen auf frischer Tat ertappt, aber dann sah ich einen fremden alten Herrn vor mir und sagte,ach, ich habe nur das Stiick Limburger aufgehoben!' Der alte Herr klopfte mir abermals auf die Schulter und sagte lobend:,das ist recht so, junger Mann! Man darf nichts umkommen lassen! Sie sind in Ordnung! Machen Sie nur so welter, dann bringen Sie es auch zu etwas im Leben!' Er iiberlegte sekundenlang, dann fragte er mich:,haben Sie Lust, bei mir anzufangen? Ich stelle unter anderem diesen Limburger her, und ich brauche solche Leute wie Sie... " Interessant!" sagte Zoff. Und der alte Herr - das war natiirlich Wesemann?" Er war es", bestatigte Gleisberg. Vier Tage darauf war ich sein jiingster Angestellter." Hm -", machte Zoff gedehnt. Ich finde, dab Ihnen das Aufheben von einem Stiick Kase gar nicht ahnlich sah. Und vor allem: was habe i c h damit zu tun?" Moment", sagte Gleisberg. Den Kase habe ich auf der Stelle verzehrt. Er roch so herrlich pikant und ich konnte einfach nicht widerstehen. Dabei wollte ich ihn zuerst gar nicht essen... Aber davon nachher. Ich nahm Wesemanns Angebot an, well ich mir sagte, dab es Freude machen miibte, sich mit der Herstellung solcher appetitlichen Dinge zu befassen. Und es machte mir tatsachlich "roben SpaB! Ich schaffte es. Vor fiinf Jahren iibertrug Wesemann mir die Leitung seines Betriebes, und heute..." 103

107 Ja", sagte Zoff, Sie haben es geschafft. Aber was hat das mit mir..." Doktor", sagte Gleisberg vergnugl, ursprunglich hatte ich den Kase doch nur aufgehoben, weil ich keine Heftzwedce hatte..." In diesem Augenblick ging Zoff ein Licht auf. Er starrte Gleisberg an und jetzt saben sich Lehrer und Schiller wie einst gegeniiber...gleisberg...!" sagte er streng und rausperte sich. Sehen Sie, Doktor", lachte Gleisberg, es war doch einfach so, dac ich Ihnen abwechslungshalber mal diesen Limburger in die Katheder- Schublade praktizieren wollte! Dann aber hab' ich ihn aufgegessen, und so mubte ich mir wohl Oder libel wieder einige Heftzwedcen besorgen, die ich Ihnen von Zeit zu Zeit auf den Stuhlsitz zu legen pflegte!" Winter im Tannenwald 104

108 l{)eihnaeh.t an. Lift 3tali Es sind nun mehr als 40 Jahre her, als ich als kleines Kind den Weihnachtsabend in einem Stalle verlebte, aber unter so eigenartigen Umstanden, dab die Erinnerung daran in mir immer wieder wach wird, wenn die dunklen Tage des beginnenden Winters an die bevorstehende Weihnacht gemahnen. Im heibesten Jahr der letzten Jahrzehnte, am Liborisonntag 1911, waren uns Haus und Hof niedergebrannt, ohne dafi Mensdienhande nur wenig mehr als das Allernotwendigste den Flammen entreiisen konnten. In den ersten Tagen nach dem Brande wohnten wir zerstreut im Dorf, bis uns dann die Broermerigge" im Sdimiedebogen", ein altes, seit einiger Zeit unbewohntes Bauernhaus ein bescheidenes aber nidit unbehaglidies Unterkommen gewahrte. Es War die nadiste Sorge der Eltern, die Scheune mit Stallungen wieder aufzubauen, um fiir den bevorstehenden Winter dem Vieh ein Obdadi zu geben. Ende November war dieses Ziel erreidit. Allabendlich in der Dunkelheit begab sidi die Mutter zur neuen Stallung, um bei der Versorgung des Viehes behilflich zu sein und nadi dem Rechten zu sehen. So war es auch am frvihen Weihnachtsabend, wahrend wir in unserer Behausung zuriickblieben und schon im Stillen die Stunden zahlten, die uns nodi von der Freude und den Uberrasdiungen des Weihnaditsmorgens trennten. An diesem Abend blieb die Mutter langer als sonst. Das wurde uns alien fast unertraglich, obgleich die Kurzweil dieser Stunden des Alleinseins auch ihre angenehme Seite hatte. SdilieBlich wurde es sogar der betagten Oma im Lehnstuhl zuviel und sie gebot mir, die Mutter abzuholen, aber die Sturmlaterne mitzunehmen. DrauBen war tiefe Dunkelheit, und ein scharfer Nordost wehte von der Lippe her. Ich zog mir meinen Petzel tief iiber den Kopf und sdiritt hinaus. Es war ja nur wenige Minuten weit zu gehen, 300 Bubensdiritte. Als ich mich der Scheune naherte, gewahrte ich in den Fenstern des Viehstalles einen flimmernden Lichterschein. Eine wunderliche Aufregung lieb meine Schritte stocken und beschleunigte sie dann immer mehr. Ich stand jetzt dicht vor dieser seltsamen Erscheinung, konnte aber das GeheimnisvoUe nicht ergriinden, denn ich Keine Weisheit, die auf Erden gelohnt werden kann, kann uns das geben, was ein Wort Und ein Blick der Mutter gibt." Wilh. Raabe war zu klein, um durch das Fenster zu schauen. Auf dem Hof lag ein Berg vou Ziegelsteinen. Einen nach dem andern schleppte ich herbei und errichtete mir einen Unterbau. Und nun der Blick in eine strahlende Weihnachtsfreude: mitten im trischgeputzten Stall stand ein hellerleuchteter Christbaum. Darunter auf der Erde gewahrte ich einen bunten Kasten, auf dem ich das Wort Spielmagazin" bei aller Aufregung sorgfaltig studierte. Rechts und links des leuchtenden Baumchens scbauten mich drei zierliche Schweinchen aus Marzipan verlockend an. Vorn lag eine holzerne Wasserspritze. Voll freudiger Erregung sprang ich riicklings auf die Erde, elite in den Stall und rief meine Mutter, dab sie an dieser unerwarteten Freude teilnehmen soute. Die sab unter den Kiihen und war soeben mit dem Melken fertig geworden. Da bleibt uns nichts anderes ubrig, als den heiligen Abend hier im Stalle zu feiern," sagte sie - aber die andern miissen es wissen". - Wie im Winde war ich nach drauben geeilt, hatte meine Sturmlaterne, die verlassen auf dem Hofe brannte, ergriffen und trug die frohe Botscfaaft, dab das Christkind bei uns im Stalle eingekehrt war, durch die Dunkelheit eilends in unser Haus und in die nachste Nachbarschaft. Das kindlidiesingen dieser gliicklichenweihnacfatsstunde ist heute noch nicht verklungen. Theodor Tochtrop 105

109 W/e schutzi- man sich vor Blifzen? Feuchte Stellen und Wasser meiden - Tiere von Metall entfernen Aus der Statistik der Versicherungskonzerne ergibt sich, dab fast 80 Prozent der Gebaude und der Personenschaden, wie die Feuer- und Lebensrisiken der Versicherungen genannt werden, durch Blitzeinschlag auf die landliche Bezirke entfallen. Schwerpunkte der Blitzgefalir liegen in der Wiesenund Feldgemarkung, aber auch in den Bergen. Der Landmann ist stets gefahrdet Der Landwirt, der draucen auf dem Felde arbeitet, der Waldarbeiter, der im Revier tatig ist, die Klasse, die einen Ausflug macht und plotzlich von einem Berggewitter iiberrascht wird, mus wissen: Man mub die Eigenarten des Blitzes kennen, um zu wissen, wie man dem unsichbaren Feind des menschlichen Lebens, des Weideviehs und der menschlichen Habe aus dem Wege gehen kann. Zielpunkte fur den Blitzstrahl Zielpunkte fiir den Blitzstrahl sind grobe Menschenansammlungen im Freien, aus der Umgebung hervorragende Gegenstande, Tiirme, Hauser, hohe, einzeln stehende Baume und Baumgruppen, metallische Spitzen v/ie Reinhold Bicher in Grevenbriick, ein alter Mitarbeiter des Suerlanner" bei der Arbeit an der Statfelei. Sensen, Rechen, Axte, geschulterte Jagdgewehre, Autoantennen. Der Maher, der vom Gewitter iiberrascht wird, darf nicht denken, dab es kein schweres Gewitter sei. Er?ntfernt siph am besten von seinem Arbeitsgerat und hockt sich in einer Feldfurche bin. Der Bauer, der mit seinem Fuhrwerk in ein Gewitter gerat, strangt am besten die Gaule ab und entfernt sich mit ihnen von dem eisenbeschlagenen Wagen. Ebenso macht es der Waldarbeiter, der Axt und Sage aus der Hand legt und auf der Anhohe stehende Baumgruppen meidet. Das dichte Buschwerk und der gleichmabig hohe und dichte Waldbestand bieten einen guten Schutz vor dem Blitz. Immer ist eine Mulde in den Bergen der beste Schutz. Gefahrlich sind die Kuppen. Wie schutzt man das Weidevieh? Wenn man diese Regeln beachtet, dann ist man auf dem Lande ziemlich sicher vor Blitzschlag. Eine besondere Gefahr fiir das Vieh auf der Weide bieten Wiesen mit Zaunen aus Draht, metallene Viehtranken und Tranken, die sich unter einem alleinstehenden, zwar Schatten spendenden, aber Blitze anziehenden Baum befinden. Erhoht wird noch die Gefahr fiir das Vieh, wenn die Kiihe und Pferde sich an solchen Gefahrenstellen zusammendrangen. Was ist blitzanziehend? Blitzanziehend sind neben den hohen Baumen, die vereinzelt Oder in kleinen Gruppen stehen wie Pappeln, Linden, Tannen, Eschen, Kiefern, auch Wasserlaufe und Seen, SO dab man gut daran tut, sich an Bachen und Teichen nicht im Weidengebiisch niederzulassen, um dort etwa Schutz zu suchen. Den Blitz herausfordern hiebe es, wenn z. B. ein Bauer, wie das vorgekommen ist, mit der geschulterten Sense vor dem Gewitter die Flucht ergreift, um sich unter einem einzelnen Baum vor dem Regen zu schiitzen. Schafherden werden am besten in das Unterholz eingetrieben, da sie auf freiem Felde den Blitz anziehen, genau wie Menschenansammlungen. Auf Bergen errichtete Hauser werden am besten von einem Fachmann mit einem. Blitzableiter versehen, besonders auch dann, wenn sie in unmittelbarer Nahe einzeln stehender hoher Baume errichtet sind. Das oberste Gebot aber ist es, bei einem herannahenden Gewitter nicht den Kopf zu verlieren, sondern in aller Ruhe nach den oben angegebenen Ratschlagen das Gelande zu sondieren und Unterschlupf im Unterholz zu suchen. In einem gleichmabig gewachsenen Hochwald souen sich groberen Wandergruppen einzeln verteilen und sich nicht angstlich zusammendrangen. 106

110 Erzahlung von Heinrich Kleibauer In der alten und rauchgeschwarzten Fainilienbibel stand es sdiwarz auf weib geschrieben, dab der BIRKENHOF im Birkenbadital im Jahre 1697 erbaut sei und sich seit der Zeit im Besitze der Birkenhofbauern befinde. Das alte Strohdach freilidi hatte erneuert werden miissen; an seine Stelle war ein festes Ziegeldadi getreten, auf dem sich nun auch wieder graugriine MoBplaggen breitmachten. Die Eichenbalken aber, die dem Hause Halt, Form und Stiitze gaben, sdiienen unter ihrem schwarzen Teeranstrich unverganglich zu sein, und audi die am Heck stehenden griinen, weit ausladenden Eichbaume waren von den Vorfahren des Hofes wohl ftir die Ewigkeit gedacht. Der derzeitige Birkenhofbauer Bernhard, ein Mann in den sechziger Jahren, dem die Lasten des Lebens nur scharf und kantig in das rauhe Gesicht geschnitten waren, ging aufredit und stur seinen Gang und Weg, so bei der Arbeit, so bei all seinem Tun und Handeln. Von ihm lief das Wort um in der Gegend: Wenn der Birkenhofbauer,Ja' sagt, ist's ein Evangelium; wenn er aber,nein' sagt, bemiiht euch welter nicht." Die Jahre hatten ihn zwischen ihre harten Miihlsteine genommen: seine Frau lag schon viele Jahre unten im Dorf auf dem stillen Friedhof neben zwei kleinen Kindern; der alteste aber, der Hoferbe Berthold, war aus dem groben Kriege nidit zuriickgekommen. Irgendwoher aus weiter Weltgegend war einmal zweifelhafte Nadiricht nach Hause gekommen, dab er noch lebe und in Gefangenschaft sei; das war alles gewesen in nun bald zehn Jahren. Der alte Bauer trug still seine Einsamkeit; in sein Inneres lieb er nicht blicken, trug aber das leise Flammchen der Hoffnung auf Wiederkehr in sich. Der Hof mubte doch einem Erben iibergeben werden, wie es die Ahnen seit 250 Jahren getan hatten in nicht abreibender Reihenfolge. Das war uralt Bauernrecht. So mubte der alte Bauer die Augen offenhalten. Alles ging auf dem Birkenhof seinen geregelten Gang: die Knedite, die Magde, die Tante Anna, des Bauern Schwester, die das Hauswesen fiihrte, alle wubten um ihre Arbeit und ihre Pflichten und erfiillten sie. Nur einer auf dem Gehoft lieb und lieb sich nicht bandigen und ging seine eigenmaditigen Wege. Das war der Birkenbach, der als wilder Bursche durch die Talwiesen eilte und dicht am Hofe vorbeischob. Seine Quelle lag gut zwei Stunden oberhalb am halben Abhang des..hohen Kopfes", des hochsten Bergkegels der Gegend, wo sich im Sommer die Gewitter fingen Und die dicken Wolken sich klatschend entleerten. Bei der Schneeschmelze im Vorfriihling War es besonders schlimm, wenn die Marzsonne die Schneemassen an den Hangen zum Schmelzen brachte und die Bache, insbesondere der Birkenbach, zu reibenden Trabanten, zu unge- ziigelten Hengsten anschwollen. Dann sprengte der wilde Geselle in ungestiimen Dahersturmen seine Ufer, rib GeroU, Graswrasen, Wurzelwerk und Erde mit sich zu Tal und bedeckte oft ganze Felder oder Wiesen mit seinem Sdilamm und GeroU. Die anliegenden Bauern im Birkental taten, was sie konnten; sie fabten den Bach mit dicken Steinbrocken ein, krippten mit Pfahlen und Flechtwerk und begradigten die Ufer; aber eine Friihjahrsschmelze oder ein schweres Sommergewitter machten Arbeit und Miihe zuschanden und gefahrdeten Aussaat und Ernte... Fines Tages kam unten im Dorf das Geriicht auf, die Regierung stelle Erwagungen an, wie man die Wildwasserschaden beheben und verhiiten konne. Die Redereien verdichteten sich immer mehr, besonders, als fremde Herren erschienen, die den Badi und die abfallenden Berghange eingehend besichtigten, mit Instrumenten maben, die Wassermengen erredineten und dann immer offener mit Landkaufen an die Bauern herantraten. Geld lockt, und so hatten es einige kleine Kotter eilig, fiir Feld und Wiesen im Tal handgrobe bunte Steine in die Hand gedriickt zu bekommen. Andere zogerten oder stellten hohe Forderungen, wahnend, dab man sie nidit erfiillen werde. Wenige lehnten schroff ab und sagten. Geld niitze ihnen gar nichts, sie wouten weiter pfliigen und saen und ernten; das sei ihr Hausumbau Von Franz Predeek Was wiihlet die Hacke in raubender Gier im alten Gebalk, in der StraBe Zier? Viel Gaffer und Schreier in Gassen stehn und wouen fallende Balken sehn. Es gahnet die Leere, es klaffet der Spalt. Wie ist es im alten Hause so kalt! Wo der Flegel einst hiipfte auf klingender Diele und diebuben undmadel sichdrehten zumspiele, wenn der schwankendenwagen getiirmte Lasten, drauf Bander und Biindel an flatternden Masten, der Fluren gesegnete Fiille heimbrachten und alle sich freuten und scherzten und lachten.- Bau, wenn es sein mub, doch bleibe Gestalter! Bleib deines Hofes Erbesverwalter! Mach nicht ausdeshauses ernstblickendenziigen ein eitel Gebilde aus Fratzen und Liigen. Geh mit der Zeit, doch lerne am Werden der Dinge fiigliches Wachsen auf Erden. Manch altes Haus tragt wie Geschmeide MaBwerk und Zierat wie edles Gekleide. Bei jeder Spitzhacke grausamem Schlag empfindest du nicht die herbbittere Schmach: es sieht dich an, du merkst es nidit, du armer, schouenentwurzelter Wicht. Du schlagst einer Mutter ins Angesicht und - schamst dich nicht? 107

111 Beruf und der Inhalt ihres Lebens. Sie wurden dadurch still und gefiigig gemadit, dab man ihnen an anderer Stelle neue Hofe, elne neue Heimat verspradi. Als die Verhandlungen so weit gediehen waren, ersdiien im Kreisblatt" von einem Regierungsbaurat ein Artikel, dab im Birkental eine grobe Talsperre gebaut werden solle, um den wilden Badi in Fesseln zu legen und von der gespeidierten Kraft elektrisdie Energie zu erzielen. Die ganze Gegend werden einen ungeahnten Aufschwung nehmen und die Talbauern, deren Hofe in den Bereidi des aufgespeicherten Wassers fallen wurden, hatten beste Moglichkeiten, sidi anderswo anzusiedeln. Larid dazu sei genug vorhanden. Nun gab es audi fur den Birkenhofbauern, der bis dahin immer noch den Kopf geschiittelt hatte, keinen Zweifel mehr. Den iibrigen Bauern im Dorf madite er bittere und harte Vorwurfe, dab sie ihr Land, ihr uraltes Erbe, herzugeben bereit seien. Hatten sie alle fest zusammengehalten und den hohen Herren ein klares und kraftiges Nein" entgegengerufen... Da war ihm der Dorfalteste in aller Ruhe ins Wort gefallen: Die Herren da oben haben einen langeren Arm als wir zusammen; die tun, was sie wollen."... und meinen Hof, den kriegen sie nidit!" schrie der Birkenhofbauer und schlug mit den harten Knodieln auf die Tisdiplatte, dab die Glaser tanzten. Ein anderer meinte, der Birkenhof, der einsam hodi oben im Tal liege, kame nicht unter Wasser; so lang wiirde der See nidit] er solle sidi nur beruhigen... Andern Tags fuhr die Baukommission audi auf dem Birkenhof vor. ^.. und, meine Herren, Sie konnen reden so siib und so sauer wie Sie wollen, mein Hof ist nicht zu haben!" So der alte Bauer nach langem Hin und Her. Herr Birkenhof, wir kaufen Ihnen dort, wo Sie wiinsdien, einen anderen, einen noch gro- Beren Hof..." Herr Regierungsrat, haben Sie in der Stadt ein Eigentum?" Nein." nsehen Sie, dann wissen Sie audi gar nidit, woran der Bauer hangt. Hier bin ich geboren; hier habe idi gewerkt und midi abgeradcert; hier habe idi geliebt und gelitten; hier will idi auch sterben." Das ist alles gut und sdion zu verstehen. Aber Sie verkorpern ein Einzelsdiicksal. Bei unserem Talsperrenobjekt geht es um grobere Dinge, um die Allgemeinheit." Es gibt keine groberen Dinge als das Wohl und Wehe in der eigenen Brust. Das ist mein Standpunkt und dabei bleibe idi." Der Regierungsrat madite ein sehr ernstes Gesidit, putzte seine Brille umstandlich und sagte dann mit Nachdrudc: Ich bedauere, dab wir dann zur geriditlichen Enteignung sdireiten miissen. Stellen Sie sidi bitte nach Jahr und Tag darauf ein." Damit schieden die Herren nadi frostigem Lebewohl. Nadi einiger Zeit erging das Geriditsurteil, dab der Birkenhof, weil in das Gebiet des Wasserspiegels der Talsperre fallend, spatestens bis zum 1. Mai in zwei Jahren geraumt werden miisse. Der Bauer legte das Urteil zu den Hofakten in die Lade seines Leinenkoffers und werkte ruhig welter. In zwei Jahren konne sidi nodi mandies andern, meinte er. Ob man soldi ein Heidengeld von mehreren Millionen iiberhaupt zusammenbringen konne, um den Bau zu erriditen und die Anlieger zu befriedigen, sei noch sehr die Frage Unterdessen begann eine grobe Baukolonne von gut 300 Mann unterhalb des Dorfes, wo die gegenseitigen Bergfelsen didit aneinanderstieben, mit dem Ausheben der Baugrube, die tief in die Felsen getrieben wurde. Die Feldbahn ratterte; die Sprengsdiiisse hallten durdi das Talj die Stein- und Erdmassen flogen in die Loren, und die Arbeiter sdiwitzten. Und dann wudis die gewaltig aus einem Betonblock gegossene Sperrmauer langsam aber stetig aus der Talsohle in die Hohe, wohl an die vierzig Meter und wurde oben mit sdiweren Quaderbrodien gekront. Uber die Mauer lief die neue LandstraBe von einer Talseite zur anderen. Zum festgesetzten Terrain konnte die Bauleitung die Fertigstellung des gigantisdien Werkes melden. Die Bauern, die im Dorf weidien mubten, sahen diesem Augenblidc mit banger Sorge entgegen. Nun ging es an Auszug und Raumen und Absdiied nehmen fiir immer vom heiligen Boden der alten Heimat. Es gab in diesen Tagen viele Tranen im Dorf. Am letzten Sonntag konnte die altehrwiirdige Kirdie die Zahl der Absdiiednehmenden nidit alle fassen; als die letzten Orgelklange verhallt waren und die Glodcen ausgeklungen hatten, ging ein einziges Zittern und Beben durch die ganze Gemeinde. Auch die Alten sdiamten sidi ihrer Tranen nidit. Unter Vorantritt des greisen Pfarrers zog die Menge nun zum Friedhof, Absdiied von den Grabern der Lieben zu nehmen, die von nun an unter einer didcen Betondedce unter dem Wasser welter ruhen sollten Der Birkenhofbauer war nidit unter den Kirchenbesuchern gewesen. Seit Beginn des Talsperrenbaues hatte er sidi von den Dorfbewohnern ferngehalten, die er fiir Abtriinnige und Verrater an der Heimat hielt. So wurde er zum Einspanner, der sich immer mehr in seinen Zorn hineinfrab. Seine Augen wurden immer kleiner und stediender, lauernder; seine Runzeln vertieften sidi und wurden rissig, und der HaB gegen das Teufelswerk" da unten im Tal stieg mit dem Wachsen der Sperrmauer. Seine Schwester, die die Hausfrau ersetzte, versudite mit guten Worten, seinen Sinn zu andern und sidi beizeiten nadi einem anderen Hof umzusehen. Vergebens. Die Borke vor Vernunft 108

112 und Einsicht war dicker als harteste und alteste Eidienrinde. Xante Anna hatte an einem der letzten Winterabende, als die Hofleute ohne den Bauern in der Kiidie beisammen sacen, eine wunderliche Mar erzahlt: dal5 nun bald doch die Wassernixe aus dem Birkenborn sich ihr Opter holen werde, und wenn es auch kein lebendiger Mensdi sei, so sei es doch ein ganzes Dort mit Kifche, Schule, Bauernhausern und Sdieunen. Uberirdische Gewalten seien eben starker als die Menschlein. Da sei nichts zu machen; die Menschen mubten sich eben fugen. Die Knechte und Magde spitzten die Ohren, Waren neugierig wie ein junges Ziegenlamm geworden und wollten mehr horen von der alien Geschichte. Und Tante Anna erzahlte: Meine Grofimutter, wibt Ihr, die neunzig Jahre alt geworden ist, hat oft an langen Spinnstubenabenden, wenn draucen der Bollemann umging und es uns so recht von Herzen gruselte, erzahlt, dac ganz oben, wo das Tal aufhort am»hohen Kopf", im Birkenborn eine Nixe tief Unten im Grund ihre nasse Wohnung hat. Nixen sind schon wie das silberne Mondlicht. Die Birkenbornnixe hat lange, goldgelbe Haare wie reife Weizenhalme, die lang ihren Leib einhiillen. Aber ihre Augen sind traurig, denn sie hat keine Seele. Darum sucht die Wasserjungfer eine menschliche Gestalt, um sie in ihren Bereich zu ziehen und ihr die Seele zu nehmen. Es mogen nun an die hundert Jahre her seln, in der Nacht zum ersten Mai, die den Nixen und Elfen gehort, als ein Jungbauer hier von unserem Hof uber den Hohen Kopf" von einem Pest heimwarts schritt und mutterseelenallein am einsamen Birkenborn vorbei wanderte. Da sah er - und madite groi5e Augen -, dab die Nixe im jungen, weichen Gras am Bach im Mondenlidit tanzte, und ihr langes, gelbes Haar uraflutete all ihre Schonheit, so dab der junge Bauer sidi und die Welt vergafi und entgeistert auf die Unirdische Gestalt starrte. Die Nixe hatte nun auch den ranken und Wohlgewadisenen Jungbauern erspaht und entbrannte in Sehnsucht und Verlangen nadi ihm. Tanzend und leise eine heibe Melodie summend Umschwebte sie ihn, madite ihm liebe Augen Und winkte mit der weiben Hand. Jetzt war sie ihm ganz nahe gekommen, dab er ihr wehendes Haar streifen und ihre ganze zauberhafte Schonheit in sich aufnehmen konnte. Die Nixe fafite nun die Hand des jungen Mannes und woute ihn sadite, sachte, schwebend und tanzend in ihr Wasserbereich ziehen. Durch die Beriihrung mit der nassen, kalten und blutlosen Hand aber er- Wadite der Umworbene plotzlich aus seiner Erstarrung, stieb einen Laut des Schreckens aus, rib sicb los und rannte, was er konnte, am Bach entlang ins Tal, dem Birkenhofe zu. Er horte nodi die gellende Stimme der Nixe: Nadi Jahr Und Tag, und seien es hundert Jahre, hole ich dodi einmal einen von Euch! Seit dem Erlebnis hat sidi der junge Bauer, einer meiner Vorahnen, nidit mehr in die Nahe des Birkenborns gewagt." Die Knechte und Magde hatten fast das Atmen vergessenj so andaditig hatten sie der Erzahlerin zugehort. Ha, wie gruselig schon!" rief jetzt das kleine Kiichenmadchen und warf sidi die Sdiiirze iiber den Kopf. Seht, Maddien", sagte Tante Anna, die Nixe holt jetzt das ganze Dorf und den Birkenhof dazu!" So kam nun wieder ein erster Maitag, der dem Birkenhofbauern als Raumungs- und Ausziehtag gesetzt war und auf den man sidi in keiner Weise vorbereitet hatte. Zeitig morgens erschien ein Polizeimann und meldete, dab am nachsten Tage ein Abbruchkommando eintreften werde. Alles Strauben und Dagegenstemmen helfe nidits; der Hof komme unter Wasser und das Stauen werde jetzt beginnen. Und damit abgemacht und basta! Gegen Abend, mit Beginn der Dunkelheit, beauftragte der alte Bauer, der in letzter Zeit wie eine unheimliche Gestalt iiber sein Eigen geschlichen war, seine Schwester, dem Pastoren ein Paket mit Papieren zu bringen und die Magde mitzunehmen. Die Knechte mubten einen jungen Hengst zu einem entfernten Berghot bringen. Als nun der. Bauer allein auf seinem Stammsitz war, trieb er alle Tiere auf die Weide, zog einige schwere Koffer unter die hohen Eichen, warf dann einen haufen Stroh auf die Tenne und zundete ihn an. Die Flammen ledcten gierig ins Gebalk hinein, und im Nu stand das ganze Gehoft in heller Feuersglut. Der alte Birkenhofbauer, der letzte in der langen Reihe, stand wirren Haares eine Weile unter den dicken Eichbaumen, rieb sidi beim Anblick der ledienden und zisdienden Flammen die Hande, lachte dann ein grablidies, irres Ladien und sprang mit langen Satzen durdi die grobe Dehleneinfahrt in das helle Feuer hinein. Das Wasser soute ihn nidit haben. So libergab er in Irrsinn und Trotz sein altes Erbe und sich selbst den fressenden Flammen. Die restlidien raudigeschwarzten Trummer aber wurden nadi einiger Zeit von den leiditen Wellen der neuen Talsperre umspiilt und liebevou zugedeckt Gerade die Forderung des familiengerediten Heimes als der einzigen familiengerechten Wohnung wird sidi auf die Dauer als ein weltansdiauliches Bekenntnis erweisen. Das Miethaus, das Mehrfamilienhaus, insbesondere die gewaltigen Mietskasernen, die heute gebaut werden, sind auf die Dauer nidit nur der falsche Weg, trotzdem manche anderer Uberzeugung sind, sie sind auch das Unrentabelste fiir die Familie in jeder Hinsicht, was sidi sdion in einer Generation eindeutig nachweisen labt." Nik. Ehlen 109

113 Baldn lan Die Boschung zwischen FluB und StraBe ist ein Dorado fur das Stelldichein einer auserlesenen Gesellschaft von Exzellenzen und Hochgeborenen aus der hochsommerlichen Blumenwelt. Mit der Pracht ihrer Gewander, ihrer diademgeschmiickten Haupter und dem Adel ihrer Haltung bietet die fiirstliche Versammlung dem Auge ein Bild von beriickender Schonheit, das den in sommerlicher Blutenherrlidikeit schwelgenden Naturfreund auf seinen einsamen Streifen immer wieder zu weltvergessendem, seligem, betrachtendem Verweilen veranlalit. Kunigundenkraut tragt mit viel Wiirde kunstvoll wie mit Gold gefiillte Bliitenkorbchen. Gilbweiderich und Hartheu sudien es mit ihren leuditenden gelben Blumenkronen zu iiberbieten. MadesiiB reckt seine aus tausend Miniaturrosdien zusammengesetzten Dolden stolz empor, also, dab der Reichtum und die Fiille seines Elfenbeinglanzes von der Konkurrenz im Reiche der Flora nicht zu erreichen ist. Selbst das Goldgeflimmer des fast zugellos wuchernden gelben Labkrautes mub im Scheine dieser Spireenherrlichkeit verblassen. Skabiosen, nannigfadi geartete Wicken mit langen und kurzen Bliitentrauben, nessel- und pfirsichblatterige Glockenblumen bringen edles Blau in das bunte Bild. In rotblauer und violetter Toilette erscheinen Schwarzwurz, Ziest und erfrischend duftenden Minzen. Taglichtnelke und Budiweidenroschen tragen ein Kleid von mutigem Rot. Brunella dagegen liebt das sinnige, bescheidene Veilchenblau. BeifuB gefallt durch die Schlichtheit eines silbergrauen Gewandes. In einfachem Kleide ist auch Braunwurz erschienen. Pestwurz spannt machtige Schirme, und Brennessel stellt die Platzpolizei. Aber dahinten der, der durch seine vornehm lassige Haltung die Aufmerksamkeit auf sich zieht, das ist der lange Baldrian. Er iiberragt des ganze Publikum, und es sdieint, als ob er mit einer Art weltmannischer Blasiertheit und ein bibchen viel Einbildung auf all die Strandgaste herniedersahe. Er umgibt sich gern mit einem mythischen Nimbus und fiihrt seinen klingenden Namen auf Balder, den einzigen Sohn der gottlichen Frigga zuriick. Doch diirfte es ihm schwer fallen, Beziehungen zu dem weiben Gotte der Germanen nachzuweisen. Die Mythologen haben sich bislang vergebens bemuht, solche Zusammenhange festzustellen. Immerhin spielt er im alten Gotterkult eine nicht unbedeutende Rolle. Die Gottin Hertha trug einen Baldrianstengel als Gerte, wenn sie auf ihrem mit Hopfenranken bekranzten Edelhirsch ritt. Nach Grimm wurde unsere Pflanze wegen ihrer Heilkraft im nordischen Altertume nach dem gottlichen Schmied Wieland Velandsurt, d. h. Wielandswurz genannt. Die Serben bezeichneten sie auf Grund ihrer auberordentlichen Heilwirkung mit Odoljan (odoljete heibt iiberwaltigen). Die Bohmen nennen sie Odolen. Ein Vilalied singt von ihr; WiiBte jede Frau, was Odoljankraut ist, sie wiirde es immer sammeln, in den Giirtel nahen und bei sich tragen^ dies kostbare Kraut zu vernachlassigen, warnt die Vila." Freilich vermischte sich mit dem Wissen um die grobe Heilkraft der Baldriansafte der Aberglaube. Baldrian und Bibernell, halt die Pestilenz zur Stell'." Am Hochzeitstage soil der Brautigam den Baldrian in der Tasche tragen. Die Bliiten schiitzen gegen den Teufel und alle Unholde. In manchen Bauernwirtschaften hat sich bis in die gegenwartsnahe Zeiten folgender Aberglaube erhalten: Milch, die nicht zu Butter werden will, eben well sie behext ist, wird durch einen Kranz von Baldrian gegossen; hierdurch wird die Behexung aufgehoben. Baldian soil alien helfen, den Menschen und dem Vieh. Most helpen alien Minschenkindern un alien Naversrindern" singen die Mecklenburger beim Ausgraben der Wurzel. Doch abgesehen von allem Unsinn des Aberglaubens ist unser Baldrian in der modernen Heilkunde eine der unentbehrlichsten offiziellen Pflanzen. Kein Arzt kann Baldrianmedikamente ignorieren, und es gibt keine Apotheke ohne Praparate aus dieser wunderbaren, heilkraftigen Staude. Ihr Tee hilft bei alien Arten von Krampfen, bei nervosen Verstimmungen des Magens und des Darmes. Selbst gegen die unheimliche Fallsucht geht der machterfiillte Absud erfolgreich an, ja, er mag das einzige Mittel sein, das diese tiickische Krankheit zu bannen imstande ist. Bei gewissen Herzstorungen nimmt man seine erste Zuflucht zu Baldriantropfen. Aber nun hore, wie und wozu auch die also beschaffenen Baldrianwurzeln nach den altehrwiirdigen Aufzeichnungen eines menschenfreundlichen Chronisten noch nutzbringend zu verwenden sind! Allsofern jemand einen bosen Nachbarn hat, - er darf ihm allerdings nicht zu nahe wohnen, der ihm mit seinen ewigen Sticheleien, Meckereien, Angebereien, Klatschereien und Quertreibereien das Leben sauer macht, so rupfe er mit FleiB Baldrianstengel fein sauberlich mit den kostbaren Wurzeln aus, bis er ein stattlich Biindel erraffet, so er dann am Abend behutsam unter das Sdilatzimmerfenster seines Freundes" tragt und allda sorglich auseinanderspreitet. Wenn dann Tier und Menschen nach des Tages Lasten selig schlummern, so versammeln sich samtliche Dorfkater vor dem Hause, von dem der fiir die geschwanzten Gaste verlockende Geruch ausgeht, walzen sich mit Behagen in dem duftigen Baldrianbette und veranstalten mit auberordentlicher Begeisterung eins ihrer beliebten nachtlichen Vokalkonzerte. Dies Rezept wiederhole man so lange, bis der menschliche Friedensstorer infolge der schlaflosen Nachte so geargert ist, dab sein Schmiermaul zur Freude seiner Opfer vor Miidigkeit sich keinen Millimeter mehr zu 5ffnen vermag. Der lange Graf von Baldrian, Es kennet ihn wohl jedermann. Ein Hagestolz; doch herzensgut, Wirkt Wunder im erkrankten Blut, Dem Bosen sei er Plag' und Schreck Und straf den riinkesiichfgen Geek! 110

114 Kinnerjohre. Verlieden i) do woren nau giillene Teyen Dai giillenen Teyen sind niu dervudr denn. Do dohen vey prdngesk 2) op Stockeren reyen XJn rieen binoh no Belgerad hen, Vn band ik des Owends meyn Pidreken aan, Was ik, hal der Duiker! sau maie dervan, Ase wann ik diidr Stdiner un Sprickel un Spoon Den ganzen Dag extro te Faute wor gohn. Teweylen wual was ik ne artigen Jungen, Absunderlich, wann ik des Owendes schlaip; Bey Dage nit vake do woorte gesprungen, Dat Ummer de Momm' iiwer Koppwdih raip; Sai saggte dann: Diu bist dat beste Kind, Wann de anderen all nit terhaime sind." Do maint' ik wunders un woorte sau stolt, Ase wbr ik ne Kerel van Silwer un Gold. Vn wann de Grauten no'm Markede gengen, Dann forrt' ik op Heybleywens-Koorken 3) met; IJn saggt'ik,se sou'nmeywatschoinesmetbrengen, Dann woorte mey 'n silwern Nixken verhett Ik hewwe der nau meynen Reykdum van, Vn kam meyn Vatter van der R.aisen aan, Dann krdig ik en Stiicksken Hasenbraut Vn glofte, dat mdchte de Backen raut. Dai Biiters, didr aat ik mey diichtige Schmacken; *) Vn was imme Winter det Schmidrwiark roor, Dann was de Buter derinne backen" Ik glofv et un krasser' mey dchter dem Ohr. Windstiewelkes maat mey de Schauster aan; Do maint' ik awwer, ik wor de Mann; Doch krddig ik nau ummer de Huasen ^) naat. Bit datte mey richtige Stieweln maat. Wual heww ik niu richtige Stieweln kriegen, Vn briuke nit mehr oppem Stocke te rey'n, Nit mehr op Heybleywens-Koorken te liegen, Vn kreyge mey selwer det Braut iutem Schreyn. Vn doch sind de giillenen Teyen verbey, Vn alles is Tombach ^) un stonn' et bey mey, Ik pecke teriigge saufoort ter Stund Dat segg' ik, un bat ik ug segge, hidt Grund. F. W. Grimme 1) Einstmals, ^) prunkend, 3) Hierbleibens- Kdrrchen: er mujite daheim bleiben, ') Schnitten, 5) Strilmpfe,») Tombak (unedle Legierung aus Kupfer und Zink). Waigenlaier, Kinnerrejme Riusai, Kinneken, schlopken. Do biuten gdiht en Schopken, Dat Mat sdo witte Wulle, Dat giet de Mielke te strulle: Saite Mielk un Stiutenbrdot, Dovan weerd uese Klein-Hennesken grdot. (Volksgut) seid schon brav in den Ferien Bim bam baier, De Kbster mag kain' Aier. Bat mag hai dann? Speck in de Pann'; Oh, dai olle Leckertahn! (Volksgut) Ringel, rangel, Rdose! Buetter in de Ddose, Schmolt in den Kasten, Moren well vej fasten, Idwermorn en Ldmmeken schlachten, Dat sail raupen: Mdh!" (Volksgut) Sai tellet iut Ain, twdi, drai, De Biuer gdiht int Hai; Vdier, fejwe, sdsse, Dat Hauhn saat op der Asse (Esche); Siewen, achte, niegen, Dat hiat de Hawek kriegen; Taihne oh biu fejn! Din sast sejn. tau Fastlowend LUtke, liitke Fastenacht! lek hewwe hort, ej hdrren schlacht't. Settet dat Ledderken an de Wand! Gidt mi wat drai Idllen lang! Lot't dat Mejiken glejen Bit mirren inter Sejen; Lot't dat Mefiken sinken Bit mirren in didn Schinken. Lot't miek nit sdo lange stohn, lek matt ndo'n Huisken widder gohn. (Volksgut) Bai kann roen? lek wait en duister Stdlleken Met twdiendidrtig Geselleken; Et ridgent nit drin, Et schnigget nit drin, Vn ies doch liuter naat. Ill Copyright Sauerlancjer Heimatbund

115 Chrisfkinneken Christkinneken laiv, bat bis diu schoin! De Nacht es vull Blenken, vull Denken un Schenken, vull Klang und Getoin. Bat bis diu schoin! Christkinneken laiv, bat bis diu feyn! Maria di waiget, sik beuget un naiget edhr Hilligenscheyn. Bat bis diu feyn! Christkinneken laiv, bat bis diu klein! Bui schoin es Deyn Lallen ; maji alien gefallen, dai ainmol di saihn. Bat bis diu klain! Christkinneken laiv, Deyn Auge greynt. Dock iek draf niu hoapen; de Hiemmel genk oapen, de Sunne dai scheynt. Deyn Auge greynt. Lampions fiir den Martinszug Bat klingef de Klocken? Jn Dailinghuawen: Mejn Finger, mejn Diumen, mejn lallenbuagen, Siio luiet de Klocken van Dailinghuawen. Christkinneken laiv, iek segge: Diu. No Dey, gar nit bange, iek lange verlange; bey Dey hev iek Riuh. Iek segge: Diu. Theodor Propper Jn Balve: les all wejer bai daot! les all wejer bai daot! (Wenn bai stuarwen ies). Pannekauken! Pannekauken! (Aostern). Jn Stockmen: Pingel in der Roihere, Treck diek an un kuemm dann. (Schone Laut- [malerei). Hej un do: Sett den Pott op! Sett den Pott op! Vej het noch nix derin te dauhn, Vej het noch nix derin te dauhn. Dauht en Schieppel Baohnen drin! Dauht en Schieppel Baohnen drin! (1. Klocke). (2. Klocke). (3. Klocke). Oder ock: Bat kuake vej moren? Bat kuake [vej moren? (1. Klocke). Dicke Baohnen! Dicke Baohnen! (2. Klocke). Dai mag iek nit! Dai mag iek nit! (3. Klocke). Giew se mej men! Giew se mej men! (4. Klocke). Dat Kriusluien dat Baiern lutt s do : Dai Kump was rund, dai Kauh was bunt; Dai bnte Kauh laip iimme didn Kump. hot di wat molen, dann hidst diu wat Buntes! Lot di wat drdggen, dann hidst diu wat Runtes! Hagen, Kreis Arnsberg; Kinner! Froget un liuert mol, bat ug g e Klocken singet! Lustige Schattenspiele Wie ware es mit ein paar lustigen Schatteniiguren zum Zeitvertreib? Fiir die kleine Katze muj3 schon ein weiter Blusendrmel vorhanden sein Oder eine in den Arm gewundene Serviette zu Hilfe genommen werden. Die kleine Seiltdnzerin kommt mit drolligen Bewegungen anspaziert und erregt grofie Heiterkeit. Gleich danach zaubern wir einen base blickenden Teufelskopf an die Wand, aus dem im ndchsten Augenblick das lustige Gesicht des Jochen wird, der eine komische MUtze aufgesetzt hat. 112

116 Haus - Hof - Garten Gesunde Ernahrung Unser Klima und die geographischen Verhaltnisse erlauben nicht, dac wir unsere Nahrung ausschlieblidi von Pflanzen und Baumen holen und damit den Tisch decken. Vieles mub zubereitet, gekocht und durch tierische Nahrungsmittel erganzt werden. "Wir haben Fleisch und andere eiweibhaltige Nahrungsmittel stark in den Vordergrund gestellt und benutzen reichlidi Salz und Gewiirze. Ein alter schweizer Bauernspruch sagt dazu: Bei Fleisdi und Wein da wird man teib, Doch kiirzen sie das Leben. Viel besser ist Kartoffelspeis' Und Obst und Kraut daneben." Die wissensdiaftliche Forschung bestatigt, dab eine Ernahrung mit viel Friichten und Gemiise die beste und gesiindeste ist. Die wichtigsten Regain fiir eine gesunde Ernahrung lassen sich in folgende Merksatze zusammenfassen: 1. Wir sollen nur essen, wenn wir Hunger haben, dann ist der Magen zur Aufnahme von Nahrung bereit. Durch langsames Essen, gutes Kauen und verniinftiges MaBhalten wird die Verdauung gefordert. Eine Ueberfullung des Magens stort sie. 2. Friichte und Gemiise werden am besten ausgeniitzt, wenn sie roh gegessen werden, weil durch das Kodien wertvolle Stoffe (Vitamine) verloren gehen. Rohgemiise, Karotten, Sellerie, werden zwedcmabig als Salat zubereitet, ura sie schmadchaft zu machen. 3. Beim Kochen der Gemiise ist das Dunsten am vorteilhaftesten. Durch das Sieden im Wasser gehen wertvolle Stoffe in das Wasser iiber. Dieses Wasser soil man nicht wegschutten, sondern fiir Suppe oder Tunke verwenden. Selbstverstandlich miissen alle Gemuse vor dem Rohessen oder Kochen sorgfaltig gereinigt werden. 4. Der menschliche Korper braudit nicht nur EiweiB, Kohlenhydrate (Zucker und Mehlspeisen) und Fett als Nahrstoffe, sondern auch Mineralstoffe und Erganzungsstoffe (Vitamine). Die beiden letzteren sind in den Pflanzen am reidilidisten vorhanden, und zwar in jener Form, in der sie am besten ausgeniitzt werden. Die Speisen aus dem Tierreich: Fleisch, Kase, Eier, verursachen bei der Verdauung sehr viel Abfallstoffe. Von diesen ist der sdilimmste die Haarnsaure, weil deren UeberschuB im Koper aufgespeidiert wird und die Veranlagung fiir eine ganze Reihe von Krankheiten schafft (Rheumatismus, Gidht, Ischias, Stoffwechselkrankheiten und Arterienverkaltung. 5. Man geniebe mehr pflanzliche als tierische Nahrungsmittel. Ein bedeutender Fachmann auf dem Gebiete der Ernahrungslehre, Ragnar Berg, sagt; Trinke nicht zuviel Mildi, ib siebenmal soviel Kartoffeln und Gemiise als Eier und Fleisch und geniebe jeden Tag etwas rohe Nahrung, seien es rohe Gemuse oder Friidite. 6. AussdilieBlicher Genufi von Obst und Gemiise in rohem Zustand (Rohkost) ist fiir viele Krankheiten das beste Heilverfahren, besonders bei Stuhlverstopfung, Arterienverkalkung und Gicht. Rohkostkuren sollen aber nur nach Anordnung des Arztes durchgefuhrt werden. (Treffliche Anleitungen zum Zubereiten von Rohkost wird gewib jeder einsichtsvolle Arzt nennen.) 7. Neben den genannten Nahrstoffen braucht der Mensdi auch den Sauerstoff der Luft. Darum frische Luft in Schlaf-, Wohn-, Klassen- und Arbeitsraumen, tiefes Atmen uiid moglichst viel Bewegung im Freien. (Die Bergwelt des Sauerlandes, seine Walter und Taler locken zum Wandern und kostet wenig.) Aus der Schrift: Helft mit. Ein Ruf an die jungen Schweizerinnen, herausgegeben vom Schweizer katholischen Frauenbund. Ratschlage fur Gartenfreunde Unsere Erdbeeren tragen nicht mehr Dieismal wiaren wir mit einem groben Teil unserer Erdbeerpflanzen hinsichtlich des Ertrages gar nicht reoht zufrieden. Die Friichte sind klein und unansehnlich geblieben, dabei haben die Pflanzen eine Menge Auslauler, das aind junge Pflanzen an Ranken, gebildet und dadurch gezeigt, dab sie sioh gerne verjiingen wollen. War fragen uns, wann wir die Pflanzung wohl angelegt haben und bemerken, dab sie schon langer als drei Jahre steht. Da aber Erdbeerpflanzungen wenigstens alle vder Jahre wieder erneuert warden miissen - am besten an einem neuen Platz, da der bisiherlge meist erdbeermiide geworden ist - kommen wir um eine Neuanlage unseres Erdbeerbeetes nicht herum. Das gilt fiir die grocfriiohtigen ein- bis zweimal tragenden sogenannten Ananaserdbeeren ebenso wie fiir die immertragenden Monatserdbeeren. Dies kann nun auf zweierlei Weise geschehen. Man kann sioh junge Erdbeerpflanzen bei einem Ziichter kaufen - bei Monatserdibeeren ist dies unbedingt erforderlich, man kann sich aber auch von den in ddesem Jahr nooh gut tragenden grocfriiohtigen Sorten bewurzelte Ableger abnehmen und diese wieder aufpflanzen. Erst bereiten wir allerdings das neue Erdbeerbeet oder die Erdbeerrabatte gut vor. Wir' graben 40 cm tief um, entfernen alles Unkraut und graben ndoht zu frlsohen Natupdiinger unter. Zwei Wochen vor der Pflanzung iiberstreuen wir die Beete mit 113

117 Phosphor- und Kalidiinger (etwa 1 kg pro 10 qm) und hacken diesen \mter. Bei der Pflanzung sold man nioht unter 30 cm Abstand von Pflanze zu Pflanze gehen. Im ersten Jahr naoh der Pflanzung werden Sie die grobten Friichte ernten, jedoch nicht so zahlreich wie im zweiten Jahr. Im dritten Jahr wird der Ertrag schon etwas zuruckg^en, und dann mogen Sie diese Erdbeerkulturanweisung von vome lesen. Wollen Sie Obstbaume pflanzen? Fehler, die schon beim Pflanzen von Obstbaumen begangen werden, sind spater kaum wieder auszugleichen. Die ehemals ublichen, bis zu 1 Meter tiefen, Baumgruben haben sich nicht bewahrt. Wiir raumen lediglich zwed Spaten tief die Erde fur eine Orube und lockern dann noch etwas den Grund. Das Erdreich wird nun w'leder in die Grube geworfen und ean Baimipfahl eingeschlagen. Dieser Pfahl mub etwa handbreat unter der Krone enden, damit kedn Ast an ihm sich scheuern kann. Der Pfahl kommt cm in den Boden. Die Woirzeln des Baumes werden mit scharfem Messer glatt gesohnitten. Dabei sollen die Schnittflaohen moglichst klein sem und stets nach unten weisen. Zu lange Wurzeln werden gekiirzt die Hauptwurzeln verschieden lang geschniitten wegen der besseren Wurzelverteilung. Jetzt wird die Grube nach der GroBe der Wurzeln wieder ausgehoben. Fur die weitere Arbeit sind zwei Personen erforderlich. Finer halt den Baum so, dab die Wlurzeln etwas hoher als der umgebende Boden sind, ein zweiter fuut vorsidhtig mit den Handen Erde zwischen (due Wurzeln bis alle Hohlraume ausgefuut sind. Anschliefiend wird tuchtig eingesohlammt, da dies die vorhandenen Hohlraume am besten schlieut. Der Wurzelhals des Baumes mub uber der Erdoberflache bleiben. Mit dem Gesicht zum Baume tritt man nun im Kreiise die Erde mittelstark an, mit dem Absatz dann etwas fester. Die ubrig bleibende Erde wird als Wall um den Baum geworfen. Ein G i e B r a n d erleachtert das Feuchthalten des Baumes. Nach einigen Tagen wird der Boden um den Baum, die Baumscheibe, in etwa 1 m Durohmesser mit verrottetem Dung, T o r f - mull Oder Komposterde bedeckt, um die Verdunstung und das Eindringen des Frostes zu verhindern. * * ^./ "* *^- i n Barbarazweige und fur Blumenfreunde Der Rittersporn Im Sommer Unsere schonste und stolzeste Gartenstaude ist ohne Zweifel der Rittersporn. Wir finden ihn in seinen vielfiiltigen weiben bis schwarzblauen Farben beinahe in jedem Staudenbeet und als dekorative Schnittblume nicht selten in hohen Vasen - dodi nicht immer als kraftige und zufriedene Pflanze nach seiner ersten Bliite im Juli im Garten. Dabei ist der Rittersporn gar kein so schwieriger Gartengeselle, wenn man auf seine Eigenarten und Wunsche etwas Riicksidit nimmt. Die kraftige Ritterspornstaude wird von drei rundherumgesteckten Stdben gehalten. Die drei Stdbe sind mit Schniiren verbunden. Natiirlich will der Rittersporn einen guten Gartenboden und, weil er jedes Jahr so viele lange Triebe und praditige Bliiten bringen soil, im Fruhjahr eine Mist- oder Kompostgabe, und nadi der ersten Blute, jeweils vor einem Regengufi, 1 bis 2 fliissige Volldiingungen. Auf diese Weise gut behandelt, konnen Sie den Rittersporn zehn Jahre unverpflanzt in Ihrem Staudenbeet als schonsten aller Staudengewachse stehen haben. In der sommerlichen Hochblute gebe man den bis 2V2 m hohen Bliitensdiaften Stabe mit Draht- oder Sdinurringen als Halt gegen den Wind und starke Regenfalle. Bei trockener Wltterung soil man Ritterspornpflanzen besonders wassern, da sie infolge ihrer erheblidien Blattermasse sehr viel Wasser verdunsten. BloBes Berieseln mit dem Schlauch oder dem Rasensprenger tut es dabei nidit. AuBerdem sdiadet dies auch den Bliiten. Ist die Sommerbliite voruber, sdineiden wir vor der zweiten Diingung samtliche oberirdischen Pflanzenteile bis auf 10 cm Hohe zuriick, und nun werden wir eine zweite Bliite erleben, die der ersten Bliite wenig nachsteht. Leider sind viele Ritterspornarten gegen Mehltau mehr oder weniger stark anfallig. 114

118 Mehrmaliges Stiiuben mit Schwefelpraparaten huft aber gegen diesen Pilzsdiadling meist schnell - vorbeugende MaBnahmen dagegen sind luftiger Standort und nicht zuviel Feuchtigkeit von oben - daher tritt auch der Mehltau in feuchten Jahren starker auf. Gegen den Regen allerdings sind wir machtlos. Gedeihen Ihre Zimmerpflanzen? deihen wouen, liebe Blumenfreundiin, dann liegt es haufig daran, dac die Erde in den Blumentopfen mcht richtig zusammengesetzt ist. Sehr wiichtig ist zum Beispiel, dab gewaschener FluI3- sand zur besseren Durchliiftung der Endballen im Blumentopf angewendet wird. Er dient weiterhin dazu, fiir empfindldche Pflanzen eine Drainage von ein Zentimeter, unten in den Topf zu bringen. Auch Ziegelschutt und Ziegelmehl, das wir uns durch Zerschlagen von normal gebrannten Ziegelsteinen selbst henstellen konnen, dst ein sehr brauchbares Mittel, um eine fedne Durchliiftung und eine gute Drainage der Topferde zu erreichen. Alter Kalksohutt (aber blob keinen Zementscbutt!!!) dient e-benfalls haufig als Beigabe zur Pflanzenerde, allerdings nicht bed alien Pflanzen. Holzkohle dient der Durchliiftung des Bodens, wobei die desinfizierende Wiirkung noch besonders erwiinscht ist. Bin langsam wirkendes Mittel sind Hornspane. Hier rechnet man 10 Gramm auf ein Kilogramm Erde. Hornspane vergrocern vor allem die Nahrkraft der Erde im Topf. Wenn die Pflanzen die richtige Erde haben, kommt es noch auf das riichtage GdeCen an. Sehr viele Blumenfreundinnen machen hier entscheidende Fehler. S^hr viele Pflanzen sterben an Ballentrockenheit. Ist namlich die Erde einmal sehr stark ausgetrocknet, dann nimmt sie durch normales GieBen das Waisser nicht mehr an. Es fliebt unten wieder zum Topf hinaus und die Pflanze geht bald ein. Hier hilft mur das Einstellen des ganzen Topfes ins Wasser, damit sich die Pflanze ganz vousaugen kann. Viele Pflanzen vertragen es nicht, wenn bedm GieBen auber der Erde ihre Knolle oder der Pflanzenkorper getroffen wird. Alpenvedlchen zum Beispiel wouen eine trockene Knolle behalten. Empfindlich in idieser HJinslicht sind ferner Kakteen. Azaleen u. a. leiden haufig unter Trockenheit durch zu weniges GieBen. Der Topfnand mufi gefiillt werden. Ist nur ein schmaler Rand vorhanden, mub eben entsprechend ofter gegossen werden. Stark gegossen halt die Pflanze nun wieder einige Zeit ohne Wassergabe aus. Azaleen sind iibrigens sehr empfindlich fiir trockene Heizungsluft. Haufig,gehen sie in trockener Zimmerluft sohon wenige Tage, nachdem sie aus dem kuhlen und luftfeuchten Gewachshaus des Gartners gekommen sind, ein. Marian Arnold (fem) Herrenhiite haben eine Idngere Le^ensdauer, wenn man sie vor dem hablichen Durchschwitzen Oder Durchfetten schiitzt. Zu diesem Zweck legt man zwischen Hutleder und Hut einen diinnen Streifen Loschpapier, den man ofters erneuern mub. Helle Filzhilte reinigt man, Indem man einen dicken Brei aus Magnesia und Wasser mit einer Burste uberall auftragt. Ist die Schicht gut trocken, dann biirstet man sie sauber weg. Der Hut wird tadellos sauber. Eine Hausapotheke brihgt schnelle Hilfe Immer sollten die einfaohsten Dings zur Ersten Hilfe dm Hause sein. Man darf nicht erst an die Hausapotheke denken, wenn sie gebraucht wird. Es raoht sich bitter, wenn die Hausapotheke zur Ablagerungsstelle fiir halbleere Flaschchen und Tablettenschachteln wird Niemand weib genau, was in diesen Behaltnissen drin ist, die Namen sind oft zugeklebt Gebrauehsanweisungen verlorengegangen. Mit einem solchen Arzneikasten kann niemand etwas Vernunftiges anfangen. Er bildet sogar eine Gefahr wenn in Unkenntnds falsohe oder in derzwischenzeit zersetzte Medikamente eingenommen werden. In die Hausapotheke gehoren an Instrumenten vor allem ein T h e r m o m e t e r, eine spitze Pmzette und eine Schere, die nur zum Zerschneiden von Verbanden und Hansaplast benutzt werden darf. Mit der Pinzette kann man keimfreie Mullbmden auf Wunden legen oder auch einen Splitter herausziehen. Wichtig fiir die Hausapotheke sind Mullbmden verschiedener Breite, Hansaplast fiir kleinere Verletzungen. Das querelastische Hansaplast haftet besonders gut. Mit Leukoplast auf RoUenform werden Verbande befestigt. Mullgaze, die steril verpackt sein mub, wird zum Bedecken von groberen Wunden verwandt. V e r - band watte eignet sich zum Reindgen von Auge und Ohr, auch als Warmeverband oder zum Abtupfen imd Auftragen von Salben und Plussigkeiten. Sind dann noch zwed oder drei elastisohe Bind en vorhanden, so kann man kleine Unfalle im Haus schnell beheben. An Salben soute die kleine Apotheke nur das harmlose Vaseline enthalten und eine Tube Lebertransalbe. Sie ist besser fur Verbrennungen und Verbruhungen als die fruher iiblichen Brandbinden. Auch als Wund- und Hedlsalbe findet sie Verwendung. Sie vermeddet das Verkleben des Verbandes mit der Wlunde. Mit Zink- und B o r s a 1 to e sollte man schon etwas vorsichtiger sein. Auch Jod sollte nie auf die Wunde kommen. Es schadigt das Gewebe in der Wunde und verzogert die Heidung. Jod darf daher nur zum Reimgen der Umgebung der Wunde benutzt werden. Wasserstoffsuperoxyd, 1 EBloffel davon auf 1 Glas Wasser, zum Gurgeln bed Halsschmerzen und 3 "/»iges Borwasser bei Augenverletzungen und fiir Umschlage sollen immer in sechseckigen Flasohen aufbewahrt werden, zum Zeiohen, das dhr Inhalt nur auberlich Anwendung findet. Im Gegensatz dazu werden Hustensaft und andere Mattel zum Binnehmen in rimden Flaschen untergebracht. Essigsaure Tonerde gehort in keine Hausapotheke, da sie die Haut weich macht und auch eventuell reizt. Bewahrte Hausmittel Bel fieberhaften Erkaltungen: Fliederbliitentee Oder Dindenblutentee, auf eine Tasse etwa einen guten EBloffel voll, kalt angesetzt, elndge Minuten kochen lassen, durohsieben. Geeignetes, sohweictreibendes Mittel. Dagegen KamillenteeaufguB zum Einatmen: In eine Schiissel gieben, ganz heib mit einem 115

119 Tuch iiberdecken, unter das man den Kopf steckt und die Dampfe einatmet. Losend bei Hustenreiz und Atmiingsbeschwerden. Gurgeln mit gut warmer Seifwasserlosimg. Bei versetztem Schnupfen Leinsamentee kochen, auf einen halben Liter Wasser etwa drei EBloffel voll, lange, bis zum Dickwerden, emkodhen unter ofterem Riibren, da leicht ansetzend. Dann das ganze in edn Lednenbeutelchen tun und so heib, als man es vertragen kann, aut die Stirn oberhalb der Nase legen, ein wollenes Tuch daruber. Stundenlang liegen la>ssen. Hernach die Stirn vor Zug und Kalte nooh emige Zeit schiitzen. HeiBes Zitronenwasser ebenfalls zum SohweiBtreiben. Schottischer Umschlag: Zwei nasse Servdetten werden iiber beide Sohulterblatter gelegt, ahnlich wie ein Umschlagetuch; dariiber Oummipapier zuletzt Wolltiicher, alles fest und den UimsChlag gut deckend. Wiassertemperatur zimmerwarm. Naoh dem Abnehmen kalt abreiben, dann wieder in wollene Tucher, zehn Mmuten spater diese ab. Die Umsohlage sind bei Husten und Fieber vorziiglioh; bei hohem Fieber alle zwei Stunden erneuern, bei weniger, alle vier Stunden. Nicht vergeissen, dab der Schlaf bei einem Fieberkranken nie zu unterbrechen ist, auch nicht durch diese MaBnahmen, da er m alien Fallen als Heilfaktor zu betrachten ist. Beinpackungen gleichfalls wertvou, uifi Fieber zu lindern. Vorzughch essiggetranktes Wiasser, zimmerwarm, dariiber einen Strumpf ziehen. Alle zwei Stunden erneuern. Stets daran denken: Bei hohem Fieber Kopf kiihl halten, FuBe warm. Bei Frastgeftihl, das sehr gut trotz hohen Fiebers auftreten kann, -Warmflaschen seitlioh des Korpers und an den FuBen. Auch bei hohem Fieber dist ein Salzwasserbad oft von uberraschend guter Wdrkung. Auf ein Bad dred bis funf Pfund Salz beginneod mit 35 Grad (bed starfeem Frosteefuhl ie nach Verlangen des Patienten warmer), dann bis 40 oder 42 Grad hochgehend. Daiuer eine vdertel bis halbe Stunde. Danach sehr warm einpacken. Bbenso bei hrthem Fdeber fur Darmentleerung sorgen. Einlauf bedm Kind etwa em halbes Liter, bedm Erwaohsenen dreiviertel bis ein Liter Wasser. Sehr gut Salzwasseremlaufe von viertelstunddger Dauer, oder beim Kind Dauerklystier mit Salzwasser (dann nur ein VierteUdter Wasser). Temperatur 25 bds 30 Grad. Immer daran denken, dab das Fieber als nichts anderes aufzufaissen ist als em Kampf, den der gesunde Korper gegen die Krankheitskeime fuhrt. Das Fieber also nicht eigenthch unterdrucken durch Gewaltmittel, sondern eher unterstiitzen. 3. Es gibf gufes Wetter, wenn 1 morgens die Zimmerfenster beschlagen" sind und das Wasser innerseitig herunterlauft, ein Tag mit Sonnenschein und Warme ist zu erwarten. 2 es morgens windstill, klar und recht icuhl ist; der Tag wird trocken, sonnig und angenehm warm verlaufen sich leichtes Gewolk in den Morgenstunden auflost und der Wind gleich, welcher Richtung schwach bleibt; der Tag wird sonnig und warm verlaufen. vormittags nur leichtes Gewolk erscheint und das Barometer ruhig steht oder steigt; es ist mindestens ein Tag gutes Wetter zu erwarten. nach Regen der Wind auf Nordwesten iais Norden dreht und der Himmel zunehmend aufheitert; es bleibt 24 Stunden trokken, heiter, mabig warm. nordlicher bis ostlicher Wind bei heiterem bis leicht wolkigem Himmel weht; er verspricht 1 bis 2 Tage Schonwetter bei mabiger Warme. die Miicken abends tanzen und der Wind sich legt; am nachsten Tage wird das Wetter schon die Wolken wenig Bewegung zeigen, kaum Wind weht und das Barometer ruhig ist; ein weiterer Tag mit Schonwetter! morgens Nebel herrscht; der Tag wird schon, zumindest zufriedenstellend. der Rauch bei klarem oder leichtwolkigem Himmel, ruhigem Barometer, gerade in die Hohe steigt; das Wetter bleibt bestandig. Es gibt Wetterverschlechterung, wenn... 1 in den Morgenstunden sehr warme, kchwule Luft herrscht; meistens ist Wetterverschlechterung in Form gewitterhafter Storungen zu erwarten. 2. das Barometer morgens bei ostlichena, sudlichem oder westlichem Wind fallt. Heiterer Himmel wird bald bewolkt werden und gewdtterhafte Storungen bringen. 3 mehrere Wolkenarten am Himmel sind; ' sch'auerartige Regenfalle sind zu erwarten. 4 morgens klarer Himmel bei niedrigem ' Oder fallendem Barometer ist; folgt noch am gleichen Tage Verschlechterung. 5 sehr gute Sicht herrscht; besonders in geb'irgigen Gegenden besteht Schauer- oder Gewittergefahr. 6 morgens kein Tau auf den Wiesen ist; das Wetter verschlechtert sich in Kurze. 7.. vormittags stark geballte Wolken in ' schneller Folge aufquellen; es gibt einzelne Gewitter oder Schauer. 8 die Sonne abends vorher oder morgens (ebenfalls der Mond) einen grofien Hof haben; es nahert sich eine Regen- oder eine Gewitterfront. 9 der Himmel morgens im Suden und Westen mehr bewolkt ist als im Osten, folgt Wetterverschlechterung am gleichen Tage. 10 ostliche Winde mit aus Suden auf- ' steigenden hohen Wolkenschichten vorherrschen, sie deuten auf Landregen hin. Autoritat O wohl, wenn das Haus der Autoritat Auf dem Felisfundament der A c h t u n <j steht: Es halt den Stiirmen der Geister stand. Weh, wenn es auf hohlen S c h e i n gestellt, Wenn nur rohe Gewalt es zusammen halt; Wie ein Kartenhaus sturzt es ivon Kinderhand. Franz Nolte. 116

120 PLATfDPITI m. Ml Plattdeufsch in der Schule Der Kultusminister des Landes Nordrhein- Westfalen hat im Juni einen ErlaB uber die Mundart im Unterridit der Volksschule unterzeichnet, der folgenden Wortlaut hat: Nach den Richtlinien fiir die Volksschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom ist die Volksschule Heimatschule. Ausdruck der Eigenart einer Landschaft ist die Heimatspradie. Zur Heimaterziehung gehort in unserem Lande die planmabige Beriicksichtigung und Pflege der plattdeutschen Sprache und der heimischen Mundarten. Auf der Grundlage der Heimatsprache miissen die Kinder zur hochdeutschen Sprache erzogen werden. Die Achtung vor der heimischen Sprache (Plattdeutsch oder mitteldeutsche Mundarten) soil geweckt, das Verstandnis fiir ihre Eigenart erschlossen und die Kenntnis der Heimatsprache durch Lesen und Lernen von guten Proben geeigneten Schrifttums vertiett werden. Den ortlichen Notwendigkeiten und Moglichkeiten entsprechend, sind die ostdeutschen Mundarten gebiihrend zu berucksichtiegen. Der Anfangsunterricht gewahrt der Heimatsprache der Kinder zuerst weiten Raum. In mandien Schulen wird auch der Lehrer die Heimatsprache sprechen miissen, um sich den Kindern verstandlich zu machen, ihr Vertrauen zu gewinnen, die Schuchternen zum Sprechen zu bringen und um zu einem natiirlichen Sprechen zu erziehen. Neben den hochdeutschen Ausdriicken sind moglichst auch die mundartlichen Bezeichnungen anzuwenden, insbesondere im heimatlichen Anschauungsunterricht. In der Sprachlehre und der Stilkunde wird auf alien Stufen die Mundart zum Vergleich herangezogen. Sprichworter, Kinderreime, Gedichte und Lesestiicke sind an geeigneter Stelle im Unterricht zu beriicksiditigen, Lieder in Plattdeutsch oder Mundart in der Musikstunde zu erarbeiten. Im gesamten Unterricht wirde sich oft Gelegenheit ergeben, die Heimatsprache ungezwungen anzuwenden. Aut die Beschaffenheit geeigneten Schrifttums fur die Schulerbiidierei ist Eedadit zu nehmen und das Interesse der Schiiler fiir diese Biidier in geeigneter Weise zu wecken. Wert und Wiirde der Heimatsprache lassen es notwendig erscheinen, sie in der Schule audi dort zu pflegen, wo sie als Umgangssprache zuriickgegangen ist." Ein Geschichfchen vom Borberg Aer ick nau saun Junge wur, liawere in user Nohwerskopp en alt Menske, dat hette Threstante. Duse Threstante kam et Owens fake mit der Strickhuase noh usem Hiuse, satte sit up et Holtkisteken tiger em Kacheluawen un hell mit user GroBmutter en Proleken. Threstante wubte ok wunderfaine Vertellekes, besonders sau schoine grusselige Geschichten, bai alle richtig wohr" wuren, un wann se't imme herre, vertallte se us Kingern stundenlank. Hal is sau ent van dian Geschiditekes, bat ik grade behallen hawwe. Swickers Dime un Schulten Kaspar kamen mol et Owens late uowern Buarbrig. De Mone schien helle un wies ne'n Wiag dor en Biarg. Van Brailen her horten se de Niegene luen, siis wur alles stille. Dei beiden hallen sik tegange, dat se balle heime kataen; kenner saggte en Wort. Do kummt se an Buarberges Kiarkhuaff, se sett all dian GrasplaB tiisker en Boimen noge vor sik leen. Dunerjo", siet Kasper, bat is et mai warme wuren, soffe us nit eis en wennig int Gras - - Oime, Oime, - do - bat is dat?" De Oime is auk stohn bliewen un kucket stur int Gras. Un do sittet do im Grase ne graute witte Gaus mit swarten Fliigeln un schwartem Sterte, un iimme sik rumme hiat se ne Krans van witten Eggern. Dei Gaus fluiget up mitsamt en Eggern un fluiget lanksam up dei beiden tau, un dei - hastdumichnichtgesehn - laupet, bat se laupen konnt, dor Holt un Heide un halt eis wier Ohm, bo se de Hilbrinkser Bieke vor sik sett. De Oime kucket sik iimme, ower niks is mehr te seihn. Up em Muilere meint dann Swickers Oime: Vai barren doch nit forts sau oiitnaggen souen, bei weit - me soil werhaftig nau mol iimmgohn un -" 0 Heer, Oime, swaigit iimme Guatteswillen stille van diam Diere, mai biewet nau alle Knuaken, wiir ik terheime!" Et wur stiekeduister, bo se in Brailen ankamen. De Oime wur moihe taum Uemmefallen un konn doch nit slopen. Dai Geschichte genk em imme Koppe riimme. Bat wur dat mit diar Gaus ewiast? Een wirklich Dier? Ne Stuark vlichte? Oewwer dei selfsame Blick, dian dat Dier hat harre, sau trurig, sau gans anders arre bai me richtigen Diere! - - Einerlei! Moren wou hei gohn un dei Sake ungersauken! Et andern Dages giegen Owend nahm hai sainen Jsel un riere nom Buarbrige. Riditig, dei Gaus sat do wier, hei soh se all tusker en Boimen. Noii owwer drup tau, Oime, nit bange sien! Ja wuall! De Oime wou wuall, ower de Jsel wou nit. Aer hei dei Gaus soh, bleif hei stille stohn. (Grade arre sain klauke Vedder, dei domols 117

121 Kauwes op der Reise noh Potterbuarn dian slechten Streidi spielt hiat.) De Oime konn anfangen, bat hei woll, de Jsel bleif stohn. Diam Oimen gett de Geduld oiit. Hei kiimmert sik iimme kenn Gespenst, un kennen Buarberges Kiarkhuaft, niemt en Kniippel un D6u scheiwe Dradie, verfluchte Misthucke, geste noii!" roipet hei in heller Bausheit un hogget, bat hei kann, up dian armen Jsel. De Jsel blitt stohn, owwer de Gaus bort sik hauge -in de Luft, fluiget bit jewwer en Oimen un fanget an te soditen, dat et em Oimen heit und kalt wert un siet: 0 doii! Jselsloen is kenn Bittgankgohen! De Eckerte sittet nau am Baume, un oiit diar Eckerte wasset ne Eike, un oiit diar Eike werd ne Weige snien, un in diar Weige slopet en Junge, bei Sunndages unger der Haumisse junk ewuren is, un wann dei Junge sau alt ewuren is, arre doii noii bist, dann eis kann hei mik erloisen. O dat doii sau efiauket und eslagen hiast!" Un dann fluiget dat Dier wiag un is un blitt verswunden. Swickers Oime owwer harre salt diam Dage sneiwitte Hoore. Sau vertellte Threstante. Hu, GroBmutter, bat is et duister! Stick doch de Lampe an!" Dumme Bl'agen, gai konnt uge Geld nau imme Duistern tellen. Binget ug ne Katte vor't Knei!" Fritz Hillebrand (i) En Biebmesken Anslag Dai Biebmer, dai trocken moll in ollen Teyen laere olle Kiaerke van der ollen Steyen; Se stonnt ne nit mar no eyrem Sinn, Se trocken se midden in Biebmen rinn. Dai Biebmesken, dai gengen verniinftig te Wiiirke, Se stroggern dist Erften vor de Kidrke, Weil dat Rutsken viel bidter gdiht, Wenn dis de Kidrke ob Erften stdit. Un bo se en Sail harr'n driimme bun'nen, Do schilewen dai Ollen, do trocken dai Jungen; Se schwiiewen un woren nat van Schwdit, Se trocken, bit dat Sail terrdit. Bat schwdit iek, sagte de rduhe Hannes, Hai genk und henk ob de Hiege seyn Wammes; Dat was deym Kottenjungen laif, Hai stahlt, un niimmes soh deyn Daif. Se bliewen an dinem Schilewen un Trecken, Dai Hannes pdusere un so no der Hecken, Ey Luie, raipe, hort op te tain, Jek kann meyn Wammes all nit mar sain. Sau gott auk de boisen Luie te Widrke, Se schiiewet un trecket an user Kidrke, Doch arre diam Hannes sdu wdrt ne gohn: Det Wammes gait rippsen, de Kidrke blitt stohn. A'us P. Somer's Hager6schen". Peter Somer wurde auf dem letzten Sauer- Idnder Heimattag durch eine Geddchtnistajel an seinem Geburtshaus geehrt. Er wurde vor 125 Jahren in Elspe geboren. Schijttenglog im Siuerlanne Dai Schiittenbraers in diar Ailinker Haie hadden mol weyer iaren graoten Dagg. No ollem Hiarkummen hadden sai in diam ouerduimliken Kapelleken op diam Huowe te Kiarkelinne diar Schiittenmisse tauhort un woren niu op diam Wiage tau diarvugelrauge. Dai Musik viiorenop Der erste Schnee hoggte dropp, bat dat Tiug holden woll un dai Schiitten in strammen Schriett, sangen feste met: Mit frohem Mut und heiterm Sinn, hurrah! hurrah! hurrah! Ziehn Schiitzen wir zur Stange hin, hurra! hurra! hurra!" Dai Ollen achtern am Ende daen et gemaitliker. Sai unerhalden siek iiower dian gistrigen Fiastverlaup: biuviell Innahmen dai Kasse opwiesen hadde, biuviell Hekto Baier vertappet woren, ow siek dat schaune Wiar aok vandage nao halde, bai gleyk dai nigge Schuttenkiinink waren da, ow sai wuol lange te schaiten hadden, un sao fodder. Ainer ower ments besuorget: Wenn sai ments blaos genaug Muniziaone het! Dai Vugel is wahne faste; iek hebbe ian unersoggt, ager dat hai op dai Stange kam. Iek segge ugg ments: dian het sai nao nit unen!" - Dai Viiorensten woren all bey diar Stange anlanget. Bat is dann niu laos?; dai het jo ainen wahnen Tumult doviiorenl Aere et iutsuiht, wellt sai jo dai Stange runer loten!" wiineren siek dai Ollen un beeyleden siek, viiorenbey te kummen. Niu horden sai dat Geschenne un Geflauke un: Dat hiat niimes aneres don, are dai Holier!" - Un bat sollen dai Holter iut diam Nowerduorp don hebben? - Op diar Vugelrauge was ain Groskenstiuten fastemaket met ainem Zieddel, op diam te liasen stont: Ey maitet uggen Vugel blatter fastemaken, dat hai ugg nit wiagfluiget!" - Diittmol sdiiiotten sai in diar Ailinker Haie ainen klainen Aikenstamm van diar Stange un in dian nogesten Johren wor dai Schiittenvugel bewaket; ower nit blaos dai Vugel in diar Haie, niii, aok dai in Holzen. 118

122 M.iasebettken, ivo bciste.? - Plattdeutsche Vogelstimmen Den Vogelstimmen hat das plattdeutsche Volk bei seinem innigen Zusammenleben mit der Natur seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und die Lieder, Gesange, Strophen der Vogel in plattdeutsche Sprache iibertragen. Franz Josef Koch-Essen hat im Sauerlander Heimatkalender 1942", Seite , eine hiibsche Zusammenstellung gebradit: Sauerlandische Vogelstimmen". Ihnen seien noch einige hinzugefugt, die gelegentlich im Sauerlande noch aufgelesen wurden. Der Buchfink, der im Winter hierbleibt, wahrend das Weibchen nach Suden zieht, begriibt das zuruckkehrende Weibchen mit Fit! Fit! Fit! Sind dai wackeren Miakes all wejer do?" Sieht der Buchfink den Bauern kommen, so spottet er: Siewen Biuern sind keine Schlaierte wert = weeeert." Der Zaunkonig, von dem Koch sagt, dac er eigentlich der Wappenvogel des Sauerlandes sein sollte, singt: Dick Holt arr mejn Bain un do klein Holt tusker, dat brennt guet, guet." Diese Vogelstimmen fallen natiirlich, wie sich leicht begreifen labt, nicht in das Kapitel der Reimfreudigkeit"; denn die Liedstrophen sind so eigenartig, dab es schwer wird, sie auf einen Reim zu bringen. Aus der Koch'schen Zusammenstellung passen hier folgende: Die Feldlerche singt: Driew, Peterken, driew, driew, driew! Hiaste en guerren Heeren, Dann bliew, bliew, bliew! Hiaste en schlechten Heeren, Dann driew, driew, driew, Wiet wiag, wiet wiag! Dem Saemann ruft sie zu: Laiwe Heer, laiwe Heer, Schmiet noch en paar Keernkes mehr, Keernkes mehr! Twai, twai, drei! Spater singt sie: Piep-piep-piep! Keernkes, Keernkes riep, Kritt dai armen Luie aok wat, lek aok wat, - iek aok wat. Die Singdrossel, die jedes Motiv, jedes Liedstiickchen zwei- bis fiinfmal wiederholt, singt nach dem alten, muntern Leineweber Poggel in Brenschede": Liesebettken, Liesebettken, Wo bliste? Wo bliste? Kiiemmste nao nit, Kliemmste nao nit, Siis, - sirs, - siis...! (Dann schmeichelnd:) Lie-se-bett-ken! Lie-se-bett-ken! An der untern Ruhr deutet man das Lied der Singdrossel: Soffie, Soffie, Soffie, Kuak Koffie, kuak Koffie! Antrin, Antrin, Antrin, Dau Schmand drin, dau Schmand drin! Micketrin, Micketrin, Brock Micken drin. Brock Micken drin! Brodi Micken drin. Die Schwarzdrossel (Amsel) flotet: Graite, Graite, Wann iek flaite, Dann kumm! Kennst diu mejne Flaite nit, Dann bist diu mejne Graite nit. Graite, wann iek flaite, dann kumm! Die Antwort darauf lautet: An der Ecke stoh iek; Kiiemmst diu nit, dann goh iek. Der Zaunkonig (Niettelnkiiening) zwitschert und schnurrt: Miiggen un Flaigen Sind mejn Vergnaigen, Spinnebain, Spinnebain, Herrrrrrrrrrrrrenar! Dai schmecket nit schlai. Im Winter schmettert er: Selber in Schnai un Ejs Flait iek hell Dank un Prejs. Guatt, di tr Ehrrrrrrrrrrr! Doch wenn dat Froihjohr blogget, De Hiarrguat Blaimkes strogget, Flait iek noch mehrrrrrrrrrrr! Franz Nolle Biu loft daf dann Driippels Kasper hiat keine metkriegen un is Junkgeselle bliewen. Un dat kam dovan, wuil Kasper wahne schnoggelig was. Hai konn Miakens genaug hewwen, harre owwer an alien wat iuttesetten. AntleBte harre 'me suine oue Mutter ent iutsocht, un sai gloffte sieker, dat hai duttmool aanbuiten woorte. Kenneste Stiuken Christuineken te Langenbieke?" frogere se. Nai", saggte Kasper, dat kenn ik nit." - Dann is et hauge Tuit, daut diu et kennen lehrst", maint de Mutter. Binne dui en frisk Schmuisken vuar un goh foorts derhien. Dat is en Miaksken! Sau schoin finneste op tain Stunne rundiimme kaint wuier. Un dobai fluitig un brav, un hiat ok wat intebrocken. Dat wor de rechte Frugge fiiar dik." - Aansaihn konn me 't sik jo mol", denket Kasper un schuiwet af. Et diuert awwef nit lange, do is hai wuier do. Nun", froget Mutter Driippel, diu kiimmest jo sau fixe wuier, hiat dui dat Miaken nit gefallen?" - Ooo jo", maket Kasper, owwer huiroten kann ik et nit." - Sau? Bo fehlt et dann niu wuier?" - Et fehlt nix, o nai, im Giegendeul, et hiat teviel, namlich in der Lange." - Junge!" - Jia, suih mool. Mutter", segget Kasper, ik sin en bieken stump gerohn, un Christuineken is wual tweu Kopp langer erre ik. Niu suih mool: Wamme det Sunndags Muargens tesammen in de Froihmisse geut,bo enne sauviel Luie saihet, ik bidde dik - biu lott dat dann!" Joh. Schulte 119

123 ii^tamiailsiallttlllim > t «=^^y^ ' ' *«^., i Burg Schnellenberg Lai we M utter Maria Vey wellt no deynem Kapellken gohn, Laiwe Mutter Maria! Vey wellt dey all use Suorgen verrohn, Laiwe Mutter Maria! No deynem Biele wander vey sav, geren, Diu bis use ainzige Traust op Eren, Laiwe Mutter Maria! Diu staihst do haugen in Ridnen un Wind, Laiwe Mutter Maria! Un hidst opme Schaute deyn laiwet Kind, Laiwe Mutter Maria! Alle Naut diu, kennest un alle Schmidten Van didn armen Menskenhidten, Laiwe Mutter Maria! De Welt is sau diuster, un de Welt is sau schwatt, Laiwe Mutter Maria! Se well nit mehr horen op Guares Gebuatt. Laiwe Mutter Maria! O birre jiidr us an Seynem Thraun, Ddt Hai us viior Kreygesnaut verschaun. Laiwe Mutter Maria! Un kiimmet aimol de leste Dag, Laiwe Mutter Maria! Un dait use Hiate deyn lesten Slag, Laiwe Mutter Maria! Wann dann nit mehr konnt dai maien Faite, Dann kumm us doch idwen in die Maite. Laiwe Mutter Maria! Martha Menzebach Mejn Siuerland Noh dej schrigget mejn Hidrte Nachts imme Ungerstanne, Noh dej gdiht all mejn Denken, Noh mejnem Siuerlanne. No dejnen diusend Bidrgen, Noh dejnen riuhen Fuisten, Noh dejnen duistern Ddnnen, Noh dejnen Schwattbrdot-Knuistea. Noh dejnen Hidrwest-Nieweln, Schaiwen Wiesen un Fellern, Noh dejner ddftigen Sproke, Noh didn Gridwern der Ellern. Land an Riuer un Lianne, Krdone op Guarres Eeren, Ddt uese Hidrrguatt diek sidne! Lot diek gruifien uan feeren. Carl Wigge. Tierschaufast Imme Hoave en Spektakel, Dubbenaiern un Gekakel an dienm Troage, op'em Nest: Diien Dag hdv vey Tierschaufast! Alles steiht do feyn geschniegelt, glaat un blitzeblank gestriegelt. Jeder hoapet still far sik: bestprdmaiert weere ik! Suih mens, wat de Gockel krdgget un sik batzeg riimmedrdgget: Hoaves Kilning is de Hahn, driimme stoh ik oabenaan. Ik gewinne, roipert FUllen tusker Kauh un Ossenbriillen, un de Hitte bldrt: Meek, meek, Ey seyd alltemole geek! Entken wackelt no didm Hauhne: Maket uch doch nix te daune! Gick, gack, gack, vey kriett didn Kranz, schnidttert do de fette Gans. Bldut de Suge is am Grunzen, woihlt im Schiett un hort dat Strunzen. Idhr Benidhmen was nit feyn, doch se is un blitt en Schweyn. As am Nummedage all triigge kdmen in didn Stall, was as einzege im Zuege schwoar bekrdnzet use Suege. Hedwig Bergenthal Uont TKelsen und ^pcitzen Zum AbschluB seiner..natiirlichen" Erziehung lajjt Rousseau seinen Emile" aut Reisen gehen. Sehr zu redit. Nichts weitet so den Horizont, zeigt so den Wert und Unwert heimatlidien Denkens und Gehabens, nationalen Strebens und Versagens, wie das Reisen der alten Zeit. Es stiinde audi uns noch frei, zu FuB, zu Rad, zu Pferd, im Wohnwagen von Land zu Land zu ziehen. Aber man verschreit es als romantisch und hat wohl auch keine Zeit dafiir. Aber gerade liber diese muc man verfiigen, wenn das Reisen bildenden Wert haben soli. Nur dieses langsame Sidi-Herantasten an eine neue Welt kann zur organischen Erweiterung der Personlichkeit fiihren, kann auch die verschiedenen Standpunkte einander naher bringen. Vom Reisen im D-Zug, Auto oder Flugzeug sollte man nicht sprechen. Die Fortbewegung ist so schnell, dab man kaum klimatisdi sich umstellen kann. Die Entfernungen flitzen an einem vorbei, und vielleicht sollte man mit diesem Wort das Zueinanderkommen von verschiedenen Menschen und Welten bezeidinen, das keine Ubergange, keine Erfiillung, keine wirkliche Verstandigung kennt. Irgendwelche Werte mag dennoch die Flitzerei unseres Jahrhunderts haben. Man mufite sie suchen. Aus dem Juni/Juliheft 1956 der Deutsdien Volksdiatt. 120

124 Heimafliches Schrifftum Sechste Folge. Nadttr&ge und Erganzungen Dieses Verzeichnis ist fortgefiihrt aus den bisher nach dem Krieg ersdiienenen Kalendern. Es sollen zunachst Sdiriften sauerlandischen Charakters und Biicher von Sdiriftstellern, die entweder selbst Sauerlander sind oder im Sauerland iiire Wahlheimat haben, registriert und besprodien werden. Dariiber hinaus halten wir es fiir richtig, wenn wir auch in diese BesprechungSchriften heimatlicher Art aus dem ganzen Westfalenland einbeziehen. Rilther, Josef: Hedmatgeschichte des Landkreises Brilon. Miinster: Regensberg Seiten. 9,80 DM. Al'S im Jahre 1920 Josef Riithers GesohiiichtMche Heimatkunde des Kreises Brilon" erschien, fand sie bei alien Heimatfreunden, in den Familien imd Schulstuben freudige Aufnahme. Seit mehr als 25 Jahren war dieses Werk im BucStihandel vergriffen. Nun legt der Verfasser, nach groindlichen und umfassenden Vorarbeiten, eine neue Heimatgeschichte vor, die in lebendiiger Weise ein Geschichtsbild des dstliehen Teiles unserer sauerlandischen Heimat unter Bez-ugnahme auf die Gesamtgeschichte unseres Volkes bietet. Von den 28 Abschnitten dieses Werkes seien nur folgende genannt, um die Fiille des behandelten Stoffes anzudeuten: Naturhafte und volkische Grundlagen unserer heimdsohen Geschichte. Zedtlaufe (bis 1500, , von der franzosischen Revolution bis zur Gegenwart). Das Herzogtum Westfalen. Bevolkerungsstande. Bauer und Boden. Unsere Stadte. Aus der Geschichte des GewerbefleiBes unserer Heimat. Aus der Kulturgeschichte. Aus der KirchengesoMchte. Von der Schule. Recht, Gericht und Amter. Burgen und Erdbefestigungen im Kreise. Sohne der Hedmat. Bemerkungen zur Bevolkertungsstatistik... Erganzt werden diese Darst^rungen durch 15 anschauliche Skizzen. Dazu hat der Verfasser eine fast ersohopfende IVIenge urkundldoher und statistdscher Belege aus den heimisohen Archdven zubammengetragen und unter Beachtung der neuesten Ergebndsse der wissenschaftlichen Forschungen (besonders A. H. Hombergs) verarbeitet. So ist eine Hedmatgeschichte entstanden, um die unsere anderen sauerlandischen Kredse den Kreis Brilon beneiden konnen. Josef Riither hat es verstanden, seine Leser zur standigen eigenen Auseinandersetzung mit den auftauchenden Fragen bei verschiedenen Auffassungsmogldchkedten anzuregen. Seine eigene klare Stellixngnaihme beriihrt angenehm, well sie in der Bhrfuroht vor Gott, dem WWlen zur Wahrheit und der Ldebe zur Heimat und ihren IVIenschen begriindet ist. Auch der kritische Leser, der in einzelnen Fragen einen anderen Standpunkt ednnimmt, wird diese Haltung anerkennen konnen. So scheint es dem Berichterstatter bedauerldoh, dab die besondere Behandlung des Adels aus Grunden der Baumerspamis fortgefallen ist. Seine Bedeutung als politischer Faktor und als Stand mat besonderer zeitbedingter sozialer Funktion gerade in unserer sauerlandischen Hedmat bedarf noch edner griindlichen, objektiven Erforscbung. Allerdings miicten dann auch die prlvaten Archive adeliger Familien dem vorurtedlsfreden 'WSssensohaftler geoffnet werden. Wir wtinschen Josef Riithers Heimatgeschichte eine recht weite Verbreitung, besonders in den Familien und Schulen des gesamten Sauerlandes. Der niedrige Preis wird die Anschaffung erleiohtern. Moge weiterhin dieses Werk Vorbild und Anregung fur die iibrigen kurkolnischen Kreise sein, die planmafiige, vollstanddge und einwandf rede Erf assung aller urkundlichen Bestande ihres Bereiches in die Wege zu leiten, um sde der wissenschaftlichen Auswertung nutzbar zu machen. Der GesohiohtsaussohuIS des Sauerl. Heimatbundes wird diese behordliche Unterstiitzung sicherlich begriifien. - he. Bierbaum, Max: Nicht Lob, ndcht Furcht. Das Leben des Kardinals von Galen. Verlag Regensberg, Miinster. 224 S. m. zwedfarb. Umschlag. Ln. 9,80 DM. Am waren bereits zehn Jahre seit dem Heimgang des Kardinals Clemens August Graf von Galen vergangen. Wenn auch uns Zeitgenossen des groben, unerschrockenen Bischofs das Leben und besonders das Wirken in der Offentlichkeit als Widerpart mit staatlicher Maoht ausgestatteten.neuheidentums in solcher Erinnerung ist, da(3 wdr vermednen, alles sei gerade gestern gewesen, ist es gut, dab der Verfasser uns dieses Lebensbild gesdhaffen hat. Und well dieser Lowe von Miinster ganz aus westfalischer Art genommen ist, gehort auch die Erwahnung dieses Buches in diesen Kalender. Max Bierbaum ist Professor fiir kirchliche Rechtsgesohichte, Domkapitular in Miinster, er begleitete den Kardinal auf der letzten, beriihmt gewordenen Romreise und stand zum Bisdhof von Galen in einem freunidschaftlichenverhaltnis. So war er besonders berufen, das Bdld des groben Toten zu zeiohnen in einem Buch, das uns den Kardinal gerade auch von der menschlichen Seite nahe bringt, das uns in Idebenswiirdiger, aber eindrdnglicher Weise zeigt, wie aus dem jungen Westfalen der Priester, der GroBstadtseelsorger, der Bisohof und Hirte seiner Herde wird, den nicht Lob, nicht Furcht" - wie der Wahlspruch seines Bischofwappens lautet - hindern kann, den Weg der Pfldcht, den Weg eines aufrechten Bischofs, auch in Zeiten der Verwirrung, zu gehen. FS. Luhmann, Heinrich: Westfalisches Krippenspiel. Kleine Westfalische Reihe. Herausgeber Westfalischer Heimatbund. Verlag Asohendorff und Deutscher Heimatverlag Giesefcing, Bielefeld. 32 Seiten. 0,90 DM. Neben Anna Kaysers Krippenspiel haben wdr nun aus heimatlicher Feder ein wedteres Spdel um das Wedhnachtsgeschehen, das einem wirklichen Bediirfnds entsprdcht; denn unseren Laienspielscharen fehlte bisher ein gutes Spiel fiir die Advents- und Weihnachtszeit aus heimatlichem Geist. Luhmanns Spiel ist von eigener Art; es verlegt den Ort der Handlung in die Loddenhedde im Miinsterland, wie Tim'mermanns schon das,,jesuskind in Flandern" erstehen lieb. In dem Spiel, das in einfacher, klarer, aber doch 121

125 dichterischer Sprache geschrieben ist, treten die Bauern des Munsterlandes, westfalisohe Dorfleute in Holzschuhen, die hi. drei Konige aus der Borde umd aus dem Sauerland auf und bringen dem gottliohen Kinde die Gaben ihres westfalisohen Landes. Wir freuen uns dieses schonen Spiels, das zuerst 1955 in Miinster aufgefvihrt wurde und geeignet ist, in seiner Schliohtiheit und Frommdgkedt dem westfalischen Volk manche schone weihevoue Stunde in der Adventszeit zu sohenken. Zu zwei Liedern Fiinf Lattchen, fijnf Brettohen" und Sdhlaf, Mebes Kind" schuf Theodor Propper, Balve, die Weise. - er. Johanntoberns, Heinz: Dem Heil entgegert. Eine Kreuzwegandaoht mit Holzschnitten von Johannes Hohmann. Dietridh Coelde-Verlag, Werl. Auch ohne Verse hatten diese Holzschnitte voile Aussagekraft. Sie brauchen keine Deutung, weil sie aus dem Lead des Herrn aufstehen, von Seiner Not zutiefst beruhrt, von Seiner Qual erfiillt. Gesammelt auf ihr Thema, bringen siie Notwendigstes, um ndoht Ratsel aufzugeben, und bleiben dooh symbolmachtig. Modern, weil heutig. ohnekonzession an unverbindldohen Asthetizismus reiner Form oder sentimentaler Weicbheit. - Die jeweils drei Vierzeiler sind dem Titel verpflichtet: So steh uns auf dem Weg zum Heile bei. dac wir das Kreviz durch Deine.Gnade Ideben!" Unid auch mdt einem mahnenden Ansporn: Dir darf ich helfen in des Bruders Not... und Junger nennst Du die zum Kreuz Bereiten." J. Klever Anno Domini Verlag Dietrich Coelde, Werl. Ein Kalender aus franziskanischem Oeist. Franziskusworte begteiten die Wochen und formen alles Sein zu Stufen, die zu Gott fiihren, wle der Heilige sie aufwarts geistiegen, fromioh Gott erkennend im Werk Seiner Sdhopfung, vou ernster Erlosernot Mjenisoh lund Natur vor Gott tragend. Leise deuten sie so die Bilder vom Menschen und sednem Leben, die Natur in ihrer Schonheit und Fiille als Offenbarerin des ewigen Schopfers, die Kunst im Miihen und Vollenden als Zeugdn berufenen Sohopfertums naohformender Menschenhand. Gut gewahlt, sind die Bilder der weiten Welt wie der Heimat veribunden. - Unter den vielen Kalendern sollte dieser ndcht unbeachtet bleiben. J. Klever Luhmann, Heinrich: Kauze - Kinder - Konige. Geschdohten und Anekdoten. Sauerland-Verlag, Iserlohn. Von Heinrich Luhmann ist im letzten Jahre ehrenderweise haufig die Rede gewesen. Da man seinen, 65. Geburtstag beging, gedachte mian natiirlich auch seines diohteriischen Lebenswerkes. das einen Bogen schlagt von seinem Erstlingswerk aus dem Riisper Wald Wo die Walder Wache halten..." bis zu idiesem Buch der Geschichten und Anekdoten, in denen der ganze Heinrich LUhmann steckt, der Dichter, der so prachtig fabulieren kann mit dem Sahelm in den Augen und der so echt Westfalisohes aussagen kann; idenn das gdbt es, alien gewissen Jugenddichtern auf westfalisoher Erde zum Trotz. Wer diese Geschdchten gelesen und zweifelt noch. dab es Westfalen (ndcht nur als Verwaltungsbezirk) gibt^ dem ist nicht zu helfen. Wir freuen uns dieses schmucken Bandohens und wunschen es in die Hande vdeler Landsleute. FS. Luhmann, Heinrich: Landliches Jahr. Coppenrath Verlag, MUnster. In der Reihe der von Jos. Bergenthal herausgegebenen Westfalen-Bucher, stellt sich uns Luh- manns Landldches Jahr" als alter Bekannter vor; unter dem Titel,,Bauerniahr" erlebte das Bandchen bereits zwei Auflagen. Die Tiirschild- Anderung an der Deelentiir weist wohl mit Absicht darauf 'hin, dac dieser Gang des Dichters durch die zwom Monate des Jahres nicht fiir die Bauern, oder doch nioht mur fiir sie allein geschrieben ist,sondern fiirs ganze westfalische Volk. Und so ist es in der Tat. Im Spiegel der Monate und Jahreszeiten erlebt man mit dem Diohter das landliche Jahr, das sioh vor dem Leser mit seinen Arbeiten hinterni Pflug und auf der Tenne. mit- alien seinen Volksbrauchen in der ganzen bunten Fiille ausbredtet. Heinrich Luhmann erweist sioh auch in diesem Biichilein nicht nur als ein Dichter von Rang, sondem auoh als zuverlassiger Volkskundler. Gemalde hervorragender Maler mit Szenen aus dem Ablauf des bauerlichen Jahres bereiciiern das sohmucke Biichledn. FS. Schlinkert, Martha: Dachschiefer und Schiefertafel. Verlag der Hessischen Lesebuchstiftung, Wiesbaden. Kart. 1,20 DM. Was man vom Dachschiefer und von Sohiefertafeln wissen muc und auoh wissen kann, hat Martha Sdhlinkert jn dieser Jugendschrift in anschaulicher Weise dargestellt. Man" - das soil hder zwar zunachst die Sctauljugend sein, aber es verschlagt auch niohts, wenn sich Erwachsene angesprochen fiihlen, denn wie viele oder wie wendge Sauerlander wissen etwas vom sauerlandischen Schiefer und seiner Verwendung, Martha Schlinkert, unseren Lesern aus Erzahlungen und Gedichten bekannt, hat alles Wissen imn Schiefer und was damit zusammenhangt, so lebendig und trotzdem sachverstandig dargestellt, dai3 wir gern darauf empfehlend hinweisen. Luhmann, Heinrich: Die Miillerin Mundt. Verlag Lechte, Emsdetten. 83 S. 4,20 DM. Gescbenkb. Bine ernsthafte Laohgeschichte nennt der Dichter dieses Buch, woraus sich ergibt, da6 die Helddn der Geschichte zu den seltsamen Kauzen gehort, die mit Vorliebe. Luhmanns Geschichten bevolkern. Wippermann, Ferd.: Christijohn un Leysebettken." Oder,,de Pannekauken-Panne". Verlag Franz Wulf, Wiarendorf. Ferdinand Wippermann ist der plattdeutsche Professor, der zur Erhaltung der plattdeutschen Sprache manchen wertvollen Beitrag geschrieben hat. DaI3 er nun auch ein plattdeutsches Lustspiel geschrieben hat, ist umso dankenswerter. als es leider vdel zu wendg BUhnenstiicke dieser Art gdbt, dde man Ladenispielbiihnen empfehlen kann. Schlinkert, Martha: Kinder des Friihlings. Verlag der HessisOhen Lesebuchstiftung, Wiesbaden. 49 S. Eine Naturerzahlung nennt Martha Schlinkert dies fiir Kinder und fiir den Unterricht in der Volkssohule bestimmtes Biichlein, das in hijbscher und kurzweiliger Wedse den Kindern das Werden der Natur im Friihldng nahebringt. Viele Schulbiicher konnten von dieser Art, Naturkunde zu treiben, lernen. Dr. Beste, Ferdinand: Briiissel und das Ende des Varus bzw. dde letzte Schlacht am Birkenbaum bei Briissel. Im Selbstverlag des Verfassers. Lein. geb. 7,80 DM. Arnsberg Dr. Beste versucht aus der Deutung der Ortsnamen, der FluI3namen und der romischen Geschichtsquellen dan Nachweis zu erbringen, dab 122

126 die Varusschlacht bei Brtissel stattgefunden hat und dariiber hinaus, dab das flandrische Geb;et nioht nur Wiege der Menschheit, sondern auch Schauplatz all der groben gesohichtliohen Vorgange in fruhgermanischer, germanischer Zelt und im Mlttelalter gewesen ist, und dab unsere iherkommliche Geschdchtsbetrachtung und unser vermeintliches Wissen auf faustdicken Geschiohtslugen aufgebaut ist. In Wirklichkeit slnd die ganzen afnikanischen, europaischen und asiatisohen Volker von der Nordsee gekommen und blutsgebundsn, und wenn das den Volkern nicht wieder zum BewuIStsedn gebracht wird, vcrspielt Europa auch die letzte ihm vom Schiicksal gegebene Chance, als selbstandiges Gebilde den kulturellen und politischen Ausgleichsfaktor zwischen Asien und Amerika bilden zu konnen" sagt der Verfasser im Vorwort. Wiir begniigen uns mit diesen Andeutungen des Inbalts und iiberlassen es fachkundigen Federn, sich mit diesen Hypothesen aiuseinander zusetzen. Wagenfeld, Karl: Gesammelte Werke. Band II: Die Erzahlungen. Miinster. Verlag Aschendorff. S84 S. In Ganzl. 17,50 DM. Naoh dem Band I (Versdichtungen und Dramen), noch herausgegeben von Friedrich Castelle, liegt uns nun das vollstandige Werk unseres Karl Wiagenfeld in dieser geschmackvollen Ausgabe vor. Und wenn man diese kurzen Erzahlungen in miinsterlandischem Platt, in ihrer knappen, oft wortkargen Form, die trotzdem auch plauidernd sein kann und den herzigen Humor des Dichters immer wieder aulleuchten labt, wird einem wieder so deutlioh, was uns Karl Wagenfeld als Dichter des Westfalenlandes bedeuten konnte. wenn wir das kraftige Brot des Miinsterlandes nur kosten wiirden. Auch aiuis diesen Erzahlungen ernster und beiterer Art erkennt man den groben Dichter plattdeutsoher Mundart, und wir Westfalen sollten ihn ganz vorn auf unserem Biieherbrett stehen haben und uns nicht scheuen, vor aller Welt von Westfalens grobem Dichter zu sprechen. In sein Leben und sedn Werk fiahrt Anton Aulke, selbst ein Dichter plattdeutscher Zunge, in einem Nachwort mit vie! Liebe und grobem Verstandnis den Leser ein. FS. Der Westfalische Heimatbund hat auoh einen Schullesebogen herausgebracht. 16 S. 9,80 DM. Verlag Aschendorff. Rektor Johannes Wlibbelt hat in diesem Heft eine Auswahl von Gedichten und Prosastiioken getroffen. In einem Nachwort berichtet Ernst Wagenfeld iiber das Leben und Wirken seines Vaters. Ndcht nur Schulen, auch alle Freunde westfalischer Dichtkunst werden von diesem Bogen angesprochen. Kahle, Maria:..Griines Bergland zwischen Ruhr und Sieg." Sauerland-Verlag, Iserlohn. Ddeser schone Dildband kann iitber manche geplante aber verregnete Sommerfahrt in dieses griine Bergland hinwegtrosten, so lebensnah und erlebnisccht ist er gestaltet. Der Text von Marda Kahle ist, drucktechndsch gesehen, sohon edne Festgabe zum 65. Geburtstag der Dichterin. Auch ohne das hinwedsende Wort auf den Bann ihrer wunderstarken Spraohe" spiirt der Leser die Ausstrahlung einer Dichterpersonlichkelt, die dem Reichtum an Klednodien der Kamera, gesammelt aus dem kurkolnischen, dem markischen Sauerlande und dem Wittgensteiner Land den Qlanz eines schwingenden Bhythmus im Wert zugesellt. Es ist kein iibldches Vorwort, das man sdch oft so gerne schenkt. Hder ist wieder die edgenwillige Franz Rinsche Franz Rinsche (f) Kohlezeichnung von Fritz Miiller Im vorigen Kalender haben wdr schon auf das Buch Sunnenland" von Franz Rinsche ( Sunnenland und andere platfcdeutsohe Diohtungen", Verlag Regensberg, Miinster) hdngewiesen und seine Bedeutung als Heimatddchtung und als plattdeutsche Diohtung gewiindigt. Walter Dalhoff hat diese Auswahl zusammengestellt und Fritz Miiller in Kohle das Bild des Verfassers fiir die Titelsedte des Buches gezeichnet. Dieses Sunnenland", die Erinnerung des erwaohsenen Mannes an edne herrllche Dorfjugend, konnen wir unbedenkldch neben Grimmes,,Memoiren eines Dorfjungen" stellen; in.mancherlei Hdnsdcht iibertrifft Rdnsohe den alten Sauerland-Dichter noch. Und es ergeht dem Leser nicht anders, als dem Verfasser, der in seldger Erinnerung an die Tage im heimatldchen Dorf ausruft: Batt schoin! batt sohoin!" Dr. Franz Rinsche erbielt 1940 den Johann Hednrich-Pehrs-Preds; er starb in Miinster im Jahre Er schrieb dem Sunneniand ein plattdeutsches Lustspiel D'att Niilleken", edne Geschdohtssammlung De giildene Kutsche" und einen Gedichtband Feldbl(umen". Seine Heimat ist Scharfenberg. 123

127 Form Maria Kahles, die sich ihre besondere Aussage ftir ihr Heimatland gegeben liat. Ein Plantagenbesitzer aus Sao Paulo zeigt nach 30 Jahren seinem Sohme die alte deutsche Heimat. Dazu edne junge Baltin und die Dichterin selbst beginnen ihre Fahrt in Soest und lassen Eindriicke und Bilder dieses griinen Berglandes an Herz und Auge vonibergledten. In diesem Wechselgesprach, das unter der Patina des etirwiirdiigen Patroklidomes begdnnt und am Sorpesee endet, wird alles historisch iind kulturell Bedeutsame, alles Literarische, Musikwissenschaftliohe und Volkskundliohe, das je in diesem weit gespannten Bezirke bedeutsame Spuren fainterlassen hat, gestredft und entwicklungsgescmchtlich rangmacig eingeondnet. Dazu kommen 51 doppelte Bildtafeln aus Stadten und Dorfern, aus Waldwinkeln und Wiesentaler, arus Kirchen und Kapellen, Friedhofen und von einsamen Hohen dieses griinen Berglandes zwischen Ruihr tind Sieg. Wobei zu sagen ware, dac die teohndsche Wdedergabe der Bilder mitunter Wiinsche offen labt. Das Werk insgesamt aber ist eine Freude fiir alle Lriebhaber des Sauerlandes und fiir alle Freunde der Dichterin hiiben und driiben. O. P. Arens, Heinrich, Schulrat i. R.: Heimatkunde Nordrhein-Westfalen. Verlag Lambert Lensing, Dortmund. Heimatkunde Nordnhein-Westfalen" nennt sich eine im Verlag Lambert Lensing in Dortmund erscheinende Schriftenreihe, dde von dem jetzt in Mesehede im Buhestand lebenden Schillrat Heinrich Arens heraoisgegeiben wurde und allenthalben lebhaften Anklang fand. Diese Heftchen erscheinen jetzt in der Bearbeitung von Rektor B. Gobel in neuem Gtewande, um treffliche Zeidhnungen und gut gewahlte Fotos bemerkenswert bereichert. Das gegeniiber dem friiheren Arbeitsbogen doppelt so starke Heft Das Sauerland mit Siegerland und Wittgenstein" wird auf der Titelseite duroh eine Aufnahme der Mohnetalsperre geziert. Der Wasserreichtum des Sauerlandes mit seinen zahlredehen Fliissen und Talsperren steht am Anfang der ansdhauliohen Darsteliung. Von der Arbeit der Menschen im Sauerland, von sednen Landschaften, gesdhidhtlichen Zeugen, Sitten und Brauohen, dem Fremdenverkehr imd den Verkehrswegen handeln die weiteren Abschnitte. Ihnen sind klare Zeichnungen, Skizzen und aujssagestarke Fotos beigegeben worden. Der Vorzug sorgsamer Stoffwahl und illustrierter Darstellung zedchnet auch die weiteren Hefte aus: Das Rvihrgebiet, Die Miinstersdhe Bucht, Das Nieidsrrhedngebiet, Das Weserland, Die Kolner Tieflandschaft unid ihre Randgebirge und Die AaOhener Grenzlandsohaft, E. R. J^ente JK.Cf,, ^Jvahaliti'XzJCilstan LANGFELDV ISUXy LEUCHTEN FABRIK BERDCKSICHTIGEN SIE bei Ihren Auftragen T^as fteintiscke -^rtlandwazk und... bezahlen Sie Handwerker-Rechnungen prompt

128 DER LANDKREIS ARNSBERG ist das Tor zum Hoohsauerlarad mit einer ansteigenden BodeneHhebung von 200 m im Riuihrtal bis 2.U 650 m Hohe im Lenne- und Homertgebirge. Die Mittelruhr mlit ihren Nebenllussen Honne, Rohr, Wenne und Mohne schlangelt sich durch die reizvolle Landschaft. Herrlich gelegen ist der 12 km lange Sorpesee mit seinen prachtig bewaldeten Uifem von Amecke bis Langscbeid. Das Honnetal wird Das romantisohste Tal Westfalens" genannt (Levin Sohucking) mdt rund 20 Hohen, meist Klulturhohlen. An der Nordgrenze des Kreises liegt der weite Mohnesee, der zum Wassersport lookt. Der Kreis ist ein Land- nd Waldbaugebiet, da 39"/. der Gesamtfladhe fur Ackerbau und SO"/" fur Wialdbau Verwendung finden. Ausgedehnte Hochwalder dm Norden und Suden halten rauhe Winde ab und erzeugen eine gesunde und woliiltuende Gebirgsluft. Der lange und sonnige Herbst ist die schonste Jahreszeit fiir erholungsbediirftige Menschen der GroB- Btadt Arnsberg, Freienohl und viele andere Orte des Kreises sind bekannte Luftkurorte Im Kreise leben rund Mensdien einschi. der Zugewanderten. Sie wdhnen in zwei Stadten mdt Stadteordnung (Arnsberg und Nebeim-Husten), sechs Tdtularstadten, sieben Fredheiten und 41 poldtischen Gemeinden. Arnsberg, das Juwel des Sauerlandes", die malerisohe und romantische ruhrumschlungene Bergstadt mit ihren gesohdohtllohen Sehenswiindigkedten, einst Sitz eines ritterliohen Grafengeschlechtes, durch vier Jahrhunderte Sommerresidenz der Kolner Rurfiirsten, jetzt Regderungsihauptstadt und Kreisstadt, war stets der staatliche, kulturelle Mittelpunkt des Landes. Die Ruinen vieler grafl. Landsburgen, ehemaligen Abteien und Kloster, gehoren zu den romantischen Schonheiten des Kredses und locken zum Besuch. X \ 125

129 Qualitatserzeugnisse der sauerlandischen Heimat DES KREISES MESCHEDE RufA98 Bettnassen ist keine sdilechte Angewohnheit, sondern ein Dbel, das der Behandlung bedarf. Hicoton" ist seit Jahrzehnten bestens bewahrt gegen das Leiden und arztlidi empfohlen! Preis DM Zu haben in allenapotheken,wonidit,dannrosen-apothelce, (13 b) Munchen 2, RosenstraSe 6 (audi Versand) W*&' VEREINIGTE TERRAZZO- UND STEINWERKE HANS HEITMANN Sauerlandisdie Getranke- Vertriebs-Gesellsdiaft m.b.h. Nuttlar-Sauerlan d Tel.: 345 Bestwig 126

130 THEODOR STEINAU gegr Eisen- und EisenwarengroBhandlung Haus- und Kiichengerate Herde - Ofen - Waschmaschinen Glas- und Porzellanwaren NEHEIM-HUSTEN I - MendenerStraBe 6-Fernruf:2708 ^^et J^andkteis ^asehede in taiibsdia^ttldt tettpomatt K:d.odisauettan2 Eingeschlossen zwischen Arnsberger Wald, Homert und Rothaargebirge, zwischen Ruhr und Lenne, mit einsamen Buchen- und Fichtenwaldern, lieblichen Tal- und Bergwiesen, ein gern besuchtes Reiseziel fiir Sommergaste und Wintersportler. Fremder Gast, komm und sieh! Du wirst hier alles finden, was deutsche Landschaft und Natur an Schatzen birgt. 127

131 Fernsprecher Sauerländer Heimatbund Die alte Hansestadt im Herzen des Sauerlandes mit ^ttmhtixn zahlreichen Sehenswiirdigkeiten aus alter Zeit, der weltbekannten Attahohle und einer landschaftlich besonders schonen Umgebung (Burg Schnellenberg, Listertalsperre, Stausee Ahausen) bietet angenehmen Aufenthalt. Auskunft Stadt. Verkehrsamt, Telefon Nr. 402, 403. WERK RUEGENBERG ^ Oipe L TOestifiiilen PreB-, SchweiB- und Hammerwerk Stahlmahlkorper - Flanschen und sonstige Schmiedestud<e ROHRTALER KETTENFABRIK W. Schulte & Co. JCetten am.et ^zatt Hachen (Westf.) Station: Hachen (Westf.) Nr. 240 Amt Hachen 128

132 Seit 65 Jahren fertigen wir in Werkstoff und Formgebung hochwertige bis zu einigen 100 leg Stiiclcgewicht l$l SIEPMANN-WERKE AKTIENGESELLSCHAFT BELECKE-MOHNE TELEFON: WARSTEIN

133 Gijter-Nah- und Fernverkehr Diesel- und Benzin-Tankstelle ^osaf. ^^JLauaL Drolshagen (Westf.) Gesellschaftsfahrten in modernen Reise-Omnibussen Gegrundet1926 Fernsprecher: Amt Oipe Nr. 325 Gebr. Zimmermann BAUUNTERNEHMUNG Arnsberg (Westf.) Ruf sssi AusfiihrungsamtlidierEisenbiihn«,Tief«, Wasserbauarbeiten Stahlbetoiiiiund Industriebauten ' Strafien; und Briickenbauten -Baggerungen Planierungen Metallwerke Gust. Imhauser, OIpe (Westf.) IVIGI3.IIGUtJ \ Phosphorbronze, saurebestandige Phosphorbronze, RotguS, MessingguB usw. LeichtmetallguB: Aluminium- und SilummguS l\okmi nqulj! aus Silumin, Aluminium, Phosphorbronze ivisssinqronrg I nahtlos gezogen in sdmtlidien handelsublichen Legierungen IxUpTGrrOnr I nahtlos gezogen in alien Abmessungen 130

134 Erzeugnisse der Muhie und GroBbackerei Gegrundet 1819 VIELHABER STOCKUM (KR. ARNSBERG) sind erstklassig und begehrt Fordern Sie von Ihrem Lebensmittelhandler UieHhabets TStot SCHMALLENBERG (Hochsauerland) cli& -S^tacvt ciutl deftt ^scl^^nale^^ CAj^eae ist eine der altesten Stadte der Kur-Koinischen Sauerlandes Entstanden im Schatten der alten Benedlktlner-Abtei Kloster Grafscha t", eine der machtlgsten Sendestationen des fruhen deutschen Christentums, fiihrt es seine GrUndungsurkunde auf das Jahr 1243 zuriick. Das Land um Sehmallenberg ist das Herz- und Prunkstiick des eigentllchen Hochsauerlandes, das in den HOhen des Kothaargebirges und im Astengebiet bis zu 800 m anstelgt und mlt seinen,,1000 Bergen" zu den waldreiclisten Gebieten unseres Landes gehort. Hier ist alles: Dunkel und Helle. Enge und Weite, das GroBartiee und Idyllische. Hier schweilt der Blick von Bergeshohen in unendliche Weiten: er geht uber waider, Wiesen und Felder und iiber Taler von Anmut, aus denen wie klelne Inseln die schieterbedeckte Fachwerkhauser lugen. Hier indet der abgehetzte GroBstadtmensch in reiner Bergluft alles, was not tut: Ruhe und Erholung, Einsamkeit und Gesellschaft, Nahrung und Starkung fiir Leib und Seele. Mitten in dieser Landschaft liegt, iiberragt von dem machtigen Kirch- und Stadtturm, das kaum 4000 Einwohner zahlende Sehmallenberg. Die schiefergedeckten Fachwerkhauser, die schonen geschnitzten Tiiren. Gelander und Erker geben dem Stadtchen das immer wieder anhelmelnde typische sauerlandische Geprage. Eine Reihe gepflegter Hotels, Gaststatten, Cafes und Pensionen und ein modernes Lichtspieltheater bieten dem einfachen wie verwghnten Gast bei Sonne und Regen Geborgensein und Abwechslung. Bademoglichkeiten und ein Tennisplatz nahe der Stadt lassen auch der sportllchen Betatlgung entsprechenden Raum. Eisenbahn- und Autobusverbindungen auf den belden Hauptstrecken Hagen Frankfurt, Hagen Kassel, mit den Umsteigestationen Altenhundem Wennemen, sind so giinstig, dab Sehmallenberg Von jedem Ort des Industriegebietes in wenigen Stunden zu erreichen ist. Wer einmal seine Ferien in Sehmallenberg in den Bergen und Waldern seiner unmittelbaren Umgebung verlebt. wird Jmmer wiederkommen, denn hier verblndet sich in seltener Harmonie der Zauber der unberohrten Natur mit den Annehmlichkeiten einer gepflegten kleinen Stadt. 131

135 iji^^smtmrnii Ji enden die alte kurkolnisdie Grenzfeste tragt mit Recht den Ehrentitel Die Stadt im W a 1 d e. Der Stadtforst, 2600 Morgen Bergwald mit uralten Eichen- und Buchenbestanden, gezeidineten Wanderwegen, Ruhebanken und herrlidien Fernsiditen, tritt unmittelbar an die Stadt heran. Menden liegt verkehrstedinisch besonders giinstig fiir Ausfliige aus dem Industriegebiet zu hervorragenden Punkten des Sauerlandes. Das moderne Menden ist ein bluhendes Gemeinwesen mit regem Gesdiaftsleben und vielseitiger Industrie, die das freundliche Stadt- und Landschaftsbild aber nidit beeintrachtigen Einwohner, alte Stadtbilder, Wehrtiirme, grobangelegtes, weitbekanntes Heimatmuseum mit 20 Ausstellungsraumen. Hohenlage m. Franz Viegener 11 Armaturenfabrik und MetallgieBerei G.m.b.H. Attendorn (Westf.) Tel. 278, 279, FS

136 WIR LIEFERN SEIT UBER 45 JAHREN J^alditntatatta SAND-, KOKILLEN-, DRUCK-GUSS HALBZEUG BLECHE, BANDER, RONDEN, PROFILE HONSEL-WERKE AKTIENGESELLSCHAFT MESCHEDE ^^^jil^in-clee g Wendener Strumpffabriken G.m. b.h. Wenden-Westfalen KniestrUmpfe, Sockchen, isocken, SportstrUmpfe in einfacher und modidischer Musterung bester Quatitat und erstklassigster AusfUhrung 133

137 134

138 aus d e r Brauerei Bernhard Schadeberg Krombach/Wesffalen Mia sett 100 Jahren likhrend im Lehenstnitielhandet ein Beweis der Leistungsiahigkeit 135

139 -^^-^'^-- '-^---* ii,ilmf-- -' ^ ^^ -»» ' '^ ^ ^^^ ODISCHE STRUMPFEUND SOCKEN SOCKCHEN UND FEIN- GESTRICKTE STRUM PFE vuktnfiikfhf MFTOll-,, PHrSPHORBnONCEWEBKE EDUflRD HOLLER K^^Iii Fernschreib-Nr RAPE & CO. OLPE(WESTF.) EISENWERK RODINGHAUSEN LENDRINGSEN (SAUERIAND) Zweigwerk: Wick ed e-r u hr GrauguB und StahUormguB Roh und fertig bearbeitet Sonderheit Massenartikel Schwerarmaturen aus GuBeisen und Stahlgufi fur Wasser, Gas, Dampf, Ol und Luft 136

140 Landkreis OIpe Das Land an Bigge und Lenne 1st eln Erholungsgeblet von besonderem Reiz. Hohe bewaldete Berge schlie- Ben die Idyllischen Talei eln, wo das schlichte Schwarz- WeiB der siattuchen Fachwerkhauser die Augen erfreut. Gut gepllegte StraBen erleichtern dem Kraftlahrer den Besuch von Dorf und Stadt. Die sorgf altlg marklerten Wanderstrecken des Sauerlandischen Geblrgsverelns filhren Uber Tal und Hohen. Eln relches Wegenetz erschllebt dem Spazlerganger die nfihere Umgebung der Ortschalten.GepflegteHotels und Gaststatten verschiedenster Art bleten allerorts ganzjahrlg den Erholungssuchenden Befrledlgung aller Wunsche. Auskunfte und Prospekte werden durch die Kreisverwaltung Olpe und die 6rt- Uchen Verkehrsverelne Oder die Stadt- und AmtsverwaltungeninOlpe.Attendorn.BUstein,' Klrchhundem, Drolshagen und.wenden versandt. Freude underholung finden Sie, wenn Sie mit uns reisen. Fur Sonder- und Ausfluflsfahrten diewirmitbesonderersorgfaltausfuhren,verlangensiebitte unsere kostenlosen und unverbindlidienreisevorsdilage. Olpe (Westf.), Maria^Theresia^Str. 33 und Brudistr. 30, Ruf Olpe 558/559 Altenhundem, Hagener Str., Rut Kfrdihundem 286 Attendorn, K6lner Landstr., Ruf Attendorn

141 liisiliiitiiikfiimlfi Sauerländer Heimatbund Hermann Sdienk gegr Baggerungen Planierungen Kanal-, StraBenund Hochbau AUGUSTBEUL and yr\.etallt^ia^et.e.l ARNSBERG (WESTF.) BahnhofstraBe 104 Tel ATTEHDORM (Sauerland) I S STRUMPFE " HAIVDSCHUHE STHICKWAREIVf TEPPICHGAHME b 138

142 Beliebte Ausflugsziele: Der Astenturm ^jg^p^v ' ;>*^rt>,^ V W'"^: die Brudihauser Steine der Diemelsee die altehrwiirdigen Stadte Obermarsberg ImlANDKRElSBRlLON verbringen Sie herrlidie Niedermarsberg Ferientage inmitten stiller Walder und Brilon H Accumulatorenwerk Hoppedke Carl Zollner & Hoppedie (Weslf.J Unser Arbeitsprogramm; Accumulatoren fiir alle Verwendungsgebiete: Ortsfeste Batterien in Glas-, Steinzeugoder Hopperitkasten mit positiven GroBoberflachen- und negativenkastenplatten. Pufferbatterien, Lichtbatterien, Batterien fur Notbeleuchtung, Eisenbahn-, Sidierungs- u. Fernsprechanlagen, SelbstanschluBamter im Fernspredibetrieb usw. Fahrzeug-Anlriebs-Balterien fiir Elektromobile, Lastkarren, Sdilepper, Hubkarren, Plattformwagen, Kippwagen, Grubenlokomotiven usw. Schiffsbatterien fiir Beleuchtung und Antrieb Batterien fiir Schienenfahrzeuge: Zugbeleuditung fiir Diesellokomotiven usw. Auto- und Motorradbatterien fiir Beleuchtung und Anlasser. Radio-Heiz- und Anoden-Batterien, Hochspannungs- und MeBbatterien Batterien fiir Verstarkeranlagen. Kleinsammler fiir Telefonie, Telegratie, Uhren- u. Signalanlagen. Dauerelemente, Spezialelemente mit hohem Saureraum usw. Ersatzplatten und Material fiir vorhandene Batterien. 139

143 -"i'ia-aim.a<liiii»iaiaaillll Sauerländer Heimatbund METALLROHRZIEHEREIKARLIMHiiUSER Stachelauer Hutte ilber Olpe/Westf. Postfach Olpe 109 RufOlpe3C6 Messing-, Kupfer- u. Aluminiumrohre 3. ^atatt... ein Weg zur personlichen Freiheit Sparkasse zu Attendorn Amtssparkasse Bilstein Amtssparkasse Drolshagen Amtssparkasse Kirdihundem Stadtisdie Sparkasse Olpe Anstalten des offentlidien Redits Attendorn (Westf.) 140

144 M n % 1^ Gebruder Lensing, Buchdrutkerei und Verlagsanstalt K(i., Arnsberg (Westf.) Alter Markt 1 IHRE HEIMAT- ZEITSCHRIFT Saucrlanbmf erhalten Sie regelmabig als Mitglied des Sauerlander Heimatbundes. Der Mitgliedsbeitrag einschlieblich Bezugspreis fur den Sauerlandruf" betragt fur das ganze Jahr nur 2,~ DM. Wollen Sie nicht auch durch diesen kleinen Betrag die Arbeit des Heimatbundes unterstiitzen? 141

145 ^Jvekeini'- SAUERLAND Ziel und Ausgangspunkt froher Wanderungen in das Land der tausend Berge und zu den Talsperren an Mohne und Sorpe. In landschaftlich schoner Umgebung gelegen, zahlt die Stadt mit iiber Einwohnern zu den bedeutendsten Orten des Sauerlandes. Neheim-Husten ist als Stadt der Leuchten" durch seine Beleuchtungskorperindustrie weltbekannt geworden. Altes Brauchtum: Schnadegang, Donatorengedachtnisfeier und die Jahrhunderte alte Hustener Kirmes". - Auskunft: Verkehrsverein. Tel DER Reisebiiro Wie hat sidi Attendorn herausgemacht - so staunt wohl jeder Besudier der, die jetzt rund Einwohner zahlende Stadt an der Bigge einige Jahre nidit sah. Zu diesem neuen Gesidit" der alten Hansestadt hat audi die bekannte Masdiinen- und Federn-Fabrik Muhr und Bender wesentlidi beigetragen. GroSzugige Neubauten lieben die ausgedehntenwerksanlagenauf rund 18000qm Hallenraum wadisen. UeberlOOO Mensdien aus Attendorn und Umgebung sdiaffen heute darin und sindstolzdarauf, da BMubea-Erzeugnisseauf alien wichtigennachkriegsmessen wie z. B. in Paris, Hannover, Brussel, Mailand, Berlin, Toronto, Mexiko, Utredit, Wien, Bogota, Liittidi, j^^^^ Turin,G6teborg,Johannesburg, Koln, Vigenavo, Frankfurt, n^^kwffsi Stod<holm und Helsinki die Anerkennung allerfadileute WiU MMf fanden undmubeazeidienin rund 80 Landern als Burgsdiaft fur Qua litats-arbeit gilt. 142

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Pfarrbrief Heilige Familie Weiherhammer Pfarrbrief Heilige Familie Weiherhammer Nr. 18 / 2016 02.10.-30.10.2016 ÖFFNUNGSZEITEN PFARRBÜRO: montags und freitags 09:00-12:00 Uhr Tel. 09605/1378 Fax: 09605/465 Email: weiherhammer@bistum-regensburg.de

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