Bedürfnis- und bedarfsgerechte Ernährung
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- Johann Schmid
- vor 6 Jahren
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1 Bedürfnis- und bedarfsgerechte Ernährung Qualitätsstandards von DNQP und DGE als Basis für optimales Schnittstellenmanagement Ricarda Holtorf, Daniela Holle Nürnberg, 26. April 2017
2 Zielgruppen Expertenstandard Ernährungsmanagement des DNQP Zielgruppe: Pflegefachkräfte im Altenheim, Krankenhaus und ambulanten Versorgung DGE-Qualitätsstandard Verpflegung Zielgruppe: Verantwortliche, Entscheidungsträger sowie Mitarbeiter, die in stationären Senioreneinrichtungen mit der Verpflegung der Senioren befasst sind
3 Warum Qualitätsstandards für die stationäre Altenhilfe? Erhalt von Körperfunktionen Soziale und kulturelle Identität Lust und Genuss Bedürfnis- und Bedarfsgerechte orale Ernährung Prävention/Entgegenwirken von Mangelernährung
4 Definition Mangelernährung Energie- Zufuhr Energie- Bedarf Anhaltendes Defizit an Energie und/oder Nährstoffen im Sinne einer negativen Bilanz zwischen Aufnahme und Bedarf mit Konsequenzen und Einbußen für Ernährungszustand, physiologische Funktionen und Gesundheitszustand (DGEM 2003 in DNQP, 2010, S.52)
5 Prävalenz zu Mangelernährung Setting/Population Prävalenz von Mangelernährung Prävalenz eines Risikos für Mangelernährung Krankenhaus Von 15% bis 39% Von 16% bis 57% Pflegeheim* Von 3% bis 48% Von 28% bis 66% Ambulante Versorgung (Häusliche Krankenpflege, Tagespflege, amb. Reha, Krankenhausambulanzen) Von 3% bis 34,8% Von 9% bis 58% Stationäre Rehabilitation Von 32% bis 50% 52% Ältere Normalbevölkerung Von 1% bis 16% Von 8% bis 53% * 21 Prävalenzstudien in Pflegeheimen im Zeitraum (Quelle: DNQP 2017)
6 Qualitätsstandards Expertenstandard Ernährungsmanagement des DNQP 1. Aktualisierung 2017 Qualitätsstandard für die Verpflegung der DGE Stand 2015, 3. Auflage
7 Aktualisierung Expertenstandard Ernährungsmanagement Aktualisierung der Literaturstudie ( ). Wissenschaftliches Team: Dr. Antje Tannen, Jennifer Spencker Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik Zwei Sitzungen der Expertenarbeitsgruppe (April 2015 und März 2016), Expertenarbeitsgruppe: 8 Experten aus Wissenschaft und Praxis, 1 Patientenvertreterin, 2 externe Fachberater(In) Einbeziehung der Fachöffentlichkeit: Konsultationsfassung Online + Rückmeldungen (Juni/Juli 2016) Umlaufverfahren in der Expertenarbeitsgruppe für letzte Entscheidungen Konsentierung der Empfehlungen Aktualisierungsworkshop ( in Osnabrück) im Ergebnis: Keine Erkenntnisse, die grundsätzlich zu neuen Standardempfehlungen geführt haben
8 1. Ebene: Diagnostik EXPERTENSTANDARD PFLEGE Diagnostik in zwei Phasen 1. Screening (bei Aufnahme, akuten Veränderungen, in individuell festzulegende Abstände) Zeichen für einen Mangel auffällig geringe Konsummenge erhöhter Bedarf 2. Vertieftes Assessment (bei auffälligem Screening) Verzehr- und Trinkmengenprotokoll vielfältige Gründe für zu geringe Nahrungs-/ Flüssigkeitsaufnahme o. unbeabsichtigter Gewichtsverlust SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE Pflege übermittelt Ergebnisse aus Verzehr- und Trinkmengenprotokollen übermittelt Ergebnisse aus vertieftem Assessment zur weiteren Abklärung bzw. Einleitung von nicht pflegerischen Maßnahmen
9 Wird die Verpflegung Bedarf & Bedürfnissen gerecht? Ist das Verpflegungsangebot vollwertig? Hilfestellung dafür: DGE-Qualitätsstandard & Checkliste Liegen nährstoffberechnete Rezepte vor? Haben die Mitarbeiter regelmäßig die Möglichkeit von Fortbildung/Zusatzqualifikation? Entspricht die Verpflegung aktuell den Wünschen der Bewohner? Sind geeignete Hilfsmitteln für die Zubereitung spezieller Speisenangebote vorhanden? Sind die Mitarbeiter dafür qualifiziert? Gibt es eine Ernährungsfachkraft (Diätassistentin/Oecotrophologin) im Haus? Entsprechen die vorhandene Hilfsmittel für den Verzehr den Anforderungen der Bewohner?
10 2. Ebene: Schnittstellen EXPERTENSTANDARD PFLEGE Planung und Steuerung von berufsgruppenübergreifenden Maßnahmen Durchführung von interdisziplinären Fallbesprechungen Verfahrensregel zur Klärung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten Einbezug von Fachexperten (Zahnmediziner, Küche, Diätassistenten, etc.), ggf. auch zu ethischen Fragestellungen SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE Pflege Einladung/Organisation von interdisziplinären Fallbesprechungen gemeinsame Erstellung einer Verfahrensregel Wird beraten durch Experten der Hauswirtschaft/Küche
11 Sind alle Fachbereiche einbezogen? Das Team Pflege, Küche und Hauswirtschaft sollte: Verfahrensregeln und Zuständigkeiten festgelegen, Ess- und Trinkprotokolle erarbeiten (identisches Verständnis von Portionsgrößen und Verzehrsmengen mit Hilfe von Kellenplänen, Aufführen im Haus vorhandener Trinkgefäße ) Wer informiert wen, wer dokumentiert, wer wertet aus? Jeder Fachbereich leistet einen wichtigen Beitrag zu optimaler Verpflegung des Bewohners.
12 Sind alle Fachbereiche einbezogen? Pflege enger Kontakt Dokumentation Gespräche mit Angehörigen Beobachtungen Bewohner Küche Gespräche/ Kochen mit Bewohnern berechnete Rezepte Anpassung der Speisen an besondere Anforderungen, Konsistenz, Energie Hauswirtschaft täglicher Kontakt zum Bewohner über Reinigung, Wäsche Zuständig für Raumund Tischgestaltung
13 3. Ebene: Maßnahmenplanung EXPERTENSTANDARD PFLEGE Essbiographie Vorhandensein eines Ernährungskonzept - Konzept zu geschützten Essenszeiten - Verpflegungskonzepte - Zwischen- und Spätmahlzeiten Umgebungsgestaltung Personelle Kontinuität/ Qualifikation Adressatengerechte Hilfsmittel Aushandlungsprozess zw. Bedürfnissen und Bedarf SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE Pflege: übermittelt Essbiographie gemeinsame Erstellung Ernährungskonzept übermittelt Bedürfnisse und Bedarfe (inkl. krankheitsbezogene Bedarfe)
14 Ausgewogene Verpflegung Angebot einer ausgewogenen Verpflegung auf Basis des DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen für alle Bewohner optimale vielfältige Lebensmittelauswahl nährstoffschonende Zubereitung Kenntnisse über das Anreichern von Lebensmitteln Austausch mit Kollegen zur Verpflegung der Bewohner flexible Speisenangebote Wert, Bedeutung und Kompetenz der Küche
15 Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen. 3. Auflage, Bonn (2014) S.13 & 16
16 & Angebote für spezielle Anforderungen gezielte Anpassung des Speisenangebots auf Basis der Essbiografie DGE-Qualitätsstandard unterstützt das Küchenteam bei der Zubereitung Berücksichtigung individueller Gewohnheiten, Lieblingsspeisen was ist möglich? spätes Frühstück höhere Mahlzeitenfrequenz warme Hauptmahlzeit am Abend Darreichung der Speisen anpassen (gewürfelt, angedickt, püriert, Schaumkost ) Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln für die Zubereitung
17 4. Ebene: Maßnahmen- u. Interaktionsgestaltung EXPERTENSTANDARD PFLEGE adressatengerechte Unterstützung bei Nahrungsaufnahme adressatengerechte Umgebungsgestaltung Berücksichtigung von Tischsitten und Ritualen angemessene Personalausstattung/- planung Darreichung von Zwischen- und Spätmahlzeiten Darreichung von Fingerfood SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE Pflege: erhält adressatengerechte Verpflegung (z.b. Fingerfood, pürierte Kost, hochkalorische Kost) erhält Zwischen- und Spätmahlzeiten
18 Individuelle Verpflegung Zubereitung von ausgewogenen bedarfsorientierten und bedürfnisgerechten Verpflegungsangeboten Lieblingsrezepte auf Basis der DGE-Qualitätsstandards optimieren und ggf. mit nährstoffreichen Lebensmitteln anreichern (Avocados, Nüsse oder Nussmus, getrocknete Früchte, Hülsenfrüchte, hochwertige pflanzliche Fette, fettreiche Milch und Milchprodukte) geeignete Speisen für Eat by walking, Snackstationen Kochen und backen auf den Wohnbereichen und möglichst mit den Bewohnern
19 Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.), DGE- Qualitätsstandard für die Verpflegung in stationären Senioreneinrichtungen. 3. Auflage, Bonn (2014) S.22
20 5. Ebene: Beratung EXPERTENSTANDARD PFLEGE Beratung zu Risiken und Folgen einer Mangelernährung und Möglichkeiten einer angemessenen Ernährung Praktische Anleitung zur Umsetzung von Maßnahmen (z.b. Umgang mit Hilfsmitteln) Aufzeigen von Alternativen (z.b. Fingerfood) Ggf. Überleitung zu einer diätetischen Beratung SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE Pflege: veranlasst diätetische Beratung/ Beratung zu alternativen Kostenformen etc.
21 Gemeinsames Verständnis von ausgewogener Ernährung Bedeutung einer ausgewogenen Verpflegung sollte allen Mitarbeitern bewusst sein ein gesundheitsförderndes bedürfnisgerecht dargereichtes Angebot steht zur Verfügung Küche kommuniziert das Angebot und informiert über die mögliche Zusammenstellung der Speisen kompetente Unterstützung bei der Auswahl der Speisen
22 Beratung bedeutet auch Bewohner und Angehörige über die Möglichkeiten und Angebote des Hauses zu informieren spezielle Angebote vorstellen Ängste und Vorbehalte gegenüber neuen Darreichungsformen nehmen individuelle Beratung von Bewohnern bei Krankheiten, speziellen Verpflegungssituationen
23 6. Ebene: Evaluation EXPERTENSTANDARD PFLEGE Überprüfung der eingeleiteten pflegerischen Maßnahmen Aushandlungsprozess zw. Bedürfnisse u. Bedarf; Einschätzung, ob Bedarf über orale Ernährung abgedeckt werden kann, ggf. Einleitung einer enteralen u. parenterale Ernährung SCHNITTSTELLE HAUSWIRTSCHAFT & KÜCHE übermittelt Veränderungen im Ernährungsstatus übermittelt Anpassung/Änderung der Maßnahmen gemeinsame Einschätzung zur Bedarfsdeckung der oralen Ernährung
24 Was nicht funktioniert muss geändert werden! Feste Termine für regelmäßigen Austausch/Fallbesprechungen müssen selbstverständlich und zeitlich eingeplant sein. Sind weitere Anpassungen des Verpflegungsangebots möglich? Sollten weitere Experten in das Ernährungsteam integriert werden?
25 Pflege, Küche, Caterer, Hauswirtschaft, (Zahn-) Ärzte, Apotheker Präsenzkräfte, sozialer Dienst Ernährungsteam Logopäden, Ergotherapeuten Oecotrophologen, Diätassistenten
26 Das Essen muss schmecken! Es bietet unzählige Möglichkeiten: die Sinne anzuregen, Genuss zu bereiten, Wertschätzung zu vermitteln. Bitte nutzen Sie diese Möglichkeit!
27 Hervorzuheben bleibt: 1. Screening und Assessment sind wichtige Grundlagen für eine gemeinsame Bedürfnisund bedarfsgerechte Ernährung 2. Gemeinsame Verfahrensregel zur Verteilung von Verantwortlichkeiten und Kompetenzen 3. Gemeinsames Ernährungskonzept zur Qualität des erforderlichen Angebots 4. Nicht jede Mangelernährung lässt sich durch ein orales Ernährungsmanagement von Pflege, Küche und Hauswirtschaft vermeiden!
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