FRAGEN ZUR UMSETZUNG DER NFI-RL
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- Anna Geisler
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1 FRAGEN ZUR UMSETZUNG DER NFI-RL Dieses Thesenpapier dient als Diskussionsgrundlage im Umsetzungsprozess der Richtlinie 2014/95/EU zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Abgabe nicht-finanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (in der Folge kurz: NFI-RL) und soll die wesentlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Umsetzung aufzeigen. 1) ANWENDUNGSBEREICH NFI-ERKLÄRUNG: Art. 19a Abs. 1 Bilanz-RL idf NFI-RL verpflichtet zur Abgabe einer nicht-finanziellen Erklärung große Unternehmen, die Unternehmen von öffentlichem Interesse ( Public Interest Entity, kurz PIE) sind und am Bilanzstichtag das Kriterium erfüllen, im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter zu beschäftigen. Diese NFI-Erklärung baut auf der Analyse der nicht-finanziellen Leistungsindikatoren Art. 19 Abs. 1 dritter Unterabsatz Bilanz-RL (umgesetzt in 243 Abs. 5 UGB) auf, die in Österreich alle großen Kapitalgesellschaften im Lagebericht vorzunehmen haben, geht aber im Detaillierungsgrad darüber hinaus. Eine solche Verpflichtung muss daher für Unternehmen geschaffen werden, bei denen kumulativ folgende Voraussetzungen vorliegen müssen: 1) Unternehmen ist ein PIE im Sinne des 189a Z 1 UGB, also entweder kapitalmarktorientiert, Kreditinstitut, Versicherungsunternehmen, (allenfalls Unternehmen von öffentlichem Interesse, die dazu bestimmt wurden); 2) zusätzlich: hat mehr als 500 Mitarbeiter; 3) zusätzlich: Bilanzsumme liegt über 20 Mio Euro und/oder Umsatzerlöse liegen über 40 Mio Euro. Da es sich um keine Vollharmonisierung handelt, sind die Mitgliedstaaten prinzipiell befugt, diese Erklärung von weiteren Unternehmen zu verlangen, sofern es sich nicht um kleine Unternehmen handelt. Allerdings könnten zusätzliche Berichtspflichten, die nur in einem Mitgliedsstaat auferlegt werden, zu möglichen Wettbewerbsnachteilen für die Unternehmen führen, die nach dem Recht dieses Mitgliedsstaates gegründet wurden. Der derzeitige 243 Abs. 5 UGB (Pflicht zur Analyse nichtfinanzieller Leistungsindikatoren) umfasst nur große Kapitalgesellschaften. Beim ersten Workshop zur Umsetzung der NFI-RL der Europäischen Kommission wurde als eines der Kernthemen der Anwendungsbereich und damit einhergehend die unterschiedliche Umsetzung der in Art 2 Abs 1 lit d NFI-RL eingeräumten Option, Unternehmen von öffentlichem Interesse zu bestimmen, erkannt. Es gibt allerdings noch kein klares Bild, ob die anderen Mitgliedstaaten beim Anwendungsbereich über die 1 von 7
2 Richtlinie hinauszugehen beabsichtigen. Für die Umsetzung in Österreich ist an dieser Stelle folgende Überlegung anzustellen: Gibt es Unternehmen, von denen es über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus sinnvoll ist, eine NFI-Erklärung einzufordern, die über die in 243 Abs. 5 UGB geforderte Angaben hinausgeht? Wenn ja, für welche Kategorien von Unternehmen wäre dies sinnvoll? Auf welche Zahl schätzen Sie die davon betroffenen Unternehmen in Österreich? Sollten für solche Unternehmen alle zusätzlichen von der Richtlinie nach Art. 19a Abs. 1 geforderten Angaben eingeführt werden oder nur ein Teil oder sollen die bisherigen Angaben lediglich stärker konkretisiert werden? Ist eine solche Konkretisierung durch nicht-gesetzliche Standards (etwa die AFRAC-Stellungnahme zur Lageberichterstattung gemäß 243, 243a und 267 UGB) ausreichend? Wenn Sie für zusätzliche Angaben eintreten, können Sie den dadurch entstehenden Mehraufwand (Kosten) für die Berichtspflichtigen abschätzen? DIVERSITÄT: Der zweite Anwendungsbereich betrifft die Beschreibung eines Diversitätskonzepts im Corporate Governance-Bericht. In Österreich ist dieser Bericht allen börsenotierten Unternehmen vorgeschrieben, wobei Österreich von der Option Gebrauch gemacht hat, Unternehmen auszunehmen, die ausschließlich andere Wertpapiere als zum Handel an einem geregelten Markt im Sinne des Art. 4 Abs 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassene Aktien emittiert haben. 243b Abs. 2 UGB sieht vor, dass in diesem Bericht auch die Maßnahmen zur Frauenförderung angegeben werden. Darüber hinaus sieht Art. 20 Abs. 1 lit. g der Bilanz-RL idf NFI-RL eine umfassendere Angabe des Diversitätskonzepts vor, das sich beispielhaft auch auf Alter oder Bildungs- und Berufshintergrund beziehen soll. Nach Art. 20 Abs. 5 idf NFI-RL gilt dieser Buchstabe g nicht für kleine und mittlere Unternehmen. Das bedeutet, dass ein börsenotiertes Unternehmen zusätzlich zwei der drei in 221 Abs.3 UGB genannten Kriterien überschreiten muss, um dieser Angabepflicht zu unterliegen. Es kann aber angenommen werden, dass Mitgliedstaaten diese Verpflichtung auch mittleren börsenotierten Unternehmen auferlegen können, wobei fraglich ist, ob in Österreich überhaupt Unternehmen börsenotiert sind, die nicht zwei der drei in 221 Abs.3 UGB genannten Kriterien überschreiten. Soll die Verpflichtung, ein Diversitätskonzept zu beschreiben, für alle Unternehmen gelten, die derzeit einen Corporate Governance Bericht aufstellen müssen, oder soll 2 von 7
3 die Verpflichtung enger (durch Ausschluss kleiner und mittlerer Unternehmen) oder weiter (durch Einbeziehung von Unternehmen, die andere Wertpapiere als Aktien emittiert haben) gefasst werden? Welche Gründe könnten für eine andere Behandlung des Diversitätskonzepts angeführt werden? Wie viele Unternehmen würde eine solche Maßnahme betreffen? 2) FORM DER NFI-ERKLÄRUNG Art. 19a Abs. 1 Bilanz-RL idf NFI-RL schreibt vor, die NFI-Erklärung in den Lagebericht aufzunehmen, räumt jedoch den Mitgliedstaaten in Art. 19a Abs. 4 die Option ein, Unternehmen von dieser Verpflichtung zu befreien, wenn sie für dasselbe Geschäftsjahr einen gesonderten Bericht erstellen ( Nachhaltigkeitsbericht ). Dieser Bericht muss entweder zusammen mit dem Lagebericht gemäß Artikel 30 Bilanz-RL veröffentlicht oder innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate nach dem Bilanzstichtag nicht überschreiten darf, auf der Website des Unternehmens öffentlich zugänglich werden; der Lagebericht muss darauf Bezug nehmen. Nachdem börsenotierte Unternehmen ihren Lagebericht prinzipiell nach vier Monaten zu veröffentlichen haben ( 82 Abs 4 BörseG), ermöglicht diese Bestimmung eine zeitversetzte Offenlegung des Nachhaltigkeitsberichts, um den Unternehmen mehr Zeit zu geben, diesen Bericht fertig zu stellen. Allerdings stellt sich dann die Frage, in welcher Form der Abschlussprüfer bestätigen soll, dass der Bericht vorgelegt wurde (Art. 19a Abs. 5). Soll die Option wahrgenommen werden und die Unternehmen einen gesonderten Bericht erstellen können? Wenn ja, soll auch die Möglichkeit einer zeitversetzten Veröffentlichung eingeräumt werden? Sollten Sie der Ansicht sein, dass eine Aussage über die NFI-Erklärung oder über den gesonderten Bericht in den Bestätigungsvermerk aufgenommen werden sollte (siehe Punkt 4 unten), wie sollen die Unternehmen der Verpflichtung nach 82 Abs. 4 BörseG nachkommen, den Bestätigungsvermerk in vollem Umfang zu veröffentlichen? 3) INHALT DER NFI-ERKLÄRUNG Der Inhalt der NFI-Erklärung wird zum Teil in Art. 19a Abs. 1 der Bilanz-RL idf NFI-RL vorgegeben. Danach haben die Unternehmen Angaben zu machen, die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit erforderlich sind und sich mindestens auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, 3 von 7
4 auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen, einschließlich einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells des Unternehmens; einer Beschreibung der von dem Unternehmen in Bezug auf diese Belange verfolgten Konzepte, einschließlich der angewandten Due-Diligence-Prozesse; der Ergebnisse dieser Konzepte; der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit diesen Belangen, die mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens einschließlich, wenn dies relevant und verhältnismäßig ist, seiner Geschäftsbeziehungen, seiner Erzeugnisse oder seiner Dienstleistungen verknüpft sind und die wahrscheinlich negative Auswirkungen auf diese Bereiche haben werden, sowie der Handhabung dieser Risiken durch das Unternehmen; der wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind. Verfolgt das Unternehmen in Bezug auf einen oder mehrere dieser Belange kein Konzept, hat die nichtfinanzielle Erklärung eine klare und begründete Erläuterung zu enthalten, warum dies der Fall ist. In den Erwägungsgründen 7 und 8 werden diese Berichtspflichten weiter detailliert. Damit stellt sich die Frage, ob im Sinne eines prinzipienbasierten Ansatzes nur der verfügende Teil der Richtlinie (Art. 19a Abs. 1) in das UGB übernommen werden sollte, oder ob (und gegebenenfalls welche) die in Erwägungsgrund 7 beispielhaft angeführten Bereiche in den Gesetzestext übernommen werden sollten. Alternativ könnte eine nähere Konkretisierung den nationalen, unionsbasierten oder internationalen Rahmenwerken vorbehalten werden, auf die sich die Unternehmen nach Art. 19a Abs. 1 letzter Unterabsatz stützen können. Wird ein prinzipienbasierter Ansatz unterstützt, wonach im UGB nur die Belange nach Art. 19a Abs. 1 erster Unterabsatz anzuführen sind, oder sollen einzelner dieser Belange nach dem Muster des Erwägungsgrundes 7 näher konkretisiert werden? Wenn eine nähere Konkretisierung befürwortet wird, ist eine solche in den Erläuterungen ausreichend? Könnte die Konkretisierung auch Rahmenwerken überlassen werden, die gegebenenfalls mit Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen auch für verbindlich erklärt werden könnten? 4 von 7
5 Wenn Sie für eine nähere Konkretisierung eintreten, können Sie den dadurch entstehenden Mehraufwand (Kosten) für die Berichtspflichtigen (für die von Ihnen befürwortete Form der Darstellung) abschätzen? In Art. 19a Abs. 1 Unterabsatz 4 wird den Mitgliedstaaten die Option eingeräumt, Unternehmen zu erlauben, Informationen über künftige Entwicklungen oder Belange, über die Verhandlungen geführt werden, in Ausnahmefällen wegzulassen, wenn eine solche Angabe nach der ordnungsgemäß begründeten Einschätzung der Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane, die im Rahmen der ihnen durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften übertragenen Zuständigkeiten handeln und gemeinsam für diese Einschätzung zuständig sind, der Geschäftslage des Unternehmens ernsthaft schaden würde, sofern eine solche Nichtaufnahme ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes und ausgewogenes Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit nicht verhindert. Sollten die Angabe über künftige Entwicklungen oder Belange, über die Verhandlungen geführt werden, unter diesen Voraussetzungen weggelassen werden können? Nach Art. 19a Abs. 1 ist zumindest vorzusehen, dass sich Unternehmen auf nationale, unionsbasierte und internationale Rahmenwerke stützen können; wenn sie das tun, haben sie das Rahmenwerk anzuführen. Die Rahmenwerke sind teilweise in Erwägungsgrund 9 aufgezählt (z.b. EMAS, Global Compact, Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte, OECD-Leitlinien, ISO 26000, Trilaterale Grundsatzerklärung der IA, Global Reporting Initiative). Gibt es über die in EG 9 zur NFI-RL aufgezählten Rahmenwerke hinaus noch weitere Standards, deren Anwendbarkeit zweckmäßig ist? Sollten im Gesetz oder in den Erläuterungen Aussagen über die Rahmenwerke getroffen werden? Nach den Angaben der Kommission ist nicht zu erwarten, dass die nach Art. 2 NFI-RL von der Kommission zu verfassenden unverbindlichen Leitlinien zur Methode der Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen innerhalb der Umsetzungsfrist zur Verfügung stehen werden. 4) PRÜFUNG DER NFI-ERKLÄRUNG Die NFI-Erklärung ist nach Art. 34 Abs 3 Bilanz-RL von der Prüfung ausgenommen. Es ist jedoch zu prüfen, ob eine NFI-Erklärung erstellt wurde (Art. 19a Abs. 5). Die Mitgliedstaaten 5 von 7
6 können allerdings eine Prüfung auch der NFI-Erklärung vorsehen, und zwar sowohl im Rahmen der Abschlussprüfung, als auch durch einen unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen (Art. 19 Abs. 6). Eine potentielle Ungleichbehandlung liegt darin, dass die im Lagebericht abgegebenen NFI- Angaben nach 243 Abs. 5 UGB im Sinne des 274 Abs. 5 UGB (idf RÄG 2014) geprüft werden müssten. Würde von der NFI-Erklärung oder dem gesonderten Bericht nur verlangt, dass geprüft werden muss, ob er vorgelegt wird, dann hätten PIEs, die eine solche Erklärung vorlegen müssen, potenziell eine geringere Prüfpflicht als große Kapitalgesellschaften, die keine PIEs sind und ihre NFI-Angaben im Rahmen des Lageberichts nach 243 Abs. 5 UGB abgeben. Sind Sie der Ansicht, dass die NFI-Erklärung über Art. 19a Abs. 5 der Richtlinie hinaus auch inhaltlich geprüft werden sollte? Wenn ja, in welcher Intensität? Soll die Prüfung ausschließlich durch Abschlussprüfer oder auch durch einen unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen ermöglicht werden? Wenn nein, sehen Sie eine mögliche Ungleichbehandlung zu großen Kapitalgesellschaften, die keine PIEs sind? Wäre als Lösung denkbar, großen Kapitalgesellschaften, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, eine freiwillige NFI-Erklärung zu ermöglichen, die dann zwar detaillierter als die Angaben im Lagebericht sein müssen, aber weniger intensiv geprüft werden? Wenn Sie für eine inhaltliche Prüfung eintreten, können Sie den dadurch entstehenden Mehraufwand (Kosten) für die Berichtspflichtigen abschätzen? 5) INHALT DER DIVERSITÄTANGABEN Diversitätsangaben müssen nach 243b Abs. 2 Z 2 UGB derzeit nur in Bezug auf Frauen im Aufsichtsrat (AR) gemacht werden; diese Angaben müssten jedenfalls im Sinne des Art. 20 Abs. 1 lit. g Bilanz-RL idf NFI-RL erweitert werden. Fraglich ist, ob die neuen Angaben anstelle der bisherigen Angaben des 243b Abs. 2 Z 2 treten oder zusätzlich normiert werden sollen. Nach 87 Abs 2a AktG hat die Hauptversammlung bei Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats auch Aspekte der Diversität betreffend Vertretung beider Geschlechter, Altersstruktur sowie bei börsennotierten auch im Hinblick auf Internationalität der Mitglieder zu berücksichtigen. Das Verfolgen eines Konzepts betreffend die Diversität bei der Besetzung des AR ist somit schon nach dem AktG erforderlich; allerdings muss es nach bisherigem Recht nicht erläutert werden. Vor dem Hintergrund des 87 Abs. 2a AktG stellt sich die Frage, ob es den 6 von 7
7 Aktiengesellschaften überhaupt möglich ist, bei den Wahlen in den Aufsichtsrat kein Diversitätskonzept zu verfolgen, und ob aus Anlass der Umsetzung des letzten Satzes von Art. 20 Abs. 1 lit. g ( Wird ein derartiges Konzept nicht angewendet, wird in der Erklärung erläutert, warum dies der Fall ist ) darauf Rücksicht genommen werden sollte. Ist Ihrer Ansicht nach die Übernahme des Textes des Art. 20 Abs. 1 lit. g ausreichend oder gibt es Elemente im bisherigen 243b Abs. 2 Z 2 UGB, die beibehalten werden sollten? Sollte bei der Umsetzung des letzten Satzes von Art. 20 Abs. 1 lit. g auf 87 Abs. 2a AktG Bezug genommen werden? 7 von 7
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