Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist nicht auszuschließen, nähere Umstände sind bisher nicht ermittelbar.

Größe: px

Ab Seite anzeigen:

Download "Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist nicht auszuschließen, nähere Umstände sind bisher nicht ermittelbar."

Karlheinz Bösch
vor 6 Jahren
Abrufe

Mahu, Cornelius (1613-1689) Stilleben mit Vögeln 17. Jh. 37 x 52 cm Öl auf Eichenholz Museum Wiesbaden Inventarnummer M. 16 Ergebnisse der Provenienzrecherche (Stand: 15.09.

1 Mahu, Cornelius ( ) Stilleben mit Vögeln 17. Jh. 37 x 52 cm Öl auf Eichenholz Museum Wiesbaden Inventarnummer M. 16 Ergebnisse der Provenienzrecherche (Stand: ) Zusammenfassung Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist nicht auszuschließen, nähere Umstände sind bisher nicht ermittelbar. Zeittafel 1943 Erworben bei der Kunsthandlung Dr. Rudolf Grosse, Berlin Darstellung der Provenienz Das Gemälde wurde 1943 bei der Kunsthandlung Dr. Rudolf Grosse, Berlin, Bellevuestraße 16 für die Gemäldegalerie Wiesbaden erworben. Die Genehmigung zum Ankauf durch den Kulturdezernenten der Stadt Wiesbaden wurde am erteilt. 1 1 Archiv Museum Wiesbaden, Aktentitel Anträge auf Ankäufe /5

2 Hermann Voss muss Rudolf Grosse im Umfeld einer Auktion bei der Kunsthandlung Hans W. Lange 2 begegnet sein und in diesem Zusammenhang müssen sie auch über das Gemälde von Mahu gesprochen haben. Dies geht aus einem Schreiben von Grosse an Voss vom 8. Mai 1943 hervor 3. Ich konnte Ihnen neulich während der Lange-Auktion die gewünschten Fotos nicht beschaffen. Jetzt erst erhielt ich wenigsten ein Teil der Abzüge. Es ist 1. der österreichische Barockmeister Geburt Christi 2.Stilleben von Cornelius Mahu 3. Bild 18. jahrhundert von uns genannt Schule Boucher ( ) Voss bestätigt Grosse nur zwei Tage darauf, am 10. Mai 1943, sein Interesse an dem Gemälde von Cornelius Mahu: Ebenso interessiert mich, und zwar für die Galerie in Wiesbaden, das Stillleben von Cornelius Mahu. 4 Voss führte seine Korrespondenz mit Grosse von Dresden aus, in seiner Funktion als Sonderbeauftragter für Linz. Dass er den Ankauf des Gemäldes von Mahu für die Gemäldegalerie Wiesbaden mit zwei Erwerbungen für das Führermuseum Linz verquickte, geht aus einem Schreiben an die Kunsthandlung Grosse vom 14. Mai 1943 hervor. Ich möchte die Hafenszene von Lingelbach, deren Fotografie Sie soeben sandten, zum Preis von RM 5000,-, das Barockbild der Geburt Christi (mit Nachtbeleuchtung) für RM 7500,- für den Sonderauftrag Linz erwerben, das kleine Stilleben von Cornelius Mahu zum Preis von RM 3000,- für die Gemäldegalerie Wiesbaden ( ) 5 Der Sonderbeauftragte für Linz wollte diesen Erwerbungsvorschlag 6 als Gesamtofferte 7 verstanden wissen Rudolf Grosse bedankte sich am 16. Mai 1943 für den erteilten Auftrag und sagte den Versand der drei Gemälde (nach Linz und nach Wiesbaden) durch die Spedition Haberling zu. 8 2 Vermutlich die Auktion Verschiedener Deutscher Kunstbesitz bei Hans W. Lange am 16. und 17. April Schreiben von Dr. R. Grosse an Prof. Dr. Voss, Dresden vom 6. Mai Quelle: Kopie aus dem Bundesarchiv. 4 Schreiben von Voss an Grosse vom Quelle: Kopie aus dem Bundesarchiv. 5 Schreiben von Voss an Grosse vom Quelle: Kopie aus dem Bundesarchiv. 6 Ebd. 7 Ebd. 8 Schreiben von Grosse an Voss vom Quelle: Kopie aus dem Bundesarchiv. 2/5

Rückseitenbetrachtung Im linken oberen Bereich findet sich die Ziffer 5 handschriftlich mit Kreide aufgebracht. Diese Ziffer konnte bislang nicht zugeordnet werden.

735, M 16 und K1 B3 ) In der Mitte der Bildtafel sind zwei eingeprägte geöffnete Hände zu sehen. Direkt daneben ein Monogramm DB, darüber ein F.

3 Rückseitenbetrachtung Im linken oberen Bereich findet sich die Ziffer 5 handschriftlich mit Kreide aufgebracht. Diese Ziffer konnte bislang nicht zugeordnet werden. Unten sind zwei Papieraufkleber zum Objekt und dessen Standort im Depot aufgebracht ( Gemäldegalerie Wiesbaden, Mahu, C, Stilleben, Inv.- Nr. 735, M 16 und K1 B3 ) In der Mitte der Bildtafel sind zwei eingeprägte geöffnete Hände zu sehen. Direkt daneben ein Monogramm DB, darüber ein F. Bei diesen Händen handelt es sich um das Antwerpener Gildezeichen der Tafelmacher, die ihr Material mit den eingebrannten Gütezeichen, dem Wappen der Stadt Antwerpen: eine Burg mit drei Türmen und zwei gespreizte Hände zeichnete. Das Antwerpener Brandzeichen findet sich häufig auf der Tafelproduktion des 17. Jahrhunderts, zumeist auch in Verbindung mit dem individuellen Zeichen des Tafelmachers. Das Monogramm DBF oder besser FDB läst sich auflösen mit Francois de Bont. Die aktive Zeit des Tafelmachers Francois De Bont wird zwischen 1637 und 1643 angesetzt. Weiterführende Recherchen Die Kunsthandlung Rudolf Grosse wurde vermutlich erst um 1937 in Berlin eröffnet. Sie wird 1937 zum ersten Mal in einer Anzeige in der Zeitschrift Weltkunst erwähnt, im Amtsgericht 3/5

4 Charlottenburg ist jedoch kein Eintrag in das Handelsregister überliefert. 9 Im Branchenverzeichnis des Adressbuchs Berlin von 1938 ist die Kunsthandlung erstmals mit einem Eintrag vertreten (unter der Rubrik Kunsthandlungen Dr. Grosse R., W9 Bellevuestr.16-18a, T ). Nachforschungen zur Kunsthandlung Rudolf Grosse in den Berliner Archiven verliefen ergebnislos. Auch im Zentralarchiv des Internationalen Kunsthandels, Köln sind keine Unterlagen zu der Kunsthandlung Rudolf Grosse vorhanden. Die bereits angesprochene Korrespondenz zwischen Grosse und Voss, die sich über den Zeitraum von 10. Mai 1943 bis 8. Dezember 1944 erstreckt, bezeugt die Zusammenarbeit der Kunsthandlung Grosse mit dem Sonderauftrag Linz, gibt aber keine Hinweise auf mögliche Erwerbsquellen Grosses. Auf der Lost Art Internet-Datenbank von der Koordinierungsstelle Magdeburg wird Grosse einmal als Einlieferer bei der Auktion Nr. 36 (6./ ) des Auktionshauses H. W. Lange erwähnt. Bei der Sammelversteigerung Graupe/Lange ( ) steht er in der Liste der daran beteiligten Personen und Körperschaften als Käufer. Bewertung der Ergebnisse Die Provenienz des Gemäldes bleibt ungeklärt. Vor dem hier geschilderten Hintergrund kann ein NS-verfolgungsbedingter Entzug nicht ausgeschlossen werden. Anhaltspunkt für weitere Recherchen wäre die Durchsicht der Auktionskataloge Lange. Zur kunsthistorischen Einordnung Das Gemälde firmiert seit 2008 im Museum Wiesbaden unter der Zuschreibung Alexander Adriaenssen (Antwerpen ). In der Sammlung Willem M. J. Russell, Amsterdam existiert eine weitere Fassung des Bildes (siehe Ausstellungskatalog Nederlandse Stillevens uit de zeventiende eeuw. Dordrechtsmuseum 1962, cat. 1. S. 13, Abb. 58). 9 Vgl. Enderlein, Angelika. S /5

5 Die Untersuchung der Rückseite ermöglichte über die Zuordnung des Brandzeichens mit Monogramm des Tafelmachers Francois De Bont und über dessen Lebensdaten ( ) eine zeitliche Einordnung des Gemäldes in das frühe 17. Jahrhundert ( ). Literatur Ausstellungskatalog Nederlandse Stillevens uit de zeventiende eeuw, Dordrechts museum 1962, cat. 1, S.13, Abb. 58. Angelika Enderlein, Der Berliner Kunsthandel in der Weimarer Republik und im NS-Staat, Berlin /5

Ähnliche Dokumente

Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist nicht auszuschließen, nähere Umstände sind bisher nicht ermittelbar.

Ein NS-verfolgungsbedingter Entzug ist nicht auszuschließen, nähere Umstände sind bisher nicht ermittelbar. Keuninck, Kerstiaen de (1560-1632) Waldlandschaft mit Perseus und Medusa 16./17. Jh. Mischtechnik auf Eichenholz 65,0 x 103,0 cm Museum Wiesbaden Inventarnummer M 51 Ergebnisse der Provenienzrecherche