Arbeitsschutz für schwangere und stillende Frauen
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- Hertha Albert
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1 Arbeitsschutz für schwangere und stillende Frauen Ein erster Blick auf die Umsetzung des neuen Mutterschutzgesetzes Barbara Reuhl/ Arbeitnehmerkammer Bremen Bremen, Mai 2017 Neu: Gesundheitsschutz ist ausdrücklich als Zielsetzung formuliert Mutterschutzgesetz 1 Anwendungsbereich, Ziel Schutz der Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit fortsetzen, Benachteiligungen entgegenwirken Regelungen in anderen Arbeitsschutzgesetzen unberührt Betrieblicher Gesundheitsschutz Gestaltung der Arbeitsbedingungen unverantwortbare Gefährdung Beurteilung der Arbeitsbedingungen Schutzmaßnahmen/ Rangfolge Dokumentation, Information Durchführung des Gesetzes Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten Behördliches Genehmigungsverfahren Zuständigkeit und Befugnisse der Aufsichtsbehörden Bußgeld-/Strafvorschriften Ausschuss für Mutterschutz Begriffsklärung (unverantwortbare Gefährdung) Regeln für Mutterschutz 1
2 Mutterschutz Arbeitszeit 4 Mehrarbeit keine Absenkung: wie bisher 8 ½ Std. tägl./ 90 Std. Doppelwoche aber: im monatl. Durchschnitt keine Überschreitung der vertraglich vereinbarten AZ Ruhezeit > 11 Std. 5 Nachtarbeit Ausnahme zwischen 20 und 22 Uhr in allen Branchen zulässig Bedingungen: ausdrückliche Zustimmung der Frau, keine ärztlichen Bedenken, unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen; ununterbrochene Ruhezeit Information der Aufsichtsbehörde, behördliches Genehmigungsverfahren 6 Sonn- und Feiertagsarbeit Ausnahme in allen Branchen möglich, unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen wenn Arbeitgeber nach Arbeitszeitgesetz Sonn- und Feiertagsarbeit einsetzt und die Schwangere ausdrücklich Bereitschaft erklärt Genehmigungsfiktion, wenn Behörde nicht innerhalb von 6 Wo. ablehnt Laut 29 Abs. 3 Nr. 1 Bewilligung einer Ausnahme vom Nachtarbeitsverbot sowie vom Mehrarbeitsverbot möglich 9 Gestaltung der Arbeitsbedingungen erforderliche Maßnahmen aufgrund der Gefährdungsbeurteilung für den Schutz der physischen und psychischen Gesundheit so, dass Gefährdungen möglichst vermieden werden eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist kurze Unterbrechungen, hinlegen, hinsetzen, ausruhen entsprechend dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene, sonstigen gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen 2
3 10 Gefährdungsbeurteilung Klärungsbedarf! im Rahmen der allgemeinen Gefährdungsbeurteilung nach ArbSchG Prüfung der Schutzmaßnahmen Information der Beschäftigten (m und w) Gesprächsangebot an die betroffene Frau Die Gefährdungsbeurteilung nach 5 ArbSchG Stillzeit Gefährdungsbeurteilung fortschreiben Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen Gefährdungen ermitteln und beurteilen Wirksamkeit überprüfen dokumentieren Beschäftigte unterweisen Maßnahmen festlegen und umsetzen Schwangerschaft 3
4 10 Gefährdungsbeurteilung Klärungsbedarf! Gefährdungsbeurteilung im konkreten Einzelfall/ bei Mitteilung einer Schwangerschaft/ des Stillwunsches: Verpflichtung des Arbeitgebers nicht deutlich formuliert Aber: ArbSchG: 3 Grundpflichten des Arbeitgebers: Maßnahmen auf Wirksamkeit überprüfen, erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anpassen 11 Arbeitsmedizinische Vorsorge 12 Unterweisung: ausreichend und angemessen, eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet, an die Gefährdungsentwicklung angepasst Unbestimmter Rechtsbegriff: Unverantwortbare Gefährdung Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. ( 9 Abs. 2 Satz 2) ArbSchG: Gefährdung beurteilen Begründung erforderlicher Schutzmaßnahmen 4
5 Unbestimmter Rechtsbegriff: Unverantwortbare Gefährdung Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. ( 9 Abs. 2 Satz 2) 31 Erlass von Rechtsverordnungen Ermächtigung der BuReg zur Regelung näherer Bestimmungen zum Begriff der unverantwortbaren Gefährdung Unbestimmter Rechtsbegriff: Unverantwortbare Gefährdung Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist. ( 9 Abs. 2 Satz 2) 30 Ausschuss für Mutterschutz: Art, Ausmaß und Dauer der möglichen unverantwortbaren Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau und ihres Kindes nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ermitteln und zu begründen 5
6 Unverantwortbare Gefährdung als Maßstab I 11 Unzulässige Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen u.g. gilt als ausgeschlossen bei Einhalten der arbeitsplatzbezogenen Vorgaben/ Plazentaschranke/ keine Beeinträchtigung der Muttermilch durch reproduktionstoxische, keimzellmutagene Gefahrstoffe Biostoffe z.b. bei ausreichendem Immunschutz gegen Rötelnvirus die Dosis macht s ( in einem Maß ausgesetzt ): ionisierende/ nicht ionisierende Strahlung/ Erschütterung, Vibration, Lärm/ Hitze, Kälte, Nässe Tätigkeiten in Überdruck, mit Sauerstoffreduzierung, unter Tage Nach 5. Monat überwiegendes bewegungsarmes Stehen > 4 Std. täglich Heben, Tragen, erhebliches Strecken, Beugen, Hocken Einsatz auf Beförderungsmitteln Unfallrisiken, Tragen von Schutzausrüstung, Erhöhung des Drucks im Bauchraum Unverantwortbare Gefährdung als Maßstab II 13 Schutzmaßnahmen: Auslöser: unverantwortbare Gefährdung Rangfolge: Klarstellung vergleichbar ArbSchG 28 Behördliche Genehmigung: Arbeit zwischen 20 und 22 Uhr wenn insbes. eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist (Ärztinnen!) 28 Zuständigkeiten/ Befugnisse der Aufsichtsbehörden Bewilligung von Nachtarbeit wenn unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Frau oder ihr Kind durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist (Ärztinnen!) Ausnahmegenehmigung von Akkordarbeit, Fließarbeit, wenn das Arbeitstempo keine unverantwortbare Gefährdung für schwangere/stillende Frau oder ihr Kind darstellt 6
7 Durchführung des Gesetzes 27 Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten des Arbeitgebers Mitteilung ja, weitere Angaben nur auf Verlangen der Aufsichtsbehörde 28 Behördliches Genehmigungsverfahren Genehmigungsfiktion für Beschäftigung zwischen 20 Uhr und 22 Uhr! 29 Zuständigkeit und Befugnisse der Aufsichtsbehörden Ausnahmen vom Mehrarbeitsverbot, Nachtarbeitsverbot, Akkordarbeit Soldatinnen: BMV ist zugleich Aufsichtsbehörde 32 Bußgeld/ 33 Strafvorschriften Voraussetzung: Erlass einer Rechtsverordnung der BuReg Inkrafttreten erst ab fehlende/ mangelhafte Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen, Dokumentation, Information der Betroffenen nicht strafbewehrt 30 Ausschuss für Mutterschutz Federführend: BMFSFJ Geschäftsführung: Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben nicht mehr als 15 Mitglieder : öffentliche und private Arbeitgeber, Ausbildungsstellen, Gewerkschaften, Studierendenvertretungen, Landesbehörden, weitere geeignete Personen (Wissenschaft) Berufung: BMFSFJ im Einvernehmen mit BMAS, BMG, BMBF Aufgaben: Begriffsklärung: unverantwortbare Gefährdung Aufstellen von Mutterschutzregeln Beratung BMFSFJ Zusammenarbeit mit Arbeitsschutz-Ausschüssen (BMAS) Abstimmung der Regeln und Erkenntnisse mit o.g. Ministerien 7
8 Arbeitsschutzgesetz 1 Abs. 1 ArbSchG Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes sichern und verbessern 3 Grundpflichten des Arbeitgebers Erforderliche Maßnahmen geeignete Organisation 4 Allgemeine Grundsätze Abs. 6: spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen u.a. psychische Belastungen Arbeitsschutzverordnungen Gefahrstoffe, Biostoffe Arbeitsstätten, Lastenhandhabung Ausschüsse für Arbeitsschutz Technische Regeln, z.b. für Gefahrstoffe Mutterschutzgesetz 1 Anwendungsbereich, Ziel Schutz der Gesundheit der Frau und ihres Kindes am Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplatz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit fortsetzen, Benachteiligungen entgegenwirken Regelungen in anderen Arbeitsschutzgesetzen unberührt Betrieblicher Gesundheitsschutz Gestaltung der Arbeitsbedingungen unverantwortbare Gefährdung Beurteilung der Arbeitsbedingungen Schutzmaßnahmen/ Rangfolge Dokumentation, Information Durchführung des Gesetzes Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten Behördliches Genehmigungsverfahren Zuständigkeit und Befugnisse der Aufsichtsbehörden Bußgeld-/Strafvorschriften Ausschuss für Mutterschutz Begriffsklärung (unverantwortbare Gef.) Regeln für Mutterschutz Ein Blick zurück: Mutterschutz Novellierungsbedarf Stand: Sommer 2014 MuSchG nicht mehr zeitgemäß, z.b. Beschäftigungsformen von Frauen Umlageverfahren bei Beschäftigungsverbot überprüfen Mutterschutz als Teil der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation Teilzeit und prekäre Arbeitsverhältnisse Arbeitsschutzdefizite Gestaltungsgebot wahrnehmen und umsetzen rechtzeitige Gefährdungsbeurteilung Abgrenzung Beschäftigungsverbot Arbeitsunfähigkeit Kündigungsschutz Unterrichtung aller betroffenen Frauen Betriebsärzt/innen einbeziehen Mutterschutz ist mehr als Frauenpolitik Verbesserung der Teilhabechancen von Frauen Frauen in Aus- und Weiterbildung unterstützen selbständig tätige Frauen 8
9 Ein Blick zurück: Mutterschutz Novellierungsbedarf Koalitionsvertrag Deutschland 18. Legislaturperiode Deutschlands Zukunft gestalten Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD 18. Legislaturperiode Kapitel 4 Zusammenhalt Familie stärken, S. 102: Mutterschutzgesetz: Eine Reform des Mutterschutzgesetzes wird erarbeitet. Unser Ziel heißt umfassender Schutz, mehr Transparenz und weniger Bürokratie. Dazu bedarf es einer Anpassung der mutterschutzrechtlichen Regelungen an den neuesten Stand der Erkenntnisse über Gefährdungen für Schwangere und stillende Mütter am Arbeitsplatz. Ein Blick zurück: Mutterschutz Novellierungsbedarf Koalitionsvertrag Land Bremen 19. Wahlperiode Gute Arbeit für Bremen und Bremerhaven/ Frauen gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglichen, S. 17: Schwangere genießen besonderen Schutz. Deshalb wollen wir, dass sowohl öffentliche als auch private Arbeitgeber Arbeitsplätze bereitstellen, die Schwangere nicht aus dem Beruf drängen. Frauen können ihren Beruf soweit gesundheitlich möglich auch während der Schwangerschaft ausüben: private und öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber werden wir daher dazu anhalten, entsprechende schwangerengerechte Arbeitsplätze bereitzustellen. Hieraus können sich im Bildungsund Gesundheitsbereich personelle Entlastungen ergeben. Gesundheit/ Arbeitsschutz, S. 97: Wir setzen uns für die Verbesserung der Situation von schwangeren Beschäftigten ein mit dem Ziel, dass schwangere Arbeitnehmerinnen so lange im Arbeitsleben bleiben können, wie ihr Gesundheitszustand das zulässt und sie es wünschen. Der öffentliche Dienst insbesondere in den Bereichen Kita und Schule ist dabei in besonderer Weise gefordert. Aus: Vereinbarkeit zur Zusammenarbeit in einer Regierungskoalition für die 19. Wahlperiode der Bremischen Bürgerschaft Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen 9
10 Erstes Fazit: Ein paar Schritte vor, etliche zurück, aber modern Schritte vorwärts ausdrückliche Zielsetzung formuliert Erweiterung des geschützten Personenkreises deutlichere Anbindung ans ArbSchG Mehrarbeit Teilzeitarbeit z.t. Kündigungsschutz, Schutzfristen verbessert Anpassung an EU-Vorgaben (Gefahrstoffe) Erstes Fazit: Ein paar Schritte vor, etliche zurück, aber modern Schritte zurück, Nebel Individualisierung Ausnahmegenehmigungen, mögliche Intransparenz bei der betrieblichen Umsetzung, widersprüchliche Impulse für betroffene Frauen unklarer Rechtsbegriff: unverantwortbare Gefährdung anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung nicht klar vorgeschrieben langwierige Prozesse Begriffsklärung und Erarbeitung von Regeln EU-Mutterschutzrichtlinie: Konformität mangelhaft Schutzniveau abhängig von den Kapazitäten der Arbeitsschutzaufsicht, der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes, Interessenvertretung MuSch mehr als Thema des Arbeitsschutzes wahrgenommen aber: Aufweichung des Arbeitsschutzes eingeleitet? Selbstbestimmung als Falle? Aufsicht stärken Es wird auf die betriebliche Umsetzung ankommen! 10
11 Barbara Reuhl Referentin für Arbeitsschutz- und Gesundheitspolitik Arbeitnehmerkammer Bremen 11
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