Die Multiple Sklerose und ihre psychosozialen Folgen
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- David Maurer
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1 Die Multiple Sklerose und ihre psychosozialen Folgen Siegrid Fuchs, Medizinische Universität Graz Graz, 18. Mai 2017
2 Inhaltsübersicht Informationen über Multiple Sklerose In welchen Bereichen kann MS Behinderungen verursachen? Was bedeutet MS für die soziale Situation? Was bedeutet MS für die psychische Befindlichkeit? Umgang mit Personen mit MS und Lösungsansätze
3 Multiple Sklerose Allgemeines eine entzündliche Erkrankung der Myelinscheiden und Axone von Gehirn und Rückenmark (ZNS) Läsionen treten örtlich und zeitlich disseminiert auf beginnt üblicherweise in der dritten und vierten Lebensdekade betrifft Frauen häufiger als Männer (~3:1) in Österreich etwa Erkrankte (Prävalenzwerte schwanken weltweit zwischen < 10 / bis ~ 200 / Betroffenen)
4 Pathomechanismen und Verlaufsformen der MS Entzündung Reparatur Neurodegeneration 85-90% 50% 10-15% schubförmig sekundär progredient mit Schüben sekundär progred. ohne Schübe primär progredient
5 Welches Ausmaß von Behinderung verursacht MS? Prävalenz & Therapie im 12-Jahres-Vergleich in Österreich, U. Baumhackl, 2014
6 MS ist sehr variabel in Symptomatik und Verlauf!
7 Welche Symptome von MS werden als behindernd empfunden? Percentage First Rank MS <5 Years (n=84) MS >15 Years (n=82) 0 Walking Power Coordination of Hands Normal Skin Sensations Lack of Pain Bladder Control Bowel Control Visual Function Awakefulness and Alertness Thinking and Memory Speech Swallowing Mood Sexuality Heesen C, et al. Patient perception of bodily functions in multiple sclerosis: gait and visual function are the most valuable. Mult Scler. 2008;14:
8 Messung der Behinderung (EDSS) Kurtzke J.F.: Neurology (1983), 33, Expanded Disability Status Scale (EDSS) (vereinfachte Darstellung) Normaler neurologischer Befund Keine Behinderung, minimale abnorme Untersuchungsbefunde Minimale Behinderung in nur einem der funktionellen Systeme Ohne Hilfe gehfähig, aber mäßiggradige Behinderung in einem der funktionellen Systeme Ohne Hilfe gehfähig über mindestens 500m, aber schwere Behinderung in einem der funktionellen Systeme Ohne Hilfe gehfähig über mindestens 200m, aber Behinderung so schwer, daß volle Arbeitsfähigkeit nicht mehr gegeben Stock, Krücke oder Schiene benötigt um 100 m zu gehen Gehfähigkeit höchstens 5 m mit Hilfe, aktiver Rollstuhlfahrer, Transfer ohne Hilfe An Rollstuhl gebunden, Transfer nur mit Hilfe, Arme funktionell einsetzbar Hilflos, weitgehend bettlägerig, Arme funktionell nicht mehr einsetzbar Tod infolge MS 100 m 200 m 500 m
9 aber nicht jedes von MS PatientInnen beschriebene Symptom ist auch wirklich durch MS bedingt!
10 Stufentherapie der Multiplen Sklerose Kompetenznetz Multiple Sklerose (2014)
11 Was bedeutet Behinderung durch Multiple Sklerose? Definition von Behinderung (Sozialrecht): eine dauerhafte und gravierende Beeinträchtigung von Menschen MS Symptome, die eine Behinderung verursachen können: Motorische Einschränkungen Ataktische Störungen Sehstörungen Vegetative Störungen Affektive Psychische Störungen (ursächlich oder reaktiv) Kognitive Einschränkungen Müdigkeit
12 Welche Beeinträchtigungen haben Konsequenzen für das soziale Leben? Beruflicher Bereich Privater Bereich Gehfähigkeit Sexuelle Störungen Koordination Sensibilitätsstörungen Blasen / Mastdarmkontrolle Gehfähigkeit Sehstörungen Koordination Konzentrationsstörungen Blasen / Mastdarmkontrolle Gedächtnisleistung Sehstörungen Sprach / Sprechstörungen Konzentrationsstörungen Affektive Störungen Gedächtnisleistung Schmerz Sprach / Sprechstörungen Affektive Störungen Schmerz
13 Versuch einer Definition von sozialer Integration Ein gesunder Mensch ist liebes- und arbeitsfähig und hat die Möglichkeit, sein Leben im beruflichen und im privaten Bereich nach eigenen Vorstellungen zu organisieren und zu gestalten Soziale Integration bedeutet, dem eigenen Wunsch entsprechend die Möglichkeit zu haben: Das eigene Leben zu finanzieren und zu organisieren Zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen und zu pflegen Gesellschaftliche Kommunikation zu betreiben Sexuelle Kontakte einzugehen
14 Ursachen für schlechte soziale Integration sind vielfältig!
15 Soziale Folgen von MS Berufssituation in Österreich Prozent berufstätiger MS PatientInnen in Abhängigkeit vom Behinderungsgrad Kobelt G et al., Eur J Health Econ :S14 S23
16 Soziale Folgen von MS Berufssituation in Österreich Berufstätigkeit und Behinderung Kobelt G et al., Eur J Health Econ :S14 S23
17 Wir sollten versuchen, diesen Entwicklungen entgegen zu wirken!
18 Lebensqualität (HRQL) und Arbeit Schlechtere körperliche HRQL bei älteren, nicht arbeitendenden PatientInnen, mit muskuloskelettalen und respiratorischen Problemen,. (Turpin KVL, et al., Mult Scler 2007) Signifikant höhere Scores in der Mehrzahl der MSQol-54 Scores bei Beschäftigten PatientInnen und jenen mit besserer Ausbildung (z.b. akademischer Ausbildung) (Patti F, et al., Mult Scler 2007)
19 Soziale Folgen von MS Partnerschaft Vergleich von 2538 DänInnen mit MS Beginn zwischen (aus dem Danish MS Registry) mit gematchen und zufällig ausgewählten Kontrollpersonen in Bezug auf Familienstand. 5 Jahre nach Krankheitsbeginn war die Wahrscheinlichkeit in der selben Beziehung zu leben bei PatientInnen 86% und bei Kontrollen 89%. Dieser Unterschied nahm kontinuierlich zu wobei nach 24 Jahren nur mehr 33% der MS PatientInnen gegenüber 53% in der Vergleichsbevölkerung in der gleichen Beziehung lebten. Kinderlose und Männer hatten ein höheres Scheidungsrisiko CCH Pfleger et al.; Mult Scler 2010;16:
20 Wovon hängt soziale Integration ab? Ausmaß der Behinderung? Art der Behinderung? Soziales Umfeld? Bildung? Persönliche Einstellung? Aber auch: Beratung und Führung Motivation Betreuung Information Ich bitt Euch höflichst, seid s keine Trotteln Erwin Ringel,
21 Probleme, die MS verursacht, werden vom sozialen Umfeld nicht immer richtig erkannt
22 Patientinnen und Patienten mit MS sind schwierig MS Betroffene sind fordernd MS Betroffene sind eigenwillig MS Betroffene wissen alles besser Und wenn das alles MS Betroffene befolgen unsere Anordnungen nicht stimmen sollte, warum ist MS Betroffene sind psychisch schlecht erreichbar MS Betroffene wollen immer eine Extrabehandlung das dann so?????.
23 Multiple Sklerose aus Sicht der Patientinnen und Patienten / Erkrankung Ich werde nie wieder gesund sein Ich muss mit vielleicht sehr schweren Behinderungen rechnen Ich kann die Gestaltung meines Lebens nicht mehr im erwarteten Umfang beeinflussen Ich muss meinen Wert im Leben neu definieren
24 Multiple Sklerose aus Sicht der Patientinnen und Patienten / Verlauf Auch bei vorhandenen Chancen auf einen guten Verlauf muss ich ein hohes Ausmaß an Unsicherheit ertragen Meine Lebensplanung ist durch bewusste Unsicherheiten beeinträchtigt Für manche Risiken kann ich den Mut schlecht aufbringen (z. B. längere Berufsausbildung, Kredite für Hausbau usw)
25 Multiple Sklerose aus Sicht der Patientinnen und Patienten / Therapie Ich muss über viele Jahre ( lebenslänglich? ) eine Behandlung durchführen Ich muss Nebenwirkungen in Kauf nehmen Ich weiß nicht, welche Risiken und Nebenwirkungen mein Krankheitsverlauf rechtfertigt Ich kann die Wirkung der Therapie nicht überprüfen
26 Lösungsansätze im Umgang mit MS Betroffenen Sich die Probleme der Patientin / des Patienten mit der Erkrankung und deren Folgen bewusst machen Mit Respekt vor der Person und ihren Problemen zuhören Informationen sachlich, ausführlich und auf persönliche Fragen bezogen liefern Wünsche und Forderungen ansprechen und auf Machbarkeit prüfen, offen klären wo die Grenzen sind Klar definierte Vereinbarungen treffen (Einhaltung überprüfen) Mit dem Versuch des Verständnisses für chronische Erkrankungen und ihre Folgen an die MS Betroffenen herangehen
27 Lösungsansätze MS Betroffene / Botschaften von Betreuungspersonen Ausschöpfen aller körperlichen und gesellschaftlichen Möglichkeiten Einstellung zur Erkrankung: nicht die Krankheit ist dominierend, sondern die Persönlichkeit Einstellung zum Körper: Notwendigkeit zu Anstrengung und Überwindung trotz Erkrankung, kein übergeordnetes Prinzip der dauernden Schonung Einstellung zum Beruf: Intensives Anstreben der Erhaltung der Berufstätigkeit, Vermeidung von vorzeitiger Pensionierung
28 Lösungsansätze Psychische Betreuung Stärken der Persönlichkeit, nicht der Beschäftigung mit der Krankheit Stärken des Selbstwertgefühles mit Behinderung, Erhalten der persönlichen Attraktivität Unterstützung von partnerschaftlichen Beziehungen mit normalen Umgangsmechanismen Förderung eines partnerschaftlichen Umganges mit der Akzeptanz von Forderungen von beiden Seiten (Krankheit bedeutet nicht, immer Rücksicht zu erleben) Erhaltung der partnerschaftlichen Beziehung trotz eventueller Behinderung (Partner / Partnerin bleibt in dieser Funktion und wird nicht reine Pflegeperson)
29 Lösungsansätze Politischer / Gesellschaftlicher Bereich Förderung der Akzeptanz von Beschäftigung chronisch kranker Personen, Erhaltung von Arbeitsplätzen bei Erkrankung Schaffung ausreichender geschützter Arbeitsplätze Förderung spezieller Teilzeitarbeitsmöglichkeiten bzw von Arbeiten mit Möglichkeit freierer Tageseinteilung Schaffung von (leistbaren)transportangeboten für Personen mit eingeschränkter Gehfähigkeit Durchgehend Behinderten gerechte Ausstattung im öffentlichen Bereich Förderung von Toleranz und offenem Umgang mit Personen mit Behinderung
30 und die Realität???????????? Department of Neurology,
31 Aber es gibt fast immer Lösungen! Department of Neurology,
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