Achtsamkeit. Entscheidung für einen neuen Weg. Alois Burkhard. Meditationsübungen für Praxis und Alltag

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Ingeborg Sommer
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1 Alois Burkhard Achtsamkeit Entscheidung für einen neuen Weg Unter Mitarbeit von Juliane Stern Mit einem Geleitwort von Martin Bohus Meditationsübungen für Praxis und Alltag

2 Genauso habe ich es mir vorgestellt, sagte der Meister. Es gibt von sich aus keinen Buchstaben T; das T ist die Bedeutung, die du ihm gibst. Was du vor dir siehst, sind zwei abgebrochene Äste in Form von Stöcken. 4

3 Der Bergsee Nehmen Sie sich drei Minuten Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Am besten funktioniert dies, wenn Sie sich auf den Atem oder die Geräusche konzentrieren, die Sie von außerhalb oder innerhalb des Raumes wahrnehmen. Wenn Sie nun zur Ruhe gekommen sind, lassen Sie vor Ihrem inneren Auge das Bild eines in großer Höhe gelegenen Bergsees entstehen. Der See liegt einsam und weit, weit weg von jeder menschlichen Ansiedlung. Rund um den See wachsen Schilfpflanzen, es duftet nach Kräutern und Gras. Die um den Bergsee liegenden, steil aufragenden Berggipfel spiegeln sich in der glatten Seeoberfläche. Zu hören sind nur die Summgeräusche der Bienen und das Zwitschern der Bergvögel. Der See wird von einem kleinen Wildbach gespeist, der in der Ferne zu sehen ist. Diese himmlische Ruhe wird nun unterbrochen von einer Gruppe Bergsteiger, die sich in der Nähe des Bergsees zur Vesperpause niederlassen. Stimmengemurmel ist nun zu hören, Geräusche vom Öffnen der Rucksäcke und vom Klappern der Bestecke, die ausgepackt werden. Einer der Bergsteiger nimmt, nachdem er fertig gegessen hat, einen kleinen Kieselstein und läuft zum See hin. Er wirft den Stein mit angewinkeltem Arm in den See, er möchte den Stein hüpfen sehen. Platsch, nur dieses Geräusch ist zu hören, der Stein hüpft nicht, sondern versinkt sofort im See. Die Oberfläche des Sees ist nun nicht mehr glatt, sondern an der Stelle, wo der Stein versunken ist, bilden sich kleine Wellen, die zum Ufer 5

4 hin immer kleiner werden. Nach einer Weile liegt der See wieder ruhig da, wie zuvor. Die anderen Bergsteiger haben den Steinwurf gesehen und nun macht sich die ganze Gruppe daran, Steine zu sammeln und zum See zu gehen. Jeder versucht nun seine Steine so zu werfen, dass sie hüpfen, was aber den wenigsten gelingt. Man hört nur wie es ständig platscht, dies geht minutenlang so. Immer wieder werden neue Steine geholt und durch das ununterbrochene Steinewerfen brodelt der See so richtig. Welle folgt auf Welle, kleine Wellen, große Wellen wechseln einander ab und selbst am Ufer sind die Auswirkungen zu spüren, da die Wellen bis zum kleinen Strand rollen, der vorher trocken gewesen war. Aber bald darauf verliert die Gruppe die Lust am Steinewerfen, packt die Rucksäcke zusammen und es wird weitergegangen. Bald darauf liegt der See wieder ruhig da wie zuvor und man sieht wieder die Spiegelungen der Berggipfel. So ähnlich müssen wir uns den menschlichen Geist vorstellen. Ein Gedanke, der auftaucht, ist wie der erste Steinwurf, er aktiviert meist den nächsten Gedanken und dann manchmal ganze Gedankenketten. Manchmal, bei starken Gefühlen, negativen Gedanken und Bewertungen ist unser Geist so aufgewühlt wie dieser Bergsee. Aber auch dieser Sturm geht vorbei und wir können uns vielleicht mit dem Bild des friedlich daliegenden Bergsees selbst beruhigen. Gedankliche Übung Nehmen Sie sich drei Minuten Zeit um über diese Geschichte nachzudenken. Beobachten Sie, welche Gedanken und Gefühle auftauchen. 6

5 Einführung in die Achtsamkeit Achtsamkeitsübungen senken den körperlichen und seelischen Stress, unter dem viele Menschen stehen. Zahlreiche Studien haben die Wirksamkeit von Achtsamkeit erwiesen. Die meisten Studien zum Thema hat Professor John Kabat-Zinn veröffentlicht. Die ersten Erfolge mit der Achtsamkeitsmeditation stellen sich nach fünf bis acht Wochen ein. Spürbar ist ein Effekt dann, wenn wir selbst bemerken, dass wir weder achtsam gehen, noch essen, noch atmen. Am besten beginnt man mit ganz einfachen Übungen wie z. B. der Konzentration auf den Atem. Den Atem bezeichnet man in der Meditation als neutrales Meditationsobjekt, wobei der Ausdruck neutral ja nicht ganz richtig ist, denn wenn wir sehr erregt sind und körperlich unter Anspannung stehen, verändert sich der Atem unbewusst auch. Bei der Meditation geht es darum, starke Emotionen zu verlassen und sich auf den Atem oder die fünf Sinne zu konzentrieren. Wenn man anfängt, sich auf den Atem zu konzentrieren, stellt man allerdings sofort fest, dass Ablenkung und Unaufmerksamkeit ständige Hürden sind. Der Atem bringt uns zu Bewusstsein, dass es praktisch kaum Momente in unserem Leben gibt, die nicht von geistiger Aktivität überlagert werden. Wir wühlen ständig in einem angehäuften Lager vergangener Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen herum, ohne uns dessen bewusst zu sein. Daher bringen es Achtsamkeitsübungen mit sich, dass wir unseren Kopf von unnötigem Ballast entrümpeln. Wobei die Übungen nicht dazu dienen, den Stress erheblich zu reduzieren. Achtsamkeit bedeutet nicht, besser werden zu wollen oder unser Achtsamkeits- 7

6 diplom ablegen zu müssen. Es bedeutet einfach, jetzt und hier zu sein und erst einmal alles so anzunehmen, wie wir es vorfinden. Dies führt zu Ruhe und Gelassenheit, später zu Gleichmut, nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit. Am Anfang ist es sicher ein absichtsloses Üben um des Übens willen, nicht um irgendwohin zu gelangen. Sollte sich dies im Laufe der Zeit verändern, umso besser. Wenn wir eine ganze Weile alles so annehmen wie es ist, angenehm oder unangenehm, schlecht, doof, hässlich, gut, weniger gut und dann lernen, mit diesen Begriffen zu arbeiten, dann sehen wir unser Leben mit anderen Augen. Das Leben selbst ist ein ständiges Übungsfeld geworden und wir sind uns nun dessen bewusst. Die meisten Menschen meditieren, wenn es ihnen schlecht geht, sie nach Entspannung suchen oder um einen besonderen Zustand zu erfahren, manchmal auch um Stress und Schmerzen loszuwerden. Üben und lernen aber kann das Gehirn am besten, wenn wir emotional nicht belastet sind. So Erlerntes kann später in belastenden Situationen besser abgerufen werden. Achtsamkeit hat damit am Anfang gar nichts zu tun. Denn wenn Sie mit diesen Erwartungen herangehen, geraten Sie nur wieder unter Stress. Es geht um ein Loslassen aller Erwartungen. Wenn wir den Wunsch loslassen, dass doch bitteschön jetzt sofort oder recht bald alles anders werden soll, dann haben wir einen wichtigen Schritt getan. Wie John Kabat-Zinn sagt: Wenn wir also in der Meditationspraxis irgendwohin gelangen wollen, sollten wir aufhören, irgendwohin gelangen zu wollen. 8

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