Fragen und Antworten rund um den Konzernatlas 2017 aus landwirtschaftlicher Sicht
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- Christina Gehrig
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1 Deutscher Bauernve Fragen und Antworten rund um den Konzernatlas 2017 aus landwirtschaftlicher Sicht
2 2 3 Wie können die Vermarktungsstrukturen für die Landwirte verbessert werden? Der Zugang zu den Absatzmärkten und die Sicherung einer angemessenen Wertschöpfung ist für die landwirtschaftlichen Erzeuger von zentraler Bedeutung. Zusammenschlüsse in Erzeugergemeinschaften bzw. Vermarktungs- und Verarbeitungsgenossenschaften sind dazu ausgesprochen wichtige Instrumente. Beispielsweise werden rund zwei Drittel der Milch in Genossenschaftsmolkereien verarbeitet. Durch eine kartellrechtliche Privilegierung und Unterstützung von Erzeugerzusammenschlüssen sowie durch die Ermöglichung von Branchenorganisationen kann die Wirtschafts- und Agrarpolitik dazu beitragen, dass sich Landwirte in konzentrierten Märkten besser organisieren und behaupten können. Wo muss das Kartellrecht ergänzt werden? Die Nachfragemacht des hochkonzentrierten Lebensmitteleinzelhandels (LEH) sorgt für erheblichen Marktdruck auf die Land- und Ernährungswirtschaft. Durch die fortgesetzte Konzentration sind die vier größten Unternehmen des LEH in der Lage, ihre Nachfragemacht einseitig zu Lasten der Landwirte auszunutzen. Der Deutsche Bauernverband fordert eine Schärfung des europäischen und nationalen Kartell- und Wettbewerbsrechtes, u.a. durch: Untersagung weiterer Fusionen im Bereich der vier größten deutschen LEH-Ketten Bessere Begrenzung und Kontrolle von unfairen Handelspraktiken, z.b. Anzapfverbot, definierte Zahlungsfristen an Landwirte und Lieferanten etc. Dauerhaftes Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis
3 4 5 Dazu liegen Vorschläge des DBV für die aktuelle Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. Auf europäischer Ebene macht der Veerman-Bericht (erstellt im Auftrag der EU-Kommission) konkrete Vorschläge. Die aktuellen Fusionspläne internationaler Konzerne im Bereich Saatgut, Pflanzenschutz, Düngemittel usw. müssen seitens der EU-Kommission genau geprüft werden, ob hiermit Einschränkungen des Wettbewerbs an den Märkten für Betriebsmittel verbunden sind (z.b. Koppelung von Saatgut mit Pflanzenschutzmitteln usw.) Sind Terminmärkte als Preisabsicherung für Landwirte geeignet? Wo liegen die Chancen der Digitalisierung? Die Digitalisierung landwirtschaftlicher Produktionsprozesse bietet großes Potenzial für eine ressourcen- und klimaschonende Landbewirtschaftung und Tierwohl fördernde Haltungsverfahren. Melkroboter in den Milchviehställen und Präzisionslandwirtschaft auf dem Acker sind schon heute Realität, gerade auch bei kleineren und mittleren Betrieben. Der Trend geht zur intelligenten Roboter-, Sensor- und Satellitentechnik in Kombination mit moderner Anwendungssoftware in Smartphones, Tablets und Apps. In der Digitalisierung liegen auch große Chancen, die kritische öffentliche Diskussion über moderne und nachhaltige Landwirtschaft versachlichen zu helfen. Richtig angewendet können Warentermingeschäfte Landwirte darin unterstützen, Preisrisiken an volatilen Märkten für Agrarprodukte besser zu bewältigen. Dies darf nicht mit Spekulationsgeschäften verwechselt werden. Seit 2009 hat die EU die Finanzmarktregulierung massiv mit dem Ziel ausgebaut, Transparenz und Überwachung zu verbessern und systemische Risiken zu vermeiden. Heute nutzen 55 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe mit Getreideanbau Vorverträge zur Preisabsicherung; bei Raps sind es sogar 73 Prozent. Der DBV wirbt daher dafür, die Anwendung von Warentermingeschäften und Vorverträgen auch in der Milchwirtschaft zum Zwecke der eigenen Preisabsicherung stärker zu verbreiten. Aus Sicht des DBV müssen vor allem zwei Rahmenbedingungen gewährleistet sein: Flächendeckend schnelles Internet im ländlichen Raum sowie Datensicherheit und Datenhoheit, d.h. die Verfügungsrechte über landwirtschaftliche Produktionsdaten müssen beim Landwirt liegen.
4 6 7 Bedroht der Strukturwandel die Familienbetriebe? Im Vergleich zu anderen Industrie- und Schwellenländern ist die deutsche Landwirtschaft ausgesprochen familienbetrieblich strukturiert. Betriebe in der Hand von Konzernen sind in Deutschland die große Ausnahme. Der Strukturwandel wird vor allem vom Generationswechsel der bäuerlichen Inhaberfamilien geprägt. Die Betriebsübernahme durch Junglandwirte ist aus Sicht des DBV besonders zu flankieren (Hofabgabe in der Alterssicherung, angemessene erbschaftsteuerliche Bewertung der Betriebe etc.). Am Bodenmarkt soll es einen Vorrang für die aktiven Landwirte geben. Vor allem in der Tierhaltung wird der Strukturwandel von beschleunigten Auflagen im Umwelt- und Tierschutz getrieben. Gerade kleinere Betriebe werden durch neue Auflagen verdrängt. Daher ist aus Sicht des DBV ein Bestandsschutz für Altställe und eine Entwicklungsmöglichkeit für neue tiergerechtere Ställe (Baurecht) erforderlich. Verbraucherdialog in offenen Märkten oder Kapitalismuskritik? Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden, was sie essen. Dabei ist Vielfalt der angebotenen Lebensmittel größer als je zuvor. Die Mehrheit der deutschen Verbraucher kauft nach wie vor stark preisorientiert ein und gibt damit ihre Einkaufsmacht in die Hände der Discounter. Der Deutsche Bauernverband fordert, das Wettbewerbs- und Kartellrecht im Agrar- und Lebensmittelsektor zu schärfen, gerade auch bei der Eingrenzung der Marktmacht der Handelsketten. Auf dieser Basis können und werden die deutschen Landwirte vielfältige Lebensmittel für spezielle Verbrauchersegmente anbieten, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. In der Handelspolitik erwarten die Landwirte, dass Agrarimporte die Standards in Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz erfüllen. Umgekehrt bieten Exportmärkte auch eine Chance für hiesige Landwirte, zusätzliche Wertschöpfung zu erzielen, ohne dass dies zu Lasten der Berufskollegen in Entwicklungsländern geht. Eine allgemeine Globalisierungs- oder Kapitalismuskritik steht neuen Lösungen für Verbraucher und Landwirte dabei eher im Wege.
5 Deutscher Bauernve Herausgeber: Deutscher Bauernverband e. V. Claire-Waldoff-Straße 7, Berlin Bildnachweis: Fotos: pixabay 2017
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