Fall 6 «Sicherheitsfirmen»
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- Mathias Klein
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1 Übungen im Öffentlichen Recht I FS16 Gruppen A-C und N-P Fall 6 «Sicherheitsfirmen» Prof. Dr. Thomas Gächter / lic. iur. Arlette Meienberger Seite 1 Themen dieser Übung Verschiedene Fragen zum Rechtsetzungsverfahren im Bund Parlamentarische Handlungsinstrumente Publikationsorgane des Bundes Kompetenzfragen Verordnungen des Bundesrates Vernehmlassung Recherche Seite 2
2 Frage 1 Mit welchem parlamentarischen Instrument kann das Mitglied des Ständerates dies erreichen? Beschreiben Sie das Verfahren des betreffenden Instruments. Parlamentarische Instrumente Rechtsgrundlagen BV ParlG Instrumente, die sich an die Bundesversammlung richten (vgl. Art. 160 BV, Art. 107 ParlG) Antrag zu einem in Beratung stehenden Geschäft Parlamentarische Initiative Instrumente, die sich an den Bundesrat richten (vgl. Art. 118 ParlG) Postulat und Motion Interpellation und Anfrage Seite 4
3 Parlamentarische Instrumente Interpellation und Anfrage «Frageinstrumente» Interpellation wird meist mündlich im Rat beantwortet, dieser kann Diskussion beschliessen (vgl. Art. 125 Abs. 4 ParlG) Anfrage wird schriftlich und ohne Diskussion im Rat beantwortet (vgl. Art. 125 Abs. 5 ParlG) Postulat und Motion Postulat: Prüfungsantrag auf Erlassentwurf oder andere Massnahme (Zustimmung eines Rates nötig, vgl. Art. 124 Abs. 2 ParlG) Motion: Verbindlicher Auftrag zu Gesetzesentwurf oder Massnahme (Zustimmung beider Räte nötig, vgl. Art. 121 Abs. 2 ParlG) Seite 5 Parlamentarische Instrumente Was will das Mitglied des Ständerates erreichen? Abklärungen (Ziff. 1 und 2) Prüfung, ob im betreffenden Gebiet Gesetze erlassen werden sollen (Ziff. 3 und 4) Geeignetes Mittel wäre somit das Postulat Wer kann ein Postulat einreichen? Vgl. Art. 119 Abs. 1 ParlG Verfahrensablauf? vgl. Art. 124 Abs. 1-3 ParlG mit dem Begriff «Geschäftsbericht» in Art. 124 Abs. 3 ParlG ist der Geschäftsbericht des Bundesrates gemeint ( Seite 6
4 Frage 2 Der Bundesrat antwortete am 2. Dezember 2005 mit einem schriftlichen Bericht zu den privaten Sicherheits- und Militärfirmen. Wo wurde dieser Bericht publiziert? Publikationsorgane des Bundes Relevante Rechtsgrundlage: Publikationsgesetz (PublG) Publikationsorgane sind: Sammlungen des Bundesrechts Amtliche Sammlung des Bundesrechts (AS) Systematische Sammlung des Bundesrechts (SR) Bundesblatt (BBl) Wo wird der Bericht des Bundesrates publiziert? Art. 13 Abs. 2 lit. a PublG BBl Zusatzfrage: Auf welche Kompetenz stützte sich der Bund bei Erlass des PublG? s. Ingress PublG Seite 8
5 Frage 3 Um was für eine Art Verordnung handelt es sich dabei und welches ist die gesetzliche Grundlage für diese Verordnung? Verordnung über den Einsatz von privaten Sicherheitsunternehmen für Schutzaufgaben durch Bundesbehörden (Verordnung über den Einsatz von Sicherheitsunternehmen, VES) vom 24. Juni 2015 (Stand am 20. Oktober 2015) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 182 Absatz 2 der Bundesverfassung 1, verordnet: 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Geltungsbereich 1 Diese Verordnung gilt für Bundesbehörden, die ein privates Sicherheitsunternehmen (Unternehmen) zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben in der Schweiz oder im Ausland einsetzen (einsetzende Behörden). 2 Die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 27. September über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen bleiben vorbehalten, wenn die einsetzende Behörde ein Unternehmen zur Wahrnehmung von Schutzaufgaben in einem komplexen Umfeld nach Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung vom 24. Juni über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen beizieht. Seite 10
6 Verordnung über den Einsatz privater Sicherheitsunternehmen für Schutzaufgaben durch Bundesbehörden Ingress der Verordnung erwähnt Art. 182 Abs. 2 BV als Kompetenznorm Diese Norm betrifft die Kompetenz des Bundesrates, u.a. die Bundesgesetzgebung zu vollziehen Der Vollzug kann auch Vollzugsrechtsetzung beinhalten, also den Erlass von Vollziehungsverordnungen Doch welche Bundesgesetzgebung wird vollzogen? Ingress? Botschaft zur Verordnung des Bundesrates? Erläuterungen zu einer Verordnung des Bundesrates werden nicht in AS/BBl publiziert Sie sind immerhin auf der Homepage des EJPD publiziert Verordnung vollzieht das Zwangsanwendungsgesetz (ZAG) Seite 11 Frage 4 Um was handelt es sich bei einer Vernehmlassung und wo ist diese geregelt? Kann eine in der Schweiz niedergelassene private Sicherheitsfirma ebenfalls an der Vernehmlassung teilnehmen?
7 Vernehmlassung Rechtsgrundlage Art. 147 BV, Bundesgesetz über das Vernehmlassungsverfahren (VlG) Vernehmlassung soll sicherstellen, dass Kantone, Parteien und interessierte Kreise an der Meinungsbildung im Bund teilnehmen können Bei Verfassungsänderungen, dem Erlass gewisser wichtiger rechtsetzenden Bestimmungen und gewissen völkerrechtlichen Verträgen ist das Verfahren zwingend (Vgl. Art. 3 Abs. 1 VlG) Stellungnahme erfolgt zu einem Vorentwurf Stellung nehmen kann jede Person oder Organisation, Kantone, in der Bundesversammlung vertretene Parteien und gewisse Organisationen werden dazu eingeladen (vgl. 4 Abs. 2 VlG) Stellungnahmen werden «zur Kenntnis genommen, ausgewertet und gewichtet» Seite 13 Vernehmlassung Die Firma hat sicherlich ein Interesse an der Vernehmlassung teilzunehmen, da sie durch die Regelung betroffen wäre Als juristische Person kann sie von sich aus eine Stellungnahme einreichen (vgl. Art. 4 Abs. 1 VlG) Allenfalls wird der Bundesrat betroffene Firmen oder zumindest deren Verbände zur Stellungnahme einladen (vgl. Art. 4 Abs. 2 lit. e VlG) Seite 14
8 Frage 5 Auf welche Bundeskompetenz stützte der Bundesrat seinen Entwurf? Wo schlagen Sie dies nach? Nennen Sie die betreffenden Bestimmungen und fassen Sie die Begründung des Bundesrates kurz zusammen. Bundeskompetenz Vorfrage: Warum braucht der Bund eine Kompetenz, um gesetzgebend tätig zu werden? Vgl. Art. 3 und 42 BV Wo schlagen sie in diesem Fall nach? Bundesblatt, BBl Ingress des Entwurfs Art. 54 Abs. 1BV, Art. 95 Abs. 1BV, Art. 173 Abs. 2 BV Seite 16
9 Bundeskompetenz Art. 54 Abs. 1BV Umfassende Bundeskompetenz in auswärtigen Angelegenheiten Art. 95 Abs. 1BV Wirtschaftspolizeiliche Massnahmen, sofern sie mit Art. 27 und Art. 94 Abs. 1 BV konform sind Art. 173 Abs. 2 BV Subsidiäre Generalkompetenz der Bundesversammlung Seite 17 Frage 6 Die Bundesversammlung verabschiedete das Gesetz am 27. September Welche Voraussetzungen mussten noch erfüllt werden, bevor es in Kraft treten konnte?
10 Inkrafttreten eines Bundesgesetzes Bundesgesetze unterstehen dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 lit. a BV) Referendumsvorlage wird im BBl publiziert (Art. 13 Abs. 1 lit. e PublG) Frist von 100 Tagen (vgl. Art 141 Abs. 1 BV) BBl Referendum erfolgreich, Bundesgesetz in der Volksabstimmung abgelehnt Erlassverfahren beendet Kein Referendum oder Bundesgesetz in der Volksabstimmung angenommen Gesetz kann in Kraft treten Seite 19 Inkrafttreten eines Bundesgesetzes Datum des Inkrafttretens entweder im Erlass selber geregelt oder Bundesrat (oder Bundesversammlung) wird ermächtigt, das Datum festzusetzen Inkrafttreten jedoch erst nach Publikation in der AS möglich (vgl. Art. 2 PublG) Inkrafttreten frühestens 5 Tage nach Publikation (Art. 7 Abs. 1 PublG) Seite 20
11 Frage 7 Angenommen, Teile der Bundesversammlung wären der Ansicht gewesen, das Gesetz hätte umgehend in Kraft gesetzt werden sollen, um den guten internationalen Ruf der Schweiz zu sichern. Hätte es für die Bundesversammlung eine Möglichkeit gegeben, das Bundesgesetz umgehend in Kraft treten zu lassen? Umgehendes in Kraft setzen eines Bundesgesetzes Bundesversammlung kann Bundesgesetze dringlich erklären (vgl. Art. 165 Abs. 1 BV) Referendum und Volksabstimmung werden (einstweilen) umgangen Voraussetzungen Zeitliche Dringlichkeit Befristung Qualifiziertes Mehr (Mehrheit der Mitglieder beider Räte) Bei Dringlichkeit kann auch ein Erlass vorerst im ausserordentlichen Verfahren publiziert werden (Art. 7 Abs. 3 PublG) Seite 22
12 Zum Fall Keine zeitliche Dringlichkeit ersichtlich, dringliche Gesetzgebung wäre damit unzulässig gewesen Wäre die Bestimmung andernfalls anfechtbar? Seite 23
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