Wie frei soll die Presse sein? Hintergrund. Ausgabe 2/2009. [1] Öffentliches Interesse im Konflikt mit Opferschutz
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- Sven Bergmann
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1 Wie frei soll die Presse sein? [1] Öffentliches Interesse im Konflikt mit Opferschutz Der Standard, 21./22. März 2009 [2] Wenn Medien Monster machen Der Standard, 14./15. März 2009 [3] Ach, wie gut, dass jeder weiß Die Furche, 19. März 2009 [4] Hero der Woche: Eva Plaz Falter, 13/09 [5] Das Grauen kennt keine Grenzen Die Furche, 12. März 2009 Hintergrund Mit dem Internationalen Tag der Pressefreiheit wird seit 1994 jährlich am 3. Mai (von Organisationen wie Reporter ohne Grenzen ) auf Verletzungen der Pressefreiheit sowie auf die grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung für die Existenz von Demokratien aufmerksam gemacht. Medien werden oft die vierte Macht im Staat genannt. Die Presse überwacht das gesetz- und rechtsmäßige Handeln der demokratischen Institutionen und stellt somit ein wichtiges demokratiepolitisches Instrument dar. In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) ist das Recht zur freien Verbreitung von Meinungen verankert, das der Presse erst möglich macht, diese Kontrollfunktion auszuüben. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte Resolution 217 A (III) vom Artikel 19 Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten. Diesem Recht entgegen steht allerdings das Recht auf Schutz der Privatsphäre. Aus diesem Grunde hält sich die österreichische Presse an einen Ehrenkodex, der auf diesen Interessenskonflikt genau eingeht. Hieraus ein Auszug: Grundsätze für die publizistische Arbeit (Ehrenkodex für die österreichische Presse) aktuelle Fassung (Stand: ) 1. Freiheit 1.1. Die Freiheit in Berichterstattung und Kommentar, in Wort und Bild ist integrierender Bestandteil der Pressefreiheit. Das Sammeln und Verbreiten von Nachrichten und Kommentaren darf nicht behindert werden Die Grenzen dieser Freiheit liegen für die Tätigkeit des Presserates in der freiwilligen Selbstbeschränkung auf Grund der Bestimmungen in diesem Ehrenkodex. 5. Persönlichkeitsschutz 5.1. Jeder Mensch hat Anspruch auf Wahrung der Rechte und Würde der Person Persönliche Diffamierungen, Verunglimpfungen und Verspottungen verstoßen gegen das journalistische Ethos Personen, deren Leben gefährdet ist, dürfen in Medienberichten nicht identifiziert werden, wenn die Berichterstattung die Gefährdung vergrößern kann Pauschalverdächtigungen und Pauschalverunglimpfungen von Personen und Personengruppen sind unter allen Umständen zu vermeiden Jede Diskriminierung aus rassischen, religiösen, nationalen, sexuellen oder sonstigen Gründen ist unzulässig Eine Herabwürdigung oder Verspottung von religiösen Lehren oder anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften, die geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, ist unzulässig. 94
2 5.7. Die Veröffentlichung entstellender photographischer Darstellungen, welche die dargestellte Person oder Personengruppe diffamieren, ist unzulässig. 6. Intimsphäre 6.1. Die Intimsphäre jedes Menschen ist grundsätzlich geschützt. 6.2 Bei Kindern ist dem Schutz der Intimsphäre Vorrang vor dem Nachrichtenwert einzuräumen Vor der Veröffentlichung von Bildern und Berichten über Jugendliche ist die Frage eines öffentlichen Interesses daran besonders kritisch zu prüfen Berichte über Verfehlungen Jugendlicher dürfen deren mögliche Wiedereingliederung in die Gesellschaft nicht erschweren oder gar verhindern. Volle Namensnennung ist in solchen Fällen zu unterlassen Bei der Befragung und beim Photographieren von Kindern und in der Berichterstattung über Fälle, die deren Existenz nachteilig beeinflussen kann, ist besondere Zurückhaltung geboten. 9. Öffentliches Interesse 9.1. In konkreten Fällen, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens, wird es notwendig sein, das schutzwürdige Interesse der Einzelperson an der Nichtveröffentlichung eines Berichts bzw. Bildes gegen ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung sorgfältig abzuwägen Öffentliches Interesse im Sinn des Ehrenkodex für die österreichische Presse ist besonders dann gegeben, wenn es um die Aufklärung schwerer Verbrechen, den Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit oder um die Verhinderung einer Irreführung der Öffentlichkeit geht Fotos, die unter Missachtung der Intimsphäre der (des) Abgebildeten entstanden sind (etwa durch Auflauern), dürfen nur dann veröffentlicht werden, wenn ein über das Voyeurhafte hinausgehendes öffentliches Interesse klar ersichtlich ist. Quelle: Damit ist theoretisch ausgeschlossen, was in Tagen des Prozesses gegen Herrn F. die Medien dominiert: boulevardeske Darstellung des Tatherganges und die öffentliche Mokierung darüber. Auf jeden Fall wurde eine Lawine losgetreten, die möglicherweise eine neue vielleicht sogar EU-weite Veränderungen des Medienrechts nach sich zieht. Aufgabenstellungen: A. Welche Forderung stellt Marie Windhager in ihrem Kommentar [3]? Diskutiert diese. B. Untersucht die Schlagzeilen der Artikel [2], [3], [5] nach sprachlichen Mitteln. Liegen Ähnlichkeiten vor? Welche Art von journalistischer Textform vermutet man dahinter? C. Gruppenarbeit zu [2]: Du bis Reporter/in einer Zeitung und arbeitest an der Entstehung einer neuen Blattlinie mit. Wofür trittst du ein? Verfasst in Gruppen zu jeweils vier Personen einen Entwurf und präsentiert diesen mit Hilfe eines Plakats. D. Die Medien werden als 4. Säule der Demokratie bezeichnet [2]. Was bedeutet das? Wie können die Medien diese Funktion erfüllen? Welche sind die anderen Säulen? E. Wie gehen die Medien mit dem Fall F. um? Vergleiche hierzu die gegebenen Artikel. F. Welche neuen Wortkreationen werden erfunden, um den Fall F. zu beschreiben? Ergänzt die Liste um eigene Schöpfungen. Was soll mit diesen Begriffen bezweckt werden? G. Welche Rolle spielen die Behörden, Richter, Anwälte, im Bezug auf Privatsphäre von Betroffenen, Datenschutz usw. [4], [5]. 95
3 H. Diskussion in verteilten Rollen: Wie frei soll die Presse, sollen die Medien insgesamt sein? Nehmt für die Diskussion unterschiedliche Rollen ein: z. B. Reporter/in, Schüler/in, Regierungsmitglied, Opfer eines Überfalls, zu Unrecht beschuldigte/r Verdächtige/r, Erziehungsberechtigte/r, I. Am 3. Mai jährt sich der Tag der Pressefreiheit. Verfasse dazu als Chefredakteur/in einer Tageszeitung den Leitartikel. J. Welche Fragen würdet ihr als Reporter/in eines Magazins der Opferanwältin Eva Plaz stellen wollen?[4] K. Diskussion/Erörterung: Gefährdet der Ausschluss der Öffentlichkeit im Prozess gegen Herrn F. die Pressefreiheit? L. Welche Inhalte sollen im EU-weiten Medienrecht verankert werden? [1] M. Halten sich die österreichischen Medien im Fall F. (oder im Fall Kampusch) und ähnlichen Fällen an den Ehrenkodex der Presse? Durch welche Methoden soll/kann die Einhaltung des Ehrenkodex gesichert werden? 96
4 [1] Der Standard, 21./22. März
5 [2] Der Standard, 14./15. März
6 [3] Die Furche, 19. März
7 [4] Falter, 13/09 100
8 [5] Die Furche, 12. März 2009, gekürzt 101
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