Gesellschaftliche Partizipation und Engagement in der zweiten Lebenshälfte
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- Kora Beckenbauer
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1 Harald Künemund Gesellschaftliche Partizipation und Engagement in der zweiten Lebenshälfte Empirische Befunde zu Tätigkeitsformen im Alter und Prognosen ihrer zukünftigen Entwicklung
2 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Gesellschaftliche Partizipation und Engagement in der zweiten Lebenshälfte : empirische Befunde zu Tätigkeitsformen im Alter und Prognosen ihrer zukünftigen Entwicklung / Harald Künemund. - Berlin : Weißensee-Verl., 2001 (Beiträge zur Alterns- und Lebenslaufforschung ; Bd. 3) Zugl.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1999 ISBN Gedruckt auf holz- und säurefreiem Papier, 100 % chlorfrei gebleicht. Weißensee Verlag, Berlin 2001 Wilhelm-Wagenfeld-Str. 1, Berlin Tel / mail@weissensee-verlag.de Alle Rechte vorbehalten Umschlag: Chili Grafik-Design, Berlin. Umschlagbild: Lucas Cranach d. Ä. Der Jungbrunnen, Mit freundlicher Genehmigung der Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Printed in Germany ISBN
3 Inhalt Danksagung Einleitung Alter und gesellschaftliche Partizipation Das Altern der Gesellschaft und der Strukturwandel des Alters Das Dilemma der Freizeitsoziologie Aktivität, Disengagement, Vergesellschaftung und Partizipation 28 3 Theoretische Diskussion der erhebungsmethodischen Probleme Daten und Methoden Empirische Befunde zu ausgewählten Partizipationsformen Erwerbstätigkeit Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden und informellen Gruppen Ehrenamtliches Engagement Politische Partizipation Pflegetätigkeiten (Enkel-)Kinderbetreuung Informelle Unterstützungsleistungen und Transfers Partizipation an Bildungsangeboten Weitere Freizeit -Tätigkeiten Übergreifende Analysen Generationenkonstellationen und die Kumulation von Erwerbstätigkeit, Pflege und Kinderbetreuung Produktive Tätigkeiten im Alter Bewertung und Perspektiven Literaturverzeichnis Tabellenanhang
4 1 Einleitung In historischer Perspektive hat sich eine bislang einmalige Situation ergeben: Indem sich ein Lebenslaufregime ausgebildet und durchgesetzt hat, das um das Erwerbssystem herum organisiert ist, wurde der Ruhestand zu einer biographisch erwartbaren, sozialstaatlich abgesicherten und für eine individuelle Gestaltung weitgehend offenen Lebensphase (Kohli 1985). Die steigende durchschnittliche Lebenserwartung und das gleichzeitig sinkende Berufsaustrittsalter haben in jüngster Zeit zu einer enormen Ausweitung dieser Altersphase im individuellen Lebenslauf geführt. Zusätzlich hat der Geburtenrückgang dazu geführt, daß der Anteil der älteren Menschen an der Gesamtbevölkerung stark gestiegen ist und noch stark steigen wird. Der Ruhestand ist heute keine Restzeit mehr, die eine kleine gesellschaftliche Gruppe durchlebt, sondern ein eigenständiger Lebensabschnitt von erheblicher Dauer, in dem sich bald fast ein Drittel der deutschen Bevölkerung befindet (Höhn et al. 1994: 50), und zwar mit zunehmend besserer Bildung, besserer Gesundheit und zumindest bislang auch mit besserer materieller Absicherung. Für dieses neue Alter stellt sich die Frage der gesellschaftlichen Partizipation in besonderer Form. Zwar bleibt der Ruhestand in vielfältiger Weise mit dem Erwerbssystem verbunden, beispielsweise durch die Kontinuität der gesellschaftlichen Position oder durch die Finanzierung der Renten über den erwerbstätigen Teil der Bevölkerung. Dennoch ist diese Lebensphase genau durch den Fortfall der Erwerbsarbeit definiert, und damit rücken alternative Partizipationsformen in den Vordergrund (Kohli et al. 1993). Bislang lagen kaum Studien vor, die eine genauere Betrachtung der verschiedenen Formen gesellschaftlicher Partizipation im Alter der Teilhabe an Politik, Kultur und an Sozialität im Rahmen formeller und informeller Gruppen ermöglichen. Zwar existieren zahlreiche Studien z.b. zu den Bereichen Freizeit, Ehrenamt, Pflege und Bildung, nur sehr selten jedoch ermöglichen diese differenziertere Angaben: Aufgrund der zumeist geringen Anzahl Älterer in diesen Studien können in der Regel nur die über 60jährigen mit Jüngeren kontrastiert werden. Nicht selten weisen solche Studien zudem Mängel in bezug auf die Stichprobenrepräsentativität und die konkreten Frage- und Antwortformulierungen auf, weshalb selbst vermeintlich einfache deskriptive Daten zur Partizipation älterer Menschen überwiegend widersprüchlich ausfallen (Kohli/Künemund 1996). Hier setzt diese Arbeit an. Auf der Grundlage des Alters-Survey, einer repräsentativen Befragung der 40-85jährigen in der Bundesrepublik (n=4.838), soll eine detaillierte Übersicht zu verschiedenen Partizipationsformen gegeben werden, wobei jeweils weitergehende Analysen an- 9
5 schließen: im Hinblick auf ihre konkrete Ausgestaltung, die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland, zwischen Männern und Frauen sowie den Bedingungen, die diesen Tätigkeiten im Sinne fördernder und hemmender Faktoren zugrundeliegen. Aus diesen Analysen werden vorsichtige Prognosen in bezug auf künftige Entwicklungen abgeleitet. 1 Es geht also einerseits um die Deskription im Sinne der Bereitstellung von Grunddaten zur Partizipation Älterer, andererseits um konkrete Analysen von Tätigkeitsfeldern, die für die gesellschaftliche Partizipation der Älteren von Bedeutung sind. In diesen Feldern unter anderen Erwerbstätigkeit, ehrenamtliches Engagement und politische Partizipation stehen jeweils spezifische inhaltliche und theoretische Fragen und Probleme zur Diskussion, die anhand der einschlägigen Literatur erörtert werden müssen. Diese Literatur aufgreifend werden dann insbesondere solche Fragen bearbeitet, die in bezug auf die Prognose der zukünftigen Entwicklung relevant sind die breite Altersspanne des Alters-Survey erlaubt nicht nur die Kontrastierung der Altersgruppen, sondern ermöglicht in gewisser Hinsicht auch eine Betrachtung der zukünftigen Älteren. Abschnitt 2 begründet die Fragestellung sowie die Aktualität und Relevanz des Themas, wobei insbesondere die Theorie der Institutionalisierung des Lebenslaufs (Kohli 1985) und die demographische Entwicklung als Voraussetzungen des gegenwärtig zu beobachtenden Strukturwandels des Alters thematisiert werden. Gleichzeitig dient er der Präzisierung der Fragestellung, wobei eine Abgrenzung zu den auf den ersten Blick naheliegenden theoretischen Ansätzen in der Soziologie der Freizeit und sozialen Gerontologie erfolgt. Abschnitt 3 widmet sich den Problemen der empirischen Erfassung von Tätigkeiten in standardisierten Befragungen. Unter Rekurs auf psychologische Theorien und Befunde zu den kognitiven Prozessen in Survey- Erhebungen werden Probleme und Schwachstellen der bisherigen Forschung benannt und das im Alters-Survey verwendete Erhebungskonzept begründet. Abschnitt 4 stellt kurz den verwendeten Datensatz vor. Dabei werden Stichprobenziehung, Erhebungsprozeß, Selektivität und Datenqualität erörtert. Abschnitt 5 präsentiert die wesentlichen empirischen Befunde und Analysen zu ausgewählten Partizipationsformen. In jeweils eigenen Unterab- 1 Der Alters-Survey wurde unter der Leitung von Martin Kohli und Freya Dittmann- Kohli in Kooperation der Forschungsgruppe Altern und Lebenslauf (Berlin), der Forschungsgruppe Psychogerontologie (Nijmegen) und infas-sozialforschung (Bonn) durchgeführt und mit Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Arbeit liegt beim Autor. An einigen wenigen Stellen werden zusätzlich weitere Datensätze sekundäranalytisch verwendet: das Sozio-ökonomische Panel und die Studie The elderly in five nations ; diese werden in den betreffenden Abschnitten kurz beschrieben. 10
6 schnitten werden Erwerbstätigkeit, Partizipation in Vereinen und Verbänden sowie in informellen Gruppen, ehrenamtliche Tätigkeiten, politische Partizipation, informelle Unterstützungsleistungen und Transfers, Pflegetätigkeiten, Enkelkinderbetreuung, Partizipation an Bildungsangeboten sowie Freizeittätigkeiten im weiteren Sinne (Partizipation im kulturellen Bereich, Medienkonsum usw.) getrennt diskutiert und analysiert. In Abschnitt 6 werden Analysen zu theoretisch relevanten Kombinationen dieser Bereiche vorgestellt: Erstens in bezug auf Partizipation primär im Kontext der Familie eine Analyse zur Sandwich -Konstellation, also der Generationenkonstellationen und der Gleichzeitigkeit von Erwerbsarbeit, Pflege der Eltern und Betreuung der (Enkel-)Kinder, und zweitens eine Analyse produktiver Tätigkeiten im Alter. In Abschnitt 7 schließlich werden die Befunde mit Blick auf zukünftige Entwicklungen zusammenfassend diskutiert. 11
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