Umgang mit belasteten und traumatisierten Geflüchteten in der professionellen Arbeit
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- Walter Günther
- vor 6 Jahren
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1 Dorothea Zimmermann. Psych. Kinder- und Jugendtherapeutin Umgang mit belasteten und traumatisierten Geflüchteten in der professionellen Arbeit
2 Trauma
3 Definition Trauma Ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt. (Fischer Riedesser) Das kann auch geschehen, wenn jemand nur Augenzeuge erschreckender / erschütternder Ereignisse wird.
4 Während des Traumas Monitoring genaues Hinschauen und Handeln Blunting ( sich selbst stumpf machen ) lenkt die Aufmerksamkeit nach innen, verströmt in höchster Panik ein Gefühl der Sicherheit Dissoziation bei der die Aufmerksamkeit nach außen gerichtet wird und Emotionen abgespalten werden.
5 Trauma Das Trauma liegt nicht im Ereignis; es ist vielmehr so, dass sich das Trauma im Nervensystem befindet (Levine/Frederick 1998) Die Wahrnehmung, Bewertung, Bedeutung und Bewältigung von Konflikten, Krisen, Krankheiten und Störungen ist immer in den transkulturellen Kontext zu stellen. (nach Wohlfart 2006) Trauma/Traumatisierung stellt nicht nur eine individuelle seelische Störung von Menschen dar, sondern ist als Symptom einer gesellschaftlichen Störung zu begreifen! (Magret Dörr 2011)
6 Trauma im Kontext von Flucht und Gewalt
7 Die drei Phasen der Sequentiellen Traumatisierung (Hans Keilson) Die Vorbereitungs- Beginnphase der Verfolgung (Abbröckeln eines Rechtsschutzes, Demütigung im Alltag, Auflösung der vertrauten Umgebung...) Die traumatogenen Momente (Gewalthandlungen im Krieg, Aufenthalt in Lagern, Knästen...) Das Auftauchen, Zurückkehren in eine rechtlich gesicherte (?) Welt (Leben im Exil, Behandlung als Flüchtling, Erfahrung von Gleichberechtigung...)
8 Der Traumaprozess bei Flüchtlingen Udo Baer/Gabriele Frick Baer 1. Die Lebenszeit vor dem Fluchtanlass Psychosoziale biografische wie gesell schaftliche Erfahrungen wie familiäre kulturelle Gewalt, Armut, Not, manchmal Naturkatastrophen 2. Die akute Zeit vor der Flucht Krieg, Gewalt, Hunger, Folter, Tod, Verschleppung, Vertreibung (auch von Angehörigen, Nachbarn usw.) 3. Das Aufgeben Der Entschluss, der Zwang zu fliehen, bzw. auszuwandern 6. Verschiedene Varianten a. Sicherung des Aufenthaltsstatus (aus Flüchtlingen werden Migrant/innen) b. Freiwillige Rückkehr in die Heimat c. Zwangsweise Rückkehr in die Heimat d. Untertauchen 5. Die unsichere neue 4. Die Migration Situation Also die Fluchterfahrungen: manchmal Erleichterung, (Todes-) Angst, existenzielle dem Schlim men Unsicherheiten, entkommen zu sein, Bedrohungen usw. bei aber auch extreme Flucht / Migration, auch Unsicherheit, oft existenzielle Abhängigkeiten existenzielle von Fluchthelfern, Polizei Überforderung 7. Chronifizierung des Traumas oder Traumabewältigung
9 Traumafolgen Sind normale Reaktionen auf abnormale Ereignisse Sind oft gleichermaßen kreativ, wie destruktiv Sind ursprünglich als Schutzmaßnahmen zu verstehen Konzept des guten Grundes / Phillip sucht sein Ich (Weiß 2011)
10 Spezifische Folgen im Kontext von Flucht Aus der Welt gefallen im wahrsten Sinne des Wortes Erstarren und Verstummen, verstärkt, weil die Sprache wirklich fehlt Die Übererregung wird häufig kulturalisiert, dadurch missverstanden und verstärkt Schuldgefühle im Kontext von Überlebensschuld Schamgefühle in einer verwirrenden Haltung der Aufnahmegesellschaft zu Scham Lernblockaden bei gleichzeitiger Verpflichtung des Erlernens der deutschen Sprache Opfer sein müssen um Unterstützung zu bekommen?! Angst Trauer Selbstverunsicherung, gesellschaftlich verstärkt durch Zuschreibungen?!
11 Was brauchen die Geflüchteten?
12 Orientierung Was brauchen Menschen mit Fluchterfahrungen? (nach BUNT.B, Anne Pelzer & Sabine Rotte) Verlässliche Beziehungen Unterstützung überlasteter Familiensysteme Akzeptanz von Verhalten der Krise Stabilität und Bindung Strukturwissen Interkulturelle Kommunikation Sprach- und Kulturmittlung Sprachkurse Kontakt Würdigung des Leids Würdigung der Kompetenzen Anerkennung als dazugehörig Anerkennung der Selbstbestimmung Ermöglichung gesellschaftlicher Partizipation Anerkennung Zugang Henk Göbel, Bleibeperspektiven Medizinische Versorgung Ausbildung und Arbeit Finanzielle Ressourcen Freizeit und Begegnung
13 Der Schwerpunkt im Umgang mit den geflüchteten Kindern und Jugendlichen mit traumatisierenden Erfahrungen Stabilisieren Was ist mit mir los? Innere Bilder einordnen Achtsamkeit erlernen Ressourcen finden Bindungssicherheit aufbauen Kontinuität, bedingungslose Annahme Feinfühligkeit, Wahrung der Grenzen Selbstfürsorge stärken Annehmen und Wertschätzung meiner Gefühle, meiner Gedanken und meiner Bedürfnisse
14 Paradoxon Die traumatische Erfahrung zerstörte das Sicherheitsgefühl. Ein Sicherheitsgefühl, in einer Beziehung getragen zu sein, ist die Bedingung für die Bearbeitung traumatischer Erfahrungen.
15 Was heißt das für uns konkret? Sicherheit herstellen, Aufenthaltsstatus, Schutz vor rassistischen Anfeindungen Räume den Geflüchteten zur Verfügung stellen, um sich zu treffen, auszutauschen, Sicherheit zu gewinnen, zu essen, zu tanzen, zu weinen Begleiter_innen sein, Misstrauen aushalten, Vertrauen aufbauen, in echte Auseinandersetzung gehen, verstehen wollen Netzwerke ausbauen, welche spezifische Unterstützung braucht wer? Kooperationspartner_innen für die Kinder und Jugendlichen und uns
16 "Warum sollten Menschen, deren Weltvertrauen zerbrochen wurde, jemals wieder Vertrauen zu anderen fassen können? Warum sollten sie von dem, was ihnen angetan wurde, erzählen? Wem?" Carolin Emcke, Weil es sagbar ist 2013
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