HANS MAGNUS ENZENSBERGER

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Erich Fiedler
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Gedichte. 1960 blindenschrift. Gedichte.

1 HANS MAGNUS ENZENSBERGER Geboren: 1929 in Kaufbeuren (Bayern) Werke: verteidigung der wölfe. Gedichte landessprache. Gedichte blindenschrift. Gedichte Der Untergang der Titanic. Eine Komödie Der Zahlenteufel. (Kinderbuch) 1997

EINE AUSGEPRÄGTE PERSÖNLICHKEIT Unternahm viele Trampreisen durch Europa. 1957 übersiedelte er nach Norwegen.

2 EINE AUSGEPRÄGTE PERSÖNLICHKEIT Unternahm viele Trampreisen durch Europa übersiedelte er nach Norwegen. Wurde in den 60er Jahren Orientierungsfigur der Studentenbewegung. Unterstützte die APO (Außerparlamentarische Opposition). Empfing bei sich zu Hause in Berlin die Kommune 1.

3 Trotz seiner Unterstützung der Ideale der 68er Revolution nahm er nie eindeutig Stellung an der Seite der linken Intellektuellen. Deshalb wurde er auch kritisiert: Ich höre aufmerksam meinen feinden zu. Wer sind meine feinde? Die schwarzen nennen mich weiß, Die weißen nennen mich schwarz. Das höre ich gern. Es könnte bedeuten: Ich bin auf dem richtigen Weg. (gibt es einen richtigen weg?) Aus dem Gedichtband blindenschrift (1964)

4 DAS GETEILTE DEUTSCHLAND UND DIE ADENAUER ÄRA Von 1949 bis 1963 ist Konrad Adenauer Bundeskanzler der BRD. Aus den konservativen christlich-demokratischen Gruppen der Nachkriegsjahre gründet er die Partei der CDU (Christliche Demokratische Union). Die Adenauer Ära ist charakterisiert durch: - Konservativismus; - Zwielichtige, scheinheilige Ablehnung der Nazi-Zeit; - Aufbau der Bundeswehr; - Wirtschaftswunder durch die kapitalistische Restauration des Staates; Kampf gegen den Kommunismus. Konrad Adenauer

5 SOZIALE UND POLITISCHE KRITIK Der Konservativismus, der Wirtschaftsboom und die Vergangenheitsverdrängung dieser Ära stehen bei E. im Brennpunkt seines Interesses und seiner Kritik. Deutschland ist eine Gesellschaft, in der es aufwärts geht, aber nicht vorwärts (aus landessprache ). In der Epoche des Wirtschaftswunders sieht er den Menschen bloß auf seine ökonomische Funktion reduziert. Gegen die Vergangenheitsverdrängung plädiert er für eine Vergangenheitsbewältigung, eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

6 KURSBUCH 15: DER TOD DER LITERATUR In der Ausgabe 15 der von ihm gegründeter Zeitschrift Kursbuch kündigt E. den Tod der Literatur an: Die zeitgenössische Kunstproduktion schränkt sich damit ein, das bestehende immer neu zu mischen: Die heute lebenden Schriftsteller finden ihre Legitimation durch die großen Toten, deren Werk sie fortsetzen, das offenbar unendliche Kunstwerk der Literatur, das sich durch Glanz und Elend und Hader seiner zahllosen Moleküle reproduziert.

7 KURSBUCH 15: DER TOD DER LITERATUR - Es gibt keine originelle Neuproduktion. - Literatur hat keine Auswirkungen mehr auf die Gesellschaft. - Nach E. soll also Literatur einen Funktionswandel erleben.

8 WELCHER WANDEL NUN? LITERATUR ALS GEBRAUCHSGEGENSTAND - Literatur versteht E. nur als Gebrauchsgegenstand: - gute Literatur soll einen Nutzwert haben und diesen misst man daran, inwieweit sie dem Menschen hilft, sich in der Welt zu orientieren und diese besser zu verstehen.

9 LITERATUR ALS GEBRAUCHSGEGENSTAND Aus dem Gedichtband landessprache 1960: Gedichte sind Gebrauchsgegenstände. Gedichte sind keine reinen Produkte. Wie Hüte oder Waffen können sie verrosten, sich abnutzen und verunreinigen, ohne ihre Brauchbarkeit einzubüßen. Im Gegenteil: sie werden dadurch ihren Benutzern vertrauter, lieber, ähnlicher. Wenn sie veraltet oder verschlissen sind, kann man sie wegwerfen und durch neue ersetzen, wie Kleidungsstücke. Gute Gedichte haben eine lange Lebensdauer.

10 NUTZWERT DER LITERATUR Literatur soll auch dem Rezipienten bei der Wahrheitsproduktion Anregung oder Anleitung sein. Indem sie Sachverhalte vorzeigen, können Gedichte Sachverhalte ändern und neue hervorbringen. Gedichte sind also nicht Konsumgüter, sondern Produktionsmittel, mit deren Hilfe es dem Leser gelingen kann, Wahrheit zu produzieren (aus Scherenschleifer und Poeten 1961). Schreiben und Lesen sind ein Schaffensakt.

11 POESIE UND POLITIK Sprache und Inhalt Inhalt und Sprache werden von E. als politisch verstanden. Aber politische Analyse und Kritik sind nicht direkt und parteiergreifend, sondern der politische Aspekt der Poesie muss ihr selber immanent sein. Politisch sein heißt nicht Partei ergreifen nach den Codes der aktuellen Politik, sondern sich mit den universalen Fragen des Menschen zu befassen: Der politische Auftrag eines Gedichts ist, sich jedem politischen Auftrag zu verweigern und für alle zu sprechen noch dort, wo es von keinem spricht, von einem Baum, von einem Stein, von dem was nicht ist. Dieser Auftrag ist der schwierigste ( Poesie und Politik 1962).

12 POESIE UND POLITIK Sprache und Inhalt Literatur kann ihr Ziel auf eine einzigartige Art verfolgen, indem sie ihre Sprache und Stilmittel wie Plakate, Flugblätter und Inschriften wirken lässt: Verwendung von Kleinschreibung, sparsamer Interpunktion, Doppelpunkt, Zitat, Variation von Zitaten, Umstellung von Silben usw. Die herrschende Ästhetik und der Anspruch auf die Ewigkeit werden von E. völlig abgelehnt. Damit zog sich Enzensberger auf einen politischen Nonkonformismus zurück, der es ihm ermöglichte, die weltpolitischen Ereignisse von einem Standpunkt aus zu beurteilen, der Kritik nach beiden Seiten zuließ.

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