Fliegerärztliche Gutachten nach Einführung der neuen Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) seit
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1 Fliegerärztliche Gutachten nach Einführung der neuen Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) seit Rechtliche Konsequenzen für medizinische Gutachter Dr. Andreas Biegel Rechtsanwalt / Leiter Justitiariat Delvag Luftfahrtversicherungs-AG Wiesbaden,
2 Aufbau der Präsentation I. Überblick: Bisherige Rechtslage II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit III. IV. Haftung des Fliegerarztes für Begutachtungsfehler Berufshaftpflicht - Versicherungsfragen für fliegerärztliche Gutachter Chart 2
3 I. Überblick: Bisherige Rechtslage (bis ) Einführung von zwei Tauglichkeitsklassen (2003) Klasse 1 (Berufspiloten) Klasse 2 (Privatpiloten) 2. Organisation des Fliegerarztwesens - bisher drei Instanzen AME: Authorized Aeromedical Examiner (Flugmedizinischer Sachverständiger - Fliegerarzt) AMC: Aeromedical Center (Anerkennung, gemäß Liste des LBA) AMS: Aeromedical Section (Flugmedizinische Abteilung des LBA) Geregelt in in der Ersten DurchführungsVO zur LuftVZO (Stand: 2003) Chart 3
4 I. Überblick: Bisherige Rechtslage (bis ) Zuständigkeit für Tauglichkeitsuntersuchungen Klasse 1 ( ( 24b Abs. 1 LuftVZO alt): Erstuntersuchung: Beim AMS oder AMC Nachuntersuchungen: AMS, AMC oder AME Klasse 2 ( ( 24b Abs. 2 LuftVZO alt): Erst- und Nachuntersuchungen: AMS, AMC oder AME Ausstellung des Tauglichkeitszeugnisses durch die jeweils untersuchende Stelle Identitätsprüfung ( ( 24b Abs. 3 LuftVZO alt) Identitätsprüfung vorgeschrieben, ohne nähere Konkretisierung Chart 4
5 I. Überblick: Bisherige Rechtslage (bis ) Überprüfung der Tauglichkeit in in besonderen Fällen ( ( 24 c LuftVZO alt) Zweifel an der Tauglichkeit oder Nichttauglichkeit: Unverzügliche Mitteilung an LBA und an die für die Lizenz zuständige Stelle (Landesbehörde) war erforderlich, auch bei nicht abgeschlossener Untersuchung Widerspruch des Bewerbers // Inhabers einer Lizenz führte zu Entscheidung der Landesbehörde (bei Nachuntersuchungen) bzw. des LBA (bei Erstbewerbern) Pilot war beim LBA, Verfahrensdauer häufig mehrere Jahre, in in denen der Pilot nicht fliegen durfte Chart 5
6 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Wichtigste Änderung: Entfallen der flugmedizinischen Tätigkeit des LBA AME: Authorized Aeromedical Examiner (Flugmed. Sachverständiger - Fliegerarzt) AMC: Aeromedical Center (Anerkennung, gemäß Liste des LBA) Beachte: Durch die Änderungen sind die Regelungen der Ersten DurchführungsVO zur LuftVZO (Stand: 2003) teilweise überholt und nicht mehr anwendbar. Trotzdem bleibt die LuftVZO bis zum Inkrafttreten einer Zweiten DurchführungsVO im Übrigen in in Kraft (vgl. Hinweis auf der Website des LBA) Beachte: Für die Verlängerung der Anerkennung als medizinischer Sachverständiger sind keine Mindestuntersuchungszahlen mehr notwendig ( ( 24e LuftVZO) Chart 6
7 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Neue Zuständigkeit für Tauglichkeitsuntersuchungen Klasse 1 ( ( 24b Abs. 1 LuftVZO): Erstuntersuchung: Ausschließlich beim AMC Nachuntersuchungen: AMC oder AME Klasse 2 ( ( 24b Abs. 2 LuftVZO): Erst- und Nachuntersuchungen: AMC oder AME Entgegen früherer Darstellungen des LBA keine Erleichterungen für Lizenzen von Privatpiloten für Segelflug, Luftsportgerät und nicht gewerbsmäßigen Freiballons Daher keine Unterscheidung der Tauglichkeitszeugnisse erforderlich Chart 7
8 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Veränderung der Gültigkeitsdauer der Tauglichkeitszeugnisse ( ( 24d LuftVZO) Klasse 1: 1: Grundsätzlich 12 Monate bis zum vollendeten 60. Lebensjahr, danach 6 Monate Klasse 2: 2: 60 Monate bis zum vollendeten 40. Lebensjahr 24 Monate bis zum vollendeten 60. Lebensjahr ab dem 60. Lebensjahr: 12 Monate Chart 8
9 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Strengere Identitätsprüfung ( ( 24b Abs. 3 LuftVZO) Identitätsprüfung jetzt durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises (Reisepass, Personalausweis) vorgeschrieben, soweit Bewerber dem flugmedizinischen Sachverständigen nicht persönlich bekannt Erweiterte Mitteilungspflichten an das LBA ( ( 24b Abs. 4 LuftVZO) Die persönlichen Angaben des Bewerbers, das Tauglichkeitszeugnis, das Fehlen einer abschließenden Entscheidung oder die Feststellung der Untauglichkeit des Bewerbers sind dem LBA bei jeder (!), auch abgebrochenen Untersuchung, mitzuteilen Chart 9
10 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Weitergehende Überprüfung der Tauglichkeit ( 24c LuftVZO) Bezeichnung bisher: Überprüfung der Tauglichkeit in besonderen Fällen a) Zweifel an der Tauglichkeit oder Nichttauglichkeit Bewerber kann Feststellungen bei AMC (Klassen 1 und 2) oder beim AME (Klasse 2) weitergehend überprüfen lassen Prüfung, ob: Tauglichkeitszeugnis ausgestellt wird (dann mit Hinweis: "nach weitergehender Überprüfung festgestellt") Tauglichkeitszeugnis mit Auflagen und Einschränkungen ausgestellt werden kann Untauglichkeit zu bestätigen ist Chart 10
11 II. Änderungen der LuftVZO - Neue Rechtslage seit Weitergehende Überprüfung der Tauglichkeit ( 24c LuftVZO) b) Zusammenfassung: Wesentliche Änderung für Piloten Klasse 2 Erweiterter Begutachtungsrahmen für anerkannte flugmedizinische Sachverständige (AME): Weitergehende Überprüfung der Tauglichkeit kann jetzt auch durch diese erfolgen Dabei kann der AME Fachärzte, andere flugmedizinische Sachverständige oder Psychologen hinzuziehen Sodann kann der AME die fliegerärztliche Tauglichkeit erteilen, das bedeutet: Deutlicher Vorteil für Bewerber Erhebliche Vereinfachung und Beschleunigung des Nachuntersuchungsverfahrens Chart 11
12 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters Wenn etwas schief geht: Wofür haftet der fliegerärztliche Gutachter - und wem gegenüber? 1. Allgemeines zur Haftung medizinischer Gutachter a) Berufsordnung für Ärzte 25 Ärztliche Gutachten und Zeugnisse (Muster-Berufsordnung für Ärzte) "Bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse hat der Arzt mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen. Gutachten und Zeugnisse, zu deren Ausstellung der Arzt verpflichtet ist oder die auszustellen er er übernommen hat, sind innerhalb einer angemessenen Frist abzugeben [...]" Chart 12
13 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters b) Anforderungen der Rechtsprechung Diese Standespflicht ist zugleich Rechtspflicht (BGH, Urteil vom ) Landgericht Bautzen, Urteil vom zu fehlerhaften MPU-Gutachten: Ein medizinisches Gutachten muss formal den gesetzlichen Anforderungen genügen (LuftVZO, DurchführungsVO, JAR FCL 3) und inhaltlich nach aktuellen wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet sein Das Gutachten darf weder auf offenbar unzureichenden oder falschen Feststellungen beruhen oder Schlussfolgerungen enthalten, die in wissenschaftlich nicht (mehr) vertretbarer Weise gezogen worden sind Chart 13
14 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters c) Mögliche Fehlerquellen in Sachverständigengutachten Sachverständiger hat: Untersuchungen unterlassen, die für ein vollständiges Bild notwendig gewesen wären Erkenntnisquellen nicht ausgeschöpft Falsche Tatsachen zu Grunde gelegt Aus richtigen Tatsachen falsche Schlussfolgerungen gezogen Aktuelle Entwicklungen oder Techniken nicht berücksichtigt Das Gutachten nicht in angemessener Zeit erstellt Chart 14
15 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters d) Konsequenzen einer Pflichtverletzung des Gutachters Bei Pflichtverletzung wird Verschulden des Gutachters vermutet (Beweislastumkehr, 280 Abs. 1 BGB) Konsequenz der Verletzung von Gutachterpflichten: Schadenersatz, 249 ff. BGB Verjährungsfrist: 3 Jahre ( 195 BGB) Chart 15
16 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters 2. Haftung des Gutachters gegenüber Piloten / Bewerbern Beachte: Der amtlich anerkannte Sachverständige übt keine private gutachterliche, sondern hoheitliche Tätigkeit aus (BGH, Urteil vom zu amtlich bestellten Kfz-Sachverständigen) "Die Gutachter- und Prüfertätigkeit des Sachverständigen hängt [...] mit der Erteilung der Erlaubnis durch die Verwaltungsbehörde aufs engste zusammen und bildet geradezu einen Bestandteil der von der Verwaltungsbehörde ausgeübten und in in ihrem Verwaltungsakt sich niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit. Deshalb ist es berechtigt zu sagen, daß der Sachverständige selbst hoheitliche Tätigkeit ausübt. Diese ist ihm durch die Vorschriften der StVZO zugewiesen. Damit er er sie ausüben kann, wird ihm von der zuständigen Landesbehörde die amtliche Anerkennung erteilt [...]." Chart 16
17 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters 2. Haftung des Gutachters gegenüber Piloten / Bewerbern Der flugmedizinische Gutachter übt als "Beliehener" hoheitliche Tätigkeit aus Es haftet nicht der flugmedizinische Sachverständige gegenüber dem Bewerber / Piloten, sondern das Land als Träger der für die Lizenz zuständigen Stelle Es gelten die Grundsätze der Amtshaftung: BGH, Urteil vom zu fehlerhafter Lufttüchtigkeit eines Luftfahrtgeräts: "Für Amtspflichtverletzungen, die der Sachverständige hierbei begeht, haftet darum nicht er er selbst oder der Technische Überwachungsverein als sein Arbeitgeber, sondern das Bundesland, das ihm die amtliche Anerkennung als Sachverständiger erteilt hat." Chart 17
18 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters 3. Regressansprüche der Behörden gegenüber dem Gutachter? Artikel 34 Grundgesetz: "Verletzt jemand in in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in in deren Dienst er er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten." Danach Rückgriff (Regress) der Behörden des Landes nur, wenn Arzt vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Bei leichter Fahrlässigkeit wäre Regress ausgeschlossen. Aber: Entgegenstehende Rechtsprechung des BGH, Urteil vom für die Tätigkeit eines Tierarztes, der aufgrund einer Erlaubnis des Regierungspräsidiums BSE-Tests durchführt: "Die Rückgriffsbeschränkung in in Art. 34 Satz 2 GG auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gilt nicht für als Verwaltungshelfer herangezogene selbständige private Unternehmer." Chart 18
19 III. Haftung des fliegerärztlichen Gutachters 3. Regressansprüche der Behörden gegenüber dem Gutachter? Aber, aber: Der BGH hat nur für Verwaltungshelfer entschieden, nicht für Beliehene Verwaltungshelfer werden anders als Beliehene nicht selbständig tätig, sondern nehmen Hilfstätigkeiten im Auftrag der Behörde und nach Weisung wahr. Es bleibt bei der Haftungsbeschränkung des Art. 34 GG fliegerärztlicher Gutachter kann wegen leichter Fahrlässigkeit nicht vom Land in Regress genommen werden Achtung: Diese Ansicht ist juristisch umstritten und der Fall gerichtlich noch nicht entschieden. Für den Fall des Falles sollte Haftung des flugmedizinischen Gutachters in die Berufshaftpflicht eingeschlossen werden! Chart 19
20 IV. Berufshaftpflicht - Versicherungsfragen für fliegerärztliche Gutachter Berufsordnung für Ärzte - Haftpflichtversicherung "Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern." 2. Versicherungspolice bei veränderter Risikostruktur nachjustieren Beispiele: Facharztanerkennung Ernennung zum Oberarzt Ständiger Vertreter eines leitenden Arztes Ausübung einer Tätigkeit mit Eigenliquidation Eröffnung einer eigenen Praxis Aufnahme einer Belegarzttätigkeit Gutachtertätigkeit Aktuell zur Berufshaftpflicht: Westfälisches Ärzteblatt 08/2007, S. 15 ff. Chart 20
21 IV. Berufshaftpflicht - Versicherungsfragen für fliegerärztliche Gutachter 3. Gutachtertätigkeit häufig nicht im Versicherungsschutz enthalten Versicherer 1: Versicherer 2: "Gutachtertätigkeit ausgeschlossen" "Gelegentliche Tätigkeit als Gutachter ist versichert" Versicherer 3: "Gesetzliche Haftpflicht aus Gutachter- und Konsiliartätigkeit mitversichert" Zusatzproblem: Bei fliegerärztlichen Gutachtern geht es nicht um die "gesetzliche Haftpflicht aus Gutachtertätigkeit", sondern im Haftungsfall um Regressansprüche der Behörden nach Amtshaftungsgrundsätzen Rücksprache mit dem Versicherer ist in jedem Fall sinnvoll Dies verhindert Deckungsprobleme im Schadenfall! Chart 21
22 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Chart 22
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