Fachtag Jugendrehabilitation 26. Juni Zusammenwirken der Leistungsträger nach dem SGB IX Theorie und Realität
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- Katarina Schäfer
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1 Fachtag Jugendrehabilitation 26. Juni 2012 Zusammenwirken der Leistungsträger nach dem SGB IX Theorie und Realität 1
2 Präambel Für die Kinder und Jugendlichen ist die Teilnahme an einer komplexen mehrwöchigen stationären Rehabilitation ein entscheidender Schritt in ihrer Biografie. Für die Gesellschaft ist es eine Leistung, durch die sie die Lebenschancen der nachwachsenden Generation sichern hilft. (Diakonie Texte ) 2
3 Rechtliche Situation / Theorie 3
4 Theorie 1 SGB IX: Behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen erhalten Leistungen nach diesem Buch und den für die Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen behinderter [ ] Kinder Rechnung getragen. 4
5 Theorie 6 SGB IX: Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) können sein 1. die gesetzliche Krankenversicherung 2. die Bundesagentur für Arbeit 3.[ ] 4. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung [ ] 6. Träger der öffentlichen Jugendhilfe [ ] 7. Träger der Sozialhilfe [ ] 5
6 Theorie 8 SGB IX: - die Träger müssen bei Beantragung oder Erbringung von Sozialleistungen wegen oder unter Berücksichtigung einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung unabhängig von ihrer Entscheidung über diese Leistungen prüfen, ob Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich erfolgreich sind umfassende Prüfpflicht unabh. vom Einzelfall bzgl. ggf. erforderlicher Teilhabeleistungen 6
7 Theorie 12 SGB IX: - Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger - bzgl. Gegenstand, Umfang und Ausführung einheitliche Erbringung der im Einzelfall erforderlichen Leistungen - nahtlose und zügige Erbringung der Leistungen frühzeitige Bedarfserkennung ( 8 SGB IX) und Einheitlichkeit / Zusammenarbeit 7
8 Theorie 14 SGB I: Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz. [ ] 17 (1) SGB I: Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass 1. jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält [ ]. 8
9 Theorie 14 SGB IX: 14-tägige Frist zur Prüfung der Zuständigkeit und ggf. Weiterleitung an anderen Träger unterbleibt fristgerechte Weiterleitung ist erstangegangener Träger zuständig und muss leisten wird fristgerecht an anderen Träger weitergeleitet, muss zweitangegangener Träger leisten, kann aber vom ersten Träger Erstattung der Kosten verlangen 9
10 Theorie zweitangegangener Träger darf selbst nicht weiterleiten, sondern muss unter Berücksichtigung sämtlicher Leistungsgesetze entscheiden grds. Entscheidung über Antrag binnen 3 Wochen ab Antragseingang falls Gutachten erforderlich ist, ist spätestens binnen 2 Wochen nach dessen Vorliegen zu entscheiden 10
11 Theorie Zuständiger Träger für med. Reha von Kindern und Jugendlichen? 40 (2) SGB V = gesetzliche Krankenversicherung 31 (1) Nr. 4 SGB VI = gesetzliche Rentenversicherung 11
12 Theorie Gesetzliche Krankenversicherung 40 (2) SGB V - stationäre Leistungen der medizinischen Rehabilitation werden erbracht, soweit ambulante Reha nicht ausreicht (um eine Behinderung oder Pflegebedüftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern) 40 (4) SGB V - Nachrang der GKV, wenn andere Träger Leistungen erbringen können (gilt nicht bei 31 SGB VI) 12
13 Theorie Gesetzliche Rentenversicherung 31 (1) Nr. 4 SGB VI - als sonstige Leistungen zur Teilhabe kann auch Heilbehandlung für Kinder von Versicherten [ ] erbracht werden, um Gesundheitsgefährdung zu beseitigen oder beeinträchtigte Gesundheit wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen (was vss. Auswirkung auf spätere Erwerbsfähigkeit hat) 13
14 Theorie Vorrang? Nachrang? Gleichrang! - es besteht eine echte Anspruchskonkurrenz zwischen GKV und GRV - über (grds.) Zuständigkeit entscheidet die Antragstellung / der Antragsteller - Träger prüft eigene Leistungspflicht im Rahmen seines Leistungsgesetzes 14
15 Theorie - ggf. Weiterleitung nach 14 SGB IX und Leistung durch Zweitangegangenen - zügige Prüfung und Verbescheidung - Rehabilitand erhält Leistung umfassend und in zeitgemäßer Weise 15
16 Theorie Kinder- und Jugendhilfe, Sozialhilfe 35a SGB VIII - Leistungen der Eingliederungshilfe auch (stationäre) Reha 10 (1) SGB VIII - Vorrang der Leistungen nach SGB V und VI 2 SGB XII - absoluter Nachrang der Sozialhilfe 16
17 Theorie Anschlussmaßnahmen - nahtlose und zügige Leistungserbringung, 12 SGB IX - Kinder- und Jugendhilfe als primärer Träger - Sozialhilfe nachrangig zuständig, aber im Bereich der Intelligenzminderung (IQ < 70) ist Sozialhilfeträger aufgrund Vereinbarung primär zuständig - Arbeitsverwaltung als Träger der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben 17
18 Tatsächliche Situation / Praxis 18
19 Praxis Praxis in Herzogsägmühle med. Rehabilitation 85 % der Aufnahmeanfragen sind (ggf. nach langwierigem Rechtsmittel) erfolgreich 15 % aller Aufnahmeanfragen scheitern, davon - 50 % wegen endgültiger Ablehnung Träger - 30 % wegen Motivationsverlust aufgrund (langer) Bearbeitungszeit - 20 % wegen Dekompensation aufgrund (langer) Bearbeitungszeit 19
20 Praxis - in 50 % der gescheiterten Fälle erfolgte eine Weiterleitung des Antrags an einen anderen Träger - in 25 % der gescheiterten Fälle wurden die relevanten Unterlagen nicht oder nur unvollständig weitergeleitet - durchschnittliche Bearbeitungszeit je Antrag: 74 Tage = 10,5 Wochen = 2,5 Monate) 20
21 Praxis - trotz Gleichrangs eine erhebliche Anzahl von Weiterleitungen i.s.d. 14 SGB IX - häufig Verweis auf vorgeblich bessere / bedarfsgerechtere Leistung (z.b. Psychosomatik), oft entgegen ausdrücklicher ärztlicher Einschätzung (i.d.r. Regel kürzer und damit preiswerter) - lange Bearbeitungszeit; schleppende Zuarbeit der Träger 21
22 Praxis Praxis in Herzogsägmühle Anschlussmaßnahmen - Zuständigkeitsprobleme zwischen Jugend- und Sozialhilfe im Bereich der Intelligenzminderung sowie bei Volljährigen (> 18 Jahre) - Zuständigkeitsprobleme zwischen Jugendhilfe und Arbeitsverwaltung für Wohnkosten - daraus resultierend tlw. lange Bearbeitungszeit 22
23 Praxis Allgemeine Situation - sehr hohe Weiterleitungsquote - unterschiedliche Antragsverfahren, verschiedene Formulare, erschwerter Zugang - Überforderung der Bewerber und Angehörigen - Wunsch- und Wahlrecht ( 9 SGB IX) nur in engen Grenzen gewährleistet 23
24 Lösungsansatz / Thesen 24
25 Lösungsansatz Ausgangssituation - im SGB V = Pflichtleistung - im SGB VI = freiwillige Leistung b SGB VI: Absicht der Verlagerung der Kinder-Reha ins SGB V - 30 (3) SGB VI: Ausgaben für Kinder-Reha sind als sonstige Leistungen pro Kalenderjahr gedeckelt - in SGB V grds. Grundlohnbeschränkung 25
26 Lösungsansatz These 1 ausschließliche Zuständigkeit eines Trägers - Verlagerung der Kinder- und Jugendreha auf einen vorrangigen Träger - Pro: - eindeutige Zuständigkeit - effektivere Bearbeitung und zeitnahe Entscheidung - Contra: - finanzielle und sachliche Belastung des Trägers - ggf. verminderte Anzahl von Angeboten 26
27 Lösungsansatz These 2 gemeinsamer Reha-Pool - Leistung aus einer Hand - Pro: - entsprechend SGB IX einheitliche Leistungserbringung nach Gegenstand, Umfang, Qualität und Leitlinien - direkter und effektiver Zugang zu Leistungen - Contra: - schwierige rechtliche und tatsächliche Umsetzung - ungerechte Innenverteilung der Lasten 27
28 Wo Anmaßung mir wohlgefällt? An Kindern: denen gehört die Welt. (J. W. v. Goethe) 28
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation Walter-Kolb-Straße 9-11, 60594 Frankfurt am Main Telefon (069) 60 50 18-0, Telefax (069) 60 50 18-29 E-Mail: info@bar-frankfurt.de Internet: http://www.bar-frankfurt.de
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