ORIGINAL AUS DER FUGGEREI.

Transkript

1 ORIGINAL AUS DER FUGGEREI. EIN SELTSAMES STÜCK HOLZ MIT EINER INTERESSANTEN FUNKTION.»Fugger im Archiv. Die Fundstücke-Geschichten.«ist eine jährliche Veranstaltung im Rahmen des Fugger Forum. Historiker präsentieren dabei Gegenstände, die im Fuggerarchiv aufbewahrt werden und erzählen die oft erstaunlichen Geschichten hinter den Fundstücken.

2 Holzstück Detail mit Stiften Foto.: Fuggersche Stiftungen Der Zimmermann Fritz Buhler ( 1521) aus: Nürnberger Hausbücher, Amb Folio 12 verso (Landauer I) Abb.: Stadtbibliothek Nürnberg

3 Der Zimmermann Fritz Buhler (U1521) aus: Nürnberger Hausbücher, Amb Folio 12 verso (Landauer I) Abb.: Stadtbibliothek Nürnberg Jakob Fugger beaufsichtigt den Bau der Fuggerei, Ausschnitt der ehem. Fresken an den Fuggerhäusern (um 1860) Abb.: Fuggerarchiv

4 ORIGINAL AUS DER FUGGEREI EIN SELTSAMES STÜCK HOLZ MIT EINER INTERESSANTEN FUNKTION. Vor Jahren wurde dem Fuggerarchiv ein seltsames Stück Holz vom früheren Schreiner der Fuggerei, Herrn Pfäffle, zur Aufbewahrung übergeben. Es stammt aus der Fuggerei. Das Brettstück ist 4,5 cm - 5 cm dick und unterscheidet sich schon auf den ersten Blick von modernen, glatten Brettern. Es stammt folglich noch aus einer Zeit, als man mit dem Beil Bretter fertigte. Die Herstellung solcher Bretter besorgte der Zimmermann. In der Regel wurden Balken oder Bretter von Hand mit dem Zimmermannsbeil geschlagen, um dadurch die gewünschte Struktur zu schaffen. Das Holzstück aus dem Fuggerarchiv hat zwei Seiten sehr unterschiedlicher Art: Seine blanke Seite zeigt Farbreste in mehreren Schichten, diese Seite wurde also immer wieder mit Kalkfarben getüncht. So ließen sich die Wände von den Bewohnern je nach Geschmack gestalten. Alle paar Jahre wird das Alte überstrichen, irgendwann allerdings blättern die Schichten ab. Es bleibt ein harter Kern auf dem Holz wie auf dem Original aus der Fuggerei, oder die Farbe wird abgeschabt. Aus der anderen Seite des Bretts ragen etliche starke Holzstifte. Bei ihrer Funktionsbestimmung geht es viele Handwerkergenerationen zurück. Das Brett zeigt Spuren von Lehm und Stroh, ein Hinweis auf ein ausgestorbenes Handwerk. Der Putz wurde nämlich vom Klaiber wortverwandt mit kleben hergestellt. Der Klaiber stampfte Stroh in Lehm ein, um ein festes, vermischtes Putzmaterial zu schaffen. Danach wurde der fertige Putz in verschiedenen Schichten auf das Holzstück aufgetragen. Die Stifte gaben dem Putz Halt, so konnte man verschieden Schichten aus unterschiedlichem Material aufstreichen. Dabei war die unterste Schicht die härteste und dünnste, damit sie auf dem Holz haften blieb. Darauf kam weicherer Putz und nach dem Trocknen eine sehr weiche und weitaus dickere, dritte und letzte Schicht. Heute findet der fertig gemischte Putz mithilfe von Metallgittern Halt an der Mauer. Alte Wände aus Holzstift-Brettern, sogenannte Holzbohlenwände, sind nur noch selten zu entdecken. In einigen Augsburger Häusern des 15. und 16. Jahrhunderts und später sind noch welche vorhanden, auch in manchen Fuggerei-Häusern sind beim Treppenaufgang in den ersten Stock Holzbohlenwände erhalten. In der Fuggerei dienten solche Holzbohlenwände als Zwischenwände, die keine tragende Funktion haben. Wände mit tragender Funktion wurden in der Fuggerei schon vor 500 Jahren aus Ziegeln gemauert. Sie verliefen quer zu den Balken, während man die Holzbohlenwände parallel zu den Balken einbaute. Holzbohlenwände waren schneller und billiger zu fertigen, weil weniger teure Maurerarbeit notwendig war. Eine Originalwand befindet sich heute noch im Schlafzimmer des Fuggereimuseums. Dort ist neben dem Bett eine Holzbohlenwand zu sehen, die von Farbe befreit ist. Wenn heute bei Modernisierungsmaßnahmen in der Fuggerei eine solche Wand entdeckt wird, bleibt sie aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten.

5 Sicher hat bereits Thoman Krebs, der Baumeister der Fuggerei, mit Holzbohlenwänden gearbeitet. Krebs war auch andernorts als Baumeister der Fugger tätig, denn Jakob Fugger hat auch in den Fuggerhäusern und in seinen Schlössern viel gebaut. Es gibt sogar eine Abbildung davon, wie sich man sich um 1865 die fuggersche Bautätigkeit zu dieser früheren Zeit vorstellte. Auf einem historisierenden Fresko von Ferdinand Wagner ist Jakob Fugger abgebildet, wie er den Bau der Fuggerei beaufsichtigt. Man sieht den Bauplan, verschiedene Mörtelanlagen und andere Handwerkstechniken. Das Fresko befand sich früher an den Fuggerhäusern der Maximilianstraße ist es durch den Krieg zerstört worden. Das alte Stück Holzwand aus der Fuggerei hingegen hat auch die Bombardements von 1944 überdauert. Als Zeugnis vergangener Handwerkskunst wurde es ins Museum des Fuggerarchiv aufgenommen. Aus welcher Zeit es genau stammt, ist noch zu bestimmen. AUTOR Franz Karg M. A. Archivar Fürstlich und Gräflich Fuggersches Familien- und Stiftungsarchiv BEI RÜCKFRAGEN Astrid Gabler Leitung Kommunikation T