Es gilt das gesprochene Wort!
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- Adrian Geisler
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1 Rede von Herrn Oberbürgermeister Jürgen Roters anlässlich des 50. Jahrestages des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens am 15. November 2011, 18 Uhr, Historisches Rathaus, Piazzetta Es gilt das gesprochene Wort! Sehr geehrter Herr Generalkonsul Basa, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Topbas, lieber Kollege, liebe Gäste aus unserer Partnerstadt Istanbul, sehr geehrter Herr Keltek, sehr geehrte Frau Prof. Abadan Unat, sehr geehrte Frau Pilge, sehr geehrter Herr Celiker, sehr geehrter Herr Schünemann, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des DOMID e. V. sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung sowie des Konsularkorps NRW, sehr geehrte Frau Sevindim, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich anlässlich des 50. Jahrestages des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens hier im Historischen Rathaus willkommen. Für die schöne Musik, die wir eben gemeinsam genießen konnten, möchte ich mich herzlich bei Frau Nur Kaplan bedanken. Sie haben in den letzten Wochen möglicherweise die vielfältige Berichterstattung in sämtlichen Medien zu diesem besonderen Jahrestag verfolgen können sei es in den regionalen oder überregionalen Zeitungen oder in den Radio- und Fernsehsendungen. Auch hier in Köln haben verschiedenste Akteure sich mit dem Anwerbeabkommen befasst: Ausstellungen, Filme und andere Beiträge haben und hatten zum Ziel, uns 1
2 die Anfänge und Entwicklungen, die mit der Arbeitsmigration aus der Türkei verbunden sind, zu vermitteln. Wie sahen die Anfänge und Entwicklungen aus? Am 30. Oktober 1961 wurde das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei in Bonn Bad Godesberg unterzeichnet; es führte, trotz der vertraglichen Ausgestaltung, die eine Befristung der Aufenthaltsdauer auf maximal zwei Jahre und das sogenanntes Rotationsprinzip vorsah, zum Beginn einer Einwanderungswelle aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Von deutschen Unternehmen wurden in der Zeit von 1961 bis zum Anwerbestopp im Jahr 1973 annähernd 1 Millionen Arbeitskräfte aus der Türkei angeworben. Sie kamen als sogenannte Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen denn etwa ein Fünftel der Angeworbenen waren Frauen. Vor allem über Familienzusammenführungen setzt sich diese Zuwanderung bis zum heutigen Tag fort, meine Damen und Herren. Heute leben etwas mehr als 3 Millionen Menschen mit türkischer Abstammung in Deutschland. Allein die Ford Werke haben circa Arbeiter aus der Türkei angeworben. Ford konnte in diesen Tagen nicht nur den 50. Jahrestag der Unterzeichnung des Anwerbeabkommens, sondern auch sein 80-jähriges Bestehen hier in Köln feiern. Ich bin mir sicher, dass der Beitrag der ersten Arbeitsmigranten aus der Türkei sowie ihrer Nachkommen zum Erfolg des Unternehmens kaum hoch genug bewertet werden kann. Selbstverständlich konnte aber auch die gesamte Stadt damals wie heute von dem durch Zuwanderung ermöglichten Wirtschaftswachstum profitieren. während einige wenige Angeworbene bereits nach kurzer Zeit wieder zurück in die Heimat gegangen sind, ist die große Mehrheit hier in Köln geblieben, ohne dabei die Wurzeln der Herkunft gänzlich zu kappen. 2
3 Sie alle haben wesentlich zur interkulturellen Entwicklung unserer Stadt beigetragen. Heute leben in Köln Menschen aus 184 Nationen. Als größte Gruppe ist seit vielen Jahren die der türkeistämmigen Kölnerinnen und Kölner zu sehen. Wir in Köln sind stolz darauf, dass unsere Stadt durch Anwerbung und Migration so international, bunt und vielfältig geworden ist, meine Damen und Herren! Für uns ist klar: Diese Vielfalt ist in jeder Hinsicht ein Gewinn! Längst sind aus den so genannten türkischen Gastarbeitern von einst Nachbarn und Freunde geworden. Und türkeistämmige Kölnerinnen und Kölner der zweiten oder dritten Generation sind hier geboren, aufgewachsen und gut integriert. Es ist heute der Normalfall und nicht die Ausnahme, dass Zugewanderte gleichberechtigt, selbstbewusst und kontaktfreudig am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und öffentlichen Leben teilnehmen und so muss es auch sein. Dennoch ist die kulturelle Vielfalt auch ein Markenzeichen von Köln. Beispielsweise sind die türkischen Lebensmittelgeschäfte mit ihren kulinarischen Kostbarkeiten aus dem Kölner Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Aber neben den zahlreichen Lebensmittelmärkten gibt es inzwischen auch in fast allen wichtigen Branchen türkische Unternehmen, die großen Anteil an der Angebotsvielfalt in Köln haben. Und auch die deutsch-türkische Industrie- und Handelskammer hat ihren Sitz hier in Köln. Dies zeigt: In den vergangenen Jahrzehnten ist sowohl bei der sozialen als auch bei der wirtschaftlichen Integration der in Köln lebenden türkischen Bevölkerung viel erreicht worden auch wenn wir gemeinsam noch besser werden können und müssen! Aber wir wissen auch: Integration im Sinne von gleichberechtigter Teilhabe und Chancengleichheit ist ein ständiger Prozess, der immer weitergeführt werden muss. Denn nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser werden könnte! 3
4 Im Sinne der Integration und als fester Bestandteil des gegenseitigen Sich-kennen- Lernens hat sich die Städtepartnerschaft zwischen Köln und Istanbul in den vergangenen Jahren als großer Gewinn erwiesen. Am 15. März 1997 wurde diese Partnerschaft besiegelt: Für Köln unterzeichnete der damalige Oberbürgermeister Norbert Burger die Urkunde, für Istanbul der frühere Oberbürgermeister und heutige Ministerpräsident der Türkei, Recep Erdogan. Kölns Wunsch, zu einer türkischen Stadt engere Beziehungen aufzubauen, war selbstverständlich auch dem Umstand geschuldet, dass die größte Zuwanderergruppe in Köln aus der Türkei stammt oder dort familiäre Wurzeln hat. Immerhin ist Köln die größte türkische Gemeinde in Nordrhein-Westfalen. Die Beziehungen zwischen unseren beiden Städten sind lebendig und vielfältig sei es in den Bereichen Kunst und Kultur oder Wissenschaft und Wirtschaft. Aber auch innerhalb der Verwaltungen findet ein reger Austausch statt. So ist es inzwischen nicht ungewöhnlich, dass Auszubildende der Stadt Köln in der Istanbuler Verwaltung ein Praktikum absolvieren oder umgekehrt. Nicht vergessen werden dürfen aber auch die vielen alltäglichen Begegnungen und Freundschaften zwischen Menschen beider Städte. All denjenigen, die dazu beitragen, möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen! Köln übt eine große Anziehungskraft auf Menschen aus aller Welt aus. Ein dynamischer Arbeitsmarkt, Beschäftigungsmöglichkeiten in zahlreichen Branchen sowie ein lebendiges und vielfältiges kulturelles Angebot tragen wesentlich zu dieser Anziehungskraft bei. Köln ist eine Messestadt, eine Medienstadt und eine Stadt der Wissenschaft, die den Kölnerinnen und Kölnern aus aller Welt eine zweite Heimat bietet, in der sie sich willkommen und wohl fühlen können. Uns alle verbindet viel mehr, als Staatsangehörigkeit oder Herkunft trennen könnten. Wir sorgen gemeinsam für die Belange unserer Stadt. 4
5 Stadtweit gibt es zahlreiche Initiativen und Vereine, die sich der interkulturellen Begegnung und der Förderung des gegenseitigen Verstehens annehmen. Sie alle arbeiten aktiv und engagiert mit an der Weiterentwicklung des Interkulturellen Zusammenlebens in unserer Stadt. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass Köln das ist, was es ist: eine lebens- und liebenswerte Stadt. Dafür sage ich ganz herzlichen Dank! als das deutsch-türkische Anwerbeabkommen seinerzeit besiegelt wurde, war vielfach die Rede von Gastarbeitern auf Zeit. Das Thema Rückkehr war damals bei allen Beteiligten hochaktuell. Viele der angeworbenen Arbeitskräfte lernten die deutsche Sprache nicht, da sie ohnehin beabsichtigten, wieder zurück in die Türkei zu gehen. Heute wissen wir: Das Erlernen der deutschen Sprache stellt für zugewanderte Menschen die zentrale Grundlage für politische, gesellschaftliche und soziale Teilhabe dar. Im Laufe der Zeit hat sich hier ein Erkenntniswandel vollzogen, ebenso wie sich auch die Lebensgeschichten der türkischen Kölnerinnen und Kölner verändert haben. Alles in allem ist festzuhalten: Anwerbung und Migration haben unsere Stadt, unser Land stark verändert und zwar positiv verändert, wie ich hinzufügen möchte. Und die Kölner Türkinnen und Türken sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Stadt. Sie gehören so selbstverständlich dazu wie Tünnes und Schäl und machen unsere Stadt auch in kultureller Hinsicht reicher, bunter und lebenswerter. ich gratuliere Ihnen allen herzlich zu diesem Stück deutsch-türkischer Geschichte und ich wünsche mir, dass wir die Zukunft gemeinsam in Angriff nehmen und gestalten werden. 5
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