1 K-Rahmen und K-Modelle
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- Arthur Hauer
- vor 6 Jahren
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1 Seminar: Einführung in die Modallogik (WS 15/16) Lehrender: Daniel Milne-Plückebaum, M.A. Handout: K-Rahmen, K-Modelle & K-Wahrheitsbedingungen Im Folgenden werden wir uns sogenannte K-Rahmen und K-Modelle ansehen, die für die Interpretation von Formeln in der einfachsten Modallogik, der Logik K (nach Saul Kripke), 1 benötigt werden. Anschließend betrachten wir die K-Wahrheitsbedingungen. 1 K-Rahmen und K-Modelle Beginnen wir gleich mit der Definition von K-Rahmen: Ein K-Rahmen ist ein Paar W, R, wobei 1. W eine nicht-leere Menge und 2. R eine zweistellige Relation auf W ist (R W W ). Die Elemente w 0, w 1, w 2,... W nennen wir Welten. W ist dann eine Weltenmenge. Eine Relation R W W nennen wir eine Zugänglichkeitsrelation auf der Weltenmenge. Falls w i, w j R, so sagen wir, w j ist zugänglich von w i. Hier sind einige Beispiele für K-Rahmen: F 1 = {w 0, w 1 }, { w 0, w 1, w 1, w 1 } F 2 = {w 0, w 5, w 32 }, { w 0, w 0, w 5, w 5, w 32, w 32 } F 3 = {w 0 }, F 4 = {w 5, w 6, w 7 }, {w 5, w 6, w 7 } {w 5, w 6, w 7 } Um K-Formeln interpretieren zu können, benötigen wir immer einen konkreten K-Rahmen. Insbesondere sind basale K-Interpretationsfunktionen, die wir wie in der Aussagenlogik als Grundlage für die Interpretation aller K-Formeln benötigen, immer auf konkreten K-Rahmen definiert: 1 ML-Formeln werden im Folgenden K-Formeln genannt. 1
2 Eine basale K-Interpretationsfunktion auf einem K-Rahmen W, R (geschrieben: I W,R ) ist eine Funktion, die jedem Atom relativ zu jeder Welt aus W genau einen Wahrheitswert zuordnet (I W,R {p p ist ein Atom} W {t, f}). Falls p, w, x I W,R, so schreiben wir: I W,R (p, w) = x. Es gibt also einen wesentlichen Unterschied zwischen basalen AL- und basalen K-Interpretationsfunktionen. Eine basale AL-Interpretationsfunktion ordnet jedem Atom genau einen Wahrheitswert zu (I {p p ist ein Atom} {t, f}). Damit ist jedes Atom entweder wahr simpliciter oder falsch simpliciter. Hingegen ist eine basale K-Interpretationsfunktion auf einem K-Rahmen W, R keine einstellige, sondern eine zweistellige Funktion. Der Wertebereich {t, f} ist zwar derselbe wie bei basalen AL-Interpretationsfunktionen; jedoch ordnet eine basale K-Interpretationsfunktion auf W, R nicht einfach allen Atomen Wahrheitswerte zu, sondern allen Paaren bestehend aus einem Atom und einer Welt aus W. Jedes Atom ist damit nur noch Welten-relativ wahr oder falsch. Genauer: Jedes Atom besitzt relativ zu jeder Welt des K-Rahmens, auf dem die basale K- Interpretationsfunktion definiert ist, genau einen Wahrheitswert. Wenn wir einen K-Rahmen W, R nun um eine basale K-Interpretationsfunktion auf W, R erweitern, erhalten wir ein basales K-Modell: Ein basales K-Modell ist ein Tripel W, R, I W,R, wobei 1. W, R ein K-Rahmen und 2. I W,R eine basale K-Interpretationsfunktion auf W, R ist. Im Folgenden nennen wir basale K-Modelle einfach K-Modelle. Einige Beispiele: Gegeben sei der K-Rahmen W 1, R 1 mit W 1 = {w 0, w 1, w 2 } und R 1 =. Wenn wir W 1, R 1 um eine basale K-Interpretationsfunktion auf W 1, R 1 ( {p p ist ein Atom} {w 0, w 1, w 2 } {t, f}) erweitern, erhalten wir ein K-Modell M 1 = W 1, R 1,. ordnet jedem relevanten Atom-Welt-Paar einen Wahrheitswert zu, z.b. so: (p 0, w 0 ) = t (p 1, w 0 ) = t 2
3 (p 2, w 0 ) = f (p i, w 0 ) = t für alle i 3 (p 0, w 1 ) = f (p 1, w 1 ) = t (p i, w 1 ) = f für alle i 2 (p i, w 2 ) = f für alle i sagt uns z.b., dass das Atom p 0 in w 0 wahr und in w 1 und w 2 falsch ist. M 2 = W 2, R 2, I W2,R 2 mit W 2 = {w 5, w 6, w 7, w 8, w 9 }, R 2 = { w i, w j j i} und: I W2,R 2 (p i, w j ) = t für alle i und alle ungeraden j (p i, w j ) = f für alle i und alle geraden j Wir haben erst dann eine basale K-Interpretationsfunktion auf einem K-Rahmen definiert, wenn wirklich jedem relevanten Atom-Welt-Paar genau ein Wahrheitswert zugewiesen wird. Wir können uns wieder damit behelfen, für alle Atome, die uns im gegebenen Fall nicht interessieren, ein allgemeines Rezept für die Wahrheitswert-Zuordnung aufzuschreiben, diesmal allerdings einmal relativ zu jeder Welt des zugrundeliegenden K-Rahmens. Zum Abschluss noch einmal: In der Logik K ist kein Atom einfach wahr simpliciter oder falsch simpliciter. Stattdessen gilt für jedes Atom p und jede Welt w des jeweiligen K- Rahmens: p ist wahr in w oder falsch in w. Dasselbe gilt natürlich auch für alle komplexen K-Formeln, wie wir nun sehen werden. 2 K-Wahrheitsbedingungen Eine basale K-Interpretationsfunktion I W,R auf einem K-Rahmen W, R kann zu einer vollständigen K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R erweitert werden, die nicht nur die Atome Welten-relativ interpretiert, sondern jede K-Formel, also auch jede komplexe: 2 2 Aufbauend auf der folgenden Definition können wir auch ein vollständiges K-Modell definieren: Ein vollständiges K-Modell ist ein Tripel W, R, I W,R, wobei 1. W, R ein K-Rahmen und 2. I W,R eine vollständige K-Interpretationsfunktion auf W, R ist. 3
4 Eine vollständige K-Interpretationsfunktion auf einem K-Rahmen W, R (geschrieben: I W,R ) ist eine Funktion, die jeder K-Formel relativ zu jeder Welt aus W genau einen Wahrheitswert zuordnet (I W,R {A A ist eine K-Formel} W {t, f}). Angenommen, wir haben einen K-Rahmen W, R und eine basale K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R vorgegeben; wie lautet dann die vollständige K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R? Grundsätzlich lässt sich diese Frage immer gleich beantworten egal, wie W, R und I W,R konkret beschaffen sind. Denn es gibt eine Reihe von Regeln, die uns für jede basale K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R genau sagt, wie ihre Erweiterung I W,R auf W, R lautet. Mit anderen Worten: Egal, welche Wahrheitswerte I W,R den Atomen relativ zu jeder Welt aus W zuordnet, diese Regeln sagen uns für jede (also auch für jede komplexe) K-Formel, welchen Wahrheitswert I W,R ihr relativ zu jeder Welt aus W zuordnet. Diese Regeln nennt man auch K-Wahrheitsbedingungen. Auch komplexe K-Formeln haben ihre jeweiligen Wahrheitswerte nur Welten-relativ. Dementsprechend sind auch die K-Wahrheitsbedingungen formuliert. Sie geben an, was erfüllt werden muss, damit eine K-Formel A relativ zu einer Welt w wahr ist. Dabei gibt es zwei Typen von K-Wahrheitsbedingungen für komplexe K-Formeln: 1. In den K-Wahrheitsbedingungen für Negationen, Konjunktionen, Disjunktionen, materiale Implikationen und materiale Biimplikationen wird die Welt w, relativ zu der die Formel interpretiert werden soll, fix gehalten; und relativ zu w unterscheiden sich die K-Wahrheitsbedingungen dieser Formeln nicht von den AL-Wahrheitsbedingungen In den K-Wahrheitsbedingungen für Box- und Diamant-Formeln müssen auch andere Welten als die, relativ zu denen diese K-Formeln interpretiert werden, hinzugezogen werden. Hier sind nun die K-Wahrheitsbedingungen: Sei W, R, I W,R ein K-Modell. Die K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R ergibt sich aus der basalen K-Interpretationsfunktion I W,R auf W, R durch folgende K- Wahrheitsbedingungen: Für alle w W : Für alle Atome p: 3 Tatsächlich können die AL-Wahrheitsbedingungen als Spezialfall der K-Wahrheitsbedingungen aufgefasst werden, nämlich als die K-Wahrheitsbedingungen für die aktuale oder tatsächliche Welt. 4
5 1. I W,R (p, w) = t gdw. I W,R (p, w) = t. Für alle Formeln A und B: 2. I W,R ( A, w) = t gdw. I W,R (A, w) = f. 3. I W,R (A B, w) = t gdw. I W,R (A, w) = t und I W,R (B, w) = t. 4. I W,R (A B, w) = t gdw. I W,R (A, w) = t oder I W,R (B, w) = t. 5. I W,R (A B, w) = t gdw. I W,R (A, w) = f oder I W,R (B, w) = t. 6. I W,R (A B, w) = t gdw. I W,R (A, w) = I W,R (B, w). 7. I W,R ( A, w) = t gdw. für alle w W mit w, w R gilt: I W,R (A, w ) = t. 8. I W,R ( A, w) = t gdw. es mindestens ein w W gibt mit w, w R und I W,R (A, w ) = t. Welche Welten des K-Rahmens für die Interpretation einer Box- oder Diamant-Formel relevant sind, hängt davon ab, welche Welten von der Welt, relativ zu der die Formel interpretiert wird, zugänglich sind. K-Wahrheitsbedingung 7 besagt: Eine Box-Formel A ist in einer Welt w genau dann wahr, wenn A in jeder Welt w, die von w aus zugänglich ist, wahr ist. Und K-Wahrheitsbedingung 8 besagt: Eine Diamant-Formel A ist in einer Welt w genau dann wahr, wenn es mindestens eine Welt w gibt, die von w aus zugänglich ist und in der A wahr ist. Betrachten wir anhand einiger Beispiele, wie die Wahrheitswerte komplexer K-Formeln ermittelt werden können. Dafür sei folgendes K-Modell gegeben: M 1 = W 1, R 1, mit W 1 = {w 1, w 2, w 3 } R 1 = { w 1, w 2, w 2, w 3, w 2, w 2, w 3, w 1 } (p i, w 1 ) = t für alle i (p i, w 2 ) = f für alle i (p 0, w 3 ) = t (p i, w 3 ) = f für alle i 1 5
6 Steht im Folgenden hinter der letzten Zeile ein, so erfüllt das K-Modell M 1 die K-Wahrheitsbedingung. Steht hinter der letzten Zeile ein, so erfüllt M 1 die K-Wahrheitsbedingung nicht. Beispiel 1: (p 7, w 2 ) = t gdw. (p 7, w 2 ) = t ( ) Beispiel 2: (p 0 p 1, w 2 ) = t gdw. (p 0, w 2 ) = t und ( p 1, w 2 ) = t gdw. (p 0, w 2 ) = t und (p 1, w 2 ) = f gdw. (p 0, w 2 ) = t und (p 1, w 2 ) = f ( ) Beispiel 3: ((p 5 p 9 ) (p 3 p 5 ), w 3 ) = t gdw. (p 5 p 9, w 3 ) = f oder ( (p 3 p 5 ), w 3 ) = t gdw. [ (p 5, w 3 ) = f und ( p 9, w 3 ) = f] oder (p 3 p 5, w 3 ) = f gdw. [ (p 5, w 3 ) = f und (p 9, w 3 ) = t] oder [ (p 3, w 3 ) = f oder (p 5, w 3 ) = f] gdw. [ (p 5, w 3 ) = f und (p 9, w 3 ) = t] oder [ (p 3, w 3 ) = f oder (p 5, w 3 ) = f] ( ) Beispiel 4: ( (p 0 p 2 ), w 2 ) = t gdw. für alle w W 1 mit w 2, w R 1 (p 0 p 2, w 2 ) = t gdw. für alle w W 1 mit w 2, w R 1 (p 0, w) = t oder ( p 2, w) = t gdw. für alle w W 1 mit w 2, w R 1 (p 0, w) = t oder (p 2, w) = f gdw. für alle w W 1 mit w 2, w R 1 (p 0, w) = t oder (p 2, w) = f ( ) Wie kann man überprüfen, ob M 1 diese K-Wahrheitsbedingung erfüllt? Betrachten wir die letzte Zeile. Dort steht: gdw. für alle w W 1 mit w 2, w R 1 (p 0, w) = t oder (p 2, w) = f. Explizit haben wir also: gdw. für alle w {w 1, w 2, w 3 } mit w 2, w { w 1, w 2, w 2, w 3, w 2, w 2, w 3, w 1 } (p 0, w) = t oder (p 2, w) = f. Damit die Ausgangsformel also in w 2 wahr ist, muss für jede von w 2 aus zugängliche Welt aus {w 1, w 2, w 3 } gelten, dass p 0 in ihr wahr oder p 2 in ihr falsch ist. Alle von w 2 aus zugänglichen Welten sind w 2 und w 3. In w 2 ist p 0 wahr. Und in w 3 ist p 0 ebenfalls wahr (und p 2 falsch). Also ist die K-Wahrheitsbedingung der Disjunktion für alle von w 2 aus zugänglichen Welten erfüllt. Also ist die K-Wahrheitsbedingung der Box-Formel für w 2 erfüllt, d.h. ( (p 0 p 2 ), w 2 ) = t. 6
7 Beispiel 5: (p 7 (p 3 p 5 ), w 1 ) = t gdw. (p 7, w 1 ) = t und ( (p 3 p 5 ), w 1 ) = t gdw. (p 3 p 5, w) = t gdw. (p 3, w) = ( p 5, w) gdw. (p 3, w) (p 5, w) gdw. (p 3, w) (p 5, w) ( ) p 7 ist wahr in w 1. Damit der zweite Teil der K-Wahrheitsbedingung der Ausgangsformel für w 1 erfüllt ist, muss es eine Welt aus {w 1, w 2, w 3 } geben, die von w 1 aus zugänglich ist und in der p 3 und p 5 verschiedene Wahrheitswerte haben. Die einzige Welt, die von w 1 aus zugänglich ist, ist w 2. In w 2 sind aber alle Atome falsch. Also ist der zweite Teil der K- Wahrheitsbedingung der Ausgangsformel für w 1 nicht erfüllt. Also ist die Ausgangsformel falsch in w 1, d.h. (p 7 (p 3 p 5 ), w 1 ) = f. Beispiel 6: ( ( p 4 p 2 ), w 1 ) = t gdw. für alle w W 1 mit w 1, w R 1 ( ( p 4 p 2 ), w) = t gdw. für alle w W 1 mit w 1, w R 1 ( p 4 p 2, w) = f gdw. für alle w W 1 mit w 1, w R 1 ( p 4, w) = t und ( p 2, w) = f gdw. für alle w W 1 mit w 1, w R 1 (p 4, w) = f und für alle w W 1 mit w, w R 1 : (p 2, w ) = f gdw. für alle w W 1 mit w 1, w R 1 (p 4, w) = f und für alle w W 1 mit w, w R 1 : (p 2, w ) = f Die einzige von w 1 aus zugängliche Welt ist w 2. p 4 ist falsch in w 2, wie gefordert. Weiterhin muss p 2 in allen von w 2 aus zugänglichen Welten falsch sein. w 2 selbst und w 3 sind von w 2 aus zugänglich. Und in beiden Welten ist p 2 falsch. Also ist die K-Wahrheitsbedingung der Ausgangsformel für w 1 erfüllt. Also ist die Ausgangsformel wahr in w 1, d.h. I W,R ( ( p 4 p 2 ), w 1 ) = t. 7
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