LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
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- Stefan Krüger
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1 Geschäfts-Nr.: 13 (3) Sa 1797/96 01 (4) Ca 2188/96 ArbG Duisburg Verkündet am : Sträter Regierungsangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit d. Prozeßbevollmächtigte: R. - Kläger und Berufungskläger - g e g e n d. Prozeßbevollmächtigte: R. - Beklagte und Berufungsbeklagte - hat die 13. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Funke als Vorsitzenden sowie die ehrenamtliche Richterin Baumanns und den ehrenamtlichen Richter Stenhorst für R e c h t erkannt: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom (4) Ca 2188/96 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen. Streitwert: unverändert
2 - 2 - T a t b e s t a n d Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen verpflichtet ist, den Kläger nach Abschluß der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis als Verfahrensmechaniker zu übernehmen. Der Kläger war bei der Beklagten seit dem als Auszubildender tätig. Der Kläger hat am die Prüfung als Verfahrensmechaniker bestanden. Beide Parteien sind tarifgebunden. In dem einschlägigen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom (i.w. TV Beschäftigungssicherung) heißt es in 5 wie folgt: Übernahme von Ausgebildeten 1. Ausgebildete werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründen entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten. 2. Mit Zustimmung des Betriebsrats kann von der Verpflichtung nach Ziff. 1 abgewichen werden, insbesondere wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist, oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat Für Ausgebildete in den Berufen Verfahrensmechaniker und Gießereimechaniker beträgt die Mindestfrist der Ziff Monate. Der Kläger war in den Jahren 1993 bis 1996 insgesamt an 109 Tagen in 21 Fällen arbeitsunfähig erkrankt. Darüber hinaus ist der Kläger in 25 Fällen insgesamt 2307 Minuten verspätet erschienen
3 - 3 - Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte aufgrund des TV Beschäftigungssicherung verpflichtet sei, ihn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses befristet weiter zu beschäftigen. Personenbedingte Gründe im Sinne des TV Beschäftigungssicherung ständen einer Weiterbeschäftigung nicht entgegen. Nach dem Wortlaut des Tarifvertrages seien die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu krankheitsbedingten Kündigungen anzuwenden. Verhaltensbedingte Gründe könnten nicht berücksichtigt werden. Der Kläger hat vorgetragen, bei ihm seien erhebliche Fehlzeiten dadurch aufgetreten, daß sein Vater schwer erkrankt gewesen sei und schließlich am verstorben sei. Die Fehlzeiten beruhten überwiegend auf Magenerkrankungen; ansonsten beruhten die Krankheiten im Jahr 1995 auf einer Schulter-Arm-Verletzung und 23 Tage auf einem Sportunfall. Der Werksarzt habe keine Bedenken gegen seinen Einsatz geäußert. Die Verspätungen seien darauf zurückzuführen, daß er bis September 1995 auch mit dem frühesten Bus nur verspätet zum Dienst erscheinen konnte. Ab September 1995 habe er eine Mitfahrgelegenheit gehabt. Darüber hinaus hat der Kläger bemängelt, daß der Betriebsrat nicht individuell ausreichend und substantiell informiert worden sei. Bei den Übernahmegesprächen im März und April 1996 mit dem Betriebsrat sei nicht die Situation jedes einzelnen Auszubildenden berücksichtigt worden. Vielmehr sei darauf abgestellt worden, daß die Auszubildenden nicht übernommen würden, die eine bestimmte Zahl von Arbeitsunfähigkeitszeiten überschritten Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen auf 12 Monate befristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab als Verfahrensmechaniker abzuschließen und ihn weiter zu beschäftigen; hilfsweise, - 4 -
4 - 4 - die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen auf mindestens 12 Monate befristeten Arbeitsvertrag als Verfahrensmechaniker ab Rechtskraft der Entscheidung abzuschließen; hilfsweise, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm Schadensersatz in Höhe der Arbeitsvergütung und anteiliger Urlaubsabgeltung für die Dauer von 12 Monaten nach Lohngruppe 6 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß die Bestimmungen des Tarifvertrages nicht dahingehend ausgelegt werden könnten, daß für die Übernahmeentscheidung die Grundsätze des Bundesarbeitsgerichts zu krankheitsbedingten Kündigungen herangezogen werden könnten. Unter personenbedingte Gründe fielen alle Gründe, die in der Sphäre des Auszubildenden lägen. Dazu gehörten gegebenenfalls auch verhaltensbedingte Gründe. Die Beklagte sei lediglich verpflichtet, nicht willkürlich ihre Übernahmeentscheidung zu treffen. Davon könne, so trägt die Beklagte vor, jedoch im Streitfall keine Rede sein. Mit dem Kläger seien während seiner Ausbildung insgesamt fünf persönliche Gespräche geführt worden, bei denen es um seine Verhaltensverstöße und Leistungsmängel gegangen sei. Darüber hinaus seien die krankheitsbedingten Fehlzeiten erheblich. Schließlich sei der Kläger auch in 25 Fällen verspätet erschienen; 1996 in sieben Fällen und an unterschiedlichen Tagen im Vergleich zu seinem Bruder. Insgesamt sei ihr nicht zumutbar, den Kläger weiter zu beschäftigen. Sie, die Beklagte habe sich größte Mühe gegeben, die Auszubildenden auf ihre Verpflichtungen aus den Ausbildungsverhältnissen nachvollziehbar hinzuweisen. Hierzu seien regelmäßig Gespräche geführt worden und - soweit krankheitsbedingte Fehlzeiten gehäuft aufgetreten seien - flankierende betriebsärztliche Untersuchungen - 5 -
5 - 5 - vorgenommen worden. Soweit sich im Einzelfall vor Ausbildungsende jedoch gezeigt habe, daß diese Maßnahmen letztlich kein positives Ergebnis bewirkt haben, sei nur noch die Entscheidung geblieben, die Ausbildung ordnungsgemäß zum Abschluß zu bringen ohne anschließend einen Arbeitsvertrag anzubieten. Gegenstand der Übernahmegespräche mit dem Betriebsrat sei jeweils die individuelle Betrachtung der Situation des einzelnen Auszubildenden gewesen. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, daß selbst für den Fall, daß der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei, dies nicht zur Verpflichtung führe, mit dem Auszubildenden ein Arbeitsverhältnis abzuschließen. Das Arbeitsgericht Duisburg hat durch Urteil vom die Klage abgewiesen. Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Die Berufung führt aus, der Streit der Parteien drehe sich darum, wie die Bestimmungen des 5 Abs. 1 TV im Hinblick auf die Bestimmung soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen zu verstehen ist. Die Berufung vertritt die Auffassung, die Tarifnorm entlehne den Begriff personenbedingte Gründe offenbar dem Bereich des Kündigungsschutzgesetzes und klammere damit nach ihrem eindeutigen Wortlaut verhaltensbedingte Gründe als Übernahmehindernis aus. Die nicht berücksichtigungsfähigen verhaltensbedingten Gründe hätten im übrigen im einzelnen konkrete Ursachen gehabt, die dem Kläger nicht anzulasten seien. Im Rahmen der personenbedingten Gesichtspunkte sei die Anzahl der Krankheitstage des Klägers nicht so bedeutend. Die betriebsärztliche Untersuchung sei mit einer pauschalen, nicht nachvollziehbaren Wertung beendet worden. Des weiteren werde auch weiterhin gerügt, daß ein Beschäftigungsanspruch des Klägers schon deshalb gegeben sei, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden sei. Die Folgen fehlender Unterrichtung entsprächen denen des 102 BetrVG. Der Kläger beantragt nunmehr, - 6 -
6 - 6 - das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom (4) Ca 2188/96 - abzuändern und nach den erstinstanzlichen Anträgen des Klägers zu erkennen. Die Beklagte beantragt, die gegnerische Berufung zurückzuweisen. Sie tritt den Ausführungen der Berufungsbegründung bestreitend entgegen. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom Bezug genommen. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e Die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Kammer teilt die Überzeugung der Vorinstanz, daß der Kläger keinen Anspruch gemäß 5 Ziff. 1 TV Beschäftigungssicherung auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach beendetem Ausbildungsverhältnis hat. Der Begriff der personenbedingten Gründe im Sinne der tariflichen Bestimmung ist dahingehend auszulegen, daß auch die Gründe im Verhalten des Auszubildenden als Übernahmehindernis in Betracht kommen. Der Überlegung, daß 5 Ziff. 1 TV Beschäftigungssicherung den Begriff der personenbedingten Gründe mit dem Bedeutungsgehalt des Kündigungsschutzgesetzes übernommen habe, folgt die Kammer nicht. Vielmehr fallen entsprechend den Ausführungen der Vorinstanz auch verhaltensbedingte Gründe unter den Begriff personenbedingt im Sinne der Tarifnorm
7 - 7 - Zu Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, daß die Tarifnorm einen Regelungsinhalt hat, der von demjenigen des Kündigungsschutzgesetzes abweicht.es spricht daher nichts dafür, der Terminus personenbedingte Gründe sei im gleichen Sinne zu interpretieren, wie ihn das Kündigungsschutzgesetz verwendet. Diese von der Entscheidung des LAG Hamm vom (9) Sa 1267/95 befürwortete Auffassung hat schon deshalb nichts für sich, weil das Kündigungsschutzgesetz an die begriffliche Differenzierung Gründe in der Person und im Verhalten des Arbeitnehmers gerade keine unterschiedlichen Rechtsfolgen knüpft. Erst die Rechtsprechung hat mit dem Abmahnungserfordernis Differenzierungen in den Kündigungsgründen eingeführt. In der Tarifnorm soll die Terminologie des Gesetzes aber verwandt worden sein, um für einen anderen Regelungstatbestand als die Kündigung - nämlich den Einstellungsanspruch - unterschiedliche Rechtsfolgen herbeizuführen. Das kann nach der Überzeugung der Kammer nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien entsprochen haben, zumal es zu ganz unangemessenen, von der Entscheidung des LAG Hamm nicht beachteten Folgen führen würde. Es erscheint auch nicht zutreffend, daß - wie das LAG Hamm meint - aus der Verwendung eines Begriffs, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte Bedeutung hat, in der Regel davon auszugehen sei, damit meinten die Tarifvertragsparteien das, was üblicherweise darunter verstanden werde. Die Regel ist zumindest dort durchbrochen, wo ihre Anwendung die Folge hat, daß die Tarifbestimmung eine Auslegung erfährt, die ihre Verfasser zweifelsfrei nicht gewollt haben können. Im übrigen gibt es keine Sanktion dahingehend, der Verwender eines gesetzlichen Terminus müsse sich dessen Bedeutungsinhalt auch in völlig anderem Zusammenhang entgegenhalten lassen. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß verhaltensbedingte Gründe in ihrer rechtlichen Relevanz schwerwiegender als personenbedingte sind, was auf den Willen der Tarifvertragsparteien schließen läßt, auch solche Gründe bei einer Übernahmeverpflichtung zu berücksichtigen. Verhaltensbedingte Gründe können gerade gegen Ende eines Ausbildungsverhältnisses nur noch unter erschwerten Umständen eine Kündigung rechtfertigen, weil im Hin
8 - 8 - blick auf das nahende Vertragsende zu diesem Zeitpunkt eine Interessenabwägung in der Regel zugunsten des Auszubildenden ausfällt. Gleichwohl müßte nach der Auffassung der Klägerseite ein vertragswidrig handelnder Auszubildender übernommen werden, wogegen ein unverschuldet erkrankter zurückgewiesen werden könnte. Der Beklagten ist darin zuzustimmen, daß dies erkennbar nicht das Ziel der Tarifvertragsparteien gewesen sein kann. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom AZR 159/95 - die zu der gleichen Auffassung gelangt sein soll, lag bei der Beratung der vorliegenden Entscheidung noch nicht vor. Die Kammer befindet sich aber mit ihrer Auffassung in der Gesellschaft weiterer Instanzgerichte (vgl. LAG Berlin, Urteil vom Sa 9/95; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom Sa 996/95; LAG Baden- Württemberg, Urteil vom Sa 104/95; LAG Köln, Urteil vom TaBV 65/94; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom Sa 39/95). Zu Recht hat die Vorinstanz auf die Relevanz personenbedingter Gründe in Gestalt der krankheitsbedingten Ausfälle des Klägers nicht abgestellt, da darüber hinaus die als verhaltensbedingt einzustufenden Verspätungen des Klägers in 25 Fällen in Rede stehen, ohne daß diese - wie die Vorinstanz dargelegt hat - in überzeugender Weise entschuldigt wurden. Selbst wenn man mit dem LAG Hamm verhaltensbedingte Gründe von einer Berücksichtigung ausscheiden würde, ergäbe sich die Frage, die auch die vorbezeichnete Entscheidung aufwirft, ob eine so hohe Zahl von Verspätungen nicht den Schluß in Richtung auf eine charakterliche Ungeeignetheit und damit auf ein personenbedingtes Übernahmehindernis im eigentlichen Sinne rechtfertigt. Anders als das LAG Hamm, das dies ohne Begründung ablehnt, ist die Kammer durchaus der Meinung, daß 25 Verspätungen in einem dreijährigen Ausbildungszeitraum durchaus Rückschlüsse auf die charakterlichen Eigenschaften des Auszubildenden zulassen. Letztlich beurteilt die Kammer die Folgen einer möglicherweise nicht ausreichenden Beteiligung des Betriebsrates im Zusammenhang mit der Ablehnung der Übernahme eines Auszubildenden im selben Sinne wie die Vorinstanz. Das Arbeitsgericht hat dargelegt, daß ausweislich des Tarifwortlauts in 5 TV Beschäftigungssicherung lediglich bei betrieblichen Gründen die Zustimmung des Betriebsrates zur Ablehnung der Übernahme des Auszubildenden erforderlich ist. Im - 9 -
9 - 9 - Rahmen von 5 Ziff. 1 TV ist der Betriebsrat unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Sanktionen sind an eine mögliche fehlerhafte Unterrichtung nicht geknüpft. Da eine dem 102 Abs. 1 Satz 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechende Regelung fehlt, spricht nichts dafür, die Sanktion aus dem Betriebsverfassungsgesetz ohne weiteres zu übernehmen. Eine mögliche Verletzung der Unterrichtungsrechte des Betriebsrates begründet keinesfalls einen individualrechtlichen Anspruch des Auszubildenden auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Die Kostenentscheidung folgt aus 97 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision liegen vor. R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger R E V I S I O N eingelegt werden. Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision muß innerhalb einer Notfrist von einem Monat
10 nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 5, Kassel, eingelegt werden. Die Revision ist gleichzeitig oder innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung schriftlich zu begründen. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Funke Baumanns Stenhorst
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