Besprechung der Klausur zur Vorlesung Grundrechte WS 2012/2013
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- Leonard Hafner
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1 Konversationsübung im Öffentlichen Recht Grundrechte WS 2012/2013 Besprechung der Klausur zur Vorlesung Grundrechte WS 2012/2013 Prof. Dr. Rolf Eckhoff Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbes. Finanz- und Steuerrecht
2 Prof. Dr. Rolf Eckhoff Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Insbes. Finanz- und Steuerrecht Lösungsvorschlag
3 Konkrete Normenkontrolle
4 Obersatz: Die konkrete Normenkontrolle hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
5 I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit Art. 93 I Nr. 5, 100 I 1 Alt. 2 GG, 13 Nr. 11 BVerfGG (+) 2. Vorlageberechtigung (Vorlagefähigkeit) Amtsgericht Regensburg, vertreten durch R = Gericht i.s.d. Art. 100 I 1 GG (+)
6 3. Vorlagegegenstand Gesetz i.s.d. Art. 100 I 1 GG: > nur formelle und nachkonstitutionelle Gesetze hier: NiSG stammt vom Bundestag und wurde am in Kraft gesetzt > (+) 4. Vorlagebefugnis Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Norm hier: R als Vertreter des Amtsgerichts Regensburg ist überzeugt (+)
7 5. Entscheidungserheblichkeit Entscheidung des Gerichts müsste von Gültigkeit der Norm abhängen hier: - 4 NiSG gültig > R müsste Klage abweisen, da Bescheid dann rechtmäßig - 4 NiSG ungültig > Bescheid mangels möglichem Verstoß gegen Norm rechtswidrig > unterschiedliche Entscheidungen je nach Gültigkeit (+)
8 6. Form/ Frist keine Frist Schriftform nach 23 I BVerfGG (+), Begründung nach 80 II 1 BVerfGG (+) 7. Zwischenergebnis Die konkrete Normenkontrolle ist zulässig.
9 II. Begründetheit Obersatz: Die konkrete Normenkontrolle ist begründet, wenn 4 NiSG nichtig, also formell oder materiell verfassungswidrig ist.
10 Hinweis: Objektiver Beanstandungscharakter der konkreten Normenkontrolle > Prüfungsmaßstab ist gesamtes Verfassungsrecht > 4 NiSG wird isoliert vom konkreten Fall auf seine Verfassungswidrigkeit untersucht! (vgl. 81 BVerfGG)
11 A) Formelle Verfassungsmäßigkeit Laut Bearbeitervermerk (+) B) Materielle Verfassungsmäßigkeit B.I) Art. 12 I 1 GG (bzgl. betroffener Unternehmer) 1. Schutzbereich a) persönlicher Schutzbereich Deutschengrundrecht: Deutsche i.s.d. Art. 116 I GG wg. Art. 18 AEUV (Diskriminierungsverbot) auch EU-Ausländer > exemplarisch dafür existiert die A
12 b) sachlicher Schutzbereich Berufsfreiheit = einheitliches Grundrecht geschützt wird sowohl Berufswahl, als auch Berufsausübung Beruf = jede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die zur Sicherung der Existenzgrundlage ausgeübt wird > Tätigkeit als Solarienbetreiber (+)
13 2. Eingriff = jede staatliche Maßnahme, die die Grundrechtsausübung ganz oder teilweise unmöglich macht bzgl. Berufsfreiheit berufsregelnde Tendenz erforderlich hier: 4 NiSG verbietet u.a. Solarienbetreibern das Zugänglichmachen von Sonnenstudios für Minderjährige > finale, subj. berufsregelnde Maßnahme (+)
14 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Grundrechtsverletzung nur (+), wenn Eingriff nicht gerechtfertigt werden kann 3.1. Rechtfertigungsmaßstab ( Schranke ) Art. 12 I 2 GG = einfacher Gesetzesvorbehalt hier: 4 NiSG als formelles Gesetz (+)
15 3.2. Materielle Anforderungen an Rechtfertigung (NiSG laut Bearbeitervermerk formell verfassungsmäßig) 4 NiSG müsste dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen Legitimer Zweck (+), wenn nicht durch das GG verboten hier: Zweck = Schutz Minderjähriger vor übermäßiger Strahlung (Vorbeugung von Hautkrebs und anderen Hautkrankheiten) > (+)
16 Hinweis: (P): Legitimer Zweck, Menschen vor der Ausübung der ihnen vom GG gewährten Freiheit zu schützen? > jedenfalls bei Jugendlichen besondere Schutzbedürftigkeit > jedenfalls bei Jugendlichen besondere Schutzbedürftigkeit angesichts der mangelnden Einsichtsfähigkeit anerkannt
17 Geeignetheit (+), wenn Zweck des Gesundheitsschutzes jedenfalls durch 4 NiSG gefördert wird (P1) natürliche UV-Quellen: (-), da witterungsbedingt > verminderter Konsum wird gefördert (P2) Kauf von Sonnenbänken: (-), da nur die wenigsten Minderjährigen die Mittel dazu haben.! Jedenfalls Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers > 4 NiSG ist geeignet
18 Erforderlichkeit (+), wenn kein gleich effektives aber milderes Mittel (P): erziehungsberechtigte Eltern: (-), da weniger effektiv (einige Eltern würden Besuch erlauben)! Jedenfalls Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers > 4 NiSG ist erforderlich
19 Angemessenheit (+), wenn dem Bürger aufgebürdete Belastung nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck des Gesetztes steht > Abwägung! Bzgl. Berufsfreiheit: 3-Stufen-Theorie hier: Berufsbild des Sonnenstudiobetreibers > Nutzungsverbot für Minderjährige = bloße Berufsausübungsregelung (1. Stufe) > vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls > Gewinnabsicht der Solarienbetreiber muss hinter wichtigerem Gesundheitsschutz der Minderjährigen zurückstehen
20 B.II) Art. 14 I 1 GG (bzgl. betroffener Unternehmer) (-), da Eigentumsfreiheit schützt nur privatnützige, vermögenswerte Rechtspositionen! Nicht bloße Chancen und Möglichkeiten Hinweis Art. 3 I GG und Art. 6 II 1 GG können auch betroffen sein Beide Eingriffe lassen sich aber problemlos ohne wirklich neue Argumentation rechtfertigen
21 B.III) Art. 2 I GG (bzgl. betroffener Minderjähriger) 1. Schutzbereich Wortlaut: freie Entfaltung der Persönlichkeit (P): allgemeine Handlungsfreiheit steht nicht in Art. 2 I GG Schrankensystematik: Grenze des Art. 2 I GG = verfassungsmäßige Ordnung (wird sonst als Synonym für das Grundgesetz verstanden) > Kollidierendes Verfassungsrecht? Historische Auslegung: Jeder hat die Freiheit, zu tun oder zu lassen, was die Rechte anderer > Allgemeine Handlungsfreiheit
22 hier: Schutzbereich nach beiden Meinungen eröffnet, da sich bräunen = Persönlichkeitsentfaltung und Besuch von Solarien von der allgemeinen Handlungsfreiheit umfasst ist Hinweis: Überzeugender ist die Interpretation als allgemeine Handlungsfreiheit am Wortlaut orientierte Auslegung würde zu erheblichen Abgrenzungschwierigkeiten führen, da Begriff der Persönlichkeitsentfaltung zutiefst subjektiv geprägt
23 2. Eingriff 4 NiSG verbietet, Minderjährigen den Zugang zu Solarien zu gewähren (P): 4 NiSG verbietet nicht den Minderjährigen selbst den Besuch Eingriffsqualität dadurch aber nicht beeinträchtigt, da = funktionales Äquivalent eines Verbotes für Minderjährige > (+)
24 3. Rechtfertigung 3.1. Rechtfertigungsmaßstab ( Schranke ) verfassungsmäßige Ordnung = Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze > einfacher Gesetzesvorbehalt hier: 4 NiSG ist als formelles Gesetz taugliche Schranke
25 3.2. Materielle Anforderungen an Rechtfertigung 4 NiSG müsste dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen Legitimer Zweck Schutz vor übermäßiger UV-Strahlung (s.o.) Geeignetheit 4 NiSG ist geeignet den Zeck zu fördern (s.o.)
26 Angemessenheit Gesundheitsschutz dürfte nicht außer Verhältnis zum Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit stehen > Gesundheitsschutz überwiegt Frage der Selbstbestimmung des Aussehens (Verbot nur bezgl. künstlicher UV-Quellen; nur im öffentlichen, nicht im privaten Bereich; verminderte Einschätzungsfähigkeit Minderjähriger bzgl. langfristiger Wechselwirkungen) Art. 2 I GG ist nicht verletzt
27 c) Ergebnis 4 NiSG ist formell und materiell verfassungsgemäß. Die konkrete Normenkontrolle ist unbegründet und hat keine Aussicht auf Erfolg.
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