Wirtschaftspolitik. gesetzliche Verpflichtung zur Wirtschaftspolitik
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- Christian Dressler
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1 236 Wirtschaftspolitik gesetzliche Verpflichtung zur Wirtschaftspolitik Wirtschaftspolitik keine grundgesetzliche Bindung an ein bestimmtes Wirtschaftssystem Grundgesetz Artikel 72, Absatz 2 die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (Stabilitätsgesetz, 1967), 1 Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.
2 Wirtschaftspolitik: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse 237 nominales BIP in 2009 (Euro je Einwohner) Problemregionen hauptsächlich im Osten Wirtschaftspolitik Quelle:
3 Wirtschaftspolitik: Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse 238 Transferökonomie Ostdeutschland Wirtschaftspolitik Versuch einer Angleichung der Lebensverhältnisse öffentliche Transfers von West nach Ost in Höhe von ca. 60 Mrd. Euro jährlich geschätzte Gesamttransfers seit Wiedervereinigung ca. 2 Billionen Euro trotz hoher finanzieller Anstrengungen keine Konvergenz nur geringer Anstieg des BIP pro Einwohner in Ostdeutschland von 60% auf 62% des Westniveaus Anstieg bedingt durch die Angleichung der Gehälter im öffentlichen Dienst
4 Inflationsrate 239 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Ziele der Wirtschaftspolitik: Preisniveaustabilität Ziel in den 1960er Jahren und ab Mitte der 1990er Jahre grob erreicht 8,0% 6,0% 4,0% Wirtschaftspolitik 2,0% 0,0% ,0% ,0% -6,0% -8,0% Jahr : jährliche Änderungsrate des Preisindexes für die Lebenshaltung eines 4-Personen- Haushalts von Arbeitnehmern und Angestellten mit mittlerem Einkommen (früheres Bundesgebiet) ab 1991: jährliche Änderungsrate des Verbraucherpreisindexes (Deutschland) Quelle:
5 240 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Ziele der Wirtschaftspolitik: hoher Beschäftigungsstand Ziel weitestgehend verfehlt (siehe Seite 22) Wirtschaftspolitik Ziele der Wirtschaftspolitik: außenwirtschaftliches Gleichgewicht d.h. keine negativen Einflüsse auf die wirtschaftliche Entwicklung durch die Außenwirtschaft z.b. bei anhaltend negativem Außenbeitrag: steigende Verschuldung und Arbeitslosigkeit z.b. bei anhaltend positivem Außenbeitrag: hohe Forderungen gegenüber den Außenhandelspartnern mit dem Risiko des Forderungsausfalls und Gefahr einer Inflation bei Vollauslastung der Kapazitäten Ziel verfehlt: Außenbeitrag seit 2004 deutlich über 100 Mrd. Euro p.a. (siehe Seite 220) Zielerreichung kurzfristig erstrebenswert?
6 241 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Wirtschaftspolitik Ziele der Wirtschaftspolitik: stetiges und angemessenes Wachstum Konjunktur Auf- und Abwärtsbewegung der Wirtschaft Maßstab: z.b. BIP (siehe Seite 226) zyklische Schwankungen Konjunkturzyklus Aufschwung Hochkonjunktur / Boom Abschwung / Rezession Krise / Depression Zielerreichung stetig kann in einer Marktwirtschaft nicht erreicht werden angemessen ist interpretationsfähig
7 242 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Wirtschaftspolitik negative Einschätzung der Lage positive Erwartungen positive Einschätzung der Lage positive Erwartungen die Konjunktur-Uhr negative Einschätzung der Lage negative Erwartungen positive Einschätzung der Lage negative Erwartungen
8 BIP 243 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Konjunkturzyklus: Hochkonjunktur / Boom positive Einschätzung der Lage, positive Erwartungen sinkende Lagerbestände und volle Auslastung der Kapazitäten Löhne, Preise und Zinssätze steigen am Ende der Hochkonjunktur: Marktsättigung kein weiterer Anstieg des Marktvolumens horizontale und vertikale Konzentrationen Kapazitätserweiterungen werden zu Fehlinvestitionen Wirtschaftspolitik Zeit
9 BIP 244 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Konjunkturzyklus: Abschwung / Rezession Wirtschaftspolitik positive Einschätzung der Lage, negative Erwartungen zunehmende Lagerbestände, abnehmende Auslastung, Überkapazitäten drastischer Rückgang der Investitionen Abbau von Überstunden, Kurzarbeit, erste Stilllegungen Löhne, Preise und Zinssätze stagnieren oder sinken Zeit
10 BIP 245 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Konjunkturzyklus: Krise / Depression negative Einschätzung der Lage, negative Erwartungen hohe Lagerbestände, niedrige Auslastung, Überkapazitäten keine Investitionen Stilllegungen, Insolvenzen, Massenentlassungen Löhne, Preise und Zinssätze sinken Wirtschaftspolitik Zeit
11 BIP 246 Wirtschaftspolitik: Stabilitätsgesetz Konjunkturzyklus: Aufschwung negative Einschätzung der Lage, positive Erwartungen Auftragsvolumen, Investitionen und Konsum nehmen zu verbesserte Auslastung der Kapazitäten rückläufige Arbeitslosigkeit, leicht steigende Preise, niedriges Zinsniveau Wirtschaftspolitik Zeit
12 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 247 Aufgaben der Konjunkturpolitik Wirtschaftspolitik Stabilisierung ( stetig ) der wirtschaftlichen Aktivitäten in einer Volkswirtschaft Ausgleich von Schwankungen der Produktion, der Beschäftigung, der Einkommen, der Preise usw. Aktionsbereiche der Konjunkturpolitik Fiskalpolitik staatliche Einnahmen (Steuern) und Ausgaben Einkommenspolitik Zuständigkeit: Tarifparteien, d.h. kein Einfluss des Staates außenwirtschaftliche Politikbereiche, z.b. Währungspolitik Zuständigkeit: Regierung und Zentralbank, d.h. nur begrenzter Einfluss des Staates
13 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 248 Konzepte der Konjunkturpolitik: Angebotspolitik Wirtschaftspolitik Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen Senkung der Unternehmenssteuern, z.b. der Körperschaftsteuer Senkung der öffentlichen Ausgaben, z.b. durch Umbau der Sozialsysteme Deregulierung der Wirtschaft, z.b. durch Erleichterung von Existenzgründungen, Ziele Änderung der Handwerksordnung und Lockerung des Kündigungsschutzes Anreize für Investitionen schaffen dadurch mittelfristig Wachstum und (trotz niedrigerer Steuersätze) höhere Steuereinnahmen Abbau von Arbeitslosigkeit realisiert z.b. in den USA von ( Reaganomics ) und in Deutschland von unter Gerhard Schröder ( Agenda 2010 )
14 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 249 Angebotspolitik in Deutschland ( Agenda 2010 ) kontroverse Diskussionen ( Reformlüge ) nachweisbare positive Effekte sinkende Arbeitslosigkeit nach Arbeitsmarktreformen Ansätze zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte grundsätzliche Probleme einer Angebotspolitik Wirtschaftspolitik negative soziale Begleiterscheinungen verbesserte Angebotsbedingungen sind keine Investitionsgarantie globale Unternehmen investieren dort, wo die günstigsten Bedingungen bestehen selbst ruinöse Steuersenkungen reichen nicht aus, um im Kostenwettbewerb mit Niedrigsteuerländern bestehen zu können (globales Steuerdumping, siehe Seite 234)
15 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 250 Konzepte der Konjunkturpolitik: Nachfragepolitik Wirtschaftspolitik Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung durch Steuerung der Nachfrage wesentlichster Bestandteil des BIP ist der Konsum, d.h. das BIP kann am einfachsten über den Konsum gesteuert werden (Globalsteuerung) höhere Nachfrage höhere Produktion mehr Investitionen höhere Nachfrage Nachfrageimpulse mit Multiplikatoreffekt, z.b. durch Transfers und Subventionen für Ziele Konsumenten kurzfristiges Wachstum durch Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage Abbau von Arbeitslosigkeit realisiert z.b. in Deutschland in den 1970er Jahren unter Willy Brandt und Helmut Schmidt sowie zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 unter Angela Merkel ( Konjunkturpakete )
16 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 251 Multiplikatoreffekt Wirtschaftspolitik zusätzliches Einkommen wird entsprechend der marginalen Konsumquote c für Konsumausgaben verwendet marginalen Sparquote s nicht für Konsum verwendet, sondern gespart staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von DC als Auslöser einer Mehrzahl von Konsumvorgängen pro Periode eine gewünschte Nachfragesteigerung S(C) wird durch ein Konjunkturprogramm erreicht, das nur einen Bruchteil der zusätzlichen Nachfrage umfasst der Multiplikator k = 1/s bewirkt: S(C) = k * DC Umschlagshäufigkeit / Periode Konsum C 100,00 75,00 56,25 42,19 31,64 23,73 17,80 13,35 10,01 7,51 5,63 Sparen S 25,00 18,75 14,06 10,55 7,91 5,93 4,45 3,34 2,50 1,88 Konsum kumuliert S(C) 100,00 175,00 231,25 273,44 305,08 328,81 346,61 359,95 369,97 377,47 383,11 400,00 marginale Konsumquote c 0,75 marginale Sparquote s 0,25 Konjunkturprogramm DC 100,00
17 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 252 Nachfragepolitik in Deutschland ( Konjunkturpakete ) Wirtschaftspolitik Diskussionen über deficit spending zur Finanzierung ( Schuldenpaket ) nachweisbare positive Effekte Deutschland hat die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 schnell überwunden (siehe Seite 226) grundsätzliche Probleme einer Nachfragepolitik kurzfristig steigende Staatsverschuldung wird bei mangelnder Haushaltsdisziplin zu einem langfristigen Problem Konsumverweigerung und Angstsparen Mitnahmeeffekte durch vorgezogenen Konsum Konsum von Importgütern langfristige Wirksamkeit ist umstritten, aber: In the long run we are all dead (John Maynard Keynes, 1923)
18 Wirtschaftspolitik: Konzepte der Konjunkturpolitik 253 Schuldenrepublik Deutschland Quelle: (eigene Berechnungen) Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden (inkl. Sondervermögen des Bundes und Zweckverbände) in Mrd. EUR 10,91% p.a. 7,79% p.a. 12,87% p.a. 3,27% p.a. Wirtschaftspolitik 8,49% p.a. 3,57% p.a. 0
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