Laudatio des Bildungs- und Kulturdirektors für Toni Walker anlässlich der Enthüllung der Bronzeplastik «dr Feen» (24. April 2015)
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- Friedrich Raske
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1 5 Laudatio des Bildungs- und Kulturdirektors für Toni Walker anlässlich der Enthüllung der Bronzeplastik «dr Feen» (24. April 2015) Sehr geehrter Herr Gemeindepräsident Simon Arnold Geschätzter Toni Walker Geschätzte Festgemeinde Der Föhn und Flüelen: Das ist eine sehr alte, das ist auch eine sehr spezielle Beziehung. Seit es Flüelen gibt, also seit offiziell 750 Jahren, bläst der älteste Urner in schöner und gleichzeitig auch in lästiger Regelmässigkeit mit voller Wucht durch unser schmuckes Urner Hafenstädtchen. Das freut die Surfer und die Segelbootbesitzer aus dem ganzen Land, und es plagt alle wetterfühligen Flüeler und Flüelerinnen. So lange es Flüelen geben wird, so lange wird auch der Föhn munter durch das Städtchen blasen. Das gehört sozusagen zum festen Bestand der ewigen Wahrheiten der Menschheit. Und wie es mit ewigen Wahrheiten so ist: Ihren schönsten Ausdruck finden Sie immer in der Kunst. So ist denn auch der bis mindestens heute schönste Beitrag zum Thema Flüelen und Föhn und zum Thema Föhn überhaupt ein Kunstwerk, ein Bild. Dieses Bild
2 kennen Sie alle. Es hat seinen Platz nur wenige hundert Meter von hier: im Wartsaal des Bahnhofs Flüelen. Es heisst «Föhnwacht», und es wurde gemalt vom grossen Urner Künstler Heinrich Danioth. Als bewegte warme Luft lässt sich der Föhn selber ja eigentlich gar nicht darstellen. Darstellen aber lässt sich die Wirkung des Föhns. So sehen wir auf der «Föhnwacht» Wolkenfetzen, die über den Himmel jagen, die Gischt auf dem See und flatternde Äste an einem Baum. Vor allem aber sehen wir einen jungen Mann, der in Föhnrichtung zu einer jungen Frau blickt. Und die junge Frau blickt fest entschlossen gegen den Föhn zum jungen Mann zurück, wobei ihr Haar und das Kopftuch fast verblasen werden. Ein wunderbares Bild für die Gewalt der wilden Urner Natur auf der einen und für die obsiegende menschliche Widerstandskraft auf der anderen Seite. Gemalt wurde dieses Bild 1944, gleichzeitig zur Eröffnung des neuen Flüeler Bahnhofs. Toni Walker war da gerade einmal zwei Jahre alt. Vielleicht nahm Mutter Walker ihren Sohn damals ja zur Eröffnung des Bahnhofs mit. Abwegig ist das nicht. Immerhin hatte Heinrich Danioth von 1931 bis 1933 sogar im Vaterhaus von Toni
3 Walker im «Häldeli» gewohnt. Die mögliche frühkindliche Erfahrung mit der «Föhnwacht» könnte also ganz gut Toni Walkers Berufung für die Kunst im Allgemeinen und die Faszination für das Thema Föhn im Speziellen erklären. Die Berufung zur Kunst spürte Toni Walker auf jeden Fall schon früh. In der Schule in Flüelen wurde er von Lehrer Franz Berlinger in der Liebe zur Kunst und zum Kunsthandwerk gefördert. Nach der Berufslehre als Schreiner ging Toni Walker nach Brienz an die Holzbildhauerschule. Später bildete er sich in Luzern an der Kunstgewerbeschule im Zeichnen und Modellieren stetig weiter, und er verfeinerte sein Können. Einen väterlichen Freund und Förderer fand Toni Walker schliesslich in Josef Nauer, dem Träger des Schwyzer Kulturpreises im Jahr Vor bald fünfzig Jahren eröffnete Toni Walker in seinem Vaterhaus in Flüelen ein eigenes Geschäft für Möbelschreinerei und -schnitzerei. Als Restaurator nicht nur von Möbeln, sondern auch von Kirchen und Orgeln schnitzte er sich dann durch alle Jahrhunderte und alle Stilrichtungen. Im eigenen bildhauerischen Schaffen löste er sich im Lauf der Jahre und Jahrzehnte vom unmittelbar
4 Anschaulichen. Entsprechend vielseitig ist sein Werk heute. Es umfasst nicht nur die klassische Holzschnitzerei, sondern auch moderne Skulpturen und Reliefs aus Bronze. Viele Werke von Toni Walker sind im öffentlichen Raum zu sehen. Das bekannteste davon ist natürlich der Uristier am Hauptsitz der Urner Kantonalbank in Altdorf. Das kraftstrotzend-aggressive und trotzdem bodenständige «Viech» ist aber nur eine mögliche Form von Toni Walkers künstlerischer Ausdruckskraft. Wer je einmal eine Grabfigur von ihm gesehen hat, der weiss, dass er auch ganz anders kann: zart und still, leise und voll Demut. In der Skulptur «Dr Feen», die wir heute dürfen feiern, zeigt sich noch einmal die volle Meisterschaft, die sich Toni Walker im Lauf seines Lebens als Künstler und Kunsthandwerker angeeignet hat. Schauen Sie genau hin! Erinnert uns das Werk nicht an die Urgewalt des Föhns? Können wir nicht ein Gesicht oder eine menschliche Figur darin erkennen, die sich machtvoll gegen den Sturm stellt? Das ausgefranste Bronzehaargitter in Föhnrichtung erinnert aber auch an die Leichtigkeit fast wie das flatternde Kopftuch der Frau in
5 Heinrich Danioths «Föhnwacht». Aber keine Danioth-Pinselstriche haben wir hier, sondern hartes Walker-Handwerk! Die Figur aus Bronze ist ein imposantes Werk mit einer Höhe von 2.20 Metern und einem Gewicht von stolzen 180 Kilogramm. Wer vor diesem Werk steht, der spürt fast körperlich, wie der Föhn bläst und zerrt. Er spürt die Gewalt der wilden Urner Natur auf der einen Seite, und er spürt zur gleichen Zeit die alles besiegende menschliche Widerstandskraft auf der anderen. So wie schon bei der «Föhnwacht» von Heinrich Danioth ein paar hundert Meter von hier. Welcher Künstler jetzt nach der heutige Enthüllung den schönsten Beitrag zum Thema Flüelen und Föhn und zum Thema Föhn überhaupt geleistet hat Heinrich Danioth oder Toni Walker? darüber darf man streiten, so lange der Föhn noch durch unser schmuckes Urner Hafenstädtchen blasen wird. Und sollte je einmal ein Künstler diesen imaginären Streit gewinnen: Dann steht Flüelen in jedem Fall auf der Seite des Gewinners. Beide Werke stehen in Flüelen, beide Künstler darf Flüelen für sich beanspruchen.
6 Sehr geehrter Herr Gemeindepräsident Simon Arnold Geschätzter Toni Walker Geschätzte Festgemeinde Im Namen der Urner Regierung gratuliere ich der Gemeinde Flüelen zu ihrem 750-Jahr-Jubiläum. Im Namen der Urner Regierung gratuliere ich der Gemeinde zu ihrem Entschluss, zu diesem Jubiläum ein bleibendes Zeichen zu setzen: mit Kunst im öffentlichen Raum. Dem Künstler selber zolle ich meine grosse Bewunderung für sein Schaffen in den vergangenen Jahren im Allgemeinen und für sein neustes, grossartige Werk «Dr Feen» im Besonderen. Der Kunst- und Kulturkanton Uri hat eine lange und reiche Tradition. Ich freue mich als verantwortlicher Kulturdirektor ausserordentlich, dass diese Tradition auch heute noch quicklebendig ist!
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