Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer. zur Eröffnung des Brucknerfestes am Sonntag, dem 13. September 2009

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1 Rede von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer zur Eröffnung des Brucknerfestes 2009 am Sonntag, dem 13. September 2009 Sehr geehrte Damen und Herren! Das Brucknerfest hat eine lange Tradition. Bei der Eröffnung gibt es traditionsgemäß auch Reden der verschiedensten Art, z.b. Begrüßungsreden, Festreden, Eröffnungsreden etc. Und wenn die Eröffnung auf einen Sonntag fällt - was meistens der Fall ist, könnte es passieren, dass uns der Begriff der Sonntagsrede ins Gedächtnis kommt. Dagegen gibt es ein Rezept: Keine Sonntagsrede zu halten, in der das Wahre, Schöne und Gute beschworen wird, sondern sich auf einige, möglichst konkrete Feststellungen zu konzentrieren.

2 2 Z.B. die Feststellung, dass ich mit Freude gesehen habe, wie sehr die Stadt Linz bemüht war und ist, die Chancen zu nutzen, die sich aus der Rolle als Kulturhauptstadt Europas ergeben haben und ergeben. Linz hat in diesem Jahr viele beachtenswerte Initiativen gesetzt, die österreichweit, ja europaweit ein hohes Maß an Anerkennung gefunden haben. Das ehrgeizige Programm von Intendant Martin Heller und seinem Team wurde gemeinsam von Stadt und Land sowie zahlreichen Unterstützern getragen und bisher erfolgreich umgesetzt. Das verdient Anerkennung. Herzlichen Glückwunsch! Hinzuweisen ist auch auf das neue Ars Electronica Center, das im Jänner eröffnet wurde und ein deutliches Signal dafür ist, dass sich Linz nicht auf Lorbeeren ausruht, die es sich durch Initiativen dieser Einrichtung in den letzten Jahren und Jahrzehnten erworben hat, sondern genau

3 3 weiß, wie man einem guten Ruf gerecht wird: nämlich, indem man Erfolg vor allem als Verantwortung und Auftrag für erneute Anstrengungen sieht. Zu erwähnen ist auch der Umstand, dass mit dem Neuen Südtrakt des Schlossmuseums ein im wahrsten Sinne des Wortes Meilenstein gesetzt wurde, der einerseits an moderne, richtungweisende Architektur anschließt, andererseits aber durch seine Verbindung mit den historischen Teilen ein spannendes, Epochen übergreifendes Ensemble bildet. Meine Damen und Herren! Jedenfalls können wir beobachten, dass sich die oberösterreichische Landeshauptstadt durch die Wahrnehmung der Chancen des Jahres 2009 tatsächlich verändert hat. Eine Reihe von Aufgaben und Projekten sind nach jahrelangen, zum

4 4 Teil durchaus kontroversen Diskussionen konkret in Angriff genommen und auch schon zu einem Ende gebracht worden. Das ist es ja auch, was Menschen von der Politik erwarten. Dass am viel zitierten Ende des Tages Lösungen gefunden und Ergebnisse zustande gebracht werden. Und gute Lösungen haben dann meist eine wesentlich längere Lebensdauer, als die vorangegangenen Diskussionen. Ein gutes Beispiel dafür hat erst unlängst in der Bundeshauptstadt Geburtstag gefeiert: die Wiener UNO-City, die im August 1979, also vor 30 Jahren, in Betrieb genommen und symbolisch dem Generalsekretär der Vereinten Nationen übergeben wurde, war damals also 1979 enorm umstritten. Heute sind wir stolz auf dieses Projekt und froh, dass es verwirklicht wurde, während die vorangegangenen Diskussionen längst vergessen sind.

5 5 Ich bin ziemlich sicher, dass es solche Erfahrungen in allen neun Bundesländern unserer Republik gibt auch in Linz. Meine Damen und Herren! Ich möchte den heutigen Anlass nützen, um abschließend noch auf ein Projekt zu sprechen zu kommen, das ebenfalls seit vielen Jahren teilweise kontroversiell diskutiert wird: das so genannte Haus der Geschichte. Eine derartige Einrichtung liegt mir sehr am Herzen und scheint mir von außerordentlicher Wichtigkeit. Gerade in diesen Tagen hat sich der Ausbruch des 2. Weltkrieges zum 70. Mal gejährt und ich denke, dass dieses Ereignis dem letztlich insgesamt 50 Millionen Menschen zum Opfer fielen - und vieles, was damit im Zusammenhang steht, noch wesentlich ausführlicher hätte erörtert werden sollen, als dies tatsächlich der Fall war.

6 6 Kurz zuvor stand der 20. Jahrestag der politischen Wende von 1989 auf der zeitgeschichtlichen Tagesordnung. Diese beiden Beispiele zeigen deutlich, was ein Haus der Geschichte neben vielen anderen Aufgaben - leisten könnte und sollte. Ich bin daher froh, dass eine interministerielle Arbeitsgruppe, in der Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Wissenschafts- und Kulturministerium vertreten sind, sich derzeit intensiv mit Überlegungen zur Verwirklichung eines solchen Hauses auseinander setzt. Natürlich kann man einwenden, ob denn in der momentanen Wirtschaftskrise der richtige Zeitpunkt ist, ein solches Projekt umzusetzen. Doch wenn man sich davon leiten bzw. bremsen lässt, wird es nie einen richtigen Zeitpunkt geben. Hinzu kommt, dass von der Entscheidung, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen, bis zur Verwirklichung ohnehin einige Jahre vergehen, und zu hoffen ist, dass die Krise bis dahin im Großen und Ganzen überwunden sein wird. Ich möchte daher einmal mehr für ein Haus der Geschichte eine Lanze brechen und meiner

7 7 Hoffnung Ausdruck verleihen, dass es bald zu einer Grundsatzentscheidung über die weiteren Schritte kommt. Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich abschließend nochmals betonen, dass ich mich freue, heute wieder in Linz sein zu können, dass ich dem Brucknerfest auch heuer den besten Erfolg wünsche, dass ich mich auch bei jenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im wahrsten Sinne des Worte hinter den Kulissen arbeiten, herzlich bedanken möchte, und dass ich nunmehr an einem Sonntag Vormittag den berühmten Satz sprechen darf: Das Brucknerfest 2009 ist eröffnet und unsere besten Wünsche begleiten es.