Verwaltungsprozessrecht Sommersemester 2010
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- Hinrich Siegfried Vogt
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1 Verwaltungsprozessrecht Sommersemester 2010 Privatdozent Dr. iur. Ekkehard Hofmann Vertreter des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Umweltrecht (Prof. Hendler) Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz Effektivität der gerichtlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns Art. 19 Abs. 4 GG Artikel 41 EU Grundrechtecharta Recht auf eine gute Verwaltung (1)Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. (2)Dieses Recht umfasst insbesondere a) das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird, 18
2 Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz Effektivität der gerichtlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns Art. 19 Abs. 4 GG Artikel 51 EU Grundrechtecharta Anwendungsbereich (1)Diese Charta gilt für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten. (2) 19 Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz Artikel 47 EU Grundrechtecharta Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht (1)Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. (2)Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen. 20
3 Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz Insbesondere: Art. 19 Abs. 4 GG (2) Postulat der effektiven gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung welche Fehler sind bedeutsam? Heilungs und Unbeachtlichkeitsvorschriften in VwVfG und anderen Fachgesetzen (BauGB, FStrG usw.) Rechtsschutz nur nach Maßgabe der Klagearten der VwGO? (BVerwGE 100, 262 Mietspiegel Übungsfall 1) 21 Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz BVerwGE 100, 262 Mietspiegel Übungsfall 1 Mietspiegel nach Ansicht der Kläger (Vermieter) fehlerhaft erstellt, Mieterhöhung war wegen des Mietspiegels nicht möglich (also aus Sicht der Vermieter zu niedrig), Zivilgerichte akzeptieren den Mietspiegel Der Kläger (Vermieter) will die Unwirksamkeit des Mietspiegels erreichen Statthafte (= dem Begehren entsprechende) Klageart? 22
4 558a BGB Form und Begründung der Mieterhöhung (1) Das Mieterhöhungsverlangen nach 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. (2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf 1. einen Mietspiegel ( 558c, 558d), 2. eine Auskunft aus einer Mietdatenbank ( 558e), 3. ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, 4. entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen. 23 Mietspiegel nach 558c BGB (1) Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist. (2) Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden. (3) Mietspiegel sollen im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. (4) Gemeinden sollen Mietspiegel erstellen, wenn hierfür ein Bedürfnis besteht und dies mit einem vertretbaren Aufwand möglich ist. Die Mietspiegel und ihre Änderungen sollen veröffentlicht werden. (5) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über den näheren Inhalt und das Verfahren zur Aufstellung und Anpassung von Mietspiegeln zu erlassen. 24
5 Mietspiegel: Eigenschaften und Ausstattungsmerkmale von Wohnungen Stadtbezirk, in dem sich die Wohnung befindet Lage des Hauses (Verkehrslärm, ÖPNV Anbindung, öffentliche Infrastruktur, Bebauungsdichte, Umgebungsvegetation usw.) Baujahr des Hauses Qualität der Wohnungsausstattung (Ofen oder Zentralheizung, Innen oder Außentoilette, Parkettboden, schalldämmende Fenster usw.) Zustand im Hinblick auf sparsamen Energieverbrauch (Wärmeschutzverglasung, Wärmedämmung, etc.) 25 Überblick über die Klagearten im Verwaltungsrecht Feststellungsklagen Gestaltungsklagen Z.B.: Anfechtungsklage I. Zulässigkeit 1. Verwaltungsrechtsweg ( 40 Abs. 1 VwGO 2. Statthafte Klageart 3. Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO) 4. Vorverfahren II. Begründetheit ( 113 Abs 1 S. 1 VwGO) 1. Rechtswidrigkeit 2.Rechtsverletzung 26 Z.B.: Verpflichtungsklage I. Zulässigkeit 1. Verwaltungsrechtsweg ( 40 Abs. 1 VwGO 2. Statthafte Klageart 3. Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO) 4. Vorverfahren II. Begründetheit ( 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) 1. Rechtswidrigkeit Tatbestand 2. Rechtswidrigkeit Ermessen ( 114 S. 1 VwGO) 3. Rechtsverletzung 4. Spruchreife Leistungsklagen Z.B.: Feststellungsklage nach 43 VwGO I. Zulässigkeit 1. Verwaltungsrechtsweg ( 40 Abs. 1 VwGO 2. Statthafte Klageart 3. Klagebefugnis ( 43 Abs. 1 VwGO) 4. Subsidiarität ( 43 Abs. 2 VwGO) II. Begründetheit 1. Bestehen des behaupteten konkreten Rechtsverhältnisses oder 2. Nichtigkeit des VA (dann noch: Rechtsverletzung des Klägers)
6 Mietspiegel: Eigenschaften und Ausstattungsmerkmale von Wohnungen Stadtbezirk, in dem sich die Wohnung befindet Lage des Hauses (Verkehrslärm, ÖPNV Anbindung, öffentliche Infrastruktur, Bebauungsdichte, Umgebungsvegetation usw.) Baujahr des Hauses Qualität der Wohnungsausstattung (Ofen oder Zentralheizung, Innen oder Außentoilette, Parkettboden, schalldämmende Fenster usw.) Zustand im Hinblick auf sparsamen Energieverbrauch (Wärmeschutzverglasung, Wärmedämmung, etc.) 27 Rechtssatz oder Verwaltungsakt? Sachverhalt Konkret Abstrakt Individuell Verwaltungsakt Verwaltungsakt Adressat Generell Str., 35 S. 2, Alt. 1 VwVfG: Allgemeinverfügung Gesetz Aus: Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A., 2003, S
7 Verwaltungsgerichtsbarkeit unter dem Grundgesetz BVerwGE 100, 262 Mietspiegel Übungsfall 1 Mietspiegel nach Ansicht der Kläger (Vermieter) fehlerhaft erstellt, Mieterhöhung war wegen des Mietspiegels nicht möglich (also aus Sicht der Vermieter zu niedrig), Zivilgerichte akzeptieren den Mietspiegel Der Kläger (Vermieter) will die Unwirksamkeit des Mietspiegels erreichen Statthafte (= dem Begehren entsprechende) Klageart? Mietspiegel kein VA, also keine Anfechtungsklage Mietspiegel keine Rechtsnorm nach 47 VwGO, also keine Normenkontrolle BVerwG: keine Feststellungsklage, da kein Rechtsverhältnis vorliege (präziser: kein subjektiv öffentliches Recht verletzt) Beides ist problematisch mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG 29
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