Predigt im Gottesdienst zur Losung des Reformationsjubiläums:.da ist Freiheit.

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1 Predigt im Gottesdienst zur Losung des Reformationsjubiläums:.da ist Freiheit. Anschließend Vernissage Pfarrer Wolfgang Schlecht 1 Liebe Gemeinde, vielerlei Themen waren in der Reformationszeit vor 500 Jahren von großer Bedeutung: Religiöse, Kirchliche, Politische, Gesellschaftliche. Und doch lässt sich mit guten Gründen behaupten: Die Freiheit ist ein Kernthema der Reformation. Mit dem Thema Freiheit haben Martin Luther und die anderen Reformatoren ein zentrales biblisches Thema neu entdeckt und neu belebt. Sowohl das Judentum als auch das Christentum sind Religionen der Freiheit, sie betonen dieses Thema in besonderer Weise. Freiheit wird im Alten Testament als etwas ganz Elementares verstanden und geschildert. Das Urerlebnis des Volkes Israel ist die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten durch Mose, den von Gott beauftragten Anführer. Gleichzeitig wird aber auch immer wieder geschildert, wie Gottes Volk das Leben in der Freiheit immer wieder riskiert und verliert, indem es Gottes Gebote missachtet und sich dadurch Unfrieden und Ungerechtigkeit immer mehr ausbreiten. Im Neuen Testament ist vor allem in den Briefen des Apostels Paulus von der Freiheit die Rede. Von der Freiheit, die ein Mensch für sich und für sein Leben gewinnen kann, wenn er sich an Jesus Christus orientiert. An Gottes Sohn, der so frei war, aus

2 2 Liebe zu Gott, dem Vater, alles für uns Menschen zu tun. Selbst dann, wenn es für ihn in die Unfreiheit, letztlich in das Leiden und in den Tod geführt hat. Mit einem Hymnus lobt ihn Paulus dafür. Und in diesen Lobpreis auf Christus aus dem Philipperbrief haben wir vorhin im Psalmgebet alle mit eingestimmt. Wir feiern in diesem Jahr 500 Jahre Reformation. Reformation, aus dem lateinischen Re-formare. Re, das bedeutet: zurück. Immer wieder zurück zu Jesus Christus, der unserem Leben die Form, das Format, gibt. Und Re-formation heißt auch immer wieder darüber nachdenken, ob und wo unser Leben und unser Leben als Kirche und Gemeinde eine Form hat, die sich an Jesus orientiert. Eine Form, die auch die Freiheit atmet, die Jesus gelebt und gebracht hat. Oder wo wir Formen angenommen hat, die Leben blockieren, die unfrei machen. Der Familienname von Martin war ursprünglich Luder. Martin Luder- so schrieb sich zunächst der spätere Reformator. Um die Zeit des Thesenanschlags 1517 änderte er seinen Nachnamen und nannte sich fortan Luther. Im Anklang an das griechische Wort eleutheria, auf Deutsch: Freiheit. Martin Luther, der Befreite, der Freie. Der die Freiheit durch Christus gewonnen hat. Lutherein Name, der zugleich Programm ist. Programm für das, was Luther wiederentdeckt hat: Das zentrale biblische Thema Freiheit. Präziser: Die Freiheit, die Gott uns schenkt. Die uns durch Jesus Christus geschenkt wird. Und damit sind wir bei dem Bibelvers, den die Evangelische Landeskirche in Württemberg als Losungswort für das Jubiläumsjahr gewählt hat, und das auf vielfältige Art und Weise

3 in den künstlerischen Arbeiten hier in unserer Kirche dargestellt wird. 3 da ist Freiheit- so heißt das Losungswort. Der vollständige Satz steht im 2. Brief des Paulus an die Korinther, in Kapitel 3 Vers 17 und lautet so: Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Wo der Geist Gottes, wo der Heilige Geist ist, da ist Freiheit. So sagt es Paulus. Daher passen Paulus und Luther gut zusammen. Die Liebe zur Freiheit verbindet sie. Dabei ging es Paulus und Luther zu ihrer Zeit zwar auch, aber nicht in erster Linie um politische Freiheit. Nein, es ging den beiden zuallererst um die innere Freiheit. Die innere Freiheit es Menschen. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Was ist dies- der Geist Gottes? Nun, der Geist Gottes ist so real, so wirklich wie unser eigener Geist, wie unser eigenes Bewusstsein, das wir zwar nicht sehen können, das aber unser Leben lenkt und bestimmt. So ist auch Gott keine Fiktion, sondern etwas ganz Reales. Eine Wirklichkeit, die unser Leben lenkt, auch wenn sie nicht gesehen, gehört oder gemessen werden kann. Gott ist Geist. Und unser Gott ist geist-reich. Das ist wunderbar. Gott hilft uns auf. Uns, die wir so oft von allen guten Geistern verlassen sind und immer meinen, nicht nur Menschen, sondern auch Gott fordere immerzu von uns: Du sollst! Du musst! Du darfst nicht! Du Versager! So, von allen guten Geistern verlassen, wurde einst das Leben des jungen Martin Luthers zur Qual. Tag und Nacht machte ihm all das zu schaffen, was er falsch gemacht hat. Wo war ein Weg zu Gott zu finden?

4 4 Beim Studium der Heiligen Schrift begann er aber schließlich zu verstehen, wurde es ihm bewusst, erreichte ihn Gott, erfüllte ihn Gott, geistreich. So dass Luther erkennen konnte, wer Gott wirklich ist: Einer, der uns etwas schenkt. Glauben, Hoffnung, Liebe. Gott ist einfach freigiebig und auf beglückende Weise da. Egal, wer wir sind. Egal, was wir falsch gemacht haben. Genau das ist es, was Martin Luther erkannt hat, als er immer wieder beim Apostel Paulus hängen geblieben ist. Als er dann auch das fröhliche Lied geschrieben hat, das wir vorhin gesungen haben: Nun freut euch lieben Christen g mein. Freut euch alle miteinander an Gott, der uns zugewandt ist. Sein Geschenk an uns ist sein Sohn Jesus Christus, der uns diesen freigiebigen Gott vorgestellt hat. Jesus, der von Gott kommt. Jesus, der so frei war, in unsere Welt zu kommen. Jesus, der in der Freude über Gott in aller Freiheit leben konnte. Jesus ist für mich ein wahrer Freiheitskünstler. Ein Mensch, innerlich frei, weil er sich ganz mit Gott verbunden wusste. Er war so frei, Nein zu sagen und Ja zu sagen. Jesus war so frei, Menschen zu widersprechen. Aber auch so frei, sich ganz für Menschen einzusetzen und sich hinzugeben. Eine Freiheit, die er auch uns zutraut. Nachher werden wir davon singen. In dem Lied Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer. Wo es heißt: Frei sind wir, da zu wohnen und zu gehen. Frei sind wir, ja zu sagen oder nein. Frei sind wir. Frei in der Liebe Gottes zu gehen und zu stehen. Frei sind wir ja zu sagen oder nein. Frei sind wir- aber dieses Frei

5 5 sein, die Freiheit, sie kann auch anstrengend sein. Sie kann ein Geschenk sein, mit dem man gar nichts anzufangen weiß. Es stellt sich ja die Frage: Warum unterwerfen sich Menschen immer wieder der Unfreiheit? Warum gehorchen Menschen immer wieder strengsten Regeln? Einem Guru, einem Diktator, einem Hassprediger? Was lockt junge Leute aus einem freiheitlichen Land wie dem unsrigen, sich einer Terrorgruppe wie dem so genannten Islamischen Staat zu unterwerfen? Was lockt an nationalistischen Bewegungen? Gerade in einer freiheitlichen Welt wie der unsrigen- in einer Welt mit Wahlfreiheit, Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Bewegungsfreiheit- scheint es verlockend zu sein, Freiheit aufzugeben und- ohne sich selbst Gedanken machen zu müssen- sagen zu lassen, was richtig und falsch ist. Ja, Freiheit ist anstrengend. Sicher. Und Freiheit erfordert auch Mut. Was für einen Mut brauchte Martin Luther, um vor dem Kaiser zu sagen: Ich nehme meine Erkenntnisse, die ich aus der Heiligen Schrift habe, nicht zurück. Was für eine Freiheit. Aber eine Freiheit, die gebunden ist an Jesus Christus. Die gebunden ist an das Wort Gottes. Freiheit braucht ein Nachdenken. Freiheit braucht ein Ringen um Positionen. Freiheit braucht Menschen, die sich wirklich informieren, sich mit etwas auseinandersetzen und nicht einfach Dinge nachplappern. Freiheit braucht Menschen, die die Heilige Schrift studieren. Leute, die ganz bestimmt auch nicht die Gebote übersehen, die dort geschrieben stehen. Diese Gebote, die gewiss nicht erledigt sind, jedoch als gute und wertvolle Lebenshilfen zu verstehen sind. Für uns, für freie Menschen.

6 Etwa in dem Sinne: Du, sei so frei und lass die Arbeit auch mal liegen- sei so frei und heilige den Feiertag. Feiere ihn- feiere Gottesdienst. 6 Du, sei so frei und sag die Wahrheit, sei so frei und lass die Lüge. Sei so frei und hab mit dem genug, was du hast. Sei so frei und gönne dem anderen alles Gute. Freiheit bedeutet demnach für einen Christenmenschen nie: Ich kann machen, was ich will und ich kann mich auf Kosten anderer ausleben. Nein, die Freiheit eines Christenmenschen besteht immer darin, dass ich mich als ein von Gott geliebter Mensch, befreit von all dem, was mich belastet, was mir Angst und Sorge macht, dem anderen, dem Mitmenschen in aller Freiheit zuwenden und ihm helfen kann. Verantwortung übernehmen kann. Liebe Gemeinde, als Christenmenschen sind wir verantwortungsvolle Menschen. Als christliche Kirche sind wir eine verantwortungsvolle Kirche. Weil wir als christliche Gemeinde die Welt, unsere Mitmenschen mit den Augen der Liebe sehen und das Beste für alle Geschöpfe auf Gottes großer, weiter Welt wollen. Und darum haben wir als Christen in dieser Welt einiges einzubringen. Auch und gerade zum Thema Freiheit. Darum möchte ich zum Schluss noch einige Gedanken weitergeben, die in einem Heft unserer Landeskirche zum Reformationsjubiläum unter dem Motto Da ist Freiheit angeführt sind. Dort heißt es: Als Christen haben wir einen klaren Blick für alle Formen menschlicher Unfreiheit und Verfehlungen von Freiheit. Wir haben den Auftrag, diese zu benennen und etwas dagegen zu unternehmen.

7 7 Als Christen leben wir eine Freiheit, die sich nicht auf Kosten der Freiheit anderer durchsetzt, sondern wir leben eine Freiheit, die sich in den Dienst für andere stellt. Wir haben ein Verständnis von Freiheit, das mit Verantwortung einhergeht. Und schließlich dies: Als Christen erinnern wird daran, dass äußere Freiheit wichtig und unverzichtbar ist, aber nie von selbst zu innerer Freiheit führt. Das heißt, auch jemand, der alle Freiheiten genießen kann, kann im Innern unfrei sein. Gefesselt, gebunden von vielen Dingen, die ihn nicht loslassen. Verlassen von allen guten Geistern. Darum ist es wichtig, dass wir als Christen den Gott, unseren Gott bekannt machen, der freimacht. Das Herz, die Sinne, den Verstand. Durch seine Liebe. Die ist wie Gras und Ufer- wie Geborgenheit und Sicherheit. Aber auch wie Wind und Weite. Wie Unbegrenztheit und Freiheit. Amen.