Die Landkarte des Sparens: So unterschiedlich sparen die Deutschen
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- Günter Becker
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1 Die Landkarte des Sparens: So unterschiedlich sparen die Deutschen Die größten Sparvermögen gibt es im Süden der Republik Berliner sind Sparmuffel, Baden-Württemberger sparen am meisten Das Sparbuch ist im Osten aus der Mode, bei der Altersvorsorge sind die Thüringer am aktivsten Frankfurt, 8. März 2017 Regelmäßiges Sparen steht bei den Deutschen trotz niedriger Zinsen hoch im Kurs. Jeder zweite Deutsche legt Monat für Monat Geld zurück, aber zwischen den einzelnen Bundesländern unterscheidet sich das Sparverhalten teils erheblich. Als Sparmuffel zeigen sich etwa die Berliner, während in Baden- Württemberg, Niedersachsen und Bremen sowie in Schleswig-Holsten am meisten gespart wird. Vor allem in den östlichen Bundesländern deutet ein Übergewicht an kleineren Vermögen und Sparraten auf eine geringe Sparfähigkeit hin. Das mindert aber nicht zwingend die Bereitschaft zum Sparen, wie Thüringen zeigt, dessen Einwohner mit großem Engagement in Sachen regelmäßigem Sparen zu Werke gehen. Die Landkarte des Sparens weist aber nicht nur Unterschiede im Sparaufkommen auf. Es zeigt sich auch deutlich, dass Motive und persönliche Einstellungen zum Sparen mitunter erheblich variieren. Das sind die wesentlichen Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage unter über 16 Jahre alten Deutschen des Hamburger Marktforschungsinstituts Elbe 19 im Auftrag von Union Investment. Die Deutschen gelten als ein Volk der Sparer. Diese Tugend existiert in der gesamten Bundesrepublik, sie drückt sich aber nicht überall in gleicher Form aus. Aus dem Rahmen fallen etwa die Berliner: Hier sparen lediglich 39,6 Prozent monatlich. Zum Vergleich: In Niedersachsen (inkl. Bremen) legen 55,7 Prozent Monat für Monat Geld zurück, der deutschlandweite Durchschnitt liegt bei 52 Prozent. Auch unter den Menschen, die überhaupt nicht sparen, liegt Berlin vorn (15,3 Prozent, Durchschnitt 10,4 Prozent). Der Anteil der Nichtsparer ist damit in der Bundeshauptstadt annähernd doppelt hoch wie in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Nichtsparerquote
2 Seite 2 mit 7,3 Prozent am niedrigsten ist. Man sieht, dass regelmäßiges Sparen nichts mit dem Einkommen oder dem vorhandenen Vermögen zu tun hat. Gerade in einigen finanzschwächeren Bundesländern sparen die Menschen sehr engagiert, sagt Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment. Die größten Sparvermögen gibt es im Süden der Bundesrepublik. Fast sechs von zehn Befragten (58,4 Prozent) in Bayern geben an, mehr als Euro an Erspartem zu besitzen. Ähnlich hohe Werte erreichen Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein- Westfalen. Sparmotive und Lebenseinstellungen variieren mitunter stark Die Unterschiede im Sparverhalten gehen einher mit variierenden Einstellungen zum Leben überhaupt. So streben 79,7 Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt an, ihren Lebensstandard sichern und verbessern zu wollen. In Bayern sind dies hingegen nur 70 Prozent (Bundesschnitt: 72,9 Prozent). Gespart wird vielmals, um im Notfall eine Reserve zu haben. Dies ist besonders in Niedersachsen und Bremen wichtig. Hier setzen zusammen 73,5 Prozent (bundesweit durchschnittlich 67,4 Prozent) auf den Notgroschen, wohingegen in Hamburg und Berlin wesentlich weniger Menschen aus diesem Grund Geld zurücklegen (61,3 bzw. 62,4 Prozent). Es ist zu erkennen, dass in einigen Ländern mit kleineren Sparvermögen existenzielle Fragen rund um die Lebensstandardsicherung im Vordergrund stehen. In Ländern mit höheren Sparvermögen nennen die Menschen häufiger allgemeinere Ziele wie beispielsweise finanzielle Unabhängigkeit, kommentiert Reinke. Für das Eigenheim wird vor allem in Baden-Württemberg gespart Beim Sparen für die eigene Immobilie werden die Baden-Württemberger ihrem Ruf als Häuslebauer gerecht: Jeder vierte Einwohner dieses Bundeslandes (24,1 Prozent) spart für den Hausbau oder -kauf. Für die Bewohner der ostdeutschen Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ist das Sparen für das Eigenheim kein wichtiges Sparmotiv. Dabei bildet Brandenburg, wo nur 12,9 Prozent der Befragten Immobilien als Sparmotiv nennen, das Schlusslicht.
3 Seite 3 Konsumorientierte und reisefreudige Hamburger, Balance in Mecklenburg- Vorpommern Beim Konsum liegen die Hamburger vorn: 40 Prozent geben an, dass sie sehr gern ihr Geld ausgeben, wohingegen die ostdeutschen Bundesländer hier sehr viel verhaltener auftreten. In Brandenburg etwa gibt nicht einmal jeder Vierte (24,1 Prozent) an, gerne sein Geld auszugeben, der bundesweite Durchschnitt liegt bei 31,5 Prozent. Insbesondere beim Reisen sitzt das Geld der Hamburger locker: 57,1 Prozent der Befragten im Stadtstaat geben an, dass Reisen für sie ein wesentlicher Lebensinhalt sind. Die Brandenburger sind deutlich weniger reiselustig. Dort ist nur für 42,6 Prozent das Reisen wichtig (Bundesdurchschnitt: 48,7 Prozent). Ein gutes Gleichgewicht zwischen Sparen und Konsum ist den Menschen in Mecklenburg- Vorpommern sehr wichtig. Beinahe zwei Drittel (63,8 Prozent) der Befragten, sagen dies. Im bundesweiten Durchschnitt sind es 55,2 Prozent, in Hamburg hingegen machen sich nur 48,5 Prozent ernsthafte Gedanken dazu. Es wird deutlich, dass dieses Thema in den neuen Ländern eher als Herausforderung gesehen wird möglicherweise weil die Menschen nicht so große Rücklagen haben und sich tendenziell eher einschränken müssen, so der Vorstandsvorsitzende von Union Investment. Nüchterne Sparer in Sachsen, emotionale in Thüringen Auffällig ist auch, dass sich das emotionale Verhältnis zum Sparen mitunter deutlich unterscheidet. Im Wesentlichen zeigen sich drei Gruppen: Ein kleiner Anteil, der mit dem Sparen grundsätzlich auf Kriegsfuß steht, ein etwas größerer Anteil, der dem Thema offen und leidenschaftlich zugewandt ist und der größte Teil, der zum Sparen eine eher rationale Beziehung hat. Letztere Gruppe umfasst annähernd zwei Drittel (63,9 Prozent) der Deutschen. Besonders nüchtern sind die Sachsen: Hier betrachten 70,2 Prozent der Befragten ihre Beziehung zum Sparen als Zweckgemeinschaft. Unter denen, die emotionaler denken, liegen die Thüringer ganz vorn. Hier vergleichen 34,3 Prozent (bundesweiter Durchschnitt 30 Prozent) ihr Verhältnis zum Sparen mit einer Liebesbeziehung. Der Anteil derjenigen, die damit auf Kriegsfuß
4 Seite 4 stehen, ist in Mecklenburg-Vorpommern am größten. Dort bezeichnet immerhin fast jeder Zehnte (9,2 Prozent) seine Beziehung zum Sparen als Rosenkrieg. Das Sparbuch ist im Osten aus der Mode Fast zwei Drittel (59,8 Prozent) der Sparer in Baden-Württemberg haben es noch: Das gute alte Sparbuch. In allen ostdeutschen Bundesländern und Berlin hingegen spielt es keine so große Rolle mehr, hier besitzen lediglich 36,5 Prozent der Befragten noch eins, in Brandenburg noch 40 Prozent. Bundesweit setzt immerhin noch jeder Zweite (51,7 Prozent) auf den Klassiker der Geldanlage. Das Tagesgeld mögen vor allem die Hessen (44,3 Prozent, bundesweiter Durchschnitt 39,2 Prozent), eine Geldanlage in Wertpapieren die Bayern (34,9 Prozent, bundesweiter Durchschnitt 29 Prozent) und die Hessen (34 Prozent). Auch die meisten Fondsbesitzer gibt es in Bayern. Hier legen 17,4 Prozent der Umfrageteilnehmer ihr Geld in Investmentfonds an, 16,3 Prozent sind es in Schleswig-Holstein. Dort gibt es auch die meisten Besitzer von Fondssparplänen (11,4 Prozent). Den zweiten Platz belegt mit 10,9 Prozent und damit immer noch über dem bundesweiten Durchschnitt von 8,7 Prozent Niedersachsen und Bremen. Bundesweit ist festzustellen, dass der starke Fokus auf den Notgroschen als Sparmotiv zu einer Übergewichtung täglich verfügbarer Mittel führt. In Kombination mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis hat das zur Folge, dass die Deutschen mit ihrem Sparverhalten weit hinter ihren Möglichkeiten bleiben, konstatiert Reinke. Selbst da, wo sich zeitgemäße Sparformen mit wenig Risiko ausprobieren lassen, wird dies häufig nicht genutzt. Beispiel Vermögenswirksame Leistungen: Sie werden bundesweit nur von jedem Vierten genutzt. Dabei ergeben die Studienergebnisse einen sehr unterschiedlichen Nutzungsgrad über die Bundesländer hinweg. Sparen in Baden-Württemberg 29,2 Prozent mithilfe der Arbeitgeberunterstützung, tun dies in Mecklenburg-Vorpommern nur 15 und in Berlin nur 14,9 Prozent. Bemerkenswert ist der Umstand, dass die Form des vom Arbeitgeber geförderten Sparens ausgerechnet in den Ländern mit eher niedrigeren Sparleistungen unterrepräsentiert ist. Gerade dort sollten die Menschen über vermögenswirksame Leistungen ans regelmäßige
5 Seite 5 Sparen herangeführt werden, betont der Vorstandsvorsitzende des genossenschaftlichen Fondsexperten. Bei der Altersvorsorge sind die Thüringer am aktivsten Regionale Unterschiede zeigen sich auch beim Sparen für die Altersvorsorge: Das Thema ist zwar für jeden zweiten Deutschen (50,5 Prozent) ein Motiv zu sparen. Aber zwischen der höchsten (Hessen: 55,5 Prozent) und der niedrigsten Bewertung (Berlin: 44,8 Prozent) liegen immerhin fast zehn Prozentpunkte. Eine private Altersvorsorge abgeschlossen haben 27,8 Prozent der Befragten. Am aktivsten hierbei sind die Menschen in Thüringen. Hier sorgen 34,2 Prozent privat für ihr Alter vor, in Mecklenburg-Vorpommern als Schlusslicht tun dies lediglich 18,7 Prozent. Dennoch herrscht bei jedem dritten Befragten eher Zweckoptimismus vor: 32,4 Prozent der Befragten geben zu, für die Altersvorsorge eigentlich zu wenig zu sparen, hoffen aber trotzdem im Alter damit klarzukommen. Diese Einstellung ist in Sachsen überdurchschnittlich ausgeprägt (36,6 Prozent), in Schleswig-Holstein am wenigsten (27,7 Prozent). Man sieht auch, dass die private Altersvorsorge grundsätzlich überall ein Thema ist. Viele handeln, aber in einigen Bundesländern besteht besonders großer Nachholbedarf. In einigen östlichen Landesteilen etwa ist das Prinzip Hoffnung überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Hier gilt es, die Menschen davon zu überzeugen, dass es wichtig ist, das Thema nicht zu verdrängen., so Reinke. Hinweis für die Redaktionen: Das Hamburger Marktforschungsinstitut Elbe 19 hat in der repräsentativen Umfrage im Auftrag von Union Investment mehr als Sparer über 16 Jahren zu ihrer Einstellung zum Sparen befragt. Die Daten wurden im ersten Quartal 2016 erhoben. Bei Umfragewerten, die sich nicht zu 100 Prozent addieren, gibt die Differenz den Anteil der unschlüssigen Befragten an. In der Ergebnisdarstellung wurden die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland sowie Niedersachsen und Bremen zusammengefasst.
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