Fallrepetitorium an der Universität Tübingen
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- Catrin Dieter
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1 Fallrepetitorium an der Universität Tübingen Aktuelle Fälle des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Sommersemester 2005 Lösungsskizze zu Fall 2: Das Bürogebäude auf der grünen Wiese mit Aussicht Präsident des VG Dr. Franz-Christian Mattes Mögliche Rechtsschutzziele von Herrn Krause: - Klage gegen die Versagung bzw. auf Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens -Klage gegen die Veränderungssperre -Klage gegen den Bebauungsplan - Klage gegen die Versagung bzw. auf Erteilung eines Bauvorbescheids Vorüberlegungen vor Eintritt in die übliche Lösung: Welche Fragen stellen sich? - Was ist ein Bauvorbescheid - Was bedeutet die Veränderungssperre? - Was kann eine Gemeinde gegen eine unerwünschte Bebauung unternehmen? - Rechtsnatur des gemeindlichen Einvernehmens - Veränderungssperre - Bebauungsplan - Befangenheit - Innenbereich - Außenbereich Welche Rechtsprobleme stellen sich? Bauvorbescheid - BVB - ( 57 LBO) - zur Klärung einzelner Fragen schon vor der Erteilung einer Baugenehmigung - vorweggenommener Teil der Baugenehmigung - i.d.r. geht es um die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens (sog. Bebauungsgenehmigung) - befristete Bindung der Baurechtsbehörde, aber eventuell auch für Dritte (Nachbarn) bei der Erteilung der (nachfolgenden) Baugenehmigung -Rechtsanspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen ( 57 Abs. 2 i.v.m. 58 Abs. 1 LBO) - 3 Jahre gültig, kann um weitere 3 Jahre verlängert werden. BVB > begünstigender VA > Verpflichtungsklage möglich.
2 - 2 - Das Einvernehmen der Gemeinde nach 36 BauGB - für Vorhaben nach 31, 33, 34, 35 BauGB erforderlich - Schutz der gemeindlichen Planungshoheit (Art. 28 GG und Art. 71 LV BW) - Einvernehmen = Zustimmung der Gemeinde, aber kein VA, sondern eine verwaltungsinterne Maßnahme - Bindung der Baurechtsbehörde an die Versagung des Einvernehmens - Ersetzung des versagten Einvernehmens: nicht durch die Widerspruchsbehörde, sondern nur durch die Rechtsaufsichtsbehörde oder durch (mittelbar) das Verwaltungsgericht - Entscheidung durch den Gemeinderat bzw. Übertragung auf einen Ausschuss oder den Bürgermeister, kein Geschäft der laufenden Verwaltung - Einvernehmen nicht bei Identität von Gemeinde und Baurechtsbehörde - Versagung des Einvernehmens nur aus planungsrechtlichen Gründen - Fiktion der Erteilung nach Ablauf von 2 Monaten ( 36 Abs. 2 BauGB) - Rechtsschutz des Bauherrn bei Versagung des Einvernehmens: Verpflichtungsklage direkt auf Erteilung der Baugenehmigung, Ersetzung durch stattgebendes Urteil - notwendige Beiladung der Gemeinde durch Beschluss ( 65 Abs. 2 VwGO) Bedeutung der Veränderungssperre Was kann eine Gemeinde sonst noch machen, um ein Vorhaben zu verhindern? Vorläufige Verhinderung von Bauvorhaben zur Sicherung der Bauleitplanung durch die Gemeinde mit 2 Möglichkeiten: Veränderungssperre ( 14 16, 17 BauGB) und Zurückstellung von Baugesuchen ( 15BauGB) Voraussetzungen einer Veränderungssperre Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans Veränderungssperre als Satzung ( 16 Abs. 1 BauGB) Befristung der Veränderungssperre ( 17 Abs. 1 BauGB) Die Veränderungssperre tritt außer Kraft, wenn der Bebauungsplan rechtsverbindlich beschlossen ist ( 17 Abs. 5 BauGB). Bedeutung der Aufstellung des Bebauungsplans Regelung der baulichen Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde ( 1 BauGB). Ausfluss der gemeindlichen Planungshoheit (kommunale Selbstverwaltung, Art. 28 GG) Bebauungsplan als Satzung ( 10 Abs. 1 BauGB) > Änderung der Rechtslage: Beurteilung nach Inkrafttreten des Bebauungsplans nach 30 BauGB, vorher nach 34, 35 BauGB
3 - 3 - (Verpflichtungs-)Klage auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids Zulässigkeit der Klage (Prozessvoraussetzungen, Sachurteilsvoraussetzungen) Verwaltungsrechtsweg Baurecht ist öffentliches Recht Klageart ( 42 Abs. 1 VwGO) BVB begünstigender VA > Verpflichtungsklage Klagebefugnis ( 42 Abs. 2 VwGO) Ablehnung des BVB > eventuelle Verletzung Art. 14 GG, 57 LBO Vorverfahren ( 68 ff. VwGO) Widerspruch Widerspruchsfrist, Widerspruchsbehörde, Widerspruchsbescheid Gemeinde Seedorf, Landkreis Konstanz > RP Freiburg (vgl. LVwG) Zuständiges Gericht ( 45 VwGO i.v.m. 1 AGVwGO) Gemeinde Seedorf, Kreis Konstanz > VG Freiburg Ordnungsgemäße Klageerhebung Form, Frist ( 74, 81, 82 VwGO) Beteiligte: Beteiligten-, Prozess- und Postulationsfähigkeit ( 61, 62, 63 VwGO) Richtiger Beklagter ( 78 VwGO) eine Frage der Begründetheit (Passivlegitimation) (notwendige) Beiladung ( 65 VwGO) der Gemeinde Seedorf wegen der Versagung des Einvernehmens Allgemeines Rechtschutzbedürfnis Begründetheit der Klage Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids ( 113 Abs. 5 VwGO), wenn keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen ( 57, 58 Abs. 1 LBO) > Planungsrechtliche Zulässigkeit Hinweis zum Sachverhalt: Das Gebäude soll auf zwei verschiedenen Grundstücken errichtet werden, daher eventuelle unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Begriff des Vorhabens bzw. der baulichen Anlage ( 29 BauGB) Zuständigkeit Untere Baurechtsbehörde ( 46 Abs. 2, 48 Abs. 1 LBO) LRA Konstanz
4 - 4 - > Land Baden-Württemberg passivlegitimiert Verfahren ( 52 ff. LBO) Unterschiedliche Rechtslage hinsichtlich der beiden Grundstücke: 1. Grundstück Flst. Nr. 3475/1 Vorhaben im beplanten Innenbereich ( 30 BauGB) BauNVO Auf der privaten Grünfläche im nicht bebaubaren Bereich des Grundstücks ist das Bürogebäude nicht zulässig. Konkrete Normenkontrolle des Bebauungsplans: Wenn der Bebauungsplan nichtig wäre, wäre das Vorhaben nach 34 BauGB zu beurteilen: Frage des Einfügens in die nähere Umgebung, d.h. der vorgegebene Rahmen darf nicht überschritten werden (Fremdkörper unzulässig). 2. Grundstück Flst. Nr. 3480/1 Vorhaben im Innenbereich ( 34 BauGB) oder im Außenbereich ( 36 BauGB)? Abgrenzung Innenbereich Außenbereich - Privilegierte Vorhaben ( 35 Abs. 1 BauGB) - Nicht privilegierte Vorhaben ( 35 Abs. 2 und 3 BauGB) - Begünstigte Vorhaben nach 35 Abs. 4 bis 6 BauGB Ergebnis: Das Grundstück Flst. Nr. 3480/1 liegt außerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit eindeutig im Außenbereich. Als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben ist das Bürogebäude nach 35 Abs. 2 uns 3 BauGB nicht zulässig, da es öffentliche Belange (z.b. Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert). Kein Vorhaben nach 35 Abs. 4 bis 6 BauGB. Daher kommt es auf die Rechtslage beim Grundstück Flst. 3475/1 letztlich nicht an. Rechtsmittel: Antrag auf Zulassung der Berufung ( 124 VwGO) Vorläufiger (Einstweiliger) Rechtsschutz ( 80, 80 a, 123 VwGO) Keine Anfechtungsklage, daher kein Rechtsschutz nach 80 VwGO Einstweilige Anordnung nach 123 VwGO Anordnungsgrund Anordnungsanspruch Vorwegnahme der Hauptsache
5 - 5 - Normenkontrollverfahren gegen die Veränderungssperre und gegen den Bebauungsplan Zulässigkeit der Normenkontrolle - Abstrakte Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsnormen (Satzungen nach BauGB und andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften, 47 Abs. 1 VwGO, 4 AGVwGO) > Veränderungssperre und Bebauungsplan als Satzungen. - Verwaltungsrechtsweg ( 47 Abs. 1 VwGO) - Antragsbefugnis ( 47 Abs. 2 VwGO) - Rechtschutzbedürfnis (Die Veränderungssperre ist nach 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft getreten.) - Antragsfrist ( 47 Abs. 2 VwGO) - Antragsgegner ( 47 Abs. 2 S. 2 VwGO): Die erlassende Körperschaft (Gemeinde Seedorf) - Oberverwaltungsgericht bzw. Verwaltungsgerichtshof zuständig Begründetheit der Normenkontrolle Formelle Rechtsmäßigkeit der Satzung Zuständigkeit der erlassenden Körperschaft Verfahren Gemeinde-Satzung: Gemeinderat zuständig Verfahrensfehler nach Bundesrecht ( 214 BauGB) Verfahrensfehler nach Landesrecht, insbesondere kommunalrechtliche Fehler Heilung von Verfahrensfehlern hier: Befangenheit des Gemeinderates Müller (vgl. 18 Abs. 5 und 6 GemO) Rechtswidrigkeit der Satzung bei Mitwirkung eines befangenen Gemeinderates unmittelbarer Vorteil oder Nachteil (liegt hier in diesem Fall beim Mieter wohl nicht vor) Materielle Rechtsmäßigkeit der Satzung Erforderlichkeit des Bebauungsplans Fehlerfreie Ausübung des Planungsermessens Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan Ordnungsgemäße Abwägung Beachtlichkeit bzw. Unbeachtlichkeit nach 214 Abs. 2 und 3 BauGB Rügefrist bzw. Heilung nach 215 Abs. 1 BauGB Rechtsmittel: Zulassung der Revision ( 132 Abs. 1 VwGO)
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