2 Zahlen und Zahlensysteme
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- Hartmut Kranz
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1 2 ZAHLEN UND ZAHLENSYSTEME 10 2 Zahlen und Zahlensysteme In diesem Kapitel definieren wir zunächst einige wichtige Zahlenmengen und führen dann Strukturen ein, z. B. mittels Operationen wie Addition und Multiplikation, oder mittels einer Ordnungsrelation. Zahlensysteme dienen der Darstellung von Zahlen, und wir werden einige wichtige Zahlensysteme kennen lernen, wie das Binär-, das Dezimal- oder das Hexadezimalsystem. 2.1 Zahlen Was sind und was sollen die Zahlen? [...] die Zahlen sind freie Schöpfungen des menschlichen Geistes, sie dienen als ein Mittel, um die Verschiedenheit der Dinge leichter und schärfer aufzufassen. Durch den rein logischen Aufbau der Zahlen-Wissenschaft und durch das in ihr gewonnene stetige Zahlen-Reich sind wir erst in den Stand gesetzt, unsere Vorstellungen von Raum und Zeit genau zu untersuchen, indem wir dieselben auf dieses in unserem Geiste geschaffene Zahlen-Reich beziehen. (Richard Dedekind, 1893) Zahlenmengen und Operationen Die Menge R der reellen Zahlen entspricht der Menge aller Punkte auf der Zahlengeraden. Wichtige Teilmengen von R sind: die natürlichen Zahlen N := {1,2,3,...}, N 0 := {0,1,2,...}, die ganzen Zahlen Z := {..., 2, 1,0,1,2,...}, die rationalen Zahlen Q := { } m n m,n Z,n 0. Es gibt auch Erweiterungen der reellen Zahlen, z. B. die komplexen Zahlen C := {a+ib a,b R}, mit der imaginären Einheit i C\R, i 2 = 1. Es gilt N Z Q R C. Diese Zahlenmengen enthalten im Unterschied zu den in Kap. 1.2 betrachteten Mengen unendlich viele Elemente. Bemerkung: Die fünf oben erwähnten Zahlenmengen N,Z,Q,R,C sind alle voneinander verschieden. Dies kann man z. B. zeigen, indem man Elemente aus den 2 paarweisen Differenzen angibt. So gelten z. B. 1 Z \ N, 3 Q \ Z, und oben hatten wir bereits i C\R gesehen. Beispiele für sog. irrationale Zahlen (Elemente von R\Q) sind (Irrationalität bewiesen von Euklid, 3. Jh. v. Chr.), e (Irrationalität bewiesen von L. Euler, 1737), π (Irrationalität bewiesen von J. H. Lambert, 1761).
2 2 ZAHLEN UND ZAHLENSYSTEME 11 Auf den Zahlen können wir die Operationen Addition + und Multiplikation mit den bekannten Rechenregeln einführen. Die rationalen und die reellen Zahlen bilden zusammen mit diesen Operationen jeweils einen Körper (Q, +, ) bzw. (R,+, ) (vgl. MLAE1) Ordnungsrelationen auf R Es gibt noch mehr Struktur in den rellen Zahlen, nämlich eine Totalordnung ( kleiner gleich ). Wir verwenden ausserdem die strenge Totalordnung < ( (strikt) kleiner als ): a < b : (b a). (6) Anschaulich gilt a < b genau dann, wenn b auf der Zahlengeraden weiter rechts liegt als a. In diesem Fall können wir auch b > a ( b ist (strikt) grösser als a ) schreiben. Bemerkung: Für die komplexen Zahlen C existiert keine Totalordnung. Definition 10 (Beschränktheit von Teilmengen der reellen Zahlen) Sei M R. a R heisst untere Schranke von M, wenn a x x M. b R heisst obere Schranke von M, wenn x b x M. Wenn eine dieser Schranken existiert, so heisst M nach unten bzw. nach oben beschränkt. Existieren beide Schranken, so heisst M beschränkt, ansonsten heisst M unbeschränkt Intervalle auf R Intervalle sind wichtige Teilmengen der reellen Zahlen, die mit Hilfe der Ordnungsrelationen und < definiert werden können. Definition 11 (Intervalle) Für zwei Zahlen a, b R definieren wir folgende Intervalle: [a,b] := {x R a x b} = {x R a x x b}, [a,b) := {x R a x < b}, (a,b] := {x R a < x b}, (a,b) := {x R a < x < b}. (,b] := {x R x b}, [a, ) := {x R a x}, (,b) := {x R x < b}, (a, ) := {x R a < x}. Bemerkungen: [a, b] heisst abgeschlossenes Intervall, (a, b) heisst offenes Intervall, und [a,b), (a,b] heissen halboffene Intervalle.
3 2 ZAHLEN UND ZAHLENSYSTEME 12 Gilt b < a, so sind die Intervalle [a,b], [a,b), (a,b], (a,b) leere Mengen. Erklärung: Damit für ein x R z. B. a x b gelten kann ist es notwendig, dass auch a b gilt: a x b a b. Die Kontraposition dieser Aussage ist (a b) (a x b), d. h. es existiert in diesem Fall eben kein derartiges x, oder anders gesagt: die Menge dieser x ist leer. Die Intervalle [a,b], [a,b), (a,b], (a,b) sind beschränkte Mengen, (,b), (,b], (a, ), [a, ) sind unbeschränkte Mengen. Aufgabe: Geben Sie mithilfe von Def. 10 Beispiele für Schranken der beschränkten Mengen an. ( Unendlich ) liegt jenseits der Zahlengeraden: < a < a R. ist keine reelle Zahl und kann nie zu einem Intervall gehören; die Schreibweise [a, ] ist unzulässig! 2.2 Zahlensysteme Zahlensysteme dienen der Darstellung von Zahlen. Wir werden hier die sogenannten Stellenwertsysteme vorstellen, bei denen die Wertigkeit einer Ziffer von ihrer Position abhängt. Dazu gehören z. B. das Dezimal-, das Binär- oder das Hexadezimalsystem Darstellung natürlicher Zahlen Wird zur Darstellung einer Zahl ein Ziffernvorrat der Grösse b N verwendet, so spricht man von einer b-adischen Darstellung der Zahl, und die Zahl b heisst dann Basis des Stellenwertsystems. Der Ziffernvorrat ist typischerweise gegeben durch die Menge Z b := {0,...,b 1}, wobei für b 10 die bekannten Ziffern 0,1,2,...,9 verwendet und für b > 10 noch die Grossbuchstaben A,B,C,...,Z (entsprechend den Ziffern 10,11,12,...,35) und wenn nötig weitere Zeichen hinzugezogen werden. Eine natürliche Zahl wird nun dargestellt durch eine Ziffernfolge a n a n 1 a 2 a 1 a 0 b, a i Z b, i = 0,1,...,n, a n 0 (das ist kein Produkt der Ziffern a i!), und dieser Ziffernfolge wird die Zahl x := a 0 +a 1 b+a 2 b 2 +a 3 b 3 + +a n b n N (7) zugeordnet. Man kann zeigen, dass diese Zuordnung eineindeutig ist, d. h. zu jeder Zahl x N existiert genau eine Ziffernfolge, deren zugeordneter Wert x ist. Beispiele: 1. Wir stellen die Zahl 143 N in verschiedenen Basen dar: Es gilt in der Tat: = = = 8F 16.
4 2 ZAHLEN UND ZAHLENSYSTEME = = = = = = 143, = = = 143, 8F 16 = = = Grosse Werte für b eignen sich für die Darstellung von sehr grossen Zahlen, weil die Anzahl benötigter Ziffern n zur Darstellung einer bestimmten Zahl x mit zunehmender Grösse des Ziffernvorrats b abnimmt: = = 1BE15DC 16 = HELLO 36. Es gilt HELLO 36 = = = Bemerkungen: Die Berechnung der Zahl x aus der Ziffernfolge a n a n 1 a 2 a 1 a 0 b ist recht einfach mit Formel (7) (s. Beispiele). Die umgekehrte Richtung, d. h. die Berechnung der Ziffernfolge in einem bestimmten Zahlensystem für eine gegebene Zahl, ist schwieriger und erfordert die Division mit Rest. Dafür sollten Sie ein Computerprogramm verwenden (s. auch Serie 2, Aufg. 4c). In MATLAB können Sie mit den Befehlen dec2base und base2dec natürliche Zahlen zwischen dem Dezimalsystem und einem beliebigen b-adischen System mit 2 b 36 umrechnen. Ausserdem gibt es die MATLAB- Befehle dec2bin, bin2dec, dec2hex und hex2dec für Umrechnungen zwischen Dezimal- und Binär- bzw. Hexadezimalsystem. Für noch grössere Basen werden weitere ASCII-Zeichen zur Kodierung hinzugenommen, z. B. im Zahlensystem Base Darstellung ganzer Zahlen Weil für x Z \ {0} entweder x N oder x N gilt, so benötigen wir zur Darstellung von ganzen Zahlen lediglich noch ein Vorzeichen, + oder, wobei + meistens weggelassen wird; es gilt also z. B = = = ED 16. Damit gibt es für die Zahl 0 Z mehrere Darstellungen: 0 = 0 = +0. Für alle anderen ganzen Zahlen ist die Darstellung mittels Vorzeichen aber eindeutig Darstellung rationaler Zahlen Für x Q benötigen wir ebenfalls ein Vorzeichen, und wir erlauben in (7) zusätzlich negative Exponenten der Basis, wobei eine solche Darstellung auch unendlich lang sein kann: x := +a 2 b 2 +a 1 b 1 +a 0 +a 1 b+a 2 b 2 +a 3 b 3 + +a n b n Q. (8)
5 2 ZAHLEN UND ZAHLENSYSTEME 14 Den Wechsel zwischen negativen und nichtnegativen Exponenten bezeichnen wir mit einem., so dass die Ziffernfolge für x so aussieht: a n a n 1 a 2 a 1 a 0.a 1 a 2 b, a i Z b, i =..., 2, 1,0,...,n, a n 0. Beispiele: = = = = = Für rationale Zahlen ist jede b-adische Darstellung entweder endlich oder unendlich periodisch. Welcher Fall eintritt, hängt von der Basis ab: 1 5 = = = , 1 3 = = Weil wir für rationale Zahlen unendliche Darstellungen zulassen müssen, ist die Darstellung nicht mehr eindeutig: Darstellung reeller Zahlen 1 = 1 10 = = = Reelle Zahlen können wir in derselben Weise darstellen wie rationale Zahlen, nur wird für irrationale Zahlen x R\Q die Darstellung immer unendlich und nicht periodisch sein: e = , π = Mithilfe von Computern wurden mittlerweile bereits mehr als Nachkommastellen in den Dezimaldarstellungen von e und π berechnet.
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