Möglichkeiten und Grenzen der molekulargenetischen Diagnostik am Beispiel der Cystischen Fibrose (CF) PD Dr. Sabine Hoffjan 5.1.
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1 Möglichkeiten und Grenzen der molekulargenetischen Diagnostik am Beispiel der Cystischen Fibrose (CF) PD Dr. Sabine Hoffjan
2 Klinik der CF CF-Patienten haben einen zähflüssige Sekrete Betroffene Organe Lunge Pankreas Darm Leber Schweißdrüsen (erhöhte Chloridkonzentration) Samenleiter Häufigkeit: ca. 1 auf 2500 Neugeborene ca. jeder 25. ist heterozygot für eine Mutation
3 CF-Symptome Lunge 52% Gedeihstörung / Ernährungspr. 43% Mekonium-Ileus 21% CBAVD (congenitale bilaterale Aplasie vas deferens, Azoospermie) [Familienanamnese 17%]
4 CF - weitere Symptome Rectumprolaps Steatorrhoe Nasenpolypen Pankreatitis Gallensteine Diabetes mellitus
5 Erbgang der CF: autosomal rezessiv gesunder Anlageträger gesunder Anlageträger Normalallel Mutiertes Allel (rez.) gesund gesunder Anlageträger krank 1/4 2/4 1/4 Homozygot: zweimal die gleiche Mutation Compound heterozygot: zwei unterschiedliche Mutationen
6 CFTR-Gen (Cystic Fibrosis Transmembrane conductance Regulator) b a a 15 17a 23 6b 17b 24 Transmembran- Domainen R-Domaine ATP-bindende Domaine
7 Funktion CFTR H 2 O Na + Cl - 1. apikaler Cl - - Kanal 2. reguliert andere apikale Kanäle normal CF-Zelle
8 Verteilung der Mutationen im CFTR-Gen
9 Mutationshäufigkeiten CFTR-Gen : >1600 Mutationen bekannt ~100 Mutationen bei deutschen Betroffenen 7 Mutationen mit Frequenz >1% >50% der Betroffenen ΔF508 homozygot
10 Mutationsklassen CFTR-Gen A Ø Proteinproduktion B intrazell. Proteintransport gestört C Regulation Cl - -Transport gestört D Cl - -Transport E Proteinexpression F CFTR-Umsatz
11 Ø Protein- Faltung Leitungsdefekt Fehlregulation Ø Protein RNA Umsatz Protein
12 G551D: CFTR-Aktivität ORCC-Regulation F508: Proteinfaltung gestört Ø CFTR in Zellmembran RER G542X und R553X: CFTRmRNA ; Ø CFTR
13 Genotyp/Phänotyp Korrelation F508-homozygot Pankreasinsuffizienz Ø Genotyp/Phänotyp Korrelation bei Lungenbeteiligung
14 Strategie der molekulargenetischen Untersuchung bei CF Meist werden nur die häufigen Mutationen untersucht Testkit: enthält ~40 häufigsten Mutation in der europäischen Bevölkerung deckt ca. 85% der Mutationen ab Nur in Ausnahmefällen Komplettsequenzierung
15 Ethnische Unterschiede berücksichtigen! Anteil der Mutation ΔF508 im CFTR-Gen Dänemark 88% United Kingdom 78% Frankreich 75% USA 66% Deutschland 65% Türkei 30% Bei Anforderung einer molekulargenetischen Untersuchung ethnische Zugehörigkeit angeben
16 Warum molekulargenetische Untersuchung? Diagnosesicherung Beratung der Familie, Wiederholungsrisiko Testung von Familienmitgliedern Ggf. Pränataldiagnostik Therapeutische Optionen!
17 CF-Diagnose pränatal Ultraschall: echodichter Darm, Meconium-Peritonitis Genotypisierung Chorionzottenbiopsie SSW Amniozentese SSW
18 Kongenitale bilaterale Aplasie des Vas deferenz (CBAVD) Infertilität beim Mann durch bds. Verklebung des Samenleiters Ejakulatvolumen << 1ml Bestimmte Mutationen im CFTR-Gen Cave: in Kombination mit anderen CFTR-Mutationen kann bei Nachkommen eine CF auftreten!
19 Therapie der CF symptomatisch Verflüssigung und Abhusten des zähen Schleims Antibiotische Therapie bei Entzündungen der Atemwege Ersatz von Pankreasenzymen CBAVD: in vitro Fertilisation Gentherapie Befindet sich noch im experimentellen Stadium
20 CFTR-Gen CFTR-Protein Alter (Jahre) Schweißtest NaCl im Schweiß 1. Schwangerschaft Erstbeschreibung CF
21 ethische Aspekte bei CF DNA-Test erfordert kompetente humangenetische Beratung Screening problematisch Gen-Therapie: Prinzip Hoffnung
22 Mutationsspezifische Therapieoptionen Medikament Ivacaftor : nur bei G551D-Mutation wirksam Ionenkanal verschlossen; Ivacaftor begünstigt die Öffnung des Kanals normal G551D Cl - Ivacaftor
23 Mutationsspezifische Therapieoptionen Wirkung in Studien: FEV 1 um 10,6% bzw. 12,5% Prozent gegenüber Placebo verbessert Nur ca. 2-4% der CF-Patienten tragen diese Mutation Möglicherweise weitere Mutationsspezifische Therapien in der Zukunft
24 Beispiel der CF-Diagnostik in einer Familie 1/25 1/2 Keine Mutation 1/250? 1/2x1/25x1/4=1/200 1/250x1/25x1/4=1/25000 Kind ist homozygot für die Mutation ΔF508
25 Noch ein Beispiel der CF-Diagnostik in einer Familie?
26 Szenario 1: Frau ist Anlageträgerin gesunder Anlageträger Betroffener Normalallel Mutiertes Allel (rez.) gesunder Anlageträger krank 2/4 2/4
27 Szenario 2: Frau ist nicht Anlageträgerin gesund Betroffener Normalallel Mutiertes Allel (rez.) gesunder Anlageträger 4/4
28 Noch ein Beispiel der CF-Diagnostik in einer Familie Carrier? Wiederholungsrisiko: 50%
29 Grenzen der molekulargenetischen Diagnostik Die Sensitivität liegt (fast immer) unter 100% Auch mit Einsatz der modernsten Techniken können nicht alle genetischen Ursachen geklärt werden
30 Die Sensitivität liegt bei molekulargenetischen Untersuchungen (fast immer) unter 100% Ein Krankheitsbild kann von verschiedenen Genen verursacht werden
31 Beispiele für Erbkrankheiten, die durch verschiedene Gene verursacht werden können Retinitis Pigmentosa: über 30 Gene bzw. chromosomale Regionen sind bekannt Spinocerebelläre Ataxie: über 18 Gene bzw. chromosomale Regionen sind bekannt Angeborene Schwerhörigkeit (nicht syndromale Form) über 40 Gene bzw. chromosomale Regionen sind bekannt Konsequenz: Es werden nur die Gene untersucht, die bei einem großen Teil der Patienten Mutationen aufweisen
32 Die Sensitivität liegt bei molekulargenetischen Untersuchungen (fast immer) unter 100% Ein Krankheitsbild kann von verschiedenen Genen verursacht werden Aus Kostengründen wird nicht das komplette Gen (bzw. nicht jedes Gen) untersucht Je nach eingesetzter Methode werden nicht alle Mutationen erfasst Mutationen in regulatorischen Elementen werden nicht (immer) erfasst Mutationen, die das Spleißen beeinflussen, werden nicht (immer) erfasst Ein negativer Befund kann eine Erkrankung nicht ausschließen
33 Neue Methoden: Next generation sequencing Sequenzier-Chip Untersuchung mehrerer Gene gleichzeitig Senkung der Kosten Panel-Diagnostik Whole exome sequencing Whole genome sequencing
34 Merksätze für die molekulargenetische Diagnostik Zuerst sollte die Diagnose bei einem betroffenen Familienmitglied bestätigt werden und ggf. molekulargenetische Untersuchung veranlasst werden die Familie sollte auf die Möglichkeit einer genetischen Beratung hingewiesen werden. Der molekulargenetische Befund sollte ihr ausgehändigt werden Eine molekulargenetische Abklärung sollte ggf. auch wegen der Konsequenzen für die Familienplanung durchgeführt werden Da molekulargenetische Diagnostiken u.u. zeitaufwendig sind, sollten pränatale Diagnostiken frühzeitig geplant werden Mutationsspezifische Therapieansätze sind zu prüfen!
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