Ist die Arbeitssituation in kirchlichen Einrichtungen wirklich besser als in privaten oder staatlichen Einrichtungen?
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- Hilko Kneller
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1 Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH Kira Limbeck, B.Sc. Ist die Arbeitssituation in kirchlichen Einrichtungen wirklich besser als in privaten oder staatlichen Einrichtungen? Unterschiede in der Beurteilung der Arbeitssituation von Betreuungskräften in der stationären Behindertenhilfe HeilberufeSCIENCE-Symposium im Rahmen des Interprofessionellen Gesundheitskongresses Dresden April 2016
2 Übergewicht und seine Folgen Überblick: Hintergrund und Ziel der Studie Methode Ergebnisse - Unterschiede der Struktur der Einrichtungen - Unterschiede bei den Arbeitsbedingungen - Unterschiede bei der Beurteilung des Arbeitsklimas und der empfundenen Arbeitsbelastung - Unterschiede bei Bezahlung, Mitspracherecht und Unterstützung durch Arbeitgeber Schlussfolgerungen
3 Hintergrund Schwerbehinderte Menschen in Deutschland (2013): Nur ein kleinerer Teil davon lebt in Behinderten-Wohneinrichtungen. 7,5 Mio. 2003: Behinderten-Wohnheime Plätze Deutschland : Einrichtungen vorwiegend für geistig behinderte Menschen 60 % für Menschen mit psychisch-seelischen Einschränkungen 16 % für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung 15 % Den vorhandenen Daten lassen sich leider keine Informationen zur Trägerschaft der Behinderten-Wohneinrichtungen in Deutschland entnehmen.
4 Hintergrund Einige der bisher veröffentlichte Ergebnisse unserer BMBD-Studie [Studie Betreuung von Menschen mit Behinderung in Deutschland, 2015]: Das Arbeitsklima in Behinderten-Wohneinrichtungen ist stark von den Arbeitsbedingungen abhängt. Schlecht ist das Arbeitsklima dort, wo die körperliche Belastung der Betreuer und der Pflegeaufwand groß sind und wo Mitwirkungsmöglichkeiten fehlen. Besonders stark belastet fühlen sich Beschäftigte, die schon mehr als 20 Jahre in einer Einrichtung tätig sind. Weibliche Leitungskräfte fühlen sich durch ihren Job deutlich stärker belastend als ihre männlichen Leitungs-Kollegen. Männliche Betreuer in nicht-leitender Funktion tendieren dazu, ihre Arbeit als belastender einzuschätzen als ihre weiblichen Kollegen. Deutlich mehr Betreuer in privaten und in staatlichen Einrichtungen empfinden ihre Tätigkeit als sehr belastend als Betreuer in kirchlichen Einrichtungen. Hat die Trägerschaft auch Einfluss auf andere Faktoren, die im Rahmen der BMBD-Studie erhoben wurden?
5 Ziel dieser Untersuchung Statistische Untersuchung und Interpretation der BMBD-Daten im Hinblick darauf, ob die Trägerschaft einer Einrichtung Auswirkungen auf die subjektive Beurteilung der Arbeitssituation durch die Betreuungskräfte hat.
6 Methode
7 Methode Standardisierter Fragebogen: 51 überwiegend geschlossene Fragen, u.a. - zur Arbeitssituation der Betreuungskräfte - zur Gesundheit der Betreuungskräfte - zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der Arbeitssituation Statistische Auswertung mit Hilfe von EpiData und STATA 12.0
8 Ergebnisse Träger der Arbeit gebenden Einrichtungen Mehr als die Hälfte der befragten Beschäftigten im Betreuungsbereich arbeiteten in privaten Einrichtungen. [n = 400] 60% 55,1% 50% 40% 26,1% 30% 18,8% 20% 10% 0% Staatlich Kirchlich Privat
9 Ergebnisse Struktur der Einrichtungen Art der Einrichtung. Unterschieden nach Trägerschaft. [n = 363; p = 0.000] Wohnheim mit Tagesstruktur Wohnstätte ohne Tagesstruktur Ambulant unterstütztes Wohnen Außenwohngruppe privat 10,7% 9,8% 26,8% 52,7% kirchlich 8,0% 12,5% 27,3% 52,3% 60,0% staatlich 5,7% 10,0% 24,3% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%
10 Ergebnisse - Struktur der Einrichtungen Welche Menschen werden in den Wohneinrichtungen betreut? Unterschieden nach Trägerschaft. [n = 371; p = 0.000] Geistig behindert Unterschiedliche Behinderungsarten Schwere Mehrfachbehinderung Psychisch eingeschränkt Körperlich behindert Sinnesbehindert privat 3,4% 1,0% 0,0% 7,8% 40,0% 47,8% kirchlich 1,1% 3,2% 1,1% 8,4% 23,2% 63,2% staatlich 1,4% 0,0% 8,5% 7,0% 33,8% 49,3% 0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0% 70,0%
11 Ergebnisse - Arbeitsbedingungen Beurteilung der gegenwärtigen Arbeitsbedingungen Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. leitender bzw. nicht-leitender Funktion sehr gut/gut geht so schlecht/sehr schlecht 80% 70% 70,7% 60% 55,6% 57,1% 55,6% 50% 40% 30% 37,8% 28,6% 25,9% 33,3% 42,4% 40,0% 50,0% 45,5% 20% 10% 6,7% 14,3% 3,5% 11,1% 17,6% 4,6% 0% Nicht-leitend Leitend Nicht-leitend Leitend Nicht-Leitend Leitend staatlich kirchlich privat
12 Ergebnisse - Arbeitsbedingungen Häufigkeit von Schichtdienst Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. leitender bzw. nicht-leitender Funktion Nicht leitend Leitend 100% 93,3% 90% 85,7% 80% 70% 60% 50% 40% 71,4% 61,4% 63,0% 54,6% 30% 20% 10% 0% Staatlich Kirchlich Privat
13 Ergebnisse - Arbeitsbedingungen Überstunden Unterschieden nach a. Trägerschaft und/oder leitender bzw. nicht-leitender Funktion Wie häufig leisten Sie Überstunden? Überstunden sind belastend nie/selten häufiger ziemlich oft/ständig Nicht-leitend Leitend 50,0% 45,0% 40,0% 35,0% 30,0% 25,0% 20,0% 31,9% 44,4% 23,6% 35,4% 39,6% 25,0% 29,4% 43,1% 27,5% 35,0% 30,0% 25,0% 20,0% 15,0% 27,8% 26,7% 17,7% 15,4% 32,0% 20,5% 15,0% 10,0% 10,0% 5,0% 0,0% staatlich kirchlich privat 5,0% 0,0% Staatlich Kirchlich Privat
14 Ergebnisse - Arbeitsbedingungen Häufiger Ausfall durch Elternzeit wird von Kollegen als Problem angesehen Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. nach leitender bzw. nicht-leitender Funktion 90% 85,7% Ja Weiß nicht Nein 80% 70% 65,9% 71,4% 60% 50% 59,3% 56,8% 52,3% 40% 30% 20% 10% 0% 22,7% 19,6% 11,4% 14,3% 8,9% 11,1% 0,0% 38,6% 29,6% 25,6% 17,6% 9,1% Nicht-leitend Leitend Nicht-leitend Leitend Nicht-Leitend Leitend staatlich kirchlich privat
15 Ergebnisse - Arbeitsbedingungen Große Betreuungsgruppen werden als Problem angesehen Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. nach leitender bzw. nicht-leitender Funktion Nicht-leitend Leitend 60% 50% 51,9% 40% 30% 27,4% 30,3% 20% 22,2% 14,3% 20,4% 10% 0% Staatlich Kirchlich Privat
16 Ergebnisse - Arbeitsklima Beurteilung des gegenwärtigen Arbeitsklimas in der Einrichtung Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. leitender bzw. nicht-leitender Funktion sehr gut/gut geht so schlecht/sehr schlecht 80% 70% 67,2% 72,0% 60% 53,3% 57,1% 58,1% 61,4% 50% 44,4% 40% 30% 28,6% 27,6% 28,0% 29,8% 34,1% 20% 10% 0% 14,3% 12,1% 5,2% 4,6% 2,2% 0,0% Nicht-leitend Leitend Nicht-leitend Leitend Nicht-Leitend Leitend staatlich kirchlich privat
17 Ergebnisse - Arbeitsbelastung Empfundene Höhe der Arbeitsbelastung bei der Tätigkeit in der Wohneinrichtung Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. leitender bzw. nicht-leitender Funktion sehr/etwas geht so kaum/überhaupt nicht 90% 85,7% 80% 70% 60% 50% 62,2% 49,1% 66,7% 58,9% 52,3% 40% 40,9% 30% 20% 10% 24,4% 13,3% 14,3% 29,8% 21,1% 18,5% 14,8% 30,7% 10,5% 6,8% 0% 0,0% Nicht-leitend Leitend Nicht-leitend Leitend Nicht-Leitend Leitend staatlich kirchlich privat
18 Ergebnisse - Arbeitsbelastung Betreuungskräfte, die sich überfordert fühlen Unterschieden a. nach Trägerschaft und b. leitender bzw. nicht-leitender Funktion Nicht-leitend Leitend 60,0% 57,1% 50,0% 40,0% 30,0% 24,4% 33,3% 30,8% 36,0% 25,6% 20,0% 10,0% 0,0% Staatlich Kirchlich Privat
19 Ergebnisse Finanzielle Situation Aussagen zur Bezahlung Unterschieden nach Trägerschaft 40% 35% 30% staatlich kirchlich privat 32,4% 35,3% 25% 20% 19,1% 23,1% 21,1% 15% 14,3% 14,4% 10% 5% 7,0% 7,1% 0% Eher/sehr unzufrieden mit Bezahlung Entlohnung ist schlecht Schlechte Entlohnung ist Problem
20 Ergebnisse Mitsprache und Unterstützung Betreuungskräfte, die sich durch zu wenig Mitspracherecht belastet fühlen, im Vergleich zu den Betreuungskräften, die sich durch ihren Arbeitgeber unterstützt fühlen Unterschieden nach Trägerschaft Wenig Mitspracherecht Von Arbeitgeber ünterstützt privat 11,5% 23,0% kirchlich 5,6% 32,6% staatlich 7,1% 26,1% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%
21 Zusammenfassung
22 Schlussfolgerung Ist die Arbeitssituation in kirchlichen Behinderten-Wohneinrichtungen wirklich besser als in privaten oder staatlichen Einrichtungen? Im Durchschnitt beurteilten die befragten Betreuungskräfte in kirchlichen Behinderten- Wohneinrichtungen ihre Arbeitssituation tatsächlich subjektiv als besser als ihre Kolleg/-innen in staatlichen und in privaten Behinderten-Wohneinrichtungen. Gründe hierfür könnten u.a. in der Struktur der Einrichtungen und in den Arbeitsbedingungen liegen. Die Befragten aus kirchlichen Einrichtungen arbeiteten häufiger in Außenwohngruppen und in der ambulanten Betreuung. Betreut wurden überwiegend Menschen mit geistiger Behinderung und weniger Menschen mit psychischen Einschränkungen und mit schwerer Mehrfachbehinderung. Die Beschäftigten arbeiteten weniger häufig im Schichtdienst und empfanden die ähnlich häufig wie in anderen Einrichtungen anfallenden Überstunden weniger häufig als belastend. Ob die Arbeitssituation in den kirchlichen Einrichtungen auch objektiv gesehen besser ist, kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht gesagt werden. Welche Rolle der caritative Auftrag, das christliche Menschenbild und die vom Arbeitgeber erwartete christliche Einstellung bei der Beurteilung der Arbeitssituation durch die Betreuer in kirchlichen Einrichtungen haben, wurde hier nicht untersucht.
23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier, MPH Steinbeis-Hochschule Berlin (SHB) Villingen Institute of Public Health (VIPH) Klosterring VS-Villingen Tel: 07721/ Fax: 07721/
24 Unsere Veröffentlichungen zum Thema Habermann-Horstmeier L, Bührer S. Arbeiten in Wohneinrichtungen für behinderte Menschen in Deutschland. Eine Studie zur Arbeitssituation von Betreuungskräften aus Sicht der Wohneinrichtungen. Villingen-Schwenningen: VIPH / Petaurus Verlag, 2014; ISBN Habermann-Horstmeier L, Bührer S. What measures do residential facilities for disabled persons take to promote health in the workplace among their care workers? Findings of a study in South Baden. ASU International Edition (occupational, social & environmental medicine); ; Habermann-Horstmeier L, Bührer S. Welche Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung bieten Behinderten-Wohneinrichtungen ihrem Betreuungspersonal an? Ergebnisse einer Untersuchung in Südbaden. ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin), 2015; 50 : ; /Welche-Massnahmen-der-Betrieblichen-Gesundheits-foerderung-bieten-Behinderten-Wohneinrichtungenihrem-Betreuungspersonal-an,QUlEPTY0OTYyOCZNSUQ9MTEwNTc2.html Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Auswirkungen der Arbeitssituation von Betreuungskräften in Behinderten- Wohneinrichtungen auf ihre Gesundheit. Das Gesundheitswesen 2015; 77(8/9): A315; DOI: /s ; Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Krank zur Arbeit - Gesundheitssituation von Betreuern in Behinderteneinrichtungen; HeilberufeSCIENCE; 2016, 7(1):, 25-39; DOI: /s ; DOI: /s Habermann-Horstmeier L, Limbeck K. Arbeitsklima in Behinderten-Wohneinrichtungen in Deutschland. ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin) ; ASU (Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin), 2016; 51(1) ; _NjkxMDkz.PDF?UID=C5EF2C16EC524E8D50F86A0811E3E4F11E2F EB095 Habermann-Horstmeier L., Limbeck K. Working atmosphere in residential facilities for disabled persons in Germany. ASU International Edition (Occupational, social & environmental medicine) ; DOI: /ASUI ;
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