Logik für Informatiker
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- Waltraud Schreiber
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1 Logik für Informatiker Wintersemester 2007/08 Thomas Schwentick Teil A: Aussagenlogik 3. Erfüllbarkeit Version von: 23. Januar 2008(16:11)
2 Inhalt 3.1 Grundbegriffe 3.2 Aussagenlogische Resolution 3.3 Endlichkeitssatz 3.4 Hornformeln Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 1
3 Warum Erfüllbarkeit? Probleme aus vielen Bereichen lassen sich als Erfüllbarkeitsprobleme für aussagenlogische Formeln formulieren: Beispiele: Logeleien (Joschka!) Spiele (Minesweeper!) (Bounded) Model Checking Kombinatorik Graphentheorie (gleich ein Beispiel) Kryptographie Automatisches Planen... Aber auch andere logische Fragestellungen lassen sich als Erfüllbarkeitsprobleme ausdrücken: Sei F eine Menge von AL-Formeln und F eine AL-Formel F = F def jede zu F {F} passende Belegung, die Modell von F ist, ist auch Modell von F (Anders gesagt: F folgt aus F) Es gilt: F = F F { F} unerfüllbar Tautologien lassen sich auch durch Erfüllbarkeitstests finden, denn: F ist eine Tautologie F nicht erfüllbar Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 2
4 Ein Beispiel aus der Graphentheorie: Graphfärbung Landkartenfärbung: Lassen sich die Länder einer gegebenen Landkarte mit einer gegebenen Anzahl von Farben so färben, dass benachbarte Länder verschiedene Farben haben? Beispiel: lässt sich die Karte der deutschen Bundesländer in dieser Art mit 3 Farben färben? Nein! Aber mit vier Farben geht es immer (ohne Enklaven): Vierfarbensatz Das Problem der Landkartenfärbung lässt sich auf das allgemeinere Problem, die Knoten eines Graphen zu färben, zurückführen Definition: COL Gegeben: Ungerichteter Graph G, Zahl k Frage: Lassen sich die Knoten von G mit k Farben zulässig färben, das heißt, so dass benachbarte Knoten verschiedene Farben haben? Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 3
5 3-Färbbarkeit als AL-Erfüllbarkeitsproblem Sei G = (V, E) ein Graph (V : Knoten, E: Kanten) Wir konstruieren eine Formel F G mit der Eigenschaft F G erfüllbar G 3-färbbar ( ) Variablen für F G : A vj mit v V und j {1, 2, 3} Idee: die Farben heißen 1, 2, 3 und A vj = 1 Knoten v hat Farbe j Wir verwenden folgende Teilformeln: F v = def A v1 A v2 A v3 (v hat (mindestens) eine Farbe) F uv = def ( A u1 A v1 ) ( A u2 A v2 ) ( A u3 A v3 ) (u und v haben verschiedene Farben) Sei schließlich F G = def F v v V (u,v) E F uv Es gelten: Aus jeder 3-Färbung von G kann eine erfüllende Belegung von F G konstruiert werden Aus jeder erfüllenden Belegung von F G kann eine 3-Färbung von G konstruiert werden Also: wenn sich die Erfüllbarkeit von AL-Formeln effizient testen lässt, so auch die 3-Färbbarkeit von Graphen Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 4
6 Ein simpler Erfüllbarkeitstest: Wahrheitstabelle Eine einfache Methode zum Testen der Erfüllbarkeit einer Formel F : Berechne die Wahrheitstabelle von F Genau dann, wenn es eine Zeile mit einer 1 in der F -Spalte gibt, ist F erfüllbar Das ist ein semantischer Erfüllbarkeitstest Denn: alle möglichen Modelle werden ausprobiert Der Test beruht also darauf, die Semantik von F vollständig zu bestimmen Problem: Wahrheitstabellen werden sehr schnell sehr groß Genauer: Bei n Variablen hat die Wahrheitstabelle 2 n Einträge Wir betrachten deshalb jetzt eine Methode, die Erfüllbarkeit durch syntaktische Operationen testet: den Resolutionskalkül Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 5
7 Inhalt 3.1 Grundbegriffe 3.2 Aussagenlogische Resolution 3.3 Endlichkeitssatz 3.4 Hornformeln Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 6
8 Disjunktive Klauseln Wir werden die (disjunktiven) Klauseln von KNF-Formeln auf verschiedene Weisen repräsentieren Klar: es kommt nicht darauf an, ob ein bestimmtes Literal einmal oder mehrfach in einer Klausel vorkommt: Beispiel: (A 1 A 2 A 1 ) (A 1 A 2 ) Wir repräsentieren eine disjunktive Klausel deshalb oft nur durch die Menge ihrer Literale: Statt (A 1 A 2 A 1 A 3 ) schreiben wir dann beispielsweise {A 1, A 2, A 3 } Die leere Klausel {} enspricht dann der Formel 0 Andererseits lassen sich Klauseln auch als Implikationen schreiben: (A 1 A 2 A 4 A 3 ) ist beispielsweise äquivalent zu: (A 2 A 3 ) (A 1 A 4 ) Aber auch zu: (A 2 A 1 ) ( A 3 A 4 ) Allgemein: Sei K = {L 1,..., L k } eine Klausel mit Literalen L i Für jede Teilmenge I {1,..., k} ist dann K äquivalent zu L i L i i I i I Insbesondere ist { A 1,..., A k, A k+1,... A n } äquivalent zu (A 1 A k ) (A k+1 A n ) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 7
9 Resolventen Wir hatten in der Einleitung schon gesehen, dass wir aus den AL-Formeln A B und A die Formel B folgern können Denn: falls für eine Belegung α gilt α = A B und α = A, so gilt zwangsläufig auch α = B Ähnlich gilt: falls für eine Belegung α gilt α = (A 1 A k ) B und α = B (C 1 C l ), so gilt zwangsläufig auch α = (A 1 A k ) (C 1 C l ) Allgemein gilt: falls für eine Belegung α gilt α = (L 1 L k ) (X L k+1 L l ) und α = (L 1 L m X) (L m+1 L n ), so gilt zwangsläufig auch α = (L 1 L k L 1 L m ) (L k+1 L l L m+1 L n ) Oder in Mengenschreibweise: falls α die Klauselmengen {L 1..., L l, X} und {L 1..., L n, X} wahr macht, so auch die Resolvente {L 1..., L l, L 1..., L n } Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 8
10 Die zuletzt betrachtete Folgerung schreiben wir wie folgt: {L 1..., L k, X} {L 1..., L l, X} Z.B.: {L 1..., L k, L 1..., L l } {A, B, C} {A, B, C} Spezialfall: {X} {A, C, C} { X} Allgemein nennen wir K 1 K m eine Schlussregel K Eine solche Schlussregel heißt korrekt, falls jede Belegung, die die Klauseln K 1,..., K m wahr macht, auch K wahr macht Jetzt werden wir die Korrektheit der obigen Schlussregel beweisen Das Resolutionslemma Lemma 3.1 [Resolutionslemma] Die Schlussregel {L 1..., L l, X} {L 1..., L n, X} {L 1..., L l, L 1..., L n } ist korrekt (auch für l = 0 oder n = 0) Beweis Seien L 1,..., L l, L 1,..., L n Literale und X AV Sei α eine Belegung, die {L 1..., L l, X} und {L 1..., L n, X} wahr macht Sei K = def {L 1..., L l, L 1..., L n } Wir unterscheiden zwei Fälle: 1. Fall: α(x) = 1 Dann gilt α = {L 1 L n } Also auch: α = K 2. Fall: α(x) = 0 Dann gilt α = {L 1 L l } Also auch: α = K Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 9
11 Eine nicht korrekte Schlussregel Die Schlussregel {L 1..., L l, X, Y } {L 1..., L n, X, Y } {L 1..., L l, L 1..., L n } ist nicht korrekt Denn: wir betrachten die Klauseln K 1 = {A, B, C}, K 2 = {A, B, C} und die Belegung α : A 0, B 1, C 0, A 0, Klar: α = K 1 und α = K 2 Aber: α = {A, A } Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 10
12 Die Herleitung einer Resolventen K aus zwei Klauseln K 1, K 2 nennen wir einen Resolutionsschritt Ein Resolutionsschritt lässt sich als kleiner Baum visualisieren: {A, B} Ein Resolutionsbeweis {B, C} Beispiel: Ausgehend von den Klauseln {A, B, C}, { A, B, C}, {B, C}, { B} lässt sich folgender Baum gewinnen: {A, B, C} { A, B, C} {B, C} {B, C} {A, C} Entsprechend lassen sich mehrere Resolutionsschritte als etwas größerer Baum darstellen { B} {B} Insgesamt erhalten wir hier die leere Klausel als Resolvente Was folgt daraus? Da jede Belegung, die zwei Klauseln wahr macht, auch ihre Resolvente wahr macht, und nicht erfüllbar ist, folgt: die vier Klauseln sind nicht (zusammen) erfüllbar Mit Resolution lässt sich Unerfüllbarkeit von Klauselmengen feststellen! Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 11
13 Der Resolutionssatz der Aussagenlogik Also: wenn aus einer Klauselmenge K die leere Klausel durch Anwendung von Resolutionsschritten erreicht wird, so ist K unerfüllbar Und umgekehrt? Wir zeigen jetzt: die Umkehrung gilt auch Zur Vorbereitung definieren wir zunächst die Menge aller Klauseln, die sich aus K durch Anwendung von Resolutionsschritten erreichen lassen Dazu definieren wir: Res(K) = def K {K K ist Resolvente zweier Klauseln aus K} Res 0 (K) = def K Res k (K) = def Res(Res k 1 (K)) für alle k 1 Res (K) = def k 0 Res k (K) Satz 3.2 [Resolutionssatz] Eine endliche Klauselmenge K ist genau dann unerfüllbar, wenn Res (K) Beweis Sei zunächst Res (K) Res n (K) für ein n Res n (K) ist unerfüllbar, da unerfüllbar ist Aus dem Resolutionslemma folgt leicht: K erfüllbar Res(K ) erfüllbar (für jede Klauselmenge K ) Induktion liefert: K unerfüllbar Es bleibt zu zeigen: K ist unerfüllbar Res (K) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 12
14 Der Resolutionssatz der Aussagenlogik (Forts.) Beweis des Resolutionssatzes (Forts.) Sei K unerfüllbar mit Variablen {A 1,..., A n } Wir zeigen Res (K) durch Induktion nach n n = 0: Dann enthält K die leere Klausel n 1 n: Sei K 1 die Klauselmenge, die aus K entsteht, indem Klauseln, in denen A n (positiv) vorkommt, gestrichen werden und A n aus allen Klauseln entfernt wird Behauptung: K 1 ist unerfüllbar Denn: aus einer erfüllenden Belegung α für K 1 könnte durch α(a n ) = def 1 eine erfüllende Belegung für K gewonnen werden Nach Induktion gilt also: Res (K 1 ) Beweis des Resolutionssatzes (Forts.) Also: Res k (K 1 ) für ein k 0 Für jede Klausel K aus K 1 gilt aber: K oder K { A n } kommt in K vor es lässt sich deshalb zeigen: Res k (K) oder { A n } Res k (K) Analog: die Klauselmenge K 2, die aus K entsteht indem Klauseln, in denen A n vorkommt, gestrichen werden und A n aus allen Klauseln entfernt wird, ist unerfüllbar Und: Res k (K) oder {A n } Res k (K) für ein k OBdA: k k Also: Res k (K) oder {A n }, { A n } Res k (K) in jedem Fall: Res k+1 (K) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 13
15 Resolutionssatz: Illustration des Beweises Beispiel K = {{A, B, C}, { A, B, C}, {B, C}, { B}} K 1 = {{B}, { B}} K 2 = {{A, B}, { A, B}, { B}} Ein Resolutionsbaum für K 1 : { B} {B, C } { C} Ein Resolutionsbaum für K 2 : {A, B, C } { A, B, C } { B} {B, C } {C} Also: hier sind {C}, { C} Res 2 (K) und deshalb auch Res 3 (K) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 14
16 Ein Erfüllbarkeitstest für AL-Formeln Aus dem Resolutionssatz können wir sofort folgenden Algorithmus zum Testen der Erfüllbarkeit einer AL-Formel gewinnen Algorithmus 3.3 Algorithmus AL-SAT-Tester Eingabe: AL-Formel F in KNF Ausgabe: ja, falls F erfüllbar ist, sonst nein 1: K := Klauseln von F 2: repeat 3: K := K 4: K := Res(K) 5: until K = K oder K 6: if K then 7: Ausgabe nein 8: else 9: Ausgabe ja Die Korrektheit dieses Algorithmus folgt aus dem Resolutionssatz Der Algorithmus terminiert immer, da die Menge K nicht unbegrenzt wachsen kann: K kann höchstens so viele Klauseln enthalten, wie sich aus den n Variablen von F bilden lassen: 4 n Wie aufwändig ist dieser Algorithmus? Obere Schranke, wie gesagt: nach maximal 4 n Schleifendurchläufen endet der Algorithmus Untere Schranke: es gibt (Familien von) Formeln, für die exponentiell viele Schleifendurchläufe nötig sind Satz 3.4 [Haken 85] Es gibt ein c > 0 und eine Folge F 1, F 2,... unerfüllbarer AL-Formeln mit F n hat n 3 Variablen Algorithmus 3.3 benötigt bei Eingabe F n mindestens e cn Schleifendurchläufe Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 15
17 Beispiel-Berechnung zu Algorithmus 3.3 Beispiel Eingabe: F = (A B C) B (B A C) (B C) K = {{A, B, C}, { A, B, C}, {B, C}, { B}} Res 1 (K) = K {{B, C}, { C}, {A, C}, { A, C}, {A, B}, { A, B}} Res 2 (K) = Res 1 (K) {{A}, { A}, {B}, {C}} Res 3 (K) = Res 2 (K) { } Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 16
18 Resolution: ein zweites Beispiel Beispiel Wir betrachten wieder das 8 8-Minesweeper-Spiel Angenommen, in den ersten 3 Runden haben wir die Felder (4, 4), (4, 6), (4, 7) angeklickt mit folgendem Ergebnis: Zu den Formeln aus der Menge F können wir also A 2 (4,4), A 3 (4,6) und A1 (4,7) hinzu nehmen Wir werden sehen, dass aus F und diesen drei Formeln die Formel A (3,4) durch einen Resolutionsbeweis hergeleitet werden kann Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 17
19 Resolution: ein zweites Beispiel (Forts.) Beispiel (Forts.) F besteht aus (für jedes Feld q): (1) F 1 q = 8 k=0 Ak q (2) Für alle 0 k < l 8: F 2 q,k,l = (Ak q Al q ) (3) Für jede Menge N (Nachbarfelder): F 3 q,n = q N A q (4) Für jedes k {1,..., 8}: Fq,k 4 = Ak q N N(q,k) q N A q 8 k= N A k q (N(q, k): k-elementige Nachbarmengen) F = deff {A 2 (4,4), A 3 (4,6), A1 (4,7) } Ziel: F {A (3,4) } unerfüllbar Spielsituation: Beispiel (Forts.) A A A A 2 3 A A A A Wir werden vor allem über die Nachbarfelder von Feld (4, 6) argumentieren, Abkürzungen: A = A (5,6), A = A (5,7), A = A (4,5) usw. Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 18
20 Resolution: ein zweites Beispiel (Forts.) Beispiel (Forts.) Formel (4) für q = (4, 7) und k = 1 ist: A 1 q q N(q) A q (wobei N(q) die Menge der Nachbarn von q ist) Also: A 1 q q N(q) A q Ein Resolutionsschritt mit A 1 q q N(q) A q ergibt dann: Resolution von A 1 q Ak q (aus (2)) mit A 1 q ergibt: Ak q (für jedes k 2) Resolution mit (3) für q = (4, 7) und 2-elementige Mengen N ergibt für je zwei Nachbarfelder q q von (4, 7): A q A q Beispiel (Forts.) Die KNF für Formel (4) für q = (4, 6) und k = 3 ist 6 ( A 3 q A q i ) q 1,...,q 6 i=1 wobei die Konjunktion über alle Folgen q 1,..., q 6 mit sechs Nachbarfeldern von (4, 6) gebildet wird Resolution mit A 3 (4,6) 6 i=1 A q i liefert jeweils Analog liefert Resolution von (3) mit A k (4,6) 4 i=1, für alle k > 3, die Formeln A q i für alle Folgen von vier Nachbarfeldern von (4, 6) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 19
21 Resolution: ein zweites Beispiel (Forts.) Beispiel (Forts.) Nun können wir beispielsweise A A A A A A A resolvieren mit A (Nachbarfelder von (4, 7)) Es ergibt sich A A A A A A Resolution mit A A A A A A liefert A A A A A Durch analoges Vorgehen ergeben sich schließlich: A A A A A A Intuitiv: zwei der drei Felder (3, 5), (4, 5), (5, 5) enthalten eine Mine Beispiel (Forts.) Nochmalige Resolution von (3) für q = (4, 4) mit A k (4,4), für alle k > 2, 3 ergibt i=1 A q i für alle Folgen von drei Nachbarfeldern von (4, 4) Insbesondere: A (3,4) A A A (3,4) A A A (3,4) A A Wiederholte Resolution mit den obigen Formeln ergibt schließlich A (3,4) Ein letzter Schritt mit A (3,4) liefert dann schließlich, wie gewünscht, die Formel 0 Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 20
22 Inhalt 3.1 Grundbegriffe 3.2 Aussagenlogische Resolution 3.3 Endlichkeitssatz 3.4 Hornformeln Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 21
23 Erfüllbarkeit für Mengen von AL-Formeln Bevor wir uns mit der Frage der Effizienz von Erfüllbarkeitstests beschäftigen, betrachten wir eine Verallgemeinerung von Satz 3.2 Satz 3.2 liefert uns eine Methode (Alg. 3.3) zur Entscheidung der Erfüllbarkeit einer einzelnen Formel Wie steht es um die Erfüllbarkeit von Mengen F von Formeln? Falls F endlich ist: F erfüllbar F erfüllbar F F Der Fall endlich vieler Formeln lässt sich auf den Fall einer einzelnen Formel zurückführen Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 22
24 Endlichkeitssatz der Aussagenlogik Satz 3.5 [Endlichkeitssatz] Eine unendliche Menge F von AL-Formeln ist genau dann erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge von F erfüllbar ist Beweis Die genau -Richtung ist trivial Sei also F eine unendliche Menge von Formeln, für die jede endliche Teilmenge erfüllbar ist zu zeigen: F ist erfüllbar OBdA: F verwendet nur Variablen der Art A n mit n N Für jedes n 1 sei F n die Teilmenge aller Formeln aus F, die nur Variablen aus {A 1,..., A n } verwenden Beobachtung: in F n kommen nur endlich viele nicht äquivalente Formeln vor (Höchstens so viele, wie es Wahrheitstabellen über {A 1,..., A n } gibt) Beweis (Forts.) Sei also, für jedes n N, F n eine endliche Teilmenge von F n, die zu jeder Formel aus F n eine äquivalente Formel enthält Unser Plan: (1) Wir wählen für jedes F n eine erfüllende Belegung α n (2) Wir konstruieren daraus induktiv eine Belegung α aller Variablen A n (3) Wir zeigen α = F Schritt (1) ist möglich aufgrund der Voraussetzung, dass jedes endliche Teilmenge von F eine erfüllende Belegung hat Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 23
25 Endlichkeitssatz der Aussagenlogik (Forts.) Beweis (Forts.) Schritt (2): wir konstruieren aus den α n induktiv eine Belegung α: Definition von α(a 1 ): Falls für unendlich viele i gilt α i (A 1 ) = 1, so sei α(a 1 ) = def 1 Andernfalls: α(a 1 ) = def 0 (und es gilt für unendlich viele i mit α i (A 1 ) = 0) Außerdem sei I 1 = def {i N α(a 1 ) = α i (A 1 )} Definition von α(a n ) für n > 1: Falls für unendlich viele i I n 1 gilt α i (A n ) = 1, so sei α(a n ) = def 1 Andernfalls: α(a n ) = def 0 (und wieder gilt für unendlich viele i: α(a n ) = α i (A n )) I n = def {i I n 1 α(a n ) = α i (A n )} Beweis (Forts.) Bleibt Schritt (3): α = F Sei dazu F F beliebig Zu F gibt es eine äquivalente Formel in einer der Mengen F n α i = F, für alle i n I n enthält unendlich viele i, für die α i mit α auf A 1,..., A n übereinstimmt und die α i = F erfüllen Also gibt es ein i n mit α(a j ) = α i (A j ), für alle j n α = F α = F Satz 3.5 wird oft auch Kompaktheitssatz genannt Wir betrachten nun ein Beispiel für die Konstruktion von α Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 24
26 Beispiel für Endlichkeitssatz Seien F 1 = def A 1 F 2 = def A 1 A 2 Beispiel F n = def (A n 1 A n ) n 2 i=1 und F = def {F 1, F 2, F 3,...} Sei α 1 (A 1 ) = 1 und für jedes n 2 sei α n definiert durch: α n (A i ) = def { 1, falls i < n 0, falls i = n A i Klar: α n = F n, für jedes n 1 α(a 1 ) = 1, da α i (A 1 ) = 1, für alle i 1 I 1 = {1, 2, 3,...} α 2 (A 2 ) = 0, aber α i (A 2 ) = 1, für alle i 3 α(a 2 ) = 1, I 2 = {3, 4,...}, usw. α(a n ) = 1, für alle n N Und: α = F n, für alle n N Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 25
27 Eine Anwendung des Endlichkeitssatzes Satz 3.6 [Königs Lemma] Sei T ein Baum mit Wurzel w Jeder Knoten in T habe endlich viele Kinder und für jedes n 0 gebe es mindestens einen Knoten mit Abstand n von der Wurzel Dann gibt es in T einen unendlich langen Weg Beweisskizze V = def Menge der Knoten von T Für jedes k 0 sei S k die Menge der Knoten mit Abstand k zur Wurzel Für jedes v V sei A v eine AL-Variable F sei die Vereinigung der folgenden Mengen: { (A u A v ) u, v S k, u v} {A u A v u Kind von v} { v S k A v k 0} Beweisskizze (Forts.) Es gilt: α = F genau dann, wenn die Menge {v α(a v ) = 1} einen unendlichen Weg in T induziert Unser Ziel also: Zeige, dass F erfüllbar ist Dazu zeigen wir: jede endliche Teilmenge von F ist erfüllbar: Sei F F endlich Sei m so gewählt, dass für alle (endlich vielen!) Variablen A v, die in F m vorkommen, gilt: v k=1 S k Wähle beliebigen Knoten v 0 S m α(a v ) = def { 1 falls v auf Weg von v0 zu w 0 sonst α = F F erfüllbar F erfüllbar (Satz 3.5) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 26
28 Der Vollständigkeitssatz der Aussagenlogik Sei F eine AL-Formel und F eine Menge von AL-Formeln Wir schreiben F F, falls gilt: (1) es gibt eine endliche Teilmenge F 1 F, (2) es gibt eine Klauselmenge K, die der KNF von F F F 1 F entspricht, und (3) Res (K) Informell: wir schreiben F F, falls es einen Resolutionsbeweis für die Unerfüllbarkeit von F { F} gibt Satz 3.7 [Vollständigkeitssatz] Sei F eine AL-Formel und F eine Menge von AL-Formeln Beweis Es gelte F = F F { F} unerfüllbar (Def.) es gibt eine unerfüllbare endliche Teilmenge F von F { F} (Satz 3.5) Sei K eine Klauselmenge zu F { F} und K K eine entsprechende Klauselmenge zu F Res (K ) (Satz 3.2) F F (Def.) Gelte umgekehrt F F Seien F 1, K wie in der Def. von F F F 1 { F} ist unerfüllbar F { F} ist unerfüllbar F = F (Def.) Bemerkung: Satz 3.7 hängt im Prinzip von Dann gilt: F = F F F der Wahl des Beweiskalküls ab Er gilt aber auch für andere Kalküle Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 27
29 Ein Zwischenfazit Wir haben jetzt einen Algorithmus für das Erfüllbarkeitsproblem für AL-Formeln, der weniger naiv vorgeht als die Wahrheitstabellen-Methode Aber wesentlich effizienter ist er nicht Wir wissen sogar: dieser Algorithmus hat im schlimmsten Fall exponentielle Laufzeit (Satz von Haken) Die Frage, ob es für dieses Problem einen Algorithmus mit polynomieller Laufzeit gibt, ist äquivalent zum berühmtesten offenen Problem der (Theoretischen) Informatik: dem P-NP-Problem Näheres dazu erfahren Sie in der GTI-Vorlesung Hier nur soviel: Das Erfüllbarkeitsproblem für AL-Formeln ist NP-vollständig Wenn es einen polynomiellen Algorithmus hat, ist P = NP Wenn es keinen polynomiellen Algorithmus hat, ist P NP Nichtsdestotrotz: Die Fähigkeit, in der Praxis SAT-Probleme zu lösen (Stichwort: SAT-Solving). hat sich in den vergangenen Jahren gewaltig verbessert Mittlerweile werden SAT-Solver als Hilfsmittel vielen Anwendungsbereichen verwendet, z.b. im (Bounded) Model Checking Wir werden jedoch nun eine eingeschränkte Klasse von AL-Formeln betrachten, für die sich das Erfüllbarkeitsproblem effizient lösen lässt: Horn-Formeln Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 28
30 Inhalt 3.1 Grundbegriffe 3.2 Aussagenlogische Resolution 3.3 Endlichkeitssatz 3.4 Hornformeln Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 29
31 Vorüberlegungen Das Erfüllbarkeitsproblem für AL-Formeln ist schon NP-vollständig, wenn man sich auf Formeln in KNF einschränkt, die in jeder Klausel genau drei Literale haben: das ist das 3-SAT-Problem Nebenbei: wie ist es mit Formeln in DNF? Wir haben schon gesehen: Jede Klausel ( A 1... A k A k+1... A n ) ist äquivalent zu einer Implikation (A 1 A k ) (A k+1 A n ) Für Klauseln mit drei Literalen gibt es also im Wesentlichen die Möglichkeiten: (1) 1 (A 1 A 2 A 3 ) (2) A 1 (A 2 A 3 ) (3) (A 1 A 2 ) A 3 (4) (A 1 A 2 A 3 ) 0 Intuitive Überlegung: Klauseln der Formen (1) und (2) sind problematisch, da sie eine Wahlmöglichkeit für die Variablen auf der rechten Seite haben Klauseln der Formen (3) (und (4)) sind leichter zu handhaben, da die linke Seite die rechte Seite eindeutig festlegt Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 30
32 Hornklauseln und Hornformeln Jetzt betrachten wir Formeln, die nur Klauseln vom Typ (3) oder (4) haben Etwas allgemeiner: eine Klausel (L 1 L k ) heißt Horn-Klausel, falls sie höchstens ein positives Literal L i hat Eine Formel in KNF heißt Horn-Formel, falls alle ihre Klauseln Horn-Klauseln sind (Nebenbei: Alfred Horn lebte von 1918 bis 2001 und definierte 1951 die nach ihm benannten Formeln) Beispiel (A 1 A 2 A 3 ) ( A 1 A 3 A 4 ) (A 1 A 2 A 3 ) ( A 1 A 3 A 4 ) Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 31
33 Horn-Formeln, Resolution und der Markierungsalgorithmus Was passiert, wenn wir die Resolvente aus zwei Horn-Klauseln bilden? Aus { A 1, A 2, A 3, A 4 } und { A 4, A 5, A 6 } ergibt sich beispielsweise: { A 1, A 2, A 3, A 5, A 6 } Anders gesagt: Aus (A 1 A 2 A 3 ) A 4 und (A 4 A 5 ) A 6 ergibt sich (A 1 A 2 A 3 A 5 ) A 6 Intuitiv lässt sich das wie folgt interpretieren: Wenn A 1, A 2, A 3 wahr sind, dann muss auch A 4 wahr sein und deshalb wird aus der zweiten Klausel die Folgerung A 5 A 6 Der folgende Markierungsalgorithmus zieht genau solche Schlüsse Algorithmus 3.8 Algorithmus Horn-SAT-Tester Eingabe: Horn-Formel F Ausgabe: ja, falls F erfüllbar ist, sonst nein 1: Markiere alle Variablen A i, für die es eine Klausel A i in F gibt 2: while es gibt Klauseln der Art (X 1 X k ) X in F, für die (a) X 1,..., X k markiert sind und (b) X noch nicht markiert ist, do 3: Wähle eine solche Klausel und markiere X 4: if es gibt eine Klausel der Art (X 1 X k ) 0 in F, für die X 1,..., X k markiert sind then 5: Ausgabe unerfüllbar 6: else 7: Ausgabe erfüllbar Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 32
34 Markierungsalgorithmus: Beispiel Beispiel Formel F : ( A 2 A 4 ) ( A 2 A 3 A 4 A 1 ) ( A 5 A 4 ) A 2 ( A 4 A 2 A 5 ) In Implikationsform übersetzt: (A 2 A 4 ) ((A 2 A 3 A 1 ) A 4 ) ((A 5 A 4 ) 0) A 2 ((A 4 A 2 ) A 5 ) Markierte Variablen: A 2 A 4 A 5 F ist unerfüllbar Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 33
35 Korrektheit des Markierungsalgorithmus Satz 3.9 Algorithmus 3.8 löst das Erfüllbarkeitsproblem für Horn-Formeln F (bei geeigneter Implementierung) in Laufzeit O( F ) Beweisskizze Sei F eine Formel mit n Variablen Zunächst ist klar, dass der Algorithmus nach höchstens n Durchläufen der WHILE-Schleife terminiert Denn: in jedem Durchlauf wird eine Variable markiert (Die O( F )-Laufzeit zeigen wir hier nicht) Für die Korrektheit zeigen wir: F erfüllbar Alg. 3.8 hat die Ausgabe erfüllbar Beweisskizze (Forts.) Habe der Alg. die Ausgabe erfüllbar Sei α definiert { durch: 1 falls X markiert ist α(x) = def 0 andernfalls Sei nun C eine Klausel von F 1. Fall: C ist vom Typ (X 1 X k ) X Falls α(x) = 1 ist auch α(c) = 1 Falls α(x) = 0 ist α(x 1 X k ) = 0, da sonst der Algorithmus X markiert hätte Also gilt auch dann: α(c) = 1 2. Fall: C ist vom Typ (X 1 X k ) 0 Dann ist analog α(x 1 X k ) = 0, da sonst der Algorithmus unerfüllbar ausgegeben hätte Also gilt wieder: α(c) = 1 Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 34
36 Korrektheit des Markierungsalgorithmus (Forts.) Beweisskizze (Forts.) Sei nun F erfüllbar Wir wollen zeigen: der Algorithmus gibt erfüllbar aus Sei α eine erfüllende Belegung für F Wir zeigen durch Induktion nach i: ( ) Nach i WHILE-Durchläufen sind nur Variablen X mit α(x) = 1 markiert Für i = 0 ist das offensichtlich, da alle Formeln der Art A i erfüllt werden müssen Von i zu i + 1 ( ) gelte für i für alle Klauseln (X 1 X k ) X, für die X 1,..., X k markiert sind, gilt α(x 1 X k ) = 1 α(x) = 1 Induktionsbehauptung Sei nun C eine Klausel von F der Form (X 1 X k ) 0 α(x 1 X k ) = 0 nicht alle X i sind markiert Der Algorithmus gibt erfüllbar aus Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 35
37 Zusammenfassung Fundamentale Bedeutung des Erfüllbarkeitsproblems für aussagenlogische Formeln Resolventen und Resolutionsbeweise und ein darauf basierender Algorithmus für den Erfüllbarkeitstest Wichtige Ergebnisse: Resolutionssatz Endlichkeitssatz (mit Anwendung) Vollständigkeitssatz der Aussagenlogik (aus den beiden anderen folgend) Ausführliches Beispiel: Minesweeper Für das allgemeine Erfüllbarkeitsproblem ist kein effizienter Algorithmus bekannt Für Hornformeln lässt sich das Erfüllbarkeitsproblem mit Hilfe des Markierungsalgorithmus effizient lösen Logik für Inf. / Schwentick / WiSe 07/08 A: Aussagenlogik - 3. Erfüllbarkeit Folie 36
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