Fließgewässer - Hydromechanik und Wasserbau

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1 Fakultät für Bauingenieur- und Vermessungswesen Fließgewässer - Hydromechanik und Wasserbau Version 3.0 Prof. Dr.-Ing. habil. Dipl.-Phys. Andreas Malcherek Institut für Wasserwesen Werner-Heisenberg-Weg Neubiberg Tel.: 089 / andreas.malcherek@unibw-muenchen.de

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3 Inhaltsverzeichnis 1 Die Hydraulik der Gerinne Die Grundgleichungen Der hydraulische Durchmesser Fließformeln Geschwemmselbeseitigung durch Rechenanlagen Strömen und Schießen Fließwechsel Kontrollbauwerke Unterströmte Bauwerke Überströmte Bauwerke Zusammenfassung Der gleichförmige Abfluss Die Bewegungsgleichungen inkompressibler Fluide Das Gefälle des Flusses Die Druckverteilung bei gleichförmigem Abfluss Die Schleppspannung Hydraulische Herleitung Hydrodynamische Herleitung Das Profil der Scherspannung Der Zusammenhang zwischen Verlusthöhe und Schleppspannung Newtonsche Fluide Der turbulent-gleichförmige Abfluss Die Druckverteilung in der turbulenten Strömung Das Wirbelviskositätsprinzip Das vertikale Geschwindigkeitsprofil der turbulenten Strömung Das Mischungswegmodell Zusammenfassung Übungen I

4 Seite II INHALTSVERZEICHNIS 3 Die Sohltopographie des Fließgewässers Die Darstellung der Sohltopographie Differentialgeometrie der Flächen Die kinematische Randbedingung an der Sohle Die Integraltransformationsformel Die Neigung der Sohle Energieflüsse an der Sohle Zusammenfassung Die Sohlschubspannung Die Definition der Sohlschubspannung Die Sohlschubspannung mit reynoldsgemittelten Größen Das Taylorgesetz für die Sohlschubspannung Das Gesetz von Nikuradse Weitere AnsätzemittiefengemitteltenGeschwindigkeiten Das Stricklergesetz Das Chezy-Gesetz Die Sohlrauheit Die Kornrauheit Die morphologisch wirksame Sohlschubspannung Die effektive Sohlrauheit Die Formrauheit von Riffeln und Dünen Zur Messung der Sohlschubspannung Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe Rechteckförmige, breite Kanäle Kanäle mit geböschten Ufern (Trapezkanäle) Ausblick: Aspekte der Flußmorphologie Zusammenfassung und Empfehlungen Übungen Die Gestaltung des Ufers Die Breite eines Fließgewässers Die Strömungsbelastung auf Böschungen Faschinen Ufervegetationszonen Bemessung und Gestaltung von Uferböschungen Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Differentialgeometrie der Uferwand Randbedingungen an Uferwänden im Dreidimensionalen Uferwände in tiefenintegriertem Modellen

5 INHALTSVERZEICHNIS Seite III Uferwände in eindimensionalen Modellen Einschränkungsbauwerke Buhnen Leitdämme Zusammenfassung Freie Oberflächen Die Bewegung der freien Oberfläche Der Impulsaustausch an der freien Oberfläche Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Die Oberflächenspannung Die Krümmung von Flächen Der Krümmungsdruck Dynamische Randbedingungen DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche Zusammenfassung Die tiefenintegrierte Strömung Die Wassertiefe Die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung Die tiefengemittelte Divergenz Die tiefengemittelten Impulsgleichungen Die Mittlung der advektiven Terme Die hydrostatische Druckapproximation Eine Transportgleichung fürdievertikalegeschwindigkeit Dimensionsanalyse Die Impulsgleichung der tiefenintegrierten Strömung Warnung vor unzulässigenvereinfachungen Impulsdispersion Impulsbeiwerte Dispersion des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils Gibt es ein Prinzip der turbulenten Dispersion? Tiefenintegrierte Transportgleichungen Zusammenfassung Tiefengemittelte Turbulenzmodellierung Die Energetik der tiefenintegrierten Strömung Die tiefengemittelte Turbulenzproduktion Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Der Prandtlsche Mischungswegansatz

6 Seite IV INHALTSVERZEICHNIS Der Ansatz von Elder Energiedissipation in schmalen Fließgewässern Kombinierte Ansätze Das tiefenintegrierte k-ɛ-modell Der Smagorinskyansatz Die Energiedissipation über langen Sohlwellen Dissipation im tiefengemittelten Strömungsfeld Dissipation im modulierten logarithmischen Geschwindigkeitsfeld Zur Kombination von Einzelrauheiten Zusammenfassung Vertikalstrukturierte 2D-Modelle Die Projektion auf eine vertikale Ebene Integration über die Breite Parametrisierung der Bodenfläche Die Kontinuitätsgleichung Die breitengemittelte Impulsgleichung Breitengemittelte Transportgleichungen Das Gesamtproblem Bewertung Sekundärströmungen in Kurven Zur Empirie der Mäander Analysen im Dreidimensionalen Eine KurvendurchströmunginGleichungen Die Querneigung des Wasserspiegels Die Quergeschwindigkeit an der Wasseroberfläche Das Geschwindigkeitsprofil der Sekundärströmung Die Neuverteilung der Hauptströmung Energieverlust durch Sekundärströmungen D-Simulation in kartesischen Koordinaten Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Die tiefengemittelten Gleichungen Der Dispersionskoeffizient der Sekundärströmungen Simulation in kartesischen Koordinaten Modellierung der sekundärensohlschubspannung Zusammenfassung

7 INHALTSVERZEICHNIS Seite V 11 Eindimensionale Fließgewässermodelle Die Bewegung der Uferlinie Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant Die Mittlung der Kontinuitätsgleichung Die Mittlung der Impulsgleichungen Das Energieliniengefälle Downscaling Das laterale Geschwindigkeitsprofil Eindimensionale stationäre Spiegellinienmodelle Die Gleichung der Spiegellinie Asymptotisches Verhalten der Geschwindigkeit Eindimensionale Transportmodelle Bewertung Dünen Bestandsaufnahme für die Außenweser Bestimmung der Dünencharakteristika Vergleich mit empirischen Dünenhöhenprädiktoren Vergleich mit empirischen Dünenlängenprädiktoren Eindimensionale Theorien Die Advektionsgeschwindigkeit von Sohlformen Der Spezialfall der stationären Gerinneströmung Die Dünenhöhenformel von Gill Modifikation der Theorie von Exner Grundzüge der linearen Stabilitätstheorie Die Luvseite als stabile Lage (Promny) Die StabilitätderSohle Die Potentialtheorie von Kennedy (1963) Die Stromfunktionstheorie von Fredsøe Stromlinien und Stromfunktion Die Stromfunktion über Dünen Thermik der Fließgewässer Wärmeaustausch mit der Atmosphäre Globalstrahlung Rückstrahlung Atmosphärische Gegenstrahlung Verdunstungswärmestrom Konvektiver Austausch Wärmeaustausch mit dem Boden

8 INHALTSVERZEICHNIS Seite Das Gleichgewichtskonzept Vertikale Temperaturverteilung in Oberflächengewässern Turbulente Durchmischung Konvektion Längsverteilung der Temperatur Zusammenfassung

9 Seite 2 INHALTSVERZEICHNIS

10 Einführung Das Verständnis von Natur und ihre Darstellung in Kunst und Literatur sind zeitbedingt. Daß Flüsse in der Literatur der deutschen Klassik vornehmlich brausen und fast überschäumen, während sie ein Jahrhundert später ruhig dahinziehen, oder als Bäche bei den Romantikern murmeln und plätschern, in barocken Zeiten hingegen hüpfen und springen - dies offenbart höchst unterschiedliche Denkweisen und Empfindungswelten ganzer Epochen [67]. Das naturwissenschaftliche Bild der Fließgewässer wurde in der Antike vor allem durch ihre Nutzbarkeit und Zähmbarkeit geprägt, war also vorwiegend ingenieurwissenschaftlich. Dabei findet man in allen antiken Kulturen ein mehr oder weniger systematisiertes wasserbauliches Wissen [28]. So legte man in Mesopotamien und Ägypten Systeme von Bewässerungskanälen an, in China wurden die Flüsse zum Hochwasserschutz reguliert und auf der regenreichen Yucatanhalbbinsel haben Maya und Azteken Entwässerungssysteme entworfen. Eine Reaktion des Systems Erde auf die Energiezufuhr durch die Sonne ist der Wasserkreislauf. Er besteht aus der Verdunstung des Wassers, dem Niederschlag über dem Meer und Land und dem Abfluss des Wassers auf der Landoberfläche. Beim Abfluss des Wassers über einer beweglichen Sedimentoberfläche bilden sich Rinnen, die mit zunehmender Abflussmenge Bäche, Flüsse und Ströme bilden. Schon immer hat der Mensch versucht, die günstigen Eigenschaften dieser Fließgewässer zu nutzen und sich vor den schädlichen zu schützen [72]. Dies sei an zwei Beispielen erläutert. Im einstmalig waldreichen Deutschland des Mittelalters wurde Holz mit Floßen in den Mittelgebirgen in die Talebenen transportiert. Diese Holzflößerei stellte gewisse Mindestanforderungen an die Gewässer, die insbesondere bei kleineren Bächen nur mit umfangreichen flußbaulichen Eingriffen zu erreichen waren. So wurde eine Mindestwassertiefe von cm benötigt. Uferwege waren erforderlich, um verkeiltes Holz an jeder Stelle lösen zu können; jegliche Hindernisse im Gewässer, wie Felsen, Sandbänke, Bäume und Sträucher, waren zu entfernen; die Gewässerbreite sollte mindestens einer Stammbzw. Floßlänge entsprechen. Manchmal wurden um die Mindestwassertiefen sogenannte Schwallungen errichtet; das sind Staubecken oder regulierte Seen oberhalb der Floßstrecken, die zum Holztransport entleert werden konnten. Erst mit dem Ausbau der 1

11 Seite 2 Einführung Verkehrswege im 19. Jh. war der Niedergang der Holzflößerei verbunden, da nun Holz schonender zu Tal gebracht werden konnte [39]. Auch zur Energieumwandlung mit einfachen Maschinen wurde Wasser schon frühzeitig genutzt. So gab es im frühen Mittelalter kaum ein kleineres Fließgewässer, an dem kein Mühlenstau angelegt wurde. Der dadurch verursachte Rückstau förderte die Entwicklung großer Moorgebiete und löste Versumpfungen aus. Bis zum Zeitalter der Industrialisierung waren die Flusslandschaften in Deutschland in weiten Bereichen unbewohnbar. Ständige Verlagerungen des Flussbettes, Überflutungen der Vorländer und Krankheitserreger in den Sümpfen und Auen machten das Leben in der Flussnähe beschwerlich. Bis zum Ende der vorindustriellen Zeit blieben daher neben den Gebirgswäldern und Moorgebieten auch die Flußauen weitgehend als naturnahe Landschaftsteile erhalten. Dies soll sich mit Johann Gottlieb Tulla 1825 ändern: An Flüssen und Strömen kann dasselbe Resultat, welches durch Erhöhung des Landes erhalten würde, durch die Senkung des Wasser-Spiegels, und zwar in vielen Fällen in einem Zeitraum von wenigen Jahren erhalten werden. (...) Es ist klar, daß ein Ufer-Gelände desto mehr gefährdet ist, je tiefer solches unter dem höchsten und mittleren Wasserstand eines Flusses oder Stromes liegt, und daß daher der daraus entstehende Nachteil in gleichem Maße verhindert werde, wenn das Land erhöht, oder, wenn statt dieser Ethöhung, der höchste und mittlere Wasserstand des Flusses oder Stromes ebenfalls soviel gesenkt wird. Als Mittel für diese Wasserspiegelabsenkung nennt Tulla die Begradigung des Gewässers: Die möglichst grade Leitung der Flüsse, die Abschneidung ihrer Nebenarme, (...) oder mit einem Wort, die Rektifikation der Flüsse ist diejenige Operation, durchwelchen ihren Zerstörungen Einhalt getan und ihr Wasserspiegel so gesenkt wird, daß die Nachteile der Überschwemmungen und die Eisgänge vermindert oder vollkommen beseitigt werden. Nach diesem Plan wurde bis 1874 der Oberrhein Abschnitt für Abschnitt in ein festes Bett von 200 bis 250 m Breite gezwungen. Der geringere Widerstand des kanalisierten Stromes führte zu größeren Fließgeschwindigkeiten in der verbleibenden Rinne, wodurch hier die gewünschte Tiefenerosion und die Wasserspiegelabsenkung eintrat. Danach setzte die großflächige Erschließung, Besiedlung und Industrialisierung der Oberrheinebene ein. Nach diesem Erfolg wurde der Wasserbau zur wissenschaftlichen Disziplin entwickelt und die von Tulla mitbegründete Technische Hochschule Karlsruhe zur führenden Lehr- und Forschungsstätte der Wasserbaukunst etabliert. Die neue Generation von Wasserbauingenieuren rektifizierte dann im 19. Jahrhundert viele Flüsse zur Sicherung und Nutzung der Vorländer. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts stiegen die Anforderungen der expandierenden Wirtschaft an die Flüsse. So wurden Flüsse zwar schon immer für die Schifffahrt genutzt, nun wurden sie mit den neuen technischen Möglichkeiten zu Wasserstraßen ausgebaut:

12 Einführung Seite 3 Hier waren es die langen Niedrigwasserperioden, die die Leichtigkeit des Schiffsverkehrs beeinträchtigten. So sollten Buhnen und Leitwerke die Fließgeschwindigkeit bündeln, eine weitere Tiefenerosion bewirken und den Wasserstand stabilieren. Ist dies nicht hinreichend, kann der Wasserstand durch Wehre gehoben werden. Der Schiffsverkehr muß dann aber über eine Schleuse als Bypass an dem Bauwerk vorbeigeführt werden. Ist dies ebenfalls nicht hinreichend, so wird der Fluss staugeregelt, d.h. in eine Kaskade hintereinander liegender Stauhaltungen gezwengt. Unterstützend wird Wasserrückhaltung in Talsperren und Staubecken betrieben. Der Zweck solcher Maßnahmen kann vielfältig sein, so kann ein Abflussausgleich zwischen niederschlagsreichen Zeiten mit Hochwassern und der Anreicherung mit Speicherwasser bei Niedrigwasser das Ziel sein oder aber die Energiegewinnung und Wasserversorgung. Letztere Nutzung der Fließgewässer ging dann auch an des nichtbeschiffbaren kleineren Fließgewässern vorüber. So wurde um 1900 mit dem systematischen Ausbau der Alpen- Wasserkraft begonnen. Konzeptionelle Modelle zur Hydromechanik der Fließgewässer Ein wichtiges Ziel dieser Schrift ist es, die Hydrodynamik der Fließgewässer zur Unterstützung der konzeptionellen Modellbildung in der hydrodynamisch-numerischen Simulation möglichst vollständig und deduktiv zu entwickeln. Das Endprodukt der Ableitungen sind also aus numerisch lösbaren Gleichungssystemen bestehende konzeptionelle Modelle für Fließgewässer. Die numerischen Methoden zur Lösung der Gleichungssysteme in Form von berechenbaren Algorithmen sind damit nicht Gegenstand dieser Schrift. Hierzu existieren mittlerweile viele exzellente Standardwerke, hier sei auf die sehr allgemeinen Darstellungen [25], zur Finite Differenzen Methode [63], zur Finite Volumen Methode [56], zur Finite Elemente Methode, [81], [34], [13], [71], zur Lösung der tiefenintegrierten Gleichungen [74], zu Druck-Korrektur-Verfahren [7], zu elliptischen Differentialgleichungen [29] oder auf das entsprechende Internetskriptum des Autoren 1 verwiesen. Im Zuge der hydrodynamisch-numerischen Modellierung hat sich auch die Aufgabe der deduktiven Theoriebildung gewandelt. Da standardisierte Formen der Grundgleichungen schon in vielen auch kommerziell verfügbaren Softwareprodukten zur allgemeinen Verfügung stehen, wagt sich die Forschung zunehmend an die Modellierung immer weiterer feinstrukturierter Prozesse heran. Am Anfang steht dabei immer die konzeptionelle Modellbildung, d.h. die Erfassung der Prozesse in einem mathematischen Modell [80]. Die Tabelle 1 gibt einen Überblick der verschiedenen Formen der hydrodynamischnumerischen Simulation. Bei der direkten numerischen Simulation (DNS) von Fließgewässerströmungen werden alle turbulenten Bewegungsformen aufgelöst. Dementsprechend muß die räumliche und zeitliche Auflösung sehr hoch sein. Bei der Large Eddy 1

13 Seite 4 Einführung Raumdimensionen Differentialgleichungen Auflösung DNS 3 4 1mm LES 3 4 1cm RANS 3 4 1dm 3D hydrostatisch 3 3 1m Tiefenintegriert m Querschnittsintegriert m Tabelle 1: Synopsis der Simulationsmodi für Oberflächengewässer. In den folgenden Spalten sind die Anzahl der aufgelösten räumlichen Dimensionen sowie die zu lösenden Differentialgleichungen angegeben.

14 Einführung Seite 5 Simulation (LES) werden nur die großen, geometrieabhängigen Wirbel aufgelöst. Das Verhalten und die Wirkung der kleinen isotropen Wirbel wird parametrisiert. Beide Konzeptionen benötigen so hohe Auflösungen, daß sie die DNS derzeit nicht und die LES sehr selten bei Simulationen im Wasserbau angewendet werden. Daher wird bei der Simulation natürlicher Gewässer in der Regel in der sogenannten Reynoldsmittlung gearbeitet. Hier ist eine Modellierung der Turbulenz erforderlich. Zwar gibt es auf diesem und dem Gebiet der Turbulenztheorie eine große Zahl von Monographien, auf die besonderen Verhältnisse in Fließgewässern geht aber nur das Werk von Nezu und Nakagawa [52] ein. Obwohl es erst im Jahre 1993 erschienen ist, hat sich in der Zwischenzeit insbesondere bei der oben genannten direkten Simulation von Strömungen mitfreieroberfläche noch einiges getan, hierauf soll eingegangen werden. Ein weiterer Hauptteil ist der tiefenintegrierten Simulation gewidmet. Dafür werden in Kapitel 7 die Grundgleichungen ausführlich hergeleitet, um vor allem die hiermit verbundenen Schließungsprobleme exakt zu erfassen, die in folgenden Kapiteln detailliert behandelt werden. Die Strenge der deduktiven Methode zahlt sich insbesondere bei der Darstellung der Sohlschubspannung aus, hier kann eine exakte Formulierung vorgestellt werden, aus der ein neuer Ansatz zur Erfassung steiler Sohlgradienten gewonnen wird. Das zweite Schließungsproblem in tiefengemittelten Simulationen ist die Turbulenzmodellierung. Auch hier wird der Stand der Modelltechnik aufgezeigt, bewertet und entsprechende Lücken identifiziert. Der letzte Hauptteil thematisiert die eindimensionale Betrachtungsweise der Fließgewässer. Die Bewegungsgleichungen kann man aus entsprechenden eindimensionalen Bilanzüberlegungen herleiten, und sie finden schon seit langem in numerischen Modellen Anwendung. Der hier eingeschlagene Weg im Rahmen der deduktiven Hydrodynamik ist jedoch theoretisch wesentlich anspruchsvoller. Zunächst werden Kurvenkoordinaten eingeführt, womit die mathematische Ausdrucksform entwickelt wird, um gewundene Eindimensionalität exakt zu erfassen. Als Nebenprodukt wird man in die Lage versetzt, Sekundärströmungen in Kurven als Abweichungen von der Eindimensionalität zu beschreiben (Kapitel 10). In Kapitel 11 werden dann die Grundgleichungen der eindimensionalen Simulation hergeleitet. Der Lohn für den beschwerlichen Umweg ist eine exakte Formulierung für das Energieliniengefälle, die hier erstmalig vorgestellt wird. Hydrologie und Hydromechanik der Fließgewässer Die Hydrologie oder Wassermengenwirtschaft beschäftigt sich im Gegensatz zur Hydromechanik der Fließgewässer nicht nur mit dem Oberflächengewässer, sondern behandelt dieses als Teil des gesamten Wasserkreislauf. Da sich die Hydrologie somit einem wesentlich größeren und komplexeren Gebiet des Systems Erde widmet, werden die Berechnungsmethoden weitaus weniger detailliert und komplex sein können. So werden Flüsse

15 Seite 6 Einführung in der Hydrologie oftmals durch eine Kette von Speicherelementen abgebildet, in denen der Abfluss Element für Element weitergereicht wird. Aus der Sicht der Hydromechanik ist diese Darstellung der Fließgewässer natürlich viel zu einfach, sie birgt aber die Chance der Verallgemeinerungsfähigkeit in sich; so kann diese Methode auch auf das Grundwasser oder die Atmosphäre angewendet werden. Dennoch benötigen die Methoden der Hydrologie Informationen aus der Hydromechanik oder Hydraulik der Fließgewässer. So müssen z.b. bei dem hydrologischen Berechnungsverfahren nach Kalinin-Miljukov die Änderung des Wasserstandes als Funktion der Abflussmenge bekannt sein. Somit kann der Hydromechaniker die Nase recht hoch gegenüber dem Hydrologen rümpfen, schließlich ist es bei steigender Computerleistung irgendwann einmal denkbar, daß die sehr rudimentären, aber effektiven Methoden der Hydrologie irgendwann einmal durch vollständige gekoppelte Berechnungsmodelle von Oberflächengewässern, Grundwasser und Meteorologie ersetzt werden. Bis dies der Fall ist, sollte der Hochwasserschutz in komplexen Flusseinzugsgebieten aber immer noch mit hydrologischen Methoden berechnet werden, bevor er aus Mangel an Eingangsdaten oder Rechenkapazitäten nicht optimiert werden kann. Vorlesungen zum Thema Fließgewässer Das Thema Fließgewässer wird in den drei Vorlesungen Hydromechanik II, Flußbau und Sedimenttransport und Morphodynamik behandelt. Der nur mit sechs Doppelstunden veranschlagte Kursus Flußbau gliedert sich wie folgt: 1. Die Sohlschubspannung 2. Grundlagen des Geschiebetransports 3. Das Längsprofil des Flusses 4. Sohlsicherung 5. Ufergestaltung und -sicherung 6. Einschränkungsbauwerke Der Hochwasserschutz kommt dabei in diesem Konzept nicht vor und wird im Fach Hydrologie behandelt. Der Stoff der letztgenannten Vorlesung gliedert sich folgendermaßen: 1. Einführung: Geologie und Morphodynamik 2. Partikeldynamik in Fluiden

16 Einführung Seite 7 3. Der Bewegungsbeginn von Feststoffen 4. Geschiebetransportformeln 5. Massenerhaltungssätze der Morphodynamik: Kolkbildung 6. Kurvenströmungen und Mäandrierung 7. Schwebstofftransport 8. Die Erosion kohäsiver Sedimente 9. Bemessung von Sandfängen 10. Verlandung von Stauräumen 11. Sohlstrukturen: Dünen 12. Hydro-morphologische Strukturen von Fließgewässern: Die Wasserrahmenrichtlinie Ferner beschäftigt sich die Vorlesung Zweidimensionale numerische Modelle von Fließgewässern mit dem Stoff. Sie ist folgendermaßen gegliedert: 1. Präprozessing: Gittergenerierung und Digitales Geländemodell 2. Dreidimensionale Fließgewässermodelle 3. Die Integration über die Wassertiefe 4. Randbedingungen 5. Energetik der tiefenintegrierten Strömung 6. Sohlrauheit und Sohlschubspannung 7. Die turbulente Viskosität 8. Die Dispersion 9. Morphodynamische Modelle 10. Methoden des Postprozessing: Visualisierung

17 Seite 8 Einführung

18 Kapitel 1 Die Hydraulik der Gerinne Als Gerinne bezeichnet man alle Gewässer mit freier Oberfläche und linienförmigen Verlauf, in denen sich die Strömung durch die Gravitationskraft ausbildet. Im Gegensatz zu einer Strömung in einem geschlossenen Rohr ist der Druck an der Wasseroberfläche gleich dem Luftdruck und kann normalerweise über die Lauflänge als konstant angenommen werden. Andererseits ist der Fließquerschnitt nicht vollständig durch die Berandung des Gerinnes bestimmt, vielmehr kann dieser sich durch die in Raum und Zeit variable Wassertiefe ändern. Damit wird der Fließquerschnitt ein Teil des Problems, welches bei Gerinneströmungen zu lösen ist. Mankannzwischennatürlichen und künstlichen Gerinnen unterscheiden. Die künstlichen Gerinne wie Schifffahrts-, Kraftwerks-, Be- und Entwässerungskanäle, Abwassersammler, Gräben, Durchlässe und nicht zuletzt Laborgerinne sind Produkte von Menschenhand. Hier ist die Geometrie meist vorgegeben und damit einfacher empirisch zu erfassen. Auch die Rauheit kann infolge des meist homogenen Bettmaterials relativ sicher abgeschätzt werden. Die natürlichen Gerinne, worunter alle durch die Natur geschaffenen Wasserläufe vom kleinen Gebirgsbach bis zum großen Strom inklusive der Ästuare im Küstenbereich verstanden werden, besitzen meist sehr unregelmäßige geometrische und hydraulische Eigenschaften. Zudem bestehen ihre Sohlen selbst aus beweglichen Materialien, wodurch sich auch die Morphologie des Gerinnes ändern kann. 1.1 Die Grundgleichungen Die Grundlagen der Berechnung von Gerinneströmungen im Rahmen der stationären Gerinnehydraulik bilden die Bernoulligleichung und die Kontinuitätsgleichung. Die Kontinuitätsgleichung besagt für stationäre Strömungen, daß der Durchfluss Q 1 an einem Gerinnequerschnitt 1 gleich dem Durchfluss Q 2 an einem anderen Querschnitt 2 sein muß: 9

19 Seite Die Grundgleichungen Sohlbeschaffenheit k s [m] ebene Flußsohle, Sand Kies ebene Flußsohle, Grobkies Gebirgsflüsse mit groben Geröll bis 1.5 ( ) Riffel, Höhe r,länge λ r 20 r ( r λ r ) Dünen, Höhe d,länge λ d 0.77 d 1 e 25 d /λ d Vorland, Ackerboden Vorland, Gras versiegelte Flächen, Straßen glatte Holzgerinne glatter Zementputz glatter Beton Hausteinquader gut gefugter Klinker Alter Beton 0.02 Bruchsteinmauerwerk 0.02 Tabelle 1.1: Rauheitsbeiwerte für verschiedene Sohlbeschaffenheiten (erweitert aus [59]). Q 1 = Q 2 bzw. u 1 A 1 = u 2 A 2 (1.1) Die Kontinuitätsgleichung drückt sofort einsichtiges aus: Ist ein Querschnitt A 1 größer als ein anderer A 2, so wird an ersterem die mittlere Durchflussgeschwindigkeit u 1 kleiner als an zweiterem sein, damit durch beide Querschnitte dieselben Wassermengen pro Zeiteinheit fließen. Die Bernoulligleichung wird in Gerinneströmungen am zweckmäßigten an zwei Orten an der Wasseroberfläche des Gerinnes angewendet. Da an den beiden Orten der Luftdruck als gleich angenommen werden kann, bekommt die Bernoulligleichung die Form: z B1 + h 1 + u 1 2 2g = z B2 + h 2 + u 2 2 2g + h V (1.2) Darin sind z B1 die geodätische Höhe der Sohle und h 1 die Wassertiefe am oberstromigen Ort und z B2 und h 2 die entsprechenden Werte stromab. Dazwischen verliert die Strömung

20 1.1. Die Grundgleichungen Seite 11 2 u 1/2g h v u,a u 2/2g h 1 u,a 2 2 h 2 z 1 z 2 x 1 2 Abbildung 1.1: Energieliniendiagramm für eine Strömung in einem Gerinne. die Energiehöhe h V infolge der Reibung des Fluides an der Gewässersohle. Für diesen Term wird das Gesetz von Darcy-Weisbach h V = λ l u 2 d Hyd 2g bzw. I E = λ d Hyd u 2 2g (1.3) für die überall vorhandenen kontinuierlichen Reibungsverluste angesetzt, wobei l die dabei durchflossene Gerinnelänge ist. Ist das Gerinne genügend breit, dann ähnelt das Geschwindigkeitsprofil in vertikaler Richtung über der Sohle dem der Strömung an einer Wand. Für diese Wandströmung kann man den Verlustbeiwert λ über die Formel von Colebrook-White ( ) = 2log λ Re λ + k s 3.71d Hy berechnen. Hier ist k s wieder die effektive Sohlrauheit und die Reynoldszahl ist durch Re = ud Hy /ν mol definiert. Ferner gibt es in Gerinnen auch lokal begrenzte Verluste durch Engstellen, Einbauten oder Wechselsprünge. Diese lokalen Verluste sind nicht von der durchflossenen Länge l abhängig. Man berücksichtigt sie durch Verlustbeiwerte ζ i (Index i für verschiedene lokale Verluste) in der Form: h V = ζ i u 2 2g

21 Seite Die Grundgleichungen Die Bernoulligleichung kann man graphisch durch sogenannte Energielinien- oder Energiehöhendiagramme darstellen. Diese basieren auf der Konstruktionsidee, daß alle Terme der Bernoulligleichung die Einheit einer Höhe haben. Die Energiehöhe ist dann die Summe aus potentieller Höhenenergie und der kinetischen Energie. Abbildung 1.1 zeigt ein solches Energieliniengefälle für eine Strömung in einem Gerinne. Zur Bestimmung von Beziehungen für die lokalen Verluste benötigt man schließlich nocht die Impulsgleichung der Gerinneströmung. Dazu betrachtet man gedanklich das Gerinne als Stromröhre, welches vom Gewässerboden, den Randflächen und der Wasseroberfläche als Ummantelung begrenzt wird. Diese Stromröhre läßt man direkt vor dem lokalen Verlust beginnen und direkt hinter ihm enden. Mit Hilfe des Stromröhrenkonzepts kann man den den Impuls in einer solchen Stromröhre der Eintrittsfläche A 1, der Austrittsfläche A 2 und der Mantelfläche M bilanzieren: ϱu 2 1 A 1 pds + I = ϱu 2 2 A 2 pds A 1 A 2 Dabei wird der Impulsfluss an der Mantelfläche I = (p P ) ds M bei der Analyse lokaler Verluste vernachlässigt, da diese auf einem eng begrenzten Bereich stattfinden, so daß die Mantelfläche selbst sehr klein ist. Die Druckverteilung auf den Ein- und Austrittsflächen ist hydrostatisch, also gilt für einen rechteckförmigen Querschnitt: A pds = B h 0 0 ϱgzdzdb = 1 2 ϱgbh2 = 1 2 ϱgah Damit wird die Impulsgleichung zu u 2 1A ga 1h 1 = u 2 2A ga 2h 2 Wir werden sie zur Berechnung der lokalen Verluste an Stufen und Schwellen einsetzen Der hydraulische Durchmesser Der hydraulische Durchmesser in obigen Formeln ist wieder: d hyd =4A/U benetzt Wir wollen dazu einige wichtige Betrachtungen anstellen.

22 1.1. Die Grundgleichungen Seite 13 Ist ein Fließgewässer wesentlich breiter als tief, so kann der benetzte Umfang durch die Breite abgeschätzt werden: d hyd =4Bh/B =4h wenn die Gewässerbreite wesentlich größer als die Tiefe ist. Dies ist insbesondere bei Flachlandflüssen der Fall. Bei der Konstruktion technischer Gerinne geht es oftmals darum, bei einem gegebenen Fließquerschnitt einen möglichst großen Abfluss zu erreichen, d.h. den hydraulischen Durchmesser zu maximieren bzw. den benetzten Umfang zu minimieren. Dabei weist der Halbkreis bei gegebenen Querschnitt den kleinsten benetzten Umfang aus. In der Praxis werden aber öfter rechteckige oder trapezförmige Querschnitte eingesetzt. Für ersteren ist der benetzte Umfang U(h) =B(h)+2h = A h +2h Man zeige selbst, daß sich das hydraulisch günstigste Seitenverhältnis für B = 2h einstellt Fließformeln Fließformeln stellen einen direkten Zusammenhang zwischen der mittleren Geschwindigkeit bzw. dem Durchfluss, der Rauheit und dem Energieliniengefälle her. Aus dem Ansatz von Darcy-Weisbach für die Verlusthöhe, dem Gesetz von Colebrook- White für den Reibungsbeiwert und der Definition des Energieliniengefälles bekommt man die Formel für die mittlere Geschwindigkeit in einem Gerinne: ( ) 2.51ν u = 2 2gI E d Hyd log d Hy 2gIE d + k s 3.71d Hy bzw. ( ) 2.51ν Q = 2A 2gI E d Hyd log d Hy 2gIE d + k s 3.71d Hy Diese aus der Grenzschichttheorie entwickelte Fließformel stand den Wasserbauingenieuren vergangener Jahrhunderte noch nicht zur Verfügung. Sie haben empirische, manchmal nur für einen bestimmten Fluss geltende Fließbeziehungen verwendet, von denen manche noch heute in Gebrauch sind und daher hier erwähnt werden sollen stellte der französische Ingenieur Antoine Chezy ( ) das erste und später nach ihm benannte Gesetz u = C 2 d hy I E (1.4)

23 Seite Geschwemmselbeseitigung durch Rechenanlagen δ / s/a o o o o Tabelle 1.2: Faktor zur Berücksichtigung des Anströmwinkels δ für gleichförmigen Abfluß auf. Der darin auftauchende, den Widerstand eines Flusses beschreibende Beiwert C heißt daher Chezywert. Richtig erkannt wird in diesem Gesetz schon die Proportionalität des Geschwindigkeitsquadrats mit des Energieliniengefälle und dem hydraulischen Durchmesser präsentierte der irische Ingenieur Robert Manning eine recht unhandliche Formel zur Berechnung des Energieliniengefälles [12], die im weiteren Verlauf der Zeit ein wenig gerade geschliffen und in ihrer heutigen Form nach Manning-Strickler bezeichnet wird: Q = I E k Str A(d Hy /4) 2/3 Die Kritik an diesem Ansatz geht von der Dimension des Stricklerbeiwertes k Str aus. Sie ist [m 1/3 /s] und somit nicht nur recht schräg, sondern man erwartet vielmehr, daß die Dimension eines Beiwertes grundsätzlich eins ist, wenn alle funktionellen Abhängigkeiten erfaßt worden sind. 1.2 Geschwemmselbeseitigung durch Rechenanlagen Um empfindliche Anlagenteile wie Pumpen und Turbinen, aber auch um in einen Fluss gestürzte Menschen vor solchen zu schützen, werden Rechen eingesetzt. Je nach der Spaltweite a zwischen den Stäben unterscheidet man Grobrechen (a = cm) und Feinrechen (a = mm). Rechen stellen ein Hindernis in der Strömung dar und sind daher als lokale Verluste zu behandeln. Ihr lokaler Verlusbeiwert setzt sich aus verschiedenen Anteilen zusammen und wird nach der Formel von Kirschmer und Mosonyi wie folgt berechnen: ( ) s 4/3 ζ = κφ sin α a Darin s die Stabstärke und a der lichte Abstand zwischen zwei Stäben, der Winkel α gibt die Rechenneigung gegenüber der Horizontalen an. Ferner ist φ der Formbeiwert der

24 1.3. Strömen und Schießen Seite R=5 R=5 R=5 R= R=5 = 2,42 1,83 1,67 1,03 0,92 0,76 1,79 Abbildung 1.2: Formbeiwerte für Rechenstäbe nach Kirschmer. Rechenstäbe nach Kirschmer, wie er in Abbildung 1.2 skizziert ist. Dabei ist zu erkennen, daß eine schlanke, stromlinienförmige Form mit den geringsten Verlusten verbunden ist, währenddessen das wirtschaftliche Rechteckprofil mit sehr hohen Verlusten verbunden ist. Der Faktor κ berücksichtigt den Anströmwinkel δ. Dieser ist in den meisten Fällen Null, dann hat κ den Wert eins. Für andere Fälle wird dieser Faktor nach der Tabelle von Mosonyi bestimmt. 1.3 Strömen und Schießen Wir wollen die für den Abfluss einer Wassermenge Q erforderliche Energie in Form der auf die Sohle bezogenen Energiehöhe E h genauer analysieren und betrachten dazu die entsprechenden Terme in der Bernoulligleichung für einen Ort, der auf der geodätischen Höhe z = 0 gewählt wurde: E h = h + u2 2g = h + q2 2gh 2 Dabei wurde der spezifische Abfluss q eingeführt, er ist der Durchfluss pro Breite q = Q/B und in einer stationären Strömung konstant, wenn sich nur die Flussbreite nicht ändert. In Abbildung 1.5 ist die Energiehöhe als Funktion der Wassertiefe skizziert. Aus dieser Darstellung ist zu folgern, daß es zwei Wassertiefen bei gleicher zur Verfügung stehender

25 Seite Strömen und Schießen Längsschnitt Draufsicht Mehrzangengreifer Geschwemmsellagerung mit Ablaufrinnen Betriebsweg Magazin Rechen 1 Rechen 2 Wartungsbrücken Abbildung 1.3: Gesamtkonstruktion einer Geschwemmselbeseitigung.

26 1.3. Strömen und Schießen Seite 17 Abbildung 1.4: Rechenanlage an einem Siel mit Rechenreinigung. Energiehöhe gibt, mit denen eine Abflussmenge q abgeführt werden kann. Die jeweils zu einer Energiehöhe gehörigen Wassertiefen nennt man konjugierte Wassertiefen. Diese beiden ergeben sich als Lösungen der kubischen Gleichung: h 2 E h h 2 + q2 2g =0 Den Abfluss bei der kleineren Wassertiefe und damit größeren Fließgeschwindigkeit bezeichnet man als schießenden Abfluss. Den Abfluss bei der größeren Wassertiefe und damit kleineren Fließgeschwindigkeit bezeichnet man als strömenden Abfluss. Ferner kann aus Abbildung 1.5 gefolgert werden, daß eine Mindestenergie erforderlich ist, um eine Abflussmenge q abzuführen. Zu dieser Mindestenergie gehört die sogenannte Grenzwassertiefe h Gr, da sich an ihr die schießende von der strömenden Welt scheidet. Man bekommt diese Grenztiefe aus der Minimumsuche: de h dh =1 q2 gh 3 Gr =0 h Gr = 3 q 2 g Damit ist die für den Abfluss erforderliche Grenzenergiehöhe E h,gr = 3 2 h Gr

27 Seite Strömen und Schießen E q = konst. E=h E h 2 v /2g E gr 2 v /2g 2 v gr/2g h h h gr h schießend strömend Abbildung 1.5: Zur Bestimmung der konjugierten Wassertiefen. und die sich dann einstellende Fließgeschwindigkeit ist: u Gr = gh Gr Damit lassen sich die beiden Abflussmodi folgendermaßen beschreiben: Strömender Abfluss: u<u Gr und h>h Gr Schießender Abfluss: u>u Gr und h<h Gr Beide Eigenschaften werden gemeinsam durch die Froudezahl charakterisiert: Fr = u gh mit: Fr < 1: Fr = 1 : Strömen Grenzzustand Fr > 1 : Schießen Wir wollen nun untersuchen, wieviel Wasser bei einer vorgegebenen Energiehöhe abgeführt werden kann. Dazu stellen wir die Energiehöhe nach dem Abfluss um q(h) =h 2g(E h h) und finden das Maximum dieser Funktion selbständig als die Grenzwassertiefe h Gr.Der maximale Abfluss findet bei vorgegebener Energiehöhe also bei Grenzbedingungen statt. Dieser maximale Abfluss ist q max =2/3E h 2/3gE h.

28 1.4. Fließwechsel Seite 19 Im Anschluss an diese Ausführungen mag man sich fragen, was in einem Gerinne passiert, wenn die für den Abfluss erforderliche Grenzenergie nicht zur Verfügung steht. Laut unseren Überlegungen müßte das Wasser dann aufgestaut werden, bis von stromauf soviel Wasser zugeführt wurde, daß die Grenzwassertiefe überschritten wird und der Abfluss beginnt. Dies geschieht natürlich nicht so diskontinuierlich, wie eben beschrieben. Die Übergänge sind dabei fließend, wodurch die Verhältnisse nicht mehr gleichförmig sind. Um diesen Beginn einer Gerinneströmung genauer zu analysieren, muß man also instationäre, ungleichförmige Strömungen betrachten. 1.4 Fließwechsel Während der Übergang vom Strömen zum Schießen relativ unspektakulär mit einer stetigen, aber sehr raschen Absenkung des Wasserspiegels verbunden ist, findet der Übergang vom Schießen zum Strömen diskontinuierlich in Form eines sogenannten Wechselsprungs unter großem Energiehöhenverlust statt. Wir wollen für einen solchen Wechselsprung den Energiehöhenverlust ermitteln. Da eine stationäre Gerinneströmung als Stromröhre gedacht werden kann, wenden wir den Impulssatz aus dem Stromröhrenkonzept in der Form u 2 1 A gbh2 1 = u2 2 A gbh2 2 u 2 1 h gh2 1 = u2 2 h gh2 2 an. Der Punkt 1 liege dabei direkt vor, der Punkt 2 direkt hinter dem Wechselsprung. Dabei wurde vereinfachend angenommen, daß das Integral über die Mantelfläche der Strömröhre, d.h. die Gerinnesohle vernachlässigt werden kann, weil der Energieverlust durch Sohlreibung über die geringe Längsausdehunng nur sehr klein ist. Wir betrachten die sich hieraus ergebende Differenz der Wassertiefenquadrate: h 2 1 h 2 2 = 2 g ( u 2 2 h 2 u 2 1h 1 ) = 2 g u2 1 ( h 2 1 h 2 h 1 ) h 2 1 = 2 g u2 1 (h 1 h 2 ) h 1 h 2 Dabei konnte die Geschwindigkeit u 2 hinter dem Wechselsprung aus der Kontinuitätsgleichung eliminiert werden. Teilt man nun durch (h 1 h 2 ) und führt die Froudezahl für das Oberwasser Fr 1 = u 1 / gh 1 ein, h 2 1 h 1 + h 2 = 2 g u2 1 =2Fr1 2 h 1 h 2 dann bekommt man die quadratische Gleichung für das Wassertiefenverhältnis h 2 1 h 2 h 1 h 2 +1=2Fr 2 1 und erhält für die Erhöhung der Wassertiefe durch einen Wechselsprung: h 2 1 h 2 2

29 Seite Fließwechsel h 2 = 1 ( ) 8Fr h 1 2 Diese Herleitung für die konjugierten Wassertiefen ist sicherlich besonders trickreich. Für die Berechnung der Verlusthöhe nehmen wir an, daß die Länge des Wechselsprungs so klein ist, daß eine Änderung der geodätischen Höhe über dieses Stück vernachlässigt werden kann. Laut Bernoulligleichung ist die Verlusthöhe dann: h V = h 1 h 2 + u2 1 u2 2 2g Mit der Kontinuitätsgleichung, der Wassertiefenerhöhung und ein paar algebraischen Umformungen bekommt man für die lokale Verlusthöhe eines Wechselsprunges: h V = (h 2 h 1 ) 3 4h 1 h 2 Der Energieverlust durch einen Wechselsprung braucht also nicht durch einen empirischen Verlustbeiwert dargestellt werden, er ist einzig von den konjugierten Wassertiefen abhängig. In der wasserbaulichen Praxis benötigt man schließlich noch Abschätzungen zur Länge des Wechselsprungs, wobei man zunächst einmal festlegen muß, wie diese definiert ist. Sinnvoll ist es dabei, das Ende des Wechselsprungs an dem Ort anzunehmen, ab dem keine Rückströmungen mehr auftreten. Für die Wechselsprunglänge L W gibt es in der Literatur verschiedene, in Laborversuchen gewonnene Bemessungsformeln, die entweder von der Oberwasser- oder den Unterwasserströmungsverhältnissen abhängig sind. So werden werden in Abhängigkeit von der Unterwassertiefe h 2 und dem dortigen Sohlgefälle I 2 die Formel L W =(α + βi 2 ) h 2 mit α und β 4.0 bzw. von Smetana und Woycicki (aus [59]) die unteren und oberen Grenzen L ( ) W =3 8Fr h 1 L W = 1 ( ) 81 Fr Fr 21 h in Abhängigkeit von den Oberwasserverhältnissen angegeben.

30 1.4. Fließwechsel Seite 21 Abbildung 1.6: Beispiel einer Schussrinne. Schussrinnen und Tosbecken Hinter Stauanlagen, wie Talsperren sind z.b. Hochwasserentlastungsanlagen anzubringen, bei denen große Höhenunterschiede auf sehr kurzen Weglängen zu überwinden sind. Hierzu werden Schussrinnen angeordnet, deren Gefälle in der Regel so groß ist, daß die Strömung in der schießenden Zustand übergeht. Im Nachlauf einer solchen Schussrinne wird der schießende Abfluss an irgendeiner Stelle wieder in den strömenden unter Ausbildung eines Wechselsprungs mit den damit verbundenen Sohlbelastungen übergehen. Zur Vermeidung von wird dieser Übergang in sogenannten Tosbecken (eng. stilling basin) herbeigeführt. In der Bauweise unterscheidet man zunächst einmal ebene und räumliche Tosbecken. Beim ebenen Tosbecken gibt es keine Variationen in der Breite, es reicht also aus, die Strömungsprozesse in der vertikalen Ebene zu betrachten. Räumliche Tosbecken sind zumeist mit einer Auweitung des Einlaufquerschnitts ausgestattet, wodurch die Strömungsverhältnisse in allen drei Raumdimensionen Variationen aufweisen. Im folgenden seien nur ebene Tosbecken betrachtet, für die räumliche Bauweise sei auf fortführende Literatur z.b. in [51], [3] hingewiesen. Zur Bemessung eines solchen Tosbeckens sind der Beginn des Wechselsprungs sowie dessen Länge zu bestimmen. Da diese meist sehr groß ist, versucht man über verschiedene Einbauten wie Gegenschwellen oder Störkörper die Tosbeckenlänge zu verringern.

31 Seite Fließwechsel Abbildung 1.7: Beispiel einer Schussrinne mit Tosbecken und Gegenstufe.

32 1.5. Kontrollbauwerke Seite 23 2 u O/2g Schütz 2 u A/2g h O p=0 O a a u A Q A Abbildung 1.8: Freier Abfluss unter einem Schütz. 1.5 Kontrollbauwerke Mit Kontrollbauwerken in Fließgewässern kann der Wasserstand im Oberlauf des Bauwerks und in gewissen Grenzen der Abfluss gesteuert werden Unterströmte Bauwerke Wir wollen den freien Abfluss unter einem Schütz in Abbildung 1.8 betrachten. Ohne an dieser Stelle auf die konstruktive Gestaltung derselben einzugehen, sollte bei diesen die Hubhöhe a natürlich variierbar sein, damit eine Regelungsmöglichkeit besteht. Ist die Breite B gegenüber der Hubhöhe a groß, dann können die Seitenwandeinflüsse vernachlässigt werden. Die Bernoulligleichung wird für eine Stromlinie zwischen der freien Oberfläche vor und hinter dem Schütz angesetzt: h 0 + u2 0 2g = δa + u2 A 2g Die Wassertiefe des auslaufenden Strahls muß nicht gleich der Hubhöhe des Schützes sein. Dies berücksichtigt der Kontraktionsbeiwert δ, der in Abhängigkeit von der Ausbildung der Ausflusskante Werte zwischen 0.62 δ 1.0 annehmen kann. Wegen der kurzen Strecke zwischen Schütz und vena contracta (Einschnürstelle) können die Energieverluste durch Sohlreibung vernachlässigt werden. Ferner gilt die Kontinuitätsgleichung

33 Seite Kontrollbauwerke Q = const = u 0 Bh 0 = u A Bδa Hiermit kann man die Zuströmgeschwindigkeit u 0 eliminieren und es folgt für die Ausflussgeschwindigkeit u A bzw. für den Abfluss Q A u A = 2g h 0 δa = 1 δa2 h 2 0 2gh 2 0 h 0 + δa 2gh 2 Q A = Baδ 0 h 0 + δa = µba h0 2gh 0 mit µ = δ h 0 + δa = δ 1 1+δa/h 0 Im letzten Teil der Gleichung wurde die Abflussbeziehung auf die Form der Toricellischen Abflussformel gebracht, wobei ein Abflussbeiwert µ eingeführt wurde. Durch die Einführung dieses Beiwertes hat man die Möglichkeit, beliebig gestaltete Schütze durch die empirische Bestimmung von µ zu beschreiben. Was erreicht man nun, wenn man die Hubhöhe a erhöhtodererniedrigt?beieinererniedrigung der Hubhöhe erniedrigt sich zunächst der Abfluss Q A. Bei konstanten Zufluss führt dies also zu einer Erhöhung des Wasserstandes vor dem Schütz, wodurch auch der Abfluss Q A unter dem Schütz steigt. Damit kann man mit einem Schütz den Abfluss nur sehr kurzfristig, aber den oberstromigen Wasserstand vor dem Schütz regeln Überströmte Bauwerke Wir betrachten die Situation des sogenannten vollkommenen Überfalls in Abbildung 1.9 und wollen auch hier den Abfluss als Funktion des Wasserstandes im Oberlauf bestimmen. Dazu bezeichnen wir den sich über der Wehrkrone einstellenden Wssserstand als Überfallhöhe hü. Eine einfache Herleitung des Zusammenhangs ergibt sich aus der Tatsache, daß sich über der Krone schießender Abfluss einstellt, wodurch eine Beeinflussung des Oberwassers vom Unterwasser nicht möglich ist. Auf der Wehrkrone findet also ein Fließwechsel von Strömen nach Schießen statt, womit die sogenannte Überfallhöhe hü gleich der Grenzwassertiefe wird: 2 3 h Gr = 2 Q 3 h 2 ü = 3 gb 2 Damit folgt für die über das Wehr strömende Wassermenge Q die nach Poleni benannte Formel:

34 1.5. Kontrollbauwerke Seite 25 2 u o /2g p p o da dq z h ü H u o w Q p=0 o Abbildung 1.9: Situation bei vollkommenen Überfall. Q = 2 3 µb 2gh 3 2ü Der dimensionslose Überfallbeiwert µ berücksichtigt dabei die geometrische Form des Wehres, er wird später spezifiziert. Die zweite, etwas allgemeinere Herleitung geht von der Bernoulligleichung aus. Sie wird von einem Punkt oberstrom des Überfalls an der Wasseroberfläche in den Überfallstrahl hinein ausgewertet. Dort kann man annehmen, daß sich der Überfallstrahl wie ein frei fallender Ausfluss verhält, in dem der Druck dem Luftdruck entspricht. Mißt man die vertikale Koordinate z von der Wehrkrone aus, dann wird die Bernoulligleichung zu hü + u2 0 2g = z + u(z)2 2g u(z) = 2g(hü z)+u 2 0 wobei u(z) die Geschwindigkeitsverteilung im Abflussstrahl ist. Integriert man die Geschwindigkeit über die Wassertiefe über der Wehrkrone, dann bekommt man für den spezifischen Abfluss pro Breite q den Zusammenhang: q = hü 0 2g(hü z)+u 2 0dz = 2 2g 3 ( hü + u2 0 2g ) 3 2 ( u 2 0 2g ) 3 2 Die Multiplikation mit der Wehrbreite B erbringt den Gesamtabfluss, hier wird aber wieder der Überfallbeiwert µ zur Berücksichtigung der Wehrform und sonstiger Eventualitäten hinzugezogen:

35 Seite Kontrollbauwerke w/h µ Tabelle 1.3: Überfallbeiwerte µ bezogen auf die Energiehöhe H nach [30]. Abbildung 1.10: Messwehr zur Bestimmung des Sickerwasserflusses im Glen Canyon Dam, USA. Im Hintergrund ist die Druckmesseinrichtung zur Bestimmung des Wasserstandes im Oberwasser zu erkennen. ( Q = 2 2gB 3 µ hü + u2 0 2g ) 3 ( ) 3 2 u g Diese allgemeinere Form geht für u 0 = 0 in die Formel von Poleni über. Der Überfallbeiwert µ hängt insbesondere von der oberstromseitigen Wehrhöhe und der Krümmung des Überfallstrahls ab. Ist dieser stark gekrümmt, so tritt eine Zentrifugalbeschleunigung auf, durch welche der Druck im Strahl vermindert und die Geschwindigkeit entsprechend der Bernoulligleichung erhöht wird. Bei sehr breitkronigen Wehren, bei denen die lateralen Ränder keinen Einfluss auf die Strömung haben, ist der Überfallbeiwert im Wesentlichen von dem Verhältnis der Wehrhöhe w zur Gesamtenergiehöhe H = hü + u2 0 abhängig. Heinemann und Feldhaus geben dabei die in Tabelle 1.3 2g dargestellten Werte an. Im Unterschied zu einem Schütz wird bei einem Wehr im Oberlauf durch die Wehrhöhe eine Mindestwassertiefe garantiert, was bei einem Schütz nicht der Fall ist. Eine weitere Anwendung der Wehrformel von Poleni sind Messwehre zur Bestimmung des Abflusses in technischen Gerinnen (siehe z.b. Abbildung 1.10), da dieser direkt pro-

36 1.6. Zusammenfassung Seite 27 portional zum Oberwasserstand ist, der mit einer enprechenden Einrichtung gemessen wird. Die Beziehung zwischen Oberwasserstand und Abfluss wird dann allerdings nicht durch die Formel von Poleni, sondern durch Kalibrierung bestimmt. 1.6 Zusammenfassung Die Grundaufgabe bei der Berechnung von stationären Strömungen in offenen Gerinnen besteht in der Ermittlung des Wasserstandes bei gegebenem Zufluss. Aus der Kontinuitätsbedingung bekommt man dann sofort die mittlere Strömungsgeschwindigkeit. Zur Lösung der Grundaufgabe stehen die Kontinuitätsgleichung (1.1), die Bernoulligleichung (1.2) und das Gesetz von Darcy-Weisbach (1.3) mit parametrisierten Beiwerten für die kontinuierlichen Verluste zur Verfügung. Theoretisch lassen sich diese Beiwerte durch die Auswertung der Impulsgleichung oder aus Experimenten bestimmen.

37 Seite Zusammenfassung

38 Kapitel 2 Der gleichförmige Abfluss Als gleichförmigen Abfluß bezeichnet man in einem Gerinne einen Strömungszustand, bei dem sich die Strömungsgrößen entlang der Bahnlinien nicht ändern. Dazu muß der Abfluß stationär sein, das Gerinne genügend breit sein, so daß die Änderung der hydrodynamischen Größen über die Breite vernachlässigbar ist, diebreitekonstantsein und das Gerinne geradlinig und die Sohle eben sein. Dabei wollen wir aber eine Ungleichförmigkeit der Geschwindigkeit vom Gewässerboden bis zur Wasseroberfläche zulassen, schließlich soll ja noch etwas zu studieren verbleiben. Damit hat der gleichförmige Abfluss große Ähnlichkeiten mit der wandnahen Strömung, bloß daß die Strömung durch die Gravitationskraft angetrieben wird, und die Grenzschichtdicke durch die Wassertiefe begrenzt ist. Obwohl natürliche Flußläufe solche Charakteristika nicht aufweisen, ist das Verständnis des gleichförmigen Abfluss deshalb wichtig, weil er sich in Laborgerinnen herstellen läßt, so daß zu ihm genügend empirische Daten vorliegen. Ferner weisen Kanäle die geforderten Eigenschaften annähernd auf. Dabei ist der Begriff Kanal in der Hydrodynamik mit einer Modellvorstellung von einem geradlinigen, sich in der Breite nicht verändernden Gerinne verbunden. 2.1 Die Bewegungsgleichungen inkompressibler Fluide Alle Strömungen inkompressibler Fluide, zu denen auch das Wasser in Flüssen zählt, werden durch Bewegungsgleichungen beschrieben, die in der sogenannten Lagrangeschen 29

39 Seite Die Bewegungsgleichungen inkompressibler Fluide Form D u Dt = f 1 ϱ grad p + 1 ϱ div P div u =0 lauten. Die erste Gleichung ist eine Vektorgleichung, d.h. sie beschreibt das Verhalten des Geschwindigkeitsvektors u(x, y, z, t), der die drei Komponenten u(x, y, z, t), v(x, y, z, t) und w(x, y, z, t) besitzt. Damit besteht die Gleichung aus drei Einzelgleichungen, die die Impulserhaltungsgleichungen in alle drei Raumrichtungen x, y und z beschreiben. Die letzte Gleichung stellt die Massenerhaltung dar und heißt Kontinuitätsgleichung. In den vier Gleichungen sind die drei Geschwindigkeitskomponenten in den drei Koordinatenrichtungen als Funktionen von Raum und Zeit gesucht. Ferner ist die Druckverteilung p(x, y, z, t) unbekannt, womit vier partielle Differentialgleichungen für vier unbekannte Funktionen zur Verfügung stehen. Die Fluiddichte wird durch die Variable ϱ symbolisiert, sie beträgt für Wasser 1000 kg/m 3. Die Lagrangesche Ableitung Df beschreibt die Änderung der Größe f auf der Bahnlinie Dt eines Fluidteilchens im Geschwindigkeitsfeld u, sie berechnet sich als: f t + u f x + v f y + w f z =... Die Impulsgleichungen enthalten auf der rechten Seite also jeweils den Ausdruck Die Änderung der Strömungsgeschwindigkeit u, v oder w auf einer Bahnline ist gleich.... In den Impulsgleichungen taucht ferner der Tensor der inneren Spannungen P auf. Er ist als P = τ xx τ xy τ xz τ yx τ yy τ yz τ zx τ zy τ zz definiert. Der Tensor der inneren Spannungen beschreibt die in einer im Fluid gedachten Schnittfläche wirkenden, viskosen Spannungen folgendermaßen: Hat die Schnittfläche den Normaleneinheitsvektor n, so ergeben sich die in ihr wirkenden inneren Spannungen ganz einfach als P n. Schließlich benötigen wir noch die Divergenz der einerseits aus dem Tensorprodukt entstehenden Tensors und andererseits des Spannungstensors. Die Rechenvorschrift lautet: τ x div P = ( x, y, ) z τ xx τ xy τ xz τ yx τ yy τ yz τ zx τ zy τ zz = τ yx x + τ xy y + τ xz z x + τ yy y + τ yz z τ zx x + τ zy y + τ zz z

40 2.1. Die Bewegungsgleichungen inkompressibler Fluide Seite 31 Wir wollen nun die Bewegungsgleichungen für den gleichförmigen Abfluss konkretisieren. Die Strömung in einem Fließgewässer kommt durch ein Gefälle der Sohle gegenüber der Horizontalen zustande. Der Neigungswinkel des Gefälles sei mit α bezeichnet. Wir kippen das Koordinatensystem um diesen Winkel und legen die x-achse in Hauptströmungsrichtung, die z-achse wird hierdurch um den Winkel α gegenüber der Vertikalen gekippt. Laut Voraussetzzung sind nun alle Ableitungen in Hauptströmungsrichtung x und in Querrichtung y Null, ferner bewegt sich jedes Wasserpartikel auf seiner Bahn geradlinig und gleichförmig, womit die Lagrangeschen Ableitungen ebenfalls verschwinden. Von der Kontinuitätsgleichung bleibt dann nur noch: w z =0 Diese Gleichung wird durch w = 0erfüllt, was gleichbedeutend damit ist, daß auch keine vertikalen Geschwindigkeiten auftreten. Die Lösung muß diese triviale Form deshalb haben, damit die vertikalen Geschwindigkeiten direkt am Boden und an der Wasseroberfläche ebenfalls Null sind, der Boden somit wasserundurchdringlich ist, und sich die Wasseroberfläche nicht hebt. Von den Impulsgleichungen bleibt nur noch: 0= f 1 ϱ p z p z p z + 1 ϱ In diesen Gleichungen tauchen eigentlich nur noch Drücke, Spannungen und Kräfte auf und man fragt sich, wo die Strömungsgeschwindigkeit als wichtige Lösungsvariable geblieben ist Das Gefälle des Flusses Wir untersuchen die stationäre Strömung in einem breiten Gerinne mit ebener Sohle (Abbildung 2.1). Die x-achse liege parallel zur Strömungsrichtung und ist um einen gewissen Winkel α gegenüber der Horizontalen gekippt. Dieser Winkel gibt die Neigung der Sohle in x-richtung wieder und da die Wasseroberfläche parallel dazu angeordnet ist, auch deren Neigung. Betrachtet man die geodätische Höhe der Wasseroberfläche als Funktion der Koordinate x, also z S = z S (x) τ xz z τ yz z τ zz z

41 Seite Die Bewegungsgleichungen inkompressibler Fluide 5 J 5 * O N = J * / Abbildung 2.1: Koordinatensystem bei einem Fluss mit gleichfömigen Abfluss und Schleppspannung. dann ist der Neigungswinkel durch z S tan α = lim x 0 x = dz S dx berechenbar. In natürlichen Gewässern mit sehr unebenen Sohlen ist die geodätische Höhe der Wasseroberfläche auch in der Querrichtung variabel, d.h. eine Funktion von x und y: z S = z S (x, y) Wollen wir wieder deren Neigung in Strömungsrichtung bestimmen, leiten wir nur nach eine der beiden Koordinaten ab, und nicht mehr und nicht weniger drückt man durch die partielle Ableitung tan α = z S x aus. Wir werden es im folgenden fast ausschließlich mit partiellen Ableitungen zu tun haben, da alle Größen der Strömungsmechanik sich in beiden horizontalen Koordinatenrichtungen, aber auch in der Vertikalen und schließlich in der Zeit ändern können Die Druckverteilung bei gleichförmigem Abfluss Wir wollen zunächst die Druckverteilung in einem Gerinne bei gleichförmigen Abfluss bestimmen. Der Vektor der Gravitationskraft wird in einem um den Winkel α gekippten Gerinne zu: f = g sin α 0 g cos α

42 2.2. Die Schleppspannung Seite 33 Damit wird die Impulsgleichung des gleichförmigen Ablusses für die z-richtung 0= 1 p ϱ z + 1 τ zz ϱ z g cos α über die z-achse integrierbar und man bekommt die Lösung p(z) =p 0 + τ zz + ϱg(z S z)cosα wobei p 0 der Luftdruck und z S die geodätische Höhe der Wasseroberfläche (S für engl. Surface) ist. Es bleibt die Spannungskomponente τ zz zu konkretisieren. Ist diese Null, dann ist die vertikale Druckverteilung hydrostatisch. 2.2 Die Schleppspannung Der für Fließgewässer so wichtige Begriff der Schleppspannung bekommt man aus der Lösung der Impulsgleichung in Haupströmungsrichtung. Zuvor wollen wir die Schleppspannungsbeziehung als Näherung aus der klassischen Hydraulik für die Sohlschubspannung kennenlernen Hydraulische Herleitung Wir betrachten die Kräfte, die auf ein quaderförmiges Volumen wirken, welches von der ebenen Sohle bis zur parallel dazu liegenden Wasseroberfläche begrenzt wird. Ist A die Grundfläche dieses Quaders und h die Wassertiefe, dann ist die Gewichtskraft des Wasserblocks: G = ϱgha Dabei ist g =9.81m/s 2 die Erdbeschleunigung und ϱ = 1000 kg/m 3 die Dichte des Wassers. Unter der Neigung der Sohle bekommt die Gewichtskraft eine Kraftkomponente F x = ϱgha sin α ϱgha tan α = ϱgha z S x in Fließrichtung. Dabei wurde der Sinus durch den Tangens ersetzt, da die für Flußtäler typischen Neigungen sehr klein sind. Wäre allein die Kraft F x am wirken, würde das Flußwasser auf seinem Talweg unablässig beschleunigt. Daß sich eine konstante, unbeschleunigte Strömungsgeschwindigkeit einstellt, dafür sorgt die Sohlschubspannung. Der Boden bremst die durch die Gravitationskraft ausgelöste Strömung durch die durch ihn bewirkte Reibung: g z S x = 1 h τ B ϱ (2.1)

43 Seite Die Schleppspannung Die darin enthaltene Schubspannung τ B bezeichnet man auch als Schleppspannung. Sie wäre dann die Belastung der Sohle, wenn die Wassersäule als starrer Körper über sie hinweggleitet. Die mit dieser Modellvorstellung verbundene Sohlschubspannung ist natürlich viel höher als die tatsächliche Belastung der Sohle durch das sich bewegende Fluid, da die gesamte Bewegungsenergie an der Sohle dissipiert wird. Tatsächlich unterscheidet sich der Fließvorgang im Gegensatz zum reinen Gleiten eines starren Körpers durch die vielfältigen inneren Bewegungsformen, bei denen jeweils durch die innere Reibung der Fluidteilchen untereinander Bewegungsenergie dissipiert wird. Die Schleppspannungsbeziehung besagt, daß die Sohle umso mehr belastet wird, desto größer die Neigung des Flusses ist. Damit ist diese im Gebirge größeren Belastungen als im Flachland ausgesetzt. Die Zusammenführung beider Sachverhalte bedeutet, daß Flüsse daran arbeiten, die Erdoberfläche zu ebnen. Die zweite Aussage unserer Beziehung besagt, daß die Schleppspannung proportional zu Wassertiefe und Dichte, also zur aufliegenden Gewichtskraft der Wassersäule ist. Unsere Gesetzmäßigkeit hebt an dieser Stelle die besondere Bedeutung von Hochwasserereignissen nicht nur als Naturkatastrophen, sondern auch als Gestaltungselement der Flußlandschaften hervor. An der Wasseroberfläche kann durch den Wind eine Schubspannung τ S auf den Wasserkörper wirken, die man als Windschubspannung bezeichnet. Es gilt somit gh z S x = 1 ϱ (τ S τ B ) Da Flüsse oft in Einmuldungen, hinter Dämmen oder im Schutz von Ufergewächsen liegen, kann man die Windschubspannung hier jedoch zumeist vernachlässigen Hydrodynamische Herleitung Die zweite Herleitung der Schleppspannungsbeziehung basiert auf der Auswertung der Impulsgleichung in Hauptströmungsrichtung: 0= 1 p ϱ x + 1 ϱ τ xz z + g sin α Die Lösung der vertikalen Impulsgleichung ist die hydrostatische Druckverteilung, mit der der Druck in der horizontalen Impulsgleichung substituiert wird: 0= gcos α z S x + 1 τ xz ϱ z g sin α Diese Gleichung wird für den Grenzfall kleiner Sohlneigungen zu g z S x = 1 τ xz ϱ z (2.2)

44 2.2. Die Schleppspannung Seite 35 D J J * Abbildung 2.2: Das vertikale Profil der turbulenten Schubspannung in einem Fließgewässer. und über die z-koordinate zwischen der Sohle z B und der freien Oberfläche z S integriert: gh z S x = 1 ϱ (τ S τ B ) Ist die Windschubspannung τ S an der freien Oberfläche Null, dann bleibt von der tiefenintegrierten Impulsgleichung in Stromrichtung x τ B = ϱgh z S x Diese Gleichung kann man mit der Schubspannungsgeschwindigkeit τb u := ϱ skalieren. Mit ihr ergibt sich für das Wasserspiegelgefälle Das Profil der Scherspannung gh z S x = u2 (2.3) Wir wollen nun untersuchen, wie sich die Scherspannung τ xz über die Vertikale verhält. Dazu setzen wir die Schleppspannungsbeziehung in die Gleichung (2.2) ein und integrieren diese über die Vertikale mit unbestimmter oberer Integrationsgrenze: z 0 z τ B h dz + 0 τ xz z dz =0 τ B h z + τ xz τ B =0 Damit bekommt man für das Profil der turbulenten Scherspannung:

45 Seite Die Schleppspannung τ xz (z) =ϱu 2 ( 1 z ) h (2.4) Die Scherspannung nimmt vom Boden ausgehend linear zur freien Oberfläche hin ab. Die Steigung des Scherspannungsprofils ist unter den genannten Bedingungen konstant. Die innere Reibung in einer gleichförmigen Gerinneströmung mit freier Oberfläche kann also einzig durch die Schleppspannung und die Wassertiefe erfaßt werden Der Zusammenhang zwischen Verlusthöhe und Schleppspannung Im ersten Kapitel hatten wir die Verlusthöhe h V als die zentrale Größe kennengelernt, die die Gerinneströmung hydraulisch berechenbar macht. Wir wollen nun einen Zusammenhang dieser Größe mit der Schleppspannung herleiten. Dazu schreibt man zunächst einmal die Bernoulligleichung für einen Flussabschnitt der Länge L bei gleichförmigen Abfluss auf: Da z 1 = z 2 + h V z S x = z 2 z 1 L bekommt man für die Schleppspannung: = h V L τ B = ϱgh h V l Man bekommt zudem für das Energieliniengefälle in einem Fließgewässer: I E = h V l = τ B ϱgh = z S x Bei gleichförmigem Abfluß ist die Oberflächenneigung gleich dem Energieliniengefälle, welches durch die Sohlreibung erzeugt wird. Bei gleichförmigem Abfluß entspringt also die Bewegungsenergie einzig und allein aus der Neigung des Wasserspiegels. Sie wird durch Gradienten im vertikalen Geschwindigkeitsprofil dissipiert, die durch die Sohlschubspannung verursacht wird.

46 2.3. Newtonsche Fluide Seite Newtonsche Fluide Die bisherigen Betrachtungen zum gleichförmigen Abfluss haben nur Aussagen über die wirkenden Spannungen, die dazugehörige Druckverteilung und den Energiehöhenverlust erbracht. Die wichtigste Kenngröße einer Strömung, die Fließgeschwindigkeit u ist irgendwie den Gesetzmäßigkeiten des gleichförmigen Abflusses entfleucht, wodurch wir keinerlei Erkenntnisse über ihr Verhalten gewonnen haben. Tatsächlich aber ist die Fließgeschwindigkeit nicht aus den Gesetzmäßigkeiten der Strömung verschwunden; sie steckt im Tensor der inneren Spannungen P. Dieser berechnet sich für Newtonsche Fluide, zu denen auch das Wasser eines Flusses gehört, als: P = ϱν u x + u x v x + u y w x + u z u y + v x v y + v y w y + v z u z + w x v z + w y w z + w z Darin ist ν die Viskosität des Fluids (Wasser hat die Viskosität 10-6 m 2 /s). Bildet man von diesem Tensor die Divergenz und entfernt Terme, die nach der Kontinuitätsgleichung Null sind, dann bekommt man die ausgeschriebenen Navier-Stokes- Gleichungen:

47 Seite Newtonsche Fluide u t + u u x + v u y + w u = 1 p + ν 2 u z ϱ x x + ν 2 u }{{}}{{} 2 y + ν 2 u 2 z }{{ 2 } Advektion Druck Viskosität + f x }{{} Kraft v t + u v x + v v y + w v z }{{} Advektion w t + u w x + v w y + w w z }{{} Advektion = 1 p ϱ y }{{} Druck = 1 p ϱ z }{{} Druck + ν 2 v x + ν 2 v 2 y + ν 2 v 2 z }{{ 2 } Viskosität + ν 2 w x + ν 2 w 2 y + ν 2 w 2 z }{{ 2 } Viskosität + f y }{{} Kraft + f z }{{} Kraft (2.5) u x + v y + w z =0 }{{} Kontinuität Beim gleichförmigen Abfluss reduzieren sich die Navier-Stokes-Gleichungen in dem zum Flusslauf ausgerichteten Koordinatensystem zu: 0= 1 p ϱ x + ν 2 u z + g sin α 2 (2.6) 0= 1 p ϱ z g cos α Die zweite Gleichung besitzt die hydrostatische Druckverteilung als Lösung. p(z) =p 0 + ϱg(z S z)cosα Das laminare Geschwindigkeitsprofil bei gleichförmigem Abfluss Letztere Annahme ist an den Kanalrändern sicher nicht richtig, aber wir hatten ja vorausgesetzt, daß der Kanal sehr breit ist, d.h. die sich an den lateralen Rändern bildenden Strömungseffekte können gegenüber der Hauptströmung vernachlässigt werden. Mit diesen Vereinfachungen ergibt sich für die Geschwindigkeitskomponenten:

48 2.3. Newtonsche Fluide Seite 39 z z = zs u(z) p(z) z =0 p = p 0 p,u Abbildung 2.3: Das parabolische Geschwindigkeitsprofil der laminaren Kanalströmung u = u(z) v = w =0 Von der x-navier-stokes-gleichung bleibt dann nur noch 0= 1 p ϱ x + ν 2 u z + g sin α 2 Für den Druck können wir die hydrostatische Lösung des letzten Abschnittes einsetzen: 0= gcos α z S x + ν 2 u z + g sin α 2 Beim sogenannten Normalabfluss nimmt man an, däs Sohlgefälle gleich dem Gefälle der Wasseroberfläche ist: z S x = z B x = tan α Dann vereinfacht sich die Gleichung zu: 0=ν 2 u +2gsin α z2 Man bestätige durch Einsetzen, daß u(z) = g sin α z(2z S z) 2ν

49 Seite Der turbulent-gleichförmige Abfluss eine Lösung des Problems ist. Sie erfüllt zum einen die Stokessche Wandhaftbedingung an der Sohle (z = 0) des Gewässers. An der Wasseroberfläche ist die vertikale Steigung des Geschwindigkeitsprofils Null, was gleichbedeutend damit ist, daß dort keine Schubspannungen wirken. Die Druckverteilung und das Geschwindigkeitsprofil der laminaren, gleichförmigen Strömung sind zusammenfassend in Abbildung 2.3 dargestellt. Die wichtigste hydrologische Leistung eines Flusses ist seine Fähigkeit, überschüssiges Oberflächen- und Grundwasser abzuführen. Dieses wird als Abfluß oder Durchflußrate Q (in m 3 /s) angegeben, wir erhalten sie, wenn wir die Geschwindigkeit über die Wassertiefe und die Breite integrieren: Bg sin αh3 Q = 3ν Die Natur gibt dem Fluß dabei den zu bewältigenden Abfluß Q, diegefälleneigung α und aus den morphologischen Gegebenheiten des Geländes seine Breite B vor. In Abhängigkeit vom Abfluß Q stellt sich in einem solchen Fluß die Wassertiefe h[m] = ( ) 1/3 ( ) 3νQ Q 1/3 = gb sin α B sin α ein. Sie ist umso größer, desto höher der Abfluß und desto geringer die Breite und die Sohlneigung sind. Dem Leser sei empfohlen, nun die Wassertiefe in einem ihm bekannten Gewässer zu berechnen, dazu entnehme er den Abfluß gewässerkundlichen Veröffentlichungen, die Sohlneigung schätze er aus topographischen Geländeangaben und die Breite aus der Inaugenscheinnahme (in einer Karte) ab. Man stellt schnell fest, daß die Formel die Wassertiefen in Fließgewässern -für die Schiffahrt glücklicherweise- stark unterschätzt. 2.4 Der turbulent-gleichförmige Abfluss In der Realität sind die Strömungen in Fließgewässern nicht gleichförmig und stationär. Wir betrachten als Beispiel Messungen der zeitlichen Variabilität der Strömungsgeschwindigkeit in Abbildung 2.4. Der erste Blick ist sehr entmutigend, ist die Strömungsgeschwindigkeit doch ziemlich chaotischen Schwankungen unterworfen. Die Ursache für diese chaotischen Bewegungsformen kann man mit dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik erklären, der besagt, daß jegliche Strömungsenergie letztlich in Wärme umgesetzt wird. Dies geschieht in einer Wirbelkaskade, in der großskalige über kleinskalige in mikroskopische Wirbel umgeformt werden, was zu einer Erhöhung der mittleren kinetischen Energie auf der molekularen Ebene und somit der Temperatur führt. Die Überlagerung der verschiedenen Skalen von Bewegungen führt zu einem örtlich und zeitlich stark fluktuierendem Strömungsfeld. Die

50 2.4. Der turbulent-gleichförmige Abfluss Seite 41 & $ " / A I? D M EC A EJ I & $ "! " # $ % & ' A EJ I Abbildung 2.4: Fluktuationen der Geschwindigkeit in der Fahrrinne der Weser bei Imsum (Weser-km 74.5) in 1.6 m (durchgezogen), 2.35 m (gepunktet) und 5.10 m (gestrichelt) über der Sohle. Meßintervall 2 s. Schätzt man die Periode der Fluktuationen grob mit 7 sec und die mittlere Geschwindigkeit mit 0.7 m/s ab, dann ergibt sich ein Wirbeldurchmesser von 4.9 m. Zeitableitungen sind damit in einer solchen turbulenten Strömung niemals Null. Gleiches gilt für die Ortsableitungen der Geschwindigkeiten, auch sie sind in den vielen Wirbeln nicht Null. Die Navier-Stokes-Gleichungen gelten auch für eine solche turbulente Strömung, wenn man nur jede, aber auch wirklich jede zeitliche und räumliche Schwankung der Geschwindigkeit berücksichtigt. Dies ist natürlich nicht möglich und glücklicherweise auch nicht nötig. Vielmehr interessiert man sich nur für die mittleren Strömungsgrößen und läßt die Fluktuationen außer acht. Die sich hinter den turbulenten Schwankungen verbergende mittlere Strömung kann man z.b. durch eine gleitende Mittlung aufdecken. Das Ergebnis zeigt in Abbildung 2.5 eine deutliche Zunahme der mittleren Strömungsgeschwindigkeit mit wachsendem Abstand von der Sohle. Dies ist in Sohlnähe natürlich grundsätzlich der Fall, da die Strömungsgeschwindigkeit direkt an der Sohle Null ist. Die theoretischen Gesetzmäßigkeiten der mittleren Strömung werden durch die Reynoldsgleichungen beschrieben. Sie lauten:

51 Seite Der turbulent-gleichförmige Abfluss & $ " / A I? D M EC A EJ I & $ " # #!! # " " # # # # $ A EJ I Abbildung 2.5: Gleitendes Mittel der Geschwindigkeiten in der Fahrrinne der Weser bei Imsum (Weser-km 74.5) in 1.6 m (unten), 2.35 m (Mitte) und 5.10 m (oben) über der Sohle. Mittlungsintervall: 6 min. u t + u u x + v u y + w u z = 1 ϱ p x + 1 ϱ τ xx x + 1 τ xy ϱ y + 1 τ xz ϱ z + f x v t + u v x + v v y + w v z = 1 ϱ w t + u w x + v w y + w w z = 1 ϱ p y + 1 ϱ p z + 1 ϱ τ yx x + 1 τ yy ϱ y + 1 τ yz ϱ z + f y τ zx x + 1 τ zy ϱ y + 1 τ zz ϱ z + f z (2.7) u x + v y + w z =0 Darin sind nun u, v und w die über ein Zeitintervall gemittelten Geschwindigkeiten, die keine turbulenten Schwankungen mehr enthalten. In den Reynoldsgleichungen tauchen die turbulenten inneren Spannungen τ xx =2µ ( u x ) ϱu u τ xy = τ yx = µ ( v x + u ) ϱu y v

52 2.4. Der turbulent-gleichförmige Abfluss Seite 43 ( ) ( v v τ yy =2µ ϱv y v τ yz = τ zy = µ z + w ) ϱv y w ( ) ( w w τ zz =2µ ϱw z w τ zx = τ xz = µ x + u ) ϱu z w auf, die die turbulenten Geschwindigkeitsschwankungen u, v und w in Form ihrer Korrelationen enthalten. Wir wollen als turbulent-gleichförmigen Abfluss nun eine Situation betrachten, bei der sich die Strömungsverhältnisse auf Bahnlinien im mittleren Geschwindigkeitsfeld nicht ändern Die Druckverteilung in der turbulenten Strömung In einer realen Fließgewässerströmung treten im Geschwindigkeitsfeld in hohem Maße turbulente Schwankungen auf. Wir haben also mit den Reynoldsgleichungen zu untersuchen,obsichderdruckdannimmernochhydrostatischverhält. Dabei ist die mittlere Geschwindigkeit w immer noch Null. Von der Reynoldsgleichung in z-richtung bleibt dann 0= 1 τ zx ϱ x + 1 τ zy ϱ y + 1 τ zz ϱ z 1 p ϱ z g cos α Nimmt man ferner an, daß die Reynoldsspannungen in x- und y-richtung konstant sind, dann bleibt 0= τ zz z + p + ϱg cos α z Damit bekommt der Druck in einer gleichförmigen, turbulenten Gerinneströmung die Form: p(z) =p 0 + ϱg(z S z)cosα + τ zz Er unterscheidet sich also von der gleichförmigen laminarengerinneströmung durch einen Zusatzterm der Vertikalkomponente des Reynoldsspannungstensors. Für einfache hydraulische Berechnungen gibt man sich aber mit der hydrostatischen Druckverteilung zufrieden Das Wirbelviskositätsprinzip Um die Reynoldsgleichungen weitergehend zu lösen, müssen die turbulenten Reynoldsspannungen bekannt sein. Das Prinzip der Wirbelviskosität (engl. eddy viscosity concept) ist der grundlegendste Ansatz zur Bestimmung dieser unbekannte, turbulenten

53 Seite Der turbulent-gleichförmige Abfluss ' & 4 A 9 = I I A HJEA BA D % $ # "! D D D D # # #!, E A I E I I A / A I? D M EC A EJK K Abbildung 2.6: Dimensionslose Darstellung des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils für verschiedene relative Bedeckungen z 0 /h. Geschwindigkeitskorrelationen. Es besagt, daß die korrelierten turbulenten Fluktuationen sich auf die Strömung wie zusätzliche viskose Spannungen auswirken, die genau deshalb als Reynoldsspannungen bezeichnet werden. Man setzt: τ ij = ϱν t ( ui x j + u j x i Das Prinzip der Wirbelviskosität nimmt also an, daß die turbulenten Schwankungen proportional zu den Scherungen der mittleren Geschwindigkeiten sind. Der Proportionalitätsfaktor ν t heißt turbulente Viskosität. Umsogrößer die turbulente Viskosität ist, desto mehr Turbulenz wird durch eine gewisse Scherung des mittleren Geschwindigkeitsfeldes produziert. Es bleibt, einen Ansatz für die turbulente Viskosität zu finden. Hierzu benötigen wir allerdings weitergehende Kenntnisse über die mittlere Strömungsgeschwindigkeit in Fließgewässern Das vertikale Geschwindigkeitsprofil der turbulenten Strömung Auch im turbulenten Fall ist die mittlere, d.h. turbulenzbefreite Geschwindigkeit in der direkten Nachbarschaft der Sohle im Bereich des Haftwassers Null. Darüber befindet sich )

54 2.4. Der turbulent-gleichförmige Abfluss Seite 45 eine in der Regel nur wenige Millimeter dicke viskose Schicht, in der keine Turbulenzen auftreten. Das Geschwindigkeitsprofil ist dort: u(z) = u2 z (2.8) ν mol Dabei wurde der Einfachheit halber die geodätische Höhe der Sohle bei z = 0 angenommen. In der viskosen Schicht steigt die Geschwindigkeit also sehr steil linear an, so daß nach nur wenigen Millimetern schon ein beträchtlicher Wert der mittleren Strömungsgeschwindigkeit angenommen wird. Das Geschwindigkeitsprofil im Bereich über der viskosen Schicht ist genau wie bei der rauhen Wand logarithmisch: u(z) = u κ ln z z 0 (2.9) Dieses Gesetz heißt von Kàrmàn-Prandtl-Gleichung. κ ist darin eine Konstante, sie hat den Wert κ =0.41 und man bezeichnet sie als von Kàrmàn-Konstante. Ferner ist z 0 die Höhe über der Sohle, in der die Geschwindigkeit Null wird. Diese Höhe ist sicherlich ein Maß für die Sohlrauheit. Es sei an dieser Stelle schon vorweggenommen, daß zwischen ihr und der effektiven Sohlrauheit der Zusammenhang k s =30z 0 besteht. Der wichtigste Parameter dieser Gleichung ist die sogenannte Schubspannungsgeschwindigkeit u, der die Einheit eine Geschwindigkeit hat. Sie ist aber eigentlich ein Maß für die Sohlschubspannung, wie wir noch sehen werden. Bestimmung von u und z 0 Mißt man die mittlere Strömungsgeschwindigkeiten u 1 und u 2 in zwei unterschiedlichen Höhen z 1 und z 2 über der Sohle, dann kann man mit Profilgleichung (2.9) zwei Gleichungen mit den beiden Unbekannten u und z 0 aufstellen und diese bestimmen. Dabei zeigt sich, daß die auf diesem Wege bestimmte Sohlschubspannung kleiner als die Schleppspannung ist. Dies liegt daran, daß die Schleppspannung die Sohle für alle Reibungsverluste in der Strömung verantwortlich macht. Tatsächlich wird die Bewegung des Wassers aber auch durch Turbulenzen in der Strömung sowie durch die innere Reibung der langsamen an den schnellen Fluidschichten gedämpft.

55 Seite Der turbulent-gleichförmige Abfluss Bestimmung der Sohlschubspannung Damit kann man die Schleppspannung nur zu einer ersten einfachen Abschätzung der Sohlbelastung heranziehen. Das Gefälle des Flusses kann dazu aus der zurückgelegten Höhendifferenz und der Lauflänge abgeschätzt werden. Man bekommt so eine obere Abschätzung für die im räumlichen Mittel auf die Sohle wirkenden Kräfte. Dietatsächlich wirkende lokale Sohlschubspannung kann man nur aus einer detaillierten Ausmessung des Geschwindigkeitsprofils oder aus einer numerischen Modellierung der Strömung in diesem Gewässer bestimmen. Das Geschwindigkeitsprofil von Coles Bei nicht allzu tiefen Fließgewässern geht man davon aus, daß die logarithmische Schicht sich bis zur freien Oberfläche fortsetzt und diese keinen nennenswerten Einfluss auf die Geschwindigkeitsverteilung hat. Dies kann natürlich nicht richtig sein. Eine andere Darstellung des Geschwindigkeitsprofils zur Berücksichtigung der Wirkung der freien Oberfläche stammt von Coles (1956) [52]. Er schlug vor, die Parameter des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils der Wand selbst unverändert zu lassen und eine additive Korrektur anzubringen: ( ( ) ) 1 u(z) =u κ ln zu +5.5+w(z/h) (2.10) ν Diese ist: w(z/h) = 2Π ( ) πz κ sin2 (2.11) 2h An der Sohle findet durch diese Konstruktion keine Korrektur statt, das Geschwindigkeitsprofil entspricht hier dem universellen logarithmischen, während die Geschwindigkeit an der freien Oberfläche vergrößert wird. Die tiefengemittelte Geschwindigkeit Wir wollen schließlich die tiefengemittelte Geschwindigkeit aus dem über die ganze Wassertiefe angenommenen logarithmischen Geschwindigkeitsprofil berechnen: u = 1 h h z 0 u κ ln z z 0 dz, Das Ergebnis ist: u = u κ ( ln h + z ) 0 z 0 h 1 (2.12)

56 2.4. Der turbulent-gleichförmige Abfluss Seite 47 Diese tiefengemittelte Geschwindigkeit wird in der Höhe z = he z 0 h 1 h e 0.37h (2.13) über der Sohle angenommen Das Mischungswegmodell Das von Prandtl [57], [50] 1925 veröffentlichte Mischungswegmodell nimmt an, daß die turbulente Viskosität ν t in der Form ν t = lm ( ) 2 u +2 x ( ) 2 v +2 y ( ) 2 w z ( v x + u ) 2 ( w + y x + u ) 2 ( w + z y + v ) 2 z 1/2 (2.14) dargestellt werden kann. Sie ist also proportional dem Betrag der Scherung des Geschwindigkeitsfeldes. Der Mischungswegansatz berücksichtigt die uns nun schon bekannte Tatsache, daß der Grad der Turbulenz umso höher ist, desto größer die Scherung des Geschwindigkeitsfeldes ist. Der Proportionalitätsfaktor l m heißt dabei Mischungsweg, da er die Einheit einer Länge hat. Dazu untersuchen wir, wie wir das logarithmische Geschwindigkeitsprofil in einem numerischen Modell simulieren können, d.h. wir konstruieren ein entsprechendes Mischungswegmodell. Dazu müssen wir untersuchen, welche Gestalt die turbulente Viskosität ν t und der Mischungsweg l m über die Vertikale haben müssen, damit sie das logarithmische Geschwindigkeitsprofil reproduzieren. Nach dem Wirbelviskositätsprinzip läßt sich die turbulente Viskosität formal als ν t (z) = τ(z) ϱ u z berechnen. Formal deswegen, weil man ja nicht durch Null teilen soll und u kann sehr z oft Null sein. Die Steigung des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils können wir leicht berechnen, sie ist: u z = u κz Mit dem linearen Profil der inneren Spannungen folgt für die Vertikalverteilung der Wirbelviskosität im Falle eines logarithmischen Geschwindigkeitsprofils:

57 Seite Der turbulent-gleichförmige Abfluss Abbildung 2.7: Das Profil der turbulenten Viskosität in Fließgewässern im Vergleich mit aus Messungen gewonnenen Werten (Punkte). ν t (z) =κu z ( 1 z ) h (2.15) In realen Strömungen treten z.b. im ufernahen Bereich neben den vertikalen auch horizontale Geschwindigkeitsgradienten auf. Um die gewonnenen Erkenntnisse über das logarithmische Geschwindigkeitsprofil auf diese allgemeineren Situationen zu übertragen, extrahieren wir den Mischungsweg, der laut Definition ν t = lm 2 u z und somit für das logarithmische Geschwindigkeitsprofil l m = κz 1 z h (2.16) ist. Setzen wir diesen in die Ausgangsgleichung des Prandtlschen Mischungswegmodells ein, dann bekommt man die turbulente Viskosität in der allgemeingültigeren Form

58 2.4. Der turbulent-gleichförmige Abfluss Seite 49 ν t = κ 2 z 2 ( 1 z h) 2 + ( ) 2 u +2 x ( ) 2 v +2 y ( ) 2 w z ( v x + u ) 2 ( w + y x + u ) 2 ( w + z y + v ) 2 z 1/2 (2.17) Damit zeigt sich im Umkehrschluß, daß ein dreidimensionales auf den Reynoldsgleichungen basierendes Modell mit konstanten Wirbelviskositäten nicht in der Lage ist, ein logarithmisches Geschwindigkeitsprofil zu reproduzieren. Erst die Anwendung eines Mischungswegmodells mit der genannten Form des Mischungswegs kann diese Charakteristika modellieren. Es sei abschließend angemerkt, daß die angegebene Mischungswegverteilung für tiefe Gewässer keine Gültigkeit hat. Hierfür sollen zwei Gründe angeführt werden. Der Mischungsweg hat sein Maximum auf der Höhe 2/3 h über der Sohle, er erreicht dort den Wert 2κh/ h. Damit ist sein Maximalwert proportional zur Wassertiefe, würde also in sehr tiefen Gewässern stetig wachsen. Nach dem Bild von Prandtl würde dies mit der Existenz von entsprechend großen Wirbelstrukturen verbunden sein. Ferner wachsen die mischungswegdämpfende Wirkung der Sohle als auch der freien Oberfläche ebenfalls stetig mit der Wassertiefe. Dabei dominiert in den unteren zwei dritteln der Wassersäule die Sohlwirkung, während das obere Drittel durch die freie Oberfläche begrenzt ist. Tatsächlich ist in den mittleren Bereichen tiefer Gewässer weder Sohle noch freie Oberfläche zu spüren. Implementation in dreidimensionalen HN-Modellen Zur Implementation dieser Ansätze in dreidimensionalen HN-Modellen muß der Programmentwickler zunächst mal davon ausgehen, daß die Sohle nicht bei z = 0, sondern allgemein bei z = z B liegt. Damit werden die zu implementierenden Ansätze zu ( ν t (z) =κu (z z B ) 1 z z ) B h und l m = κ(z z B ) 1 z z B h Ferner muß er sich entscheiden, ob er das parabolische Profil der Wirbelviskosität direkt oder den Mischungswegansatz implementiert und die Wirbelviskosität aus Gleichung (2.14) bestimmt. Ist das in einer Simulation sich einstellende Geschwindigkeitsprofil tatsächlich logarithmisch, dann kommt auf beiden Wegen dasselbe raus. Dies ist aber

59 Seite Übungen in der Regel nicht der Fall, so daß der Mischungswegansatz dann auch kein parabolisches Wirbelviskositätsprofil liefern wird. Dafür berücksichtigt es aber die tatsächlichen Geschwindigkeitsgradienten, liefert also eine umso größere turbulente Viskosität desto größer die aktuellen Geschwindigkeitsgradienten sind. Der Autor dieser Schrift ist daher eher dazu geneigt, den Mischungswegansatz in seiner vollständigen Form nach Gleichung (2.14) zu implementieren. 2.5 Zusammenfassung Beim gleichförmigen Abfluss ist die vertikale Druckverteilung in der Wassersäule des Fließgewässers hydrostatisch. Wäre der Abfluss laminar, so bildet sich eine quadratische Geschwindigkeitsverteilung aus. Tatsächlich aber ist der Abfluss in keinem natürlichen Fließgewässer laminar. Bei turbulentem Abfluss bildet sich ein logarithmisches Geschwindigkeitsprofil aus. 2.6 Übungen 1. Zeigen Sie, daß die Divergenz des viskosen Spannungstensors div P = ϱν 2 u x + 2 u 2 y + 2 u 2 z 2 2 v x + 2 v 2 y + 2 v 2 z 2 2 w x + 2 w 2 y + 2 w 2 z 2 2. Nummerieren Sie die Terme in den vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen (2.5) durch, die in (2.6) wegfallen, und geben Sie für jeden Term einen Grund an, warum er bei gleichförmigem Abfluss wegfällt. 3. In einem 5 m tiefen Fluss mit einem Gefälle von 1:2000 leiege der Nullpunkt des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils bei 3 cm. Wie groß sind die Schleppspannung und die turbulente Viskosität 2.5 m über der Sohle? 4. u sei Gaussverteilt

60 Kapitel 3 Die Sohltopographie des Fließgewässers Die untere Begrenzung eines Fließgewässers ist die Sohle. Sie kann aus Sedimenten, anstehendem Gestein oder der Oberfläche eines Bauwerkes bestehen. Sie definiert das Fließgewässer zum überwiegenden Teil, da z.b. die Wasseroberfläche als obere Berandung selbst von den hydrologischen Gegebenheiten abhängig ist. Daher werden wir uns im ersten Teil diese Kapitels mit der Darstellung der Sohltopographie bzw. Bathymetrie beschäftigen, die vor jedem wasserbaulichen Projekt bekannt sein sollte. Die Sohle stellt eine Grenzfläche dar, an der zwei Naturräume mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften einander berühren. Man bezeichnet solche Flächen daher auch als Kontaktflächen. Die Gesetze, die auf einer solchen Grenzfläche gelten, ergeben sich aus der Tatsache, daß sich einige physikalische Größen über die Grenze hinweg stetig verhalten, während andere Größen sich abrupt ändern. Aus diesen Gesetzen ergeben sich ferner die Wechselwirkungen der Strömung in der Wassersäule mit dem darunter liegenden Boden oder Gestein. So sei die Geschwindigkeit als ein Beispiel für eine stetige und die Dichte als Beispiel für eine diskontinuierliche Größe genannt. Der Leser sei an dieser Stelle ermutigt, das Stetigkeitsverhalten anderer Größen an der Sohle in Gedanken zu diskutieren. 3.1 Die Darstellung der Sohltopographie Die vielleicht wichtigste Aufgabe bei der Erstellung eines Fließgewässermodells ist die geometrische Beschreibung des Modellgebietes d.h. der Topographie der Gewässersohle. Diese Aufgabe besteht darin, daß wir die geodätische Höhe der Sohle z B (der Index B steht für engl. Bottom) als Funktion der horizontalen Koordinaten x und y bestimmen: z B = z B (x, y) 51

61 Seite Die Darstellung der Sohltopographie Hierbei wird die geodätische Höhe z B in der Regel auf Normalnull (NN) 1 bezogen. Die horizontalen Koordinaten x und y sollten zweckmäßigerweise im Gauß-Krüger-Koordinatensystem 2 angegeben werden. Doch diese einfache Zuordnung birgt schon einige Spezialisierungen in sich. Sie geht nämlich davon aus, daß zu jedem Ort in der Horizontalen nur ein Wert der Sohlhöhe gehört. Wir schließen damit die geometrische Beschreibung von Höhlen und Einbuchtungen, aber auch senkrechte Begrenzungen wie Spundwände zunächst aus. Ferner wird vorausgesetzt, daß die geodätische Höhe der Sohle keine zeitliche Änderung aufweist, somit also kein Feststofftransport stattfindet. Auch wenn dies für feste Sohlen nicht falsch ist, können Sedimentsohlen schon in wenigen Tagen ihre Lage oder Gestalt ändern. Um eine solche Morphodynamik des Gewässers zu erfassen, muß die geodätische Höhe der Sohle als Funktion der horizontalen Koordinaten x und y und der Zeit t dargestellt werden: z B = z B (x, y, t) Topographische Daten liegen in Abhängigkeit von der Nutzung eines Gewässers in unterschiedlicher Qualität und Quantität, d.h. räumlicher und zeitlicher Dichte vor. So werden Bundeswasserstraßen in regelmäßigen Abständen bepeilt, um den Anforderungen der Schiffahrt Genüge zu leisten, bei natürlichen ungenutzten Gewässern besteht die Notwendigkeit der regelmäßigen Bepeilung nicht. Zur Erfassung von Geländestrukturen stehen mittlerweile moderne flächenhaft arbeitende Meßverfahren zur Verfügung. Über Vorländern und trockenfallenden Gebieten wie das Wattenmeer bietet sich die Fernerkundung mit Laserscannverfahren an. Bei dauerhaft überströmten Bereichen lassen sich Fächerecholotpeilungen durchführen. Die so entstehenden Rohdatensätze bestehen aus vielen millionen Punkten, die in einer Qualitätskontrolle auf Plausibilität überprüft werden müssen. Zusätzlich müssen die aus verschiedenen Meßverfahren stammenden Datensätze zusammengeführt und daraus ein einheitlicher Datensatz erstellt werden. Daher ist es vorteilhaft, Befliegungen bei möglichst niedrigem Wasserstand und Bepeilungen bei möglichst hohem Wasserstand durchzuführen, um in dem so entstehenden Überlappbereich die Höhenlage der beiden Methoden in Übereinstimmung zu bringen. Weiter müssen Lücken in den Datensätzen 1 Als Normalnull bezeichnet man den Bezugspunkt für alle deutschen Höhenangaben, der sich auf das Niveau des mittleren Wasserstandes des Meeres bezieht. Da der Meeresspiegel schwankt, haben sich die Staaten feste Bezugspunkte geschaffen, auf die sie sich bei ihren Vermessungen beziehen. Seit 1912 liegt der deutsche Höhenbezugspunkt 38 km östlich von Berlin bei Dahlwitz-Hoppegarten. Dieser Normalnullpunkt liegt 16 mm über dem Amsterdamer Pegel. 2 Rechtwinkliges Gitternetz in der Geodäsie. Die Lage eines Punktes wird durch seinen Rechtswert und Hochwert bestimmt. Der Rechtswert ist der Abstand von einem bestimmten Hauptmeridian, der Hochwert ist der Abstand vom Äquator. Als Hauptmeridiane sind die Meridiane 6 o,9 o und 12 o in Gebrauch.

62 3.2. Differentialgeometrie der Flächen Seite 53 Abbildung 3.1: Methoden zur Aufnahme des Geländes (Th. Wenka). mit plausiblen Werten aus vorhandenen Karten oder Datenbänken aufgefüllt und Bereiche zu hoher Dichte von redundanten Daten ausgedünnt werden. Die diskreten Datenpunkte werden in einem weiteren Arbeitsgang zu einem flächenhaftkontinuierlichen Modell, dem sogenannten digitalen Geländemodell verarbeitet. Dies geschieht unter Einbeziehung topologischer Strukturen, d.h. die Datenpunkte werden zu einem Gitter verknüpft. Auf den dadurch entstehenden einzelnen Gitterbausteinen sind Interpolationsvorschriften vorgegeben, so daß man an jedem beliebigen Punkt Informationen über die Topographie besitzt. Schließlich kann die Topographie des digitalen Geländemodells auf die diskreten Knoten einen numerischen Modells abgebildet werden. Wir gehen im folgenden also davon aus, daß die geodätische Höhe der Sohle überall bekannt ist. Wer sich tiefer in die Problematik einarbeiten will, sei auf [80] verwiesen. 3.2 Differentialgeometrie der Flächen Mathematiker bezeichnen Flächen als zweidimensionale Untermannigfaltigkeiten des dreidimensionalen Raumes. Daß Flächen zweidimensionale Gebilde sind, ist anschaulich klar, man kann sich an jedem Punkt auf ihr in eine Richtung oder in eine dazu orthogonale Richtung bewegen. Jede Bewegung auf ihr läßt sich also als Linearkombination

63 Seite Differentialgeometrie der Flächen Abbildung 3.2: Digitales Geländemodell der Weser etwa 20 km südlich von Bremerhaven. Dem DGM liegt ein 5m-Raster zugrunde, die Daten stammen aus Befliegungen und Peilungen, Datenlücken sind grau dargestellt. Man beachte die Sedimentdünen in der Fahrrinne.

64 3.2. Differentialgeometrie der Flächen Seite 55 dieser beiden Grundrichtungen darstellen. Die Sohlfläche des Strömungsgebietes ist dadurch definiert, daß jedem Tupel (x, y) aus horizontalen Koordinaten und der Zeit ein Wert z B (x, y) in der Vertikalen zugeordnet wird, wodurch sich allgemein eine Parametrisierung der Sohlfläche als ψ : x y x y z B (x, y) ergibt. Diese Abbildung können wir nach ihren zwei Variablen x und y ableiten. Man erhält dadurch zwei linear unabhängige Vektoren ψ x = 1 0 z B (x, y, t) x und ψ y = 0 1 z B (x, y, t) y die in tangentialer Richtung an der Fläche haften. Der erste Vektor ist dabei in x-, der zweite in y-richtung orientiert. Durch die Normierung auf die Länge eins entstehen die beiden Tangentialvektoren 1 t x = 1+( zb (x, y, t) x ) z B (x, y, t) x und t y = 1 ) 2 1+( zb (x, y, t) y 0 1 z B (x, y, t) y Während man also einer Kurve an jedem Punkt einen Tangentialgerade zuordnen kann, haften an jedem Punkt einer Fläche zwei linear unabhängige Tangentialvektoren t x und t y, die den sogenannten Tangentialraum T (x,y) z B an einem durch (x, y) eindeutig bestimmten Punkt der Fläche z B aufspannen. Die Dimension dieses Raumes ist zwei, er kann also geometrisch durch eine Ebene, die Tangentialebene dargestellt werden. Normalenvektoren n stehen senkrecht zur Fläche und somit auch senkrecht zu den beiden Tangentialvektoren. Man kann sich somit Normalenvektoren durch die Rechenvorschrift

65 Seite Die kinematische Randbedingung an der Sohle n = t x t y oder n = t y t x konstruieren. Wir setzen nun den Einheitsnormalenvektor so fest, daß er aus dem Strömungsgebiet heraus zeigt und normiert ist. Für die Sohlfläche ergibt sich somit der Normaleneinheitsvektor n B als n B = 1+( zb x 1 ) 2 + ( ) 2 zb y z B x z B y 1 (3.1) Wir wollen nun spezifizieren, wie man ein Flächenstück mathematisch beschreibt. Dazu müssen wir den Wertebereich der Parametrisierungskoordinaten beschränken. So wird z.b. eine Sohlfläche mit rechteckiger Projektion in die horizontale Ebene durch die Beschränkung der Koordinaten auf x [x 0,x 0 + x] und y [y 0,y 0 + y] erzielt. Dabei kann es nötig werden, die eine Koordinate als Funktion der anderen Koordinate darzustellen. So wird eine Fläche, deren horizontale Projektion ein Kreis mit dem Radius R um den Koordinatenursprung ist, durch den Parameterbereich x [ R, +R] und y [ R 2 x 2, R 2 x 2 ] beschrieben. Mit diesen Methoden ist es nur möglich, konvexe Flächenstücke zu modellieren, d.h. solche Flächenstücke, bei denen jede Verbindungslinie zweier Innenpunkte vollständig zum Flächenstück gehört, dieses also nicht etwa verläßt. Kompliziertere Flächenstücke müssen durch die Zerelgung in einzelene einfache Teilflächenstücke beschrieben werden. An diesen Beispielen sieht man, daß die Beschreibung natürlicher Flächen ein kreativer mathematischer Prozeß ist. 3.3 Die kinematische Randbedingung an der Sohle Wir wollen uns nun mit den hydromechanischen Gesetzmäßigkeiten beschäftigen, die direkt auf der Sohlfläche gelten. Dabei gehen wir davon aus, daß der unter der Sohle anstehende Boden und das Wasser der Wassersäule voneinander getrennt bleiben, durch die Sohle finde also keinerlei Massenaustausch statt. Dies bedeutet, daß alle Massenflüsse durch die Sohle Null sind. Damit gilt an der Sohle die Stokessche Wandhaftbedingung: u B =0 Die soeben getroffene Annahme einer undurchdringlichen Sohle ist zulässig, wenn nichtporöses Gestein oder ein undurchlässiger Tonboden ansteht. Sie ist dann nicht aufrecht zu halten, wenn der anstehende Boden porös ist und im Porenwasser ein Überdruck

66 3.3. Die kinematische Randbedingung an der Sohle Seite 57 z u B z w B x β z B = z B (x) x Abbildung 3.3: Sohlneigungswinkel β und kinematische Randbedingung: Die Strömungsrichtung ist tangential zur Sohle. oder der Boden ungesättigt ist. Im ersten Fall drückt der Boden Wasser in die Wassersäule und im zweiten Fall wird Wasser aus der Wassersäule gezogen (Infiltration). Die Infiltration ist besonders dann wichtig, wenn ein Fließgewässer über seine Ufer tritt. Bei eingedämmten Flüssen ist eine Veränderung des Wasserspiegels ebenfalls mit einem Austausch mit dem angrenzenden Grundwasser verbunden. Um die Stokessche Wandhaftbedingung ein wenig zu entschärfen, gehen wir nun davon aus, daß kein Massenfluß senkrecht zur Sohlfläche existiert: u n B =0 Die Undurchdringlichkeitsbedingung an der Sohle lautet mit dem Normaleneinheitsvektor z B x u B z B v B y =0 w B 1 oder ausgeschrieben: z B w B = u B x + v z B B y (3.2)

67 Seite Die Neigung der Sohle Diese Gleichung wird als kinematische Randbedingung an der Sohle bezeichnet. Sie ist physikalisch gesehen nichts anderes als eine geometrische Zwangsbedingung, die auf sich am Boden bewegende Flüssigkeitsteilchen ausgeübt wird. Man kann ihre Wirkung im Fall einer ebenen Sohle leicht plausibilisieren: Hat dieser die Steigung z/ x, dann hat der Geschwindigkeitsvektor die Neigung w B /u B (siehe Abbildung 3.3) und für eine horizontale Sohle gilt w B =0. Während bei der kinematischen Randbedingung eine Strömungsbewegung parallel zur Fläche erlaubt ist, findet bei der Stokesschen an der Sohle keine Bewegung mehr statt. Ein Strömungsfeld, welches die Stokessche Randbedingung erfüllt, erfüllt auch automatisch die kinematische Randbedingung. Die Umkehrung gilt natürlich nicht Die Integraltransformationsformel Mit Hilfe der Integraltransformationsformel kann man dann auch den Fluss Φ über die Sohlfläche S integrieren, wenn deren Projektion auf die xy-ebene ein Rechteck aufspannt: A Φd S = x 0 + x x 0 y 0 + y y 0 1+ ( zb x ) 2 + ( ) 2 Φ(x, zb y)d x y Damit haben wir nun das nötige Werkzeug zur Hand, um Flüsse durch beliebige Flächen tatsächlich berechenbar zu machen. Die in dieser Integrationsformel auftauchende Wurzel hat eine weitere Interpretation. Da die Funktion ψ x ψ ( y = zb 1+ x ) 2 + ( ) 2 zb y den Flächeninhalt des von den Vektoren ψ ψ und erzeugten Parallelogramms mißt, x y ist der Flächeninhalt nichts anderes als die infinitesimale Summe der sie erzeugenden Einzelparallelogramme. 3.4 Die Neigung der Sohle Die differentialgeometrische Betrachtungsweise der Sohlfläche eröffnet viele Anwendungen großer praktischer Bedeutung. So ist der Neigungswinkel β der Sohlfläche von Wichtigkeit, um z.b. die Anfälligkeit der Sohle gegenüber Rutschungen und Sohlenbrüche zu quantifizieren. Wir gehen also davon aus, daß die vertikale Koordinate z B an jedem Ort (x, y) bekannt ist, wir ferner daraus die Steigungen z B / x und z B / y in beide Koordinatenrichtungen bestimmen können.

68 3.4. Die Neigung der Sohle Seite 59 Wir bilden zunächst die Projektion des Normaleneinheitsvektors n B auf die Vertikale und bezeichen diesen Vektor mit n V : n V =( n B e z ) e z Die verbleibende Horizontalkomponente des Normaleneinheitsvektors bezeichnen wir mit n H : n H = n B n V = n B ( n B e z ) e z Der Quotient von Vertikal- und Horizontalbetrag dieser beiden Vektoren ist der Tangens des Sohlneigungswinkels β: tan β = n V n H = ( zb x ) 2 + ( ) 2 zb (3.3) y Der so berechnete Wert ist grundsätzlich positiv, man hat also noch zu berücksichtigen, ob es sich um eine Sohlsteigung oder ein Sohlgefälle handelt, ob der Neigungswinkel β also gegenüber der Horizontalen einen positiven oder negativen Drehsinn aufweist. Es gibt noch einen zweiten - wesentlich komplizierteren - Weg zur Berechnung der Sohlneigung β, der über das Skalarprodukt führt. Betrachten wir dazu zunächst eine nur in x-richtung geneigte Sohle. Der Sohlneigungswinkel wird dann von dem horizontalen Normaleneinheitsvektor in x-richtung e x und dem Tangentialvektor t x eingeschlossen. Der Cosinus des Neigungswinkels ergibt sich aus dem Skalarprodukt dieser beiden Vektoren als: lediglich Neigung in x-richtung: cos β = e x t x e x t x = e x t x = 1 1+( zb x Der allgemeine Fall ist auch nicht viel schwieriger. Hier liegt der Neigungswinkel β zwischen der Linearkombination der beiden Vektoren e x und e y und der Linearkombination der Vektoren t x und t y, deren Gewichtung sich nach der Richtung richtet, in der die Sohle geniegt ist. Diese Gewichtungen sind nichts anderes als die Steigungen z B / x und z B / y in beide Koordinatenrichtungen. Wir bekommen im allgemeinen Fall: cos β = ( zb x e x + z )( B y e zb y t x x + z ) B t y y z B x e x + z B y e y z B x t x + z B y t y Mittels dieser Beziehung läßt sich die Sohlneigung exakt bestimmen. Da die Auswertung der Gleichung allerdings im Vergleich zur Tangensmethode wesentlich aufwendiger ist, ) 2

69 Seite Energieflüsse an der Sohle sollte man doch bei dieser bleiben. Eine Vereinfachung gewinnt man, wenn die Approximationen ( ) 2 ( ) zb 2 1+ zb 1 und 1+ 1 x y zugelassen werden. Diese sind umso richtiger, je flacher die Sohle ist. Dann kann man nach einer mehr oder weniger langwierigen Umformung zeigen, daß die Sohlneigung cos β 1+( zb x 1 ) 2 + ( ) 2 zb y ist. Man kann aus dem Vergleich der beiden Rechenverfahren mittels Tangens und Cosinus lernen, daß es oftmals viele Wege zum Ziel gibt, aber nicht jeder optimal ist. Ist man durch Zufall zunächst auf die kompliziertere Lösung gestoßen, so lohnt es sich also manchmal, nach einer einfacheren zu suchen. Die Frage, wann sich diese Suche lohnt, ist jedoch selten im Voraus zu beantworten. 3.5 Energieflüsse an der Sohle Wir wollen das Kapitel mit der Untersuchung dessen beschließen, was an einer beweglichen Sedimentsohle passiert. Dazu benötigen wir den Energiefluss zwischen Wasser und Boden, da in einem solchen Fall auch kinetische Energie ausgetauscht werden kann. Die allgemeine hydromechanische Definition des Energieflusses ist durch die Gleichung Φ E =(ϱ u u + pe P ) u + ϱcφ T gegeben. Darin ist der erste Term der kinetische Energiefluss, der zweite Term der Druckenergiefluss, der dritte Term die viskosen Spannungen und der vierte Term der Fluss an thermischer Energie. Um den Fluss durch die Sohlfläche zu bestimmen, muß mit dem Normaleneinheitsvektor n B multipliziert werden: Φ E n B = ϱ u e k n B (P n B ) u + up n B + ϱ u ct n B div λ grad T n B Er setzt sich aus den Flüssen der kinetischen Energie, der Druck-, der viskosen Spannungs- und der Wärmeenergie zusammen. Wir gehen wieder von einer undurchdringlichen, aber beweglichen Sohlfläche aus. Die Projektion der Geschwindigkeit auf den Normalenvektor ist damit wieder Null, womit sich der Energiefluss erheblich vereinfacht

70 3.6. Zusammenfassung Seite 61 Φ E n B = (P n B ) u div λ grad T n B und sich nun nur noch aus viskosen und Wärmeanteilen zusammensetzt. Wir wollen annehmen, daß die sohlnahen Wasser- und Bodenschichten dieselbe Temperatur haben, womit kein Wärmefluss zwischen Wassersäule und Boden zu verzeichnen wäre. Vom Energiefluss bleibt dann einzig die viskose Komponente: Φ E n B = (P n B ) u Der die Wassersäule in Richtung Boden verlassende Energiefluss muß dort mit umgekehrtem Vorzeichen wieder erscheinen, es gilt also (P n B ) u =(P S n S ) u S wobei der Index S wieder für Sediment, Soil oder Sohle stehen kann. Im vorangegangenen Abschnitt haben wir die Gleichheit der Projektion der Spannungstensoren bewiesen. Mit ihr folgt nun die wichtige Beziehung: u = u S Das den Boden formende Gemisch aus Wasser und Sedimentpartikeln hat also dieselbe Bewegungsgeschwindigkeit wie die darüber liegende Wasserschicht. Man kann sie als Verallgemeinerung der Stokesschen Wandhaftbedingung ansehen, denn sie bedingt im Fall eines unbeweglichen Bodens das Verschwinden aller Geschwindigkeitskomponenten auf der Sohlfläche. Darüber hinausgehend formuliert diese Gleichung eine enge, ja fast untrennbare Kopplung der Bewegungen von Wassersäule und Boden. Um die Bewegung der Bodensedimente zu bestimmen, muß als Randbedingung die Geschwindigkeit der darüber liegenden Wasserschicht bekannt sein, umgekehrt benötigt eine Berechnung oder Simulation der Strömungsgeschwindigkeit der Wassersäule die Kenntnis der Bewegungsgeschwindigkeit der darunter liegenden Sedimentschicht. 3.6 Zusammenfassung Wir haben in diesem Kapitel gelernt, wie wir die Sohle darstellen, sie in Fließgewässern erfaßt und wie wir auf ihr rechnen können. An einer festen undurchdringlichen Sohle ist die Strömungsgeschwindigkeit Null. Diese manchmal zu starre Stokessche Randbedingung wird in der kinematischen Randbedingung relativiert, die lediglich das Verschwinden der Normalkomponente fordert.

71 Seite Zusammenfassung

72 Kapitel 4 Die Sohlschubspannung Die Sohlschubspannung ist nach dem Wasserstand bzw. der Wassertiefe und dem Geschwindigkeitsfeld eine der wichtigsten physikalischen Ergebnisgrößen einer hydromechanischen Berechnung: Sedimentteilchen, die den unter einem Gewässer anstehenden Boden formen, sind der Kraftwirkung des sich über ihnen bewegenden Wassers ausgesetzt. Da die Gesamtheit aller Sedimentpartikel die Lage und Gestalt der Gewässersohle bestimmt, müssen wir die Belastung der Sohle und damit die Dynamik der darüber stattfindenden strömenden Bewegungen kennen, um sowohl die Morpholgie, d.h. die Gestalt, als auch die Morphodynamik eines Gewässers, d.h. die Änderungen der Gestalt zu prognostizieren. Die Sohlschubspannung beeinflußt ferner den Grad der Turbulenz in einem Fließgewässer. Sie steht als Synonym für den Impulsverlust der Strömung an der Sohle und ist von der geometrischen Struktur der Sohlfläche und den dortigen Geschwindigkeitsgradienten abhängig. Leider kann man sie lediglich mit einer direkten numerischen Simulation, in der alle turbulenten Strömungsstrukturen aufgelöst werden, exakt berechnen. Da es aber nicht möglich ist, Gewässer mit natürlichen aus Sedimenten und Bewuchs bestehenden Sohlen direkt zu simulieren, ist man genötigt, den Einfluß solcher heterogenen Sohlstrukturen auf die Sohlschubspannung mit empirischen Mitteln zu erfassen. Dabei nutzt man wesentlich die Kenntnisse über das logarithmische Geschwindigkeitsprofil und seiner Steigung in Sohlnähe aus. 4.1 Die Definition der Sohlschubspannung Die Sohlschubspannung τ B ist die in der Sohlfläche wirkende innere Spannung. Daher berechnet sie sich aus der Projektion des Tensors der inneren Spannungen P auf den Normaleneinheitsvektor n B der Sohle: 63

73 Seite Die Definition der Sohlschubspannung τ B = P n B Da der Normaleneinheitsvektor der Sohle aus dem Wasserkörper weist, ist ein Minuszeichen erforderlich, um die Spannungen in den Wasserkörper hinein zu bestimmen. Im einfachsten Fall ist die Sohle eine horizontale Ebene. Der Normaleneinheitsvektor ist in diesem Fall n B =(0, 0, 1) t und die Sohlschubspannung wird zu τ B = µ u z + w x v z + w y Da senkrecht zur Sohle keine Geschwindigkeiten möglich sind (w B =0),könnte man annehmen, daß auch die Gradienten der Vertikalgeschwindigkeit verschwinden. In diesem Fall wirkt die Sohlschubspannung parallel zur Sohle und ist nur durch die vertikale Steigung der Horizontalgeschwindigkeiten bestimmt. Tatsächlich ist die Sohlschubspannung allerdings wesentlich größer, weil die Gradienten der Vertikalgeschwindigkeit eben nicht verschwinden, obwohl die Strömungsgeschwindigkeit direkt an der Sohle Null ist. Verantworlich hierfür sind wirbelartige kohärente Strukturen, die man als Bursts bezeichnet. Über allgemeinen unebenen Sohlen muß der Normaleneinheitsvektor der Sohle in seiner vollständigen Schönheit nach Gleichung (3.1) verwendet werden. Damit hat der Sohlschubspannungsvektor im kartesischen Koordinatensystem die drei Komponenten: µ τ B = ) 2 ( ) 2 1+( zb (x, y) zb (x, y) + x y 2 w z u z + w ( x 2 u z B u x x y + v ) zb x y v z + w ( v y x + u ) zb y x 2 v z B y y 2 w ( w z x + u ) ( zb w z x y + v ) zb z y Da die Geschwindigkeit an der Sohle konstant (Null) ist, gilt für die Richtungsableitungen in tangentialer Richtung zur Wand:

74 4.1. Die Definition der Sohlschubspannung Seite 65 u := t i grad u =0 (4.1) t i Damit erhält man durch Einsetzen sofort die nützlichen Beziehungen: u = u z B x B z B x u = u z B y B z B y Wir verwenden sie, um sechs partielle Ableitungen zu eliminieren. Dabei entscheiden wir uns für die Elimination aller Ableitungen in horizontaler Richtung und erhalten nach kurzweiliger Rechnung: τ B = µ ) 2 ( 1+( zb (x, y) zb (x, y) + x y ) 2 ) 2 u zb 1+2( + z x u z B z B z x y + v ) 2 zb 1+( +2 z x ( ) 2 zb + v z B z B y z x y w z B z x u z B z x v z B z y + w ) 2 zb 2+( + z x ( ) 2 zb w z B y z y ( ) 2 zb y und dann für die vollständigen Komponenten der Sohlschubspannung: τ Bx = µ ( u z + w z z B x ( ) 2 ( ) 2 ) zb (x, y) zb (x, y) 1+ + x y ( ) 2 zb (x, y) 1+ x τ By = µ ( v z + w z z B y ( ) 2 ( ) 2 ) zb (x, y) zb (x, y) 1+ + x y ( ) 2 zb (x, y) 1+ y

75 Seite Die Definition der Sohlschubspannung Die mächtigen Wurzeln können wir durch die Anwendung der Neumanschen Reihe vereinfachen, man erhält: und τ Bx = µ τ By = µ ( u z + w z ( v z + w z z B x z B y ) 1+ ( zb (x, y) y ) 1+ ( zb (x, y) In diesen Gleichungen tauchen als differentielle Größen das vertikale Geschwindigkeitsprofil für alle drei Geschwindigkeitskomponenten sowie der Gradient der Sohlneigung auf. Die Sohlschubspannung ist somit das Produkt (nicht im algebraischen Sinne) aus zwei recht unterschiedlichen physikalischen Entitäten: das Geschwindigkeitsprofil an der Sohle als hydrodynamische Einflußgröße und die lokale Sohlneigung als morphologische Größe. Kennt man also das Geschwindigkeitsprofil direkt an der Sohle und die Geometrie derselben vollständig, dann kann man auch die Sohlschubspannung exakt berechnen. Dies versucht man in der Direkten Numerischen Siumlation, in der das Berechnungsgitter so fein ist, daß alle Strömungsmuster aufgelöst werden. Für naturnahe Gewässer ist eine direkte numerische Simulation aber u.a. wegen der sehr heterogenen Beschaffenheit der Sohle aus Bewuchs und Sedimenten praktisch unmöglich, nicht nur deshalb, weil der Bedarf an Computerresourcen zu hoch ist, sondern auch deshalb, weil sich die Sohlstruktur fortwährend verändert und in der erforderlichen Exaktheit nicht bekannt ist. Diese Bestimmungsgleichungen werden vielen mit der Hydrodynamik schon vertrauten Lesern sehr unvertraut vorkommen. Aber man beruhige sich, denn für einen horizontalen Boden ergeben sich die vertrauteren Beziehungen τ Bx = µ u z x ) 2 ) 2 τ By = µ v z Im exakten als auch im vereinfachten Fall läßt sich die Sohlschubspannung vollständig aus dem vertikalen Geschwindigkeitsprofil und der Bodenform berechnen. Der unter dem Fluid anstehende Boden besteht zu einem nicht vernachlässigbaren Anteil aus Feststoffen und wird sicherlich durch andere inneren Spannungen beherrscht, als die vornehmlich aus Wasser bestehende Wassersäule. Wir wollen aber annehmen, daß sich

76 4.2. Die Sohlschubspannung mit reynoldsgemittelten Größen Seite 67 auch der Boden als reales Fluid beschreiben läßt, dessen innere Spannungen durch einen Tensor P S ( S wie Sediment) beschrieben werden. In diesem Fall fordert die Stetigkeit des Impulsflusses an der Kontaktfläche, daß P n B = P S n S gilt. Diese sehr evident erscheinende Gleichung birgt wichtige Implikationen in sich, die kurz diskutiert werden sollen. Zunächst sei auf die Umkehrung des Vorzeichens aufmerksam gemacht, die allerdings lediglich aus der Umkehrung der Richtung des Normalenvektors resultiert. Im wesentlichen besagt die Gleichung aber, daß man die Sohlschubspannung sowohl mit Hilfe des viskosen Spannungstensors in der Wassersäule aber genauso gut auch mit Hilfe der rheologischen Eigenschaften der Sohle berechnen kann, auch wenn beide Materialien rheologisch vollkommen unterschiedlich sind. In beiden Fällen sollten sich für die Sohlschubspannung dieselben Werte ergeben. Es sei schließlich darauf hingewiesen, daß die beiden Spannungstensoren von Wassersäule P und Sohle P S an der Grenzfläche quantitativ nicht in allen Komponenten übereinstimmen müssen, eine Gleichheit gilt lediglich in der Projektion auf den Flächennormalenvektor. 4.2 Die Sohlschubspannung mit reynoldsgemittelten Größen In der Regel kennt man nur die über einen gewissen Zeitraum gemittelten, turbulenzfreien Geschwindigkeiten. Man kann nun versuchen, die Sohlschubspannung ebenfalls durch die Projektion des Reynoldsspannungstensors auf die Sohlfläche zu berechnen. Berechnet man diesen durch das Wirbelviskositätprinzip, so ergäbe sich für eine ebene Sohle: τ B = ϱν t u z + w x v z + w y 2 w z Da die Wirbelviskosität aber an der Sohle Null ist, würde dieser Berechnungsansatz fälschlicherweise keinerlei Belastung der Sohle erbringen. Wir müssen uns also einen anderen Weg zur Bestimmung der Sohlschubspannung überlegen.

77 Seite Das Taylorgesetz für die Sohlschubspannung 4.3 Das Taylorgesetz für die Sohlschubspannung In vielen Fällen hat man keine Angaben zum logarithmischen Geschwindigkeitsprofil, sondern nur eine einzige, repräsentative Strömungsgeschwindigkeit, wie etwa die aus dem Durchfluß ermittelte tiefengemittelte Geschwindigkeit. Wir wollen auch in einer solchen Situation die Sohlschubspannung ermitteln können. Ausgangspunkt ist dabei eine Dimensionsbetrachtung. Die Dimension der Sohlschubspannung setzt sich aus den Einheiten der Geschwindigkeit zum Quadrat und der Dichte zusammen, wie wir schon bei der Einführung der Schubspannungsgeschwindigkeit u gelernt hatten. Und tatsächlich zeigen alle Messungen einen eindeutige Proportionalität zwischen dem Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit und der Sohlschubspannung, wir können daher τ B = rϱ u u schreiben. Tatsächlich wurde in diesem Ansatz nicht das Geschwindigkeitsquadrat, sondern das Produkt aus dem Geschwindigkeitsvektor und dessen Betrag angesetzt. Dieser Trick bewirkt, daß auf beiden Seiten der Gleichung ein Vektor steht und die Sohlschubspannung immer in Richtung der Geschwindigkeit weist. Dieses Sohlschubspannungsgesetz heißt Newton-Taylor- oder einfach nur Taylorgesetz. Es ist nach dem Turbulenztheoretiker Geoffrey Ingram Taylor ( ) benannt, der es u.a. dazu angewendet hat, den Energieverlust der Tide durch Reibung in der irischen See zu quantifizieren. Später wurden diese Berechnungen auf alle Weltmeere ausgedehnt und so gezeigt, daß die Gezeitenreibung mit einem Energieverlust von 21.4 Terrawatt für die kontinuierliche Verlängerung des Tages verantwortlich ist [8]. In der Literatur findet man oft auch die vollkommen äquivalente Form τ B = 1 2 fϱ u u wobei der Reibungsbeiwert f einfach das doppelte des Newton-Taylor-Beiwertes ist. In beiden Gesetzen ist bisher nicht spezifiziert, auf welche Höhe über der Sohle die Strömungsgeschwindigkeit bezogen ist. In der Meteorologie hat man sich dabei auf Geschwindigkeiten geeinigt, die 10 m über dem Boden gemessen werden und dies in einer Vorschrift der World Meteorological Organisation manifestiert. Für Fließgewässer läßt sich eine solche Bezugshöhe nicht normieren, da an Untiefen und am Ufer beliebig kleine Wassertiefen auftreten können. Im Gegensatz zur Atmosphäre haben Fließgewässer aber nur eine begrenzte Wassertiefe, so daß man einen Mittelwert der Strömungsgeschwindigkeit über die Wassertiefe bilden kann. Dies werden wir später tun. In Ermangelung einer Alternative bestücken wir das Taylorgesetz nun mit einer beliebigen Strömungsgeschwindigkeit u :

78 4.3. Das Taylorgesetz für die Sohlschubspannung Seite 69 τ Bx ϱ τ By ϱ τ Bz ϱ = ru u 2 + v 2 + w 2 = rv u 2 + v 2 + w 2 = rw u 2 + v 2 + w 2 Diese soll auf eine feste Bezugshöhe z über der Sohle bezogen werden. Wir fragen uns nun, wie sich die Sohlschubspannung in einem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil in Abhängigkeit von der Bezugshöhe z ändert: τ B (z )=ϱu 2 = ϱru(z ) 2 = ϱr Ein Vergleich des zweiten und vierten Terms liefert r(z )= ( ) 2 1 z ln κ z 0 ( u κ ) 2 z ln z 0 Damit haben wir die Abhängigkeit des Taylorkoeffizienten von der Bezugshöhe explizit bestimmt und können nun die Sohlschubspannung aus jeder beliebigen Geschwindigkeit über der Sohle berechnen: ( ) 2 1 z τ B = ϱ ln u(z ) u(z ) (4.2) κ z 0 Es bleibt allerdings noch das Problem, den Koeffizienten z 0 zu quantifizieren. In numerischen Modellen der reynoldsgemittelten Strömung kommt der Sohlschubspannung noch eine weitere Funktion zu. Sie ersetzt die Stokessche Wandhaftbedingung als Randbedingung: P n B = ϱ ( ) 2 1 z ln u(z ) u(z ) κ z 0 Mathematisch ersetzt man also die Dirichletsche durch eine Neumannsche Randbedingung. Hierdurch wird das Modell an der Sohle lediglich dazu gezwungen, den bzgl. der Sohlschubspannung richtigen Geschwindigkeitsgradienten anzunehmen, es besitzt also die Freiheit, sich der Stokesschen Randbedingung zu widersetzen. Wenn die Strömungsgeschwindigkeit an der Sohle nicht mehr Null sein muß, dann fließt laut Gleichung (??)

79 Seite Das Gesetz von Nikuradse kinetische Energie durch die Sohle. Dies ist physikalisch zwar nicht richtig, aber aus folgendem Grund gewollt: Durch die geringen Gitterauflösungen in der Grenzschicht ist ein Modell der reynoldsgemittelten Strömung nicht in der Lage, die hohen Geschwindigkeitsgradienten an der Sohle aufzulösen und die damit verbundene viskose bzw. turbulente Energiedissipation zu erreichen. Mit der Entscheidung für die Sohlschubspannung als Randbedingung kann dieser Fehler in der Energiebilanz korrigiert werden. 4.4 Das Gesetz von Nikuradse Wir wollen nun einen Weg finden, die Sohlschubspannung zu berechnen, wenn man nur die tiefengemittelte Geschwindigkeit u kennt. Unter der Voraussetzung des Vorliegens eines logarithmischen Geschwindigkeitsprofils berechnet man mit den tiefenaufgelösten Geschwindigkeiten exakt dieselbe Sohlschubspannung wie mit den tiefengemittelten, wenn man als Bezugshöhe z die Höhe der tiefengemittelten Geschwindigkeit ansetzt: ( ) h τ B = ϱ ln u u (4.3) κ z 0 Der von Nikuradse bestimmte Ansatz sieht im Nenner etwas anders aus. Man kann ihn auch in der Form ( ) 2 ( ) h 1 12h ln = ln mit z 0 =0.03k s κ z 0 κ k s darstellen, wobei im zweiten Teil der Gleichungskette die effektive Sand- oder Sohlrauheit k s eingeführt wurde, die ein Maß für die Rauheit der Sohle ist. Man bekommt das Gesetz von Nikuradse für die Sohlschubspannung bei ausgebildeter Turbulenz: τ B ϱ = κ 2 ( ) 2 u u (4.4) ln 12h k s Was von einer Strömung als rauh erfahren wird, hängt nicht nur von der Geometrie der Wand, sondern auch von den Eigenschaften der Strömung ab. Eine ruhige Strömung wird sich wesentlich besser an die Rauheitselemente anschmiegen als eine turbulente. Und je rauher die Wand, desto schwieriger ist es für die Strömung ruhig zu bleiben. Dieses Verhalten wird durch die sogenannten Kornreynoldszahl Re = k su ν charakterisiert. Sie ist umso größer, desto turbulenter die Strömung und desto rauher die Wand ist. Sie ist ferner mit dem Nullpunkt des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils durch

80 4.4. Das Gesetz von Nikuradse Seite 71 & H = K D A 5 D A = N, K H? D B K I I G $ " C = JJA 5 D A! " # $ % & ' 4 A = JEL A * A? K C D I Abbildung 4.1: Die Unterscheidung glatter und rauher Sohlen in Abhängigkeit von relativer Bedeckung und Durchfluss. z 0 ν 9u für Re k s für Re 3.3 verbunden. Für den Grenzfall Re =3.3 bekommt man aus beiden Berechnungsarten dasselbe z 0,dieAbhängigkeit ist also stetig. Für den Fall der ausgebildeten Turbulenz (Re 3.3) liegt z 0 in 30facher Höhe über den Unebenheiten. Dies heißt natürlich nicht, daß die Strömungsgeschwindigkeit darunter tatsächlich Null ist, sondern nur, daß sie hier keinesfalls durch ein logarithmisches Geschwindigkeitsprofil beschrieben werden kann. Aus der Kornreynoldszahl kann man leicht herleiten, daß mäßig turbulente Verhältnisse dann vorliegen wenn q = uh 3.3ν κ h k s ln 12h k s gilt. In diesem Fall ist zunächst z 0 und dann die Sohlrauheit nach Gleichung (4.3) zu bestimmen. Die Gleichung deutet ferner an, daß das Widerstandsverhalten in einem Fließgewässer im wesentlichen durch den Quotienten aus Wassertiefe und effektiver Sohlrauheit, welchen man auch als Bedeckungsverhältnis bezeichnet und dem relativen Durchfluss q abhängt.

81 Seite Weitere Ansätze mit tiefengemittelten Geschwindigkeiten In seiner Originalveröffentlichung hat J. Nikuradse [53] das Widerstandsverhalten von mit Sand beklebten Rohren gemessen. Die effektive Sandrauheit war dabei der mittlere Durchmesser der dafür verwendeten Sandkörner. Kopplung mit zweidimensionalen und dreidimensionalen HN-Modellen Die Gesetzmäßigkeiten (2.12) für die tiefengemittelte Geschwindigkeit und (2.13) für die Höhe der tiefengemittelten Geschwindigkeit gelten auch dann, wenn man die Geschwindigkeit nicht über die gesamte, sondern nur einen Teil der Wassertiefe über der Sohle integriert. Somit liefert das Gesetz von Nikuradse im Falle eines logarithmischen Geschwindigkeitsprofils immer dieselbe Sohlschubspannung, wenn nur u die über eine gewisse Höhe über der Sohle gemittelte Geschwindigkeit und h dann die Mittlungshöhe ist. Diese besondere Eigenschaft zeichnen das Gesetz von Nikuradse als geeignet aus, um es als Schnittstelle zwischen morphodynamischen und zweidimensionalen tiefengemittelten oder dreidimensionalen hydrodynamisch-numerischen Modellen zu verwenden. Im ersten Fall werden die tiefengemittelte Geschwindigkeit und die Wassertiefe in der Morphodynamik verwendet, um aus ihnen mit Hilfe des Gesetzes von Nikuradse die Sohlschubspannung zu berechnen. Im Fall des Vorhandensein von dreidimensionalen hydrodynamischen Daten werden deren Mittelwert über eine gewisse Höhe über der Sohle sowie diese Mittlungshöhe zur Berechnung der Sohlschubspannung verwendet. 4.5 Weitere Ansätze mit tiefengemittelten Geschwindigkeiten Allen Sohlschubspannungsgesetzen für tiefenintegrierte Simulationen ist gemein, daß die Geschwindigkeit quadratisch eingeht. Uneinigkeit besteht jedoch über die Potenz der Wassertiefe. Aber auch hier unterscheiden sich viele Sohlschubspannungsgesetze nicht, so daß im folgenden nur der bekannteste Vertreter für die jeweilige Klasse von Reibungsgesetzen vorstellen wird. So haben das Chezy-Gesetz und das Newton-Taylor-Gesetz dieselben Potenzen für die Wassertiefe und die Strömungsgeschwindigkeit, gleiches gilt für das Strickler- und das Manning-Gesetz Das Stricklergesetz Das Gesetz von Nikuradse läßt sich für große äquivalente Sohlrauheiten (k s > 1cm) recht gut durch die Formel C =18log 12h ( ) 1/6 h 25 k s k s

82 4.5. Weitere Ansätze mit tiefengemittelten Geschwindigkeiten Seite 73 " I + D A O M A H J # I & $ I " " $ & " $ & 9 = I I A H JEA BA D Abbildung 4.2: Die Berechnung des Chezybeiwertes in Abhängigkeit von der Wassertiefe nach dem Nikuradsegesetz (gestrichelt) kann lediglich bei großen Sohlrauheiten durch das Stricklergesetz (durchgezogen) approximiert werden. approximieren. Damit bietet es sich an, die logarithmische Abhängigkeit von der Wassertiefe h durch die Potenz 1/6 zu ersetzen. Im Stricklergesetz τ B ϱ = g k 2 Strh 1/3 u u (4.5) wird dies getan. Der Stricklerkoeffizient hat die recht unhandliche Dimension m 1/3 /s, die uns wenig über seine physikalische Bedeutung erzählt und vor allem so etwas wie eine Sohlrauheit nicht beschreibt Das Chezy-Gesetz Wird der hydraulische Durchmesser im Fließgesetz von Chezy bei breiten Gerinnen durch das Vierfache der Wassertiefe h approximiert, so folgt für die Sohlschubspannung sofort: τ B ϱ = g C 2 u2 In der zweidimensionalen tiefenintegrierten Betrachtungsweise addieren sich die Wirkungen der Geschwindigkeitskomponenten auf den Betrag der Sohlschubspannung:

83 Seite Die Sohlrauheit τ B ϱ = g C 2 ( u 2 + v 2) Die beiden Komponenten der Sohlschubspannung sind somit τ Bx ϱ = g C 2 u u 2 + v 2 (4.6) τ By ϱ = g C v u 2 + v 2 2 Die besondere Form der Komponenten mit der Wurzel garantiert, daß der Betrag der Sohlschubspannung aus dem Quadrat des Geschwindigkeitsbetrages gebildet wird. Das Chezy-Gesetz liefert für sehr tiefe als auch sehr flache Gewässer bei gleicher tiefengemittelter Geschwindigkeit dieselben Sohlschubspannungen. Tatsächlich wird sich in beiden ein anderes Geschwindigkeitsprofil einstellen, wobei im flachen Gewässer der Geschwindigkeitsgradient am Boden steiler sein wird als im tiefen Gewässer. Dieser Sachverhalt kommt im Chezy-Gesetz nicht zur Geltung, weshalb es grundsätzlich nicht mehr angewendet werden sollte. 4.6 Die Sohlrauheit Rauheit ist ein Beziehungsbegriff zwischen zwei sich aneinander reibenden (physikalischen) Sphären. Sie wird dann wirksam, wenn sich die beiden in einer (parallelen) Relativbewegung zueinander befinden. Die Rauheit ist mit einer Kraft verbunden, die die Bewegung der schnelleren Sphäre bremst und die langsamere beschleunigt. Das problematische am Begriff Rauheit ist sein Beziehungscharakter. Dies sei an folgendem Beispiel verdeutlicht. Wandern wir an einer zerklüfteten Felsküste entlang, so haben wir einen Weg zwischen glatten, teilweise meterhohen Steinen zu suchen, welche manchmal auch überklettert werden müssen. Die Energie, die wir bei dieser Wanderung aufbringen müssen ist sehr hoch, die Küste wird von uns als sehr rauh empfunden. Eine Schnecke empfindet bei ihrem Dahinkriechen auf den durch die Brandung sehr glatt geschliffenen Felsen diese als angenehm eben und glatt. Befinden wir uns mit der Schnecke auf einem ebenen Sandsteinplateau, so wird die Schnecke den Untergrund hier (vielleicht) als rauh empfinden, während wir unsere Wanderung auf diesem ohne Mühen fortsetzen. Will man die Sohlschubspannung unter Verwendung der vorgestellten Formeln abschätzen oder aber auch mit Hilfe eines numerischen Modelles bestimmen, dann ist man auf die flächendeckende Kenntnis der Sohlrauheit in dem zu untersuchenden Gewässer angewiesen, sei es in der Form der äquivalenten Sohlrauheit k s nach Nikuradse oder als Nullpunkt z 0 des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils. Die Sohlrauheit hängt von der Sohlbeschaffenheit ab, hier kann man prinzipiell

84 4.6. Die Sohlrauheit Seite 75 Sohlbeschaffenheit k s [m] ebene Flußsohle, Sand Kies ebene Flußsohle, Grobkies Gebirgsflüsse mit groben Geröll bis 1.5 ( ) Riffel, Höhe r,länge λ r 20 r ( r λ r ) Dünen, Höhe d,länge λ d 0.77 d 1 e 25 d /λ d Tabelle 4.1: Rauheitsbeiwerte für verschiedene Sohlbeschaffenheiten (erweitert aus [59]). feste Sohlen, bewegliche Sedimentsohlen und Sohlen mit Bewuchs unterscheiden. Bei festen Sohlen ist die Bestimmung der Sohlrauheit am einfachsten, sie hängt von der Oberflächenrauheit des anstehenden Materials ab. Tabelle 4.1 hat hier einen Überblick gegeben. Für bewegliche Sedimentsohlen wird die Sache wesentlich komplizierter, da sich hier die Sohlrauheit in Abhängigkeit von der Fließgeschwindigkeit durch Sedimentumlagerungen und der Ausbildung von entsprechenden Sohlformen ändern kann Die Kornrauheit Die Kornrauheit ist in irgendeiner Form proportional zum Korndurchmesser d. Da natürliche Sohlen sich aus einem Ensemble von verschiedenartigen Teilchen zusammensetzen, sollte man hier eine die Verteilung charakterisierende Größe heranziehen. Die verschiedenen Ansätze zur Berechnung der Kornrauheit sind in Tabelle 4.2 wiedergegeben. Dabei gibt der Korndurchmesser d k die Weite eines Siebes an, welches k % des Materials hindurchläßt. Die vorgestellten Ansätze sind empirisch gewonnen. Dort hat man das Material direkt in der Hand und kann die entsprechenden Verteilungsparameter durch eine Siebanalyse bestimmen. In numerischen Simulationsmodellen werden - wenn überhaupt - kaum so viele Sedimentfraktionen berechnet, daß man einen Parameter, wie den d 90 -Wert hinreichend scharf bestimmen kann. Grundsätzlich läßt sich hier aber aus den simulierten Sedimentfraktionen der Mittelwert d m bestimmen, so daß wir uns nur noch einen Zusammenhang

85 Seite Die Sohlrauheit Autoren Ansatz Bemerkung Einstein (1942) [18] k g s = d 65 Garbrecht (1961) [26] k g s = d 90 Engelund und Hansen (1966) [22] k g s =2d 65 Hey (1979) [32] k g s =3.5d 84 Kamphuis (1974) [35] k g s =2d 50 van Rijn (1993) [62] ks g =3d 90 Dittrich (1998) [15] ks g =3.5d m für mittleren Kies Dittrich (1998) [15] ks g =3.5d 84 für Grobkies Sendzik (2003) [68] ks g = d m Auswertung Günterversuche Tabelle 4.2: Ansätze für die Kornrauheit (erweitert aus [15]). von diesem zur äquivalenten Kornrauheit ks g die neueren Ansätze, so sollte dieser wünschen. Bezieht man sich nun nur auf k g s =3d m lauten und für die numerische Simulation von Kornrauheiten unter Berücksichtigung des fraktionierten Sedimenttransports hinreichend sein Die morphologisch wirksame Sohlschubspannung Morphologisch wirksam ist nicht die Schleppspannung, sondern die reine Sohlschubspannung. Diese berechnet man mit Hilfe des Nikuradsegesetzes unter bloßer Berücksichtigung der Kornrauheit: τ B ϱ = κ 2 ( ) 2 u u ln 12h k g s Da der Begriff der Schleppspannung in der Literatur sehr oft mit dem der Sohlschubspannung gleichgesetzt wird, bezeichnet man die Sohlschubspannung oftmals auch als effektive oder morphologisch wirksame Sohlschubspannung und drückt dies durch das Formelzeichen τ B aus.

86 4.6. Die Sohlrauheit Seite Die effektive Sohlrauheit Wir hatte die Schleppspannungsbeziehung bisher dazu verwendet, aus der Neigung der freien Oberfläche und der Wassertiefe eine obere Abschätzung für die Sohlschubspannung zu gewinnen. Wir wollen die Aufgabenstellung nun umkehren und aus der Sohlschubspannung die Wassertiefe bei bekannten Oberflächengefälle bestimmen. Um in der Sohlschubspannung nach Nikuradse weitere energiedissipierenden Mechanismen zu berücksichtigen, erhöht man die Kornarauheit künstlich zu einer sogenannten effektiven Sohlrauheit. Diese enthält im wesentlichen Formrauheiten und ergibt sich nach van Rijn [62] als die Summe von Korn- und Formrauheiten: k s = k g s + kf s Eine umfassende Darstellung der Methoden zur Bestimmung der effektiven Sohlrauheit ist bei van Rijn [62] zu finden Die Formrauheit von Riffeln und Dünen In Fließgewässern tragen kleine Bodenriffel (Wellenlängen im cm- bis dm-bereich) und große Dünen (Wellenlängen ein Vielfaches der Wassertiefe) im wesentlichen zur Formrauheit bei. Diese setzt sich dann additiv aus den Einzelrauheiten dieser Sohlformen zusammen: k s = ks g + kr s + kd s Für die Formrauheit asymmetrischer Dünen der Höhe d und der Wellenlänge λ d hat Engelund 1977 (zitiert nach [62]) den Ansatz ks d =12he κ/ r d mit r d = 5 2 d 4 λh e 2.5 d/h vorgeschlagen. Eine höhere Dünenrauheit bekommt man mit der Abschätzung von van Rijn [62]: ks d =0.77 ( ) d 1 e 25 d /λ d Sie ist proportional zur Dünenhöhe. Der Exponentialterm konvergiert gegen eins, wenn die Wellenlänge der Düne sehr groß wird. Langwellige Dünen gehen also irgendwann in Topographieunebenheiten über und tragen nicht mehr zur Formrauheit bei. Für Riffel gibt van Rijn die folgende Beziehung an ( ) ks r =20γ r r r λ r wobei der Präsenzfaktor γ r darüber entscheidet, ob die Riffel sich auf einer ebenen Sohle (γ r =1)oderaufDünen (γ r =0.7) gelagert sind.

87 Seite Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe 4.7 Zur Messung der Sohlschubspannung Die Sohlschubspannung ist bei gleichförmigem Abfluß proportional zum Gefälle der freien Oberfläche. In Naturmessungen wurde daher früher letzteres bestimmt und so indirekt auf die Sohlschubspannung geschlossen. Auf diese Art und Weise sind die Abfluß- und Sohlschubspannungsformeln der klassischen Hydraulik gewonnen worden. Bei den modernen Methoden lassen sich direkte und indirekte Verfahren unterscheiden. Die indirekten Messmethoden zur Bestimmung der Sohlschubspannung werten das Geschwindigkeitsfeld über der Sohle aus. Sie lassen sich wieder in zwei Klassen einteilen. Die erste Klasse mißt das bodennahe Geschwindigkeitsprofil, wertet also die linke Seite von Gleichung 4.2 aus. Dies kann mit einem Hitzdrahtanemometer, ADV (Accoustic Doppler Velocimetrie) - oder ADCP-Sonden geschehen. Das grundsätzliche Problem dabeiist,genügend nah mit der Messung an den Boden heran zu kommen, da die Sohlschubspannung sich aus dem Geschwindigkeitsgradienten direkt am Boden ergibt. Die zweite indirekte Methode mißt die turbulenten Fluktuationen des Geschwindigkeitsfeldes über der Sohle, bestimmt daraus die Reynoldsspannungen und nimmt an, daß diese die Sohlschubspannung im wesentlichen wiedergeben. Direkte Verfahren messen die Sohlschubspannung direkt mit Kraftmeßdosen oder Schubspannungswaagen. Hier wird ein Teil des Bodens durch ein Meßgerät ersetzt, welches auf Schubspannungen mit einer Horizontalverschiebung reagiert. Dabei hat man das Problem zu bewältigen, eine Ähnlichkeit zwischen dem künstlichen Belag der Meßplatte und dem natürlichen Bodenbelag herzustellen. Diese nur kurz angerissenen Meßmethoden lassen sich im hydraulischen Experiment relativ einfach installieren. Bei Naturmessungen ist man vielfach auf Vergleichsverfahren angewiesen. Diese messen die Sohlschubspannung nur indirekt und müssen daher im hydraulischen Labor kalibriert werden. Als solches Verfahren ist z.b. das Kappenverfahren zu nennen, bei dem Kappen unterschiedlicher Größe und Gewichts auf dem Gewässerboden ausgelegt werden, die ab einer gewissen kritischen Schubspannung von der Strömung weggerissen werden (man sollte ferner also geräteverlustfreie und -verlustige Verfahren unterscheiden). 4.8 Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe Die hydrologische Grundfunktion eines Flusses ist es, überschüssiges Oberflächenwasser in die Meere zu transportieren. Dabei falle an einem bestimmten Flussquerschnitt die Menge Q (in m 3 /s) an. An der Sohle der Neigung tan α findet man Sedimente des mittleren Durchmessers d m. Die hydraulische Grundaufgaben besteht darin, aus diesen hydrologischen (Q) und morphologischen (z B (y), d m,tanα) Gegebenheiten den sich einstellende Wasserstand h und

88 4.8. Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe Seite 79 die Strömungsgeschwindigkeit zu berechnen. Die Kenntnis des Wasserstandes als Funktion des Abflusses ist vor allem für die Bemessung von Hochwasserschutzmaßnahmen grundlegend. In Deutschland basiert der Hochwasserschutz dabei auf dem folgenden Dreisäulenmodell: Bei der Hochwasservermeidung geht es darum, Hochwasser in den Flüssen gar nicht erst entstehen zu lassen, d.h. bei der Speicherfähigkeit des Bodens bei Starkregenereignissen anzusetzen. Das größte Problem der Hochwasservermeidung sind die Flächenversieglung und die Abholzung der Wälder. Hochwasserrückhalt bezieht sich sowohl auf den zeitlichen Rückhalt von Wassermengen in Poldern und Hochwasserrückhaltebecken als auch auf den räumlichen Rückhalt z.b. durch Flutmulden. Ist das Hochwasser an einem bestimmten Ort nicht zu vermeiden, dann setzt der technische Hochwasserschutz an:hier geht es darum,güter durch technische Maßnahmen vor Überflutung zu schützen. Im Rahmen des technischen Hochwasserschutz werden Dämme oder Deiche gebaut. Eine andere Form des technischen Hochwasserschutzes ist der mobile Hochwasserschutz, bei dem Wälle aus Sandsäcken, aus abgestützen Europaletten, auf denen Membranen aus Geotextilien gespannt werden. Ferner gibt es kommerziell erhältliche Glasfaserplatten, die auf A-förmigen Trägern montiert sind. Alternativ kann man aber auch versuchen, das Flussprofil möglichst leistungsfähig zu gestalten, so daß es große Wassermengen bei möglichst kleinem Wasserstand abführen kann Rechteckförmige, breite Kanäle Der Querschnitt der Breite B sei rechteckförmig und das Gewässer so breit, daß die vertikalen Wände an beiden Rändern keinen Einfluß auf die Strömung haben. Diese letzte Bedingung ist auch in künstlichen Kanälen äußerst unrealistisch, das gestellte Problem ist aber am einfachsten zu lösen. Berechnung nach Nikuradse Wir nehmen Normalabfluß an und bekommen aus der Kombination von den Gleichungen (2.1) und (4.4) mit q = uh: gh 3 tan α = κ 2 ( ln 12h k s ) 2 q 2

89 Seite Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe ' & % 9 = I I A H JEA BA D $ # " 5!? 5!!! " # $ % & ' 5 F A EBEI? D A H ) > B K G I Abbildung 4.3: Die Wasserstands-Abflußbeziehung für ein Gerinne rechteckförmigen Querschnitts über einer Sohlneigung von 1: für drei verschiedene Rauheiten. ' & % 5 D I? D K > I F = K C $ # "! 5!? 5!! " # $ % & ' 5 F A EBEI? D A H ) > B K G I Abbildung 4.4: Die Sohlschubspannungs-Abflußbeziehung für ein Gerinne rechteckförmigen Querschnitts bei einer Sohlneigung von 1: für drei verschiedene Rauheiten.

90 4.8. Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe Seite 81 Diese Gleichung ist implizit in der Wassertiefe h, d.h.sie läßt sich nicht analytisch nach dieser Variablen auflösen. Dies liegt daran, daß der Wasserstand auf der einen Seite in der dritten Potenz und auf der anderen Seite im Logarithmus auftaucht. Zur Lösung solcher Gleichungen muß man iterative Verfahren anwenden. Dazu bringen wir die Gleichung auf die sogenannte Fixpunktform κ 2 q 2 1/3 h n+1 = ( ) ln 12h n 2 g tan α k s (4.7) die folgendermaßen verwendet wird: Wir beginnen mit einer ersten Schätzung h 0 für die sich einstellende Wassertiefe, die man z.b. aus den derzeitigen Verhältnissen gewinnen kann. Diese Schätzung wird auf der rechten Seite eingesetzt h n = h 0 und so eine neue Lösung h 1 = h n+1 gewonnen. Durch die sukzessive Anwendung dieses Verfahrens bekommt man immer bessere Lösungen, die (hoffentlich) gegen die exakte Lösung konvergieren. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist in Abbildung 4.3 in Form einer Wasserstands- Abflußbeziehung dargestellt. Zur Berechnung der Werte wurden fünf Iterationen ausgeführt. Das Ergebnis zeigt die sich einstellende Wassertiefe in einem Fluß bei drei verschiedenen Sohlrauheiten. Kennt man den Wasserstand als Funktion des Abflusses, dann lassen sich natürlich sofort die mittlere Strömungsgeschwindigkeit u = q/h sowie die Sohlschubspannung aus Gleichung (2.1) bestimmen. Das Ergebnis in Abbildung 4.4 zeigt Kurven, deren Form, wie nicht anders zu erwarten, denen des Wasserstandes gleicht. Ob Sohlschubspannungen von einigen Newton pro Quadratmeter schon Sedimenttransportprozesse auslösen, werden wir im nächsten Kapitel untersuchen. Berechnung nach Strickler Kombiniert man das Stricklergesetz für die Sohlschubspannng mit der Schleppspannung, so bekommt man die Wassertiefen-Abfluss-Beziehung h 10/3 = k 2 Str 1 tan αq2 die im Gegensatz zu der von Nikuradse explizit ist und somit ohne Iterationen ausgewertet werden kann. Deshalb verwendet man diese Beziehung immer noch gerne in hydraulischen Herleitungen, sie sollte aber wegen der Abhängigkeit des Stricklerbeiwertes k Str von der Wassertiefe h nicht verwendet werden.

91 Seite Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe h 1 B m Abbildung 4.5: Bezeichnungen am Trapezquerschnitt Kanäle mit geböschten Ufern (Trapezkanäle) In den meisten ausgebauten Flüssen ist das Querprofil trapezförmig. Wie in Abbildung 4.5 sei mit B die Breite des Flußschlauches und mit 1:m die Böschungsneigung bezeichnet. Der hydraulische Durchmesser Der hydraulische Durchmesser d hyd eines solchen trapezförmigen Gerinnes ist: d hyd = 4A U benetzt = 4(Bh + mh2 ) B +2h 1+m 2 Der optimale hydraulische Radius für einen gegebenen Querschnitt A ergibt sich durch Minimierung des benetzten Umfangs. Dieser läßt sich als U benetzt (h, m) = A h mh +2h 1+m 2 darstellen, womit man für das optimale Verhältnis B h =2( 1+m2 m ) bekommt. Hiermit kann man leicht zeigen, daß die Böschungsneigung m = 0.58 (α =60 o ) hydraulisch am günstigsten wäre. Berechnung nach Darcy-Weisbach und Colebrook-White Wir wollen zunächst einen Trapezkanal betrachten, bei dem die Rauheit der Böschung gleich der der Flusssohle ist. Mit den Gesetzen von Darcy-Weisbach und Colebrook- White hatten wir die allgemeine Abflussformel Q = 2A 2gI E d Hyd log 2.51ν k s + d Hy 2gIE d Hyd 3.71d Hy

92 4.8. Die Beziehung zwischen Abfluss und Wassertiefe Seite :1 1:3 1:5 Wassertiefe h [m] Abfluss Q [m³/s] Abbildung 4.6: Die Wasserstands-Abflußbeziehung für einen 10 m breiten Trapezkanal mit einer Sohlneigung von 1: bei unterschiedlichen Böschungsneigungen. hergeleitet. Setzt man in die Abflussformel den Trapezquerschnitt ein und stellt nach h um, dann folgt die quadratische Form h 2 + Bh m + Q 2m ( 2gI E d Hyd log 2.51ν d Hy 2gIE d + ) =0 ks 3.71d Hy die man jeweils im Wechsel mit dem hydraulischen Durchmesser iterativ auswerten muß. Das Ergebnis dieses Berechnungsverfahrens ist in Abbildung 4.6 für einen 10 m breiten Trapezkanal mit einer Sohlneigung von 1: bei unterschiedlichen Böschungsneigungen illustriert. Mit zunehmendem Abfluss steigt der Wasserstand umso weniger, desto größer die Böschungsneigung ist, wobei der Fluss dann aber auch mehr Raum benötigt. Das vorgestellte Berechnungsverfahren ermöglicht allerdings keine Gliederung des Querschnittes bezüglich der Rauheit. So bestehen die Böschungen in der Regel aus ganz anderem Material, wie z.b. Schüttsteinen, während an der Sohle feinere Sedimente transportiert werden. Berechnung nach Strickler Wir wollen nun die sich einstellende Wassertiefe für einen Trapezkanal berechnen, bei dem die Böschungsrauheit ungleich der der Flusssohle ist. Um dies möglichst einfach zu

93 Seite Zusammenfassung und Empfehlungen gestalten, wenden wir dabei das Fließgesetz von Strickler an. Man kann dabei zeigen, daß sich der Abfluss dann direkt durch den Stricklerbeiwert ( 2 B +2h 1+m 2) 3 k str,s k str,b k str,ges = (Bk 3 2str,B +2h ) 1+m 2 k str,S berechnet werden kann. Darin ist k str,b der Stricklerbeiwert der Böschung und k str,s der des Flussschlauches. 4.9 Ausblick: Aspekte der Flußmorphologie Im allgemeinen ist ein Flußquerschnitt nicht rechteckförmig und somit der spezifische Durchfluß über die Breite nicht konstant. In diesem Fall wird die stationäre Hydraulik des Systems durch die Gleichung gr Hy A 2 tan α = κ 2 ( ) 12r 2 Q 2 ln Hy k s bestimmt. Man erhält sie durch die Erweiterung der vorletzten Gleichung mit B 2 und das Ersetzen der verbleibenden Wassertiefen h durch den hydraulischen Radius r hy. Man kann diese Gleichung auch als Leitbild der Flußmorphologie interpretieren, da sie alle Aspekte der Gestaltung eines Flusses in sich enthält. Sie muß lokal erfüllt werden, wobei der Abfluß Q vorgegegeben ist. Dazu hat der Fluß verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten: Zunächst kann er seinen hydraulischen Radius und damit seine mittlere Tiefe h in seinem Verlauf so gestalten, daß die Gleichung erfüllt wird. Ferner kann er die Breite und damit die Querschnittsfläche variieren. Zusammen ergeben sich so daß Längs- und das Querprofil des Flusses. Ist das Talgefälle sehr steil, so kann der Fluß dieses reduzieren, indem er wie ein Skifahrer Umwege macht, also einen kurvigen Verlauf einnimmt, in der Fachsprache der Morphodynamik also Mäander bildet. Und schließlich kann er an seiner Sohle Rauheitselemente wie Riffel und Dünen ausbilden, die den Rauheitskoeffizienten erhöhen. Damit wurden die Hauptthemen der fluvialen Morphologie angesprochen, sie sind das Längsprofil, das Querprofil, Mäandrierung und die Bildung von Sohlformen. Ferner hat die Variabilität des Abflusses ebenfalls Auswirkungen auf die Flußform, so entstehen bei extrem variablen Abflüssen verflochtene Flußläufe Zusammenfassung und Empfehlungen Die Sohlschubspannung ersetzt in der dreidimensionalen reynoldsgemittelten Simulation die Stokessche Wandhaftbedingung. Die Strömungsgeschwindigkeit ist dann an der

94 4.11. Übungen Seite 85 Sohle nicht mehr Null und die Strömung verliert durch die Sohle kinetische Energie. Damit wird die Sohlschubspannung zu einem wichtigen Modellparameter. Um eine gute Darstellung der Sohlschubspannung in einem hydrodynamisch-numerischen Modell zu erzielen, sollte die äquivalente Sohlrauheit k s flächendeckend über das Simulationsgebiet bekannt sein. Sie ist die Mutter aller Sohlschubspannungsparameter, denn sie ist nicht von der Strömungsgeschwindigkeit oder der Wassertiefe abhängig. Die folgende Umrechnungstabelle für die Sohlschubspannungskoeffizienten enthält eine in der Form z 0 = γk s, γ (4.8) verallgemeinerte Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem Nullpunkt des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils und der äquivalenten Sohlrauheit Übungen 1. Ein 4 m tiefer Fluß weist bei gleichförmigem Abfluß ein Oberflächengefälle von 1 m auf 10 Kilometer Talweg auf. Berechnen Sie die Schleppspannung. 2. In einem tiefen Fluß werde bei gleichförmigen Abfluß 1 m über der Sohle 0.5 m/s und 3 m über der Sohle die Geschwindigkeit 0.8 m/s gemessen. Berechnen Sie unter der Annahme eines logarithmischen Geschwindigkeitsprofils u und z 0 und dann aus u die Sohlschubspannung. 3. Reproduzieren Sie mit einem Tabellenkalkulationsprogramm die Abbildungen 4.3 und 4.4 für k s -Werte von 1 mm, 1 cm und 1 dm. Eine Spalte sollte dabei natürlich dem spezifischen Abfluß q gewidmet sein. Die folgenden fünf Spalten sollten die Iterationen für h enthalten, wobei ein Startwert von 1 m Wassertiefe gewählt werden sollte. 4. Leiten Sie die Formeln für die tiefengemittelte Geschwindigkeit (2.12) für das logarithmische Geschwindigkeitsprofil und die Höhe über der Sohle (2.13) für welche diese Geschwindigkeit angenommen wird, her.

95 Seite Übungen z 0 [m] k s [m] C [m 1/2 /s] k Str [m 1/3 /s] r [1] C/18 12γh z 0 1 γk s 12γh10 12γhe κ/ r 10 (k Str h1/6 /18) k s z 0 γ C/18 12h 1 12h10 12he κ/ r 10 (k Str h1/6 /18) C 18 log 12γh z 0 18 log 12h k s 1 k Str h 1/6 g r 18 12γh 18 12h k Str log log Ch 1/6 1 h1/6 z 0 h1/6 k s g rh 1/3 r κ 2 ( ln 12γh z 0 ) 2 κ 2 ( ln 12h k s ) 2 g C 2 g h 1/3 k 2 Str 1 Tabelle 4.3: Umrechnungstabelle für Sohlreibungskoeffizienten. Diese Tabelle ist als Java-Applet unter bei Umrechnungen behilflich.

96 Kapitel 5 Die Gestaltung des Ufers Natürlich belassene Fließgewässer ändern ihren Lauf fortwährend. Durch Ufersicherung wird versucht, diese Wildwüchsigkeit einzudämmen und dem Fließgewässer einen festes Bett zu geben. Dabei wurde bei früher vorgenommenen Flussregulierungen die natürliche Seitenerosion meist durch massiven Uferverbau in Form von größeren Steinen oder Betonplatten verhindert. Heute werden diese Fixierungen im Zuge des naturnahen Gewässerausbaus häufig wieder entfernt, durch ingenieurbiologische Bauweisen ersetzt oder zunehmend dem Fluss die Möglichkeit zur Eigenaufweitung gegeben. Dadurch sollen die oftmals monotonen Uferstrukturen aufgebrochen und dem Fluss Feststoff zugeführt werden. Wir wollen in diesem Kapitel zunächst Ansätze für den Raumbedarf eines Fließgewässers kennenlernen, damit wir abschätzen können, ob dem Fluss eine Eigenaufweitung gestattet werden kann. Werden die an den Fluss angrenzenden Flächen so genutzt, daß eine Eigendynamik nicht möglich ist, muß das Ufer durch wasserbauliche Maßnahmen gesichert werden. Der dargestellte Stoff beschränkt sich - bis auf einführende Allgemeinplätze - im folgenden auf hydromechanische und morphodynamische Berechnungsverfahren und deren Umsetzung in ufersichernde Bauweisen. Bei der Gestaltung des Ufers als komplexe Wechselzone zwischen zwei Lebensräumen sind jedoch auch die Fachbeiträge verschiedener anderer landsschaftsgestaltender Wissenschaften wie Landschaftsplanung, Biologie und Limnologie einzuholen. 5.1 Die Breite eines Fließgewässers Um die Belastung des Ufers möglichst gering zu halten, wäre es wünschenwert, die sich durch die wirkenden Prozesse einstellende natürliche Breite eines Gewässers zu kennen. Gegeben sei also der Abfluss Q in einem Fluss und sein Gefälle I und das an der Sohle liegende Sediment mit dem repräsentativen Durchmesser d. Um die Aufgabe zu 87

97 Seite Die Breite eines Fließgewässers bewerkstelligen, haben wir die Schleppspannungsbeziehung, die Shieldsformel für den Bewegungsbeginn, die Sohlschubspannung nach Nikuradse (oder einfacher, aber schlechter nach Strrickler) und die Konitinuitätsgleichung Q = ubh zur Verfügung. Letztere wird verwendet, um die tiefengemittelte Strömungsgeschwindigkeit aus der Sohlschubspannung zu eliminieren: τ B = ( ϱκ2 Q 2 ) 2 ln 12h B 2 h 2 ks g Setzt man dieses gleich der kritischen Schubspannung nach Shields für den Bewegungsbeginn und löst nach der Breite B auf, dann bekommt man: B n+1 = κ ln 12hn k g s Q ϱ h τ cr Hier wurden die Indizes n + 1 und n gleich angefügt, da die fehlende Wassertiefe iterativ aus der Gleichung (4.7) κ 2 Q 2 1/3 h n+1 = ( ) ln 12h n 2 B 2 gi k s bestimmt werden muß. Das so gewonnene Verfahren für die Berechnung der Flussbreite nach unseren bisherigen Erkenntnissen konvergiert aber leider für die Wassertiefe gegen Null und für die Flussbreite gegen unendlich. Da es aber nur auf Verhältnisse bei Normalabfluss in einem Kanal ohne laterale Einflüsse gilt, berücksichtigt es genau das Ufer nicht. Unsere Kenntnisse zur Fließgewässermorphologie sind also noch nicht hinreichend, um einen deduktiven Zusammenhang für die Gewässerbreite aufzustellen. Wenden wir uns daher den empirischen Ergebnissen zu. Diese gelten für den Fall, daß der Fluss in der Breite einen gewissen Freiraum besitzt. Dann kann er diesen auch dazu nutzen, zu mäandrieren, wodurch er sein Sohlgefälle reduziert. Für diesen Fall setzt die Regimetheorie von Blench die Fließgewässerbreite als B = K 1 Q an. Die Gewässerbreite nimmt also mit der Wurzel des Abflusses zu. Der Parameter K 1 ist in Tabelle 5.1 für verschiedene geologische Bedingungen zusammengefaßt. Die in der Folge geschehenen Weiterentwicklungen haben für den Durchfluss alle Potenzen in der Nähe von 0.5 und versuchen vor allem, den Korndurchmesser des Sohlmaterials besser zu berücksichtigen. So gibt Bray (1982) die Formel B =2.08d 0.07 Q 0.53

98 5.2. Die Strömungsbelastung auf Böschungen Seite 89 Geologische Bedinungen K 1 /[m 2/3 s 1/s ] Kiesbett und Kiesufer 2.9 Sandbett und Sandufer 5.7 Sandbett und kohäsives Ufer 4.2 Sandbett und kohäsives Ufer bei erheblichen Feststofftransport 2.8 Tabelle 5.1: Koeffizient K 1 zu der Gewässerbreite nach Simons und Albertson (zitiert nach [66]). an, die für Korndurchmesser zwischen 19 und 145 mm gilt. Ein Jahr später veröffentlicht Gosh die Beziehung B =0.87d 0.15 Q 0.46 für Körner größer als 6 mm. Yalin weitet 1992 den Gültigkeitsbereich mit der Formel B =1.50d 0.25 Q 0.50 auf Durchmesser zwischen 3.8 und 400 mm auf (aus [65]). Die Einheiten in den Formeln sind dabei für die Korndurchmesser jeweils mm, für die Durchflüsse m 3 /s und für die Breite m. Genau hierauf bezieht sich auch die Kritik an diesen Ansätzen. Abbildung 5.1 zeigt ferner die graphische Darstellung dieser Zusammenhänge. Eine zweite Möglichkeit zur Abschätzung der unter natürlichen Bedinungen sich einstellenden Gewässerbreite besteht in der Untersuchung einer naturbelassenen Vergleichsstrecke. 5.2 Die Strömungsbelastung auf Böschungen Sowohl um die Morphodynamik der Fließgewässer mit unebenen Sohlen zu verstehen als auch um die Ufersicherung im Böschungsbereich zu dimensionieren, benötigt man die Berechnung der Sohlschubspannung an Orten mit steilen Sohlgradienten. Dabei zeigt es sich, daß eine einfache Berechnung z.b. mit dem Nikuradsegesetz nicht hinreichend ist. Dies liegt daran, daß diese Ansätze nur von der Strömungsgeschwindigkeit und der Wassertiefe abhängig sind, nicht aber, wie es die exakte Formulierung verlangt, von den Gradienten des Geschwindigkeitsfeldes. Um diese Eigenschaft zu verbessern, gehe man von der exakten Formulierung der Sohlschubspannung in tiefengemittelten Modellen aus:

99 Seite Die Strömungsbelastung auf Böschungen Breite B [m] Kiesbett mit Kiesufer Sandbett mit Sandufer Sandbett und kohäsives Ufer Kohäsives Bett und Ufer Sandbett und kohäsives Ufer, erheblicher Feststofftransport Abfluss Q [m³/s] Abbildung 5.1: Die Breite eines Flusses als Funktion des Abflusses nach der Regimetheorie. ) 2 ( τ B = n B P 1+( zb (x, y) zb (x, y) + x y ) 2 = ϱν u z + w x 2 u x ( z B u x y + v ) zb x y v z + w ( v y x + u ) zb y x 2 v z B y y Die vertikalen Geschwindigkeitsgradienten kann man nun durch das Schubspannungsgesetz von Nikuradse ersetzen. Die Gradienten der vertikalen Geschwindigkeit vernachlässigen wir. Die Gradienten der horizontalen Geschwindigkeitskomponenten an der Sohle kann man durch die Gradienten der tiefengemittelten Geschwindigkeit approximieren. Dann erhält man den neuen Ansatz:

100 5.2. Die Strömungsbelastung auf Böschungen Seite 91 τ B = ϱκ 2 ( ( ) 2 u u 2 + v 2 ϱν t ln 12h k s 2 u x ( z B u x + y + v x ϱκ 2 (( v ( ) 2 v u 2 + v 2 ϱν t ln 12h x + u ) zb y x +2 v y k s ) ) zb y ) z B y (5.1) Ferner haben wir die molekulare Viskosität durch die tiefengemittelte turbulente Viskosität ersetzt. Fallbeispiel: Fluss mit Trapezprofil Wir betrachten ein Fluss mit Trapezprofil. Die Hauptströmung u verlaufe in x-richtung, senkrecht dazu seien die Geschwindigkeiten Null. Damit bleibt von der Sohlschubspannung: τ B = ( ϱκ2 ) 2 u 2 ϱν t ln 12h k s Für die tiefengemittelte Strömungsgeschwindigkeit u setzen wir das vereinfachte laterale Profil u = 1 12h ln gh z S κ k s x und für dessen Ableitung die vereinfachte Form u y 1 κ u y z B y 12h 1 ln k s 2 g z S h h x y an. Für die tiefenintegrierte Wirbelviskosität gilt: ν t = 1 6 κu h Damit folgt alles in allem für die Sohlschubspannung τ B = ϱgh z S x + ϱu ln h k s gh z S x ( ) 2 h y wenn man bedenkt, daß die laterale Steigung der Wassertiefe das Negative der Steigung der Sohlhöhe ist. Die Gleichung ist wieder iterativ auszuwerten, da die Sohlschubspannung sowohl auf der rechten Seite als auch in Form der Schubspannungsgeschwindigkeit u = τ B /ϱ auf der linken Seite auftaucht. Das Ergebnis ist in Abbildung 5.2 zu sehen.

101 Seite Faschinen 0,6 4,5 4 0,5 3,5 Schubspannung [N/m²] 0,4 0,3 0,2 Schleppspannung Sohlschubspannung Neigungsanteil Wassertiefe [m] (rechte Achse) 3 2,5 2 1,5 Wassertiefe [m] 1 0,1 0, Breite [m] Abbildung 5.2: Die Belastung einer Böschung bei einem Gefälle von 1:10000 und einer Böschungsrauheit von k s = 3 mm. Es zeigt die größte Uferschubspannung knapp über dem Böschungsfuß. Die Sohlschubspannung übersteigt dabei sogar den Wert in der ebenen Flusssohle. In vielen anderen Monographien zum Flusswasserbau (so z.b. [66]) findet man eine Darstellung, die keinerlei Sohlbelastung am Böschungsfuß annimmt und die maximale Belastung auf der Böschung pauschal zu 75 % der Schleppspannung ansetzt. Nach unserer Herleitung ist dies allerdings viel zu gering dimensioniert und kann im Belastungsfall zum Böschungsversagen führen. 5.3 Faschinen Faschinen (von lat. Fascis - Bündel, Bund) sind Reisig- oder Strauchbündel von mehreren Metern Länge. In Belagerungskriegen dienten Faschinen dazu, Burg- oder andere Gräben aufzufüllen, um so das Anlegen von Sturmleitern zu ermöglichen. Sie dienen zur vorübergehenden Sicherung des Böschungsfußes. Dabei ist die Haltbarkeit von nichtausschlagfähigen Faschinen in der Unterwasserzone ca. 10 bis 30 Jahre. Faschinen werden aus biegsamen Reisig aus Birken oder lebenden Weidenruten erstellt. Der Durchmesser des verwendeten Materials sollte nicht größer als 3 cm sein. Das Baummaterial wird dann auf Länge geschnitten, die je nach Anwendung zwischen 3 bis 10 m liegt und in keilförmige Böcke gelegt. Hierbei wird totes mit lebendigem und grobes mit

102 5.3. Faschinen Seite 93 Abbildung 5.3: Faschine als Ufersicherung (Wasserwirtschaftsamt Bayreuth). Abbildung 5.4: Arbeit am Faschinenbock (Wasserwirtschaftsamt Bayreuth).

103 Seite Faschinen Abbildung 5.5: Ausgetriebene Faschine (Wasserwirtschaftsamt Bayreuth).

104 5.3. Faschinen Seite 95 feinem Material gemischt. Das zusammengelegte Reisigmaterial soll nach Festziehen und Festbinden einen Durchmesser von cm erhalten. Der Stahldraht wird dann alle cm um das Reisigmaterial gebunden. Die so entstandenen Faschinenwalzen werden in einem spatentiefen Graben am Böschungsfuß verlegt. Anschließend erfolgt die Andeckung mit dem Aushub. Durch Einschwemmen von Erde werden die Hohlräume zwischen den Ruten weitgehend verfüllt. Die Faschinenwalzen werden durch Pfähle im Untergrund verankert. Die Pfähle werden durch die Faschinen durchgeschlagen und nicht weiter befestigt. Die Abstände zwischen den Pfählen sind je nach Bodenart und Beanspruchung zu wählen. Als Vorteile von Faschinen sind die die sofortige und mittelfristige Wirksamkeit zu nennen, sowie bei Weidenfaschinen der sich ständig verbessernde Uferschutz durch die schnelle Bildung eines ökologisch vorteilhaften Wurzelvorhangs. Ferner wirken sie als Deckschicht und Filter gleichermaßen. Nachteilig sind die unter Umständen aufwendige Materialbeschaffung und die Empfindlichkeit von Weidenfaschinen gegen Beschattung und langanhaltende, hohe Wasserführung. Aus Faschinen werden eine Reihe anderer im Wasserbau verwendete Bauteile hergestellt: 1. Als Faschinenwürste werden die Faschinen oftmals bezeichnet, wenn sie lediglich als Längsbauteile verwendet werden. Man unterscheidet dabei biegsame Würste aus elastischen Hölzern wie Weiden und starre Würste aus unelastischen Hölzern wie Kiefer. 2. Senkfaschinen sind mit Beschwerungsmaterialien gefüllte Faschinenwalzen. Sie haben einen Durchmesser von 60 bis 130 cm bei einer Länge von 3 bis 6 m. Infolge ihres Gewichts sinken Senkfaschinen auf den Flussgrund ab und bleiben dort (hoffentlich) liegen. 3. Sinkstücke sind Faschinenkörper aus mindestens 10 m Länge, 5 m Breite und 1 m Höhe bei rechteckigem Grundriß. Sinkmatten haben eine Höhe von etwas 50 cm. Zur Herstellung werden Faschinenwürste auf einem Balkengestell mit Luntpfählen eingeflochten. Dann werden mehrere Lagen dieser Matten übereinander verfestigt. Sinkstücke werdenschwimmend zur Verwendungsstelle gebracht und dort durch Beschweren mit Steinen versenkt. Sinkstücke dienen insbesondere bei großer Wassertiefe der Flusssohlenbefestigung, der Ausfüllung von Kolken und als Unterbau bestimmter Buhnentypen. 4. Packwerk: Nach DIN 4054 versteht man unter Packwerk ubereinandergepackte 50 bis 70 cm dicke Schichten aus Faschinen, die durch Faschinenwürste und Pfähle miteinander verbunden und durch Zwischenlagen von Erde oder Steinen beschwert sind. Packwerk ist ein wesentlicher Bestandteil verschiedener Bauwerke

105 Seite Ufervegetationszonen des Flussbaus, z.b. Buhnen und Dämmen; es dient ferner zum Verbau von Uferabbrüchen und Kolken. Packwerk sollte nicht über Mittelwasser eingebaut werden, da sonst der häufige Wechsel von naß und trocken zu raschem Faulen führen würde. Für eine Kubikmeter Packwerk benötigt man 1.25 m 3 Faschinenwürste, 6 Buhnenpfähle, 0.4 m 3 Beschwerungssteine und etwas vier Arbeitsstunden. 5. Rauhwehre oder Spreutlagen dienen zum Schutz des Ufers oder zur Erhöhung der Rauheit. Eine Spreutlage ist dabei eine Schicht aus mehreren Reisiglagen, die quer zur Stromrichtung auf die Uferböschung gelegt werden. Gehalten werden diese Reisiglagen durch Faschinenwürste parallel zur Strömungsrichtung im Abstand von etwa 80 cm. Die Faschinenwürste selbst werden durch Spreutlagenpfähle gehalten. 6. Flechtzäune sind durchlässige Bauelemente. Im Abstand von 30 bis 50 cm werden Pfähle (Durchmesser 4 bis 12 cm) in den Boden eingetrieben. Faschinen aus elastischem Holz, vorzugsweise aus Weide, werden um die Pfähle geflochten. Der Flechtzaumfuß ist durch Steinschüttung zu sichern. Flechtzäune können als leichter Uferschutz, zum Auffangen von Geschiebe oder zur Herabsetzung der Fließgeschwindigkeit eingesetzt werden, mit dem Ziel, eine Verlandung zu beschleunigen oder Schlick in Buhnenfeldern zu fangen. 5.4 Ufervegetationszonen In natürlichen Gewässern bildet sich im Uferbereich Pflanzengesellschaften aus, welche sich dynamisch den Abfluss- und Geschiebeverhältnissen anpassen. In Abhängigkeit von der Überflutungshäufigkeit werden vier Ufervegetationszonen unterschieden. Die Laichkrautzone (L) beginnt etwas unter MNW. Die hier eventuell wurzelnden oder schwimmenden Pflanzen leisten kaum einen Beitrag zur Uferstabilität. Ihr Lebensraum beschränkt sich ohnehin vorwiegend auf Stillgewässer und auf die Mündungsregionen von Fließgewässern. Die Rörrichtzone liegt etwa zwischen zwischen MNW und SoMW. Bei ausreichenden Lichtverhältnissen können vor allem Flussröhrichte hier nach Hochwässern von oben her, immer wieder neu beginnend Fuß fassen und mit ihren Wurzeln die Erosionsbeständigkeit dieses Uferabschnittes beträchtlich erhöhen. Diese Besiedlungsform findet man vornehmlich in den Unterläufen und den Mündungsregionen, vor allem Rohrglanzgras-Röhrichte, aber auch in den Mittelläufen. Die Weichholzzone liegt etwas zwischen SoMW und SoHW 0,5 (Wasserstand, der in den Sommermonaten Mai bis Oktober im Mittel der Jahre etwa zweimal jährlich erreicht oder überschritten wird). Die Weichholzzone besteht im Wesentlichen aus

106 5.4. Ufervegetationszonen Seite 97 Abbildung 5.6: Ufervegetationszonen. Busch- und Baumweidenarten sowie aus Erlen, und zwar an kleinen Fließgewässern Schwarzerlen und im Hochgebirge Grauerlen. Für die Uferstabilität ist die Vegetation der Weichholzzone elementar. Insbesondere die Schwarzerle (auch Roterle genannt) umklammert mit ihrem Wurzelwerk das Ufer und greift damit sogar unter die Gewässersohle. Sie kann ihre Schutzfunktion aber nur dann voll entwickeln, wenn sie etwas über der Mittelwasserhöhe (0,30 m über SoMW) gepflanzt wird. In Lagen über 800 m wird die Schwarzerle an Gewässern von der Grauerle ersetzt. Diese dringt mit ihren Wurzeln aber weniger tief in das Erdreich ein, erobert dafür flachgründige, steinige Hänge und Trockenstandorte. Das Wurzelwerk der Baumweiden erhöht ebenso wie das der Schwarzerlen den Erosionswiderstand des Ufers. Aufgrund des aggressiven Wurzelwachstums ist jedoch darauf zu achten, dass Weiden nicht an sehr schmalen Fließgewässern oder in der näheren Umgebung von Betonbauwerken gepflanzt werden. Bei schmalen Fließgewässern besteht die Gefahr, dass das Wurzelwerk die gesamt Sohle einnimmt und somit beispielsweise die Sohlunterhaltung verhindert. Bei Betonbauwerken dringen die Wurzeln in Fugen und Spalten ein und können so zum Bauwerksversagen führen. Die Hartholzzone liegt über der Weichholzzone bzw. geht in sie allmählich über. Sofern nicht anthopogen beeinflußt sind dort Hartholzauenwälder von hohem ökologischen Wert anzutreffen. Wegen der Uferferne sind sie allerdings für den Uferschutz

107 Seite Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Rasen N/m 2 Weiden, Erlen N/m 2 Tabelle 5.2: Maximale Schubspannungen, die von einzelnen Ufersicherungsmaßnahmen aufgenommen werden können. von geringer Bedeutung. 5.5 Bemessung und Gestaltung von Uferböschungen Uferböschungen bilden den festen seitlichen Abschluß des Flusses und schützen den angrenzenden Kulturraum vor Überflutungen und den damit verbundenen Bodenabträgen und Auflandungen. Bei der Bemessung und Gestaltung von Uferböschungen spielen die verschiedensten Kriterien eine Rolle: Zunächst muß die Böschung stabil gegenüber Rutschungen entlang potentieller Gleitflächen sein. Unter gewöhnlichen Bedingungen sind folgende Böschungsneigungen als stabil anzusehen [72]: Feinsand 1:3 und flacher grober Sand 1:2 bis 1:2.5 grober Kies 1:1.5 bis 1:2 standfester Fels 10:1 bis 5:1 Die Böschung ist in drei Abschnitte unterteilt: in den Böschungsfuß mit dauernder Benetzung, in einen Uferschutz mit zeitweiser Benetzung und in das oben liegende Freibord. Aufgabe des Böschungsfußes ist die Sicherung der Boschung gegen Erosion und Abgleiten. Er wird meistens mit einem Blocksatz befestigt, der bis unter die Flusssohle hinabreicht. Zur Verwendung lebender Verbauungsmaterialien für den Uferschutz sind zwei Kriterien zu berücksichtigen. Einerseits die größten zu erwartenden Sohlschubspannungen und andererseits die Dauer der Überflutungen. Tabelle 5.2 gibt einen Überblick zu den aufnehmbaren Schubspannungen verschiedener lebender und toter Materialien. Lebend verbaute Böschungen sind gewöhnlich 1:3 bis 2:3 geneigt. Mit zunehmender Steilheit nimmt die Gleitsicherheit ab und die Unterhaltungsmaßnahmen werden mühsamer. 5.6 Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Als Uferwände bezeichnet man Bauwerke zur Befestigung eines senkrechten (oder nahezu senkrechten) Ufers, wodurch man das tiefe Wasser an die Landgrenze heranziehen kann. Solche können z. B. Spundwände sein.

108 5.6. Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Seite 99 Die Hydrodynamik unterscheidet sich an einer Uferwand eigentlich nicht von der an einer festen Sohle, wenn man von einem anderen Rauheitsparameter einmal absieht. Anders aber nicht prinzipiell unterschiedlich ist lediglich die differentialgeometrische Beschreibung. Diese verletzt Bedingungen, die insbesondere bei der tiefengemittelten und eindimensionalen Simulation vorausgesetzt wurden Differentialgeometrie der Uferwand Die differentialgeometrische Parametrisierung einer Uferwand kann nicht so wie die der Sohle erfolgen: Zu jedem horizontalen Ort (x, y) gehören unendlich viele Punkte der Uferwand. Man muß also zuerst eine eindeutige Parametrisierung der Uferwand konstruieren. Hierzu beschreiben wir die Linie, die die Uferwand in der Horizontalen bildet, als Funktion eines fortlaufenden Parameters λ durch die Abbildung λ x(λ) y(λ) Im zweiten Schritt kann die Fläche der Uferwand eindeutig durch die Abbildung λ x(λ) y(λ) z z parametrisiert werden. In Anlehnung an geographische Begrifflichkeiten bezeichnet man die Umkehrabbildung der Parametrisierung d.h. die Abbildung der Fläche auf die Parameterebene auch als Karte.ImFalleinesGewässers mit Sohlen und Uferwänden müssen wir die Berandung durch verschiedene Karten darstellen. Die Gesamtheit der Karten, die ein geometrisches Gebilde beschreibt, bezeichnet man in der Differentialgeometrie konsequenterweise als Atlas. Nun kann man den horizontalen Tangentialvektor 1 t λ = ) 2 ( ( x(λ) y(λ) + λ λ ) 2 x(λ) λ y(λ) λ 0 und den vertikalen Tangentialvektor 0 t z = 0 1

109 Seite Exkurs: Uferwände in HN-Modellen sowie den Normaleneinheitsvektor n an der Uferwand 1 n = ) 2 ( ) 2 ( x(λ) y(λ) + λ λ y(λ) λ x(λ) λ 0 konstruieren. Die Wahl des Vorzeichens des Normaleneinheitsvektors sollte so sein, daß dieser wie an der Sohle aus dem Gebiet zeigt. Es kann in der letzten Gleichung auch genau anders herum sein. Direkt an der Uferwand gilt die Stokessche Randbedingung, d.h. alle Komponenten der Strömungsgeschwindigkeit sind Null. Damit ist auch die Änderung der Strömungsgeschwindigkeit in tangentialer Richtung zur Wand, d.h. die tangentialen Richtungsableitungen Null, woraus sich die nützlichen Beziehungen und u x x λ = u y y λ u z =0 ableiten lassen, die wohlgemerkt nur an der Uferwand gelten. Nach diesen technischen Vorübungen interessieren wir uns vor allem für die Schubspannungskomponenten an einer Uferwand. Diese ergeben sich nun nach kurzweiliger Rechnung genau wie an der Sohle als τ λ = µ ( ) 2 ( x(λ) y(λ) + λ λ ) 2 u x y x λ λ u y ( ) 2 x + v λ x ( ) 2 y v x λ y λ y λ τ z = µ ) 2 ( ) 2 ( x(λ) y(λ) + λ λ ( w y x λ w y ) x λ Zur Plausibilisierung dieser Gleichungen betrachten wir eine von Westen nach Osten verlaufende Uferwand, die nach ihrer Länge parametrisiert ist: x(λ) =λ x λ =1 y(λ) =const. y λ =0

110 5.6. Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Seite 101 An dieser Uferwand wirken die Schubspannungen τ λ = µ u y und τ z =0 also so, wie wir es aus der Anschauung heraus erwartet hätten. Es sei noch angemerkt, daß solche vertikale Begrenzungsflächen nicht nur am Ufer sondern auch im Inneren eines Gewässers auftreten können. Die mathematische Behandlung dieser Strukturen bleibt aber dieselbe Randbedingungen an Uferwänden im Dreidimensionalen Grundsätzlich muss an Uferwänden die Undurchdringlichkeitsbedingung u n =0 eingehalten werden. Diese spezifiziert aber nur eine Komponente der Randströmungsgeschwindigkeit. Für die anderen beiden Komponenten existieren in dreidimensionalen Modellen prinzipiell drei Möglichkeiten. Im Extremfall der sehr hohen Auflösung in der direkten Simulation kann man die Stokessche Wandhaftbedingung ansetzen. Dies ist in Abbildung 5.7 oben dargestellt. Besser ist es aber fast immer, auch hier den Impulsfluß in Form eines Schubspannungsgesetzes vorzugeben. In diesem Fall stellt sich auch am Rand eine von Null verschiedene Strömungsgeschwindigkeit mit entsprechend reduzierten Geschwindigkeitsgradienten ein (Abbildung 5.7 Mitte). Das laterale Geschwindigkeitsprofil in der Grenzschicht der Uferwand ist logarithmisch, wir können die Schubspannung also nach Gleichung 4.2 durch ( ) 2 1 n τ W = ϱ ln u(n ) u(n ) κ z 0 beschreiben, wobei n ein Bezugsabstand in transversaler Richtung von der Uferwand ist. Die Rauheit der Uferwand wird wieder durch z 0 beschrieben, in einer der Formel angepaßten Notation sollte sie eher n 0 heißen. Der Bezugsabstand n ist zweckmäßigerweise der Abstand des ersten Gitterknotens von der wand, hierdurch ist dann auch u(n ) bestimmt. Das andere Extrem stellt das Modell des gleitenden Randes dar. Hier wird davon ausgegangen, daß der Rand keine Schubspannung auf das Fluid ausübt, d.h. die Randschubspannung verschwindet: τ W = µ n W grad u =0

111 Seite Exkurs: Uferwände in HN-Modellen G es c h w in d ig k ei t Abstand vom Rand Abbildung 5.7: Geschwindigkeitsprofile an undurchlässigen Rändern. Oben: Stokessche Haftrandbedingung. Mitte: Vorgabe eines Randreibungsgesetzes. Unten: Gleitender Rand. Damit ist der Gradient der Strömungsgeschwindigkeit in Richtung des Randes Null d.h. die Geschwindigkeiten bleiben zum Rand hin konstant und es bildet sich das in Abbildung 5.7 unten dargestellte Geschwindigkeitsprofil aus. Ein solcher Rand wird daher im Englischen als free slip boundary bezeichnet. Die Tangentialgeschwindigkeiten am Rand entsprechen denen des ungestörten Bereiches, so daß ein Gleitrand die Strömung im Gebiet nicht beeinträchtigt. In der Natur existiert ein solcher Rand allerdings nicht. Ungeachtet dieser Tatsache wird der Gleitrand in tiefenintegrierten Simulationsmodellen recht häufig verwendet. Dies ist dann gerechtfertigt, wenn die Diskretisierung so grob ist, daß die Grenzschicht von ihr nicht mehr aufgelöst werden kann Uferwände in tiefenintegriertem Modellen In einem tiefenintegrierten Modell hat man an Uferwänden die entsprechenden Randbedingungen vorzugeben. Die Herleitung, wie diese aussehen, ist nicht so einfach, wir hatten den zu bewältigenden Weg aber schon an der Sohle und der freien Oberfläche beschritten und können uns hier auf die Meilensteine beschränken. Zunächst werden die tiefenintegrierten Impulsgleichung in der konservativen oder Divergenzform geschrieben, damit wir in ihr die Impulsflüsse identifizieren können:

112 5.6. Exkurs: Uferwände in HN-Modellen Seite 103 q t +div u q = f gh grad z S + 1 ϱ div ( τ D h ) Als Impulsfluss der tiefenintegrierten Strömung können wir nun hieraus Φ q = u q 1 ϱ ( τ D h ) ablesen. Die Randbedingung an einer lateralen Uferwand ergibt sich aus der Projektion dieses Flusses auf die Wand und deren quantitativen Bestimmung. Bei dieser Projektion fällt der advektive Term wieder weg, weil durch die Wand keine Masse fließt. Technisch ist wieder die Projektion des Dispersionstensors auf den Normaleneinheitsvektor ein übles Unterfangen, es bleibt zu guter Letzt in guter Näherung wieder der Normalenrichtungsgradient der Geschwindigkeit zu quantifizieren. Geht man wieder vom logarithmischen Geschwindigkeitsprofil aus, dann kommt man zu einer dem dreidimensionalen Fall analogen Form, wobei die Bezugsgeschwindigkeit als tiefengemittelter Wert angegeben werden kann Uferwände in eindimensionalen Modellen Der Einfluß von Uferwänden erscheint in eindimensionalen Modellen als Term im Energieliniengefälle. Sein Anteil ist: ( ) τ l 2 ( ) Bl τ r 2 gai E = h l 1+ Br + h r 1+ ϱ s ϱ s In den meisten Fällen kann man davon ausgehen, daß die Flußbreite sich nur gering mit der Längskilometrierung ändert, ihr Quadrat vernachlässigt bzw. die beiden Wurzeln eins sind: τ l gai E = h l ϱ + h τ r r ϱ Wir wollen versuchen, die Schubspannung wieder aus dem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil zu berechnen. In einem eindimensionalen Modell haben wir dabei für den Bezugsabstand wenig Spielraum. Als Lösungsstrategie bietet sich eine Vorgehensweise an, wie sie bei der Bestimmung der Sohlschubspannung in tiefenintegrierten Modellen gewählt wurde: Man bestimme den Abstand n, an dem die querschnittsgemittelte Geschwindigkeit angenommen wird. Dies ist allerdings wegen der nicht einheitlichen Sohlquerschnitte in Fließgewässern kaum möglich. Daher ist für die Wahl von n ein Teil der Gewässerbreite B, etwab/2 sinnvoll, da der querschnittsgemittelte Einfluß der Uferwände mit zunehmender Gewässerbreite abnimmt. Schließlich erhalten wir für den Anteil im Energieliniengefälle

113 Seite Einschränkungsbauwerke ( 1 gai E = h l κ ln B ) 2 ( 1 u 2 + h r 2z 0 κ ln B ) 2 u 2 2z 0 Der Einfluß einer Uferwand auf das Energieliniengefälle nimmt mit der Wasser- bzw. Wandtiefe zu und mit der Gewässerbreite ab. Zusammenfassend erfordern Uferwände eine Sonderbehandlung, da sie aus der üblichen differentialgeometrischen Parametrisierung herausfallen. Unter Berücksichtigung dieses Sachverhaltes können die Randbedingungen hier ansonsten genauso wie an der festen Sohle konstruiert werden. 5.7 Einschränkungsbauwerke Im Mittel- und Unterlauf eines Flusses hat man es oftmals weniger mit der Tiefenerosion, sondern mit ihrem Gegenteil, der Materialakkumulation zu tun. Um diese zu verhindern, bietet es sich an, die Flussbreite einzuschränken, wodurch die Fließgeschwindigkeiten und die Sohlschubspannung im verbleibenden Flussbett erhöht und die Feststoffablagerungen reduziert werden. Zur Reduktion des durchströmten Querschnitts verwendet man Einschränkungsbauwerke. Mit ihnen will man, wie bei vielen Flussbauwerken mehrere Nutzen verbinden: Neben der Reduktion der Materialablagerung soll durch sie die Wassertiefe im Fluss erhöht und somit die Schiffbarkeit verbessert werden. Zudem schützen sie das Ufer gegen Erosion und begrenzen die Gewässerausdehnung. Damit stabilisieren sie die Lage der Profillinie. Einschränkungsbauwerke gehören zu den Strombauwerken, die man je nach ihrer Ausrichtung zum Strom in Längs- und Querwerke unterteilen kann. Längswerke sind neben den Ufer- und Böschungssicherungen auch Deckwerke und Leitdämme, die in diesem Kapitel behandelt werden sollen. Querwerke sind Schwellen, Geschiebesperren, Buhnen und Stacks Buhnen Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts werden Buhnen zum Uferschutz und zur Mittelwasseregulierung in deutschen Flüssen eingesetzt. So wurden 1837 Buhnen in die bayerische Donau eingebaut, um eine Eintiefung zu erzeugen und damit ein festes Flussbett zu schaffen. Mit dem Ziel, die Ströme Rhein, Main und Donau zu Großschifffahrtstraßen auszubauen, bestand die Notwendigkeit, ein Niedrigwasserbett zu schaffen, das auch bei kleinen Abflüssen eine ausreichend tiefe und breite Fahrrinne bietet. Dabei wurde die punktuelle Einschnürung des Abflussquerschnitts und der damit verbundene Anstieg

114 5.7. Einschränkungsbauwerke Seite 105 Abbildung 5.8: Buhnenstrecke bei Schönberg bei Elbe-km 440 (BAW Karlsruhe, 2000). Die Strömung läuft von rechts nach links, die Buhnen sind inklinant angeordnet. der Wassertiefe ausgenutzt. Ebenso erwünscht war die mit dem Buhnenbau verbundene Eintiefung der Sohle, mit der die Verschärfung der Hochwassersituation durch den Anstieg der Fließtiefe reduziert oder gar ausgeglichen werden konnte [?]. Die wesentlichen Begriffe zur Beschreibung von Buhnen definieren sich folgendermaßen: Die Buhnenbreite (manchmal auch Buhnenlänge) ist das Maß, um welches eine Buhne in den Flußquerschnitt hineinragt und somit die ursprüngliche Gerinnebreite einschnürt. Der Buhnenkopf ist das flussseitige Ende der Buhne. Die Buhnenwurzel ist das uferseitige Ende der Buhne. Der Flussschlauch ist der verbleibende Abflussquerschnitt zwischen den Buhnenköpfen. Das Buhnenfeld ist der flache Bereich zwischen zwei aufeinanderfolgenden Buhnen, dem verbleibenden Flußschlauch und dem Ufer. Die Länge des Buhnenfeldes ist der lichte Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Buhnen.

115 Seite Einschränkungsbauwerke 40 y[m] u(y) 10 y x 0-1,50-0,50 0,50 1,50 2,50 Abbildung 5.9: Der Buhneneffekt: Konzentration der Strömung zur Gerinnemitte. Abbildung 5.10: Umströmung von Buhnen (Riepe, 1930). Strömungsprozesse um Buhnen Der erste Effekt von Buhnen besteht in einer Bündelung der Geschwindigkeit in der Mitte des Flussschlauches (bei symmetrischer Anordnung der Buhnen auf beiden Uferseiten), was in Abbildung 5.9 illustriert ist. Die Reduktion der Breite B führt nach der Kontinuitätsgleichung Q = Bq = const zu einer Erhöhung des spezifischen Abflusses q und in der Folge zu einer Erhöhung des Wasserstandes h, der tiefengemittelten Fließgeschwindigkeit u, der Sohlschubspannung τ B und der Sedimenttransportkapazität q S.Die entsprechenden Zusammenhänge hatten wir in Abschnitt 4.8 kennengelernt. Um einen weiteren Strömungseffekt um Buhnen zu verstehen, betrachten wir die Abbildung Die hinter jeder Buhne stattfindende Aufweitung des Fließquerschnitts bedingt eine Rückströmung. Bei sinnvoller Wahl des Buhnenabstandes entsteht aus dieser Rückströmung eine Zirkulationsströmung mit vertikaler Drehachse. Angetrieben

116 5.7. Einschränkungsbauwerke Seite 107 Abbildung 5.11: Strömungs- und Turbulenzprozesse um Buhnen (G. Lang, BAW, 2003). wird diese Zirkulationsströmung durch turbulent-viskose Impulsabgabe aus der Hauptströmung, die vom linken zum rechten Bildrand läuft. Diese primären Kreiströmungen treiben in Ecken an den Buhnenwurzeln teilweise wieder sekundäre Kreisströmungen an, wie man es gut im rechten und im linken Buhnenfeld erkennen kann. Das Geschwindigkeitsfeld im Flussschlauch und den Buhnenfeldern ist mit einem System von Zahnrädern zu vergleichen, die allerdings schlecht geschmiert sind. Da jede Strömung durch die Sohlreibung und den turbulent-viskosen Impulsaustausch Energie verliert, stellen die Buhnenfelder Bremskammern für die Hauptströmung dar. Neben der Konzentration der Hauptströmung und der Zirkulationsströmung in den Buhnenfeldern gibt es eine Reihe weiterer Phänomene bei der Umströmung von Buhnen (siehe auch Abbildung 5.11). So ist die Ausbildung einer freien Scherströmung hinter dem Buhnenkopf zu nennen. Als solche wird eine Situation bezeichnet, bei der zwei parallele Strömungen unterschiedlicher Geschwindigkeit plötzlich aufeinandertreffen, so wie es am Buhnenkopf der Fall ist. Mit zunehmendem Abstand vom Buhnenkopf gehen die beiden Geschwindigkeiten dann stetig ineinander über. Mathematischer gesprochen sind also die lokalen Geschwindigkeitsunterschiede (anderes Wort: Geschwindigkeitsgradienten) am Buhnenkopf am größten, während sie in der sich ausbildenden Scherströmung dann kleiner werden.

117 Seite Einschra nkungsbauwerke Abbildung 5.12: Schnappschuss auf die Ergebnisse zur numerischen Simulation der turbulenten kinetischen Energie (TKE) um Buhnen (H. Weilbeer, 2001).

118 5.7. Einschränkungsbauwerke Seite 109 Überall dort, wo größe Geschwindigkeitsgradienten vorhanden sind, entsteht Turbulenz. Das Maß der Turbulenz ist also am Buhnenkopf am größten (Abbildung 5.15), wodurch insbesondere hier Bodenmaterial mobilisiert wird und ein Kolk ausgehoben wird. Werden die Buhnen überströmt, so treten an jeder Buhne noch Beschleunigungs- und Verzögerungserscheinungen auf, die zu weiteren Energiedissipationen führen. Man kann diesen Effekt am ehesten mit dem Energieverlust an einer Sohlenschwelle vergleichen. Bemessung von Buhnen Die Vielzahl von Prozessen, die bei der Umströmung von Buhnen eine Rolle spielen, machen eine exakte Bemessung sehr schwierig. Hier bieten sich nur das wasserbauliche Versuchswesen oder die numerische Simulation an. Wir wollen uns hier daher auf einfache Methoden beschränken, die eine erste Bemessung gestatten. Im Anschluss daran sollte ein numerisches Modell diese Ergebnisse belastbar machen. Die Buhnenbreite -oder besser- die dem Flussschlauch verbleibende Breite kann in nullter Näherung aus der Kontinuitätsbedingung Q = qb verbleibend abgeschätzt werden. Die Reduktion der durchflossenen Breite B verbleibend bei konstantem Abfluss Q führt also zu einer direkten Erhöhung des spezifischen Abflusses q. Mit Hilfe der Wasserstands- Abflussbeziehung kann dann die neue Wassertiefe abgeschätzt werden. Exakt ist die Regelungsbreite allerdings nicht bestimmbar, durch Buhnenverlängerung oder Verkürzung kann sie jedoch korrigiert werden. Hiermit ist eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit und der Sohlschubspannung verbunden, wodurch sich die Sohle eintiefen wird. Zur Bestimmung der sich neu einstellenden Wassertiefe sind zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen kann sich die Sohle im statischen Gleichgewicht befinden, d.h. die kritische Schubspannung des Bewegungsbeginns wird nicht überschritten. Spannring [?] hat zur Bestimmung der sich in der Einengung neu einstellenden Wassertiefe h 1 aus der Wassertiefe vor der Einengung die Beziehung h 1 h 0 = ( ) τb,0 3/7 ( ) 6/7 B0 τ cr hergeleitet. Im dynamischen Gleichgewicht wird Sediment durch den Flußschlauch transportiert. In diesem Fall bestimmt man die sich einstellende Gleichgewichtswassertiefe aus der Bedingung, daß die Ableitung der Sedimenttransportrate Null sein muß. Spannring leitet hier die Beziehung her. h 1 h 0 = ( ) τb,0 3/7 ( ) 6/7 ( B0 τ cr B 1 1 B 1 ( ) 2/3 ( B0 B 1 1 τ B,0 τ cr ) ) 3/7

119 Seite Einschränkungsbauwerke Diese Ansätze kann man lediglich dazu verwenden, die sich neu einstellende Wassertiefe grob abzuschätzen. Tatsächlich stellt sich ein neues Geschwindigkeitsquerprofil zwischen den Buhnenköpfen ein, welches an den Buhnenköpfen niedrige Geschwindigkeiten, aber eine hohe Turbulenzentwicklung und in der Flussschlauchmitte eine hohe mittlere Geschwindigkeit und niedrigere Turbulenzgrade aufweist. Man unterscheidet inklinante, orthogonale und deklinante Lage der Buhnen. Erstere strecken sich der ankommenden Strömung entgegen, zweitere stehen senkrecht zum Ufer und letztere weisen in Strömungsrichtung. Man bevorzugt in Flüssen die inklinante Lage, da so die sich am Buhnenkopf ablösende Strömung an der folgenden Buhne in das Buhnenfeld gedrückt wird und so die Zirkulationsströmung gefördert wird. Der Neigungswinkel zum Flussufer liegt dabei zwischen 70 und In Tidegewässern wechselt dagegen die Strömungsrichtung, womit hier die orthogonale Lage am günstigsten ist. Die Länge der Buhnenfelder wird heute oftmals noch nach einem Verfahren von Winkel aus dem Jahr 1928 abgeschätzt [?]. Er hat bei Versuchen mit Buhnen beobachtet, daß die Stromlinie im Anschluss an den Buhnenkopf um einen Winkel von 5.25 o bis 7.67 o abgelenkt wird, wobei der Mittelwert bei 6 o liegt. Der Abstand zweier aufeinanderfolgender Buhnen sollte nun so bestimmt werden, daß der Ablösestrahl die folgende Buhne etwa in der Mitte trifft. Bei rechtwinklig zum Ufer angeordneten Buhnen ergibt sich ein Buhnenabstand von: l bf = B b 2sin6 o =4.78B b Die Erfahrung zeigt allerdings, daß der so bestimmte Buhnenabstand zu groß ist. So wird oftmals als obere Grenze die zweifache Buhnenbreite angenommen. Buhnen werden teils als stabile Hauptwerke, teils als leichtere schlickfangähnliche Bauwerke ausgeführt. Zu den leichteren Ausführungsformen zählen Drahtbuhnen und Pfahlbuhnen, das sind Reihen dicht aneinander eingeschlagener Holzpfähle, zumeist zwei oder drei Reihen. Schwerere Ausführungsformen sind Schüttsteinbuhnen, Buhnen in gemischter Bauweise bestehend aus Walzen, Packwerk, Steinen, Kies und Pflasterung und Buhnen mit Sinkstücken als Unterbau. Dabei wird Packwerk in Ufernähe und Sinkstücke in größerer Entfernung vom Ufer eingebaut. Die komplexe Strömungssituation um Buhnen, die Überströmung mit wechselndem Wasserstand über der Buhne machen eine direkte Bemessung der Schüttsteingröße unmöglich. Hier werden Erfahrungswerte aus anderen Baumaßnahmen am Fluss herangezogen. Zusammenfassende Bewertung: Buhnen Buhnen dienen der Konzentration der Geschwindigkeit in der Strommitte und sichern das Ufer. Sie sind leicht veränderbare Bauwerke, da Verlängerungen und Verkürzungen

120 5.7. Einschränkungsbauwerke Seite 111 Abbildung 5.13: Gesamtaufbau Buhne. Abbildung 5.14: Buhnenaufbau.

121 Seite Einschra nkungsbauwerke Abbildung 5.15: Setzsteine. Abbildung 5.16: Konstruktive Gestaltung einer Buhne (Aus: Leitsa tze zur Niedrigwasserregulierung der Elbe, Bundesanstalt fu r Wasserbau, 1935).

122 5.7. Einschränkungsbauwerke Seite 113 Abbildung 5.17: Zur Funktionsweise eines Leitdamms. einfach durchgeführt werden können. Sie haben eine hohe Lebensdauer und können mit geringem Kostenaufwand saniert werden. Die Ablenkung des Hauptstroms vom Ufer macht eine besondere Ufersicherung nicht mehr erforderlich, was weitaus wirtschaftlicher als ein durchgängiger Schwerverbau des Ufers ist. In den Buhnenfeldern wird ökologisch wertvoller Lebensraum geschaffen. Als Nachteile sind vor allem die ungleichmäßige Wasserführung zu nennen: Bei hohen Wasserständen entstehen Querströmungen und Ablösewirbel, die Kolke an den Buhnenköpfen verursachen starke Unregelmäßigkeiten im Regelprofil. Verwendet man Buhnen lediglich zur Sicherung des Ufers, dann wird mehr Raum als beim durchgehenden Längsverbau des Ufers benötigt. Überströmte Buhnen müssen zur Vermeidung von Schiffsunfällen ausreichend gekennzeichnet werden Leitdämme Leitdämme sind Längswerke, die ebenfalls zur Bündelung des Abflusses in der Strommitte eingesetzt und zum Schutz des angrenzenden Ufers eingesetzt werden. Wie aus Abbildung 5.17 ersichtlich wird, teilen der rechtsseitige und der linksseitige Leitdamm den Strom in drei Anteile, wobei sich an den Ufern und den beiden Leitdammseiten insgesamt sechs laterale Grenzschichten ausbilden. Zwischen Leitdamm und Ufer ist die Wassertiefe jeweils nur sehr gering, so daß sich hier keine großen Fließgeschwindigkeiten ausbilden können. Dadurch muß sich der Durchfluss im Vergleich zum unverbauten Querschnitt noch mehr in der Gewässermitte konzentrieren. Zur Bemessung von Leitwerken ist das laterale Geschwindigkeitsprofil zu berechnen. Im

123 Seite Zusammenfassung Gegensatz zu Buhnen ist bei Leitdämmen als Parallelwerke die einmal gebaute Regelungsbreite nicht mehr so einfach veränderbar. Im Vergleich zu Buhnen strukturieren Leitdämme den Flußquerschnitt sehr klar, das Strömungsfeld ist sehr gleichmäßig. In den Randbereichen werden ökologisch wertvolle Räume geschaffen. Die Räumwirkung für Sedimentakkumulationen und die damit verbundene Eintiefung ist allerdings nicht so groß wie bei dem Verbau mit Buhnen. 5.8 Zusammenfassung Böschungen sind aus zwei Gründen morphologisch instabiler als die ebene Flusssohle. Zum einen findet der Bewegungsbeginn früher als auf der ebenen Fläche statt. Der zweite Grund ist eine lokale Erhöhung der Sohlschubspannung am Böschungsfuß. Daher ist die Uferböschung gegenüber der Flusssohle weitaus mehr zu sichern. Zur Ufersicherung bieten sich geschüttete Steine entsprechend bemessenen Durchmessers und Bewuchs an. Bei der Ufersicherung durch Pflanzungen sind die verschiedenen Vegetationszonen in Abhängigkeit von der jährlichen Überflutungsdauer zu beachten.

124 Kapitel 6 Freie Oberflächen Neben festen Wänden werden Strömungen in Natur und Technik durch sogenannte freie Oberflächen berandet. Als solche bezeichnet man die sich in einem offenen Gewässer oder Gefäß sich eistellende Wasserspiegelfläche. Diese Fläche trennt als Grenzfläche zwei Naturräume mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften. Anders als eine feste Wand oder eine Gewässersohle ist eine freie Oberfläche allerdings extrem beweglich, wodurch sie ihren Namen (engl. free surface) bekommen hat. Durch diesen Freiheitsgrad wird die freie Oberfläche zu ein Teil des zu lösenden hydromechanischen Problems. Gleichzeitig sind freie Oberflächen aber auch die obere Begrenzung des Strömungsgebietes und wir benötigen zur eindeutigen Lösung hier bestimmte Randbedingungen. An festen Wänden hatten wir dabei recht einfach die Stokessche Wandhaftbedingungen aus einem Kontinuitätsargument gefunden: Bewegt sich die Wand nicht, dann muß die Strömungsgeschwindigkeit direkt über der Wand auch Null sein. An der freien Oberfläche sind Hydro- und die zumeist darüber liegenden Atmosphäre jedoch wesentlich verzahnter, womit eine Entkopplung schwieriger wird. 6.1 Die Bewegung der freien Oberfläche Für die zu behandelnde Wasseroberfläche beschreiben wir zuerst ihre geodätische Höhe z S (S für Spiegel oder engl. Surface) als Funktion der horizontalen Koordinaten x und y, berücksichtigen aber außerdem ihre Fähigkeit, sich zeitlich zu ändern: z S = z S (x, y, t) Diese Darstellung geht davonaus, daß zu jedem Ort in der Horizontalen nur eine geodätische Höhe der freien Oberfläche gehört. Dabei kann es sich jedoch um eine wesentliche physikalische Einschränkung handeln, denn das Brechen von Oberflächenwellen (siehe Abbildung 6.1) kann nun nicht mehr dargestellt werden. 115

125 Seite Die Bewegung der freien Oberfläche z z S (x, t) z B (x) x Abbildung 6.1: Definition der geodätischen Höhe z B der Sohle und z S der freien Oberfläche. Im Falle brechender Wellen muß einem Ort der horizontalen Ebene mehr als eine geodätische Höhe der freien Oberfläche zugeordnet werden Die Lage der freien Oberfläche ist eindeutig durch die Koordinaten x, y und die Zeit t bestimmt. Als Fläche im dreidimensionalen Raum und in der Zeit läßt sie sich durch x x y y t z S (x, y, t) parametrisieren. Man bestätigt durch Ableitung dieses Vektors nach x und y leicht, daß die zugehörigen normierten horizontalen Tangentialvektoren 1 1 t x = 0 ) 2 1+( zs (x, y, t) z S (x, y, t) x x und t y = 1 ) 2 1+( zs (x, y, t) y 0 1 z S (x, y, t) y sind. Der Normaleneinheitsvektor n S steht senkrecht zu den Tangentialvektoren und hat daher die Form:

126 6.2. Der Impulsaustausch an der freien Oberfläche Seite 117 n S = 1 ) 2 ( 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y ) 2 z S x z S y 1 (6.1) Hier weise die z-achse in vertikaler Richtung in den Himmel. Wie immer ist der Normaleneinheitsvektor entsprechend einer mathematischen Konvention aus dem Modellgebiet hinaus gerichtet. Die Bewegung der freien Oberfläche ist durch die zeitliche Änderung ihrer geodätischen Höhe bestimmt: w S = dz S(t, x, y) dt Da die geodätische Höhe der freien Oberfläche eine Funktion des Ortes in der Horizontalen und der Zeit ist, gilt nach der Kettenregel w S = z S t + z S x x t + z S y y t Indem die Zeitableitungen des Ortes durch die lokalen Strömungsgeschwindigkeiten an der Oberfläche ersetzt wird, kommt man zu der als kinematische Randbedingung an der freien Oberfläche bezeichneten Gleichung: w S = z S t + u z S S x + v z S S y (6.2) Durch die Bildung von Grenzfällen erkennt man, daß sich die Bewegung der freien Oberfläche aus zwei Teilbewegungen zusammensetzt: Sind keine Horizontalgeschwindigkeiten vorhanden, dann kann die freie Oberfläche durch lokale Vertikalgeschwindigkeiten w S angehoben oder abgesenkt werden (Abbildung 6.2). Zum anderen kann sich die freie Oberfläche durch die Bewegung des gesamten Wasserkörpers ändern, sie wird angehoben, wenn ein Bereich größerer Wassertiefe den Beobachtungsort durch eine horizontale Bewegung erreicht. Diese Auf- und Abwärtsbewegung kann auch dann stattfinden, wenn direkt an der freien Oberfläche keine Vertikalgeschwindigkeiten vorhanden sind. 6.2 Der Impulsaustausch an der freien Oberfläche Bisher haben wir mit der kinematischen Randbedingung nur eine Gleichung zur Bestimmung einer skalaren Größe an der freien Oberfläche zur Verfügung. Dabei waren wir an

127 Seite Der Impulsaustausch an der freien Oberfläche Abbildung 6.2: Bewegungsformen der freien Oberfläche. Links: Advektion von Oberflächengradienten, rechts: Vertikale Bewegungen. festen Wänden mit der Stokesschen Randbedingung wesentlich besser bedient, weil alle drei Geschwindigkeitskomponenten ab initio bekannt waren. Zur Verbesserung dieser Situation untersuchen wir nun den Impulsaustausch zwischen Hydro- und Atmosphäre. Wir erinnern uns, daß sich der Impulsfluß als die Projektion des Impulsstromdichtetensors auf die entsprechende Flächennormale ergab. Man läßt sich daher sehr leicht dazu verleiten anzunehmen, daß n S Φ u = ϱ n S u u + p n S n S P der Impulsfluß durch die freie Oberfläche ist. Allerdings ist die freie Oberfläche eine bewegliche und keine feste Fläche. Der Impulsstromdichtetensor wurde aber in der Eulerschen Betrachtungsweise eingeführt. Der Übergang zu einer beweglichen Fläche ist in diesem Fall sehr leicht, man braucht nur den advektiven Term entschwinden zu lassen, da es keinen advektiven Impulsfluß durch die freie Oberfläche gibt: n S Φ u = p n S n S P Der Impulsfluß an der freien Oberfläche setzt sich als aus einem Druckanteil und den viskosen Spannungen zusammen. Nun wollen wir das Produkt aus Normaleneinheitsvektor und dem viskosen Spannungstensor analysieren, eine ähnliche Rechnung hatten wir an der Sohle schon mit umgekehrten Vorzeichen gemacht. Das Ergebnis ist:

128 6.3. Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Seite 119 n S P = µ ) 2 ( 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y ) 2 2 u ( z S u x x + y + v ) ( zs u x y z + w ) x ( v x + u ) ( zs y x +2 v z S v y y z + w ) y ( w x + u ) ( zs w z x + y + v ) zs z y 2 w z An dieser Stelle kann eine sehr oft verwendete Vereinfachung gemacht werden. Dabei geht man davon aus, daß Produkte von zwei Ableitungen sehr klein sind. So bleiben von dem Vektor jeweils nur die letzten Terme stehen, die sich in Kurzform als ( ) u µ z +gradw n S P = ) 2 ( ) 2 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y schreiben lassen. Damit ergibt sich für den Impulsfluß an der freien Oberfläche: u n S Φ u = µ z +gradw ) 2 ( ) + p n S 2 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y Wir werden den viskosen Impulsfluß im folgenden Abschnitt konkretisieren. Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß durch die freie Oberfläche genau wie durch feste Wände keine kinetische Energie mit der Atmosphäre ausgetauscht wird, da auch hier kein Massenfluß stattfindet. Der Beweis dieser evidenten Aussage ist technisch jedoch schwieriger, da die Wasseroberfläche beweglich ist. 6.3 Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Geht ein Windstoß über ein stehendes Gewässer, so kann man Wellen sehr kleiner Wellenlänge beobachten, die als Kapillarwellen bezeichnet werden. Sie erzählen uns etwas über die zwischen den Wasserteilchen wirkenden Kräfte, haben ihre Ursache also im molekularen Bereich.

129 Seite Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Die Oberflächenspannung Zwischen den Molekülen eines Fluids wirken Kräfte elektrodynamischen Ursprungs, die man als intermolekulare Wechselwirkungen bezeichnet. Dies sind - solange sich zwei Moleküle nicht zu nahe kommen - in der Regel attraktive d.h. anziehende Kräfte. Je zwei gleiche oder ungleiche Moleküle haben somit ihr eigenes charakteristisches molekulares Wechselwirkungspotential, welches die makroskopischen Eigenschaften des Stoffes, den die Moleküle bilden, weitgehend bestimmt. Ein im Inneren eines Fluids befindliches Molekül übt nach allen Seiten attraktive Kräfte aus und wird von seinen Nachbarn in gleicher Weise angezogen. Dadurch heben sich die intermolekularen Kräfte hier gegenseitig auf (Abbildung 6.3). Ein an der Oberfläche befindliches Molekül wird dagegen nur von den in einer Halbkugel darunter befindlichen Molekülen angezogen. Die dadurch resultierende Kraft weist in das Innere des Fluids, wodurch an der Oberfläche nur soviele Moleküle verbleiben, die zu ihrer Bildung unbedingt erforderlich sind [58]. Bei einer Vergrößerung ds der Wasseroberfläche müssen mehr Moleküle an die Wasseroberfläche gebracht werden. Dafür ist Energie de erforderlich, denn die Moleküle müssen gegen die nach Innen gerichtete Kraft bewegt werden. Das Verhältnis aus erforderlicher Energie und bewirkter Oberflächenvergrößerung α = de ds heißt spezifische Oberflächenenergie α, manchmal auch Kapillarkonstante oder Oberflächenspannung (obwohl sie keine Einheit eines Druckes hat). Der Name erhält seine Berechtigung dadurch, daß die Oberflächenspannung genau wie eine einheitenechte Spannung erst dann eine dynamische Wirkung entfaltet, wenn sie lokale Gradienten aufweist. Sie wurde von Gauß im Jahr 1830 [6] eingeführt und nimmt für reines Wasser bei einer Temperatur von 20 o C den Wert α = N/m an. An einer ebenen Grenzfläche tritt die Oberflächenspannung nicht durch eine von ihr verursachte Bewegung in Erscheinung, da dieselben überall gleich sind. Anders ist dies bei einer gewölbten Oberfläche. Hier wird die in das Fluid gerichtete Grenzflächenspannung in einem Wellental reduziert (siehe Abbildung 6.4) und auf einem Wellenberg akkumuliert. Dabei besitzen die Moleküle auf dem Wellenberg mehr potentielle Energie als im Wellental, wodurch sich ein Potentialgradient einstellt, der zu einer ausgleichenden Bewegung führen kann. Die Oberflächenspannung hat also dann eine dynamische Wirkung, wenn die Wasseroberfläche eine Krümmung aufweist. Dabei kann es auch vorkommen, daß die Oberfläche die Form eines Sattels aufweist, der in einer Richtung bergartig und senkrecht dazu talartig gekrümmt ist. Die Nettokraft auf ein Molekül im Zentrum des Sattels ist dann Null. Entscheidend für Betrag und Richtung der Kraft ist also die mittlere Krümmung im Angriffspunkt.

130 6.3. Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Seite 121 z S Abbildung 6.3: Molekulare Ursache der Oberflächenspannung z S Abbildung 6.4: Oberflächenspannung im Wellental

131 Seite Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Die Krümmung von Flächen Es fällt gar nicht leicht, zu beschreiben, was eigentlich der Unterschied zwischen einer ebenen und einer gekrümmten Fläche ist. Die Antwort wird mit den Hilfsmitteln der Differentialgeometrie sehr kompakt: Im Gegensatz zu einer gekrümmten ändert sich bei einer ebenen Fläche der Normaleneinheitsvektor seine Richtung nicht. Die Erfassung der Änderung des Normaleneinheitsvektors ist ein Kernstück der Differentialgeometrie der Flächen. Diese kann hier nur in ihren Grundideen skizziert werden. Wer sich intensiver damit befassen möchte, dem empfehle ich das Buch Differentialgeometrie der Kurven und Flächen von Manfredo P. do Carmo [16] zur Durcharbeit. Es sei jedoch davor gewarnt, das folgende konkret nachzurechnen, man schreibt sich die Finger fusselig. Zunächst gilt es also zu definieren, in welcher Richtung wir die Änderung des Normalenvektors betrachten. Wir müssen also den Normalenvektor von irgendetwas abhängig machen. Dazu untersucht man die sogenannte Gaußabbildung N, die einfach jedem Punkt der betrachteten Fläche seinen Normalenvektor zuordnet: N : x y 1 ) 2 ( ) 2 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y z S x z S y 1 Da die Änderung eines Vektors orthogonal zu diesem steht, liegt die Änderung des Normalenvektors und damit die Änderung der Gaußabbildung an einem Punkt der Fläche im Tangentialraum an diesem Punkt. Man untersucht also die Änderung des Normalenvektors in beide Tangentialrichtungen eines Punktes einer Fläche; dazu bildet man die beiden Richtungsableitungen: N = t x grad N und N = t y grad N t x t y Der Leser mache sich an dieser Stelle klar, daß die Matrix grad N aus drei Spalten und zwei Zeilen besteht. Das linksseitige Produkt mit den Tangentialvektoren führt daher zu einem zweidimensionalen Vektor als Endergebnis. Diesen stellt man dann als Linearkombination der Tangentialvektoren selbst dar: N = a 11 t x + a 21 t y t x N = a 12 t x + a 22 t y t y Die Matrix der Koeffizienten a ij ist symmetrisch, man kann mit ihr also eine Hauptachsentransformation durchführen. Diese liefert dann die Hauptkrümmungsrichtungen

132 6.3. Oberflächenspannung und Krümmungsdruck Seite 123 δ δ Abbildung 6.5: Zur Definition der normalen Variation einer Fläche. Links: Die normale Variation einer nichtgekrümmten Ebene ist Null. Rechts: Die normale Variation einer gekrümmten Fläche ist ungleich Null. t y und t y als Eigenvektoren und die Hauptkrümmungen λ 1 und λ 2 als Eigenwerte. Für die Änderung der Gaußableitung gilt in diese Richtungen also: N = λ 1 t 1 und N = λ 2 t 2 t 1 t 2 Die gesuchte mittlere Krümmung ist H = 1 2 (λ 1 + λ 2 ) Für sie erhält man nach mühseliger Rechnung 2 ) 2 z S zs 1+( + 2 z S x 2 y y 2 H = ) 2 zs 2 1+( + x 1+( zs x ( zs y ) z S x y ) 2 3/2 Geht man davon aus, daß alle Ableitungen klein sind, dann sind es insbesondere auch die Produkte von Ableitungen, und wir erhalten H 1 ( 2 ) z S 2 x + 2 z S 2 y 2 für die mittlere Krümmung H einer leicht gekrümmten freien Oberfläche. Eine geometrische Anwendung der mittleren Krümmung ist die sogenannte normale Variation des Flächeninhalts einer Fläche. Als normale Variation bezeichnet man die Formänderung einer Fläche, wenn man jeden Punkt um einen kleinen Betrag δ in Richtung des Normaleneinheitsvektors verschiebt. Der Flächeninhalt ändert sich dann um den Betrag ds =2SHδ wenn S der Flächeninhalt der Ursprungsfläche ist. Offensichtlich ändert sich der Flächeninhalt sowohl laut Formel als auch in der Anschauung beim Vorliegen einer Ebenen nicht, da jeder Punkt um den gleichen Betrag in die gleiche Richtung verschoben wird. z S x z S y

133 Seite Dynamische Randbedingungen Der Krümmungsdruck Zur Erhöhung der Energie E eines Systems ist Arbeit W gegen die rückstellende Kraft erforderlich. Verschiebt sich die freie Oberfläche um den Betrag δ, so berechnet sich die hierzu erforderliche Arbeit aus dem Produkt aus wirkender Kraft und zurückgelegtem Weg δ. Die zu überwindende, aus der Oberflächenspannung resultierende Kraft wird in Form eines Druckes, dem sogenannten Krümmungsdruck berücksichtigt. Er stellt sich an der Wasseroberfläche als Differenz gegenüber dem atmosphärischen Luftdruck p A ein, damit ist die Kraft (p A p S ) S. Somit ist die erforderliche Arbeit (p A p S ) Sδ. Ihr gegenüber steht die Änderung der Oberflächenenergie de = αds, wobei sich die Flächenänderung ds aus der normalen Variation derselben ergibt. Gleichsetzen von aufzuwendender Arbeit und Energiegewinn ergibt die Gleichung p S = p A α ( 2 z S x 2 ) + 2 z S y 2 die in der Literatur als Laplacesche Formel für den Krümmungsdruck bekannt ist. Damit hat man zugleich eine Randbedingung für den Druck an der freien Oberfläche gewonnen. 6.4 Dynamische Randbedingungen Wir haben nun das mathematische und physikalische Rüstzeug geschaffen, um die dynamischen Randbedingungen an der freien Oberfläche zu formulieren. Der Grad ihrer Berücksichtigung in hydrodynamischen Modellen ist derzeit allerdings noch in der wissenschaftlichen Untersuchung, so daß man in der Literatur die unterschiedlichsten Formulierungen finden kann. Eine dynamische Randbedingung präzisiert den Impulsfluß an der freien Oberfläche, d.h. sie gibt der Größe n S Φ u = p S n S n S P einen Wert. Wir haben gesehen, daß der Impulsfluß selbst eine sehr komplexe mathematische Funktion ist, die in ihrer vollständigen Form nur in wenigen hydrodynamischen Modellen ausgewertet werden kann. Daher sollte man die soeben eingeführten dynamischen Randbedingungen präziser als vollständige dynamische Randbedingungen bezeichnen. Die Werte für den Impulsfluß berechnen sich aus dem atmosphärischen und dem Krümmungsdruck, die vollständige dynamische Randbedingung lautet also: p S n S n S P = p A n S α ( 2 z S x 2 ) + 2 z S y 2 n S (6.3) Über großflächigeren Oberflächengewässern ist zudem die Windschubspannung zu berücksichtigen.

134 6.5. DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche Seite DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche Die Untersuchung turbulenter Strömungen mit Hilfe der Direkten Numerischen Simulation (DNS) ist an einer freien Oberfläche wesentlich schwieriger als an einer Wand, da die Randbedingungen hier komplexer und das Simulationsgebiet durch die Beweglichkeit der freien Oberfläche variabel ist. So ist es nicht verwunderlich, daß die erste DNS mit den vollständigen Randbedingungen an der freien Oberfläche erst in den letzten fünf Jahren des ausgegangenen Jahrtausends gelang. Die Bewegung der freien Oberfläche wird durch die kinematische Randbedingung bestimmt, ferner werden die dynamischen Randbedingungen benötigt, wobei der Einfluß des Windes unberücksichtigt bleibt. Ferner führt man noch den dynamischen Druck ein: Er bezeichnet den Druckanteil, der bleibt, wenn man vom Gesamtdruck p den atmosphärischen p A und die sogenannten hydrostatischen Anteile ϱg(z S z) abzieht: p d = p p A ϱg(z S z). (6.4) Da im Fall konstanter Dichte grad p d =gradp + ϱ g gilt, schreiben sich die Grundgleichungen bei Nichtberücksichtigung der Corioliskraft und des Windes in der DNS als:

135 Seite DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche Randbedingungen an der freien Oberfläche: p S n S n S P = n S p A α n S ( 2 z S x 2 w S = z S t + u z S S x + v z S S y ) + 2 z S y 2 Massenerhaltung und Impulsbilanz in der Wassersäule: u t + u grad u = 1 ϱ grad p d + ν div grad u (6.5) div grad p d =divϱ ( grad u2 2 + u rot u ) Stokessche Wandhaftbedingung u B =0 An dieser Stelle wird der aufmerksame Leser fragen, warum an der freien Oberfläche vier Gleichungen und an der Wand nur drei Gleichungen als Randbedingungen fungieren. Die einfache Ursache ist die Beweglichkeit der freien Oberfläche, die durch die kinematische Randbedingung beschrieben wird, wohingegen diese Eigenschaft an einer Wand fehlt. In der DNS von Strömungen mit freier Oberfläche findet diese Darstellung der Grundgleichungen oft Anwendung [69], [79], es gibt aber auch Verfahren, die die Kontinuitätsgleichung lösen. Die freie Oberfläche unterscheidet sich in ihrer Wirkung auf die Turbulenz erheblich von einer Wand: Während dort alle Geschwindigkeitskomponenten vollständig verschwinden, wird an der freien Oberfläche nur die Vertikalgeschwindigkeit w stark gedämpft, sie muß aber nicht vollständig verschwinden (kinematische Randbedingung). Anders sieht es bei den Geschwindigkeitsgradienten und damit den viskosen Spannungen aus. Die Stokessche Randbedingung führt an einer Wand zu sehr hohen Geschwindigkeitsgradienten in Normalenrichtung und damit zu sehr hohen Tangentialspannungen. Im Gegensatz dazu

136 6.5. DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche Seite 127 sind die Tangentialspannungen an der freien Oberfläche bis auf die Oberflächenspannung Null und daher weisen die Vertikalprofile der Horizontalgeschwindigkeiten keine Steigung auf. Um der Struktur der Turbulenz an einer freien Oberfläche auf den Leib zu rücken wurden Anfang der neunziger Jahre DNS mit abgespeckten Randbedingungen gemacht [44], [70]. Diese sogenannten Froudezahl-Null-Modelle gehen davon aus, daß an der freien Oberfläche die Schubspannungen und die Vertikalkomponente der Strömungsgeschwindigkeit Null sind. Hierdurch verändert sich die Lage der Oberfläche nicht, die Horizontalgeschwindigkeiten können sich aber ungehindert entwickeln. Neuere Untersuchungen konnten auch eine echte freie Oberfläche realisieren. Im folgenden seien die bahnbrechenden Ergebnisse der Gruppe Shen et al. (1999) [69] vorgestellt. An der freien Oberfläche findet eine Umverteilung der Vorticity statt, die sowohl theoretisch erklärt als auch mit Hilfe der DNS nachgewiesen wurde. Dazu vernachlässige man in den dynamischen Randbedingungen die Oberflächenspannung, nehme an, daß kein Wind vorhanden ist und die Oberfläche nicht zu sehr gekrümmt ist. Die horizontalen dynamischen Randbedingungen werden dann zu: u z + w x =0 v z + w y =0 Hiermit bestimmt man die horizontalen Komponenten der Wirbelstärke als ω x = w y v z = 2 v z =2 w y ω y = u z w x =2 u z = 2 w x Die vielen Gleichheiten in diesen beiden Gleichungen können dann sehr einfach erfüllt werden, wenn ω x und ω y Null sind. Da die Wirbelstärke divergenzfrei ist, gilt für ihre Vertikalkomponente: ω z z = ω x x ω y y =0 Der Bereich unterhalb der freien Oberfläche, in dem sich die Vorticitiy von beliebigen Werten auf diese Zwangsvorgaben umverteilt, nennen Shen et al. surface layer. Die Ergebnisse der DNS sind in Abbildung 6.6 dargestellt. Tatsächlich gehen ω x und ω y in Richtung Oberfläche gegen Null während ω z einen nicht verschwindenden Wert beibehält. An der freien Oberfläche können also nur solche Wirbel existieren, die sich in der Ebene der freien Oberfläche drehen. Hier schließt sich sofort die Frage nach dem Schicksal der nicht so gearteten Wirbel an, die aus tieferen Schichten an die freie Oberfläche

137 Seite DNS-Untersuchungen an der freien Oberfläche M H I E I! " # " $ & # # # " $ & L K M " $ & M H I Abbildung 6.6: Turbulenzverhältnisse an der freien Oberfläche. Aus [41]. Links: Mittlere Wirbelstärken, gepunktet: ω x, gepunktstrichelt: ω y, gestrichelt: ω z, durchgezogen: ω z / z. Rechts: Mittlere Turbulenzintensitäten u, v, und w.

138 6.6. Zusammenfassung Seite 129 transportiert werden: Sie drehen ihre Achse in die entsprechende Richtung, rekombinieren mit der Oberfläche und sind recht langlebige Gebilde. An der freien Oberfläche findet zudem eine Umverteilung der Geschwindigkeitsfluktuationen statt. Da hier jede vertikale Geschwindigkeitsfluktuation w mit einer Auslenkung der trägen Oberfläche verbunden ist, werden diese hier stark gedämpft, gehen aber nicht vollständig gegen Null. Dies ist ebenfalls in Abbildung 6.6 zu sehen. Shen et al. haben diese Schicht, in der die Vertikalfluktuationen geblockt werden, als blockage layer bezeichnet. Sie ist etwa so groß wie die surface layer. 6.6 Zusammenfassung Die Lage der Gewässeroberfläche ist neben den dreidimensionalen Geschwindigkeitsfeldern und dem Druck eine weitere Lösungsvariable eines hydrodynamisch-numerischen Modells. Die hierfür zusätzlich zu lösende Gleichung ist durch die kinematische Randbedingung gegeben. w S = z S t + u z S S x + v z S S y

139 Seite Zusammenfassung

140 Kapitel 7 Die tiefenintegrierte Strömung Ein Großteil der Fragestellungen, die dazu führen, daß wir uns überhaupt mit der Hydrodynamik der Fließgewässer beschäftigen, beziehen sich auf die Bewegung der freien Oberfläche: Welcher Niedrigwasserstand wird bei geringem Abfluß in einer von der Schiffahrt genutzten Wasserstraße angenommen? Wann und wie hoch erreicht eine Hochwasserwelle einen Ort? Wie hoch ist der mittlere Wasserstand in einem Vorfluter? Welcher Scheitelwasserstand ist bei einer bestimmten Sturmflutwetterlage zu erwarten? Wir werden im folgenden feststellen, daß die Beantwortung der meisten solcher Fragestellungen im Rahmen der Gesetze der tiefenintegrierten Strömung erfolgen kann. Um diese kennenzulernen, werden die Grundgleichungen über die Vertikale integriert und alle Zustandsgrößen f durch vertikal gemittelte Werte z S f = 1 fdz (7.1) h z B ersetzt. Für die lineare Kontinuitätsgleichung ist diese Operation einfach. Bei den nichtlinearen Impulsgleichungen ist die Integration sehr langatmig. Da man sie jedoch in Standardwerken der Hydrodynamik nur sehr selten findet, soll hier die Herleitung der tiefenintegrierten Gleichungen in der vollen Breite durchgeführt werden. Da durch die Integration über die Tiefe die vertikale z-koordinate aus den Gleichungen verschwindet, sind die tiefenintegrierten Feldgrößen nur noch von den horizontalen Koordinaten x und y abhängig. Somit bleiben für die numerische Modellierung der tiefenintegrierten Strömung lediglich zwei Raumkoordinaten aufzulösen, die hier verwendeten 131

141 Seite Die Wassertiefe K K K K K K Abbildung 7.1: Geschwindigkeitsprofil und mittlere Geschwindigkeit. Links: Logarithmisches Profil und mittlere Geschwindigkeit weisen in dieselbe Richtung. Mitte: Sohlnahe und mittlere Geschwindigkeit weisen in unterschiedliche Richtungen. Rechts: Mittlere Geschwindigkeit ist im Gegensatz zum Geschwindigkeitsprofil Null. Gitter spannen also eine Ebene auf, in der jeder Knoten eine ganze Wassersäule repräsentiert. Zweidimensionale numerische Modelle der tiefenintegrierten Strömung sind das Arbeitspferd der HN-Simulation im Ingenieurwesen. Bei den Ableitungen dieser vereinfachenden Konzeption wird sich zeigen, daß der Begriff Integration sowohl in seiner mathematischen als auch umgangssprachlichen Bedeutung wörtlich genommen werden kann. Im tiefenintegrierten Bild werden insbesondere die Prozesse an den Wassersäulenrändern, der Sohle und der freien Oberfläche, in das Gesamtmodell integriert und erscheinen nicht mehr als Randbedingungen. Hierdurch kommt ihre Rolle, die sie in der Hydrodynamik der Oberflächengewässer spielen, wesentlich klarer zum Vorschein. 7.1 Die Wassertiefe Von der geodätischen Höhe des Wasserspiegels z S wollen wir die Wassertiefe h unterscheiden, die als h(x, y, t) :=z S (x, y, t) z B (x, y) definiert ist. Damit sind Wassertiefe h und die Lage des Wasserspiegels z S redundante physikalische Größen. In einem Datenmodell braucht man also nur eine von beiden abzuspeichern. Das Darstellungspotential der beiden Größen ist jedoch sehr unterschiedlich. So macht eine flächenhafte Darstellung der Wassertiefe keinen Sinn, wenn man sich für das Fortschreiten einer Flutwelle interessiert, denn in der Wassertiefe überschattet die geodätische Höhe der Sohle in der Regel die Information über die Wasserspiegellage. Die

142 7.2. Die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung Seite 133 Wassertiefe gibt aber Auskunft über die Durchlässigkeit einer Strömung, sie entspricht etwa dem, was man in der Elektronik als Leitfähigkeit charakterisiert. 7.2 Die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung Die kinematische Randbedingung an der freien Oberfläche liefert die zeitliche Änderung derselben und somit kann man, wenn man nur ihren Anfangsort zu einem beliebigen Zeitpunkt kennt, ihre Lage zu jedem zukünftigen Zeitpunkt bestimmen. Als zusätzliche Daten benötigt man die Strömungsgeschwindigkeit direkt an der freien Oberfläche. Diese kann man entweder messen oder aber aus unserem mathematischen Modell in Form der Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen gewinnen. Diese Vorgehensweise ist allerdings sehr sensibel. Man kann sich leicht vorstellen, daß die Messung der Strömungsgeschwindigkeit direkt an der freien Oberfläche sehr fehlerbehaftet ist. Gleiches gilt für ihre Bestimmung durch ein mathematisch-numerisches Modell. Und sind dann erst einmal die Strömungsgeschwindigkeiten an der Oberfläche falsch, wirkt sich dies sofort auf die Evolution der freien Oberfläche und damit auch die Wassertiefe aus. Wir werden nun eine robustere Gleichung für die Dynamik der freien Oberfläche herleiten. Die Kontinuitätsgleichung wird zunächst über die Vertikale, d.h. zwischen der Sohle und der freien Oberfläche integriert: z S z B w z dz + z S z B u x dz + z S z B v dz =0 y Wir wollen nun Integration und Differentiation vertauschen. Dies ist deshalb nicht so einfach möglich, weil die Integrationsgrenzen selbst von den Koordinaten x und y abhängen und örtliche Gradienten aufweisen können. Es hilft uns aber ein Satz von Leibniz, der sich als das Hilfsmittel zur Bewerkstelligung aller Tiefenmittlungen herausstellen wird: Satz von Leibniz: Es gilt: x z S (x,y) z B (x,y) f(x, y, z)dz = z S (x,y) z B (x,y) f(x, y, z) dz f(x, y, z B ) z B x x + f(x, y, z S) z S x (7.2) Beweis: Sei F (x, y, z) eine Stammfunktion von f bezüglich z, also: F (x, y, z) = Dann gilt: z 0 f(x, y, z )dz

143 Seite Die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung x z S (x,y) z B (x,y) Anwendung der Kettenregel f(x, y, z)dz = x (F (x, y, z B(x, y)) F (x, y, z S (x, y))) = = F(x, y, z B(x,y )) x F(x, y, z S(x,y )) x und Resubstituieren der Stammfunktion:... = x x z B (x,y ) 0 z S (x,y ) 0 + F(x, y, z B) z B (x, y) z B x F(x, y, z S) z S (x, y) =... z S x f(x, y, z )dz + f(x, y, z B ) z B(x, y) x f(x, y, z )dz f(x, y, z S ) z S(x, y) x =... Da die Integralgrenzen nicht mehr von x abhängig sind, können schließlich Integration und Differentiation vertauscht (wobei wir um auch Mathematiker zu befriedigen annehmen, daß das Integrationsgebiet kompakt, f stetig und nach x stetig partiell differenzierbar ist)... = z B(x,y ) 0 z S(x,y ) und beiden Integrale zusammengezogen werden:... = z B (x,y) z S (x,y) 0 f(x, y, z ) dz + f(x, y, z B ) z B(x, y) x x f(x, y, z ) dz f(x, y, z S ) z S(x, y) =... x x f(x, y, z) dz + f(x, y, z B ) z B(x, y) x x f(x, y, z S ) z S(x, y). x Wenden wir diesen auf die ersten beiden Terme und den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung auf den dritten Term an, so folgt x z S z B z B udz + u B x u z S S x + y z S z B z B vdz + v B y v z S S y + w S w B =0 bzw. umgeordnet und unter Anwendung der kinematischen Randbedingungen

144 7.2. Die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung Seite 135 x z S z B udz + y z S z B z B vdz + u B x + v B z B y w B } {{ } = 0 z S u S x v z S S y + w S =0 }{{} Die durch die zweite geschweifte Klammer zusammengefaßten Terme bezeichnet man als kinematische Randbedingung der freien Oberfläche; sie sind nichts anderes als die totale Ableitung der Koordinate der freien Oberfläche nach ihren Abhängigen: z S = z S (x, y, t) dz S dt = w S = z S t + z S x S x t + z S y S y t Mit h = z S z B bleibt nur noch h t + x z S z B z S udz + vdz =0 y z B = z S t = z S t + u z S S x + v z S S y Führen wir die Durchflüsse q x bzw. q y als das Integral der Strömungsgeschwindigkeit über die Tiefe und die tiefengemittelten Strömungsgeschwindigkeiten ū und v ein q x = z S z B udz =ūh und q y = z S z B vdz = vh so ergibt sich für die tiefenintegrierte Kontinuitätsgleichung die Darstellung bzw. alternativ: h t + q x x + q y y =0 h t + ūh x + vh =0 (7.3) y Eine Änderung der Wassertiefe wird also immer dann erfolgen, wenn der Durchfluß an einem Punkt nicht ausgewogen ist. Um dies zu verdeutlichen, schneiden wir eine quaderförmige Säule aus dem Gewässer, Abbildung 7.2 demonstriert dies. Fließt auf der einen Seite mehr Wasser in den Quader als auf der anderen Seite hinaus, dann kommt der Wasserstand nicht umhin, sich zu heben. Die tiefenintegrierte Kontinuitätsgleichung drückt nichts anderes als diesen Sachverhalt auf der infinitesimalen Ebene aus.

145 Seite Die tiefengemittelte Divergenz z S t q y2 q x1 q x2 q y1 Abbildung 7.2: Zur Funktionsweise der tiefenintegrierten Kontinuitätsgleichung. Die Gleichung (7.3) spielt eine zentrale Rolle in der Theorie und Numerik der Strömungen mit freier Oberfläche, denn sie wurde exakt d.h. ohne empirische Annahmen oder Vereinfachungen hergeleitet (darum ist sie auch doppelt umrahmt). Sie stellt den Zusammenhang zwischen der Bewegung der freien Oberfläche und den Volumenflüssen her. Sie besagt, daß die zeitliche Änderung der Wassertiefe nur von den Durchflüssen q x =ūh und q y = vh abhängt und wir zur Bestimmung der freien Oberfläche z S = z B + h nur die tiefengemittelten Geschwindigkeiten ū und v bzw. die Durchflüsse benötigen. 7.3 Die tiefengemittelte Divergenz In Verallgemeinerung der Kontinuitätsgleichung wollen wir nun die Divergenz eines beliebigen Flusses Φ über die Tiefe integrieren. Mit dem Leibnizschen Satz bekommen wir sofort: z S div Φdz =divh ) 2 ( ) 2 Φ + n SΦS 1+( zs (x, y) zs (x, y) + x y z B ) 2 ( ) 2 n BΦB 1+( zb (x, y) zb (x, y) + x y Dabei ist die Divergenz der linken Seite dreidimensional und die der rechten Seite zweidimensional auszuwerten. Ferner sind n S ΦS und n B ΦB die Flüsse durch Oberfläche und

146 7.4. Die tiefengemittelten Impulsgleichungen Seite 137 Sohle. Sollen diese bilanziert werden, so muß über alle Unebenheiten dieser Flächen integriert werden. Wir wissen aber aus Kapitel 3.3.1, daß die Einbeziehung der großen Wurzeln uns dies erspart, denn sie transformieren das Integral auf die horizontalen Parameter x und y. Somitkönnen wir und Φ S = n SΦS 1+ ( zs (x, y) x ) 2 ( ) 2 zs (x, y) + y ( ) 2 ( Φ B = n BΦB zb (x, y) zb (x, y) 1+ + x y setzen und bekommen als Tiefenintegral der Divergenz z S div Φdz =divhφ+φ S Φ B (7.4) wobei wir uns merken wollen, daß die Flüsse Φ S und Φ B durch Integration über die Koordinaten x und y ausgewertet werden können. ) Die tiefengemittelten Impulsgleichungen Die Bilanzgleichungen für den tiefengemittelten Impuls kann man prinzipiell aus den Navier-Stokes- oder den Reynoldsgleichungen gewinnen. Die Integration läßt sich wegen der nichtlinearen Terme nicht exakt ausführen. Man ist hier auf verschiedene Annahmen angewiesen, die zu unterschiedlichen Modellklassen führen. In diesem Abschnitt wollen wir am Beispiel der Impulsgleichung in x-richtung die Tiefenintegration exakt ausführen. Zuerst addieren wir jedoch einen Nullterm in der Form ( u u x + v y + w ), z womit die Impulsgleichung die folgende Gestalt erhält: u t + u2 x + uv y + uw z = 1 p ϱ x + 1 ϱ div P e x + f x Wieder beschreibt der Tensor P die in einem realen Fluid wirkenden inneren Spannungen. Der Übersichtlichkeit halber sei die Tiefenintegration gliedweise durchgeführt: Die Zeitableitung ergibt mit der Formel von Leibniz: z S z B u t dz = t z S z B z B udz + u B t u z S S t = uh z B + u B t t u z S S t

147 Seite Die tiefengemittelten Impulsgleichungen Die advektiven horizontalen Terme ergeben mit der Formel von Leibniz: und z S z B z S z B u2 x dz = x uv y dz = y z S z B z S z B u 2 dz + u 2 z B B x z S u2 S x uvdz + u B v B z B y u Sv S z S y, Den dritten advektiven Term können wir mit der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung exakt integrieren: z S z B uw z dz = u Sw S u B w B. Die Summe der advektiven Terme ergibt ein wenig geordnet: uh t + x z S z B ( zs u S t + u z S S x + v z S S y w S u 2 dz + y ) z S z B uvdz + u B ( zb t + u B ) z B x + v z B B y w B Hier treffen wir als alte Bekannte die kinematischen Randbedingungen wieder. Die in den Klammern auftauchenden Terme sind also Null und man erhält als Summe der advektiven Terme: uh t + x z S Der Druckterm bleibt zunächst wie er ist. z B u 2 dz + y z S z B uvdz Die inneren Spannungen werden nach dem vorangegangenen Abschnitt zu: z S z B div P e x dz =divhp e x + τ Windx τ Bx = τ xxh x Schließlich bleibt die äußere Kraft zu integrieren: z S z B f x dz = hf x + τ xyh y + τ Windx τ Bx

148 7.5. Die Mittlung der advektiven Terme Seite 139 Addieren wir alles, was zusammengetragen wurde zur tiefenintegrierten Impulsgleichung (in x-richtung): uh t + x z S z B u 2 dz + y z S z B uvdz = z S 1 ϱ z B p x dz + 1 ϱ div hp e x + τ Wind x ϱ τ B x ϱ + hf x Diese Form der Impulsgleichung ist noch nicht geschlossen, da die meisten Terme immer noch Informationen über die gesamte Tiefe benötigen. Die Sohl- und Windschubspannung haben in dreidimensionalen und in tiefenintegrierten zweidimensionalen Modellen vollkommen verschiedene mathematische Formen: In ersteren waren sie Randbedingungen und tauchten in den Grundgleichungen selbst nicht auf, in zweiteren sind sie Quell- und Senkterme für den tiefengemittelten Impuls. 7.5 Die Mittlung der advektiven Terme Die schwierigste Übung bei der Tiefenintegration ist die Behandlung der nichtlinearen advektiven Terme, wobei wir nicht besonders erstaunliche Parallelen zur Reynoldsmittlung feststellen werden. In gleicher Weise wie beim Reynoldsansatz kann man die Geschwindigkeit u in ihren tiefengemittelten Wert u und die Abweichung von letzterem u zerlegen: u = u + u Und genauso ergibt die Mittlung der Impulsgleichung in x-richtung über die Tiefe uh t + u2 h x u vh + + u u h + u v h y x y = z S 1 ϱ z B + 1 τ xx h ϱ x + 1 τ xy h τ Bx ϱ y ϱ + τ Windx + hf x ϱ p x dz wobei die neuen Terme als Dispersionsterme bezeichnet werden. Aus der Gleichung läßt sich nun die tiefenintegrierte Form der Kontinuitätsgleichung als Nullterm herausziehen, die Wassertiefe h herausdividieren und die Korrelationen der Geschwindigkeitsschwankungen (über die Tiefe!) mit den viskosen Termen verknüpfen. Dann erhält man u t + u u x + v u y = z S 1 ϱ z B p x dz + 1 h x τ D xx h ϱ + 1 h y wobei der Dispersionstensor τ D mit den Komponenten τ D xyh ϱ + 1 τ Windx τ Bx + f x h ϱ

149 Seite Die hydrostatische Druckapproximation τ D ij = τ ij ϱu iu j eingeführt wurde. Genau wie bei dem Reynoldsansatz in der Turbulenztheorie haben wir es also wieder mit einem Schließungsproblem zu tun, dem man allerdings wegen seiner geringeren theoretischen Bedeutung weitaus weniger Aufmerksamkeit gewidmet hat. 7.6 Die hydrostatische Druckapproximation Da sich Druckänderungen in inkompressiblen Medien mit unendlicher Geschwindigkeit ausbreiten, ist der Druck zu jedem Zeitpunkt mit lokalen Zustandsgrößen im Gleichgewicht. Dies rechtfertigt den Versuch, analytische Lösungen für den Druck zu verwenden, die einer Zustandsgleichung entsprechen. Die meistverwendete Zustandsgleichung für den Druck in Oberflächengewässern ist die hydrostatische Druckverteilung: p(x, y, z, t) =p 0 + ϱg(z S z). (7.5) Die hydrostatische Druckapproximation besteht darin, die hydrostatische Druckverteilung auch in der Hydrodynamik anzuwenden. Betrachten wir nun Argumente für diese Approximation genauer, um ihren Gültigkeitsbereich kennenzulernen Eine Transportgleichung für die vertikale Geschwindigkeit Die Navier-Stokes-Gleichung in der Vertikalen w t + u w x + v w y + w w z = 1 ϱ läßt sich formal in die Transportgleichung p z + ν 2 w x + ν 2 w 2 y + ν 2 w 2 z g 2 w t + u w x + v w y + w w z = ν 2 w x + ν 2 w 2 y + ν 2 w 2 z 2 für die Vertikalgeschwindigkeit w und in die Differentialgleichung des hydrostatischen Druckes 1 p ϱ z = g

150 7.6. Die hydrostatische Druckapproximation Seite 141 zerlegen. Ist die Vertikalgeschwindigkeit w eine Lösung der obigen Transportgleichung, dann gilt die hydrostatische Druckapproximation. Wir hoffen also, daß genau dies in vielen Oberflächengewässern der Fall ist. Diese lehrreiche Betrachtung hat uns zwar ein Instrument für die Beurteilung der Gültigkeit der hydrostatischen Druckapproximation, aber noch keine Abschätzung für ihre Anwendungsgrenzen geliefert Dimensionsanalyse Ganz allgemein sollte man bei jeder vor allem so gravierenden Näherung den Gültigkeitsbereich untersuchen. Ein wichtiges Hilfsmittel hierbei ist die dimensionslose Form der zu nähernden Gleichung. Bei der Auswahl der benötigten Hilfsgrößen ist immer physikalisches Fingerspitzengefühl notwendig, wie sofort ersichtlich wird: Zuerst definieren wir die dimensionslosen Größen x = x L y = y L z = z H u = u U v = v U w = w W t = Ut L p = p ϱu 2 ein, wobei horizontale Bewegungen durch eine gemeinsame Länge L und eine gemeinsame Geschwindigkeit U charakterisiert werden. Vertikale Bewegungen werden davon getrennt durch H und W charakterisiert, denn um diese geht es uns ja. Zeit und Druck sind ebenfalls durch horizontale Größen auf dimensionslose Form gebracht worden. Ersetzen wir die ursprünglichen Größen in der reibungsfreien Navier-Stokes-Gleichung durch die dimensionslosen Größen, so erhält man ( UW w w w + L t u + v x y Da nach der Kontinuitätsgleichung etwa ) + W 2 w w H z W H = U L gilt, und die Wellengeschwindigkeit im Flachwasser durch U = gh = U2 H p z g abgeschätzt werden kann, sind wir in der Lage, W und H zu eliminieren. Nach Division durch g folgt: H 2 ( ) w w w w + L 2 t u + v + w = p x y z z 1 Es folgt, daß vertikale Beschleunigungen dann vernachlässigt werden können, wenn das Verhältnis von Wassertiefe zu Wellenlänge sehr klein ist. Die hydrostatische Druckapproximation nennt man daher auch Flachwassernäherung.

151 Seite Warnung vor unzulässigen Vereinfachungen 7.7 Die Impulsgleichung der tiefenintegrierten Strömung Die letzte zu treffende Annahme ist die über den vertikalen Druckverlauf, da er die die Strömung treibende Kraft darstellt. In den Gleichungen der tiefenintegrierten Strömung wird ein hydrostatischer Druckverlauf angenommen. Ist die Dichte konstant, so ergibt sich dann für die Druckableitung und ihr Integral über die Tiefe wird: p x = ϱg z S x z S 1 ϱ z B p x dz = gh z S x Schließlich erhält man die tiefenintegrierte Impulsgleichung: u t + u u x + v u y + g z S x = 1 τxxh D h x ϱ + 1 τxy Dh h y ϱ (7.6) 1 τ Bx h ϱ + 1 τ Windx + f x h ϱ Dabei wurden nun alle Mittlungsstriche weggelassen. 7.8 Warnung vor unzulässigen Vereinfachungen In manchen auch kommerziell vertriebenen und anerkannten Modellen findet man folgende Form der tiefenintegrierten Impulsgleichung (in x-richtung): u t + u u x + v u y + g z S x = x ν u t x + y ν u t y 1 h τ Bx ϱ + 1 τ Windx + f x h ϱ Diese unterscheidet sich von unserer exakten Form in der Darstellung der Impulsdispersion, die an dieser Stelle nur eine Projektion der dreidimensionalen Reynoldsgleichungen darstellt. Es soll mit Nachdruck gesagt werden, daß diese Form für die Modellierung vieler tiefenintegrierten Strömungen nicht hinreichend ist. Schauen wir uns deshalb die richtige Form an und gehen wir davon aus, daß im Spannungstensor die turbulenten Anteile gegenüber den dispersiven der Tiefenintegration überwiegen: 1 h x τ xx h ϱ + 1 h y τ xy h ϱ = τ xx x ϱ + τ xy y ϱ + τ xx h ϱh x + τ xy h ϱh y

152 7.9. Impulsdispersion Seite 143 Die beiden letzten Terme können nur dann vernachlässigt werden, wenn die Wassertiefe h konstant ist. Sie haben an Sohlgradienten im flachen Wasser aber einen merklichen Einfluß. Tun wir es dennoch und modellieren die tiefengemittelten turbulenten Spannungen mit dem Wirbelviskositätsprinzip:... = τ xx x ϱ + τ xy y ϱ = x ν t ( u x + u ) + ( u x y ν t y + v ) x Gäbe es so etwas wie eine tiefenintegrierte Kontinuitätsgleichung der Form u x + v y =0 so würden schließlich noch die Kreuzableitungen wegfallen und wir wären zu obiger Form der Impulsdispersion gelangt. Als Fehlvereinfachungen sei zusammenfassend vor einer Vernachlässigung der Wassertiefenvariationen und dem Streichen der Symmetrieterme des Spannungstensors gewarnt. 7.9 Impulsdispersion Bei der Integration der dreidimensionalen Impulsgleichungen über die Tiefe sind wir wie bei der Reynoldsmittlung auf Zusatzterme gestoßen, die Korrelationen der Abweichungen u und v von den tiefemgemittelten Geschwindigkeit enthalten: uh t + u2 h x u vh + + u u h + u v h + g z S y x y x = 1 τ xx h ϱ x + 1 τ xy h τ Bx ϱ y ϱ + τ Windx + hf x ϱ Den mit ihnen verbundenen Prozeß bezeichnet man als dispersiven Impulsaustausch, er beinhaltet also die räumliche Ausdehnung des tiefengemittelten Impulses durch Abweichungen von der tiefengemittelten Geschwindigkeit. Dieser Ausbreitungsmechanismus kann entweder durch einen Impulsbeiwert den advektiven Termen oder dem inneren Spannungstensor der Impulsgleichungen zugeschlagen werden. Beide Wege sind physikalisch absolut gleichwertig. Die Einführung von Impulsbeiwerten in den advektiven Termen ist aber oftmals mit numerischen bzw. algorithmischen Problemen verbunden, da viele Verfahren auf eine Änderung der advektiven Terme sehr sensibel reagieren. Wir werden den Impulsbeiwert aber deshalb studieren, weil er eine Abschätzung für die Validität der Tiefenmittlung liefert. Ist er sehr groß, dann sollte man diesen Simulationsmodus meiden wie der Teufel das Weihwasser. Umso näher er jedoch bei eins liegt, desto besser approximieren die Ergebnisse der tiefenintegrierten Simulation die Realität Impulsbeiwerte Führen wir nun die Impulsbeiwerte

153 Seite Impulsdispersion und β xx = z S z B z S u 2 dz u u 2 h =1+u u 2 uvdz z β xy = B v u vh =1+u u v ein, dann erhält man die tiefenintegrierte Impulsgleichung: uh t + β xxu 2 h x + β xyu vh y + g z S x = 1 τ xx h ϱ x + 1 τ xy h τ Bx ϱ y ϱ + τ Windx + hf x ϱ In dieser Gleichung stehen als Unbekannte nur noch tiefenintegrierte Größen sowie die Impulsbeiwerte, die die Korrelationen der Geschwindigkeitsschwankungen über die Tiefe enthalten. Diese sind durch weitere Modellannahmen oder empirische Gleichungen zu bestimmen Dispersion des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils Im Falle eines über die gesamte Wassertiefe ausgebildeten logarithmischen Geschwindigkeitsprofils u(z) = u κ ln z z 0 hatten wir schon die über die Tiefe gemittelte Geschwindigkeit als u = u κ ( ln h + z ) 0 z 0 h 1 berechnet. Für die Abweichung der lokalen von der tiefengemittelten Geschwindigkeit u gilt in guter Näherung: u = u u = u ( ln z κ h z ) 0 h +1 ( u 1+ln z ) κ h

154 7.9. Impulsdispersion Seite 145 Nun wird die Dispersionsspannung als u u = 1 h h z 0 ( u2 1+ln z 2 dz κ h) 2 berechnet. Eine unerfreuliche Rechnung (aber auf dem Niveau der Schulanalysis) ergibt: u u = u2 κ 2 =5.95u2 = τ B ϱκ 2 Um die Allgemeinheit nicht einzuschränken, nehmen wir nun an, daß die Hauptströmungsrichtung nicht mit der x-richtung zusammenfällt. Dennoch wirkt die Impulsdispersion nur in Hauptströmungsrichtung. Die Bestimmung des Impulsdispersionstensors ist dann etwas kniffelig. Zusammen mit den noch tiefenzumittelnden inneren Spannungen sei als Ergebnis τ D ij = τ ij 5.95ϱu 2 u 2 u 2 + v 2 uv u 2 + v 2 (7.7) uv 1 u2 u 2 + v 2 u 2 + v 2 genannt. Man bestätigt leicht, daß die Matrix für eine in x i -Richtung verlaufende Strömung jeweils nur die (i, i)-komponente zu eins macht. Auch im Fall anderer Geschwindigkeitsprofile kann davon ausgegangen werden, daß die Dispersion wohl wesentlich durch die Sohlschubspannung verursacht wird. Ein Ansatz in der obigen Form mit einer eventuellen Variation des Vorfaktors 1/κ 2 wird die Dispersion befriedigend berücksichtigen. Nun kann man auch den Impulsbeiwert β xx direkt gewinnen: β xx = z S z B u 2 dz u 2 h =1+ u2 κ 2 u 2 Er ist immer größer als eins, erhöht also die in den advektiven Termen auftretende Geschwindigkeit grundsätzlich. Er wächst mit dem Verhältnis von Sohlschubspannungs- zu tiefengemittelter Geschwindigkeit. Um einen Eindruck über seine Wichtigkeit zu bekommen, entscheiden wir uns bei der Berechnung der Sohlschubspannung für das Chezygesetz. Damit folgt für die Dispersionsspannung u u = gu2 κ 2 C 2 2D und für den Dispersionskoeffizienten des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils

155 Seite Impulsdispersion β xx =1+ g (7.8) κ 2 C2D 2 Ein Chezywert von 90 m 1/2 /s, was einer sehr geringen Sohlreibung entspricht, ergäbe einen Dispersionskoeffizenten von β xx = 1.01, bei extrem rauher Sohle mit einem Chezywert von 20 m 1/2 /s wächst der Dispersionskoeffizient auf β xx =1.15. Somit kann man die Dispersionsspannungen der Tiefenmittlung in einem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil mit abnehmender Sohlreibung vernachlässigen Gibt es ein Prinzip der turbulenten Dispersion? Im Rahmen der Tiefenmittlung hatten wir die Korrelationen der Abweichungen von den tiefengemittelten Geschwindigkeit bei den turbulenten Schubspannungen berücksichtigt und den Dispersionstensor mit den Komponenten τ D ij = τ ij ϱu iu j (7.9) gebildet. Zur alternativen Lösung dieses Schließungsproblems kann man wieder bei der Turbulenztheorie kiebitzen und davon ausgehen, daß es eine turbulente Dispersion ν D gibt, so daß ν D u i x j = τ ij ϱ u iu j gilt. Hierdurch hat man das Schließungsproblem von den vier unbekannten Korrelationen der Abweichung von der tiefenintegrierten Geschwindigkeit auf eine Unbekannte, die turbulente Dispersion ν D reduziert. Da die turbulente Dispersion ν D nun die Effekte der molekularen und der turbulenten Viskosität sowie der Tiefenintegration berücksichtigt, sollte sicherlich die Ungleichungskette ν D >ν t >ν gelten. Wenden wir uns also der Modellierung der Dispersion des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils unter Anwendung eines Prinzips der turbulenten Dispersion zu. Das Problem besteht dann darin, eine algebraische Funktion ν D zu finden, die die Gleichung ν D u x = τ xx ϱ 5.95u2 erfüllt. Dies ist allein aus Vorzeichengründen nicht möglich, denn der Dispersionsterm auf der rechten Seite ist immer negativ, der Dispersionskoeffizient würde hierdurch also

156 7.11. Zusammenfassung Seite 147 auch mal negativ werden. Daher kann man Dispersionseffekte nicht durch eine Erhöhung der turbulenten Viskositätskoeffizienten modellieren. Tatsächlich wird dies aber genau dann gemacht, wenn man den sogenannten Elderansatz 6.0u h im Strömungsrichtung ν D = 0.6u h transversal zur Strömungsrichtung zur Beschreibung der turbulenten Dispersion verwendet, der eigentlich für den Stofftransport entwickelt wurde. Die Proportionalität zur Schubspannungsgeschwindigkeit und zur Wassertiefe erhält man aus der Tiefenmittlung der turbulenten Viskosität, der Vorfaktor 6 ist wieder das reziproke Quadrat der Karmankonstante. Aus den genannten Gründen sollte der Elderansatz nicht zur Modellierung der Dispersion, sondern richtigerweise nur Gleichung (7.7) verwendet werden Tiefenintegrierte Transportgleichungen Der Vollständigkeit halber sei nun noch die tiefengemittelte Formder Transportgleichung angegeben: c t + u c x + v c y = 1 h ( x hk c x ) + 1 ( h y hk c y ) + Φ SB h (7.10) Dabei wurde angenommen, daß die in den advektiven Termen auftauchenden sogenannten Dispersionsbeiwerte β cx = z S z B cudz c uh und β cy = z S z B cvdz c vh (7.11) näherungsweise eins sind. Der Wert Φ SB vereinigt die Flüsse an der freien Oberfläche und am Boden und ist explizit aus der Integration der vertikalen Diffusion zu bestimmen Zusammenfassung Wir haben in diesem Kapitel die Grundgleichungen der über die Tiefe integrierten Strömung

157 Seite Zusammenfassung h t + uh x + vh y =0 }{{} Massenerhaltung u t + u u x + v u + g z S y }{{}}{{ x} Advektion Freie Oberfläche τ D xyh = 1 τxx D h h x ϱ + 1 h y ϱ }{{} Impulsdispersion 1 τ Bx h ϱ }{{} Sohlreibung + 1 τ Windx + f h ϱ }{{} x }{{} Kraft Wind v t + u v x + v v y }{{} Advektion + g z S y }{{} Freie Oberfläche = 1 τyx D h h x ϱ + 1 τyy Dh h y ϱ }{{} Impulsdispersion 1 τ By h ϱ }{{} Sohlreibung + 1 τ Windy h ϱ } {{ } Wind +f y }{{} Kraft (7.12) kennengelernt. Das Gleichungssystem besteht aus drei Gleichungen für die drei Unbekannten h, u und v, die Impulsdispersion wird mit Gleichung (7.7) bestimmt. Für alle drei Unbekannten sind über dem gesamten Gebiet Anfangswerte und auf den Rändern Randwerte vorzugeben. Das Gleichungssystem ist unter den folgenden Annahmen gültig: Die hydrostatische Druckapproximation ist anwendbar. Die Dichte hat keine vertikale Struktur. Mit ihm haben wir die konzeptionelle Grundlage für die numerisch wesentlich leichter zu behandelnden zweidimensionalen Modelle geschaffen. Der hierfür zu zahlende Preis ist ein zusätzlicher Modellierungsaufwand für unbekannte Korrelationen der Abweichungen von den tiefengemittelten Geschwindigkeiten. Diese Dispersionsspannungen lassen sich allerdings nicht durch einen turbulenten Dispersionskoeffizienten, sondern durch die gewichtete Addition der Sohlschubspannung modellieren.

158 Kapitel 8 Tiefengemittelte Turbulenzmodellierung Turbulenz ist ein dreidimensionales Phänomen, somit läßt es sich in tiefengemittelten Modellen nicht simulieren. Um die Modellierung der Wirkung der Turbulenz auf die tiefenintegrierte Strömung kann man sich aber nicht herumdrücken. Neben der Impulsdispersion und der Sohlschubspannung ist sie der dritte wichtige, empirisch zu schließende Prozeß eines tiefengemittelten Modells. Dabei wird es hier hauptsächlich darum gehen, daß das dreidimensionale Geschwindigkeitsfeld mehr Variationen als das tiefengemittelte aufweist. Da der turbulent-viskose Impulsaustausch proportional zu den lokalen Geschwindigkeitsgradienten ist, zeigt dreidimensionale Welt einen höheren Impulsaustausch als eine auf zwei Dimensionen reduzierte Welt. Genau dies soll durch Turbulenzmodelle für die tiefenintegrierte Simulation kompensiert werden. Dazu werden wir unsere Aufmerksamkeit zunächst den Mechanismen der kinetischen Energiedissipation im tiefengemittelten Strömungsmodellen zuwenden, um durch einen Vergleich mit den Dissipationsmechanismen in dreidimensionalen Strömungen ein ähnliches energetisches Verhalten beider Modellkonzeptionen zu ermöglichen. Dann werden die unterschiedlichen Modelle zur tiefengemittelten turbulenten Viskosität vorgestellt und hinsichtlich ihres energetischen Verhaltens bewertet. Schließlich werden wir als Anwendung des Gelernten die Energiedissipation über harmonischen Sohlwellen untersuchen und zu interessanten Aussagen über die Zusammensetzung der Sohlrauheit gelangen. 8.1 Die Energetik der tiefenintegrierten Strömung Wir wollen zuerst analysieren, in welcher Art und Weise die tiefengemittelte Strömung mit ihrer kinetischen Energie haushaltet. Um etwas über die Energieflüsse in diesem 149

159 Seite Die Energetik der tiefenintegrierten Strömung konzeptionellen Modell aussagen zu können, schreiben wir die Impulsgleichungen in der Vektorform u t +div ( u u)+g grad z S = 1 h div (hν t grad u) 1 h τ B ϱ + 1 h τ Wind ϱ 2 ω u (8.1) Die Dispersion des vertikalen Geschwindigkeitsprofils wurde dabei weder als Impulsweiwerte noch im Spannungstensor berücksichtigt, da dies in fast allen hydrodynamischnumerischen Modellen ebenfalls nicht getan wird. Wir wollen untersuchen, wie man mit den so vereinfachten Impulsgleichungen immer noch naturähnliche tiefengemittelte Strömungen simulieren kann. Die Impulsgleichungen werden skalar mit u multipliziert. Wir führen die kinetische Energiedichte e k ein: e k t +div ( u e k)+ u ggrad z S = u h div (hν t grad u) u h τ B ϱ + u h τ Wind ϱ Dabei ist die Corioliskraft weggefallen, sie hat auf die Energetik der Strömung keinen Einfluß. Die im tiefengemittelten Modell verwendete Viskosität wurde mit dem Symbol ν t bezeichnet, ob man sie tatsächlich durch eine Mittlung der dreidimensionalen turbulenten Viskosität bestimmen muß, ist ein wichtiger Untersuchungsgegenstand dieses Kapitels. Der viskose Term läßt sich umformen als u h div (hν t grad u) = div( u ν t grad u) hν t grad u :grad u h = div(ν t grad e k ) hν t grad u :grad u h Damit ergibt sich die Gleichung für die kinetische Energie der tiefengemittelten Strömung als e k t +div ( u e k)+ u ggrad z S =div(ν t grad e k ) ɛ 2D + u τ Wind (8.2) h ϱ wobei wir die Energiedissipationsrate in der tiefengemittelten Betrachtungsweise als ɛ 2D = hν t grad u :grad u h + u h τ B ϱ (8.3) bestimmt haben. Die Transportgleichung für die kinetische Energie läßt sich wieder leicht interpretieren. Die über die Tiefe gemittelte kinetische Energie einer Strömung wird advektiv und diffusiv transportiert. Sie nimmt zu, wenn die Strömung in Richtung des Oberflächengefälles fließt oder der Wind in ihrer Richtung weht. Sie nimmt ab, wenn der Wind in entgegengesetzter Richtung weht, sie wird durch die Sohlschubspannung

160 8.1. Die Energetik der tiefenintegrierten Strömung Seite 151 u ggrad z S u h τ Wind ϱ K P k k ɛ 2D ɛ k ct Abbildung 8.1: Maschine für die Energieumwandlung in Oberflächengewässern. Speicherterme sind durch ein Ovale, Umsetzungsprozesse durch eckige Boxen dargestellt. Sohlschubspannung τ B Energiedissipationsrate ɛ Taylor rϱ u u r h u 3 Chezy g C 2 ϱ u u g C 2 h u 3 Nikuradse κ 2 ( ln 12h k s ) 2 ϱ u u κ 2 ( ln 12h k s ) 2 h u 3 Strickler g h 1/3 Str 2 ϱ u u g h 4/3 Str 2 u 3 Tabelle 8.1: Umrechnungstabelle für die Sohlschubspannung und Energiedissipationsrate

161 Seite Die tiefengemittelte Turbulenzproduktion und durch die turbulente Dissipation beim Vorliegen von Geschwindigkeitsgradienten dissipiert. Zur einfacheren Interpretation sei die Energiedissipationsrate der tiefengemittelten Strömung vollständig ausgeschrieben: ɛ 2D = ν t ( ) 2 u + x ( ) 2 u + y ( ) 2 v + x ( ) 2 v y ( ) ( u + v h + h x + h )] + u τ B x y h ϱ + v τ By h ϱ Dabei wurde die Sohlreibung mit in die Energiedissipationsrate integriert, da sie ebenfalls immer positiv ist und somit zur Energiedissipation beiträgt. Im Gegensatz zu den Gesetzen der dreidimensionalen kennt die tiefenintegrierte Strömung also zwei Mechanismen der Energiedissipation, den viskosen und den der Sohlreibung. In der Realität geht aber durch eine undurchdringliche Sohle keine Bewegungsenergie verloren, sie wird einzig und allein durch Gradienten des Geschwindigkeitsfeldes in Wärme dissipiert. Wir wollen abschließend mit diesem Wissen eine genauere Definition des Normalablusses in Flüssen wagen. Diesen könnte man nun so verstehen, als daß sich die kenietische Energie entlang des Flusslaufes nicht ändere, die tiefengemittelte kinetische Energiegleichung wird dann zu: u ggrad z S = ɛ 2D Umso größer also die Energiedissipation ist, desto größer ist auch das Wasserspiegelgefälle. Dabei nimmt die Wirkung der Sohlschubspannung auf die Energiedissipation in tieferen Bereichen ab, während die Impulsdiffusion nur dort wirkt, wo auch Geschwindigkeitsgradienten vorhanden sind. In tiefenintegrierten Modellen fehlen aber die vertikalen Geschwindigkeitsgradienten, die einen Großteil der Energiedissipation ausmachen. Die Integration der vertikalen viskosen Terme hat genau die Sohlschubspannung in die Bewegungsgleichungen hineingebracht. Wir müssen also untersuchen, ob die Energiedissipation durch die Sohlschubspannung im tiefengemittelten Modell die Energiedissipation der vertikalen Geschwindigkeitsgradienten auszugleichen in der Lage ist. 8.2 Die tiefengemittelte Turbulenzproduktion Für die Umsetzung von mittlerer in turbulente kinetische Energie wird in der Hydromechanik turbulenter Strömungen unter der Annahme des Wirbelviskositätsprinzips die Gleichung

162 8.2. Die tiefengemittelte Turbulenzproduktion Seite 153 P k = ν t 2 + ( ) 2 u +2 x ( ) 2 v +2 y ( ) 2 w z ( v x + u ) 2 ( w + y x + u ) 2 ( w + z y + v ) 2 z für das dreidimensionale reynoldsgemittelte Geschwindigkeitsfeld hergeleitet. Jede örtliche Änderung der Geschwindigkeit ist also mit einer Produktion von Turbulenz verbunden. In einem Fließgewässer wird mittlere kinetische Energie im wesentlichen durch das vertikale Geschwindigkeitsprofil, aber auch über das sich in der Breite ausbildende Querprofil in Turbulenz umgewandelt. In einem tiefengemittelten konzeptionellen Modell der Fließgewässerströmung können wir die horizontalengeschwindigkeiten näherungsweise durch die mittleren Geschwindigkeiten darstellen, es fehlen uns aber Informationen über die Vertikalgeschwindigkeiten und die vertikalen Geschwindigkeitsgradienten. Wir wollen untersuchen, wie wir deren Anteil an der Dissipation mittlerer kinetischer Energie berücksichtigen können. Dazu wählen wir zunächst einmal den Ansatz P k = ν t 2 ( u x ) 2 + ( v x + u y ) 2 +2 ( ) 2 v + P kv y in dem wir Bekanntes von Unbekanntem (P kv ) getrennt haben. Unter den vertikalen Geschwindigkeitsgradienten ist der wichtigste sicherlich das logarithmische Profil der Hauptströmung, wir berechnen seine tiefengemittelte Wirkung als P kv = 1 h h z 0 u ν t z dz = 1 h h z 0 ( u3 1 κ z h) 1 ( dz = u3 ln h + z ) 0 κh z 0 h 1 wobei wir von einem parabolischen Wirbelviskositätsprofil ausgegangen sind. Ein Vergleich mit dem Wert der tiefengemittelten Geschwindigkeit des logarithmischen Profils liefert: P kv = u2 u h = u τ B (8.4) h ϱ Damit wird die Turbulenzproduktion im logarithmischen Geschwindigkeitsprofil genau von den Dissipationstermen der Sohlschubspannung im tiefenintegrierten Modell ausgeglichen. Ein mutmachendes Ergebnis, welches das tiefengemittelte Modell bei der Simulation von Strömungen mit logarithmischen Geschwindigkeitsprofil dem dreidimensionalen Modell nahezu ebenbürtig macht.

163 Seite Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Wir wollen noch untersuchen, wie sich die tiefengemittelte Turbulenzproduktion in Abhängigkeit von der äquivalenten Rauheit nach Nikuradse k s verhält. Dazu ersetzen wir die Schubspannungsgeschwindigkeit u und den Taylorbeiwert r durch die Sohlschubspannung nach Nikuradse: P kv = g ( ) h 2 (8.5) 18 log 12h k s Somit nimmt die tiefengemittelte Turbulenzproduktion P kv mit zunehmender relativer Bedeckung h/k s ab. u Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Die Integration der dreidimensionalen Impulsgleichungen über die Wassertiefe stellt uns vor die Aufgabe, den viskosen Spannungstensor ebenfalls über die Wassertiefe zu mitteln: ( ui τ ij = ϱν t + u ) j x j x i Dabei werden nur die vier horizontalen Komponenten benötigt, die vertikalen Anteile des Spannungstensors haben die Sohl- und Windschubspannungen in die Impulsgleichungen gezogen. Zur quantitativen Bestimmung der über die Tiefe gemittelten horizontalen Spannungen kann man von der Hypothese ausgehen, daß diese proportional den entsprechenden Geschwindigkeitsgradienten der tiefengemittelten Geschwindigkeit und der über die Tiefe gemittelten turbulenten Viskosität sind: ( ui τ ij ϱν t + u ) j x j x i Die Herausforderung besteht also darin, die dreidimensionale mit dem Mischungswegansatz modellierte turbulente Viskosität ( ) 2 ( ) 2 ( ) 2 u v w ν t = lm x y z + ( v x + u ) 2 ( w + y x + u ) 2 ( w + z y + v ) 2 z über die Wassertiefe zu integrieren. Hier stoßen wir genau wie in der dreidimensionalen Turbulenztheorie auf ein Schließungsproblem, da die in der Gleichung verwendeten drei- 1/2

164 8.3. Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Seite 155 dimensionalen Geschwindigkeiten u, v und w sowie deren Gradienten in einer des tiefenintegrierten Geschwindigkeitsfeldes nicht bekannt sind. Zur Schließung der tiefengemittelten Turbulenz mit einfachen algebraischen Ansätzen gibt es verschiedene Möglichkeiten, die im folgenden vorgestellt werden sollen Der Prandtlsche Mischungswegansatz Eine naheliegende Möglichkeit zur Schließung der tiefenintegrierten turbulenten Spannungen besteht darin, vertikale Geschwindigkeitsgradienten zu vernachlässigen und die horizontalen dreidimensionalen Komponenten durch die tiefengemittelten Geschwindigkeiten zu ersetzen: ν t = 1 12 κ2 h 2 2 ( ) 2 u +2 x ( ) 2 ( v v + y x + u y ) 2 1/2 Ebenso wurde das Quadrat des Mischungsweges durch seinen tiefengemittelten Wert ersetzt. Der Ansatz zeigt ein sehr extremes Verhalten. Er produziert nur dort turbulente Viskosität, wo das tiefengemittelte Geschwindigkeitsfeld Gradienten aufweist. Eine gradientenfreie Strömung, wie sie etwa in einem sehr breiten, ebenen geradlinigem Gerinne auftreten würde, wäre frei von turbulente Viskosität und somit auch turbulenter Energiedissipation Der Ansatz von Elder Die zweite Möglichkeit besteht in der Ausnutzung der sehr guten Kenntnisse über das vertikale Geschwindigkeitsprofil, dessen Gradienten den größten Teil der Turbulenz produzieren. Man vernachläßigt also alle horizontalen Geschwindigkeitsgradienten ( ) 2 ν t = lm 2 w + z ( ) 2 u + z ( v z ) 2 1/2 und geht davon aus, daß es nur eine Hauptströmungsrichtung gibt, welche ohne Einschränkung der Allgemeinheit die x-richtung sei: ν t = lm 2 u z Unter Verwendung des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils und der Mischungswegverteilung nach Gleichung (2.16) läßt sich die turbulente Viskosität nun über die Tiefe integrieren, das Ergebnis ist:

165 Seite Die tiefengemittelte turbulente Viskosität ν t = 1 6 κu h Dieser Ansatz liefert nun vor allem dort turbulente Viskositäten, wo die Wassertiefe oder die Sohlschubspannung sehr groß ist. Horizontale Geschwindigkeitsgradiente, wie sie z.b. in Buhnenfeldern oder an Spundwänden auftauchen, interessieren diesen Ansatz herzlich wenig. Dadurch ist theoretisch vorhergesagte Proportionalitätskonstante κ/6 in vielen Anwendungen zu klein. So setzt man nach den Gesetz von Elder: 6.0u h im Strömungsrichtung ν t = 0.6u h transversal zur Strömungsrichtung Dieses ist eigentlich nach dem Verfahren von Taylor für die Stoffausbreitung hergeleitet und auf den turbulenten Impulsaustausch übertragen worden. Abbildung 8.2 zeigt die Verteilung der tiefenintegrierten turbulenten Viskosität nach dem Ansatz von Elder im Jade-Weser-Gebiet. Deutlich ist dabei das Fahrwasser der Weser und damit die Tiefenabhängigkeit des Ansatzes zu erkennen Energiedissipation in schmalen Fließgewässern Untersucht man den relativen Einfluss der Energisdissipation durch Sohlschubspannung zur turbulenten Viskosiät, so stellt sich heraus [46], das letztere umso größer ist, desto schmaler das Gewässer ist. Um dies zu beweisen, nehmen wir an, daß das Gewässer konstanter Tiefe in x-richtung durchflossen wird, und sich lediglich ein Profil in Breitenrichtung y aufbaut. Berechnet man die Sohlschubspannung ferner der Einfachheit halber nach dem Stricklergesetz, so wird die tiefengemittelte Energiedissipationsrate zu: ( ) 2 u ɛ 2D = ν t + g u 3 y h 7/3 kstr 2 Nun soll die turbulente Viskosität nach Elder ν t =0.6hu berechnet und eindreieckförmiges Geschwindigkeitsprofil über die Breite B angenommen werden: u y 2u B

166 8.3. Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Seite Ist - turbulente Wirbelviskositaet IBP HN-Verfahren Telemac-2D developed by EDF, Chatou Zeitpunkt: :40 Topographie mnn turbulente Wirbelviskositaet m**2/s km Programm HVIEW2D Abbildung 8.2: Modellierung der tiefenintegrierten turbulenten Viskosität mit dem Ansatz von Elder im Mündungsgebiet des Jade-Weser-Ästuars bei ablaufendem Wasser.

167 Seite Die tiefengemittelte turbulente Viskosität Damit wird die Energiedissipationsrate ( ɛ 2D = 2.4h 1/3 g k Str 1 B 2 + und das Verhältnis von Dispersion zu Bodenanteilen zu: g ) 1 u 3 h 7/3 kstr 2 ɛ Dispers ɛ Bottom = 2.4k ( ) Str h 4/3 2 g B Schauen wir uns einen typischen Fluss mit einer Breite von 40 m, einer Tiefe von 5 m und einem Stricklerbeiwert von k Str =34m 1/3 s 1/2 an. Das Energiedissipationsverhältnis ist dann ɛ Dispers /ɛ Bottom 1.2, womit die beiden Anteile gleichbedeutend sind. Die Betrachtung kann dann sehr wichtig werden, wenn dem numerischen Verfahren noch ein erhebliches Maß an numerischer Diffusion innewohnt. Um diese auszugleichen, muß dann die Sohlrauheit verringert werden, womit diese u.u. nicht mehr den morphologischen Gegebenheiten entspricht Kombinierte Ansätze Wir wollen einen Ansatz konstruieren, der sowohl die horizontalen, als auch die Wirkung der vertikalen Geschwindigkeitsgradienten in der Berechnung der turbulenten Viskosität berücksichtigt. Naheliegend ist es, die beiden Viskositäten zu addieren, man bekommt: ν t = 1 6 κu h κ2 h 2 2 ( ) 2 u +2 x ( ) 2 ( v v + y x + u y ) 2 1/2 Eine exaktere Vorgehensweise zur Gewinnung eines kombinierten Ansatzes besteht in der schon erwähnten Mittlung der turbulenten Viskosität über die Wassertiefe. Dazu wollen wir annehmen, daß die vertikale Geschwindigkeit w vernachlässigbar ist: ( ) ν t = lm 2 2 ( ) 2 ( ) 2 ( ) 2 ( u v u v v z z x y x + u ) 2 y }{{}}{{} vertikale horizontale Anteile Wir entwickeln die Wurzelfunktion in eine Taylorreihe um die vertikalen Terme bis zur ersten Ordnung: ) 2 ν t = l ( u m 2 + z ( ) 2 v + lm 2 z ( ) 2 u + x ( ) 2 v + 1 y 2 ) 2 ( u + z ( v x + u y ( v z ) 2 ) 2

168 8.4. Das tiefenintegrierte k-ɛ-modell Seite 159 Mit den genannten Ansätzen ist der vordere Teil nun einfach integrierbar: ( ) 2 ( ) 2 u v ν t = 1 6 κu h + 1 z S ( v lm 2 x y 2 x + u ) 2 y h ) z B 2 ( ) dz 2 ( u v + z z Für den hinteren Teil wird die Integration ebenfalls einfach, wenn man annimmt, daß die horizontalen Gradienten der Horizontalgeschwindigkeiten über die Vertikale konstant sind und ihren tiefengemittelten Werten entsprechen. In diesem Fall wandern sie vor das Integral ν t = 1 6 κu h + 1 ( ) 2 u + h x ( ) 2 v + 1 ( v y 2 x + u y ) 2 z S z B ( u z l2 m ) 2 + ( ) dz 2 v z und die verbleibende Integration bleibt eine simple Aufgabe, die uns nicht überfordern sollte: ν t = 1 6 κu h + 1 κ 3 h u ( ) 2 u +2 x ( ) 2 ( v v + y x + u ) 2 (8.6) y In der Literatur wurde bisher entweder der horizontale oder der vertikale Anteil vergessen. 8.4 Das tiefenintegrierte k-ɛ-modell Zur Turbulenzmodellierung in tiefenintegrierten Strömungen haben Rastogi und Rodi [60] eine angepaßte Form des k-ɛ-modells entwickelt. Es besteht aus den auf zwei Dimensionen reduzierten Transportgleichungen für die tiefenintegrierte turbulente kinetische Energie k und deren Dissipation ɛ: k t + ugrad k =div ν t σ k grad k + 1 ϱ P :grad u + P kv ɛ ɛ t + ugrad ɛ =div ν t ɛ grad ɛ + C 1ɛ σ ɛ ϱk P :grad ɛ u 2 + P ɛv C 2ɛ k (8.7)

169 Seite Das tiefenintegrierte k-ɛ-modell Dabei wurden in jeder Gleichung je ein Zusatzterm P kv und P ɛv eingefügt, der die Wirkung der vertikalen Integration auf die entsprechende Turbulenzgröße beschreibt. Wir haben P kv schon kennengelernt und modelliert. Auch P ɛv soll die fehlenden Vertikalterme kompensieren, d.h. die Turbulenzdissipation durch das vertikale Geschwindigkeitsprofil beschreiben. Rastogi und Rodi modellieren die beiden Zusatzterme folgendermaßen: Da hierbei der große Teil der Dynamik an der Sohle stattfindet, wird davon ausgegangen, daß die Terme Funktionen der Sohlschubspannungsgeschwindigkeit u sind. Eine Dimensionsanalyse ergibt: u 3 u 4 P kv = c k und P ɛv = c ɛ h h 2 wobei zwei neue Parameter c k und c ɛ eingeführt wurden. Die turbulente Viskosität berechnet sich dann in Analogie zum dreidimensionalen als k 2 ν t = c µ ɛ. Für den Parameter c k ergibt sich aus der soeben gemachten Analyse der Turbulenzproduktion im logarithmischen Geschwindigkeitsprofil: c k 1 r Dies zeigt, daß der Parameter c k keine Konstante ist, denn für jedes andere Schubspannungsgesetz bleibt eine Abhängigkeit von der Wassertiefe h. Die Kalibrierung des Parameters c ɛ erfordert wieder empirischen Input. Zunächst geht man wieder von gleichförmigen Abfluß aus, die ɛ-gleichung wird dann zu: u 4 c ɛ h = c ɛ k Die TKE-Dissipation ɛ wird durch die vereinfachte k-gleichung und u durch ein Sohlschubspannungsgesetz eliminiert. Ferner soll die turbulente Viskosität des k-ɛ-modells der tiefenintegrierten turbulenten Viskosität entsprechen, k 2 ν t = c µ ɛ =0.0765u h wodurch auch k eliminiert werden kann. Man erhält für c ɛ schließlich, c ɛ =3.6 c 2 r 3/4 cµ womit das tiefenintegrierte k-ɛ-modell geschlossen ist. Abbildung 8.3 zeigt die entsprechenden Ergebnisse für die turbulente Viskosität für den Jadebusen mit dem k-ɛ-modell. Tatsächlich sind die Spitzenwerte mehr als eine Zehnerpotenz kleiner als die mit dem Eldermodell berechneten. Das k-ɛ-modell berechnet jedoch entlang der Fahrrinnen gleichmäßiger verteilte Viskositäten.

170 8.4. Das tiefenintegrierte k-ɛ-modell Seite Ist - turbulente Wirbelviskositaet IBP HN-Verfahren Telemac-2D developed by EDF, Chatou Zeitpunkt: :40 Topographie mnn turbulente Wirbelviskositaet m**2/s km Programm HVIEW2D Abbildung 8.3: Modellierung der tiefenintegrierten turbulenten Viskosität mit dem tiefenintegrierten k-ɛ-modell im Mündungsgebiet des Jade-Weser-Ästuars bei ablaufendem Wasser.

171 Seite Der Smagorinskyansatz 8.5 Der Smagorinskyansatz In einigen neueren Anwendungen der tiefenintegrierten Simulation wird der Smagorinskyansatz zur Modellierung der turbulenten Viskosität verwendet. Hierzu wird dieser auf die horizontale Ebene projiziert, d.h. die vertikalen Gradienten werden weggelassen: ν t =(c s ) 2 2 ( ) 2 ( u u + x y + v ) 2 +2 x ( v y ) 2 1/2 ist dabei wieder ein Maß für die Gitterweite, in rechteckigen Gittern wird er mit dem Abstand zweier Knoten identifiziert, in Dreiecksgittern oftmals mit dem Radius des Außenkreises eines Dreiecks. Über den Parameter c s liegen in der Fachliteratur für tiefenintegrierte Modelle bisher nur sehr wenig Erfahrungen vor. So hat der Autor für ein Modell des Jade-Weser-Ästuars die beste Übereinstimmung mit der realen Tidedynamik für c s =0.06 erzielt. Abbildung 8.4 zeigt dabei die Ergebnisse für die turbulente Wirbelviskosität bei Ebbe im Bereich der Jade. Auffällig ist dabei die geometrische Strukturierung mit besonders niedrigen Werten in der Innenjade und des Jadebusens und der Weser unterhalb von Bremerhaven (blaue Farben). Diese Werte haben ihre Ursache in der feineren Diskretisierung in diesen Gebieten. In den übrigen Bereichen sieht man insbesondere das Fahrwasser der Außenweser abgebildet. Dabei ist die tiefe Rinne durch geringere, während die Ränder durch höhere turbulente Viskositäten ausgezeichnet sind. Hier wird also der Einfluß der höheren Geschwindigkeitsgradienten an den Böschungen bemerkbar. Auch dies spiegelt nicht das tatsächliche Verhalten der turbulenten Viskosität wieder, da sich die Turbulenz sich in den tieferen Bereichen wesentlich besser ausbilden kann als in den flacheren. Zudem besitzen die Böschungen lediglich Sohlneigungen von 1:30, so daß die vom Modell produzierte höhere Turbulenz auch nicht durch die Ausbildung einer Grenzschicht erklärt werden kann. Der Smagorinskyansatz scheint also in dieser Form nicht für die Modellierung der turbulenten Viskosität in einem tiefengemittelten Modell geeignet zu sein, da er zu stark von der lokalen Diskretisierungsweite abhängig ist. Das ist in der LES kein Problem, da dort in der Regel äquidistant aufgelöst wird. Bei der tiefenintegrierten Simulation kann es aber bei der Anwendung unstrukturierter Gitter zu einer Verteilung der turbulenten Viskosität kommen, die im wesentlichen nur noch die lokale Gitterweite darstellt. Ferner reproduziert er die Abhängigkeit des Maßes der Turbulenz von der Sohlrauheit und der Wassertiefe nicht.

172 8.5. Der Smagorinskyansatz Seite Ist - turbulente Wirbelviskositaet IBP HN-Verfahren Telemac-2D developed by EDF, Chatou Zeitpunkt: :40 Topographie mnn turbulente Wirbelviskositaet m**2/s km Programm HVIEW2D Abbildung 8.4: Modellierung der tiefenintegrierten turbulenten Viskosita t mit dem Smagorinskyansatz im Mu ndungsgebiet des Jade-Weser-A stuars bei ablaufendem Wasser.

173 Seite Die Energiedissipation über langen Sohlwellen 8.6 Die Energiedissipation über langen Sohlwellen Wir wollen als Anwendung des Gelernten die Dissipation von Strömungsenergie über einer sinusförmigen Sohle berechnen, so wie dies beim Vorkommen von Dünen in natürlichen Systemen der Fall ist. Hiermit sind zwei für die hydrodynamische Simulation wichtige Fragestellungen verbunden: Ist ein tiefengemitteltes Modell in der Lage, die Wirkung von solchen Sohlwellen oder Dünen auf die Hydrodynamik richtig zu erfassen, wenn nur diese Strukturen im darunterliegenden digitalen Geländemodell aufgelöst sind? Wie kann man die Wirkung der Sohlwellen und Dünen auf die Hydrodynamik ersatzweise berücksichtigen, wenn diese im digitalen Geländemodell nicht aufgelöst sind? Sohlwellen modulieren die mittlere Lage der Sohle z B sinusförmig mit einer Amplitude d /2: z B (x) =z B d 2 cos(k dx) Die freie Oberfläche sei nahezu horizontal und nicht durch die darunter liegenden Dünen beeinflußt (Froudezahl etwa Null), die Wassertiefe ist dann: h(x) =h + d 2 cos(k dx) Ihre Wellenlänge ist λ d =2π/k d, und ihre Steilheit d /λ d sei so klein, daß sich hinter ihren Spitzen keine Ablösung der Strömung bildet, also keine zusätzliche Turbulenz entsteht Dissipation im tiefengemittelten Strömungsfeld Wir betrachten zunächst eine stationäre tiefengemittelte Strömung mit konstantem spezifischen Durchfluß q: u(x) = q h(x) = uh h(x) Wir wollen davon ausgehen, daß der wesentliche Teil der Energiedissipation nun nicht durch die Sohlschubspannung, sondern durch die Geschwindigkeitsgradienten bewirkt wird. Dann ist die Energiedissipation nach (8.3): u u/h ɛ 2D = hν t x x

174 8.6. Die Energiedissipation über langen Sohlwellen Seite 165 % $ - C A ' % % L = 4 E ' '! =? D A HA " # 6 = O H A BBE EA J "! " $ & " $ &, A D D A 9 = I I A H JEA BA Abbildung 8.5: Die Formrauheitsbeiwert von Taylor für Dünen der Steilheit d /λ d = 1/36. Dargestellt sind die Ansätze von Engelund und van Rijn sowie die Dissipation im durch die Dünen modulierten logarithmischen Geschwindigkeitsfeldes (r = 0.001). Bestücken wir die tiefengemittelte turbulente Viskosität mit dem Taylorgesetz für die Sohlschubspannung, dann wird die Energiedissipation über der Sohlwelle zu: ɛ 2D = h κ 6 Die Mittlung über die Länge der Sohlwelle ɛ 2D = 1 λ d u u/h ru x x λ d 0 ɛ 2D dx kann mit einem Mathematikprogramm recht einfach bewerkstelligt werden. Man erhält: r 2 d ɛ 2D =21.58 h λ 2 u3 (4 ( d /h) 2 ) 5/2 Wir wollen nun untersuchen, wie man die dissipierende Wirkung der Sohlwellen berücksichtigen kann, wenn man diese nicht in seinem digitalen Geländemodell erfaßt hat. Da die tiefengemittelten Impulsgleichungen ( 8.1) keinen eigenständigen Term für die Energiedissipation enthalten, bietet sich nur der Kunstgriff an, die Wirkung der Dünen in die Sohlschubspannung zu integrieren. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, daß

175 Seite Die Energiedissipation über langen Sohlwellen dieser Term dann eben nicht mehr die auf die Sohle wirkende Spannung beschreibt. Verwendet man Taylorbeiwerte, dann ergibt ein Vergleich mit den Formeln in Tabelle 8.1: r d =21.58 r 2 d (4 ( λ 2 d /h) 2 ) 5/2 d Diese künstliche, eigentlich eine in der Wassersäule stattfindende Energiedissipation wird als Formrauheit der Dünen bezeichnet. Sie wächst mit der Rauheit des anstehenden Bodens r, welches in diesem Fall die Kornrauheit ist. Sie sinkt mit dem Verhältnis von Dünenhöhe zu Wassertiefe, dies allerdings nur unwesentlich. Und drittens steigt sie mit der Steilheit der Düne d /λ d. Langwellige, flache Dünen gehen also irgendwann einmal in Topographieunebenheiten über. Die mit diesem Ansatz berechneten Taylorbeiwerte liegen für typische Dünenverhältnisse in der Größenordnung Diese sind nicht mit dem von Engelund 1977 (zitiert nach [62]) veröffentlichten Ansatz r d = 5 2 d 4 λh e 2.5 d/h bzw. k d s =12he κ/ 5 2 d 4 λh e 2.5 d /h für den Taylorbeiwert zu vergleichen, wie man der Abbildung 8.5 entnehmen kann. Dies zeigt, daß der aus den durch die Dünen modulierten tiefengemittelten Geschwindigkeiten ermittelte Taylorbeiwert die Energiedissipation im Geschwindigkeitsfeld über Dünen weit unterschätzt. Der Ansatz von Engelund enthält allerdings keine Abhängigkeit von der Kornrauheit des Dünenmaterials. Noch höhere Taylorbeiwerte liefert der Ansatz von van Rijn [62] ) ks d =0.77 ( ) 2 d 1 e 25 d /λ d bzw. r d = κ (ln h (8.8) d (1 e 25 d/λ d) dessen zugeordneter Taylorbeiwert ebenfalls dargestellt ist. Wir halten als erstes Ergebnis dieses Abschnittes fest, daß die Energiedissipation über Sohlwellen, wie sie Dünen darstellen, in einem tiefengemittelten Modell auch dann nicht simuliert werden kann, wenn die Dünen vollständig im Geländemodell aufgelöst werden Dissipation im modulierten logarithmischen Geschwindigkeitsfeld Wir wollen nun versuchen, den empirischen Befund über die Dünenrauheit auch theoretisch noch besser zu approximieren. Dazu betrachten wir die in Abbildung 8.6 angenommene vertikale Struktur des Geschwindigkeitsfeldes. Sie sei an jedem Ort der Sohlwelle

176 8.6. Die Energiedissipation über langen Sohlwellen Seite 167 h d z B λ d Abbildung 8.6: Die Modulation des logarithmischen Geschwindigkeitsprofils über Dünen. logarithmisch, wird aber von der vertikalen Lage der Sohle verformt. Hierdurch entstehen gerade im unteren Bereich horizontale Gradienten der Geschwindigkeit, die im tiefengemittelten Bild nicht zu sehen sind. Diesen in Fließrichtung unterschiedlichen logarithmischen Geschwindigkeitsprofilen ist eine Eigenschaft gemein: Sie stellen überall den gleichen spezifischen Durchfluß q = uh dar. Für große Bedeckungszahlen kann man die tiefengemittelte Geschwindigkeit des logarithmischen Profils nach Gleichung (??) als u = u (x) κ h(x) ln z 0 approximieren und bekommt hieraus das örtlich variable Geschwindigkeitsfeld: u(x, z) = u (x) κ ln z z 0 mit u (x) = uh h(x)ln h(x) z 0 Die Energiedissipation bzw. Turbulenzproduktion in diesem Strömungsfeld ist lediglich durch die Gradienten der Hauptströmung u in horizontaler und vertikaler Richtung geprägt: P k = ν t 2 ( ) 2 u + x ( ) 2 ( u mit ν t (z) =κu (z z B ) z 1 z z B h Die Turbulenzproduktion durch den vertikalen Geschwindigkeitsgradienten wird nach Gleichung (8.4) schon durch die Sohlschubspannung beschrieben. Nach der Mittlung über die Wassertiefe bleibt der Ausdruck )

177 Seite Die Energiedissipation über langen Sohlwellen ɛ 2D = 1 h h z B +z 0 2ν t ( ) 2 u dz + u τ B (x) x h ϱ zu berechnen. Wie vorher wollen wir diesen Ausdruck über die Sohlwellenlänge mitteln. Nach einigen Vereinfachungen bekommt man mit Hilfe eines Mathematikprogrammes das Ergebnis: mit ɛ 2D = 2π2 2 ( d u3 f (ln(h/z hκλ 2 0 )) d 4 ) d u τ B (x) h h ϱ f(ξ) = ξ 77ξ2 +6ξ 3 +18ξ 4 216ξ ξ für ξ>1 Da ln(h/z 0 )= κ r f (ln(h/z 0 )) r r ergibt sich die Gesamtrauheit der überströmten Sohlwellen als r eff = 2π2 2 d r (1+ κλ 2 d r + 5 ) d r 4 h und die Dünenrauheit als: r d = 2π2 2 d κλ 2 d r r + 5 d 4 h r (8.9) Sie besteht aus zwei Anteilen. Der erste Summand steigt quadratisch mit der Dünensteilheit, der zweite Summand die auf die Wassertiefe bezogene relative Dünenhöhe Zur Kombination von Einzelrauheiten Die vorangegangene Analyse zeigt zweierlei: Erstens setzt sich die die Gesamtrauheit als Summe der einzelnen Taylorbeiwerte zusammen. Dies entspricht der These von Einstein und Banks [19], die postuliert haben, daß man die aus den Einzelrauheiten sich ergebenden Einzelsohlschubspannungen addieren muß. Zum zweiten ist die Rauheit der großskaligen Dünen von der kleinskaligen Kornrauheit abhängig: r eff = r g + r d (r g )

178 8.7. Zusammenfassung Seite 169 Die erste Aussage widerspricht der These von van Rijn [62], der vorschlägt, die effektive Sohlrauheit als Summe der äquivalenten Rauheiten nach Nikuradse zu berechnen, in unserem Falle also: k eff s = k g s + kd s Da aber die Summe der effektiven Sohlrauheiten nach Nikuradse sich nicht aus der Summe der Einzelrauheiten nach Taylor berechnen läßt, also k eff s =12he κ/ r g+rd 12he κ/ r g +12he κ/ r d = k g s + k d s muß ein Verfahren richtiger als das andere sein. Nun besitzt gerade die effektive Sohlrauheit nach Nikuradse zwei wichtige Vorteile, sie hat die Einheit einer Länge und ist mit dem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil kompatibel. Dies macht eine Berechnung der Sohlschubspannung sowohl in dreidimensionalen als auch tiefengemittelten Modellen mit demselben Ansatz möglich. Im Gegensatz dazu ist der Taylorkoeffizient dimensionslos, d.h. zur Beschreibung einer Rauheit denkbar ungeeignet und im logarithmischen Geschwindigkeitsprofil wassertiefenabhängig. Damit bietet sich folgendes Rechenverfahren zur Bestimmung der Sohlrauheit in tiefengemittelten Modellen an: 1. Berechnung der Kornrauheit aus einem repräsentativen Korndurchmesser etwa nach k g s =3d m und Umrechung in einen Taylorbeiwert r g. 2. Berechnung der Riffelrauheit nach Gleichung (??) und Umrechnung in einen Taylorbeiwert r r. 3. Berechnung des Taylorbeiwertes der Dünenrauheit nach Gleichung (8.9). 4. Summation der Taylorbeiwerte der Einzelrauheiten zu einem effektiven Taylorbeiwert r eff. 5. Umrechnung in eine effektive Sohlrauheit nach Nikuradse und Verwendung im tiefengemittelten Modell. 8.7 Zusammenfassung Die Modellierung der Turbulenz in tiefenintegrierten Modellen hat das vornehmliche Ziel, die Energiedissipation durch Turbulenzproduktion mit den ihnen zur Verfügung stehenden Größen naturähnlich abzubilden. Dabei übernimmt die Sohlschubspannung den Anteil der Energiedissipation aus dem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil.

179 Seite Zusammenfassung Die Energiedissipation der horizontalen Geschwindigkeitsgradienten wird durch die tiefengemittelte turbulente Viskosität gesteuert. Ihre Modellierung lehnt sich eng an die der RANS an. Aus dem Mischungswegmodell wurde der Ansatz von Elder hergeleitet, das k-ɛ-modell besitzt ein tiefengemitteltes Analogon, ein tiefenintegriertes k-ω-modell wurde hier bisher nicht verwendet. Das Smagorinskymodell aus der LES sollte zur tiefenintegrierten Turbulenzmodellierung nicht verwendet werden. Die mit ihm berechneten Wirbelviskositäten sind extrem gitterabhängig und zeigen keine Zunahme der Turbulenzintensität mit der Tiefe oder der Sohlrauheit. Bezüglich der quantitativen Abschätzung der tiefenintegrierten Wirbelviskosität gibt es noch große Unsicherheiten. Dies liegt daran, daß man zu ihrer Bestimmung eigentlich den turbulenten Spannungstensor und nicht die Wirbelviskosität allein tiefenintegrieren muß. Es ist jedoch nicht zulässig, in einem tiefenintegrierten Strömungsmodell konstante Wirbelviskositäten zu verwenden.

180 Kapitel 9 Vertikalstrukturierte 2D-Modelle In Fließgewässern ist die horizontale Struktur bedingt durch die entsprechende Ausprägung der Sohle in der Regel nicht zu vernachlässigen. In zweidimensionalen tiefengemittelten Simulationen werden diese topographischen Gegebenheiten prinzipiell vollständig erfaßt. In einigen Untersuchungen steht jedoch nicht die Abbildung der Topographie sondern die vertikale Strukturierung der Wassersäule im Mittelpunkt des Interesses. In diesem Fall kann ein zweidimensionales vertikal strukturiertes Modell hinreichend sein. Zur Entwicklung eines solchen Modells liegt es nahe, die dreidimensionalen Reynoldsgleichungen über die Gewässerbreite zu integrieren, um alle relevanten Prozesse in entsprechenden Gleichungen zu kondensieren. Dies ist aber aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll. Eine Integration über die Breite würde nur eine über die Breite integrierte Wassertiefe ergeben, eine Wassertiefe also, die u.u. nicht am Hauptort des Interesses z.b. in der tiefen Mittelrinne angenommen wird. Ferner würde die Breitenintegration alle Strömungsverhältnisse aus flachen Randbereichen mit denen in der tiefen Rinne mitteln, so daß die Simulationsergebnisse ein kaum interpretierbares vertikales Geschwindigkeitsprofil aufweisen würden. Man interessiert sich daher hier nicht für eine echte Breitenintegration sondern vielmehr für eine Projektion der Grundgleichungen auf eine gegebene vertikale Schnittfläche. Physikalisch ist dies gar nicht so unsinnig, wenn die Strömung laminar in vertikalen Schichten fließt. Dies können wir allerhöchstens für die turbulenzentblößte Strömung annehmen, wir müssen also grundsätzlich mit den Reynoldsgleichungen arbeiten. In Kurven gibt es eine horizontale Wechselwirkung verschiedener Tiefenschichten miteinander, wir sollten also stark gekrümmte Fließgewässer ausschließen. Unser Modellanwendungsgebiet ist also auf die Symmetrieebene eines nahezu gradlinigen Fließgewässers beschränkt. 171

181 Seite Die Projektion auf eine vertikale Ebene 9.1 Die Projektion auf eine vertikale Ebene Wegen der angenommenen Geradlinigkeit legen wir die x-richtung als Längsachse des Gewässers fest und die y-achse liege in Breitenrichtung. Die Corioliskräfte sollten vernachlässigbar sein und die Dichte sollte sich über die Breite wenig ändern. Da die reynoldsgemittelte Strömung sich in vertikalen laminaren Schichten in x-richtung bewegt, gilt überall v = 0. Dann reduziert sich die y-navier-stokes-gleichung zu: p y =0 Es verbleibt somit die Aufgabe, das Gleichungssystem u t + u u x + w u z = 1 ϱ p x + ( x w t + u w x + w w z = 1 p ϱ z + x u x + w ( ν u x ν w x ) + ( ν u ) z z ) + ( ν w ) g z z z =0 mit den entsprechenden Randbedingungen zu lösen. Bradford (2000, [5]) hat diesen Modelltyp in Verbindung mit einem k-ɛ-turbulenzmodell auf die Dynamik von Wellen in der Brandungszone angewendet. In beeindruckender Weise kann er die Bündelung von turbulenter kinetischer Energie an der Wellenspitze simulieren. Nimmt man ferner die Gültigkeit der hydrostatischen Druckapproximation an, so folgt hieraus, daß z S y =0 d.h. die freie Oberfläche ändert sich über die Breite nicht. Unter den genannten Voraussetzungen gibt es auch keinen Grund mehr, warum dies nicht so sein sollte. Das Gleichungssystem reduziert sich zu: u t + u u x + w u z = 1 p ϱ 0 x + ( ν u ) + ( ν u ) x x z z u x + w z =0 S ϱ p = ϱ 0 g (z S z)+ϱ 0 g dz z ϱ 0 Es enthält nur noch Variationen der hydrodynamischen Größen auf der xz- Projektionsebene.

182 9.2. Integration über die Breite Seite 173 Die kinematische Randbedingung an der freien Oberfläche schreibt sich dann als und am Boden ergibt sich w S = z S t + u z S S x w B = u B z B x. 9.2 Integration über die Breite Ein Vergleich der Ergebnisse dieses einfach durch eine Projektion entstandenen Modells zeigt vor allem dann große Unstimmigkeiten mit der Natur, wenn der Wasserspiegel großen zeitlichen Schwankungen unterworfen ist. Dabei reagiert das Modell im Vergleich zur Natur zu dynamisch, die Wasserspiegeländerungen werden vom Modellrand ausgehend zu schnell über die Simulationsstrecke getragen. Das liegt daran, daß unser bisheriges Modell nur die tiefe Rinne kennt. In einem natürlichen Fließgewässer muß die tiefe Rinne aber auch die flacheren Randbereiche mit Wasser versorgen, wodurch die Wasserstandsdynamik eine Dämpfung erfährt. Dieser Mechanismus fehlt unserem Modell, da es flache Randbereiche nicht kennt. In diesem Fall kann man verbesserte Simulationsergebnisse erzielen, wenn man hybride Modelle aus Projektion und Integration über die Breite konstruiert. Dazu wollen wir alle Strömungsgrößen f durch breitengemittelte Größen der Form B r f = 1 fdy (9.1) B B l ersetzen, wobei B die Gesamtbreite, B l die Breite links und B r diebreiterechtsder x-achse ist. Wir bleiben der Einfachheit halber bei der Annahme, daß keine Transversalgeschwindigkeiten v vorhanden sind, wodurch eigentlich auch eine Änderung der Flußbreite B durch Wasserstandsschwankungen ausgeschlossen ist Parametrisierung der Bodenfläche Um diese Integration sauber durchzuführen, sei zuerst das Strömungsgebiet durch seine Bodenfläche parametrisiert. Dafür stehen als Parameter hier nur die Koordinaten x und z zur Verfügung. Aus Abb. 9.1 ist ersichtlich, daß die gesamte Bodenfläche durch zwei Teilflächen parametrisiert werden muß, eine Teilfläche links der vertikalen Bezugsebene und eine rechts davon. Betrachten wir die rechte Bodenfläche genauer. Sie ist durch eine Parametrisierung der Form

183 Seite Integration über die Breite B (x,z) r x z Abbildung 9.1: Parametrisierung der rechten Bodenhälfte eines flußartigen Gebietes

184 9.2. Integration über die Breite Seite 175 x z x B r (x, z) z (9.2) gegeben. Der Leser bestätigt leicht, daß der Flächennormalenvektor durch n = 1 ) 2 ( 1+( Br (x, z) Br (x, z) + x z ) 2 B r x 1 B r z (9.3) gegeben ist. Die Undurchlässigkeitsbedingung am Boden schreibt sich dann als B r u Br x + w B r B r =0 (9.4) z wobei die Annahme v = 0 verwendet wurde. Bei der Herleitung der tiefengemittelten Gleichungen hatten wir die analogen Zusammenhänge oft benötigt. Wir haben also nun das mathematische Handwerkszeug bereitgestellt, um die Breitenmittlung durchzuführen Die Kontinuitätsgleichung Die Integration der Kontinuitätsgleichung über die Breite liefert: B r B l u x dy + B r B l v y dy + B r B l w z dy = ub x + u B l B l x u B r B r x + v B r v Bl + wb z + w B l B l z w B r B r z = ub x + wb z =0 Dabei wurde in der zweiten Zeile die Formel von Leibniz angewendet und die Integrale durch mittlere Größen ersetzt. In der dritten Zeile wurde die Undurchdringlichkeitsbedingung am Boden verwendet.

185 Seite Die breitengemittelte Impulsgleichung 9.3 Die breitengemittelte Impulsgleichung Wir wollen die Prozedur, die wir bei den tiefengemittelten Gleichungen schon hinreichend geübt haben, nicht noch einmal ausführlich wiederholen. Als breitengemittelte Impulsgleichung ergibt sich u t + u u x + w u z = 1 ϱ 0 p x + 1 B ( Bν u ) + 1 x x B ( Bν u ), z z wobei wieder Impulsbeiwerte β xx = B r B l u 2 dz u 2 B und β xz = B r B l uwdz uwb (9.5) auftauchen, die zu eins angenommen werden Breitengemittelte Transportgleichungen Als breitengemittelte Transportgleichung ergibt sich nach dem bewährten Procedere: c t + u c x + w c z = 1 B ( BK c ) + 1 x x B ( BK c ) + Φ B l B r z z B (9.6) In Analogie zur Kontinuitätsgleichung ist für die Modellierung von Transportprozessen diese breitengemittelten der projektierten Form vorzuziehen, da breitenbedingte Dispersionsprozesse schon bei mäßig gegliederten Fließgewässern einen erheblichen Einfluß auf die Qualität der Ergebnisse haben können Das Gesamtproblem Das Gesamtproblem besteht aus der Lösung der Kontinuitäts- und Impulsgleichung ub x + wb z u t + u u x + w u z = 1 ϱ 0 p x + 1 B =0 ( Bν u ) + 1 x x B ( Bν u ) (9.7) z z

186 9.4. Bewertung Seite 177 mit der kinematischen Randbedingung für die freie Oberfläche w S = z S t + u z S S x, (9.8) wobei Mittlungsquerstriche nun wieder weggelassen wurden. 9.4 Bewertung Vertikalstrukturierte 2D-Modelle stellen keinen eigenständigen Simulationsmodus dar, in dem alle Eigenschaften der Strömung in exakter oder modellierter Form kondensiert werden können, wie es bei der LES, der RANS und der tiefenintegrierten Simulation prinzipiell möglich ist. Solche Modelle sind tatsächlich nur ein Modell, d.h. die geben einen Teilaspekt der Realität der Fließgewässers wieder, nämlich seine vertikale Struktur. Damit können sie wichtige Beiträge im Rahmen der hydrodynamischen und ökologischen Systemanalyse der Fließgewässer leisten, indem man mit ihnen z.b. Ursachen von Änderungen in der vertikalen Dynamik analysieren kann. Vertikalstrukturierte 2D-Modelle sind nicht in der Lage, die topographische Struktur des Fließgewässers zu erfassen. Dadurch ist ihre Validität stark begrenzt, z.t. können erhebliche quantitative Abweichungen vom Naturverhalten auftreten. Nicht nur in solchen Fällen sollte man versuchen, auf dreidimensionale reynoldsgemittelte Modelle auszuweichen.

187 Seite Bewertung

188 Kapitel 10 Sekundärströmungen in Kurven Die allgemeine Geologie unterscheidet drei Formen von Flußläufen: In steilen Gebieten ist der Flußlauf annähernd geradlinig. Treten große Schwankungen in Abfluß und Sedimentfracht auf, dann ist der Flußlauf verflochten und besteht aus verzweigten Armen. Flachlandflüsse mit unverfestigten leicht erodierbaren Böden sind mäanderförmig d.h. gewunden. Die Beantwortung der Frage, warum naturnahe Flußläufe eine Tendenz aufweisen, kurvige Formen auszubilden, setzt einedetaillierte Untersuchung der hydrodynamischen Verhältnisse in Kurven voraus. Die ersten Betrachtungen zu diesem Thema gehen auf Leonardo da Vinci zurück, aber erst Boussinesq [4] hat hierzu theoretische Analysen gemacht. Rozovskii [64] hat in seiner fundamentalen Monographie zum Thema folgende Phänomene identifiziert: eine Querneigung des Wasserspiegels eine Querzirkulation als Sekundärströmung eine neue Verteilung der Hauptströmung über Tiefe und Breite ein Verlust an kinetischer Energie Ablöseerscheinungen in scharfen Kurven 10.1 Zur Empirie der Mäander Bevor wir uns an die komplexen Strömungsmuster in einer Flusskurve heranwagen, wollen wir zunächst das zusammentragen, was man darüber weiss, wo Mäander entstehen. Dabei bezeichnet man einen Fluß als Mäander [9], wenn seiner Sinuosität, d.h. das Verhältnis von rektifizierter Länge zu geradlinigem Talweg größer als 1.5 ist. Die Sinuosität variiert von Fluß zu Fluß. 179

189 Seite Zur Empirie der Mäander B L M b M R Abbildung 10.1: Begriffe zum Mäander nach DIN Dabei geht ein Fluss nach Henderson [31] von der verzweigten in die mäandrierende Form über sobald das Gerinnegefälle den Wert I<0.52d Q 0.44 b unterschreitet. Darin ist Q b der bordvolle Abfluss in m 3 /s und der Mediankorndurchmesser wird in Metern angegeben. Nach diesem Zusammenhang bildet sich ein mäanderförmiger Verlauf umso eher aus, desto größer das Sohlkorn und desto geringer der Abfluss ist. Zur Bestimmung des Verhältnisses von Krümmungsradius R zu Breite B werteten Leopold et al. 50 unterschiedliche Flüsse aus und fanden das Verhältnis für zwei drittel der Flüsse mit einem Medianwert von 2.7, d.h. R 2.7B. Dader Krümmungsradius für die sehr unregelmäßigen Schleifen allerdings nicht eindeutig zu bestimmen ist, kann man die Geometrie des Mäanders auch durch die Mäanderbreite b M und die Mäanderlänge L M charakterisieren. Für diese beiden Größen gilt L M [m] 60 Q und: b M [m] 10 Q Die in die Landschaft eingeschriebenen Schwingungen des Mäanders werden also mit zunehmenden Abfluss breiter und länger. Bei all diesen Formeln handelt es sich nur um Abschätzungen aus einer Vielzalhl von Untersuchungen. Eine exakte Prognose der Ausgestaltung eines Flusses durch Mäander ist nicht möglich.

190 10.2. Analysen im Dreidimensionalen Seite Analysen im Dreidimensionalen Wir wollen in diesem Kapitel zunächst versuchen, diese Phänomene aus den Grundgleichungen herauszulesen. Einen ersten graphischen Eindruck soll dabei Abbildung 10.2 geben. Das unverzichtbare mathematische Hilfsmittel sind dabei die Kurvenkoordinaten, denn sie ermöglichen es, die Primär- oder Hauptströmung entlang der Flußachse einfach von den senkrecht dazu verlaufenden Sekundärströmungen zu unterscheiden. In Kurvenkoordinaten bezeichnet man die erste Koordinate mit s, wir identifizieren sie mit der Flußachse bzw. der Haupströmungsrichtung. Senkrecht dazu liege die n-richtung und die Vertikale werde wieder durch die z-achse beschrieben. Die Reynoldsgleichungen erhalten in diesen Koordinaten das Aussehen: u t + u 1+ n R u s + v u n + w u z + uv R ( 1+ n R ) = 1 ϱ ( ) p 1+ n s + 1 τ ss 1+ n s + τ sn n + τ sz z + 2τ sn R R R ( ) 1+ n R v t + u 1+ n R v s + v v n + w v z u 2 R ( ) = 1+ n R 1 p ϱ n n R τ ns s + τ nn n + τ nz z τ ss τ nn R ( ) 1+ n R (10.1) w t + u 1+ n R w s + v w n + w w z = g 1 p ϱ z + 1 τ zs 1+ n s + τ zn n + τ zz z + R τ zn R ( 1+ n R ) 1 1+ n R u s + v n + v R ( 1+ n R ) + w z =0 Dann werden wir uns den Schwierigkeiten bei der tiefengemittelten Simulation zuwenden und die wichtigsten Lösungsansätze hierzu kennenlernen. Da die Hauptstromrichtung durch die s-achse definiert ist, läßt sich fragen, welche Me-

191 Seite Analysen im Dreidimensionalen * * L K M L I D I Abbildung 10.2: Strömungsverteilung in einer Kurve (abgeändert nach [54]) chanismen Strömungen senkrecht zur Hauptstromrichtung erzeugen. Diese sogenannten Sekundärströmungen ergeben sich als Lösungen der n-impulsgleichung. Unter den Annahmen einer gegenüber dem Krümmungsradius geringen Flußbreite n R 0 einer hydrostatischen Druckverteilung vernachlässigbarer horizontaler Schubspannungen τ ns τ nn τ ss 0 erhält man aus (10.1) die Gleichung der Sekundärströmungen dv dt = u2 R g z S n + ( ) v ν t z z (10.2) Diese Gleichung gibt die Änderung der Sekundärströmungsgeschwindigkeit entlang einer Bahnlinie an.

192 10.2. Analysen im Dreidimensionalen Seite Eine Kurvendurchströmung in Gleichungen Treten wir eine mathematische Reise durch eine Flußkurve an. Wir beginnen zunächst auf einer genügend langen geraden Strecke. Aus Symmetriegründen können wir davon ausgehen, daß alle Sekundärströmungen Null sind und die freie Oberfläche keine Neigung in Breitenrichtung besitzt. Da der Krümmungsradius einer Geraden unendlich ist, bildet sich auf geraden Strecken keine Sekundärströmung in Breitenrichtung aus: dv dt =0 Kommt die Strömung in den Bereich einer Kurve, wodurch der Krümmungsradius einen endlichen Wert annimmt, dann wirkt auf die Strömung zunächst eine Zentrifugalkraft dv dt = u2 R, wodurch die Sekundärströmung initiiert wird. Sie bildet ein vertikales Geschwindigkeitsprofil aus dv dt = u2 R + ( ) v ν t z z durch welches Wassermassen aus der Kurve herausgetragen werden und sich ein laterales Oberflächengefälle einstellt: dv dt = u2 R g z S n + ( ) v ν t z z Ist die Kurve lang genug, so stellt sich eine voll entwickelte Sekundärströmung 0= u2 R g z S n + ( ) v ν t z z ein. Die Zentrifugalbeschleunigung wird durch zwei miteinander konkurrierende Effekte ausgeglichen. Einerseits legt sich die freie Oberfläche (vergleichbar einem Motorrad) in die Kurve und andererseits dämpfen turbulent-viskose Kräfte die Zentrifugalbeschleunigung (vergleichbar dem elastischen Verhalten von Reifen und Radaufhängung am Auto). Nach dem Einlauf in die Zielgerade fällt der Zentrifugalbeschleunigungsterm weg: dv dt = g z S n + ( ) v ν t z z Die Sekundärströmungen werden nun durch den Gradienten in der freien Oberfläche und die turbulent-viskosen Kräfte vernichtet.

193 Seite Analysen im Dreidimensionalen Die Querneigung des Wasserspiegels Die Zentrifugalkraft bewirkt ein Ansteigen des Wasserspiegels am Außenufer und ein Absunk am Innenufer. Die Wasserspiegellinie hat dabei eine konkave Form, d.h. ihre Neigung ist innen größer als außen. Man kann sie durch Gleichsetzen des Oberflächenund des Zentrifugalterms abschätzen: g z S n = α u2 R (10.3) Dabei wurde der Sicherheit halber ein Korrekturkoeffizient α hinzugenommen, der die Wirkung aller vernachlässigten Terme kompensieren soll. Er liegt zwischen 0.75 und 1.0, wobei der zweite Wert nur für eine sehr glatte Sohle angenommen werden kann. Ein Kritikpunkt an dieser Näherungslösung besteht in der nicht vorhandenen Abhängigkeit von der Gewässerbreite. Die Formel liefert für einen Bach dieselbe Wasserspiegelauslenkung wie für ein kilometerbreites Urstromtal, obwohl die Zirkulationsstrukturen in beiden sehr unterschiedlich sind. Man könnte die Breite dadurch ins Spiel bringen, indem in der Differentialgleichungen der Sekundärströmungen den lateralen turbulenten Impulsaustausch ebenfalls berücksichtigt Die Quergeschwindigkeit an der Wasseroberfläche In Oberflächennähe läßt sich eine nach außen gerichtete Quergeschwindigkeit beobachteten. In Sohlnähe ist diese dagegen nach innen gerichtet, insgesamt findet über den Querschnitt also eine Zirkulation statt. Die Ursache dieser Sekundärströmung liegt in der unterschiedlich großen Zentrifugalkraft, die Wasserteilchen in Oberflächen- und Sohlnähe erfahren. Erstere bewegegen sich (z.b. in einem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil) schneller als letztere. Da die Zentrifugalkraft proportional zum Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit ist, ist die Tendenz der Ablenkung nach außen an der freien Oberfläche wesentlich größer als an der Sohle, wodurch sich oberflächennah eine nach außen gerichtete Sekundärströmung einstellt. Auch sohlnahe Wasserteilchen erfahren eine Zentrifugalbeschleunigung nach außen, hier überwiegt jedoch die aus Kontinuitätsgründen wirkende Zwangskraft, wodurch sich an der Sohle eine zum Krümmungszentrum orientierte Sekundärströmung einstellt. In der Literatur existieren vielfältige Versuche zur analytischen Lösung der Sekundärströmungen [64]. Im einfachsten Fall kann man einen linearen Ansatz der Form v(z) =v + v S ( 2z h 1 ) (10.4) wählen, wobei v den tiefengemittelten Anteil und v S die Sekundärströmung an der freien Oberfläche z = h angibt. Man beachte, daß die Sekundärströmung tiefengemittelt ver-

194 10.2. Analysen im Dreidimensionalen Seite 185 schwindet. Die Sohle liegt bei z B =0.Für die turbulente Viskosität kann der parabolische Ansatz ( ν t = κu z 1 z ) h gewählt werden. Damit bleibt die Gleichung dv dt = u2 R g z S n + 2κv ( Su 1 2 z ) h h zu lösen, wobei das lineare Sekundärströmungsprofil vollständig bekannt ist, wenn man die Sekundärströmung an der freien Oberfläche kennt. Das logarithmische Geschwindigkeitsprofil in Hauptströmungsrichtung wird in der Literatur zur Theorie der Mäander durch ein wesentlich leichter handhabbares Potenzgesetz der Form u(z) =u m +1 ( ) z 1/m (10.5) m h approximiert. Dabei ist u die tiefengemittelte Geschwindigkeit und m ist mit der Schubspannungsgeschwindigkeit u, dem Chezykoeffizienten C und dem Darcy-Weisbach- Reibungsbeiwert f über m = κ u = κc =1.131/ f (10.6) u g verbunden. Die Differentialgleichung der Sekundärströmungen an der freien Oberfläche wird nun zu dv S dt = u2 m 2 +2m +1 g z S R m 2 n 2κ2 uv S mh Zur analytischen Lösung der Gleichung setzen wir die transversale Neigung der freien Oberfläche aus der Zentrifugalbeschleunigung (10.3) ein: dv S dt = u2 2m +1 2κ2 uv S R m 2 mh Ist die Sekundärströmung voll entwickelt (dv S /dt = 0), dann ergibt sich ihre Geschwindigkeit an der freien Oberfläche als [64] v S = α uh (10.7) R wobei α als Sekundärströmungskoeffizient bezeichnet werden kann, der im wesentlichen eine Funktion der Sohlrauheit ist. Für das lineare Geschwindigkeitsprofil erhält man:

195 Seite Analysen im Dreidimensionalen Sekundärströmungskoeffizient α Autoren Wertebereich 2m +1 2κ 2 m Rozovskii [64] C K(C) Engelund [20] g 1 10 κ 3 1 κ 5 f Kikkawa et al. [40] ( ) 2 g 1 κ 2 κc Olesen [55] Tabelle 10.1: Der Sekundärströmungskoeffizient in der Literatur

196 10.2. Analysen im Dreidimensionalen Seite 187 2m +1 α = 2κ 2 m Der Sekundärströmungskoeffizient variiert in der Literatur in Abhängigkeit von den Annahmen über die Geschwindigkeitsprofile. Einen Überblick gibt Tabelle Da das Verhältnis von Wassertiefe h zu Krümmungsradius R recht klein ist, ist die Quergeschwindigkeit in der Regel etwa eine Zehnerpotenz kleiner als die Längsgeschwindigkeit. Die Größe der Quergeschwindigkeit ist im mittleren Teil eines breiten Gerinnes unabhängig von dessen Breite. In kanalartigen Gerinnen verringert sich ihr Betrag erst in einem verhältnismäßig schmalen Streifen auf einer Breite der ein- bis zweifachen Wassertiefe zum Rand hin Das Geschwindigkeitsprofil der Sekundärströmung Das lineare Geschwindigkeitsprofil (10.4) zeigt in Sohlrichtung keine Dämpfung der Strömungsgeschwindigkeit, wodurch es sich nicht zur Abschätzung der Sohlschubspannung verwenden läßt. Engelund hat 1974 ein realistischeres Profil für die Sekundärströmung veröffentlicht [20], dessen Grundideen wir uns nun zuwenden wollen. Er betrachtete die Gleichung der voll entwickelten Sekundärströmung: 0= u2 R g z S n + ν 2 v t z 2 wobei er eine über die Tiefe konstante mittlere Wirbelviskosität ν t =0.077u h angenommen hat, was sicherlich keine unerhebliche Vereinfachung ist. Zur Lösung der Gleichung verallgemeinerte er unsere über die Sekundärströmung gewonnenen Erkenntnisse: An der Wasseroberfläche ist sie proportional zur mittleren Geschwindigkeit u und zur Wassertiefe h und umgekehrt proportional zum Krümmungsradius R. Anstelle des Sekundärströmungskoeffizienten α setzen wir eine über die Wassertiefe variable Funktion f an, die noch zu bestimmen ist: v(z) = uh ( ) z R f h Die Hauptströmung wächst mit ihrem Tiefenmittelwert, ihr Geschwindigkeitsprofil wird hier aber nicht durch das logarithmische, sondern durch eine allgemeine Funktion φ modelliert, die noch zu spezifizieren ist: ( z u(z) =uφ h) Die Querneigung der freien Oberfläche wird durch die Gleichung (10.3) dargestellt, wodurch der Koeffizient α ins Spiel kommt.

197 Seite Analysen im Dreidimensionalen Setzt man diese drei Gleichungen in die erste Gleichung dieses Abschnittes ein, dann kommt man zu einer Bestimmungsgleichung für die Profilfunktion f 1 f = u ( α φ 2) ν t h Diese gewöhnliche Differentialgleichung läßt sich lösen, sobald man eine Profilfunktion φ für die Hauptströmung angesetzt hat. Die Logarithmische ist mit einem erheblichen Integrationsaufwand verbunden 2, daher hat Engelund das einfache quadratische Geschwindigkeitsprofil φ(z) =1 6.5 u u ( 1 z ) 2 h verwendet, welches man bei Normalabfluß unter Annahme einer über die Tiefe konstanten Wirbelviskosität (die ihrem Tiefenmittelwert entspricht) herleiten kann. Zur eindeutigen Lösung der Differentialgleichung zweiter Ordnung sind zwei weitere Bedingungen zu stellen, Engelund nimmt an, daß der Gradient der Geschwindigkeit an der freien Oberfläche Null wird und daß der Tiefenmittelwert verschwindet. Er erhält dann die kaskadenartig zu berechnende Lösungsfunktion: β = 6.5 C g +6.5 v(z) = α = 1 β β2 1 7 β β K = 1 6 (1 α ) 1 30 β β2 [ C uh 1 g R 2 z 2 (α 1) βz 4 1 ] 30 β2 z 6 + K mit z =1 z/h und dem Chezykoeffizienten C. Für z = h wird der Sekundärströmungskoeffizient α zu α = C K.Erschwanktfür g den Wertebereich des Chezykoeffizienten C zwischen 2.0 und 5.0. Ferner können wir nun die Abschätzung für den Koeffizienten α der Oberflächenneigung verifizieren. Der Verlauf der Funktion ist in Abbildung 10.3 dargestellt. Obwohl die Funktion ein Polynom sechster Ordnung ist, ist sie an der Sohle nicht in der Lage, genügend nahe gegen Null zu konvergieren, ist aber ohne Zweifel eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem linearen Profil der Sekundärströmung. 1 In der Originalarbeit ist an dieser Stelle ein Druckfehler, die Wassertiefe gehört in den Nenner. 2 sollte sich aber mit der Hilfe mathematischer Software wie Mathematica oder Derive bewerkstelligen lassen

198 M = JA H@ A F D J D Analysen im Dreidimensionalen Seite 189 ' +! I & + & I % $ # "!!! 5 = HO B M L A? EJO F H BE A I Abbildung 10.3: Das Profil der Sekundärströmung nach Engelund (1974) für R = 1000 m, u = 1 m/s und h =10m Die Neuverteilung der Hauptströmung Die Krümmung des Gerinnes bringt eine Neuverteilung der Längsgeschwindigkeit über den Querschnitt mit sich, die sich kontinuierlich über die Länge der Krümmung ändert. Während sie in einem geraden Gerinne eine Verteilung mit dem Geschwindigkeitsmaximum in Strömungsmitte hat, wandert die maximale Längsgeschwindigkeit am Anfang der Kurve zum inneren Rand und von dort am Ende der Kurve zum äußeren Rand und von der Oberfläche in Bodennähe. Durch die Querneigung des Wasserspiegels am Anfang der Kurve verschiebt sich die maximale Geschwindigkeit von der Mitte zum inneren Rand. Denn bei höheren Wasserspiegel muß die Geschwindigkeit sinken, damit die Kontinuitätsbedingung eingehalten wird. Entsprechend steigt die Geschwindigkeit am inneren Rand, wo der Wasserspiegel niedriger ist. In der Krümmung verschiebt sich das Maximum langsam von dem inneren zum äußeren Rand, da hier der Austausch von Momenten zwischen horizontalen Strömungen aufgrund der sich voll entwickelten Sekundärströmung dominiert. Am Ende der Krümmung verschiebt sich das Maximum der Geschwindigkeit noch näher an den äußeren Rand, da hier der Wasserspiegel nichtmehrgeneigtistundsomitdieser Einfluß verschwindet. Aber auch die Zentrifugalkraft läßt nach, auf der folgenden geraden Strecke wandert das Maximum langsam wieder in die Mitte. Die Länge hinter der Kurve, die benötigt wird, um eine normale Verteilung der Längsgeschwindigkeit entstehen zu lassen, ist von der Intensität der Sekundärströmung und von der Reibung abhängig. Nach dem Waterloopkundig Laboratorium Delft, 1997, [73] hält sich dabei das veränderte

199 Seite Analysen im Dreidimensionalen Geschwindigkeitsprofil wesentlich länger als die Querzirkulation selber. Auch die Verteilung der Längsgeschwindigkeit über die Tiefe ändert sich. Annähernde analytische Gleichungen von Rozovskii, 1957, weisen auf eine Angleichung der Geschwindigkeiten über die Tiefe hin. Auch in von Meckel, 1978, [49] durchgeführten Versuchen wandert das Maximum der Längsgeschwindigkeit voninnen nach außenund von der Nähe der Wasseroberfläche in den bodennahen Bereich. Daher kann innerhalb der Kurve auch nicht von einer logarithmischen Vertikalverteilung der Längsgeschwindigkeit ausgegangen werden, wie sie bei Kanalstrecken üblich ist. Es kommt zu einer komplexen räumlichen Strömung, bei der sich außer der Sekundärströmung auch die Hauptströmung als innere Kernströmung schraubenförmig durch die Krümmung bewegt [43]. Um die Neuverteilung der Hauptströmung zu analysieren, müssen wir die erste der Reynoldsgleichungen in Kurvenkoordinaten (10.1) lösen. Dies ist natürlich nur unter erheblichen Vereinfachungen möglich. Dazu nehmen wir an, daß die Strömung stationär ist, die Kurve so lang ist, daß die Ableitungen in Hauptströmungsrichtung wegfallen, alle vertikalen Geschwindigkeiten und alle inneren Spannungen vernachlässigt werden können. Es bleibt: v u n + uv R ( ) =0 1+ n R Nach Division durch v können wir diese Gleichung einfach mit der Methode der Trennung der Variablen lösen: u(n) =u i R + n i R + n Darin n i die Lage des Innenrandes und u i die dortige Hauptströmungsgeschwindigkeit. Diese nimmt dort ihren größten Wert an und fällt dann umgekehrt proportional zum Radialkoordinate n ab. Der Effekt ist umso größer, desto kleiner der Krümmungsradius ist. Selbstverständlich bildet sich an beiden Rändern noch ein Grenzschichtprofil aus, welches wir durch unsere vereinfachte Lösung nicht gewonnen haben, weil die innere Reibungskomponente τ sn vernachlässigt wurde Energieverlust durch Sekundärströmungen In einem Strömungsfeld mit sekundären Zirkulationen sind mehr Geschwindigkeitsgradienten vorhanden als in einer reinen Parallelströmung. Hierdurch erhöht sich die Produktion turbulenter kinetischer Energie P k. Betrachten wir in einer Kurvenströmung nur die wesentlichen Gradienten der vertikalen Ableitung der Primär- und der Sekundärströmung. Für die TKE-Produktion Pk sek der Sekundärströmung gilt dann:

200 10.2. Analysen im Dreidimensionalen Seite 191 P sek k = ν t ( v z ) 2 ( ) 2 ( 2vS = ν t = κu z 1 z h h )( ) 2 2vS h wenn man die logarithmische Geschwindigkeitsverteilung und das parabolische Wirbelviskositätsprofil einsetzt. Der über die Tiefe gemittelte Wert ist ( ) 2 ( ) Pk sek 2vS u 2 = ν t =4α 2 ν t h R Der Gesamtturbulenzproduktion besteht aus der Summe von Sekundär- und Primärströmungsanteilen, wobei letztere überwiegen und durch P kv abgeschätzt werden können. Somit gilt näherungsweise: P sek k P ges k = P k sek P kv =4α 2 κ 2 ν t u u 2 Wir hatten in Kapitel 8 feststellen müssen, daß die quantitative Bestimmung der tiefenintegrierten turbulenten Viskosität mit großen quantitativen Unsicherheiten verbunden ist. Diese schleichen sich auch nun in die Bestimmung des Anteils der Sekundärströmung an der Turbulenzproduktion mit ein. Gehen wir davon aus, daß die tiefenintegrierte Wirbelviskosität in der Form ν t = βu h dargestellt werden kann, dann ergibt sich: P sek k P ges k h R 2 =4α 2 βκ 2 u u ( h R ) 2 =4α 2 βκ 2 C g Der Anteil der Sekundärströmungen an der Turbulenzproduktion und damit auch an der Energiedissipation nimmt also mit dem Quadrat des Verhältnisses aus Wassertiefe zu Krümmungsradius zu. Weitere quantitative Aussagen sind allerdings schwierig, da der Koeffizient β zwischen 0.07 und 6 und α zwischen 1 und 11 schwankt. Chang [10] hat für diese Verhältnis die Beziehung P sek k P ges k ( h R ( m 2 )( ) m h = (10.8) 0.639m R hergeleitet. Da m umgekehrt proportional zur Sohlrauheit ist, wird der Energieverlust durch Sekundärströmungen mit zunehmender Sohlrauheit kleiner. Das Energieverlustverhältnis ergibt z.b. P sek k P ges k P sek k P ges k ( ) 2 h für C =80m 1/2 /s R ( ) 2 h für C =30m 1/2 /s. R Diese Zusammenhänge sind in Abbildung 10.4 graphisch dargestellt. Die Sekundärströmungen sind als Energiedissipationsmechanismus also umso wichtiger, desto glatter die Sohle ist. ) 2

201 Seite Analysen im Dreidimensionalen Anteil in % (h/r) P sek k P ges k P sek k P ges k für C =80m 1/2 /s für C =30m 1/2 /s Abbildung 10.4: Verhältnis von Energieverlust durch Sekundärströmungen zu Gesamtenergieverlust in Kurven

202 10.3. Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Seite D-Simulation in kartesischen Koordinaten Grundsätzlich sind dreidimensionale Modelle in kartesischen Koordinaten in der Lage, Sekundärströmungen in Kurven richtig zu erfassen. Viel schwieriger ist die Identifikation der Sekundärströmungen bei natürlichen Systemen in den Ergebnissen, da die Hauptströmungsrichtung nicht bekannt ist. Abbildung 10.5 zeigt hierzu ein Beispiel. Dargestellt sind entlang des Blexer Bogens der Weser auf mehreren Querschnitten die mittleren Ebbestromgeschwindigkeitskomponenten in der Schnittebene. Liegt diese tatsächlich senkrecht zur Hauptströmungsrichtung, dann sollte die Integration der Parallelkomponente im Querschnitt Null sein, da die Sekundärströmung über den Querschnitt nicht mit einem Nettotransport verbunden ist. Dies ist offensichtlich an keinem Querschnitt der Fall. Es zeigen sich aber an Weser-km 65 eine deutliche bodennahe Sekundärströmung, die auch bei Flut in Richtung Westen zeigt. Gleiches gilt für Weser-km 61, wobei der Innenradius hier Richtung Osten liegt Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Obwohl die spiralförmigen Sekundärströmungen in Kurven echt dreidimensional sind, wollen wir studieren, wie sie sich tiefengemittelt simulieren lassen. Dazu muß zunächst sichergestellt werden, daß die hydrostatische Druckapproximation auch in Kurven gültig bleibt. Dies hat Rozovskii [64] für den Fall bestätigt, daß das Verhältnis von Wassertiefe zu Krümmungsradius klein ist. Dann benötigen wir die tiefenintegrierten Grundgleichungen in Kurvenkoordinaten. Hier gibt es entweder die Möglichkeit, die dreidimensionalen Gleichungen in Kurvenkoordinaten über die Tiefe zu integrieren oder die tiefenintegrierten Gleichungen von kartesischen in Kurvenkoordinaten zu transformieren. Der zweite Weg führt sicherlich schneller zum Ziel. Danach werden wir die Dispersionskoeffizienten für Kurvenströmungen analysieren und uns wieder den kartesischen Koordinatensystemen zuwenden Die tiefengemittelten Gleichungen Unter der Annahme einer hydrostatischen Druckverteilung, Erweiterung der Impulsgleichungen mit der Kontinuitätsgleichung zur Divergenzform und daß sich die viskosen Spannungen über die Tiefe nicht ändern, ergeben sich die tiefengemittelten Impulsgleichungen und die Kontinuitätsgleichung zu

203 Seite Tiefengemittelte Simulation von Kurvenstro mungen Km 65 mnn Km 64 mnn Km 63 mnn Km 62 mnn Km 61 mnn Legende mit. Ebbestromgeschwindigkeit (Mit) m/s Km Ueberhoehung :.5 500m 20.0-fach Abbildung 10.5: Parallele Ebbestromgeschwindigkeitskomponenten in Querprofilen des Blexer Bogens in der Weser bei Bremerhaven

204 10.3. Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Seite 195 uh t + 1 u 2 h 1+ n s + uvh n + 2uvh R R ( 1+ n R ) = gh ( ) z S 1+ n s τ B s ϱ + τ Wind s ϱ R + 1 ( ) h 1+ n s ϱ D ss + ( ) h n ϱ D sn + 2D snh R ϱr ( ) 1+ n R vh t + 1 uvh 1+ n s + v2 h n + (v2 u 2 )h R R ( ) = gh z S 1+ n n τ B n ϱ R + τ Wind n ϱ (10.9) n R ( ) h s ϱ D ns + ( ) h n ϱ D nn h t + 1 uh 1+ n s + vh n + R + (D nn D ss )h ϱr ( ) 1+ n R vh R ( 1+ n R ) =0 Ziehen wir aus beiden Gleichung die tiefengemittelte Kontinuitätsgleichung und nehmen an, daß die Breite des Flusses klein gegenüber dem Krümmungsradius ist, so ergibt sich das vereinfachte Gleichungssystem: + 1 h s ( ) hdss ϱ u t + u u s + v u n + uv R = g z S s + 1 h n ( ) hdsn ϱ + 2D sn ϱr τ B s ϱh + τ Wind s ϱh + 1 h s ( ) hdns ϱ v t + u v s + v v n u2 R = g z S n + 1 h n ( ) hdnn ϱ + D nn D ss ϱr τ B n ϱh + τ Wind n ϱh (10.10) h t + uh s + vh n + vh R =0 Mit diesen Gleichungen wurden von Dammuller et al. [14] 1989 ohne Berücksichtigung der dispersiven Spannungen das Fortschreiten von instationären Wellen durch Kurven modelliert. Die Ergebnisse zeigen eine verzögerte Ankunft der modellierten Welle gegenüber Messungen, woraus zu folgern ist, daß die dispersiven Terme nicht vernachlässigt werden können.

205 Seite Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Der Dispersionskoeffizient der Sekundärströmungen Die Dispersionskoeffizienten der Tiefenmittlung wirken in den Impulsgleichungen auf die Umverteilung der Geschwindigkeit in einer Kurve. Sie können dann bestimmt werden, wenn man Annahmen über die vertikalen Geschwindigkeitsprofile macht. Aus dem linearen Ansatz für das Geschwindigkeitsprofil der Sekundärströmungen und dem Potenzgesetz für die Hauptströmung ergeben sich die Dispersionskoeffizienten als: v v = 1 3 v2 s = 1 3 α2 u2 h 2 u u = u2 m 2 u v = 1 h 2κ 2 m R u2 In der Literatur findet man je nach Voraussetzungen an die Geschwindigkeitsprofile auch andere Darstellungen der Dispersionskoeffizienten. So korrigieren Lien et al. [45] das sehr unrealistische Geschwindigkeitsprofil für die Sekundärströmungen und kombinieren dieses aus dem logarithmischen Geschwindigkeitsprofil an der Sohle und nichtlinearen Korrekturen. Mit Hilfe der Dispersionsterme ist eine sehr genaue Simulation der tiefengemittelten Kurvenströmung möglich. R Simulation in kartesischen Koordinaten Die meisten HN-Modelle sind in kartesischen Koordinaten konzipiert, um eine breite Anwendbarkeit zu gewährleisten. Es stellt sich somit die Frage, ob man hier eine entsprechend gute Simulation der Kurvenströmung wie in kurvenangepaßten Koordinaten erreicht. Vielfach werden dabei die tiefenintegrierten Modellgleichungen ohne dispersive Korrekturen angewendet. Zur Modellierung der turbulenten Viskosität wurde dabei auch das k-ɛ-modell eingesetzt [75], [43]. Diese Modelle überschätzen in der Regel die Geschwindigkeit im Innenbogen und unterschätzen dieselbe im Außenbogen, was auf das Fehlen der Dispersion zurückzuführen ist. Will man die Dispersion der Tiefenmittlung berücksichtigen, so stößt man auf zwei Probleme. Zum einen sind die Komponenten des Dispersionstensors von der Hauptströmung abhängig, die in kartesischen Koordinaten nicht die u-komponente sein muß. Hier bietet es sich als Lösung an, die Strömungsrichtung mit der Hauptströmung zu identifizieren und den Dispersionstensor entsprechend zu drehen. Das größere Problem ist die Bestimmung des Krümmungsradius R in den Dispersionstermen. Dabei mag man daran denken, diesen aus der Rotation des Geschwindigkeitsfeldes

206 10.3. Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen Seite 197 H K 4 H H J K H H J K 4 Abbildung 10.6: Die Berechnung des Krümmungsradius aus der Rotation des Geschwindigkeitsfeldes liefert im allgemeinen auch dort Kurven, wo keine sind. zu berechnen [48], denn es gilt u =1/2 rot ur. Hiermit erfaßt man aber jede beliebige Rotation des Geschwindigkeitsfeldes, also nicht nur die, die durch Kurven erzeugt werden (Abbildung 10.6). Eine andere Möglichkeit könnte die Neigung der freien Oberfläche zur Bestimmung des Krümmungsradius bieten. Hierzu liegen allerdings noch keine Untersuchungen vor. Einen Weg, die Abhängigkeit der Dispersionsterme von dem Krümmungsradius vermeiden, bieten die moment-of-momentum-equations bzw. Impulsmomentengleichungen von Jin und Steffler (1993) [33]. Hier werden zwei weitere Differentialgleichungen zur Berechnung des Dispersionstensors gelöst, man kann diesen Ansatz also als Zweigleichungsdispersionsmodell bezeichnen. Ausgegangen wird von den in kartesischen Koordinaten gekoppelten Primär- und Sekundärströmungsprofilen u(z) =u m +1 m v(z) =v m +1 m ( z h ) 1/m + us ( 2z h 1 ) ( z h) 1/m + vs ( 2z h 1 ) wobei u S und v S die Sekundärströmungsanteile an der freien Oberfläche bezeichnen, für die das tiefenintegrierte Modell blind ist. Bildet man hieraus die Ausdrücke zu, zv, u u, u v und v v, dann kann man aus ihnen folgende Formeln für die Sekundärströmungen und die Dispersionsterme gewinnen: u S = 6zu h 3u 2m +1

207 Seite Tiefengemittelte Simulation von Kurvenströmungen v S = 6zv h 3v 2m +1 u u h = u 2 hi h 3 ( zu h ) 2 u v h = uvhi h 3 zu hzv h v v h = v 2 hi h 3 ( zv h ) 2 I 0 = m 2 4m +1 m(m + 2)(2m +1) 2 Diese enthalten als Unbekannte nur noch die Impulsmomente zu und zv,für die Jin und Steffler eigene Differentialgleichungen durch die Multiplikation der stationären Grundgleichungen mit z und darauffolgender Tiefenintegration herleiten. Die Anwendung dieses Modellverfahrens verbessert vor allem den lateralen Impulsaustausch in Kurven Modellierung der sekundären Sohlschubspannung Da die tiefenintegrierte Modellierung blind für die Sekundärströmungen ist, bleibt deren Einfluß auf die Sohlschubspannung bisher ebenfalls unberücksichtigt. Dies wollen wir in Anbetracht ihrer wichtigen morphologischen Konsequenzen nun ändern. Engelund [20] hat hierzu die vertikalen Geschwindigkeitsgradienten aus dem Primär- und Sekundärströmungsprofil ausgewertet und kommt für die Sohlschubspannung auf eine Abweichung δ Grad von der Hauptströmung, wobei tan δ =7 h R ist. Somit bestimmt sich die Sohlschubspannung in Sekundärströmungsrichtung betragsmäßig als: τ n =7 h R τ s Diese Gleichung läßt sich in der tiefenintegrierten Simulation aber wieder nicht direkt anwenden, weil der Krümmungsradius in der Fläche nicht eindeutig definiert ist. Eine Lösung dieses Problems deutet sich dann an, wenn man ein beliebiges Gesetz für die Sohlschubspannung der Hauptströmung explizit einsetzt, wir entscheiden uns für das Taylorgesetz: τ s = rϱu 2 τ n =7rϱh u2 R Den hinteren Bruch kennen wir aus der Formel für die Neigung der freien Oberfläche in Kurven, mit ihr können wir den ungeliebten Krümmungsradius eliminieren:

208 10.4. Zusammenfassung Seite 199 τ n = 7r α ϱgh z S n Wir wollen dieses Gesetz in kartesische Koordinaten transformieren. Dazu schreiben wir die Gleichung in der zunächst komplizierteren, aber identischen Form: τ n = 7r α ϱgh (grad z S n) n Vom Normaleneinheitsvektor n in Richtung der Sekundärströmung wissen wir nur, daß er senkrecht zur Hauptströmung, also zur tiefenintegrierten Strömung liegt. Er ist somit 1 n = ± v u2 + v 2 u Egal mit welchem Vorzeichen man den Einheitsvektor in die vorletzte Gleichung einsetzt, es kommt immer τ sec = 8rϱgh ( u z s u 2 + v 2 y v z ) s v x u (10.11) heraus. Dabei wurde der Koeffizient der Oberflächenneigung als α =0.85 angenommen. Dieser Vektor ist in tiefenintegrierten Modellen der durch die mittlere Strömung induzierten Sohlschubspannung hinzuzuaddieren. Abbildung 10.7 zeigt die Anwendung dieses Verfahrens in einem tiefengemittelten Modell der Unterweser. Es zeigt sich, daß der Einfluß der Sekundärströmungen auf die Sohlschubspannungen hier nur äußerst gering ist. Bei einer zehnfachen Überhöhung des Effektes sieht man die Ablenkung der Sohlschubspannung in den Innenradius der beiden Kurven deutlicher Zusammenfassung Naturnahe Fließgewässer bevorzugen oftmals einen kurvigen Verlauf. Die hydrodynamische Wirkung einer Kurve besteht in einer erhöhten Dissipation kinetischer Energie, wodurch es zu einer geringeren Belastung der Sohle und zu erhöhter morphodynamischer Stabilität kommt. Mäander sind somit das Ergebnis eines evolutionären Prozesses, da sie als Form einfach langlebiger als der gerade Verlauf sind. Im Rahmen der analytischen Hydrodynamik wurden einige Abschätzungen für die sich ausbildenden Sekundärströmungen entwickelt, die Übertragung dieser Ergebnisse auf naturnahe Systeme ist allerdings mit quantitativen Unsicherheiten verbunden.

209 Seite Zusammenfassung Topographie mnn Bodenschubspannung N/m** km Jade-Weser - Bodenschubspannung Zeitpunkt: :00 Projektkonsortium "Jade-Port" HN-Verfahren TRIM-2D developed by Casulli & Cheng Programm HVIEW2D Topographie mnn Bodenschubspannung N/m** km Jade-Weser - Bodenschubspannung Zeitpunkt: :00 Projektkonsortium "Jade-Port" HN-Verfahren TRIM-2D developed by Casulli & Cheng Programm HVIEW2D Abbildung 10.7: Die Sohlschubspannung im Blexer Bogen der Weser, oben: Berechnung ohne, unten: Berechnung mit 10fach überhöhtem Effekt der Sekundärströmung auf die Schubspannung.

210 10.4. Zusammenfassung Seite 201 Die spiralförmige Bewegung der Wassermassen durch eine Kurve stellt für die dreidimensionale reynoldsgemittelte Simulation prinzipiell kein Problem dar. Schwierig ist die tiefenintegrierte Simulation von Kurvenströmungen, da die Sekundärströmungen tiefenintegriert unsichtbar sind, jedoch einen merklichen Einfluß durch den Effekt der Dispersion auf die Verteilung der Hauptströmung haben. Eine gute Simulation darf hier die Modellierung der Dispersion nicht aussparen. Am einfachsten ist dies in kurvenangepaßten Koordinaten. In kartesischen Koordinaten hängt der Dispersionstensor vom Krümmungsradius ab, dessen Bestimmung nicht trivial ist. Die Impulsmomentengleichungen sind ein Zweigleichungsmodell für die Dispersion, bei denen man mit entsprechendem Mehraufwand die Kenntnis des Krümmungsradius umgeht. Ferner wurde in diesem Kapitel ein neues Verfahren zur Bestimmung des Einflusses von Sekundärströmungen in Kurven auf die Sohlschubspannung in tiefengemittelten Modellen vorgestellt.

211 Seite Zusammenfassung

212 Kapitel 11 Eindimensionale Fließgewässermodelle In geographischen Karten werden Fließgewässer unter einer vom Maßstab abhängigen Breite durch eine blaue Linie, d.h. durch ein eindimensionales Gebilde abstrahiert. Viele Fragestellungen zu Fließgewässern benötigen tatsächlich nur Antworten in Abhängigkeit von der Flußkilometrierung also eindimensionale Ergebnisse. Das wichtigste Beispiel ist wieder der Wasserstand, der über den Querschnitt nur geringe Variationen aufweist. Daher kommt der Entwicklung von querschnittsgemittelten eindimensionalen HN- Modellen eine erhebliche praktische Bedeutung zu, da sie zudem mit dem geringsten Rechenaufwand verbunden sind. Diese Modelle sind heute in vielen Ingenieurbüros und zunehmend auch in Umwelt- und Wasserwirtschaftsbehörden Stand der Technik. Eindimensionalen Modellen besitzen allerdings auch einen erheblichen Nachteil, denn sie sind mit dem größten Schließungsaufwand verbunden. In ihnen müssen nicht nur die Wirkung der Turbulenz, der vertikalen Dispersion und der Sohlschubspannung, sondern auch die laterale Dispersion und der Einfluß von Sekundärströmungen modelliert werden. In diesem Sinne stellt die Anwendung eindimensionaler Modelle die höchsten Anforderungen an die Fachkenntnis des Modellierers. Zu seiner Erleichterung kondensieren in einem eindimensionalen Modell aber alle diese Prozesse zu einem einzigen Parameter, dem Energieliniengefälle, so daß eine gute Simulation oftmals auch dann gelingt, wenn die Einzelprozesse nicht richtig bzw. detailliert modelliert werden. Wir beschreiben zuerst die Bewegung der Uferlinien mit den Methoden der Differentialgeometrie. Dies versetzt uns in die Lage, die tiefenintegrierten Gleichungen noch einmal über die Breite zu integrieren. Die so gewonnenen Gleichungen von Saint-Venant benötigen als empirischen Input nur noch das Energieliniengefälle. Dieses kann man entweder mit altbewährten Ansätzen der Hydraulik oder durch Downscaling bestimmen. Der folgende Abschnitt ist der eindimensionalen Transportgleichung und der Dispersion gewidmet. Geschlossen werden soll dieses Kapitel mit einer kurzen Betrachtung des 203

213 Seite Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant stationären Abflusses Die Bewegung der Uferlinie Bei instationärem Abfluß sind die Uferlinien B l auf der linken und B r auf der rechten Seite der Flußachse nicht fixiert, sondern Funktionen der Hauptstromrichtungskoordinate s und der Zeit t. Daher wählen wir die räumliche Parametrisierung s s B r (s, t) um die Uferlinie B r als Kurve mathematisch zu erfassen. Der Leser bestätigt leicht, daß der Normaleneinheitsvektor 1 n r = ) 2 1+( Br (s, t) s B r s 1 ist. Die Undurchdringlichkeitsbedingung eines beweglichen Randes besagt db r dt = v r bzw. B r t + u r B r s = v r (11.1) und eine entsprechende Bedingung erhält man auch am linken Rand Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant Um eine eindimensionale Formulierung der Hydrodynamik in Flüssen zu erhalten, integrieren wir die tiefengemittelten Gleichungen über die Breite. Wir führen also die Größen ein. Bf = B r B l fdn (11.2)

214 11.2. Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant Seite Die Mittlung der Kontinuitätsgleichung Wir starten mit der tiefenintegrierten Kontinuitätsgleichung für Gewässer mit kleinem Verhältnis von Breite zu Krümmungsradius, so wie sie in den Gleichungen (10.10) enthalten ist. Die über die Gewässerbreite integrierte Gleichung lautet dann B r B l h t dn + B r B l uh s dn + B r B l vh n dn + B r B l vh dn =0 R Die Anwendung von Leibnizregel und der kinematischen Randbedingungen an den Ufern ergibt: Darin sind A t + Q s s + Q n R =0 A = B r B l hdn der benetzte Fließquerschnitt, Q s = B r B l uhdn der Durchfluß in der Hauptachsenrichtung n und Q n = B r B l vhdn der Durchfluß senkrecht zur Hauptachse n. Soll die Berechnung der Strömung auf ein eindimensionales Problem reduziert werden, dürfen keine Strömungen senkrecht zur Hauptachse zugelassen werden. Diese können aber laut unserer Ableitung prinzipiell noch vorhanden sein. Um aus dem noch vektoriellen Durchfluß ein Skalar zu machen, müssen wir die Flußachse so wählen, daß sie immer parallel zum Vektor (Q s,q n ) ausgerichtet ist. Auf dieser durch die Strömung definierten Flußachse gibt es dann keine querschnittsgemittelten Querströmungen. Den auf sie bezogenen Durchfluß durch zu ihr senkrecht liegende Querschnitte wollen wir nun mit dem Symbol Q bezeichnen. Verwenden wir diese Achse als neue Koordinate n, dann ist die Kontinuitätsgleichung auf ihr durch A t + Q s =0

215 Seite Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant gegeben. In der Praxis verwendet man eine amtlich festgelegte, zumeist geometrisch bestimmte Achse als Flußachse und Hauptkoordinate. Deren Länge muß nicht notwendig mit der der hydraulischen Flußachse übereinstimmen. Dies kann eine wesentliche Fehlerquelle eindimensionaler Betrachtungen sein Die Mittlung der Impulsgleichungen Die wichtigste Voraussetzung für die Breitenmittlung ist die Annahme, daß die tiefengemittelten Transversalgeschwindigkeiten v Null sind. Dazu muß, wie soeben dargelegt, die Koordinatenachse n entsprechend der Hauptströmungsrichtung ausgerichtet werden. Desweiteren sei der Einfluß des Windes vernachlässigt. Von der Impulsgleichung in Breitenrichtung bleibt nur noch die gewöhnliche Differentialgleichung für die Neigung der freien Oberfläche in einer Kurve: u 2 R = g z S n Von der longitudinalen Impulsgleichung bleibt für v = 0 nur noch: uh t + u2 h s = gh z S s + s ( ) hdnn ϱ + n ( ) hdsn ϱ + 2D snh ϱr τ B ϱ Die Integration über die Breite sei termweise durchgeführt. Die linke Seite wird: = t B r B l uhdn + s B r B l B r B l uh t dn + B r B l u2 h s dn u 2 hdn + uh l B l t + u2 h l B l s uh r = t B r uhdn + s B r u 2 hdn B r t u 2 h r B r s B l = t uhb + s u2 hb = t uhb + s uuhb + s u (uh) B B l Dabei fallen die Randterme in der zweiten Zeile alle weg, wenn man dort die Stokes sche Wandhaftbedingung annimmt. Die Dispersionsterme werden:

216 11.2. Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant Seite 207 = s B r ( hdss B l B r s ( ) hdss B r n ( ) hdsn dn + dn ϱ ϱ B l B l ) dn + h D ss B l ϱ ϱ l s h D ss B r ϱ r s + hd sn h D sn ϱ r ϱ ( ) 2 ( ) Bl h 1+ s ϱ (D n 2 Br h s) n l 1+ s ϱ (D n s) n r = ( ) u Bhν s s + hτ 2 l Bl 1+ + h τ ( ) 2 r Br 1+ ϱ s ϱ s = s BhD ss ϱ + In der letzten Zeile wurden die Dispersionseffekte am linken und rechten Ufer zu entsprechenden Schubspannungen zusammengezogen. Das Integral des Oberflächenterms ist: B r B l gh z S s dn = ga z S s Insgesamt ergibt sich für die Integration über die Breite: l uhb t + uuhb s = ghb z S s gai E mit dem Reibungsterm gai E }{{} Energieliniengefälle = s BhD ss ϱ }{{} Molekulare Viskosität Turbulente Viskosität Tiefenintegrierte Dispersion s u (uh) B }{{} Laterale Dispersion + h τ ( ) 2 l Bl 1+ + h τ ( ) 2 r Br 1+ ϱ s ϱ s }{{} Reibung von Uferwänden + B r 2νh u R n dn B l }{{} Sekundärströmungen + B r B l τ B ϱ dn }{{} Sohlreibung

217 Seite Die 1D-Gleichungen von Saint-Venant Dabei ist h die über die Breite gemittelte Wassertiefe, sie kann erheblich von der Hauptrinnentiefe abweichen. Unter Einführung des Volumenstroms Q = uhb ergibt sich die bekannte Normalform der eindimensionalen Gleichungen Q t + uq s A t + Q s =0 = ga z S s gai E (11.3) Schließlich wollen wir die Saint-Venantschen Gleichungen auf die Abhängigen h und u umschreiben. Die Fließquerschnitte A seien als Funktion der Wassertiefe h bekannt. Mit Hilfe von Ketten- und Produktregel erhält die Kontinuitätsgleichung die Form ( h t + u h s ) A h = A u s Addiert man auf beiden Seiten den Term h u A A und teilt durch, so folgt die Form s h h h t + u h s + h u s = u ( ) 1 A h A s h Aus der Impulsgleichung wird die Kontinuitätsgleichung herausgezogen, sie wird durch die Querschnittsfläche A geteilt und z S durch h + z B ersetzt. Damit erhält man die nach Saint-Venant benannten Gleichungen: h t + u h s + h u s = u s h A ( ) 1 A h u t + u u s + g h s = g z B s gi E Die Q,A-Form ist der u,h-form vorzuziehen, da deren Variablen echte eindimensionale Größen sind, während u und h Verteilungen über Breite (und Tiefe) aufweisen Das Energieliniengefälle Das Energieliniengefälle sollte dabei nach dem Gesetz von Darcy-Weisbach I E = h V l = λ d Hy Q 2 2gA 2 berechnet werden, wobei der dimensionslose Beiwert λ nach der Formel von Colebrook- White (??) aus der Grenzschichttheorie berechnet wird.

218 11.4. Das laterale Geschwindigkeitsprofil Seite Downscaling Kennt man den Chezywert eines Gerinnes aus einem tiefenintegrierten Modell, so kann unter der Annahme, daß das Energieliniengefälle hauptsächlich aus der Bodenreibung resultiert B r g C2D 2 B l u 2 dn = ga Q 2 ( kst Ar 2/3 Hy die Geschwindigkeit über die Breite konstant ist und die Querschnittsfläche A = Br Hy ist, der Manning-Strickler-Wert abgeschätzt werden als: C 2D = k Str r 1/6 Hy Hierdurch ist ein Downscaling von einem zweidimensionalen auf ein eindimensionales Modell möglich. ) Das laterale Geschwindigkeitsprofil Ein Downscaling von einem höherdimensionalen zu einem niederdimensionalen Modell ist wegen der höheren Informationdichte prinzipiell immer möglich. Ein Upscaling ist in manchen Situationen aber auch möglich und im Rahmen der eindimensionalen Modellierung recht weit fortgeschritten. Als Beispiel sei hier die Bestimmung des lateralen Hauptstömungsprofils aus eindimensionalen Modellergebnissen genannt. Zur Bestimmung des lateralen Geschwindigkeitsprofils in einem Fließgewässer verwenden wir die tiefengemittelte Impulsgleichung, wobei wir nur die Bilanz zwischen Oberflächenneigung, Reibungsterm und lateralem turbulenten Impulsaustausch berücksichtigen: g z S x = 1 ( ) u hν t 1 h y y h κ 2 ( ln 12h k s ) 2 u u Diese Gleichung läßt sich nicht mehr analytisch lösen. Ihre numerische Lösung ist jedoch recht einfach, wenn man sie auf die sogenannte Fixpunktform u = 1 κ 12h ln gh z S k s x + y ( ) u hν t y bringt. Man setzt dann auf der rechten Seite die über den Querschnitt gemittelte Geschwindigkeit ein und erhält so auf der linken Seite eine Verteilung der Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom Wassertiefenprofil des Querschnittes. Mit einer zweiten Iteration kann man die so erhaltene Lösung noch mit dem turbulenten Impulsaustausch verbessern.

219 Seite Eindimensionale stationäre Spiegellinienmodelle 11.5 Eindimensionale stationäre Spiegellinienmodelle Durch lokale Änderungen der Gerinnebreite oder der Sohlneigung, aber auch durch dadurch induzierte Fließwechsel kann der Abfluss zwar immer noch stationär sein, er ist aber nicht mehr gleichförmig, sondern weist Änderungen der Strömungseigenschaften in der Strömungsrichtung auf. Mit der Kontinuitäts- und der Bernoulligleichung sind wir zwar in der Lage, die relevanten Strömungsgrößen zwischen zwei Orten zu berechnen, die kontinuierliche, allmähliche Veränderung derselben kennen wir aber nicht. Hierzu müssen wir das bisher Gelernte verallgemeinern. Alle Strömungsgrößen sollen nun als kontinuierliche Funktionen der Fließgewässerlänge berechnet werden. Man bezeichnet solche Modelle als eindimensionale Modelle im Unterschied zu zweidimensionalen, in denen die Strömungsgrößen an jedem Punkt der durch das Fließgewässer eingenommenen Fläche berechnet werden. In dreidimensionalen Modellen berechnet man dann die Strömungsgrößen sogar noch in jeder Wassertiefe, man löst also noch die vertikale Koordinate auf. Da der Abfluss weiterhin stationär ist, sollte immer noch die Kontinuitätsbedingung Q = const Q s =0 gelten. Die Strömung in einem natürlichen Gerinne ist fast ausnahmslos turbulent. Um die Impulsgleichung für diesen Fall herzuleiten, starten wir wieder mit der stationären Reynoldsgleichung in Strömungsrichtung x, in der der Druckterm wieder hydrostatisch approximiert wird: u u x + v u y + w u z = g cos α z S x + 1 τ xx ϱ x + 1 τ xy ϱ y + 1 τ xz ϱ z g sin α Nimmt man an, daß die y- und z-geschwindigkeiten Null sind und vernachlässigt die Gradienten in Breitenrichtung (was dann richtig wäre, wenn das Gerinne sehr breit ist) sowie die änderung der Reynoldsspannungen in Strömungsrichtung, dann bekommt man: u u x = g cos α z S x + 1 τ xz ϱ z g sin α Im Grenzfall kleiner Neigungen wird der Kosinus eins und der Sinus Null. Der verbleibende Rest wird über die Vertikale zwischen der Sohle und der Wasseroberfläche integriert: hu u x = gh z S x 1 ϱ (τ B τ S ) Die Spannung an der freien Oberfläche ist die Windschubspannung, sie ist für schmale Gerinne vernachlässigbar. Die Sohlschubspannung kann man wie schon für die gleichförmige

220 11.5. Eindimensionale stationäre Spiegellinienmodelle Seite 211 Gerinneströmung gemacht, in das Energieliniengefälle umrechnen. Es bleibt als stationäre, aber ungleichförmige Impulsgleichung: u u s = g z S s gi E Dabei wurde die Strömungsrichtung nun mit der Koordinate s und nicht mit x bezeichnet. Damit soll eigentlich nur deutlich gemacht werden, daß der Gerinneverlauf nicht geradlinig, sondern gewunden sein kann. Diese mittlerweile sehr einfache Form der Impulsbilanz enthält immer noch den nichtlinearen Advektionsterm sowie die freie Oberfläche z S und die Geschwindigkeiten u als Lösungsfunktionen Die Gleichung der Spiegellinie Da die Strömung stationär sein soll, brauchen wir nur die Lage der freien Oberfläche z S zu kennen und können dann aus der Konstanz des Durchfluss Q sofort die Strömungsgeschwindigkeit u bestimmen. Aus der Kontinuitätsgleichung folgt für die räumliche Änderung der Geschwindigkeit und somit uhb = Q = const u s = u h h s u B B s u 2 h gh s + u2 B gb s = z S s + I E Mit der Froudezahl Fr = u/ gh und h = z S z B folgt die Gleichung der Spiegellinie bzw. ( z S s = 1 Fr 2 z B Fr 2 1 s + I E u2 gb ( h s = 1 zb Fr 2 1 s + I E u2 gb ) B s ) B s (11.4) Dieser Gleichung läßt sich dann lösen, wenn der Durchfluß Q, die Breite B(s), die geodätische Höhe z B (s) über den betrachteten Flußabschnitt und die Koordinate der freien Oberfläche z B bzw. die Wassertiefe h an einem Punkt gegeben sind. Die Spiegelliniengleichung liegt den ältesten numerischen Fließgewässermodellen zugrunde. Heute kann man sie sehr einfach mit Tabellenkalkulationsprogrammen lösen. Zunächst gibt man Q vor. In der ersten Spalte setzt man die Gewässerlängskoordinate s ein. In den folgenden Spalten werden die Gewässerbreite B, die Sohllage z B und die

221 Seite Eindimensionale stationäre Spiegellinienmodelle lokale äquivalente Rauheit k s als eingetragen. Dann wird in Abhängigkeit von Q die lokale Strömungsgeschwindigkeit u und die Froudezahl bestimmt. Die nächsten Spalten können der Bestimmung des Energieliniengefälles gewidmet sein. Man beginnt mit einer guten Anfangsnäherung für den Verlustbeiwert λ, etwadervon Barr (??) und verbessert diesen mit der Formel von Colebrook-White. Die Gradienten der der Sohle und der Breite werden durch zentrale Differenzen, der Wasserspiegelgradient durch ein Eulerverfahren. Es entsteht das Lösungsschema z Si+1 = z Si + s i+1 s i Fr 2 i 1 ( zbi+1 z B i 1 s i+1 s i 1 ) + I Ei u2 i B i+1 B i 1 gb i s i+1 s i 1 wobei mit dem Index i die Spalten der Tabelle gemeint sind Asymptotisches Verhalten der Geschwindigkeit Beim stationären Abfluß ist die Strömungsgeschwindigkeit sofort bekannt, wenn man den durchströmten Querschnitt und den Durchfluß kennt. Sie läßt sich aber auch unter der Annahme eines konstanten Gefälles der freien Oberfläche und einer an einem Ort bekannten Geschwindigkeit berechnen. Dazu schreiben wir das konstante Gefälle der freien Oberfläche als: g z S s = λ u2 2d Hy u ist zunächst keine wirkliche Strömungsgeschwindigkeit, da die aufgestellte Gleichung keine physikalische Gesetzmäßigkeit, sondern nur eine Definitionsgleichung ist. Sie stellt das Oberflächengefälle lediglich dimensionsmäßig in Beziehung zu einer Geschwindigkeit. Damit erhält man für die Impulsgleichung mit dem Energieliniengefälle nach Darcy- Weißbach 1 u 2 2 s = λ u2 λ u2 = 2d Hy 2d Hy λ 2d Hy ( u 2 u 2) Diese gewöhnliche Differentialgleichung in u 2 besitzt die Lösung u 2 = ( u(x 0 ) 2 ) u 2 e λ (x x d 0 ) Hy + u 2 Bei konstanten Oberflächengefälle wird jede Störung der Geschwindigkeit u(x 0 )exponentiell abgedämpft bis die Endgeschwindigkeit u erreicht ist.

222 11.6. Eindimensionale Transportmodelle Seite Eindimensionale Transportmodelle Die eindimensionale Transportgleichung läßt sich entweder durch die Tiefenmittlung der breitengemittelten Transportgleichung oder umgekehrt herleiten. Sie lautet: c t + u c x = 1 A ( x KA c x ) (11.5) Der einzige empirische Koeffizient in dieser Gleichung ist der sogenannte Dispersionskoeffizient K der Querschnittsmittlung. Der Effekt der Dispersion wurde zuerst von Sir Geoffrey Taylor 1953 in einem Artikel zur Ausbreitung von gelösten Stoffen in laminaren Rohrströmungen veröffentlicht und das Konzept ein Jahr später auch auf turbulente Strömungen ausgedehnt [23]. In der Folge kam es zu einer intensiveren Untersuchung der Dispersion vor allem deshalb, weil sie die sehr rasche Ausbreitung von gewässergüterelevanten Stoffen erklären konnte, die bisher weder im Rahmen der molekularen Diffusion noch durch Turbulenzeffekte nachvollzuziehen war. Unter der Dispersion verstand man dabei jegliche Tendenz einer gegebenen Verteilung, sich räumlich auszubreiten. [11]. Dies beinhaltet also auch die molekulare und turbulente Viskosität. Die in dieser computerarmen Zeit entwickelten Konzepte bezogen sich auf die über den gesamten Fließquerschnitt gemittelte Strömung, da hauptsächlich eindimensionale Betrachtungweisen angewendet wurden. Die wichtigsten halbtheoretischen und empirischen Formeln hierzu werden im folgenden (in Anlehnung an [?]) kurz aufgeführt. Unter den Annahmen eines logarithmischen Geschwindigkeitsprofils und der Gleichheit der vertikalen Dispersionskoeffizienten für den Impuls und für den Transport entwickelte Elder (1959) die Formel K =5.93hu Parker (1961) adaptierte Taylors Theorie der longitudinalen Dispersion (1954) für Rohre auf ein halbkreisförmiges Gerinne mit hydraulischem Radius R und erhält: K =14.28r 3/2 Hy 2gI E Hierin ist I E wieder das Energieliniengefälle. Fischer (1966, 1968) wertet das laterale Geschwindigkeitsprofil für Flüsse aus, deren Tiefe gegenüber der Breite groß ist und erhält den Integralausdruck B r K = 1 hu A B l y 0 1 y hu dydydy ɛ t h 0 wobei B l B r = B die Breite des Flusses und ɛ t der transversale turbulente Diffusionskoeffizient ist. Da dieser Ausdruck wegen der fehlenden Kenntnisse über die transversalen

223 Seite Eindimensionale Transportmodelle Verhältnisse in einem 1D-Modell nicht verwendbar ist, führte er Approximationen für diese ein und erhält (1975): K =0.011 u2 B 2 In einem Geniestreich wird die Gleichung 1977 von Liu verallgemeinert zu hu K = β u2 B 2 hu wobei Liu für β keine Konstante sondern aus der Least-Square-Approximation von Naturdaten die Formel ( ) u 1.5 β =0.18 u Magazine et al. (1988) geben in einer experimentellen Studie unter besonderer Berücksichtigung der Rauheit von Boden und lateralen Berandungen die Beziehung an, wobei K =75.86r Hy up P =0.4 u u Ein besonderen Ansatz stellen Asai and Fujsaki (1991) vor, sie erhalten den longitudinalen Dispersionskoeffizienten durch Downscaling mit Hilfe eines k-ɛ-modells. Dabei finden sie zwar keine neue Beziehung, stellen aber fest, daß der Dispersionskoeffizient mit dem Verhältnis von Breite zu Tiefe zunimmt, solange dieses unter 20 liegt. Darüber nimmt der longitudinale Dispersionskoeffizient ab. Aus der Auswertung von Labor- und Felddaten erhalten Iwasa und Aya (1991) K =2.0hu ( B h Seo und Cheong [?] geben schließlich 1998 die durch Multiregressionsanalyse aus 24 Datensätzen gewonnene Beziehung K =5.915hu ( B h ) 1.5 ) ( u u ) an. Um eigene Entscheidungen des Lesers für eine longitudinale Dispersionsbeziehung zu vereinfachen, seien die Folgerungen von Seo und Cheong unkommentiert übernommen: Sie stellen fest, daß Elders und Magazines Ansätze den longitudinalen Dispersionskoeffizienten unterschätzen während Fischers und Lius Ansätze zur Übertreibung neigen. Die sonstigen Ansätze liegen tendenziell richtig, was auch immer das heißt.

224 11.7. Bewertung Seite Bewertung Eindimensionale instationäre Fließgewässermodelle stellen heute den unteren Stand der Technik in der numerischen Simulation dar. Ihre Prognosefähigkeit ist durch die Genauigkeit der Bestimmung des Energieliniengefälles bestimmt und begrenzt. Letzteres gilt insbesondere für die wasserbauliche Systemanalyse, da es nur schwer möglich ist, die hydraulische Wirkung von Änderungen in der Gewässergeometrie mit dem Energieliniengefälle korrekt zu erfassen. Anders ist die bei hydrologischen Anwendungen, wo es im wesentlichen auf eine hinreichende Kalibrierung des Modells an verschiedenen Abflußereignissen ankommt. Hier erweisen sich die geringeren Anforderungen an die Computerleistung als besonderes vorteilhaft, sie ermöglichen einen breiten Anwenderkreis und eine effiziente Kopplung mit weiteren hydrologischen Modellkomponenten.

225 Seite Bewertung

226 Kapitel 12 Dünen Schon schnell nachdem sich sandige oder schluffige Sedimente zu bewegen beginnen, bilden sich an der Sohle wellenartige Muster, die man als Riffel oder Dünen bezeichnet. Riffel sind solche Strukturen, deren Wellenlänge klein gegenüber der Wassertiefe sind, sie beeinflussen also nicht das Strömungsfeld der gesamten Wassersäule. Ihre Kenngrößen sollten daher von der Wassertiefe unabhängig sein. Durch den verminderten Transport der Sedimentpartikel im Strömungsschatten der Riffel werden diese direkt hinter dem Riffelkamm angelagert, was die Riffel wachsen läßt. Dieser Wachstumsprozess ist allerdings durch den gravtiationellen Transport begrenzt. Die typischen Wellenlängen liegen dabei zwischen 5 und 25 cm, die Riffelhöhen von 2 bis 4 cm stellen sich regulierend zwischen dem wachstumsfördenden und dem begrenzenden Prozess ein. Die Linien der Riffelkämme weisen Bifurkationen auf, deren Unregelmäßigkeit mit der Sohlbelastung zunimmt. Dünen sind Sohlwellen, deren Länge groß gegenüber der Wassertiefe ist. Asymmetrische Dünen sind dreiecksförmig und haben eine leicht gekrümmte Luvseite, die Leeseite ist steil. Symmetrische Dünen (engl. sand waves) entstehen vor allem im Tidebereich, wenn also Luv- und Leeseite entsprechend der Tidephase ständig wechseln. Auf den ersten Blick erscheint das Dasein von Dünen ein Paradoxon zu sein. Wegen der über dem Dünengipfel reduzierten Durchflußtiefe ist die mittlere Strömungsgeschwindigkeit dort lokal erhöht, während sie wegen der größeren Durchflußtiefe in den Täler erniedrigt ist. Dies überträgt sich auf die Sedimenttransportraten, die mit höherer Potenz der Strömungsgeschwindigkeit steigen. Auf den Gipfeln wird somit wesentlich mehr Material transportiert als in den Tälern. Die Bodenevolution ist aber eine Funktion der lokalen Steigung der Transportraten. Sie sinkt auf den Leeseiten, man kann dort also eine Deposition erwarten, während auf der Luvseite der Düne Material erodiert wird. Ob hiermit auch die Entstehung von periodischen Strukturen erklärt werden kann, werden wir im folgenden Abschnitt untersuchen. Paradoxerweise entstehen Dünen dennoch. Dies kann nur dadurch möglich sein, daß sie 217

227 Seite 218 KAPITEL 12. DÜNEN Abbildung 12.1: Riffel und Dünen in der Natur. ein sich erhaltendes neues Strömungsmuster erzeugen, welches der mittleren Strömung überlagert ist. Periodische Sohlstrukturen sind also das Produkt des Wechselspiels von Sohl- und Strömungsstruktur, ein Beispiel für die Selbststrukturierung der Natur. Dies läßt die Frage aufkommen, was bei der Entstehung der Düne zuerst vorhanden ist, da das eine ohne das andere nicht existieren kann. Zur Analyse solcher Probleme untersucht man die Stabilität des aus Sohlform und Strömung gebildeten gekoppelten Systems. Darunter versteht man das Verhalten eines Systems, bei einer geringfügigen Störung einen neuen Systemzustand anzusteben. Dieses periodische Strömungsmuster wurden mit der Potentialtheorie und der Stromfunktionstheorie analysiert. Die mit dem periodischen Strömungsmuster verbundenen zusätzlichen Geschwindigkeitsgradienten tragen zu einer erhöhten Turbulenzproduktion bei und erhöhen somit die Dissipation von Strömungsenergie über Dünenstrecken. Dieser hydraulische Aspekt der Sohlstrukturen kann durch eine erhöhte Sohlrauheit erfaßt werden, einen Ansatz hierzu hatten wir in Kapitel?? kennengelernt.

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