GRAND ELECTRICS. 68 grand gtrs

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2 Amberger Prototyp 2 & 3 Schaller equipped Es ist eine Binsenweisheit: Nichts auf dieser Welt ist so gut, dass man es nicht noch weiter verbessern könnte. Selbst ein so schlichtes Gitarrendesign wie das der Fender Telecaster birgt weit mehr Tuning-Potenzial für klangliche Höhenflüge, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Der in der Oberpfalz ansässige Gitarrenbauer und -restaurator Thomas Amberger war bei dessen Auslotung jedenfalls sehr erfolgreich. Von Christoph Arndt Wer ist denn Thomas Amberger, grübelte ich beim Auspacken der beiden Testgitarren. Muss man den Mann kennen? Wir haben ja hierzulande nicht eben wenige Gitarrenbauer, die alle ganz tolle Instrumente machen. Bei einer gründlichen Inaugenscheinnahme und einem ersten Trockencheck wurde mir wenig später klar: Man muss den Herrn Amberger ja nicht persönlich kennen, obwohl er am Telefon ganz arg sympathisch rüberkommt, aber seinen Namen sollte man sich merken. Oder besser: seine Gitarren einmal anspielen! Wer diese seltene Gelegenheit bekommt, erlebt ein exquisites Vergnügen mit hohem Suchtfaktor aus heimischer Produktion. Die beiden Testgitarren lösten bei mir jedenfalls eine ganze Reihe positiver Aha-Erlebnisse aus. Zu Beginn seiner Tätigkeit als Gitarrenbauer war es für Thomas Amberger ganz wichtig, nicht die Fehler anderer Hersteller durch bloßes Kopieren zu übernehmen, sondern sie gezielt auszumerzen. Deshalb analysierte er mittels emsiger Lektüre in Fachmagazinen und Musikerforen, welche Kritikpunkte bei Gitarren der etablierten Marken am häufigsten genannt wurden. Wo drückte den Musikern der Schuh? An diesen Punkten setzte er folgerichtig an und suchte nach Möglichkeiten, es eben besser zu machen als die anderen. Seine Gitarren entstehen in reiner Handarbeit, vom Fräsen und Schleifen des Korpusses über den Hals und das Griffbrett bis hin zur Endlackierung. Hardware und Tonabnehmer sind jedoch hochkarätige Fremdprodukte wie beispielsweise die superben MEC-Potis, denen das Bauprinzip der legendären PrehPotis zugrunde liegt. Oder der Bunddraht, der von der Firma Ferdinand Wagner GmbH aus Pforzheim stammt, die auch Halbzeuge für noble Brillengestelle fertigt und zahlreiche andere Unternehmen mit OEM-Ware beliefert. Wie bei Custom-Herstellern üblich, ist auch bei Thomas Amberger alles machbar, was der Kunde wünscht und sinnvoll erscheint. Jedes Instrument ist ein Unikat, grand gtrs 69

3 GRAND ELECTRICS DETAILS Hersteller: Thomas Amberger Modell: Prototyp 2 (Schaller) Herkunftsland: Deutschland Gitarrentyp: Solidbody E-Gitarre Korpus: Amerikanische Sumpfesche mit Riegelahornfurnier Hals: Amerikanischer Ahorn Halsprofil: breites C Griffbrett: Ostindindischer Palisander Griffbretteinlagen: Perlmutt-Dots Bünde: 21 Wagner Medium Mensur: 65 cm (25 1/2 ) Halsbreite (1./12. Bund): 45/53 mm Halsdicke (1./12. Bund): 22/24 mm Hals-/Korpus-Übergang: 17. Bund Sattel: Knochen, poliert Steg: Schaller Hannes Mechaniken: Schaller M6 Mini Tonabnehmer: 1 Schaller S6 Vintage + 1 Schaller T6 Regler: 1x Lautstärke, 1x Ton Schalter: 3-fach PU-Wahlschalter Finish: Hochglanz-Nitrofinish transparent weinrot/schwarz Gewicht: 3,6 kg Preis: auf Anfrage Vertrieb: Thomas Amberger, Posing-Langwald 70 grand gtrs die Preise beginnen bei etwa Euro, so auch für diese beiden von Schaller zur Präsentation ihrer neuen RutheniumHardware und des revolutionären HannesStegs bei Amberger in Auftrag gegebenen Mustergitarren. Weitere Auskünfte zu diesem Joint Venture erteilt Thomas gern auf Anfrage. Tradition vs. Moderne Wer sich eine Telecaster-artige Gitarre zulegt, erwartet von ihr nur ganz wenige Dinge, die aber dann bitteschön vom Feinsten. Zuoberst auf dem Wunschzettel steht natürlich ein knallig-punchiger Sound mit jeder Menge Twang, ideal für kernigen Rock oder Country. Solch eine Gitarre ist denn auch in den Disziplinen Optik, Ausstattung, Handling und Spielgefühl das krasse Gegenteil jener futuristischen Highspeed-Flundern oder Floyd-Rosebestückten Metal-Äxte, wie sie sich seit Jahrzehnten in der Metal-Szene tummeln. Nun, jedem das Seine und wer es schlicht und übersichtlich mag und Fummelorgien an zig Potis und Schaltern verabscheut, wird sich auf einem solchen, pardon, Hobel spontan wohlfühlen. Das Korpusdesign der Telecaster (welches ja noch einige Jahre älter ist als das der Stratocaster) ist ein Klassiker par excellence. Obgleich wegen des fehlenden Shapings immer etwas klobig wirkend, kann man ihm ein hohes Maß an Ergonomie doch nicht absprechen. Im Lauf der Geschichte wurden aufgrund von Lieferengpässen (und nicht aus klanglichen Erwägungen) diverse Hölzer für den Korpus eingesetzt, doch nur Erle und Esche haben sich ihren dauerhaften Platz gesichert. So wie Mahagoni das klassische Korpusholz von Paula und Co. ist, so finden wir diese beiden Tonhölzer als ideale Spielpartner bei Single Coil-bestückten Gitarren. Dass eine Telecaster aber trotzdem so viel mehr sein kann als das viel zitierte Frühstücksbrett mit Drähten drauf, belegen innovative Gitarrenbauer, die einfach konsequenter arbeiten und weiter denken als die Bran- chenriesen. Sie können sich nie auf ihren Lorbeeren ausruhen oder von ihrem großen Namen zehren, sondern müssen schnell und zielgerichtet auf Kundenwünsche eingehen. Und manchmal packt sie eben auch die Abenteuerlust. Zum Beispiel wenn ein Hersteller eine bahnbrechende neue Hardware-Serie auf den Markt gebracht hat. Welchen Luthier würde es da nicht in den Fingern jucken? Wenn schon, denn schon: Unsere beiden Schönheiten präsentieren sich konsequent rutheniumisiert mit Mechaniken, Hannes-Steg, Kontrollplatte, PotiKnöpfen, Pickup-Wahlschalter und Straplocks im schicken, ungewohnten Look. Schwarzes Platin? Ruthenium! Die Firma Schaller zählt unbestritten zu den Weltmarktführern bei Gitarrenparts. Hier widmet man sich akribisch der Kunst, im Interesse von Produktqualität und Innovation immer wieder neue Details zu ersinnen, zu verbessern und zu modifizieren. So wurde in den letzten Jahren das Sortiment der bekannten Oberflächen Nickel, Chrom, Gold und Schwarzchrom um satinierte Finishes erweitert. Neuester Clou aus dem Hause Schaller ist nun die Ruthenium-Serie, die uns eine exotisch anmutende, nie gekannte Hardware-Farbe beschert, welche sich am ehesten mit dem Attribut schwarzer Perlmuttglanz umschreiben lässt und einfach hammermäßig aussieht. Ruthenium ist ein extrem seltenes und dementsprechend kostbares, superhartes Element aus der Gruppe der Platinmetalle. Lediglich 120 Kilogramm werden davon jährlich gefördert weltweit, versteht sich. Wie viel sich davon Schaller sichert, ist Betriebsgeheimnis. Stolz ist man dort auf seine Pionierstellung als einziges Unternehmen, welches Ruthenium-veredelte Oberflä-

4 chen liefert. Damit diese Beschichtung aber auch perfekt haftet, werden die Metallteile beim Galvanisieren zunächst verkupfert und erhalten danach jeweils eine Auflage aus Nickel, Gold und schließlich Ruthenium. Übrigens ist Schallers gesamtes Hardware-Sortiment in diesem neuen Finish lieferbar, preislich entsprechen die Teile ihren vergoldeten Pendants. Der Hannes, der kann es Der in die USA emigrierte Franzose Roland Hannes ist nicht nur Musiker, sondern auch ein findiger Tüftler. Seit langem hatte er das Konzept für einen ganz speziellen Gitarrensteg im Kopf, der viele Unzulänglichkeiten traditioneller Bauweisen in einem Aufwasch beheben sollte. Nach ergebnislosem Anklopfen bei der Konkurrenz stieß Hannes bei Schaller auf offene Ohren, der richtige Partner für sein Projekt war nun gefunden. Mit stolzgeschwellter Brust bezeichnet man bei Schaller den neuen Steg als die Zukunft des Gitarrenstegs. Als Pluspunkte werden ein bequemes Handling, keine vorstehenden Teile, leichtes Einfädeln der Saiten, beeindruckendes Sustain und eine sehr differenzierte Tonwiedergabe genannt. In punkto Optik und Haptik kann der Hannes- Steg jedenfalls schon lässig punkten, bevor auch nur der Anzeige Helmut Krumminga mit seiner GZDF501 AKTUELLES ALBUM LIVE UND IN FARBE IM HANDEL ERHÄLTLICH AMI GmbH Am Neufeld München

5 GRAND ELECTRICS DETAILS Modell: Prototyp 3 (Schaller) Herkunftsland: Deutschland Gitarrentyp: E-Gitarre mit Thinline-Korpus Korpus: Amerikanische Sumpfesche Hals: Amerikanischer Ahorn Halsprofil: breites C Griffbrett: Ostindischer Palisander Griffbretteinlagen: Perlmutt-Dots Bünde: 21 Wagner Medium Mensur: 65 cm (25 1/2 ) Halsbreite (1./12. Bund): 45/53 mm Halsdicke (1./12. Bund): 22/24 mm Hals-/Korpus-Übergang: 17. Bund Sattel: Knochen, poliert Steg: Schaller Hannes Mechaniken: Schaller M6 Mini Tonabnehmer: 1 Schaller S6 Vintage + 1 Schaller T6 Regler: 1 x Lautstärke, 1 x Ton Schalter: 3-fach PU-Wahlschalter Finish: Hochglanz-Nitrofinish vintage white Gewicht: 3,0 kg Preis: auf Anfrage Getestet mit: Mesa/Boogie Triaxis + Marshall EL84 20/20, Cream JTA-45, 2x12 Wedge mit Celestion V30 erste Ton gespielt ist. Ein edles, futuristisches Hightech-Schmuckstück und dazu eine glatte Freude für die rechte Hand, nur wegen der vielen Arbeitsschritte nicht leicht selber zu montieren. Aufgrund der versenkt auf der Korpusrückseite anzubringenden Lochschiene zum Einfädeln der Saiten muss man hier beim Ausmessen, Fräsen und Bohren ganz exakt vorgehen. Auf die beiden Mustergitarren abgestimmt, entwickelte Thomas Amberger für den Hannes-Steg eine spezielle Grundplatte aus gebürstetem Aluminium beziehungsweise purem Carbon. Letztere hat übrigens schon bei mehreren namhaften Gitarrenfabrikanten Begehrlichkeiten geweckt. Sie sieht aber auch echt verschärft aus! Inwiefern sich hierbei klangliche Unterschiede ergeben, war aufgrund der unterschiedlichen Bauweise der Gitarren nicht zu ermitteln. Muscle Twang Die vorgenannten Eigenschaften des Hannes- Stegs sind an jedem Amp sofort deutlich heraushörbar; der kräftige Hals mit ordentlich Fleisch hat daran natürlich auch seinen Anteil. Was für ein langes, gleichmäßiges Sustain (mit minimalen Abstrichen bei der E1-Saite), gepaart mit einer geradezu verblüffenden Klarheit sorgt. Phänomenal! Man hat förmlich den Eindruck, als würde ein dünner Vorhang beiseite gezogen. Hatten den eigentlich vorher alle meine anderen Gitarren? Die Waschmittelreklame spricht gern vom Grauschleier in der Wäsche, ich finde diesen Begriff aber auch unter akustischen Gesichtspunkten durchaus zutreffend. Besonders in höheren Lagen klingen Akkorde feiner aufgelöst und Melodien klarer, was andererseits den Spieler zu erhöhter Präzision zwingt. Wir haben es keineswegs mit einem vintage-orientierten Instrument zu tun. Als Tonabnehmer verrichten zwei Schaller-Modelle ihren Dienst, ein halbwegs gesitteter Hals-Pickup mit gut 6 kohm Impedanz, der zwar nicht übermäßig brillant klingt, aber trotzdem reichlich Knack bringt. Der Steg-Pickup ist dagegen ein wahrer Brüller, der mit seinen weit über 13 kohm Impedanz selbst einen clean eingestellten Amp vorzüglich kitzeln und zu prächtigem Crunchen verleiten kann. Er liefert naturgemäß wenig Twang und keine Glitzerhöhen, dafür aber klare, mittige Präsenz in bester P90-Tradition mit hervorragender Ansprache und Druck bis zum Abwinken. Die Mittelstellung klingt erwartungsgemäß auch neu, der Stegtonabnehmer vereitelt mit seiner Power den glockigen Sound des Urahnen, bringt dafür jedoch einen phantastisch runden und obendrein brummfreien Zwischenpositionsklang. Aufgrund der leistungsstarken Tonabnehmer fallen die Klangunterschiede zwischen den beiden Instrumenten deutlich geringer aus als erwartet. Die Thinline entfaltet ein offeneres, freieres Mittenspektrum und wartet mit noch einen Tick strafferen, weil hohleren Bässen auf, dafür fehlt ihr etwas Druck in den Tiefmitten. Egal ob funkigfetzige Rhythmen, dezente Arpeggios oder elegantes Legatospiel klanglich überzeugend sind sie alle beide, in jeder Disziplin. Und obendrein echte Hingucker mit einer beeindruckenden Performance. Resümee Warum nicht mal eine radikale Neuinszenierung eines altbekannten Themas? Selbstverständlich hätte man diese Gitarren auch ganz traditionell konzipieren können (Thomas Amberger bietet das natürlich auch an), doch davon gibt es schon so viele. Nein, diese beiden Ladies klingen wirklich ganz hervorragend, nur assoziiert man mit ihrer Optik allzu gern einen vollkommen anderen Grundsound. Dies darf man aber nicht ihrem Erbauer anlasten. Vielmehr muss man sie beherzt zum Tanz auffordern, dann offenbaren sie dem kundigen Spieler alle ihre Reize. 72 grand gtrs