Predigt am 2. Fastensonntag Lesejahr A
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- Gerd Baum
- vor 6 Jahren
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1 Predigt am 2. Fastensonntag Lesejahr A Liebe Mitchristen! Das Evangelium von der Verklärung des Herrn am 2. Fastensonntag ist mehr als eine Flucht auf den beschaulichen Berg, um den Problemen in der Ebene zu entgehen. Und dass man am liebsten die Flucht ergreift, wenn es zu brenzlig wird, das spüren wir in diesen Tagen besonders deutlich bei all den schrecklichen Bildern über die verheerenden Verwüstungen in Japan, einem hochtechnisierten Land, dem vergleichbare technische Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wie wir sie kennen. Und erneut wurde uns vor Augen geführt, wie sehr entfesselte Naturgewalten in Kombination mit einer durch den Menschen doch nicht ganz beherrschbaren Technik in wenigen Tagen nicht nur Tausende, sondern sogar Millionen von Menschenleben akut gefährden können. 1
2 Wer möchte da nicht am liebsten irgendwohin verschwinden auf eine abgelegene Insel oder einen Berg, auf jeden Fall in eine heile Welt, die von all dem nichts weiß? Doch das Evangelium mit Jesus und seiner ausgewählten Gruppe von drei Aposteln, die er nach seiner Leidensankündigung mit auf den Berg nimmt, hat etwas ganz anderes im Sinn als der berühmte Buchtitel Ich bin dann mal weg!. Denn Jesus kommt es darauf ein, die drei Apostel Petrus, Jakobus und Johannes von innen heraus davon zu überzeugen, wie er seine Sendung als Messias versteht, wie er seine Sendung von seinem himmlischen Vater her gar nicht anders verstehen kann. Gerade Petrus hatte nach dem Zeugnis der Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas kurz vorher noch bekannt, dass er Jesus für den Messias hält, doch nach Jesu Ankündigung, er werde in Jerusalem von den religiösen Führern seines Volkes zum Tod verurteilt werden, hält Petrus es für nötig, Jesus davon abzuhalten. Mit anderen Worten: 2
3 Simon Petrus hat ein ganz anderes Konzept im Kopf, in welcher Weise Jesus als Messias auftreten soll. Und Jesus hat ihn deswegen einen Satan genannt, einen, der in fataler Weise den Willen Gottes in sein Gegenteil verkehrt, weil er Gottes Heilsplan in das Korsett der eigenen Vorstellungen zwängen will. Sind wir, wenn wir ehrlich sind, nicht oft genauso gepolt wie Petrus, die meinen, nichts als das Gute zu wollen, dabei aber die eigenen Wünsche und Vorstellungen zum Maßstab aller Dinge machen? Interessanterweise nimmt Jesus gerade so einen wie Petrus mit auf den Berg der Verklärung vielleicht auch deshalb, weil er darauf setzt, dass diese Ausnahmeerfahrung ihm helfen wird, die ganze Wahrheit über das Geheimnis des Messias aus einem anderen Licht zu sehen; aus einem anderen Licht, das erst nach der Katastrophe des Karfreitags und nach der Ostererfahrung der Begegnung mit dem Auferstandenen in unverhüllter Klarheit zeigt, dass Jesus nicht am Leiden vorbei, sondern durch den Tod hindurch Gottes unendliche Liebe gegenwärtig sein lässt - in allem, was Menschen erleben und erleiden. 3
4 Der Berg der Verklärung ist so gesehen nicht nur für die drei Apostel, die Jesus in leuchtender Klarheit als Sohn Gottes und Messias erkennen durften, sondern für alle, die deren Zeugnis als glaubwürdig angenommen haben, ein bleibender Bezugspunkt, um auch in den Tälern und Niederungen der Fragen und Zweifel, der Kreuze und Leiden, (die uns die Sicht auf Gottes Liebe verstellen,) den Weg des Glaubens fortzusetzen, bis wir ihn eines Tages schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht. Und die Erfahrung der drei Jesusjünger auf dem Berg der Verklärung wird uns bereits am 2. Fastensonntag aufgetischt, um in all den Einschränkungen, die wir uns in diesen 40 Tagen der Buße auferlegen, das österliche Ziel nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn es geht nicht so sehr darum, uns selbst etwas zu beweisen, sondern darum, hellhöriger und hellsichtiger zu werden für das, was Gott mit uns vorhat, wo Jesus uns brauchen kann als seine Jüngerinnen und Jünger. 4
5 Die Bilder und Berichte der verheerenden Katastrophen in Japan vor Augen und hier in der Kirche das Misereor-Hungertuch eines Künstlers aus dem afrikanischen Land Togo über das himmelschreiende Elend zahlloser Menschen, die am Rand gigantischer Städte ihr Dasein fristen beides gehört zunächst einmal zu den Eindrücken, die uns daran zweifeln lassen, ob es wirklich einen guten Gott gibt, der diese Welt geschaffen hat und ob der Schöpfer-Gott der Bibel tatsächlich allmächtig ist, wenn er so viel Leid und Elend zulässt. Doch Gott will all das nicht mit Gewalt ändern. Er will uns nicht mit Gewalt eintrichtern, was wir zu tun und was wir zu lassen haben, um Freiheit und Gerechtigkeit für alle sicher zu stellen, um die Erde mit ihren Möglichkeiten und Grenzen zu respektieren und in Weisheit sich bestmöglich zu schützen vor den Naturgewalten. Deshalb widersteht Jesus, wie wir letzten Sonntag gehört haben, der Versuchung, aus Steinen Brot zu machen und wie ein Tischleindeck-dich-Zauberer, der alle anderen bevormundet, alle Probleme dieser Welt zu lösen. 5
6 Deshalb widersteht er der Versuchung, seine göttliche Macht in einer eindrucksvollen Show allen zu demonstrieren und sich gefahrlos von der Zinne des Tempels zu stürzen. Deshalb wiedersteht er der Versuchung, die Herrschaft der Welt gleich selbst in die Hand zu nehmen, denn das ginge nur mit Gewalt. Und Gewalt erzeugt immer Gegengewalt und kann nie so sauber eingesetzt werden, dass sie nicht auch Gutes mit dem Bösen vernichtet. Und deshalb zieht Jesus es am Ende vor, ein geschlagener und verspotteter Messias zu sein, einer, den viele bis heute für gescheitert halten. Er will lieber als Versager und Verlierer gelten als den Kranken und Leidenden, den Unterdrückten und Sündern nicht mehr als letzter Hoffnungsfunke gelten zu können. Denn gerade im Kreuz ist er ein glaubwürdig Liebender geblieben und sein himmlischer Vater hat ihn bestätigt als seinen geliebten Sohn im Ostersieg der Auferweckung von den Toten. Dafür, liebe Mitchristen, will der Weg auf den Berg der Verklärung uns die Augen öffnen. Amen. 6
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