Coolout der Prozess der moralischen Desensibilisierung im Laufe der beruflichen Tätigkeit im Gesundheitsbereich
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- Horst Küchler
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1 Coolout der Prozess der moralischen Desensibilisierung im Laufe der beruflichen Tätigkeit im Gesundheitsbereich Prof. Dr. Karin Kersting Hochschule Ludwigshafen am Rhein 34. Wiener Intensivmedizinische Tage (WIT),
2 Gliederungspunkte 1. Der unauflösbare Widerspruch in den Anforderungen und der Begriff der Kälte: Coolout als moralische Desensibilisierung 2. Ausgewählte Ergebnisse der Coolout-Studien der Prozess der moralischen Desensibilisierung 3. Coolout - ein kollektives Phänomen 4. Fragen
3 Das Spannungsfeld im Arbeitsalltag Normativer Anspruch: Patientenorientierung Funktionalität: Sicherung der Arbeitsabläufe
4 Der Anspruch in der Gesetzgebung (Vgl. Bundesgesundheitsministerium (2003): Krankenpflegegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung) (Pflege)Wissenschaft Wirtschaftlich handeln Individuelle Bedürfnisse berücksichtigen Umfassende Begleitung, Beratung, Betreuung Interaktion, Kommunikation Lebenssituationen, Selbstbestimmung berücksichtigen Erhaltung, Wiederherstellung größtmöglicher Selbständigkeit
5 Der Anspruch in der Gesetzgebung (Vgl. Bundesgesundheitsministerium (2003): Krankenpflegegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung) (Pflege)Wissenschaft Wirtschaftlich handeln Individuelle Bedürfnisse berücksichtigen Umfassende Begleitung, Beratung, Betreuung Interaktion, Kommunikation Lebenssituationen, Selbstbestimmung berücksichtigen Erhaltung, Wiederherstellung größtmöglicher Selbständigkeit
6 Die Situation in der Praxis: Mängel in der Pflege (Vgl. Isfort, Weidner (2010): Pflege-Thermometer 2009, S. 7f) Überwachung von verwirrten Menschen Mobilisierung und fachgerechte Lagerung Führen von Gesprächen Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme Betreuung Schwerstkranker und Sterbender
7 Mängel bei der Patientenversorgung und Pflege auf Intensivstationen (Vgl. Isfort, Weidner (2012): Pflege-Thermometer 2012, S.5ff) Körper- und Mundpflege Emotionale Unterstützung Freiheitseinschränkende Maßnahmen Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme
8 Kälte Indem wir uns kalt machen gelingt es uns, die Verletzung der Norm hinzunehmen. Mit der Kälte können wir mehr oder weniger widerstandslos hinnehmen, dass die Welt nicht so ist, wie sie zu sein beansprucht bzw. wie sie sein sollte. (Vgl. Gruschka, Andreas, 1994, S. 76f)
9 Kälte Kälte, die von den Strukturen ausgeht Die Strukturen im Pflege- u. Gesundheitsbereich fordern von den Pflegenden die Verwirklichung des hohen normativen Anspruchs (Patientenorientierung) innerhalb der wirtschaftlichen Zwänge. Das macht die Pflegeeinrichtungen erst zu humanen Einrichtungen trotz aller wirtschaftlichen Zwänge. Aber die wirtschaftlichen Zwänge nötigen zugleich zu funktionalem Handeln: Alles muss erledigt werden. Die Strukturen fordern etwas, das nicht einzulösen ist. Sie sind Kälte verursachend.
10 Kälte Kälte, die von den Strukturen ausgeht Die Strukturen im Pflege- u. Gesundheitsbereich fordern von den Pflegenden die Verwirklichung des hohen normativen Anspruchs (Patientenorientierung) innerhalb der wirtschaftlichen Zwänge. Das macht die Pflegeeinrichtungen erst zu humanen Einrichtungen trotz aller wirtschaftlichen Zwänge. Aber die wirtschaftlichen Zwänge nötigen zugleich zu funktionalem Handeln: Alles muss erledigt werden. Die Strukturen fordern etwas, das nicht einzulösen ist. Sie sind Kälte verursachend. Kälte als Reaktionsform des Einzelnen auf die Strukturen Die Pflegenden lernen es, sich selbst kalt zu machen Sie lernen es, die strukturellen Bedingungen mit mehr oder weniger Widerstand hinzunehmen Damit stabilisieren sie das, wovor sie sich zu schützen suchen: Kälte.
11 Coolout Coolout beschreibt und erklärt den Prozess einer moralischen Desensibilisierung, der sich in dem Spannungsfeld zwischen dem normativen fachlichen Anspruch und den ökonomischen Zwängen im Laufe der beruflichen Tätigkeit im Gesundheitsbereich entwickelt. - Untersucht in unterschiedlichen Bereichen der Pflege -
12 Pflegende entwickeln Strategien, mit denen sie die alltäglichen Normverletzungen hinnehmen können. Die Alltäglichkeit und fehlende Besonderheit der Normverletzung birgt eine Normalitätstendenz, die zum Maßstab für Normalität selbst gesetzt wird. (Vgl. Ulrich Oevermann, 1999)
13 Gliederungspunkte 1. Der unauflösbare Widerspruch in den Anforderungen und der Begriff der Kälte: Coolout als moralische Desensibilisierung 2. Ausgewählte Ergebnisse der Coolout-Studien der Prozess der moralischen Desensibilisierung 3. Coolout - ein kollektives Phänomen 4. Fragen 13
14 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 14
15 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 15
16 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 16
17 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 3.b Täter 4. Verdrängung Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 17
18 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 18
19 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 19
20 Gliederungspunkte 1. Der unauflösbare Widerspruch in den Anforderungen und der Begriff der Kälte: Coolout als moralische Desensibilisierung 2. Ausgewählte Ergebnisse der Coolout-Studien der Prozess der moralischen Desensibilisierung 3. Coolout - ein kollektives Phänomen 4. Fragen
21 Offenlegen der Zusammenhänge Pflegefachliche Ansprüche Bedingungen der Praxis
22 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
23 Gliederungspunkte 1. Der unauflösbare Widerspruch in den Anforderungen und der Begriff der Kälte: Coolout als moralische Desensibilisierung 2. Ausgewählte Ergebnisse der Coolout-Studien der Prozess der moralischen Desensibilisierung 3. Coolout - ein kollektives Phänomen 4. Fragen?
24 Die Kälteellipse alle Reaktionsmuster Reflexive Reaktionsformen 11. Reflektierte Identifikation 12. Reflektierter Protest 10. Drohende 9. Reflektierte Dekomposition Hinnahme 0. Naive Überwindung 1. Fraglose Übernahme 2. Ahnung von Kälte 8. Individuelle 3.a Opfer 7. Kompensation für falsche Praxis 6. Idealisierung 4. Verdrängung 3.b Täter Fiktionale en 5.a Fallweises Aussteigen 5.b Definitor. 5.c Virtuelle Widerspruchserfahrung Regelkonforme Reaktionsformen 24
25 Ausgewählte Literatur Adorno, Theodor W. (1994): Negative Dialektik, 8. Auflage, Suhrkamp Verlag, Frankfurt Adorno, Theodor W.: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, 22. Auflage, Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1994 Bundesgesundheitsministerium (2003): Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (KrPflG) (Letzter Zugriff: Bundesgesundheitsministerium (2003): Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege (KrPflAPrV), Anlage 1 A der KrPflAPrV Theoretischer und praktischer Unterricht (Letzter Zugriff: ) Gruschka, Andreas (1988): Negative Pädagogik, Büchse der Pandora, Wetzlar Gruschka, Andreas (1994): Bürgerliche Kälte und Pädagogik, Büchse der Pandora, Wetzlar Heinrich, Martin (1999): Zum Stand einer Theorie der Ontogenese Bürgerlicher Kälte Oder: Wie man kalt wird (Teil 3), in: Pädagogische Korrespondenz. Zeitschrift für kritische Zeitdiagnostik in Pädagogik und Gesellschaft, 24/1999, S Heinrich, Martin (2000): Was tun? Zur Diskontinuität von moralischem Wissen, moralischem Urteil und moralischem Handeln. Pädagogische Korrespondenz. Zeitschrift für kritische Zeitdiagnostik in Pädagogik und Gesellschaft 25/2000, S Isfort, Michael, Weidner, Frank u.a. (2010): Pflegethermometer Eine bundesweite Befragung von Pflegekräften zur Situation der Pflege und Patientenversorgung im Krankenhaus. Herausgegeben von: Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.v. (dip) Köln. Online verfügbar unter (Letzter Zugriff: ) Isfort, Michael, Weidner, Frank u.a. (2012): Pflegethermometer Eine bundesweite Befragung von Leitungskräften zur Situation der Pflege und Patientenversorgung auf Intensivstationen im Krankenhaus Herausgegeben von: Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e.v. (dip) Köln. Online verfügbar unter (Letzter Zugriff: )
26 Ausgewählte Literatur Kersting, Karin (2008): `Kluge Konzepte zur Verbesserung der Situation in der Pflege oder: Zur Perspektive einer kritischen Pflegewissenschaft (Editorial), in: Pflege. Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe, Jg. 21, 1/2008, S. 3-5 Kersting, Karin (2011): Vom emphatischen Bildungsanspruch und seiner Unterwanderung: Berufliche Hochschulbildung und Professionalisierung der Pflegeberufe vor dem Hintergrund der Kältestudien, in: ethik und gesellschaft, ökumenische zeitschrift für sozialethik (1/2011), (Letzter Zugriff: ) Kersting, Karin (2012): Anspruch und Wirklichkeit in der praktischen Ausbildung: Studien zur moralischen Desensibilisierung, in: Harold, Barbara (Hrsg.) (2012): Vorbereitet für die Zukunft? Aktuelle Herausforderungen in der praktischen Pflegeausbildung. Facultas Verlag, Wien, S Kersting, Karin (2013): Coolout in der Pflege. Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung, 3. Auflage, Mabuse Verlag Frankfurt: (dritte Auflage von Kersting, Karin (2002): Berufsbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit Eine Studie zur moralischen Desensibilisierung im Pflegealltag, Huber Verlag, Bern u.a.) Kersting, Karin (2015): Die Coolout-Studien in der Pflege eine Analyse des unauflösbaren Widerspruchs in den Anforderungen an Pflegende, in Häusler, Eveline (Hrsg.) (2015): Profession Pflege, Entwicklungen und Herausforderungen, Verlag Wissenschaft, Sternenfels, S Kersting, Karin (2015): Bürgerliche Kälte in der beruflichen Bildung Strukturelle Bedingungen und Reaktionen von Lehrern. Eine Analyse aus der Pflegepädagogik, in: Dammer, Karl-Heinz, Vogel, Thomas, Wehr, Helmut (Hrsg.) (2015): Zur Aktualität der Kritischen Theorie in der Pädagogik, Springer Verlag, Heidelberg, Kersting, Karin (2015): Das Phänomen Coolout in der Pflege bedeutsam auch für Hebammen? In: Die Hebamme, 28, 3/2015, S Kersting, Karin (2016): Die Theorie des Coolout und ihre Bedeutung für die Pflegeausbildung, Mabuse Verlag, Frankfurt: (erscheint im März 2016)
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