Aspekte der Eutergesundheit - Milchmikrobiologische Diagnostik -

Transkript

1 Aspekte der Eutergesundheit - Milchmikrobiologische Diagnostik - Volker Krömker

2 Gliederung Bedeutung bakterieller Infektionen für die Milchdrüse des Rindes Milchmikrobiologie gestern und heute Leitkeime und Strategien Zukünfige Wege

3 Milchleistung pro Kuh und Jahr (BRD) Milchleistungsentwicklung in Deutschland, (in der Milchleistungsprüfung [MLP] je Kuh erfasste u. Jahr Kühe) (MLP) div. Quellen ADR, LKV 2009

4 Beziehung zwischen der täglichen Milchleistung und dem Körpergewicht (nach Mepham, 1983)

5 Ca. 500 l Blutfluss durch die Milchdrüse für einen Liter Milch Ca. 1 ha milchgebende Fläche pro Kuh Landfreund

6 Boehringer Ingelheim

7 Wirtschaftliche Verluste durch Mastitis (Milchviehbetrieb 50 Kühe, 7500 kg Laktationsleistung, 30 % Remontierungsrate, ca Zellen/ml HSM, 40 % klin. Mastitisfälle = 10344,- Mastitisgesamtkosten) 5% 4% 2% 1% 35% 53% Verringerte Milchproduktion Arzneimittel Tierarztkosten Remontierungskosten Hemmstoffmilch (klin. Mastitis) Mehrarbeit

8 Eutergesundheitssituation in Niedersachsen 10 % beanstandete Betriebe pro Jahr (ca. 1600) 1 % gesperrte Betriebe pro Jahr Mastitisbedingte Verluste aller Betriebe = 193 Mill. pro gehaltener Kuh/Jahr = 258 davon vermeidbar = 131 Mill. bzw. = 175 /Kuh u. Jahr d.h. 2,2 Cent /kg Milch (bei 8000 kg)

9 Das Molkereiwesen Ein Buch für Praxis und Wissenschaft (Wilhelm Fleischmann, 1875 ) In Milch oder Milchprodukten können lebende Ansteckungsstoffe (contagium vivum) von tierischen Krankheiten vorhanden sein, die sich der Mensch durch Genuss von Milchprodukten zuziehen könnte.

10 Asklepios, der Gott der Heilkunde, hatte zwei Töchter, Hygeia und Panakeia Hygeia, die Göttin der Gesundheit und Panakeia, die Göttin der Medizin und Zauberei. Beide Göttinnen verkörperten den Griechen die gegensätzlichen Ansichten, wie die Menschen ihre Gesundheit zu erhalten und wiederzuerlangen suchten. Hygeia stand für Gesundheitsvorsorge und gesunde Lebensweise Hygeia

11 Milk and it s relation to public health Hygienic Laboratory-Bulletin, USA : Typhusepidemie durch Milchkonsum Reinigung der Milchkannen mit Brunnenwasser (Plön) : 260 ernsthafte Fälle von Milchepidemien weltweit - v.a. Typhus, Cholera und Tuberkulose 1895: Untersuchung der Butter der Molkerei Bolle (Berlin) - Mikrobenjagd wurde zum Kampfmittel um Marktanteile ( Milchkrieg ) Milchhygiene als Ausdruck des Versuches, ein hochsensibles Naturprodukt marktgängig zu machen (, Qualität, Haltbarkeit)

12 Babyflasche und Milchqualität ( ) Hohe Säuglingssterblichkeit und vor allem in den Städten Griff zur Babyflasche Milchgewerbe wird vorgeworfen eine Mitschuld am Tod vieler Säuglinge zu tragen Es entstehen Sanitätsmolkereien, Kindermilch- oder Kurmilchanstalten (strengste Gesundheitskontrolle und Verarbeitungshygiene) Emil von Behring (1903) fordert hygienisch einwandfreie Kindermilch. These: Tuberkulosekranke werden im Kindesalter durch Milch infiziert! Lungenschwindsucht sei bloss das Ende von dem, einem Schwindsuchtskandidaten schon an der Wiege gesungenen Liede.

13 31. Juli 1930 Milchgesetz Pasteurisierungszwang für Milch

14 Milch im gesunden Euter ist steril!!

15 Korrekte Entnahme von Viertelgemelksproben 1. Einmalhandschuhe tragen 2. Vormelken 3. Reinigen der Zitzenkuppen mit einem mit 70%-igem Brennspiritus getränkten Haushaltseinmaltuch (vom Probenehmer entfernte Zitzen zuerst desinfizieren) 4. Proberöhrchen waagerecht unter die Zitze halten und zügig melken (dem Probeentnehmer zugewandte Seite zuerst nehmen)

16 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

17 Streptococcus agalactiae

18 Streptococcus agalactiae Leitkeim: Habitat: Milch und Milchgänge Infektionsdauer: Jahre Übertragung: beim Melken Therapie: hohe Heilungsraten bei antibiotischer Therapie Erkrankungsbild: klinisch und subklinisch

19 Systematische Mastitisbekämpfung 5 Punkte-Plan (Neave et al. 1969) 1. Therapie klinischer Euterentzündungen 2. Merzung chronisch kranker Tiere 3. Therapie in der Trockenperiode 4. Zitzendesinfektion nach dem Melken 5. Überwachung und Wartung der Melkmaschine

20 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

21 Staphylococcus aureus

22 Staphylococcus aureus Leitkeim: Habitat: Milchdrüsengewebe, Haut, Wunden Infektionsdauer: Jahre Übertragung: überwiegend beim Melken Therapie: mäßige Heilungsraten bei antibiotischer Therapie Erkrankungsbild: überwiegend subklinisch

23 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

24 Escherichia coli Leitkeim/Keim des Interesses: Habitat: Umwelt (Einstreu, Kot) Infektionsdauer: Tage bis Wochen Übertragung: überwiegend im Stall Therapie: schlechte Heilungsraten bei antibiotischer Therapie Erkrankungsbild: schwer klinisch

25 Systematische Mastitisbekämpfung 10 Punkte-Plan (National Mastitis Council, USA) 6. Untersuchung von Milchproben 7. Festlegung von Zielen der Eutergesundheit 8. Dokumentation der Eutergesundheit 9. Überprüfung des Programms 10.Saubere und tiergerechte Umgebung

26 Ansätze für eine Verbesserung der Eutergesundheitssituation Zytobakteriologisches Monitoring der Herden Identifizierung des Keims Therapie

27 Staphylokokken - koagulasenegativ

28 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

29 Koagulase-negative Staphylokokken Leitkeim: Habitat: Zitzenhaut, Haut Infektionsdauer: Wochen bis Monate Übertragung: bei schlechter Zitzenhautkondition Therapie: schlechte Heilungsraten bei antibiotischer Therapie, Resistenzen Erkrankungsbild: subklinisch und mild klinisch

30 Systematische Mastitisbekämpfung 12 Punkte-Plan (.) 11.Optimierung der Zitzenkondition 12.Sicherung der Hautpflege

31 Ansätze für eine Verbesserung der Eutergesundheitssituation Zytobakteriologisches Monitoring der Herden Identifizierung des Keims Antibiogramm Therapie oder Merzung

32 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

33 Streptococcus uberis Leitkeim: Habitat: Einstreu, Haut Infektionsdauer: Tage bis Monate Übertragung: im Stall Therapie: mässige Heilungsraten bei antibiotischer Therapie Erkrankungsbild: klinisch und subklinisch

34 Systematische Mastitisbekämpfung 17 Punkte-Plan ( ) 13.Fütterungsoptimierung 14.Teamarbeit 15.Risikoanalyse/Komplexitätsminderung 16.Ökonomische Überwachung 17.Selbstmotivation

35 Ansätze für eine Verbesserung der Eutergesundheitssituation Zytobakteriologisches Monitoring der Herden Ermittlung der Infektionswege Unterbrechung der Infektionsketten Festlegung der Therapiewürdigkeit Therapie

36 Staphylococcus aureus Escherichia coli Koagulase negative Staphylokokkken Streptococcus uberis Molekularbiologische Diagnostik: Eigenschaften auf Stammebene Streptococcus agalactiae heute + zukünftig

37 Mikroorganismen auf Stammebene Leitkeim: zukünftig Vorkommen: Kuh, Umwelt, Haut Infektionsdauer: Tage bis Jahre Übertragung:? Therapie: mässige Heilungsraten bei antibiotischer Therapie Erkrankungsbild: klinisch und subklinisch

38 Milchmikrobiologische Diagnostik Ist die Voraussetzung der Mastitisbekämpfung Zur Einschätzung der Infektionswege der Therapie der Therapeutika der Kontrolle Aktuelle Fragen Einschätzung der krankmachenden Wirkung neuer Erreger Bakteriologisch negativ Größere Betriebe höherer Keimdruck Rückkehr alter Bekannter? Was kommt als nächstes?