Bindung und Bindungsstörungen Bedeutung für Diagnose, Beratung und Therapie
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- Adam Lange
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1 Bindung und Bindungsstörungen Bedeutung für Diagnose, Beratung und Therapie Karl Heinz Brisch Kinderklinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Abteilung Pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie Ludwig-Maximilians-Universität München
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4 Übersicht Bindungsentwicklung Bindungsqualitäten Traumatische Erfahrungen Bindungsstörungen Diagnostik Bindungs-basierte Therapie Prävention Videobeispiele
5 John Bowlby "Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet."
6 Überlebenswichtige Bedürfnisse Inter-Subjektivität / Beziehung 1. Physiologische Bedürfnisse Bindung Exploration 6. Sensorischsexuelle Stimulation Beziehung 5. Selbstwirksamkeit 4. Vermeidung von negativen Reizen
7 Pränatale Angst der Schwangeren Pränatale Angst der Schwangeren und Verhaltensstörungen der Kinder im Vorschulalter (O'Conner, 2002) Veränderung der Durchblutung in der Gebärmutter Stress für Fötus (Teixeira, 1999) Risikofaktoren unverarbeitete frühere Tod- und Fehlgeburten Pränatale Angst und Regulationsstörungen der Babys, irritable Babys, Mutter-Kind-Interaktionsstörungen (vgl. auch Dowling, Martz, Leonard, & Zoeller, 2000; Linnet et al., 2003) (Kofman, 2002)
8 Pränataler Stress, Neurotransmitter und Adoption Pränatale Stressexperiment mit Mäusen Postnatal: Aktivierung der Gen-Expression für Dopamin- und Gluatamat-Rezeptoren im Frontalhirn Früh-Adoption der pränatal gestressten Mäusebabys durch nicht gestresste Kontrollmütter keine Transmitterveränderungen mehr!! Verminderung der Gen-Expression durch Interaktion mit pränatal nicht gestressten Kontroll-Müttern (Barros et al. 2004)
9 Deprivations-Experimente mit Mäusen Genetische identische Mäuse Frühdeprivation - Stresserfahrung Cortisol-Erhöhung durch Gen-Expression Lebenslang höherer basaler Cortisol-Spiegel Hoher basaler Cortisol-Spiegel in nächster Generation ohne Deprivations-Erfahrung Geringere Aufmerksamkeit Schlechtere Lernleistung Diskussion: Modus der gesteigerten Gen-Expression wird vererbt Meaney, M. J. (2001). Annu. Rev. Neurosci.;. Meaney et al, 1988 Science; Francis et al. 1999, Science.
10 Früher Verlust der Mutter und lebenslange Veränderungen Genetisch identische Mäuse Herausnahme der Mutter aus dem Nest für kurze Zeit FRÜHE große Stresserfahrung für Mäusebabys Spezifische genetische Veränderung: Fehlende Methylierung für Vasopressin-Gen - Überproduktion Gedächtnis, Antrieb und Emotionen verschlechtert Erhöhte Stresshormone Schlechte Stressbewältigung Modell für Depressions- und Angstentwicklung (Murgatroyd et al Nature Neuroscience, 2009; AG Dietmar Spengler; MPI München/Holzboer)
11 Bindung zum Überleben Bindung ist für das Leben so grundlegend wie Luft zum Atmen und Ernährung Die emotionale Bindung sichert das Überleben und die Entwicklung des Säuglings
12 Bindungstheorie von John Bowlby Ein Säugling entwickelt im Laufe des ersten Lebensjahres eine spezifische emotionale Bindung an eine Hauptbindungsperson Die emotionale Bindung sichert das Überleben des Säuglings Die Bindungsperson ist der sichere emotionale Hafen für den Säugling
13 Bindungstheorie I Durch Angst und Trennung wird das Bindungsbedürfnis aktiviert Durch körperliche Nähe zur Bindungsperson wird das Bindungsbedürfnis wieder beruhigt Die primäre Bindungsperson muss nicht die leibliche Mutter/Vater sein
14 Bindungstheorie II Das Bindungsbedürfnis steht im Wechsel mit dem Erkundungsbedürfnis Wenn das Bindungsbedürfnis beruhigt ist, kann der Säugling die Umwelt erkunden
15 Bindungs - Explorations -Wippe Bindung Erkundung Erkundung aktiviert Bindung de-aktiviert Bindung aktiviert Erkundung de-aktiviert
16 Stress-Toleranz-Fenster und Affekte Übererregung Sympathikus Dissoziation EINFRIEREN Panik Todesangst Aktivertes Bindungsbedürfnis + - Übererregung Parasympathikus Dissoziation TONUSVERLUST Modifiziert nach zptn-lutz-ulrich Besser
17 Feinfühligkeit Die Pflegeperson mit der größten Feinfühligkeit in der Interaktion wird die Hauptbindungsperson für den Säugling große Feinfühligkeit fördert eine sichere Bindungsentwicklung
18 Feinfühligkeit II Verhalten Sprache Rhythmus Blickkontakt Berührung
19 Feinfühligkeit Die Pflegperson muss die Signale des Säuglings wahrnehmen richtig interpretieren angemessen reagieren prompt reagieren
20 Sprachliche Interaktion Förderung einer sicheren Bindung durch die Verbalisierung der inneren Welt der affektiven Zustände der Handlungszusammenhänge des Säuglings
21 Rhythmus der Interaktion in Handlung und Sprache Förderung einer sicheren Bindung durch Wechselseitige Abstimmung in der Mutter- Säuglings-Interaktion und Kommunikation Korrektur von Missverständnissen / mismatches unsichere Bindung über-synchrone Interaktion und Kommunikation absolut asynchrone Interaktion
22 Blickkontakt Blickkontakt mit gelungener Abstimmung zwischen Säugling und Pflegeperson fördert die sichere Bindungsentwicklung
23 Berührung Feinfühlige Berührung und Körperkontakt zwischen Pflegeperson und Säugling fördert die sichere Bindungsentwicklung
24 Persönlichkeit von Pflegepersonen hilfreiche Eigenschaften für die sichere Bindungsentwicklung von Kindern Feinfühligkeit Emotionale Verfügbarkeit Verarbeitung von eigenen Traumata vor Pflege von Kindern Bereitschaft, eigene Traumata durch Psychotherapie zu verarbeiten Ressourcen
25 Videobeispiel Mutter-Kind-Interaktion Vater-Kind-Interaktion
26 Bindungsqualitäten I Sicher (ca. 60%) Unsicher Vermeidend (ca. 20%) Ambivalent (ca. 10%) Psychopathologie Desorganisiert (ca. 5-10%) Bindungsstörung (ca. 3-5%)
27 Desorganisierte Bindung Beginnende Psychopathologie in Bindungsbeziehungen als Mischung aus Episoden von Normalität in Bindungssituationen Episoden mit Symptomen und Verhaltensauffälligkeiten Im Kindesalter ADHS In der Adoleszenz Borderline-Symptomatik
28 Beginnende Psychopathologie mit unterschiedlichem Schweregrad desorganisierte Bindung ca. 5% bis 10% in Normal-Population Ansteigend in Risikogruppen bis 80%
29 Verhalten des Kindes bei desorganisierter Bindung I Widersprüchliches, nicht voraussagbares und rasch wechselndes Verhalten zwischen Nähesuche, Vermeidung, Ignorieren der Bindungsperson Stereotype motorische Verhaltensweisen "Unterwasser-Bewegungen" (verlangsamte Motorik) Motorisches Einfrieren (Freezing)
30 Verhalten des Kindes bei desorganisierter Bindung II Wiederholt für einig bis viele Sekunden wie im Halbschlaf oder Tagtraum ( Trance, dissoziativer Zustand) Nicht vorhersagbare, rasch wechselnde Affektausbrüche Plötzliche Liebesbekundung und Körperkontakt Wut Selbstverletzung Aggression gegen andere Personen oder Gegenstände Akute Körpersymptome Schmerzen Sucht
31 Ursachen der desorganisierten Bindung Ungelöstes Trauma der Eltern Auffälligkeiten der Pflegeperson in der Interaktion mit dem Kind Angstmachendes Verhalten Ängstliches Verhalten Hilfloses Verhalten In einzelnen Episoden Wiederholung des Traumas mit eigenem Kind (Gewalt)
32 Bindung und psychische Entwicklung Sichere Bindung SCHUTZ Un-sichere Bindung RISIKO
33 Folgen der Bindungsentwicklung (1) Sichere Bindung Schutzfaktor bei Belastungen Mehr Bewältigungsmöglichkeiten Sich Hilfe holen Mehr gemeinschaftliches Verhalten Empathie für emotionale Situation von anderen Menschen Mehr Beziehungen Mehr Kreativität Mehr Flexibilität und Ausdauer Mehr Gedächtnisleistungen und Lernen
34 Folgen der Bindungsentwicklung (2) Un-Sichere Bindung Risikofaktor bei Belastungen weniger Bewältigungsmöglichkeiten Lösungen von Problemen eher alleine Rückzug aus gemeinschaftlichen Aktivitäten weniger Beziehungen Mehr Rigidität im Denken und Handeln Weniger prosoziale Verhaltensweisen schlechtere Gedächtnisleistungen und Lernen
35 Bindungsrepräsentationen der Erwachsenen sicher-autonom unsicher distanziert verstrickt ungelöstes Trauma (Zusatzmuster)
36 Ursachen von Bindungsstörungen Multiple unverarbeitete Traumatisierungen von Kindern durch Bindungspersonen Sexuelle Gewalt Körperliche Gewalt Massive Vernachlässigung Häufig wechselnde Bezugssysteme Multiple Verluste Miterlebte Gewalt in allen Formen (Augenzeuge) Verletzung von Bindungspersonen durch Gewalt
37 Entstehung von Bindungsstörungen als Psychopathologie I wiederholte Traumatisierung des Kindes in der frühen Kindheit häufig in der Bindungsbeziehung nicht vorhersehbar willkürlich Vernachlässigung, Trennungen, Gewalt Todesbedrohung
38 Auslöser ( Trigger ) für Trauma-Erinnerung Trigger im Verhalten des Säuglings, Kindes, Jugendlichen Bindungswünsche, Nähe Weinen, Kummer, Schmerz, Bedürftigkeit Ablösung, Abgrenzung Trigger in der affektiven Erregung unbewußte Vorgänge!!!
39 Re-Inszenierung des Traumas In der Interaktion mit dem Säugling Zurückweisung der Nähewünsche -Vermeidung Abrupte Handlungsabbrüche Gewalt Überstimulation (sexuell-sensorisch) In der affektiven Kommunikation Übertragung der Trauma-Affekte Wut, Scham, Erregung
40 Folgen von Bindungsstörungen - I - Zerstörung der sicheren emotionalen Basis Verlust von emotionaler Sicherheit und Vertrauen mangelnde Beziehungsfähigkeit Hochgradige Verhaltensstörung in bindungsrelevanten Situationen
41 Folgen von Bindungsstörungen - II - Störung in der Entwicklung des Gehirns Störungen in der Stressregulation
42 Folgen von Bindungsstörungen IV Angst und Panikstörung Depression Somatoforme Störungen Desorganisation Derealisation Depersonalisation Dissoziation Sucht
43 Neurobiologie Veränderungen nach Trauma 1. Stufe der Bewältigung Suche nach Bindungsperson Sicherheit, Beruhigung 2. Stufe der Bewältigung Aktivierung von archaischen Notfallreaktionen Flucht oder Kampf Erstarrung Ohnmacht und Hilflosigkeit Langanhaltende Stimulation der Hormonsysteme für Stresshormone
44 Neurobiologie Veränderungen nach Trauma Destabilisierung und Regression von Cortisol-sensitiven Neuronen im Hippocampus, limbischen System und präfrontalen Cortex Massive Erregung der Neuronen durch exzitatorische Reize (Glutamat) Degeneration von Neuronen
45 Störungen der Hirnentwicklung nach Trauma (Deprivationsforschung bei Tieren) Abbau von Nervenzellen im Gehirn Verringertes Hirnvolumen Erweiterte Hirninnenräume
46 Bindungsstörungen ohne Bindung Promiskuität Übererregung Hemmung Aggression Unfall-Risiko Rollenwechsel Sucht Psychosomatik
47 Diagnostik I Bindungs-Trauma-Anamnese Suche nach Auslösern für Aktivierung des Bindungssystems durch Traumaerfahrungen
48 Diagnostik II Trennungs-Test für Vorschulkinder (2-6 J.) Puppenspiel (3-12 J.) - Geschichtenergänzung Kinder-Bindungsinterview (CAI)
49 Diagnostik III Erwachsenen-Bindungs-Interview Adult-Attachment-Interview von Mary Main Erwachsenen-Bindungs-Projektionstest Adult-Attachment-Projective Test von Carol George
50 Therapie von Bindungsstörungen Phase 1 Herstellung einer sicheren emotionalen therapeutischen Bindung Therapeutische Feinfühligkeit Bindungsstörungen mit bizarren Interaktionsmustern
51 Therapie von Bindungsstörungen Phase 2 Exploration der Lebensgeschichte Erfahrungen von Trennung Verlust Trauma
52 Therapie von Bindungsstörungen Phase 4 Veränderung von Realbeziehungen Trauerarbeit Veränderung der Bindungsrepräsentation Earned secure = erworbene Bindungssicherheit
53 Therapie von Bindungsstörungen Phase 5 Abschied in der Therapie - Exploration Intervallbehandlung Sichere emotionale therapeutische Beziehung wird nicht aufgelöst Kürzere Behandlungsphasen zu späteren Zeiten Rückgriff auf therapeutische Beziehung
54 SAFE SICHERE AUSBILDUNG FÜR ELTERN Ein Präventionsprogramm zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern und Kind
55 Ziele der primären Prävention Förderung der psychischen Gesundheit von Eltern und Kindern Entwicklung von sicherem Bindungsverhalten Sensibilisierung der Eltern für die emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder Einübung von feinfühligem Interaktionsverhalten Verarbeitung von elterlichen Traumatisierungen Durchbrechung von Teufelskreisen
56 Zielgruppen Werdende Väter und Mütter Erstgebärende Mehrgebärende Paare und Alleinerziehende Motivation für emotionale Entwicklung ihres Kindes
57 Module von SAFE Pränatal Postnatal Hotline Traumatherapie
58 SAFE - Mentor- Multiplikatoren Weiterbildung in SAFE für Hebammen Schwangerschaftsberaterinnen Krankenschwestern Geburtshelfer Kinderärzte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Psychologen u. a.
59 B.A.S.E. Babywatching Ein Präventionsprogramm zur Vorbeugung von aggressiven und ängstlichen Verhaltensstörungen in Kindergarten und Schule
60 B.A.S.E. Informationen über die Ausbildung B.A.S.E.-GruppenleiterIn oder MentorIn
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64 DVD Nähe zulassen SAFE-Info DVD für Fachpublikum SAFE-Info DVD für Eltern Babywatching im Kindergarten Babywatching in der Schule
65 Internationale Konferenz Oktober in München Bindungen und Sucht Attachment and Addiction Information and Programm an: Geber-Reusch@t-online.de
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