Gipskleber. Materialbeschrieb. Hintergrund. Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe

Größe: px

Ab Seite anzeigen:

Download "Gipskleber. Materialbeschrieb. Hintergrund. Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe"

Rudolph Messner
vor 6 Jahren
Abrufe

Materialgruppen: Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe Materialbeschrieb Gipskleber sind Werktrockenmörtel aus hochwertigen Gipsrohstoffen und Zusätzen zur verbesserten Verarbeitung.

Um die Haftung nicht zu beeinträchtigen, dürfen ihnen keine weiteren Zusätze beigemischt werden und der Untergrund muss sauber, frostfrei und trocken sein.

1 Materialgruppen: Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe Materialbeschrieb Gipskleber sind Werktrockenmörtel aus hochwertigen Gipsrohstoffen und Zusätzen zur verbesserten Verarbeitung. Gipskleber haben eine hohe Klebkraft und können ohne aufzubrennen auf null ausgezogen werden. Um die Haftung nicht zu beeinträchtigen, dürfen ihnen keine weiteren Zusätze beigemischt werden und der Untergrund muss sauber, frostfrei und trocken sein. Gipskleber bestehen hauptsächlich aus Gipsbindemitteln und enthalten keine Zuschlagstoffe. Gipskleber ist aussergewöhnlich stark. Einige Sorten Gipskleber enthalten Glasfasern, die weiter die Festigkeit des Produktes erhöhen. Wie bei Einschicht-Weissputz werden vier Qualitätsstufen unterschieden. Q1 eignet sich für nicht sichtbare Flächen sowie für das Auftragen von Fliesen. Q2 gilt als Standardausführung und eignet sich zum Tapezieren. Auf Q3 können matte Farbanstriche aufgebracht werden. Für Oberflächen mit höchsten Qualitätsanforderungen ist Q4 einzuhalten. Gipskleber eignen sich zum Vermauern von Gips-Wandbauplatten und können auch als Flächenspachtelung, zum Ansetzen von Stuckelementen, zum Füllen von Löchern oder Rissen sowie als Reparaturspachtel verwendet werden. Es ist zu beachten, dass sich nicht alle Gipskleber zur nachträglichen Verfliesung eignen. Für hydrophobierte Gips-Wandbauplatten sind imprägnierte Gipskleber zu verwenden. Gemischt mit Einschicht-Weissputz können Gipskleber auch als günstige Haftputze verwendet werden. Handelsnamen: Rigips AGK Plus Gipskleber / Spachtel, Fixit 410, Fixit 412, MultiGips Kleber Classic Weiss 90 Hintergrund Geschichte: Gips ist als Baumaterial seit Jahrtausenden bekannt. Seit den 1950er-Jahren entstand mit dem Aufkommen von Autoklavengips (Calciumsulfat-alpha-Halbhydrat) und Zusätzen zur verbesserten Verarbeitung MATERIAL ARCHIV / 6

2 die Möglichkeit, Gipsprodukte mit genau definierten Eigenschaften für verschiedene Anwendungen abzustimmen und industriell zu mischen. Diese Produkte nennt man Werktrockenmörtel. Ökonomie: In Europa hat sich die Werkmörtelindustrie seit den 1960er-Jahren als neuer Wirtschaftsfaktor innerhalb der Bauindustrie entwickelt. Die Anlagentechnik erlaubt inzwischen eine wirtschaftliche Produktion nicht nur von Massenprodukten, sondern auch von einer grossen Anzahl spezifischer Produkte, die teilweise just in time hergestellt werden. Mit Gipskleber vermauerte Gips-Wandbauplatten lassen sich einfach und schnell erstellen und sind schon nach einem Tag zum Streichen oder Tapezieren bereit. Diese Vorteile kommen einer schnellen, flexiblen Bauweise entgegen. Ökologie: Die Herstellung und Verarbeitung von Gips ist ökologisch unbedenklich. Wie organische Werkstoffe dürfen Gipsabfälle aber nicht auf Inertstoffdeponien entsorgt, sondern müssen in geschlossenen Deponien abgelagert werden, denn Wasser kann aus dem Gips Sulfate herauslösen, die bei fehlender Abdichtung das Grundwasser belasten. Recycling: Grundsätzlich kann reiner Gips beliebig oft rezykliert werden, und zwar ohne Beeinträchtigung der Materialeigenschaften und der Qualität. Gipskleber fällt als Abbruchmaterial hauptsächlich zusammen mit Gips-Wandbauplatten an. Diese bestehen fast ausschliesslich aus reinem Stuckgips, müssen aber von Verunreinigungen wie Tapeten, Putzen usw. getrennt werden wurde in Dänemark ein Verfahren zur Aufbereitung von Gipsabfällen entwickelt; es wird bereits in mehreren Ländern eingesetzt, seit 2011 auch in der Schweiz. Die Qualität der gewonnenen Recyclingprodukte ist so hoch, dass diese wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden können. Herstellung Fertigung: Gipskleber sind genau rezeptierte Mörtel-Fertigmischungen, sogenannte Werktrockenmörtel. Gips und Zusätze werden im Herstellerwerk exakt gemischt und in Papiersäcke abgefüllt. Gipskleber müssen auf der Baustelle lediglich mit Wasser angemischt werden und weisen klar definierte Eigenschaften auf. Eigenschaften Kennwerte beziehen sich auf: Wenn nichts anderes angegeben, beziehen sich die Kennwerte auf den festen, trockenen Endzustand. Zusammensetzung/Analyse: Bindemittel: Calciumsulfat-alpha-Halbhydrat, Calciumsulfat-beta-Halbhydrat, Anhydrit (>95%) Zusätze: Haftvermittler, Wasserrückhaltemittel, Abbinderegler (0,5-1,5%) MATERIAL ARCHIV / 6

3 Beimischungen, Art: Zusätze wie Wasserrückhaltemittel, Luftporenbildner, Abbinderegler, Haftvermittler Besonderheiten: Mit Wasser angerührter Gipsmörtel bindet zu einer festen Masse ab. Beim Abbinden von Gipsmörtel handelt es sich um einen Kristallisationsprozess. Nachweis: Gipskleber ist mit dem Fingernagel ritzbar. Europäische Normen (EN): EN Erscheinung Farbe: Geruch: Weisstöne neutral Beständigkeit Gips ist in trockenen Innenräumen beständig, jedoch nicht für Nassräume oder im Aussenbereich mit hoher Feuchtigkeitsbelastung geeignet. Für Feuchträume sind hydrophobierte Gips-Wandbauplatten und imprägnierte Gipskleber zu verwenden. Biologische Schadensfaktoren: Gips ist bei Dauerfeuchte schimmelpilzanfällig und verliert an Festigkeit. Temperaturbeständigkeit: bedingt beständig Gips soll nicht langfristig Temperaturen von über 45 C ausgesetzt werden. Bei dieser Temperatur beginnt das Dihydrat des abgebundenen Gipses langsam zu Halbhydrat zu dehydrieren und verliert an Festigkeit. Temperaturwechselbeständigkeit: unbeständig Mechanische Eigenschaften Abbindezeit: Biegezugfestigkeit: Dichte [ρ]: Druckfestigkeit: Einstreumenge in 1 Liter Wasser: Elastizitätsmodul: Härte nach Mohs: bis min 1.50 bis 2.00 N/mm bis kg/m bis 4.00 N/mm bis g/l 2.00 bis 3.00 N/mm Mohs MATERIAL ARCHIV / 6

4 Kornfeinheit: Schüttdichte: Strichfarbe: Verarbeitungszeit: bis mm bis kg/m3 weiss bis min Hygrische Eigenschaften 8.00 bis Wasserdampfdiffusionswiderstandszah l [µ]: Thermische Eigenschaften Brandverhalten: nicht brennbar Längenausdehnungskoeffizient: 2.00 x /K Spezifische Wärme [c]: bis 1.10 KJ/KG*K Wärmeleitfähigkeit/-zahl [λ]: bis W/mK Zersetzungstemperatur: bis C Chemische Eigenschaften ph-wert: 7.00 Verträglichkeit Kompatibilität: Um die Hafteigenschaften von Gipskleber nicht zu negativ zu beeinflussen, sollen ihm keine zusätzlichen Stoffe beigemischt werden. Es ist zu beachten, dass Stahl durch Gips nicht wie durch Zement vor Erosion geschützt wird. Quellen der Kennwerte Bundesverband der Gipsindustrie e. V. (Hrsg.) (2006). GIPS-Datenbuch. Darmstadt. Merkblätter des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbandes SMGV. Merkblätter sowie Produkte- und Sicherheitsdatenblätter diverser Hersteller von Gipsklebern. Bearbeitung Lieferformen: Papiersäcke zu 25 kg Formen und Generieren: frei auftragen, spachteln, streichen MATERIAL ARCHIV / 6

5 Oberflächenbearbeitung: Oberflächenbehandlung: Trennen und Subtrahieren: raspeln, schleifen bedrucken, bemalen, folieren, folienbeschichten, imprägnieren, lackieren, ölen, tapezieren, verputzen bohren, feilen, fräsen, raspeln, sägen, schneiden Arbeitsschutz: Atemschutz: Beim Umgang mit getrocknetem Gips wird bei hoher Staubentwicklung eine Atemschutzmaske empfohlen. Augenschutz: Bei Spritzgefahr Schutzbrille tragen Handschutz: Nicht erforderlich Körperschutz: Arbeitskleider tragen Nicht einnehmen. Konservierung Schutz und Pflege: Gipspulver soll nicht gefrieren und ist im Trockenen 3-6 Monate lagerfähig. Abgebundener, noch feuchter Gips darf nicht gefrieren. Abgebundener Gips kann mit lauwarmem Wasser und etwas Seife sanft gereinigt werden. Anwendung Anwendungsgebiete: Bauindustrie, Innenausbau Anwendungsbeispiele: Vermauern von Gips-Wandbauplatten, Bestandteil von Haftputz, Ansetzen von Stuckelementen, Reparaturspachtel, Flächenspachtel Sammlungen Muster in folgenden Sammlungen: ETH Zürich Baubibliothek, Gewerbemuseum Winterthur, Sitterwerk St. Gallen, ZHdK Medien- und Informationszentrum Standort in der Sammlung ETH Zürich Baubibliothek: BG-KL Bindemittel Gips > Kleber Gewerbemuseum Winterthur: Mineralische Werkstoffe > Schublade 7 Quellennachweis Verwendete Quellen: Bundesverband der Gipsindustrie e. V. (Hrsg.) (2006). GIPS-Datenbuch. Darmstadt. MATERIAL ARCHIV / 6

6 Leixner, S., & Raddatz, A. (1985). Der Stukkateur. Stuttgart: Julius Hoffmann. Schwiete, H. E., & Knauf, A. N. (1968). Gips, Alte und neue Erkenntnisse in der Herstellung und Anwendung der Gipse. Merzig: Merziger Druckerei und Verlag GmbH. Binder, P., Schaumann, F., Haas, M., & Läppe, K. (Hrsg.) (1985). Stukkateur Handbuch - Die Gipserfibel. Reprint nach der 3. Auflage von ca Hannover: Th. Schäfer. Merkblätter des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbandes SMGV. Merkblätter sowie Produkte- und Sicherheitsdatenblätter diverser Hersteller von Gipsglätter und Flächenspachtel. Expertin / Experte: Walter Keller Material-Archiv-Signatur: MIN_WER_GIP_9 Stand: (Online-Schaltung: ) Permalink: materialarchiv.ch/detail/1219 MATERIAL ARCHIV / 6

Ähnliche Dokumente

Gips-Kalkputz. Materialbeschrieb. Hintergrund. Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe

Gips-Kalkputz. Materialbeschrieb. Hintergrund. Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe Materialgruppen: Mineralische Werkstoffe > Gipswerkstoffe Materialbeschrieb Moderne Gips-Kalkputze sind Werktrockenmörtel mit Gips und Kalk als Bindemittel sowie einem hohen Anteil an Sand als Zuschlagstoff