Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie
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- Jörn Böhme
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1 W E R N E R H E I S E N B E R G Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie HIRZEL
2 Werner Heisenberg Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie
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4 Werner Heisenberg Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie 5. Auflage mit einer Einführung von Harald Fritzsch und einem Geleitwort von Anton Zeilinger S. Hirzel Verlag Stuttgart
5 Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzungen, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. 5. Auflage, unveränderter Nachdruck Auflage Auflage Auflage Auflage S. Hirzel Verlag Birkenwaldstraße 44, Stuttgart Printed in Germany Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart Druck: Hofmann, Schorndorf
6 V Geleitwort Wer meint, Heisenbergs physikalische Prinzipien der Quantentheorie, die Niederschrift seiner Vorlesungen an der Universität Chicago im Jahr 1929, wären lediglich von historischem oder philosophischem Interesse, der irrt. Im Gegenteil, seine Darstellung des, wie er es nennt, Kopenhagener Geistes der Quantentheorie ist eine klare Analyse der neuen Bedeutung und Rolle des Experiments in der Quantenphysik, die heute aktueller ist als je zuvor. Heisenberg konnte in seinen Analysen damals nur auf einige wenige Experimente Bezug nehmen, eine Tatsache, die auch dem Gedankenexperiment, gerade in den Frühzeiten der Quantentheorie, zu einer großen Blüte verhalf. Heute sind Experimente mit einzelnen Quantensystemen Routine in vielen Laboratorien. Die meisten der frühen Gedankenexperimente fanden direkte oder analoge Realisierung, und es gibt sehr viel mehr fundamentale Experimente zur Quantenphysik als zu Heisenbergs Zeiten. Die Interpretationsfragen sind jedoch heute genauso aktuell, wenn nicht aktueller als damals. Einiges in der heutigen Diskussion könnte jedoch durch Rückgriff auf die Wurzeln an Klarheit gewinnen. Ein konkretes Beispiel ist der Welle-Teilchen-Dualismus, heute noch immer im Zentrum der Diskussion. Heisenberg stellt klar, dass sowohl das Wellenbild als auch das Teilchenbild nur Analogien darstellen, die manchmal zutreffen, manchmal versagen, jedoch beide ihre Grenzen haben. Er stellt auch klar, dass viele Phänomene sowohl durch das Teilchen- als auch durch das Wellenbild erklärbar sind. Ein konkretes und sehr lehrreiches Beispiel ist etwa, wie eine Teilchenbahn in der Wilsonschen Nebelkammer in beiden Bildern verstehbar ist. Sofort intuitiv einsichtig ist ja das Teilchenbild: Danach stößt eben ein Alphateilchen der Reihe nach an verschiedene Atome entlang seiner Bahn. Genauso lässt sich das jedoch mit Hilfe des Wellenbildes verstehen. Hier kommt es durch Vorwärtsstreuung dazu, dass Atome de facto nur innerhalb von Streifen, wie Heisenberg sie nennt, in der Vorwärtsrichtung angeregt werden können. Dadurch bilden sich die Bahnen in der Nebelkammer aus. Analog zeigt Heisenberg umgekehrt, wie
7 VI Geleitwort die Beugung an einem periodischen Gitter, die wir üblicherweise im Wellenbild sehen, auch im Teilchenbild verstanden werden kann. Diese Dualität der Betrachtungsweise wäre sicher etwas, das man auch für heutige Experimente schärfen sollte. Widersprüche in der Interpretation treten nur dann auf, wenn man eine Aussage aus ihrem experimentellen Zusammenhang löst. Es hat also nur Sinn, im Kontext desjenigen Experiments über eine bestimmte Eigenschaft eines Systems zu sprechen, das gestattet, diese Eigenschaft tatsächlich zu messen. Die Übertragung von einem Experiment zu einem anderen muss zwangsläufig zu Widersprüchen führen. Es hat keinen Sinn, über Eigenschaften zu sprechen, die ein System in Wirklichkeit besitzt. Ein Problem ist, dass unsere klassische Sprache, die aus der Alltagserfahrung entstanden ist, uns gestattet, auch Sätze zu formulieren, die keinen Sinn ergeben. Heisenberg zählt dazu auch die Behauptung, dass es eine Welt gäbe, zu der es prinzipiell keine Verbindung geben kann. Eine Besinnung auf Aussagen dieser Art würde so manche der heutigen Interpretationsdiskussionen beträchtlich abkürzen. Der Kernpunkt der Quantentheorie, wie ihn Heisenberg nennt, liegt darin, dass eine Superposition verschiedener Möglichkeiten prinzipiell verschieden ist von einer statistischen Mischung. Daran ändern auch die heutigen Diskussionen zur Dekohärenz nichts, wie schon John Bell bemerkte, der davon sprach, dass die durch Dekohärenz erhaltenen Zustände nur for all practical purposes äquivalent zu den quantenmechanischen Zuständen sind. In der klassischen Physik beschreibt eine statistische Mischung ein gedachtes Ensemble verschiedener klassischer Systeme. Die Messung identifiziert dann lediglich, welcher dieser Fälle tatsächlich vorliegt. Im Gegensatz dazu hat die statistische Mischung der Quantenphysik eine doppelte Rolle: Einerseits kann sie ein Ensemble vieler verschiedener Systeme beschreiben, genauso wie in der klassischen Physik; andererseits kann jedoch auch die Situation eine solche sein, dass sich ein einzelnes quantenmechanisches System durch Kopplung an die Umgebung nicht mehr in einem reinen Zustand befindet. In diesem Fall wählt die Messung nicht eines der Systeme aus, da wir ja nur ein einziges System vor uns haben, sondern reduziert den Zustand auf eine der Möglichkeiten. Interessant ist die Frage, wo auf diesen Übergang vom einzelnen System zum Resultat der Beobachtung die Grenze zwischen quantenphysikalischer Beschreibung und klassischer Beschreibung zu legen ist. Diese Grenze ist, wie Heisenberg wieder anhand der Wilson schen Nebelkammerspuren sehr schön zeigt, bis zu einem gewissen Punkt willkürlich. Wenn es nur um die Beschreibung der Spur selbst geht, macht es keinen Unterschied, ob man die Atome, an denen das Alphateilchen streut, noch in das Quantensystem einbezieht oder nicht. Aus moderner Sicht kann man ergänzen, dass es dann einen Unterschied macht, wenn man die Verschränkung zwischen
8 Geleitwort VII dem beobachteten Alphateilchen und den Atomen mit in die Betrachtung einbezieht. Die Entstehung dieser Verschränkung ist eine unitäre Evolution, die im Prinzip reversibel sein müsste, eine Herausforderung an künftige Experimentatoren. Aus heutiger Sicht könnte man einige der Aussagen Heisenbergs vielleicht etwas schärfen, insbesondere in Hinblick auf den enormen experimentellen Fortschritt, den es seit damals gab. So zeigen zum Beispiel Experimente an der Quanteninterferenz von Makromolekülen sehr klar, dass es tatsächlich eine Frage des experimentellen Apparates ist, ob ein einzelnes System sich quantenmechanisch verhält oder klassisch. An den grundsätzlichen Aussagen würde Heisenberg wohl nichts ändern, obwohl er vielleicht stellenweise etwas vorsichtiger wäre. Zum Beispiel ist die oft sprachlich implizierte Identifikation von makroskopisch mit klassisch und ebenso die Identifikation von mikroskopisch mit quantenmechanisch heute nicht mehr haltbar. Dies dürfte jedoch schon bei Heisenberg eine aus der damaligen experimentellen Situation verstehbare, naheliegende Assoziation gewesen sein. Heute kann man wohl auch die Rolle des Beobachters im Quantenexperiment gegenüber Heisenbergs Zeiten schärfen. Der Übergang von Superposition zu einem statistischen Gemisch ist als Informationsfluss des Quantensystems zu einem anderen System verstehbar, der im Prinzip reversibel ist. Es geht darum, dass es durch die Kopplung an ein anderes System nicht zu einer Kenntnis durch den Beobachter kommt, sondern zur Möglichkeit, dass ein Beobachter eine bestimmte Kenntnis erlangen könnte. Erst damit, dass ein Beobachter diese Kenntnis tatsächlich erlangt, wird die Situation endgültig und für alle Zeiten reversibel, und der Übergang von Möglichkeit zu Wirklichkeit findet statt. Die Lektüre von Heisenbergs Analyse verschiedener Experimente sei jedem Experimentator empfohlen, der heute Experimente zu den Grundlagen der Quantenphysik durchführt. Es würde sicher zu Heisenbergs Ziel beitragen, das er mit diesem Buch verfolgt hat, nämlich den Glauben an die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie durch tatsächliches Verständnis zu ersetzen. Heisenberg drückt am Ende seines Buchs auch die Erwartung aus, dass die Zukunft eine noch stärkere Einschränkung der klassischen Begriffswelten mit sich bringen wird. Dazu kann sicherlich eine saubere Analyse aktueller Experimente in seinem Sinn wesentlich beitragen. Wien, Juni 2008 Prof. Dr. Anton Zeilinger
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10 IX Werner Heisenberg und die Quantenphysik Die Quantenphysik ist die Wissenschaft der Mikrophysik: der Moleküle, der Atome und der Atomkerne. Darüber hinaus spielt sie eine große Rolle in der Festkörperphysik. Sie liefert die Grundlagen für die Lasertechnik, die Transistoren, das Tunnelmikroskop, die Mikroelektronik und die Mobiltelefone. Mehr als ein Drittel des Bruttosozialprodukts der Welt beruht heute auf der Quantenphysik. Kosmologen verwenden sie, um den Ursprung des Universums zu erkunden. Astrophysiker beschreiben mit ihr die Dynamik der Sterne. Die Quantenphysik ist die Grundlage der Elementarteilchenphysik und soll erklären, was die Welt im Innersten zusammenhält. In der Geschichte der Physik gibt es eine Reihe von wichtigen Schritten, die unsere Vorstellungen über die Natur vertieft haben. Der erste wichtige Schritt war die Einführung der klassischen Mechanik durch Isaac Newton im 17. Jahrhundert. Im 19. Jahrhundert erklärten Faraday und Maxwell, warum die Elektrizität und der Magnetismus Manifestationen eines elektromagnetischen Feldes sind. Das war die Geburt der Elektrodynamik, die durch die Maxwell schen Gleichungen beschrieben wird. Einsteins Spezielle Relativitätstheorie zeigte auf, dass Raum und Zeit eine Einheit bilden, die vierdimensionale Raum-Zeit. Die Einführung der Quantenmechanik war der wichtigste Schritt seit Einführung der klassischen Mechanik. Eine kleine Gruppe hochbegabter junger Physiker, an ihrer Spitze Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli und Erwin Schrödinger, entwarf die neue Lehre von den Quantenprozessen und den Atomen, aufbauend auf den Ideen von Max Planck, Niels Bohr und Arnold Sommerfeld, in den Jahren nach Es gibt in der Physik eine ganze Reihe von Phänomenen, die man mit der klassischen Physik nicht beschreiben kann. Beispiele sind die Größe der Atome, der Moleküle und der Atomkerne, die chemischen Bindungen und die Stabilität der Atome und der Atomkerne. Mit Hilfe der Quantenphysik ist es möglich geworden, diese Phänomene zu verstehen und oft auch zu berechnen. Um die Hohlraumstrahlung zu verstehen, hat sich Max Planck jahrelang mit der Wellentheorie des Lichtes beschäftigt, ohne jedoch eine Lösung zu
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