u.di informiert 2/07 Inhalt 1. Einführung

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1 Stellvertretende Vorsitzende Dorothee Gieseler Mitglied und Bevollmächtigter Gerd Böhm Neuland: Der Tarifvertrag Berufsunfähigkeit in Thüringen Erster Tarifvertrag zur Absicherung der Beschäftigten in der Personenbeförderung bei Berufsunfähigkeit Stuttgart, 2007 Die Absicherung bei Berufsunfähigkeit ist für alle Beschäftigten eine wichtige und häufig ungelöste Frage für die Beschäftigten in der Personenbeförderungsbranche ist sie ein besonderes Problem. Deshalb ist in Thüringen der bundesweit erste Tarifvertrag entwickelt worden, der den Beschäftigten in der Personenbeförderungsbranche die Möglichkeit eröffnet, mit der Sicherheit eines Tarifvertrages und einer berufsspezifischen Vorsorgelösung das Risiko der Berufsunfähigkeit finanziell abzufedern. Am 30. Oktober 2006 fand in Saalfeld die Auftaktveranstaltung statt. Der Thüringer Tarifvertrag ist der Pilotfall, mit dem Erfahrungen gewonnen werden sollen. Inhalt 1. EINFÜHRUNG DER ZUKUNFTS-TARIFVERTRAG BUF ZIEL DES TV BUF KEINE GESETZLICHE BERUFSUNFÄHIGKEITSABSICHERUNG ABSICHERUNG ÜBER DIE BETRIEBLICHE ALTERSVORSORGE? DIE LÖSUNG: PRIVATE BETRIEBLICH ORGANISIERTE ALTERSVORSORGE DIE GESETZLICHE VERSICHERUNGSAUFSICHT... 4 ANHANG Einführung Im Rahmen der Auftaktveranstaltung mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunalpolitik, Arbeitgeberverbänden, Nahverkehrsunternehmen, Presse, Vorsorgewerk und Vorsorgeträger ist die praktische Umsetzung des Tarifvertrages Berufsunfähigkeit (TV BUF) in Thüringen eingeleitet worden, der für die bundesrepublikanische Tariflandschaft Neuland bedeutet. Der Fachbereichsleiter Verkehr des ver.di Landesbezirks Thüringen, Kurt Wolf, hat seit längerer Zeit das Ziel verfolgt, für das Fahrpersonal ein Angebot für eine ergänzende Berufsunfähigkeitsrente tarifvertraglich abzusichern. Dies ist mit dem neuen Tarifvertrag TV BUF gelungen. Es ist der bundesweit erste Tarifvertrag entstanden, der den Beschäftigten in der Personenbeförderungsbranche die Möglichkeit eröffnet, mit der Sicherheit eines Tarifvertrages und einer berufsspezifischen Vorsorgelösung ihr spezielles Risiko der Berufsunfähigkeit finanziell abzufedern Seite 1 von 9 u.di/vw 1.3 Nr. 2/07

2 Die Berufsunfähigkeitsabsicherung wird allen Beschäftigen angeboten; die Umsetzung des Tarifvertrages muss betrieblich geregelt werden. u.di hat das Tarifvorhaben unterstützt und das inhaltliche und rechtliche Konzept entwickelt. Die ver.di Mitglieder haben einen Rechtsanspruch ( 6 Absatz 2 TV BUF) darauf, die Regelungen des TV BUF in Verbindung mit der ver.di Service GmbH durchzuführen. Vorsorgeträger ist die DBV-Winterthur, die mit u.di kooperiert. Der Vorsorgeträger ist für die praktische Umsetzung des Tarifvertrages in den Betrieben zuständig; die Beratung der Beschäftigten ist speziell ausgebildeten und legitimierten Beratern des Vorsorgeträgers vorbehalten. Der TV BUF in Thüringen ist für u.di und den Vorsorgeträger der Pilotfall. Damit sollen praktische Erfahrungen gewonnen werden, um die weiteren Schritte auf einer gesicherten Informationsbasis treffen zu können. 2. Der Zukunfts-Tarifvertrag BUF Mit dem TV BUF wird tarifpolitisches Neuland betreten. Der TV BUF ist ein Zukunfts-Tarifvertrag, der Beschäftigte in der Personenbeförderungsbranche darauf anspricht, ihr spezielles Berufsunfähigkeitsrisiko so früh wie möglich abzusichern. Hintergrund: Die gesetzliche Absicherung für jüngere Versicherte ist durch den Wegfall der Berufsunfähigkeitsrente und die Einführung der Erwerbsminderungsrente in der gesetzlichen Rentenversicherung stark eingeschränkt. 3. Ziel des TV BUF Ziel des Tarifvertrages ist es, den berufsunfähigkeitsbedingten Verlust des Personenbeförderungsscheines und eine gegebenenfalls dadurch ausgelöste Arbeitgeberkündigung des Arbeitsverhältnisses für die betroffenen Beschäftigten in wirtschaftlicher Hinsicht zu mildern. Maßgebend ist die in der Anlage zum TV BUF festgelegte Definition der Berufsunfähigkeit Fahrpersonal (BUF). Eine komplette Berufsunfähigkeitsabsicherung, die üblicherweise die gesetzliche Rente ergänzt und gemeinsam mit dieser 75 Prozent der Aktivenbezüge absichert, ist nicht Gegenstand des TV BUF, weil der Verlust des Personenbeförderungsscheines keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auslöst. 4. Keine gesetzliche Berufsunfähigkeitsabsicherung Aufgrund der gesetzlichen Änderungen zur Absicherung der Berufsunfähigkeit kommen die nach dem 1. Januar 1961 geborenen Beschäftigten nicht mehr in den Genuss der Berufsunfähigkeitsrente. Bei allen vor dem 2. Januar 1961 Geborenen kommt es zu drastischen Reduzierungen. Frühere Regelung: Konnte jemand den erlernten bzw. aktuellen Beruf nicht mehr ausüben, war er berufsunfähig und bekam eine Berufsunfähigkeitsrente. Konnte jemand überhaupt nicht mehr arbeiten, gab es die höhere Erwerbsunfähigkeitsrente. Seit 2001 gibt es nur noch eine Erwerbsminderungsrente. Das finanzielle Risiko der Berufsunfähigkeit ist durch die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr hinreichend abgesichert, der erlernte Beruf spielt keine Rolle mehr, sondern nur noch die generelle Arbeitsfähigkeit. Das bedeutet: Volle Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung liegt vor, wenn man dem Arbeitsmarkt weniger als drei Seite 2 von 9 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/07

3 Stunden täglich zu Verfügung steht, teilweise Erwerbsminderung, wenn man zwischen drei und sechs Stunden täglich irgendeiner Tätigkeit am Arbeitsmarkt nachgehen kann und keine Erwerbsminderung besteht, wenn man dem Arbeitsmarkt mehr als sechs Stunden täglich zur Verfügung steht. Demzufolge wird volle Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden pro Tag gezahlt, halbe Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zwischen drei und unter sechs Stunden pro Tag. Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit kommt es nur auf den Gesundheitszustand des Versicherten an. Mit der Einführung der Erwerbsminderungsrente hat der Gesetzgeber die Absicherung der Berufsunfähigkeit der Betrieblichen Altersvorsorge und der Privaten Vorsorge überantwortet. 5. Absicherung über die Betriebliche Altersvorsorge? Die Absicherung über die Betriebliche Altersvorsorge ist einerseits problematisch, weil der Versicherungsschutz an das Arbeitsverhältnis und gegebenenfalls die Entgeltzahlung gekoppelt ist. Kommt es hier zu Störungen/Abweichungen, so kann unter Umständen der Schutz gefährdet sein. Andererseits können hier aber auch Vorteile liegen. Nämlich dann, wenn es sich um eine obligatorische Berufsunfähigkeitsabsicherung für alle Beschäftigten eines Unternehmens handelt und damit negative Selektionseffekte ausgeschlossen sind. Diese Form der Berufsunfähigkeitsabsicherung ist aber in der Praxis nicht weit verbreitet. Wenn überhaupt, wird in der Regel nur die geringerwertige Erwerbsminderungsrente zugesagt. 6. Die Lösung: Private Betrieblich Organisierte Altersvorsorge Damit liegt für den Fall der Berufsunfähigkeitsabsicherung der vorgezeichnete Weg bei der Privaten Vorsorge. Diesen Weg geht der TV BUF als tarifvertraglich abgesicherte Betrieblich Organisierte Altersvorsorge (BOA). Dabei ist folgendes zu beachten. In der Regel geht das Ende der Berufsunfähigkeitsabsicherung nicht nahtlos in den Beginn der gesetzlichen Rente über. Es klafft eine zeitliche Lücke. Das liegt daran, dass eine Absicherung des Berufsunfähigkeitsrisikos bis zum gesetzlichen Altersrentenbeginn mit Alter 65 (künftig stufenweise bis 67) einen so hohen Risikobeitrag erfordern würde, dass die Versicherung für den Beschäftigten wirtschaftlich uninteressant und unsinnig wäre. Deshalb ist im TV BUF vorgesehen, dass im Regelfall eine Kombinationslösung von Berufsunfähigkeitsrente und Altersrente gewählt werden sollte. Dabei sind die im TV BUF festgelegten Alterskriterien Höchstaufnahmealter 55. und Versicherungs-/Leistungsendalter 60. Lebensjahr immer nur als Eckwerte zu verstehen. Maßgebend muss immer die Einzelfallprüfung sein: Ob es z.b. Sinn macht, im 50. Lebensjahr noch eine Berufsunfähigkeitsrente abzusichern oder z. B. den Leistungsbezug bis zum 60. Lebensjahr zu vereinbaren, muss in der Einzelfallprüfung geklärt werden. Vielleicht wird der frühere Bezug einer Altersrente die wirtschaftlichere Lösung sein Seite 3 von 9 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/07

4 Jeder Einzelfall muss geprüft werden. Deshalb ist auch die im TV BUF festgelegte persönliche Beratung so wichtig, die der Vorsorgeträger für jeden Betrieb und alle Beschäftigten kostenfrei sicherstellen wird. Die Beratung orientiert sich an den individuellen Verhältnissen der Beschäftigten, die ein Beratungsprotokoll erhalten. 7. Die gesetzliche Versicherungsaufsicht Vorsorgeträger unterliegen hohen Auflagen des Versicherungsaufsichtsgesetzes und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die strikt eingehalten werden müssen. Das heißt: Jeder Vorsorgeträger muss jederzeit seine Verpflichtungen aus den abgeschlossenen Versicherungsverträgen erfüllen. Das verpflichtet zu verantwortungsvollen Annahmebedingungen und risikogerechter Kalkulation der Beiträge. Das sind zwingende Auflagen im Interesse der Versicherten. Zu den Annahmebedingungen gehört auch die Gesundheitsprüfung. Jeder Vorsorgeträger muss genau prüfen, welche Risiken er versichern kann und darf. Beim Fahrpersonal liegt eine besondere Situation vor, die dem Vorsorgeträger die Entscheidung erschwert. Es geht um den Verlust des Personenbeförderungsscheins aus medizinischen Gründen und die dadurch ausgelöste Berufsunfähigkeit sowie dem gegebenenfalls daraus folgenden Verlust des Arbeitsverhältnisses. Das ist eine nur ganz schwer einschätzbare Risikosituation. Auch für unsern Vorsorgeträger war es nicht leicht, in das Risiko des TV BUF einzutreten. Nach sorgfältiger Prüfung konnte er sich aber dazu entschließen. Als der Spezialversicherer für den öffentlichen Sektor ist er auch der Kompetenzträger in diesem Markt und als Partnerunternehmen im ver.di Mitgliederservice wird auch in diesem Rahmen seiner Verantwortung gerecht. 8. Weitere Informationen Für weitere Informationen steht zur Verfügung: Willi Mück, u.di e Konzeption und Inhalte Dorothee Gieseler, Gerd Böhm, Willi Mück Redaktion Monika Schelenz Verantwortlich Willi Mück, Vorsitzender u.di Unterstützungs- und Vorsorgewerk für den Dienstleistungsbereich e.v. Industriestraße 24, Stuttgart; Tel.: ; Fax: ; Mobil: stuttgart@u-di.de; Amtsgericht Stuttgart, Vereinsregister Nr BOA mit u.di: Registernummer Deutsches Patent- und Markenamt Zur besseren Lesbarkeit werden nur männliche Formulierungen verwendet; sie gelten für Männer und Frauen Seite 4 von 9 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/07

5 Anhang (1): Presseberichte zum TV BUF Seite 5 von 9 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/07

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9 Anhang (2): Artikel in der Welt am Sonntag am 10. Dezember 2006 (...) In 90 Prozent aller Haushalte fehlt eine Berufsunfähigkeitspolice, schätzt der Bund der Versicherten (BdV.) ( ) Immer wichtiger wird die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit. Denn diese Versicherung ist ein Muss für jeden, der auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist vor allem dann, wenn er nach 1960 geboren ist. Denn diese Generation kann nicht mehr auf den Schutz durch die gesetzliche Rente im Falle einer Berufsunfähigkeit hoffen. Wer aus finanziellen Gründen abwägen muss, ob er eine Unfall- oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, sollte der Berufsunfähigkeitspolice den Vorrang geben. Grund: Das Risiko, wegen Krankheit nicht mehr arbeiten zu können, ist viel größer, als durch einen Unfall invalide zu werden und kein Geld mehr verdienen zu können nur rund zehn Prozent aller Fälle von Berufsunfähigkeit sind auf Unfälle zurückzuführen. Hinzu kommt, dass die Berufsunfähigkeitspolice auch bei Erwerbsunfähigkeit aufgrund eines Unfalls zahlt. Tritt der Ernstfall ein, erhält der Versicherungsnehmer eine monatliche Rente für die Dauer der Berufsunfähigkeit wenn nötig für das restliche Leben. In der Regel zahlt die Assekuranz die vollen Monatsrente ab 50 Prozent Berufsunfähigkeit. Bei Abschluss der Police ist eine umfassende Gesundheitsprüfung nötig. (...). e Seite 9 von 9 u.di/vw 1.3. u.di informiert 2/07