Bedeutung des Hausarztes und des Facharztes in der ambulanten Versorgung Demenzkranker
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- Walter Ralf Frei
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1 Bedeutung des Hausarztes und des Facharztes in der ambulanten Versorgung Demenzkranker Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen Tag der Versorgungsforschung der KVB München, 27. Oktober 2016
2 Themen 1. Welche Ärzte versorgen Menschen mit Demenz in Deutschland? 2. Was fordern Demenz-Leitlinien zur Diagnostik? 3. Wie sieht die Realität der Demenzdiagnostik aus? 4. Wie sieht die Versorgung der Demenzpatienten nach einer Leitlinien-Schulung (Projekt IDA ) aus? 5. Wie kann ein kooperatives ärztliche Versorgungskonzept bei Demenz aussehen? 6. Resümee 2
3 1. Beteiligte Fachgruppen an der Versorgung neu erkrankter Personen mit Demenz (Deutschland, 2009) Fachgruppe N % Nur Hausarzt ,5 Nur Facharzt ,9 Neurologe ,3 Nervenarzt/Psychiater ,6 Hausarzt/Facharzt ,8 Übergreifende Praxen ,7 Gesamt ,0 (Schulz et al., 2014) 3
4 2. Demenzdiagnostik: Ärztliche Untersuchung DGN/DGPPN: S3 Leitlinie Demenzen (Deuschl et al., 2016) Empfehlung 8: Grundlage der Diagnostik ist eine ärztliche Untersuchung unter Einschluss eines internistischen, neurologischen und psychopathologischen Befundes. [ ] Good clinical practice, Expertenkonsens 4
5 2. Demenzdiagnostik: Psychometrie DGN/DGPPN: S3 Leitlinie Demenzen (Deuschl et al., 2016) Empfehlung 6: Bei jedem Patienten mit Demenz oder Demenzverdacht sollte bereits bei der Erstdiagnose eine Quantifizierung der kognitiven Leistungseinbuße erfolgen [ ]. Good Clinical Pratice, Expertenkonsens Implementierung DEGAM-Leitlinie Demenz (Vollmar et al., 2010) In vielen Fällen werden (erlebte) Anamnese und Fremdanamnese sowie die körperliche Untersuchung ausreichen, um den Verdacht auf eine Demenzerkrankung zu erhärten. Psychometrische Testverfahren [ ] können jedoch die diagnostische Treffsicherheit des Arztes 5 erhöhen [ ].
6 2. Demenzdiagnostik: Bildgebende Verfahren DGN/DGPPN: S3 Leitlinie Demenzen (Deuschl et al., 2016) Empfehlung 21: Bei bestehendem Demenzsyndrom soll eine konventionelle cct oder cmrt zur Differenzialdiagnostik durchgeführt werden. Empfehlungsgrad A, Leitlinienadaptation NICE-SCIE 2007 Implementierung DEGAM-Leitlinie Demenz (Vollmar et al., 2010) Bildgebende Diagnostik sollte bei allen unklaren, untypischen oder rasch progredienten Verläufen und bei allen Patienten < 65 Jahre eingesetzt werden. 6
7 3. Werden Demenzen ausreichend diagnostiziert? Europaweite Online-Umfrage u.a. unter 100 Haus- & Fachärzten (Hausner et al., 2012) 69% der befragten Ärzte halten Demenzen für unzureichend diagnostiziert; Gründe u.a.: Ärzte zurückhaltend Frühsymptome (aufgrund diagnostischer Unschärfe) zu diskutieren & unzureichende Durchführung diagnostischer Maßnahmen (65%) Unannehmlichkeiten für Ärzte, Demenzdiagnosen mitzuteilen (55%) Zu geringer Nutzen einer Diagnosestellung aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten (52%) 7
8 3. Werden Demenzen zutreffend diagnostiziert? Abrechnungsdaten aus (Schulz et al., 2015): 47% unspezifische Diagnose (Demenz, nicht näher bezeichnet); nur 11% Alzheimer Demenz Nach der Schulung von Hausärzten (Laux et al., 2010): 33% unspezifische Diagnose Vorschlag (Laux et al., 2010): Die Diagnostik neurodegenerativer Erkrankungen bei prädemenziellen Phänotypen (wie etwa dem amnestischen Mild Cognitive Impairment) obliegt [ ] dem versierten Facharzt bzw. der Gedächtnisambulanz. 8
9 4. Projekt IDA ( ) - Initiative Demenzversorgung in der Allgemeinmedizin - Studiendesign Randomisierung der teilnehmenden Hausarztpraxen Datenerhebung A B C Schulung insbes. über Projektablauf und Demenzdiagnostik T0: Basisdokumentation und Angehörigeninterview Patientengewinnung Hausarzt vermittelt Angehörigengruppe ab dem 2. Jahr: Hausarzt vermittelt Zugehende Angehörigenberatung Hausarzt vermittelt Angehörigengruppe seit Beginn: Hausarzt vermittelt Zugehende Angehörigenberatung T1: Zwischenuntersuchung und Angehörigeninterview (nach 1 Jahr) T2: Abschlussuntersuchung und Angehörigeninterview (nach 2 Jahren) Studienende nach 2 Jahren oder bei Heimeintritt 9 (Holle et al., 2009)
10 4. Projekt IDA : Diagnostisches Vorgehen im Stadt-Land-Vergleich: 129 rekrutierende Hausärzte p =.013 Demenzpatienten im leichten oder mittleren Stadium: - Stadt: n= 95 - Land: n=295 % 10 (Donath et al., 2008)
11 5. Ein kooperatives Konzept zur Versorgung der Demenzen (im ärztlichen Bereich) Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen Demenzdiagnostik & Therapieempfehlung Weiterversorgung Hausarzt: Screening bei Verdacht auf MCI/Demenz Memory Clinic/ Gedächtnisambulanz Spezialisierte Facharztpraxen 11
12 6. Resümee Die Versorgung neu erkrankter Personen mit Demenz erfolgt mehrheitlich allein durch Hausärzte. Die Empfehlungen der Demenzleitlinien verschiedener ärztlicher Berufsgruppen unterscheiden sich zum Teil erheblich. In Deutschland besteht bezüglich Demenzdiagnostik eine Unterversorgung. 12
13 6. Resümee Eine systematische Schulung von Hausärzten führt zu einer leitliniengerechteren diagnostischen Versorgung. Diagnose und Differentialdiagnose der Demenzen benötigt eine multiprofessionelle ärztliche Zusammenarbeit. 13
14 Literatur Deuschl, G., Maier, W. et al. (2016). S3-Leitlinie Demenzen. In Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Ed.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie pdf Donath, C., Gräßel, E., Großfeld-Schmitz, M., Haag, C., Kornhuber, J., & Neubauer, S. (2008). Diagnostik und Therapie von Demenzerkrankungen in der hausärztlichen Praxis: ein Stadt-Land-Vergleich. Psychiatrische Praxis, 35, doi: /s Hausner, L., Damian, M., Jekel, K., Richter, M., & Frolich, L. (2012). Einstellungen und Wahrnehmungen zur Demenz-Versorgung in Deutschland. Daten aus der IMPACT-Umfrage. Deutsche Medizinische Wochenschrift, 137(25-26), doi: /s Holle, R., Gräßel, E., Ruckdäschel, S., Wunder, S., Mehlig, H., Marx, P., Pirk, O., Butzlaff, M., Kunz, S., Lauterberg, J. (2009). Dementia care initiative in primary practice - study protocol of a cluster randomized trial on dementia management in a general practice setting. BMC Health Services Research, 9(1), 91. doi: /
15 Literatur Laux, N., Melchinger, H., Scheurich, A., Schermuly, I., Germann, I., Hilgert, S., Lieb, K., Fellgiebel, A. (2010). Verbesserte ambulante Demenzversorgung: Das hausarztbasierte rheinland-pfälzische Modellprojekt "startmodem". Deutsche Medizinische Wochenschrift, 135(44), doi: /s Schulz, M., Bohlken, J., Hering, R., & Bätzing-Feigenbaum, J. (2014). Diagnostische und therapeutische Leistungsdichte von neu erkrankten, zu Hause lebenden Patienten mit Demenz (2009) (Versorgungsatlas- Bericht No. 14/06). Berlin. Schulz, M., Bohlken, J., Schulz, M., Hering, R., Stillfried, D. von, & Bätzing-Feigenbaum, J. (2015). Medikamentöse Behandlung von Patienten mit Demenz unter besonderer Berücksichtigung regionaler Versorgungsunterschiede (Versorgungsatlas-Bericht No. 15/07). Berlin. Vollmar, H. C., Abholz, H.-H., Egid, G., Mand, P., Butzlaff, M. E., & Wilm, S. (2010). Entwicklung und Implementierung der Leitlinie Demenz der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. DEGAM. Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin, 105,
16 Vielen Dank für Ihr Interesse! Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Leiter des Zentrums für Medizinische Versorgungsforschung Leiter des Bereichs Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie Psychiatrische Universitätsklinik Erlangen Schwabachanlage Erlangen Tel / Fax / elmar.graessel@uk-erlangen.de 16
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