Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt! Zum 67. Mal stehen wir heute, 66 Jahre nach. gedenken der Zerstörung der Stadt Pforzheim
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- Mona Fleischer
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1 Ausführungen Oberbürgermeister Gert Hager anlässlich der Gedenkfeier auf dem Hauptfriedhof Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt! Zum 67. Mal stehen wir heute, 66 Jahre nach dem Geschehen 1, an dieser Stelle. Wir gedenken der Zerstörung der Stadt Pforzheim am 23. Februar 1945 und der mehr als Menschen, die bei dem rund 20minütigen Luftangriff an diesem Tag ihr Leben verloren. Unter uns weilt auch Benjamin Wynne, der im Zeichen der Völkerfreundschaft der Stadt Pforzheim seit langem eng verbunden ist und zu dieser Gedenkveranstaltung eigens aus seiner englischen Heimat angereist ist. 1 Erläuterung, falls es Rückfragen gibt: Die erste Gedenkfeier fand noch im Jahre 1945 statt, deswegen ist die Gedenkfeier nach 66 Jahren die insgesamt 67.
2 Menschen nicht alle stammten sie aus Pforzheim; viele von ihnen waren von den Kriegsereignissen und der zynischunmenschlichen nationalsozialistischen Ideologie und ihrer gnadenlosen Umsetzung hierher geführt worden. Zwangsarbeiter zum Beispiel, die aus ihrer polnischen, französischen oder sowjetischen Heimat verschleppt wurden, um unter entwürdigenden Bedingungen mit ihrer Arbeitskraft die verbrecherische deutsche Kriegsmaschine am Laufen zu halten und die furchtbare Illusion zu nähren, dass deutsche Weltmachtträume womöglich doch noch wahr werden könnten.
3 - 3 - Zahlreiche alliierte Kriegsgefangene befanden sich ebenfalls in der Stadt, auch sie arbeiteten zwangsweise für den nationalsozialistischen deutschen Krieg. Eine unbekannte Zahl von Wehrmachtssoldaten und Verwundeten hatte es nach Pforzheim verschlagen, viele von ihnen teilten das Schicksal der Einheimischen, der Zwangsarbeiter und Gefangenen. Hitlers kategorischer Imperativ: Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein, schien für Pforzheim an jenem Abend zwischen und Uhr Wirklichkeit zu werden. 20 Minuten lang fiel Vernichtung vom Himmel.
4 - 4 - Schon zehn Monate zuvor, am 1. April 1944, hatten die Pforzheimer bei einem noch vergleichsweise glimpflich verlaufenen USamerikanischen Luftangriff vor Augen geführt bekommen, dass der Krieg längst Deutschland erreicht hatte das Land, das den Krieg vom Zaune gebrochen und der Welt aufgezwungen hatte, im unbegreiflichen Wahn, Weltmacht werden zu wollen. Nicht zuletzt sollten mit der Kriegsbeute die eigenen, durch die Hochrüstung entstandenen Schulden bezahlt werden der gestohlene Besitz der ermordeten oder zur Auswanderung gezwungenen Juden allein reichte dafür bei weitem nicht aus.
5 - 5 - Das Ausmaß dieser Schulden erfuhren die Deutschen 1948 bei der Währungsreform, als sie auch die finanzielle Rechnung des 1000jährigen Reiches präsentiert bekamen und begleichen mussten. Was damals wie das Ende aussah Pforzheim kannst Du vom Atlas streichen, schrieb Alfred Döblin im Juni 1946, war trotz des gigantischen Blutzolls aber auch ein Neuaufbau. Als Hans Blickensdörfer 1946 den Trümmerhaufen von entsetzlicher Trostlosigkeit erblickte, der einst die Stadt Pforzheim gewesen war, erschien es ihm unvorstellbar, dass in diesem Chaos Menschen
6 - 6 - leben. Die in Kellern und in Bretterverschlägen hausenden Menschen, die Blickensdörfer sah; die Straßen, deren Verlauf von der Position der Trümmerhaufen bestimmt war das alles war Anfang, auch wenn es damals vielleicht eher wie die Bewältigung des Endes aussah. Selbst das Grauen der letzten Kriegsmonate trug Keime des Anfangs in sich, auch dadurch, daß niemand die Lage in Deutschland falsch einschätzen und womöglich eine neue Dolchstoßlegende in die Welt setzen konnte. Das Ausmaß der Zerstörungen und der Not nicht nur in Pforzheim, sondern in allen vom Krieg erfassten Ländern entzog jeglichen
7 - 7 - revisionistischen Interpretationsübungen, neuen Dolchstoßlegenden, von vornherein den Boden. Es war und ist klar und es ist niemals zu beschönigen, dass dieser furchtbare Krieg von Deutschland ausging. Wir alle wissen, daß das Kriegsende 1945 nicht das Ende aller Kriege war. Auch in Mitteleuropa, das nach 1945 eine bis heute andauernde Friedensperiode erlebte, war die Angst vor einem erneuten Krieg schon 1948 wieder sehr konkret, und sie blieb bis zum Ende des sogenannten Kalten Krieges eine ständige Begleiterin. Deutschland durchlief in dieser Zeit eine weitreichende Veränderung. Schon die mögliche Wiederbewaffnung der
8 - 8 - Bundesrepublik stieß in der Öffentlichkeit auf erheblichen Widerstand. Nicht nur deswegen ist das Deutschland der Nachkriegszeit und vor allem das der Gegenwart ein anderes. Vieles von dem, was die deutsche Geschichte jahrzehntelang belastete, ist heute im Denken der großen Mehrheit überwunden. Das, was man im Nachkriegsdeutschland Vergangenheitsbewältigung nannte, war ein überaus steiniger Weg, den verschiedentlich Ewiggestrige und manche andere blockierten. Das Aufbegehren der jüngeren Generation um 1968 war insofern mehr als verständlich, sicher
9 - 9 - auch berechtigt und in vieler Hinsicht regelrecht notwendig. Wir verdanken es auch den 68ern, dass wir in Deutschland eine lebendige Erinnerungskultur haben, die auch heute, mehr als 60 Jahre nach Kriegsende, weit mehr ist als eine Pflichtübung. Wir dürfen nicht nachlassen, die notwendigen Lehren aus dem Grauen, aus der Erinnerung an den deutschen, an den nationalsozialistischen Krieg zu ziehen. Wir müssen diese Erkenntnisse das hohe Gut der Demokratie und der Menschenwürde immer wieder an die junge Generation weitergeben. Die Ewiggestrigen dürfen nicht einen Hauch einer Chance bekommen, an Einfluss zu gewinnen.
10 Die Stadt Pforzheim und ihre Bürger gedenken heute zum 67. Mal der Zerstörung ihrer Stadt, und sie tun es, ohne die deutsche Schuld aus dem Erinnern auszublenden. Der 23. Februar ist ein Tag des mahnenden Erinnerns, und er wird es nach dem Willen der Stadt und ihrer Menschen bleiben. Wir erinnern uns und gedenken der Opfer des verbrecherischen Krieges, und wir mahnen die Lebenden zur Wachsamkeit.
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