Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christa Steiger SPD vom

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1 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/ Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christa Steiger SPD vom Leiharbeit in Alten- und Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten Nach einer Studie des Institutes Arbeit und Technik (IAT) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung sind derzeit in Gesundheitsberufen fünfmal mehr Leiharbeitskräfte beschäftigt als noch 24. Ich frage die Bayerische Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Leiharbeit in der Pflege seit 24 in Bayern entwickelt, bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken sowie der beruflichen Qualifikation (Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Altenpfleger/- innen, Hilfskräfte)? 2. Wie beurteil die Staatsregierung diese Entwicklung? 3. Hat die Staatsregierung Kenntnis von den Gründen bzw. Motiven, weshalb Alten- und Pflegeheime sowie ambulante Pflegedienste Leiharbeitnehmer/-innen in der Pflege beschäftigen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom Zu 1.: Vorab ist auf Folgendes hinzuweisen: Daten zur Entwicklung der Leiharbeit in Bayern liegen in der gewünschten Aufschlüsselung nach der beruflichen Qualifikation (Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Altenpfleger/-innen, Hilfskräfte) nicht vor. Auf der Grundlage des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung erhebt die Bundesagentur für Arbeit stichtagsbezogen Beschäftigtendaten in der Leiharbeit. Basierend auf der Klassifizierung der Berufe von 1988 erfolgt eine Zuordnung der Beschäftigten zu bestimmten mit sog. Berufsklas- senzahlen (BKZ) umschriebenen Berufen. Eine Differenzierung nach folgenden Berufen ist danach möglich: Berufsgruppe übrige Gesundheitsdienstberufe (BKZ 85). Hierzu gehören unter anderem die Berufsordnungen Krankenschwestern, -pfleger, Hebammen (BKZ 853) und Helfer in der Krankenpflege (BKZ 854). Bezüglich dieser Berufe sind Daten verfügbar. Berufsgruppe Sozialpflegerische Berufe (BKZ 86): Hierzu gehört unter anderem die Berufsordnung Sozialarbeiter, Sozialpfleger (BKZ 861) und zu dieser wiederum neben anderen Berufen der Beruf des Altenpflegers (BKZ 8614). Da Beschäftigtendaten nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit nur bis zum sog. 3-Steller (Berufsordnung) ermittelt werden können, ist die Höhe des Anteils der Altenpfleger unter den Sozialarbeitern, Sozialpflegern nicht auswertbar. Zur Höhe des Anteils an Hilfskräften, die als Leiharbeitnehmer in der Pflege tätig sind, ist keine Aussage möglich. Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit verschlüsseln rund vierzig Prozent der Leiharbeitsfirmen ihre Leiharbeitnehmer bei Meldung zur Sozialversicherung als Hilfskräfte ohne Angaben (BKZ 53). In welchen Tätigkeitsbereichen diese jeweils konkret eingesetzt werden, wird nicht erfasst. Da Leiharbeit vor allem im produzierenden Gewerbe und dort vor allem im Helferbereich genutzt wird, ist davon auszugehen, dass der ganz überwiegende Anteil der Hilfsarbeiter in der Leiharbeit in diesem Bereich tätig ist. Vor diesem Hintergrund werden folgende Tabellen vorgelegt: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Leiharbeit in Bayern im Jahr 24, aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, den oben genannten Berufen und der Berufsausbildung (Tabelle 1) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Leiharbeit in Bayern im Jahr 211, aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, den oben genannten Berufen und der Berufsausbildung (Tabelle 2) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Bayern in der Gesamtbeschäftigung in den Jahren 24 und 211, aufgeschlüsselt nach den oben genannten Berufen (Tabelle 3) Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Bayern in der Leiharbeit in den Jahren 24 und 211, aufgeschlüsselt nach den oben genannten Berufen (Tabelle 4) Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung.

2 Seite 2 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/12646 Tabelle 1: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Leiharbeit im Jahr 24 Aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Berufen und der Berufsausbildung (Stichtag: ) Jahr Beruf Ausbildung BY OB NB Opf. Ofr. Mfr. UFr. Schw Gesamt Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb Gesamt Hilfsarbeiter ohne Angaben mit Berufsausb ohne Berufsausb * * übrige Gesundheitsberufe 853 Krankenpfleger, Schwestern, Hebammen 854 Helfer in der Krankenpflege 86 sozialpflegerische Berufe 861 Sozialarbeiter, Sozialpfleger Gesamt * mit Berufsausb * * * ohne Berufsausb * * * * 35 * Gesamt * * * * mit Berufsausb * * 18 5 * * ohne Berufsausb. Gesamt * * * * 42 * mit Berufsausb * * * 5 5 * ohne Berufsausb * * * * 35 * Gesamt * * * mit Berufsausb * * 8 11 * ohne Berufsausb * * * * * * 4 * * * * * * * Gesamt * * * * 8 * mit Berufsausb * * * * 8 * ohne Berufsausb. 12 * * * * * * * *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert.

3 Drucksache 16/12646 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Seite 3 Tabelle 2: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Leiharbeit im Jahr 211 Aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Berufen und der Berufsausbildung (Stichtag: ) Jahr Beruf Ausbildung BY OB NB Opf. Ofr. Mfr. UFr. Schw Gesamt Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb Gesamt Hilfsarbeiter ohne Angaben mit Berufsausb ohne Berufsausb übrige Gesundheitsberufe 853 Krankenpfleger, Schwestern, Hebammen 854 Helfer in der Krankenpflege 86 sozialpflegerische Berufe 861 Sozialarbeiter, Sozialpfleger Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb * * * 19 * * Gesamt * * mit Berufsausb * * ohne Berufsausb * * * * * * 18 * * * * 12 * * Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb * * 13 7 * * * * * * Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb * * * Gesamt mit Berufsausb ohne Berufsausb * * * * 11 * * *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert.

4 Seite 4 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Drucksache 16/12646 Tabelle 3: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) in der Gesamtbeschäftigung in den Jahren 24 und 211, aufgeschlüsselt nach ausgewählten Berufen Beruf SvB insgesamt Veränderung SvB Anteil in % SvB Anteil in % 211 zu 24 in % Insgesamt , , 9,7 53 Hilfsarbeiter ohne nähere , , 44,6 Tätigkeitsangabe 85 übrige Gesundheitsdienstberufe , ,4 12,5 853 Krankenschwestern, -pfleger, Hebammen , ,4 1,1 854 Helfer in der Krankenpflege , ,9 11,7 86 sozialpflegerische Berufe , ,2 37,1 861 Sozialarbeiter, Sozialpfleger , ,4 44,8 Tabelle 4: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) in der Zeitarbeit in den Jahren 24 und 211, aufgeschlüsselt nach ausgewählten Berufen Beruf SvB SvB insgesamt Veränderung Anteil in % SvB Anteil in % 211 zu 24 in % Insgesamt , , 138,2 53 Hilfsarbeiter ohne nähere , ,9 136,7 Tätigkeitsangabe 85 übrige Gesundheitsdienstberufe 231, , 451,5 853 Krankenschwestern, -pfleger, Hebammen 95,2 451,4 374,7 854 Helfer in der Krankenpflege 81,2 498,4 514,8 86 sozialpflegerische Berufe 58,1 985, ,3 861 Sozialarbeiter, Sozialpfleger 39,1 785, ,8 Die Zahlen zeigen, dass Leiharbeit sowohl in den übrigen Gesundheitsdienstberufen ( Krankenschwestern, -pfleger, Hebammen und Helfer in der Krankenpflege) als auch in den sozialpflegerischen Berufen ( Altenpfleger) bislang nur eine geringe Rolle spielt. Zwar war von 24 bis 211 eine deutliche Zunahme dieser Berufe in der Zeitarbeit zu verzeichnen, hinter den Werten stehen jedoch sehr geringe absolute Zahlen. Von den insgesamt Leiharbeitnehmern in Bayern waren zum Stichtag nur rund 1 Prozent (1.274 Personen) in den übrigen Gesundheitsdienstberufen und nur rund,8 Prozent (985 Personen) in den sozialpflegerischen Berufen tätig (vgl. Tabellen 2 und 4). Der Anteil dieser Berufe in der Zeitarbeit ist damit deutlich geringer als in der Gesamtbeschäftigung (Anteil der übrigen Gesundheitsdienstberufe dort von 6,4 Prozent, Anteil der sozialpflegerischen Berufe von 4,2 Prozent, vgl. Tabellen 3 und 4). Abweichend von der Qualifikationsstruktur in der Leiharbeit insgesamt (ein Drittel der Leiharbeitskräfte ist ohne Berufsausbildung) werden in den übrigen Gesundheitsdienstberufen und den sozialpflegerischen Berufen überwiegend ausgebildete Leiharbeitskräfte eingesetzt. So verfügen rund 72 Prozent der als Leiharbeitnehmer tätigen Krankenschwestern, -pfleger und Hebammen und rund 62 Prozent der als Leiharbeitnehmer beschäftigten Helfer in der Krankenpflege über eine Berufsausbildung (vgl. Tabelle 2).

5 Drucksache 16/12646 Bayerischer Landtag 16. Wahlperiode Seite 5 Zu 2.: Der Einsatz von Leiharbeitskräften in Pflegeeinrichtungen dient wie in anderen Beschäftigungsbereichen auch vorrangig dazu, kurzfristig bestehende personelle Engpässe zu beseitigen oder mangels Verfügbarkeit entsprechender Kräfte auf dem regulären Arbeitsmarkt vorübergehend auf solche Arbeitskräfte zurückzugreifen. Gerade zur Überbrückung von arbeitsrechtlich geregelten Ausfällen Beschäftigter durch Krankheit, Mutterschutz etc. kommt Leiharbeit in Betracht. Die reguläre, oft bereits knappe personelle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen trägt dazu bei, dass bei vorübergehendem Ausfall von einzelnen Pflegekräften sehr rasch zwingender Bedarf für entsprechenden kurzfristigen Ersatz entsteht. Den Vorteilen eines flexiblen und ausreichenden Pflegekräfteeinsatzes durch ergänzende Leiharbeit stehen als Nachteile Defizite in der Fachlichkeit, der Motivation und bei der Umsetzung von Bezugspflege sowie ein hoher Aufwand beim Stammpersonal für wiederkehrenden Einarbeitungsbedarf ohne nachhaltige Wirkung gegenüber. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Einsatz von Leiharbeit derzeit keine Alternative zu fest beschäftigtem Pflegepersonal darstellt und wie aus den Zahlen ersichtlich (vgl. Frage 1) so auch nicht praktiziert wird. Hiermit wird lediglich im Einzelfall ein personeller Bedarf vorübergehend gedeckt. Leiharbeit beschränkt sich darauf, ein mögliches Instrument zur Überbrückung von akuten Personalengpässen und zur hilfsweisen Sicherstellung der erforderlichen pflegerischen Versorgung zu sein. Zu 3.: Die Notwendigkeit zum Einsatz von Leiharbeitskräften ergibt sich insbesondere bei akuten, kurzfristig entstehenden Personalengpässen aufgrund von Krankheitsfällen, Mutterschutz oder Elternzeit des fest beschäftigten Pflegepersonals, verstärkt in Einrichtungen mit einer hohen Fluktuation von Pflegekräften. Die derzeitigen Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Pflegekräften auf dem Arbeitsmarkt führen bei einigen Pflegeeinrichtungen außerdem zu einer längerfristigen Unterschreitung des Solls an fest angestellten Pflegekräften. Diese Einrichtungen können die erforderliche Fachkraftquote nicht mehr erfüllen und versuchen, dieses Defizit durch den Einsatz von Leiharbeit zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum zu beseitigen. In der Regel handelt es sich bei den eingesetzten Leiharbeitnehmern korrespondierend zur Qualifikationsstruktur (vgl. Frage 1) um Pflegefach- und Pflegehilfskräfte; nur in seltensten Fällen um ungelernte Kräfte. Vereinzelt werden auch hauswirtschaftliche Kräfte als Leiharbeitnehmer eingesetzt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch Leiharbeitnehmer, die in einem Pflegebetrieb eingesetzt sind und überwiegend pflegerische Tätigkeiten in der Grundpflege erbringen, Anspruch auf den in der Pflegebranche geltenden Mindestlohn von derzeit 8,75 Euro (West) und 7,75 Euro (Ost) haben.