Übungen im Öffentlichen Recht II (Gruppen D F und Q S) Fall 3 Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 1
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1 Übungen im Öffentlichen Recht II (Gruppen D F und Q S) Fall 3 Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 1
2 I. Anfechtbarkeit des Entscheids des Rektors auf kantonaler Ebene (Frage 1) A. Vorbemerkungen Lokalisierung des Problems: Grundsätzlich massgebend: kantonales Verwaltungsorganisationsund Verwaltungsverfahrensrecht (keine entsprechende Regelungskompetenz des Bundes) Ausgestaltung des kantonalen Instanzenzuges ist grundsätzlich Sache der Kantone (Organisationsautonomie; vgl. Art. 47 Abs. 2 BV) in casu: Kantonales Recht nicht bekannt keine Aussage möglich Für uns relevante Frage: Lässt sich aus dem Bundesrecht eine Antwort ableiten? Eingriff in die Organisationsautonomie der Kantone bedarf einer Rechtfertigung. Woraus könnte sich eine solche ergeben? Rechtsweggarantie (Art. 29a BV) Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 2
3 I. Anfechtbarkeit des Entscheids des Rektors auf kantonaler Ebene (Frage 1) Was beinhaltet die Rechtsweggarantie? "Anspruch auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde" gerichtliche Instanz (richterliche Unabhängigkeit) (mindestens) eine gerichtliche Instanz; kann auch kantonales Gericht sein kein Anspruch auf Zugang zum Bundesgericht kein Anspruch auf einen bestimmten Instanzenzug Ausgeschlossen: letztinstanzliche Entscheide von Verwaltungsbehörden, Regierungen oder Parlamenten "bei Rechtsstreitigkeiten" umfassend (Zivilsachen, Strafsachen, öffentlich-rechtliche Angelegenheiten) Nicht erfasst: abstrakte Anfechtung von Erlassen (noch keine "Rechtsstreitigkeit") Unklar: ob und gegebenenfalls wie weit auch Realakte von der Rechtsweggarantie erfasst werden Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 3
4 I. Anfechtbarkeit des Entscheids des Rektors auf kantonaler Ebene (Frage 1) Was beinhaltet die Rechtsweggarantie? Anspruch auf Zugang zu einem Gericht Überprüfungsbefugnis (Kognition): Sachverhaltskontrolle Rechtskontrolle (einschliesslich Missbrauch / Überschreitung des Ermessens) Nicht erforderlich: Angemessenheitskontrolle (Kontrolle des schlichten Ermessens) Bundesgericht: grundsätzlich auf Bundesrecht beschränkte Rechtskontrolle (vgl. Art. 95 BGG); sehr stark eingeschränkte Sachverhaltskontrolle (vgl. Art. 97 und Art. 105 BGG) kann Anforderungen der Rechtweggarantie selbst nicht erfüllen (deshalb: Art. 110 BGG) Bundesrechtliche Anforderungen an den kantonalen Rechtsschutz insoweit zulässig Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 4
5 I. Anfechtbarkeit des Entscheids des Rektors auf kantonaler Ebene (Frage 1) Ausnahmen (Art. 29a Satz 2 BV) Allein gestützt auf Art. 29a BV lässt sich Rechtslage im Kanton Y noch nicht zuverlässig beurteilen (Kanton könnte eine Ausnahme vorgesehen haben) Frage: Welchen Spielraum haben die Kantone (noch), um Ausnahmen im Sinn von Art. 29a Satz 2 BV vorzusehen? Bei "Entscheiden in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts" (Art. 82 lit. a BGG) Vorinstanzenregelung gemäss Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG massgebend Wenn Ausnahme im Sinn von Art. 83 BGG vorliegt subsidiäre Verfassungsbeschwerde Was gilt dann? Art. 114 BGG Art. 86 Abs. 2 und 3 BGG kommen unabhängig davon zur Anwendung, ob auf Bundesebene die Beschwerde in öff.-rechtl. Angelegenheiten oder die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung steht Darüber hinaus kein Regelungsspielraum der Kantone mehr! Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 5
6 I. Anfechtbarkeit des Entscheids des Rektors auf kantonaler Ebene (Frage 1) B. Problematische Prozessvoraussetzungen Vorliegen einer anfechtbaren Verfügung? Beschwerdebefugnis? Elterngruppe Verein gegen Elektrosmog Beachte: Anforderungen gemäss Art. 89 BGG gelten als Mindestanforderungen auch im kantonalen Verfahren (Art. 111 Abs. 1 BGG). Warum? C. Ergebnis Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 6
7 II. Anfechtbarkeit des Entscheids des Verwaltungsgerichts auf Bundesebene (Frage 2) A. Prozessvoraussetzungen der Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten 1. Anfechtungsobjekt Art. 82 / 83 BGG 2. Beschwerdegrund / Beschwerdegründe Art. 95 BGG (i.v.m. Art. 16 und Art. 22 BV) 3. Zulässige Vorinstanz Art. 86 / 87 / 88 BGG 4. Persönliche Voraussetzungen a) Partei- und Prozessfähigkeit b) Beschwerdelegitimation Art. 89 BGG Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 7
8 II. Anfechtbarkeit des Entscheids des Verwaltungsgerichts auf Bundesebene (Frage 2) (Prozessvoraussetzungen, welche die beschwerdeführende Partei selbst erfüllen muss:) 5. Beschwerdefrist Art. 100 Abs. 1 BGG 6. Anforderungen an die Beschwerdeschrift Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG Art. 106 BGG (hier: Abs. 2) B. Ergebnis C. Pro memoria: Müssen nun noch die Prozessvoraussetzungen der subsidiären Verfassungsbeschwerde geprüft werden? Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 8
9 III. Materielle Beurteilung (Frage 3) A. Verfassungsrechtlicher Ansatz Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der Versammlungsfreiheit? Konkreter: Fällt das Zurverfügungstellen einer Aula in den Schutzbereich dieser Freiheitsrechte? Oder staatliche Leistung? B. Verwaltungsrechtlicher Ansatz Öffentliche Sachen: Verwaltungsvermögen Öffentliche Sachen im Gemeingebrauch Öffentliche Sachen i.w.s.: auch Finanzvermögen Mittelschule X: dient unmittelbar der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe (durch den Gebrauchswert) Verwaltungsvermögen Beschränkter Benutzerkreis (unselbständige öffentlichrechtliche Anstalt) Anstaltssache ( Verwaltungssache) Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 9
10 III. Materielle Beurteilung (Frage 3) Öffentliche Sachen im Gemeingebrauch: schlichter Gemeingebrauch gesteigerter Gemeingebrauch Sondernutzung Verwaltungsvermögen: analoge Unterscheidung möglich ordentliche Nutzung ausserordentliche Nutzung Sondernutzung in casu? Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 10
11 III. Materielle Beurteilung (Frage 3) C. Zusammenführung der beiden Ansätze "Bedingter" Anspruch auf gesteigerten Gemeingebrauch Bedeutung? Analog: "bedingter" Anspruch auf ausserordentliche Nutzung von Verwaltungsvermögen? Zusätzliche Voraussetzungen (beachte: für das Entstehen eines bedingten Anspruchs): 1. Die vorgesehene Nutzung ist mit der Zweckbestimmung der betreffenden Verwaltungs- bzw. Anstaltssache vereinbar. 2. Es steht keine oder keine gleichwertige Alternative zur Verfügung. (Vgl. TSCHANNEN /ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Bern 2009, 50 Rz. 2 f.) D. Ergebnis Prof. A. Griffel - Übungen im Öffentlichen Recht II - Herbstsemester 2012 Folie 11
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