4 Schaltalgebra. Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg FACHBEREICH ELEKTROTECHNIK UND INFORMATIK DIGITALTECHNIK 4-1
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- Werner Neumann
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1 4 Schaltalgebra 4. Axiome; Signale und Schaltfunktionen Der Entwurf einer Digitalschaltung mit vorgegebener Funktion erfordert die Manipulation der verschiedenen Eingangssignale auf eine Weise, die in Übereinstimmung mit einer mathematischen Logik sind. George Boole (85-864, englischer Mathematiker) formulierte im Jahr 854 eine entsprechende Abhandlung, in der er die Werte wahr (true) und falsch (false) verwendete. Die erste technische Anwendung dieser zweiwertigen Boole schen Algebra wurde 938 durch George Shannon gezeigt, der die Algebra auf Schalterfunktionen anwendete. Daher resultiert der auch für heutige elektronische Schalter (Transistoren etc.) gültige Begriff der Schaltalgebra Wir verwenden statt der Begriffe wahr und falsch die Schalterzustände (meistens: Strom fließt) und (meistens: Strom fließt nicht), für die die folgenden logischen Basisoperationen (Verknüpfungen) definiert sind: UND ( ), ODER( ), NICHT ( ) Die mathematische Logik der zweiwertigen Algebra erfordert Axiome, Theoreme, und Sätze. Es existieren vergleichsweise wenig Gesetze der Boole schen Algebra, die alle aus Wahrheitstabellen der Verknüpfungen NOT, UND und ODER abgeleitet werden können. DIGITALTECHNIK 4-
2 NOT-Regeln: NOT- Wahrheitstabelle A A = Ā NICHT- (NOT-) und UND- (AND-) Verknüpfungen NOT-Gesetze = = Ā = A Die NICHT-Operation (Inversion) wird häufig auch durch einen Querstrich über einem logischen Ausdruck gekennzeichnet. Ein doppelter Inversionsstrich entspricht der Ausgangsfunktion. AND-Regeln: AND- Wahrheitstabelle B A A B A = A = A A A = A A Ā = AND-Gesetze ist das Identitätselement Idempotenz Das Komplement zu A ist Ā Die UND-Verknüpfung wird häufig auch durch den Punkt Operator ( ) ( A B) oder den Multiplikationsstern (*) ausgedrückt. Dies liegt an der algebraischen Ähnlichkeit, die die Multiplikation mit der UND- Verknüpfung hat. Die Verknüpfung von Binärsignalen wird daher auch als Boole sches Produkt, bzw. als Produktterm bezeichnet. DIGITALTECHNIK 4-2
3 OR-Regeln: OR- Wahrheitstabelle B A A B ODER- (OR-) Verknüpfungen und Vorrangregeln OR-Gesetze A = A ist das Identitätselement A = A A = A A Ā = Idempotenz Das Komplement zu A ist Ā Die ODER-Verknüpfung wird häufig auch durch den Plus- Operator (+) ( A + B) ausgedrückt. Dies liegt an der algebraischen Ähnlichkeit, die die Addition mit der ODER- Verknüpfung hat. Die Verknüpfung von Binärsignalen wird daher auch als Boole sche Summe, bzw. als Summenterm bezeichnet. Vorrangregeln / Klammerregeln Die Negation bindet am stärksten. Nach DIN 66 sind UND- und ODER-Verknüpfung in einem Ausdruck gleichwertig. Dieser Standard hat sich in den USA und damit auch in den meisten Entwicklungswerkzeugen nicht durchgesetzt. Dort bindet UND stärker, als ODER. Wir empfehlen daher zur Vermeidung von Missverständnissen Klammern zu setzen, um den Vorrang zu verdeutlichen!!! UND und ODER binden stärker als XOR und XNOR (s.u.) DIGITALTECHNIK 4-3
4 4.2 Wahrheitstabellen Wahrheitstabellen beschreiben die Eingangs- Ausgangssignalzuordnung eines digitalen Systems durch systematische Auflistung aller binären Eingangskombinationen und der zugehörigen Ausgangssignale. Jede Eingangssignalkombination entspricht einer Zeile der Wahrheitstabelle. Üblicherweise sind die Zeilen der Wahrheitstabelle so angeordnet, dass sie nach geeigneter Anordnung der Eingangssignale aufsteigenden Binärzahlen von... 2 m entsprechen (linke Seite der Wahrheitstabelle), wobei m die Anzahl der Signalbits ist. Die rechte Seite der Wahrheitstabelle entspricht den Ausgangssignalen der Schaltung. Für ein System mit m=2 Eingangssignalen existieren 6 verschiedene Varianten eines einzigen Ausgangssignals. Allgemein gilt: Anzahl der Eingänge: m Eingangskombinationen: N = 2 m Anz. der Ausgangsvarianten: k = 2 N Alle 6 Wahrheitstabelle mit m = 2 Eingangssignalen und einem Ausgangssignal Y Dezimal B A Y Y Y 2 Y 3... Y 4 Y Die Programmierung von Lookup- Tabellen (LUTs) bedeutet die Festlegung eines speziellen Ausgangssignalmusters. Durch Adressierung der Eingangssignale wird definiert, ob eine oder eine am Ausgang erscheint. DIGITALTECHNIK 4-4
5 Wahrheitstabelle /. Beispiel Aufgabenstellung: Erkenne, wenn zwei von drei nebeneinander angeordnete Schalter geschlossen sind. Wenn einer der nebenstehenden Schalter geschlossen ist, fliesst durch den zugehörigen Widerstand Strom und der zugehörige Ausgang (A, B oder C) liegt auf High-Potential. Wenn der Schalter offen ist, liegt der Ausgang auf Low-Potential. Schreibe eine Wahrheitstabelle, die den Ausgang Y auf setzt, falls genau zwei benachbarte Schalter zum gleichen Zeitpunkt geschlossen sind. Lösung: Die Eingänge C, B und A ergeben 2³ = 8 Eingangskombinationen. Das Ausgangssignal Y ist falls C= UND B= UND A= ist, ODER, falls C= UND B= UND A= ist. Dezimal C B A Y DIGITALTECHNIK 4-5
6 Wahrheitstabelle / 2. Beispiel Problem: Wenn zwei benachbarte von 4 Ein-Aus-Schaltern EIN sind, soll die Lample L angehen. Wenn hingegen genau zwei beliebig angeordnete Schalter EIN sind, so soll die Lampe L2 angehen. Annahme: Schalter EIN bedeutet eine logische. Lösung: Mit den Eingängen DCBA und den Ausgängen L und L2 erfordert die Wahrheitstabelle 6 Spalten. Und mit m=4 werden 2 4 =6 Zeilen in der Wahrheitstabelle benötigt. Fazit: Eine Wahrheitstabelle beschreibt die funktionale Lösung eines kombinatorischen Problems vollständig. Dezimal D C B A L L2 DIGITALTECHNIK 4-6
7 4.3 Boole sche Theoreme Kommutativgesetz A B C = B A C = A C B =... 2 A B C = B A C = A C B =... 3 Assoziativgesetz (A B) C = A (B C) = A B C 4 (A B) C = A (B C) = A B C 5 Distributivgesetz (A B) (A C) = A (B C) 6 (A B) (A C) = A (B C) 7 Adsorptionsgesetz A ( A B) = A B 8 A ( A B) = A B 9 Absorptionsgesetz A (A B) = A A (A B) = A Nachbarschaftsgesetz (A B) ( A B) = B 2 (A B) ( A B) = B 3 DeMorgan (A B C D...) = A B C D... 4 (A B C D...) = A B C D... DIGITALTECHNIK 4-7
8 Nachweis des Assoziativgesetzes mit Wahrheitstafel Assoziativgesetz #3: Wahrheitstabelle mit m = 3 Eingangssignalen Dezimal C B A A B B C (A B) C A (B C) A B C DIGITALTECHNIK 4-8
9 Nachweis des Distributivgesetzes mit Wahrheitstafel Distributivgesetz #5: Wahrheitstabelle mit m = 3 Eingangssignalen Dezimal C B A A B A C B C (A B) (A C) A (B C) DIGITALTECHNIK 4-9
10 Antivalenz- und Äquivalenzverknüpfungen Antivalenz / XOR XOR-Regeln XNOR-Regeln Äquivalenz / XNOR B A A B A = A A = A B A A B A = Ā A = Ā A A = A Ā = A A = A Ā = Nr. Name XOR / XNOR Regeln für 2 und 3 Signale Distributivitätsgesetz (A B) (A C) = A (B C) 2 (A B) (A C) = A (B C) 3 Adsorptionsgesetz A ( A B) = A B 4 A ( A B) = A B 5 DeMorgan sches Gesetz (A B) = A B = A B 6 (A B) = A B = A B DIGITALTECHNIK 4-
11 Die deutschen Symbole sind in DIN 49 Teil 2 definiert. Die US Standardsymbole sind in ANSI / IEEE Std definiert. Sie entsprechen den DIN Symbolen mit der Ausnahme, dass der Inversionskreis durch ein Dreieck ausgetauscht werden muss. Insbesondere in US Schaltplänen sowie in US- Softwarepaketen haben sich die DIN / ANSI Symbole immer noch nicht durchgesetzt. Es werden noch die alten US- Symbole verwendet!!! Logik Funktionen und -Symbole Funktion Gleichung DIN-Symbol altes US-Symbol INVERTER Y = A AND Y = A B OR Y = A B NAND Y = (A B) NOR Y = (A B) XOR Y = ( A B) Exclusive OR (A B) EQV(XNOR) Y = ( A B) Equality (A B) DIGITALTECHNIK 4-
12 Verschiebung von Eingangs- / Ausgangs-Inversionen Die Anwendung des de Morgan Theorems auf Inversionskreise bzw. Polaritätsindikatoren liefert z.b.: A B = ( A B) also A B = ( A B) also Inversionskreise und Polaritätsindikatoren lassen sich von ALLEN Eingängen zum Ausgang verschieben. Dabei muss jedoch die Logikfunktion umgedreht werden! Entsprechend kann die Inversion auch vom Ausgang zu ALLEN Eingängen zurück verschoben werden. DIGITALTECHNIK 4-2
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