Mathematik II. Vorlesung 41. Satz Es sei f :[a,b] R n, t f(t), eine differenzierbare Kurve. Dann gibt es ein c [a,b] mit
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- Kristin Sommer
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1 Prof. Dr. H. Brenner Osnbrück SS 1 Mthemtik II Vorlesung 41 Die Mittelwertbschätzung für differenzierbre Kurven Stz Es sei f :[,b] R n, t f(t), eine differenzierbre Kurve. Dnn gibt es ein c [,b] mit f(b) f() (b ) f (c). Beweis. Wenn f() = f(b) ist, so ist die Aussge trivilerweise richtig. Sei lso f() f(b). Dnn ist u 1 = f(b) f() nch dem Schmidtschen Orthonormlisierungsverfhren Teil einer Orthonormlbsis von V. Es seien f 1,...,f n f(b) f() die Komponentenfunktionen von f bzgl. dieser Bsis. Wir wenden den Mittelwertstz für eine Vrible uf die erste Komponentenfunktion f 1 n. Es ergibt sich, dss ein c I existiert mit der Eigenschft f 1 (b) f 1 () = (b ) f 1(c) und dmit uch f 1 (b) f 1 () = b f 1(c). D mn die Längenmessung mit jeder Orthonormlbsis durchführen knn, gilt f(b) f() = (f 1 (b) f 1 ())u 1 = f 1 (b) f 1 () = b f 1(c) b n (f i (c)) = b f (c). Beispiel 41.. Wir betrchten die trigonometrische Prmetrisierung des Einheitskreises, lso die Abbildung f :R R, t (cos t, sin t). Diese Abbildung ist für jedes t R differenzierbr mit der Ableitung f (t) = ( sin t, cos t). Die Norm dieser Ableitung ist zu jedem Zeitpunkt gleich f (t) = sin t + cos t = 1. 1
2 Wählen wir ds Intervll [,π], so ist f() = (,) = f(π). Dies bedeutet, dss im Mittelwertstz nicht Gleichheit gelten knn. Länge von Kurven Wir rbeiten im R n, versehen mit der euklidischen Metrik. Zu einer Kurve f :[,b] R n, t f(t), die wir uns ls einen von der Zeit bhängigen Bewegungsvorgng im Rum vorstellen, wollen wir die Länge der Kurve definieren. Die Länge soll dbei den insgesmt zurückgelegten Weg beschreiben, nicht die Länge der zurückgelssenen Spur oder den Abstnd von Strt- und Zielpunkt. Definition Zu einer Punktfolge nennt mn P,P 1,...,P k R n d(p i,p i 1 ) die Gesmtlänge des Streckenzugs [P,P 1,...,P k ]. Definition Es sei [, b] ein kompktes Intervll und f :[,b] R n eine Abbildung. Zu einer Unterteilung nennt mn den zugehörigen Streckenzug. = t t 1... t k 1 t k = b [P,P 1,...,P k ] = [f(t ),f(t 1 ),...,f(t k )] Dbei sollte mn sich die Unterteilung ls eine Zeiteinteilung vorstellen und die Punkte P i = f(t i ) ls die zugehörigen Orte der durch f beschriebenen Bewegung im R n. Definition Es sei [, b] ein kompktes Intervll und eine Abbildung. Dnn nennt mn f :[,b] R n L(f) = sup(l(f(t ),...,f(t k )), = t t 1... t k 1 t k = b Unterteilung, k N) die Kurvenlänge von f. Wenn L(f) endlich ist, so heißt die Kurve f rektifizierbr.
3 Mn nimmt hier lso ds Supremum über lle möglichen Unterteilungen des Definitionsintervlls. Ohne zusätzliche Eigenschften der Kurve knn mn nicht erwrten, dss mn die Kurvenlänge effektiv bestimmen knn. Wenn die Kurve ber stetig differenzierbr ist, so lässt sich die Länge über ein Integrl berechnen, wie die folgende Aussge zeigt. Inhltlich gesprochen bedeutet sie, dss wenn sich bspw. ein Fhrzeug in der Ebene R bewegt, mn die Gesmtlänge der zurückgelegten Strecke kennt, sobld mn nur zu jedem Zeitpunkt die momentne Geschwindigkeit (und zwr lediglich ihren Betrg, die Richtung muss mn nicht kennen) kennt. Die Länge ist dnn ds Integrl über den Betrg der Geschwindigkeit. Stz Es sei [,b] ein kompktes Intervll und f :[,b] R n eine Abbildung, die stetig differenzierbr sei. Dnn ist f rektifizierbr und es gilt für die Kurvenlänge L(f) = f (t) dt. Beweis. D die Norm stetig ist, existiert nch Stz 3.3 ds rechte Integrl, und zwr ist es gleich dem Infimum über lle Treppenintegrle zu oberen TreppenfunktionenderFunktiont f (t).diesetreppenintegrlewerden zu einer Unterteilung = t... t k = b durch k (t i t i 1 )w i mit w i = sup( f (t),t i 1 t t i ) gegeben. Andererseits steht nch der Definition der Kurvenlänge links ds Supremum über die zu einer solchen Unterteilung gehörigen Summen f(t i ) f(t i 1 ). Aufgrund des Mittelwertstzes gilt f(t i ) f(t i 1 ) (t i t i 1 ) sup( f (t),t i 1 t t i ). Durch Aufsummieren ergibt sich dher die Abschätzung f(t i ) f(t i 1 ) (t i t i 1 ) sup( f (t),t i 1 t t i ). Hierbei müssen wir links ds Supremum und rechts ds Infimum über lle Unterteilungen nehmen. Nehmen wir n, dss ds Supremum u der rechten Seite größer ls ds Infimum v der rechten Seite ist. Dnn gibt es eine Unterteilung derrt, dss die Längensumme links zu dieser Unterteilung mindestens gleich u 1 (u v), und eine Unterteilung derrt, dss ds Treppenintegrl 3 rechts höchstens gleich v + 1 (u v) ist. Wir können zur gemeinsmen Verfeinerung übergehen und nnehmen, dss es sich um die gleiche Unterteilung 3 hndelt, und erhlten einen Widerspruch. Ds Supremum der linken Seite 3
4 4 ist lso durch ds Infimum der rechten Seite beschränkt. D.h. die Kurve ist rektifizierbr und es gilt L(f) f (t) dt (b ) sup( f (t),t [,b]). Diese Beziehung gilt uch für jedes beliebige Teilintervll [s,s ] [,b]. Es sei L s (f) die Länge der uf [,s] definierten Kurve. Es genügt dnn zu zeigen, dss diese Funktion eine Stmmfunktion zu t f (t) ist. Für den zugehörigendifferenzenquotienten Ls (f) L s (f) gelten die Abschätzungen f(s ) f(s) = Ls s (f) ineinempunkts [,b] Ls s (f) (s s) sup( f (t),t [s,s ]) = sup( f (t),t [s,s ]). Für s s konvergieren die beiden äußeren Seiten gegen f (s), so dss uch der Differenzenquotient dgegen konvergieren muss. Die Rektifizierbrkeit ist schon in einer Vriblen ein interessnter Begriff. Es lässt sich sogr die Rektifizierbrkeit druf zurückführen. Lemm Es sei [,b] ein kompktes Intervll und f :[,b] R n eine Abbildung. Dnn ist f genu dnn rektifizierbr, wenn sämtliche Komponentenfunktionen rektifizierbr sind. Beweis. Siehe Aufgbe Beispiel Die Rektifizierbrkeit ist schon für Funktionen f :I R, t f(t), ein nicht-triviler Begriff, siehe Beispiel Wenn llerdings f wchsend (oder fllend) ist, so lässt sich die Länge einfch usrechnen. Zu einer beliebigen Unterteilung = t t 1... t k = b ist dnn nämlich f(t i ) f(t i 1 ) = (f(t i ) f(t i 1 )) = f(b) f(), d.h.dielängeisteinfchdiedifferenzderwertendenrndpunktendesintervlls. Insbesondere existiert die Länge, d.h. monotone Funktionen sind rektifizierbr. Wenn f wchsend ist und stetig differenzierbr, so ergibt sich dies ntürlich uch us Stz 41.6 und us Korollr 3.7. Wenn f llerdings nicht monoton ist, so müssen bei der Längenberechnung uch die Richtungsänderungen mitberücksichtigt werden. Für ds Integrl f (t) dt gibt es keine direkte Berechnung, d dnn f (t) ds Vorzeichen ändert. Mn knn ber ds Intervll in Abschnitte unterteilen, wo die Funktion wchsend oder fllend,
5 bzw. wo die Ableitung positiv oder negtiv ist, und dnn bschnittsweise die Länge berechnen. Beispiel Die Funktion f :[,1] R, x f(x) = { x sin 1 bei x >, x bei x =, ist stetig, ber nicht rektifizierbr. Für jedes x n = 1 nπ+ 1 π ist f(x n) = ±x n, wobei ds Vorzeichen dvon bhängt, ob n gerde oder ungerde ist. Für jedes n ist dher f(x n ) f(x n 1 ) x n. Wählt mn dnn die Unterteilungspunkte n=1 t < x k < x k 1 <... < x 1 < x = π < 1, so ist die Länge des zugehörigen Streckenzugs mindestens gleich 1 x n = nπ + 1π = π 1 π 1 n+1. n=1 n+ 1 n=1 Wegen der Divergenz der hrmonischen Reihe ist dieser Ausdruck für k nicht beschränkt. Dher knn ds Supremum über lle Streckenzüge nicht existieren und die Kurve ist nicht rektifizierbr. Korollr Es sei [,b] ein kompktes Intervll und es sei f :[,b] R eine stetig differenzierbre Funktion. Dnn ist die Länge des Grphen von f gleich 1+(f (x)) dx. Beweis. Mit der Länge des Grphen ist die Länge der durch x g(x) = (x,f(x)) definierten Kurve gemeint. Die Ableitung dieser Kurve ist g (x) = (1,f (x)). Dher ist die Länge dieser Kurve nch Stz 41.6 gleich L = g (x) dt = n=1 1+(f (x)) dt. Beispiel Wir wollen die Länge der Stndrdprbel berechnen, lso die Länge der durch R R, t (t,t ) gegebenen Kurve. Nch Korollr 41.1 ist die Länge von nch b gleich 1+4x dx = 1 1+u du 5 = 1 4 (u 1+u + rsinh u) b
6 6 Beispiel Wir betrchten die Funktion = 1 b 1+4b + rsinh(b). f :[ 1,1] R, x f(x) = 1 x, die die obere Kreislinie des Einheitskreises beschreibt. Wir wollen die Länge dieses Grphen bestimmen. Es ist f (x) = 1 x = x. 1 x 1 x Dher geht es um ds Integrl von 1+ x 1 x = 1 x +x = 1 x Die Stmmfunktion dvon ist rcsin x. Dher ist L = x. 1 1 x dx = rcsin x 1 1 = π ( ) = π. Beispiel Wir betrchten die trigonometrische Prmetrisierung des Einheitskreises, lso die Abbildung Die Ableitung dvon ist f :R R, t f(t) = (cos t, sin t). f (t) = ( sin t, cos t). Dher ist die Kurvenlänge eines von bis b durchlufenen Teilstückes gleich L b (f) = ( sin t) +(cos t) dt = 1dt = b. Aufgrund der Periodizität der trigonometrischen Funktionen wird der Einheitskreis von bis π genu einml durchlufen. Die Länge des Kreisbogens ist dher π. Beispiel Es sei ein Punkt V uf der Peripherie des Einheitskreises fixiert (bspw. ein Ventil). Die Zykloide ist diejenige Kurve, die der Punkt beschreibt, wenn der Einheitskreis sich gleichmäßig uf einer Gerden bewegt, wie wenn ein Rd uf der Strße fährt. Wenn t den Winkel bzw. die bgerollte Strecke repräsentiert, und der Punkt V sich zum Zeitpunkt t = in (,) befindet, so wird die Bewegung des Ventils durch beschrieben. V :R R, t V(t) = (t sin t,1 cos t).
7 Nch einer Volldrehung befindet sich ds Ventil wieder in seiner Ausgngsposition m Rd, ber verschoben um π. Die Ableitung dieser Kurve ist W (t) = (1 cos t, sin t). Die Länge der Zykloide (lso die Länge des vom Ventil beschriebenen Weges) ist nch Stz 41.6 im Zeitintervll von nch s gleich s s (1 cos t) + sin t dt = cos t dt Für s = π ist dies 4 = 8. = = = = = = 4 s 1 cos t dt s s s s s = 4(sin u s 1 cos(π +u) du 1+ cos u du 1+ cos u sin u du cos u dt cos u dt ). 7
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9 Abbildungsverzeichnis Quelle = Cycloid f.gif, Autor = Benutzer Zorgit uf Commons, Lizenz = CC-by-s
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